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Full text of "Sprachvergleichende Studien; mit besonderer Berücksichtigung der indochinesischen Sprachen"

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SPßACHYERGLEICHENDE  STUDIEN. 


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University  of  Toronto 


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SPRACHVEEGLEICHEIDE  STUDIEN 


MIT  BESONDERER  BERÜCKSICHTIGUNG 


DEB 


INDOCHINESISCHEN  SPRACHEN 


VON 


Dr,  ADOLF  BASTIAN. 


LEIPZIG: 

F.  A.  BROCKHAUS. 
1870. 


.  » 


DER 


DEUTSCHEN  GESELLSCHAFT  FUß  ANTHROPOLOGIE, 
ETHNOLOGIE  UND  UEGESCHICHTE. 


Vorwort. 

rür  ethnologische  Eintheilungen  hat  man  bald  den  natur- 
historischen, bald  den  sprachlichen  Gesichtsf>unkt  gewählt; 
aber  abgesehen  von  der  Frage,  wie  weit  physikalische  oder 
linguistische  Merkmale  als  allgemein  gültige  zu  verwenden 
sind,  lohnt  es  der  Miihe,  sich  vorher  klar  zu  machen,  was 
überhaupt  eingetheilt  werden  soll.  Jede  Anordnung,  die  den 
Werth  einer  Eintheilung  beansprucht,  verlangt  als  erste  Vor- 
bedingung einen  Ueberblick  des  Ganzen,  innerhalb  welches 
die  einzelnen  Theile  ihre  entsprechenden  Stellungen  angewiesen 
erhalten  haben  sollen,  um  in  ihrer  Zusammenfassung  wieder 
dem  Ganzen  gleich  zu  sein.  Es  bedarf  kaum  eines  Beweises, 
dass  uns  in  der  Ethnologie  diese  Totalanschauung  fehlt  und 
fehlen  muss. 

Zoologie  und  Botanik,  wenn  sie  alle  geographischen 
Areale  auf  der  Erde  (wenigstens  in  ihren  Hauptrepräsen- 
tanten) kennen  gelernt  haben,  können  einen  Schritt  weiter 
gehen  und  Arten,  Gattungen,  Familien  in  Eintheilungsfächer 
zusammenreihen,  da  wir  es  hier  mit  einem  geschlossenen 
Cyklus  von  Typen  zu  thun  haben,  die  sich,  als  Ausdruck 
stereotyper  Naturgesetze,  stets  in  gleicher  Weise  wiederholen. 
Der  Mensch  dagegen  geht  aus  tellurischer  Grundlage  in 
kosmische  Fortentwickelung  über,  und  bei  Betrachtung  der 
Phasen,  die  das  Menschengeschlecht  auf  Erden  durchwandert 
hat,  fehlt  uns  der  rückläufige  Abschluss,  fehlt  ein  Ganzes,  das 
in  gleichwerthige  Theile  zerlegt  werden  könnte.  Wir  haben 
allerdings  eine  Reihe  von  Volksorganismen  vor  uns,  die  ihre 
Laufbahn  bereits  beendet  haben,   die  wir,   wie  die  Hellenen, 


VIII  Vorwort. 

Römer,  Peruaner,  Mexicaner  ii.  s.  w.,  nach  zurückgelassenen 
Resultaten  beurtheilen  können;  wir  sehen  andere,  die,  gleich  dem 
chinesischen,  in  gleichförmiger  Umgebung  eine  dauernde  Sta- 
bilität erworben  haben,  andere,  die,  wie  die  meisten  Natur- 
völker, sich  stets  in  einem  unveränderten  Cyklus  des  Wachsens, 
Blühens  und  Verwelkens  erneuen,  aber  aus  allen  diesen  zum 
Theil  abgestorbenen  Stämmen  mögen  dennoch  neue  Schossen 
zu  Tage  spriessen,  auf  den  Trümmern  hellenischer  oder  römi- 
scher Cultur  mögen  Neugriechen  und  Italiener  ihre  romanischen 
Wohnungen  bauen,  die  Glacialepoche  chinesischer  Geistes- 
stagnation mag  durch  das  Einströmen  fremder  Civilisation 
zerbrochen  und  geschmolzen  werden  und  die  bisher  latenten 
Gärungsstoflfe  neu  in  Wallung  versetzen,  die  seit  jeher  in 
engen  Kreisungen  umherbewegten  Lebensmanifestationen  der 
Naturvölker  mögen  durch  den  Reflex  mächtiger  Superiorität, 
wenn  sie  denselben  überhaupt  ertragen,  in  emporstrebende 
Spiralen  abgelenkt  werden.  Was  kann  bei  solchen  Studien- 
vorlagen der  Ethnologie  der  Schädel  nützen,  um  als  Ein- 
theilungsprincip  verwandt  zu  werden?  Die  Craniologie  steht 
in  der  Reihe  der  inductiven  Disciplinen,  und  sie  nimmt  unter 
ihnen  eine  besonders  hervorragende  Stellung  ein,  weil  den 
bedeutungsvollsten  Theil  des  menschlichen  Körpers  ihren 
speciellen  Untersuchungen  unterwerfend.  Aber  die  auf  der 
innigen  Verwachsung  der  Psychologie  mit  der  Physiologie 
begründete  Anerkennung  der  Wechselwirkung  zwischen  Schädel- 
formation und  bestimmten  Charaktereigcnthümlichkeiten  der 
Geistesbildung  ist  noch  durch  unendliche  Abstände  von  der 
Möglichkeit  getrennt,  den  künstlichen  Index  der  Schädel- 
variationen zum  leitenden  Index  in  der  bunten  Mannichfaltig- 
keit  ethnologischer  Schöpfungen  zu  erheben.  Noch  bedenk- 
licher würde  es  sein,  die  Sprache  als  Einthcilungsprincip  fest- 
zuhalten, —  die  Sprache,  eine  Kraftentfaltung,  i'iber  deren  Viel- 
fachheit der  Erscheinungen  auf  der  Erde  uns  noch  jedes 
Urtheil  fehlt  (da  erst  eine  geringe  Zahl  von  Sprachfamilien 
genauer  erforscht  sind),  und  zwischen  deren  vermeintlich 
typischen  Formen  nirgends  fest  markirende  Striche  gezogen 
werden  können,  da  die  Grenzen  der  Flexions-  und  Ajrgluti- 
nationssprachen ,  der  monosyllabischen  und  polysyllabischen, 
vielfach  ineinander  überlaufen.  Ausserdem  ist  die  Sprache  als 
Ausdruck  der  Geistesthätigkeit  ja  eben  diejenige  Erscheinungs- 


Vorwort.  IX 

form  im  Menschen,  die  sich  am  directesten  und  unmittelbarsten 
mit  dem  organischen  Wachsthum  des  Menscheno^eschlechts 
ändern  muss,  sodass  wir  also  an  der  Sprache  einen  Massstab 
anlegen  würden,  der  stets  in  ähnlicher,  wenn  auch  nicht  völlig 
gleichwerthiger  Weise  mit  dem  zu  Messenden  variirt,  also 
gerade  der  ersten  Bedingungen  entbehrt,  die  an  einen  Mass- 
stab gestellt  werden,  nämlich  fest  und  gesichert  zu  sein. 

Die  unserer  Generation  angehörige  Wissenschaft  der  Sprach- 
vergleichung bildet  eine  der  glänzendsten  Errungenschaften  des 
menschlichen  Geistes,  und  sie  hat  uns  einen  tiefen  Einblick 
in  historische  Beziehungen  sowol  wie  in  das  Walten  psycho- 
logischer Gesetze  erschlossen.  Diese  beiden  Felder  ihrer 
Thätigkeit  (von  denen  das  erstere  für  seine  engere  Umgrenzung 
innerhalb  der  allgemeinen  Unterlage  des  letztern  immer  erst 
besonderer  Correlatbeweise  bedarf)  sind  indess  scharf  von- 
einander getrennt  zu  halten,  da  ihre  Confundirung  ebenso 
grosse  Verwirrung  anzurichten  pflegt  als  die  unbedenkliche 
Uebertragung  der  in  der  Philologie  gezogenen  Folgerungen 
auf  ethnologische  Thatsachen  und  deren  Accommodation  an  jene. 

Wie  die  inductiven  Wissenschaften  jetzt  nebeneinander 
arbeiten,  sind  sie  von  besondern  Gefahren  bedroht,  wenn  (statt 
zu  warten,  bis  die  gesetzlich  verwandten  Facta  aus  innerer 
Affinität  zusammenkrystallisiren)  man  sich  vorschnell  veranlasst 
sieht,  Hypothesen  aus  der  einen  Disciplin  auf  eine  andere  zu 
übertragen  und  auch  dort  ihre  Gültigkeit  zu  beanspruchen. 
Für  die  Induction  sind  Hypothesen  nur  vorläufige  Gerüste, 
die  man  temporär  herstellt,  um  unter  ihnen  weiter  zu  bauen, 
die  man,  wenn  sie  sich  auch  ferner  brauchbar  zeigen,  später 
neu  kräftigt,  oder  wenn  es  sich  vortheilhaft  beweist,  durch 
andere  ersetzt.  Innerhalb  des  Systems,  das  die  Hypothese 
hervorgerufen  hat,  ist  dieselbe  nicht  nur  nicht  schädlich, 
sondern  nützlich  und  nothwendig,  um  einem  bestimmten  For- 
schungsgang zu  folgen  oder  ihn  zu  erleichtern.  Die  Hypothese 
hat  sich  mit  den  Thatsachen  zu  decken  und  mit  diesen  zu 
erweitern,  oder  wenn  sie  das  nicht  länger  vermag,  so  stürzt 
sie  von  selbst  zusammen  und  erhält  einen  entsj)rechenden 
Ersatz.  Wird  nun  aber  eine  solche  Hypothese,  von  ihren 
constituirenden  Unterlagen  abgelöst,  auf  eine  fremde  Disciplin 
übertragen,  aus  der  sie  nicht  genetisch  hervorgewachsen  ist, 
die  sie  nicht  aus  sich  versteht,  sondern  sie  als  ein  überkommenes 


X  Vorwort. 

Dogma  gläubig  acceptiren  muss,  so  ist  es  natürlich  mit  der 
Induction  und  allen  daraus  zu  erhoffenden  Vortheilen  vorbei, 
und  die  exacte  Forschung  fällt  trotz  selbstgefälliger  Lob- 
sprüche, mit  denen  sie  nicht  karg  zu  sein  pflegt,  in  alle 
Phantastereien  der  alten  Speculation  zurück.  Die  Anthropologie 
wird  ihre  leichtsinnigen  Entlehnungen  aus  der  Geologie  noch 
lange  zu  bereuen  haben,  und  fährt  man  fort,  die  Ethnologie 
nur  als  einen  abhängigen  Zweig  der  Philologie  zu  betrachten, 
so  muss  man  eben  darauf  verzichten,  ihr  eine  naturwissen- 
schaftliche Ausarbeitung  zu  geben.  Philologie,  Craniologie 
und  Ethnologie  sind  drei  völlig  voneinander  unabhängige 
Disciplinen,  die  eine  jede  ihre  durchaus  unabhängige  Aus- 
bildung erhalten  müssen,  die  sich  gegenseitig  auf  vielfachste 
Weise  in  die  Hände  arbeiten  können,  die  aber  nutzlose  Allotria 
treiben,  wenn  sie  aus  der  Ferne  miteinander  liebäugeln  und 
lobhudelnde  Phrasen  austauschen.  Die  vergleichende  Sprach- 
wissenschaft mag  sich  die  so  weit  gewonnenen  Resultate  in 
irgendeiner  schematischen  Auffassung  zurechtlegen,  wie  es  ihr 
zur  Uebersicht  am  bequemsten  ist,  sie  mag  ältere  und  neuere 
Sprachformen  unterscheiden,  Sprachfamilien  vereinigen,  Laut- 
verschiebungsverhältnisse feststellen.  Sie  darf  aber  nicht  von 
der  Ethnologie  verlangen,  Lautverschiebungen,  die  sich  (wie 
die  Thatsachen  beweisen)  in  hunderttausend  Wandlungen 
wiederholen  können,  als  nur  einmal  geschehen  anzunehmen, 
sie  wird  der  Ethnologie  vergeblich  zumuthen,  um  ihre  Sprach- 
familien zusammenzubringen,  unmögliche  "Wanderungen  zu  ver- 
zeichnen, da  die  geographischen  Wege  solcher,  sowie  ihre 
Ursachen  genugsam  bekannt  sind,  und  ebenso  wenig  wird  die 
Ethnologie,  die  mit  ihren  Forschungen  innerhalb  des  schöpfe- 
rischen Entwickelungsganges  der  Menschheit  steht,  zeitliche 
Scheidungen  in  Aelteres  und  Jüngeres  zulassen,  wenn  es  sich, 
jenseit  des  chronologisch  gesichteten  Geschichtshorizonts,  um 
ursächliche  AnknüiDfungen  handelt,  in  ewig  verjüngten  Er- 
neuerungen. 

AVünscht  die  Ethnologie,  die  Objecte  ihrer  Beobachtung 
zu  charakterisiren,  so  kann  sie  sich  nicht  mit  dem  physikalischen 
Merkmal  der  Schädelforni,  nicht  mit  dem  lautlich  flüchtigen 
Sprachausdruck  genügen  lassen.  Sie  hat  sodann  die  Gesammt- 
ent  Wickelung  eines  Volkes  in  der  ganzen  Fülle  seiner  Phänomene 
zu  i'iberschauen,  die  Productionen  seiner  Psyche,  die  zwar  auf 


Vorwort.  XI 

dem  Körper,  also  auch  auf  dem  Schädel  basirt,  aber  nicht 
davon  allein  abhängt,  —  seiner  Psyche,  die  zwar  in  der  Sprache 
ihren  Ausdruck  findet,  die  aber  sich  selbst  die  Sprache,  in  je 
nach  Mitwirkung  anderer  Umstände  mehr  oder  weniger  be- 
deutsam charakteristischer  Weise,  schaflft,  und  da  sie  sich 
nicht  in  ihr  allein  erfüllt,  auch  nicht  von  ihr  allein  bemessen 
werden  kann.  Sobald  die  Ethnologie  in  ihren  Untersuchungen 
aus  dem  historischen  Gesichtskreis  hinaustritt,  darf  sie  nicht 
länger  die  Incongruenzen  der  Zeittheilungen  festhalten  und  im 
blauen  Dunst  von  Primitivvölkern,  von  Spracheinschachtelungen 
oder  Ursprachen,  von  AflFenmenschen  und  andern  Monstrositäten 
faseln.  Sie  hat  genau  und  scharf  die  Phasen  zu  studiren,  die 
die  Entwickelung  der  Volksorganismen  regieren,  und  aus  Ver- 
gleichungen  der  objectiv  in  den  entsprechenden  Wiederholungen 
gebotenen  Anknüpfiingspunkte  das  dauernd  Gesetzliche  fest- 
zustellen. 

Die  Eintheilung  der  Natur-  (cidturlose)  und  Culturvölker 
könnte  klar  gemacht  werden  durch  eine  Vergleichung  mit 
analogen  Erscheinungen  in  einer  Schwesterwissenschaft,  indem 
man,  den  Kryptogamen  und  Phanerogamen  der  Botanik  ge- 
mäss, von  Völkern  mit  Krypto-Cultur  und  Phauero-Cultur 
spräche,  sodass  die  in  den  erstem  noch  latent  liegenden  Cultur- 
keime  bei  den  letztern  oflPen  zu  Tage  getreten  wären.  Obwol 
indessen  eine  inductive  Pflanzenphysiologie,  die  sich  von 
organosophischen  Hypothesen  freihält,  keine  Fortentwickelung 
von  dem  niedern  Zustand  der  Kryptogamen  zu  dem  höhern 
der  Phanerogamen  innerhalb  des  vor  uns  abgeschlossenen 
Cyklus  pflanzlicher  Phänomenologie,  deren  Wurzeln  über  die 
Peripherie  der  Gesichtslinie  hinausliegen,  annehmen  wird,  so 
mag  die  Ethnologie  den  Zusammenhang  innerhalb  der  vor 
ihren  Augen  abgewandelten  Wechsel  festhalten,  da  sie  sich 
fiir  den  Uebergang  in  vollendete  Civilisation  auf  thatsächliche 
Beobachtungen  noch  im  Umkreis  deutlicher  Sehweite  zu  stützen 
vermag,  ohne  schon  die  Dunkelheiten  eines  ersten  Ursprungs 
zu  berühren.  Wenn  man  darüber  streitet,  ob  die  sogenannten 
Naturvölker  culturfähig  seien,  so  ist  zunächst  eine  Schwierig- 
keit zu  beseitigen,  die  sich  bei  dem  jetzigen  Zusammenarbeiten 
von  physikalischen  und  historischen  Wissenschaften  oftmals 
in  die  Discussionen  eindrängt,  indem  man  nämlich  der  Doppel- 
deutigkeit der  in  verschiedenen  Disciplinen  verwandten  Aus- 


XII  Vorwort. 

drücke  bei  Uebertragung  auf  andere  keine  Rechnung  trägt. 
Fähigkeit  im  iDhysikalischen  sowol  wie  im  historischen  Sinne 
kann  geweckt  werden,  ist  aber  im  erstem  innerhalb  einer 
durch  Naturgesetze  geschlossenen  Form  gebannt,  während  sie 
im  letztern  incommensurabel  weiter  zu  schreiten  vermag.  Im 
physikalischen  Sinne  ist  ein  culturloses  Volk  allerdings,  wie 
der  Name  besagt,  der  Cultur  unfähig.  Eben  indem  wir  gewisse 
ethnologische  Typen  überall,  wo,  und  jederzeit  wann,  sie  auf- 
treten, innerhalb  des  Zustandes  roher  Uncultur  (oder  doch 
eines  solchen  Minimalsatzes  der  Bildung,  dass  die  Selbständig- 
keit freier  Culturentwickeluug  ausgeschlossen  bleibt)  verharren 
sehen,  bezeichnen  wir  sie  als  Völker  der  Uncultur,  indem  im 
voraus  anzunehmen  ist,  dass  die  Natur  überall  und  jederzeit 
das  in  potentia  Seiende  in  actu  überführen,  vorhandene  Keime 
in  ihren  Fähigkeiten  entwickeln  muss,  und  also,  wenn  wir 
einen  Typus  im  grossen  und  ganzen  überschauen,  sämmtliche 
denselben  inhärirende  Ursächlichkeiten  in  einer  oder  der 
andern  Weise  als  wirklich  manifestirte  zu  zeigen  hat.  Daraus 
ergibt  sich  dann  die  im  Factischen  begründete  Klasse  der 
culturlosen  Völker,  und  sie  würden  durch  eine  unübersteig- 
liche  Scheidewand  von  den  culturfähigen  getrennt  sein,  wenn 
der  Mensch,  wie  die  übrigen  Naturobjecte,  nur  den  streng 
geschlossenen  Gesetzen  des  Tellurismus  unterworfen  wäre.  Bei 
dem  Einfluss  auf  den  Menschen  überwiegen  dagegen  die 
kosmischen  Agentien,  die  bei  der  Pflanze  eine  secundäre  Rolle 
spielen,  und  während  wir  bei  der  letztern  nur  zwischen  nahe 
verwandten  Species  durch  vorsichtige  Kreuzungen  schwankende 
Varietäten  hervorrufen  können,  vermag  auf  dem  Felde  der 
Ethnologie  eine  Wechselwirkung  zwischen  den  beiden  Haupt- 
abtheilungen, in  welche  dasselbe  getrennt  ist,  einzutreten,  und 
sich  aus  einer  (freilich  auch  hier  gesetzlich  zu  regulirenden) 
Durchdringung  zwischen  culturlosen  und  culturgeschmückten 
Völkern  nicht  nur  ein  stabiler,  sondern  unter  Umständen 
selbst  ein  höher  organisirtcr  Typus  hervorzubilden.  Damit 
entrollen  sich  dann  die  Geschichtsgemälde,  für  welche  die 
Ethnologie  nur  die  Vorbereitungsstudien,  die  Analyse  ihrer 
Constituenten  bietet. 

Wie  musikalische  Intervalle  und  die  Proportionsverhältnisse 
chemischer  Verbindungen  sind  auch  die  organischen  Typen 
durch  gesetzliche  Zwischenräume  getrennt,  die  Sprünge   dar- 


Vorwort.  Xni 

stellen  würden  nach  ihrer  Auffassung  in  arithmetischer  Pro- 
gression, dagegen*  eine  continuirliche  Reihe  in  geometrischer. 
Ein  unmittelbarer  Zusammenhang  zwischen  Menschen  und 
Afien  kann  weder  vermuthet  noch  gesucht  werden.  Seinem 
körperlichen  Gerüste  nach  allerdings  steht  der  Mensch  in  der 
Reihe  der  Vertebrata  und  muss  innerhalb  derselben  die  ihm 
zukommende  Stellung  finden.  Wird  er  dann  aber  in  der  Ge- 
sammtheit  seiner  Erscheinung  aufgefasst,  erhebt  sich  die 
Menschheit,  von  den  die  unmessbaren  Räume  des  All  durch- 
zweigenden  Blüten  einer  Wissenschaft  umkrönt,  deren  Träger  der 
Menschengeist  ist:  so  treten  die  körperlichen  Analogien,  die 
den  Menschen  dem  Thierischen  verknüpfen,  als  nebensächliche 
zurück  vor  dem  Massstabe,  der  die  schöpferischen  Kräfte  der 
Ideenwelt  gegeneinander  abschätzt.  Das  erste  Postulat  in 
einer  Wissenschaft  vom  Menschen  ist  das  Studium  des  cultur- 
historischen  Entwickelungsganges ,  unter  dem  die  Civilisation 
hervorwächst,  eine  Physiologie  des  geistigen  Organismus.  Im 
strengen  Wortsinn  culturlos  ist  der  Mensch  nie,  da  die  Cultur 
zu  seiner  Lebensbedingung  gehört,  und  «-er  schon  auf  den 
tiefsten  Stufen  mit  irgendeinem  Kunstproduct  angetrofien  wird, 
womit  er  der  von  der  Natur  ihm  beschiedenen  Hülflosigkeit 
abhilft  und  seine  Existenz  fristet.  Der  Mensch  ist  also  überall 
ein  „self-made  man",  sein  eigener  Schöpfer  in  gewisser 
Hinsicht. 

Entwerfen  wir  uns  schematisch  das  für  die  Hypothese 
brauchbare  Büd  eines  Mittelwesens  an  der  Grenze  vom 
Menschen-  und  Thierreich,  so  würde  der  Kampf  ums  Dasein 
nach  zwei  Richtungen  hin  wirken,  Affen  und  Menschen,  als 
die  Extreme  der  lebensfähigen  Möglichkeiten,  auseinander- 
führend. In  den  erstem  würden  die  körperlich  am  besten 
ausgestatteten  Geschöpfe  dieser  Mittelklasse  erhalten  und  fort- 
gepflanzt bleiben,  solche,  die  durch  ihre  behaarte  Haut  gegen 
die  Unbilden  der  Witterung  geschützt,  durch  lange  Arme  und 
scharfe  Krallen  zum  Erlangen  des  Lebensunterhaltes  gerüstet, 
durch  Klettergeschicklichkeit  und  Unterstützung  des  Ringel- 
schwanzes in  der  Flucht  geübt  sein  würden.  Die  letztern, 
deren  Körpern  die  Natur  fast  jede  offensive  und  defensive 
Waffe  versagt  hat,  werden  nur  dann  auf  Selbsterhaltung  hoffen 
dürfen,  wenn  sie  diesem  Mangel  durch  eigene  Erfindungskraft 
abhelfen,  wenn  eben  ihre  Gehirnthätigkeit  in  genügender  Weise 


XIV  Vorwort. 

die  Stabilität  des  Bewusstseins  findet,  um  Ursachwirkungen 
zu  verknüpfen  und  daraus  Folgerungen  zu 'ziehen. 

Bei  den  sogenannten  Naturvölkern  wird  sich  deshalb  die 
Reaction  geistiger  Schöpfungen  überall  so  weit  augeregt  zeigen, 
wie  es  die  Existenzfrage  erheischt,  also  so  weit,  bis  die  feind- 
lichen Schädlichkeiten  der  Aussen  weit  genügend  abgestumpft 
sind,  um  die  Möglichkeit  einer  miki'okosmischen  Existenz  auf- 
recht erhalten  zu  können.  In  den  klimatisch  bevorzugten 
Ländern  wird  demnach  der  Bildungsgrad  aus  solchem  Grunde 
entsprechend  sinken,  da  schon  eine  geringe  Anstrengung  ge- 
nügt, die  Immunität  herzustellen,  wogegen  eine  rauhere  Um- 
gebung die  ganze  Arbeitskraft  des  Menschen  wachruft,  sobald 
er  überhaupt  bestehen  will  oder  kann.  Oft  fehlt  diese  Mög- 
lichkeit durchaus,  wenn  nicht  der  Geist  in  gemässigten  Zonen 
durch  längere  Kämpfe  mit  weniger  furchtbaren  Gegnern  sich 
allmählich  geübt  und  auf  Schwereres  vorbereitet  hat,  und  selbst 
wenn  ein  schon  kräftig  gestählter  Stamm  (wie  oft  durch 
politische  Wechselfälle  gezwungen)  in  die  öden  Polargegendeu 
eintritt,  wird  die  aHzu  mächtig  lastende  Ungunst  der  Verhält- 
nisse eher  erdi'ückend  als  weiter  anregend  wirken. 

Es  lässt  sich  also  der  Satz  aufstellen,  dass  an  sich  jedes 
Volk  in  derjenigen  Graduirung  einer  einheimischen  Cultur 
angetroffen  werden  würde,  wie  sie  jedesmal  zur  Besiegung  der 
feindlichen  Gewalten  aus  dem  Makrokosmus  nothwendig  er- 
fordert worden.  Ist  dieses  Niveau  gegenseitigen  Gleichgewichts 
erreicht,  so  tritt  eine  Permanenz  des  Typus  ein,  die  dann  der 
Ethnologie  charakteristisch  gelten  wüi'de  fürdenVolksstamm, 
als  Ausdruck  seiner  geographischen  Umgebung.  Die 
gleichen  Naturobjecte  stellen  sich  überall  den  Sinnen  des  Men- 
schen in  gleicher  Weise  dar  und  werden  ihren  Elementarstoffen 
nach  in  gleicher  Weise  aufgefasst,  aber  der  Geist  verarbeitet  sie 
dann  verschieden  nach  der  subjectiven  (d.  h.  der  ethnologisch 
durch  die  Umgebung  bedingten)  Stimmung,  und  wie  unter 
den  Coniferen  in  dem  einen  Lande  die  Cypresse,  in  dem 
andern  die  Tanne  und  (je  nach  Ursächlichkeiten  in  der  Boden- 
mischung oder  den  meteorologischen  Wechseln)  die  Fichte 
erscheint,  so  sehen  wir  die  religiösen  Systeme  der  Weltauf- 
fassung in  verschiedener  Weise  entfaltet  und  die  im  All  ge- 
stellten Fragen  auf  das  mannichfaltigste  beantwortet,  obwol  sie 
ebenso  unveränderhch  durch  einen  gleichmässigen  Entwickelungs- 


Vorwort.  XV 

process  regiert  werden,  wie  sich  in  allen  Pflanzen,  soweit  sie 
auch  ihren  äussern  Formen  nach  getrennt  scheinen  können, 
doch  die  stereotyp  gleichmässigen  Vorgänge  der  Zellbildung, 
die  Wiederholung  analoger  Gefässe  und  deren  Verästelungen 
nachweisen  lassen. 

Ist  nun  derjenige  Standpunkt  von  einem  Volke  erreicht, 
der  als  der  Ausdruck  der  geographischen  Provinz  betrachtet 
werden  kann  (also  derjenige,  bei  dem  sich  der  Mensch  mit 
seiner  Umgebung  in  Gleichgewicht  gesetzt  und  dadurch  eine 
Existenzfortdauer  gesichert  hat),  so  tritt  eine  Stabilität  des 
ethnologischen  Typus  ein,  der  sich  dann,  wie  jedes  Natur- 
product,  unablässig  verändert  und  verjüngt,  aber  seine  Fassung 
nicht  weiter  ändert. 

Eine  weitere  Phase  in  der  Geschichte  der  Menschheit 
markirt  sich  dann  mit  dem  Entstehen  der  sogenannten  Cultur- 
völker  oder  mit  dem  Uebergaug  der  Naturvölker  in  solche. 
Dem  Gesetz  der  Trägheit  gemäss  wird  die  in  Abgleichung 
gelangte  Thätigkeit  nur  dann  aufs  neue  in  Bewegung  gesetzt 
werden,  wenn  w^iederum  ein  noch  nicht  assimilirter  Reiz  hin- 
zutritt. In  solch  entwickelungsschwangere  Verhältnisse  wird 
ein  Volk  aber  treten,  wenn  es  in  seinen  bisher  allein  occupirten 
Wohnsitzen  mit  einem  fremden  Volke  in  Berührung  kommt, 
wenn  also  aufs  neue  ein  fremdartiges  und  damit  feindseliges 
Object  Widerstand  nöthig  macht,  und  je  nach  der  Intensität 
des  Einwirkens  grössere  oder  geringere  Activität  wachruft. 
Dieser  zweite  Reiz  kann  überwunden,  ja  (verschieden  von  den 
früher  aus  natürlichen  Verhältnissen  entgegengestellten)  er 
kann  gänzlich  beseitigt  werden  und  dadurch  eine  gewisse  Fülle 
der  bereits  in  Bewegung  gesetzten  Thätigkeit  überschüssig 
und  frei  werden.  Ausserdem  kann  dieser  zweite  Reiz  histo- 
rischer Wechselwirkung  nicht  nur  geradezu  aufgehoben,  son- 
dern selbst  aus  feindlichem  Gegensatz  in  einen  befreundeten 
Verbündeten  verwandelt  werden,  sodass  der  von  beiden  Seiten, 
solange  noch  die  Rivalität  bestand,  zu  besonders  reger  Ent- 
faltung angefachte  Volksgeist  sich  jetzt  mit  gemeinsam  ver- 
einigter Kraft  zu  desto  höherm  Aufschwung  erheben  wird. 
Es  tritt  auch  hier  ein  Punkt  ein,  wo  die  Accumulation  der 
kleinsten  Schwingungen  sich  zu  völlig  neuer  Production  steigert 
(sei  es,  dass  sie  den  Schall  ertönen  lässt,  sei  es,  dass  sie  als 
Licht  hervorblitzt)  und  die  innere  Spannung  eine  genügende 


XVI  Vorwort. 

Concentration  gewinnt,  um  fortan  unabhängig  selbständig 
weiter  zu  schaffen,  durch  den  primus  motor  bewegt  zu  bleiben, 
ohne  dass  es  steter  Wiederholung  speciellen  Anstosses  bedarf. 
In  solcher  Hinsicht  würde  sich  die  in  den  Culturvölkern 
wirkende  Kraft  von  dem  Lebensprincip  der  Naturvölker  in 
ähnlicher  Weise  unterscheiden ,  wie  die  nur  im  jedesmaligen 
Falle  der  Wahlverwandtschaft  in  Austausch  gesetzten  Affinitäten 
der  Krystallbildung  und  die  aus  sich  organisch  weiter  wachsen- 
den ZeUsprossungen.  In  den  Naturvölkern  hat  deshalb  die 
Ethnologie  vor  allem  die  Verhältnisswerthe  der  Umgebung 
in  deren  Relationen  zu  den  Geistesfähigkeiten  abzumessen  und 
zu  berechnen,  in  den  Culturvölkern  dagegen  ist  der  Wachs- 
thumsprocess  der  Geistesentwickelung  in  allen  seinen  Wand- 
lungen zu  verfolgen  und  auf  die  Ursprünglichkeit  einfacher 
Gesetze  zurückzuführen. 

AprU  1870. 


Einleitung. 


J^elbständige  Schöj)fung,  wie  in  Uebereinstimmung  mit 
der  Zahlensymbolik  alte  Mythologien  melden,  entsteht  erst 
mit  der  Doppelung  der  Eins  aus  der  Drei.  Die  Eins  ist  eine 
bedeutungslose  Ziffer,  die  Zwei  ihre  Wiederholung  und  in 
der  Differencirung  folgt  das  tertium  comparationis.  Die  Reizung 
einer  einzelnen  Nervenfaser  wird  nur  unbestimmt  empfunden, 
aus  erregter  Bewegung  dieses  isolirten  Theils  gegenüber  der 
Gesammtmasse  des  iibrigen ,  die  in  Ruhe  bleibt.  Werden 
zwei  Nervenfasern  gereizt,  so  leiten  sich  nicht  nur  zwei  Em- 
pfindungen dem  Gehirn  zu,  sondern  gleichzeitig  entsteht  die 
Vorstellung  von  der  relativen  Lage  der  beiden  Reizstellen  zu- 
einander. 

In  den  höhern  Sinnen  sind  die  Nervenfasern  auf  der 
empfänglichen  Aussenfläche  so  zusammengeordnet,  dass  nicht 
mehr  der  Reiz  einer  einzelnen  Faser  empfunden  wird,  sondern 
das  aus  den  Reizen  einer  Menge  derselben  zusammengefasste 
Gesammtbild,  als  Ganzes.  Wenn  der  Baum  sich  auf  der  Netzhaut 
abdrückt ,  so  empfinden  wir  nicht  die  Eindrücke  der  Hundert 
und  Tausende  von  Fäserchen,  die  von  dem  Lichte  getroffen 
sind,  sondern  nur  den  im  Bilde  des  Baumes  zusammenspielen- 
den Totaleindruck  aller  miteinander.  Insofern  ist  der  Eindruck 
des  Gesichtsbildes  wieder  der  einer  einzigen  Einheit  und  kann 
nur  in  seiner  unbestimmten  Differencirung  von  dem  übrigen 
Gesammtbefinden,  das  von  diesem  Eindruck  nicht  direct  mit- 
betroffen worden,  aufgefasst  werden,  ohne  für  sich  allein  ein 
weiteres   Verständniss  ermöglichen    zu  können.     Dieses  wird 

Bastian,  Studien.  ** 


XVm  Einleitung. 

erst  dann  vermittelt  werden,  wenn  aus  einem  möglichst  gleicli- 
werthigen  Sinnesorgan  ein  correspondirender  Eindruck  hinzu- 
tritt, und  dann  aus  ihrer  Wechselwirkung  das  Tertium  deut- 
licher Vorstellung  folgt.  Während  sich  die  meisten  Säuge- 
thiere  für  dieses  nothwendige  Supplement  des  optischen  Bildes 
mit  dem,  nur  geringer  Variationen  fähigen  Geruch  behelfen 
müssen,  tritt  beim  Menschen  dafür  das  Gehör  ein,  das  durch 
die  Modulirungen  der  Sprache  zur  Auffassung  jeder  gewünsch- 
ten Mannichfaltigkeit  in  Stand  gesetzt  wird,  alle  einer  Com- 
pletirung  bedürftigen  Manifestationen  des  Sehorgans  zu  decken. 
„Die  Rede  ist  nicht  das  Objective,  Seiende",  sagt  Gorgias, 
„also  theilen  wir  dem  andern  nicht  das  Seiende  mit,  sondern 
eine  Rede,  welche  etwas  anderes  ist  als  das  Objective",  und 
es  ist  eben  diese  theilweise,  aber  nicht  völlige  Identität,  die 
die  Anregung  zur  Neuschöpfung  des  Begriffs  gibt  und  diesen 
als  selbständig  drittes  zwischen  ihren  offenbleibenden  Maschen 
herausfallen  lässt. 

Schon  die  mehrfachen  Eindrücke  ein  und  desselben  Sinnes- 
organs können  (in  den  hintereinander  gesehenen  Bäumen,  in 
dem  neben  dem  Baum  erscheinenden  Stein  u.  s.  w.)  als  Seiten- 
oder Gegenstücke  dienen,  um  aus  dem  Gemeinsamen  und 
Widersprechenden  ihr  relatives  Verständniss  herzustellen. 
Dieser  Weg  ist  aber  immer  nur  der  laugsame  und  umständliche 
des  Nacheinander,  der  durch  fortgesetztes  Addiren  zu  so  uu- 
behülf liehen  Reihen  führt,  dass  über  das  letzte  das  erste 
bereits  wieder  vergessen  ist  und  deshalb  höhere  Multij)lications- 
producte  schwer  erreicht  werden.  Beim  Ineinandergreifen 
zweier  Sinnesorgane  ist  dagegen  eine  Gleichzeitigkeit  der  ihnen 
eigenthümlichen  Eindrücke  vorhanden,  die  sich  in  jedem 
Augenblicke  gegenseitig  controliren.  Der  Hund  erkennt  seinen 
Herrn  durch  das  Gesicht  und  «yleichzeitig  durch  den  Geruch. 
Der  Gesichtseindruck  mag  nach  der  drohenden  oder  freund- 
lichen Physiognomie-  des  Herrn,  nach  seiner  veränderten 
Kleidung  wechseln,  die  Geruchsempfindung  bietet  aber  eine 
unverändert  gleiche  Basis,  auf  der  sich  jene  Schwankungen 
nebeneinander  zusammen  ordnen  mögen,  und  so  gerade  durch 
die  zwischen  ihnen  bestehenden  Differencirungren  um  so  mehr 
zur  Kenntniss  der  als  einer  und  derselben  festgehaltenen 
Individualität  beitragen  können.  Demnach  muss  sich  diese 
zwischen    Gesichts-    luid    Geruchsorgan    abgespielte    Geistes- 


Einleitung.  XIX 

thätigkeit  schon  ziemlich  bald  erschöpfen,  und  ein  noch  un- 
vollkommeneres Supplement  zum  Auge  würde  der  Geschmack 
oder  das  Gefühl  bilden,  wie  in  den  niedern  Thierklassen. 

Die  animalische  Wesenheit  ist  nun  aber  so  constituirt, 
die  Aussendinge  nicht  nur  nach  ihrem  physikalischen  Ver- 
halten (im  Gefühl),  nach  ihrem  chemischen  (im  Geschmack 
und  Geruch),  nach  ihrem  optischen  (im  Blick)  aufzufiissen, 
sondern  auch  von  ihren  Tönen  betroffen  zu  werden,  d.  h.  von 
derjenigen  Bewegung,  wodurch  ihre  als  Ganzes  erschiitterte 
Gesammtmasse  vibrirend  auf  das  nachgiebige  Medium  der 
Umgebung  zurückwirkt.  Der  Ton  ist  diejenige  Bewegung 
eines  Körpers,  wodurch  er  sich  in  den  Schwingungen  seiner 
kleinsten  Theilchen  äussert,  ohne  doch  die  Charakteristik  seines 
typischen  Bestehens  durch  Auflösung  oder  theilweise  Umsetzung 
zu  verlieren.  Bei  gewisser  Erhöhung  der  Schwingungen  ver- 
schwindet der  Ton  in  der  Wärme,  und  schliesslich  wird  die 
Zerstörung  in  der  Lichterscheinung  sichtbar.  Local  einwirkende 
Gegensätze  polarer  Spannung  leiten  eine  lautlose  Zersetzung 
ein,  die  sich  aber  bei  starker  Affinität  bis  zum  Feuerausbruch 
steigern  können.  Ein  localer  Stoss,  der  seine  mitgeführte 
Bewegung  durch  die  cohärirenden  Atome  fortpflanzt,  lässt 
diese  im  Klang  erzittern,  fährt  dagegen  (kaum  im  ersten  Auf- 
treffen vernehmbar)  schwirrend  hindurch,  wenn  haarscharf  und 
mächtig  genug,  um  sogleich  den  Zusammenhang  zu  theilen. 
Je  starrer  die  Cohäsion,  desto  heftiger  die  Reaction  auf  das 
nachgiebige  Medium  der  Umgebung,  wogegen  bei  Nachgiebig- 
keit eigener  Cohäsion  schon  innerhalb  dieser  die  Erschütterung 
verklingt.  Die  thierische  Bewegung  ist  eine  lautlose,  da  sie 
sich  bei  ihrer  inneru  Einleitung  in  der  Verschiebung  der 
flüssigen  Theile  zur  Umsetzung  der  Muskelsubstanz  herstellt 
(abgesehen  von  der  auf  der  Unterlage  fortgleitenden  Reibung). 
Indem  sich  unter  solarischer  Rückwirkung  auf  die  Erdober- 
fläche die  Dichtigkeitsverhältnisse  der  Atmosphäre  an  einem 
bestimmten  Pvmkte  ändern,  strömen  im  Winde  die  Ausgleichungen 
herzu,  und  der  dabei  gestreifte  Baum  manifestirt  sich  im 
Rauschen,  wie  der  Stein  im  Aufschlag,  wie  der  Fluss  im 
Plätschern  am  Ufer,  wie  das  Thier  im  Schrei,  wie  der  elek- 
trische Process  des  Gewitters  im  Donner. 

Verschieden  von  den  andern  Sinnesorganen  vernimmt  also 
das  Ohr,  was  nur  vorübergehend  besteht,  was  in  der  Bewegung 


XX  Einleitung. 

entsteht  und  vergeht.  Das  Gefühl  fasst  das  Dasein  des  Dinges 
auf,  Geruch  und  Geschmack  seine  innere  Constitution,  das 
Gesicht  seine  relative  Lage  im  Raum,  das  Gehör  dagegen 
zeitliche  Veränderungen,  die  im  Zusammenhang  der  Dinge, 
ihrem  gegenseitigen  Verhalten  vor  sich  gehen,  ohne  doch 
diesen  Zusammenhang  neu  umzugestalten:  Veränderungen,  die 
nur  das  gegenseitige  Verhalten  voriibergehend  modificiren, 
aber  den  Zusammenhang  des  Ganzen  gleichartig  fortbestehen 
lassen.  So  ist  alles  Tönen  gewissermassen  die  Sprache,  durch 
welche  die  Dinge  miteinander  communiciren,  solange  es  ihnen 
möglich  ist,  trotz  solcher  Communication  doch  den  bestimmten 
Charakter  ihrer  Dingheit  zu  bewahren. 

Das  Gehör  macht  uns  also  nur  Mittheilung  von  Ver- 
änderungen, die  vorübergehend  in  der  Natur  stattfinden,  eine 
Mittheilung,  die  an  sich  ziemlich  werthlos  ist,  solange  sie  sich 
nicht,  wie  etwa  in  dem  Lauschen  des  Thicrs,  mit  schon  vor- 
handenen Vorstellungscombinationen  verkniipft.  Das  Gefühl 
lehrt  uns  direct,  dass  das  Ding  da  ist,  der  Geschmack  (be- 
sonders bei  instinctiver  Unterscheidung  giftiger  und  essbarer 
Substanzen),  inwiefern  es  zur  Körpererhaltung  durch  seine 
Assimilation  beitragen  würde,  das  Gehör  dagegen  unterrichtet 
uns  nur  über  einen  leidenden  Zustand  dieses  Dinges,  der  das- 
selbe voriibergehend  betraf  in  seiner  Beziehung  zu  andern 
Dingen  und  in  den  meisten  Fällen  für  uns  kein  weiteres  Interesse 
hat.  In  den  Insekten  scheint  das  Gehör  der  Hauptsache  nach 
wegzufallen,  und  in  allen  niedern  Thierklassen  bleibt  seine 
Ausbildung  auf  einer  tiefen  Stufe  stehen. 

Bei  den  höhern  Luftthieren  dagegen,  die  in  dem  Medium 
einer  leicht  eindrucksfähiijen  Umsebun":;  leben,  tritt  die  mikro- 
kosmische  Wiederholung  der  von  den  Aussendingen  unter 
sich  geführten  Natursprache  ein,  indem  auch  hier  das  Indivi- 
duum einem  leidenden  Zustand  seiner  Gesammtempfindung 
lautlichen  Ausdruck  gibt,  und  in  ähnlicher  Weise,  wie  sich 
der  Geschmack  mit  der  Secretion  bestimmter  Driisenorgane 
associirt,  tritt  eine  Association  ein  zwischen  dem  im  Ohr  auf- 
genommenen Laut  und  dem  durch  den  Stimmapparat  wieder- 
gegebenen. Hierdurch  erhält  das  Gehör  eine  neue  Bedeutung, 
da  es  seine  deutliche  Reaction  in  den  Körpervorgängen  em- 
pfängt. Zunächst  wird  sich  Avegen  dieses  zwischen  Reiz  und 
Gegenreiz  eingeleiteten  Zusammenhangs  die  Sprache   als  eine 


Einleitung.  XXI 

Nachahmung  lautlich  empfundener  Töne  äussern,  bald  aber 
muss  sie  sich  (abgesehen  von  dem  in  ihrem  Ausdruck  als 
Leidenszustaud  begriindeten  Zusammenhang  mit  Gefühls-  oder 
Geschmacksempfindung)  auch  fähig  zeigen,  eine  Association 
mit  den  Gesichtsempfindungen  einzugehen,  die  ohne  ihre  direct 
deutliche  Reaction  unassimilirt  in  der  Vorstellung  liegen. 
Hierzu  bedarf  es  schon  einer  vervollkommneten  Ausbildung 
der  Stimmwerkzeuge,  um  feinere  Nuancirungen  wiederzugeben, 
ohne  welche  der  Drang  nach  Specialisirung  seinen  nothwendigen 
Ausdruck  nicht  finden  könnte.  Indem  dann  wieder  in  der 
menschlichen  Geselligkeit  diese  sprachliche  Schöpfung  selbst 
durch  das  Ohr  aufgefasst  wird,  so  tritt  damit  der  mächtigste 
Factor  in  das  Geistesleben  ein,  um  die  höhern  Productionen 
des  Denkens  zu  zeitigen. 

Da  keine  unmittelbare  Verkettung  zwischen  dem  vom 
Auge  aufgenommenen  Reiz  und  der  Sprache,  als  seiner  Reaction, 
besteht,  so  würde  zunächst  die  Bildung  der  Worte  Zufällig- 
keiten überlassen  scheinen.  Zwischen  gehörtem  und  ge- 
sprochenem Laut  hatte  aber  die  doppelte  Wechselwirkung 
schon  lange  einen  Zusammenhang  geknüpft,  und  bei  der,  unter 
Fortbewahrung  ihrer  Specialitäten ,  gleichartigen  Empfangs- 
weise der  Gesichts-  und  Gehörsnerven  kann  sich  ein  vicariiren- 
der  Eintritt  zwischen  ihnen  bilden,  wie  er  z.  B.  durch  die 
Vorstellung  Blindgeborener  über  farbenreiche  Sehobjecte  ge- 
zeigt wird. 

Berührt  ein  Reiz  den  sensitiven  Nerv  der  Haut,  so  zuckt 
der  motorische,  dringt  die  zersetzte  Speise  in  die  Speichel- 
drüsen ein,  so  folgt  Secretion,  tönt  es  in  der  Schnecke  des 
Ohrs  unter  bestimmten  Lauten,  so  suchen  die  Stimmwerkzeuge 
ähnliche  nachzuahmen,  und  vielerlei  Processe  der  Natur  sind 
deshalb  onomatopoetisch  benannt.  Wird  dieser  onomatopoetisch 
gebildete  Laut  wieder  von  einem  zweiten  Ohr  gehört,  so  tritt 
er  in  dieses  schon  mit  einem  tiefern  Gehalte  ein.  Das  vorher 
direct  vom  Schafe  bekannte  Blöken  wird  jetzt  wieder  in  mehr 
oder  weniger  unvollkommener  Modification  aus  dem  Munde 
eines  Nebenmenschen  gehört,  und  es  liegen  also  zwei,  zum 
Theil  gleichartige,  zum  Theil  verschiedene  Eindrücke  neben- 
einander, die  unter  dem,  was  sie  gleich  und  verschieden  be- 
sitzen, ein  tertium  comparationis  bilden  müssen.  Als  solches 
wird   sich   das  gedachte  Bild  des  Schafs  ergeben,    da  dieses 


XXII  Einleitung. 

jetzt  auch  in  Abwesenheit  des  wirklichen  Gegenstandes  so 
behandelt  werden  kann,  als  ob  es  ein  gegenwärtiges  wäre. 
Das  Bild  des  Schafes  war  aber  ausserdem  schon  durch  den 
Abdruck  der  Retina  bekannt,  und  dieses  optische  Bild  wird 
sich  noth wendig  mit  demjenigen  associiren,  das  aus  akustischer 
Auffassung  in  der  Sprache  widerklang.  Die  Sprache  mag  eine 
Zeit  lang  dieses  optische  Bild  noch  immer  durch  onomato- 
poetische Nachahmung  ausdrücken,  so  oft  seine  Wiedergabe 
im  mündlichen  Verkehr  wünschenswerth  ist,  die  scrupulös 
genaue  Imitation  wird  sich  aber  bald  als  überflüssig  und  un- 
bequem zeigen,  und  da  jeder  conventionelle  Klang  dieselben 
Dienste  thut,  so  wird  man  rasch  bei  Abkürzungen  stehen 
bleiben,  in  denen  die  ursprüngliche  Grundlage  ganz  verwischt 
ist  (später  auch  überhaupt  durch  Wortschöpfungen  ^]  aus  ganz 
andern  Gesichtspunkten  meistens  ersetzt  wird).  Hiermit  ist 
nun  aber  ein  wichtiger  Fingerzeig  für  das  Denken  gewonnen, 
indem  es  jetzt  einen  Weg  vor  sich  sieht,  auch  Retiuabilder, 
die  kein  Naturtönen  begleitet,  in  menschlicher  Sprache  aus- 
zudrücken. Bei  diesen  aprioristisch  abstrahirten  Denkprocessen 
kann  von  absichtlicher  Erfindung  ebenso  wenig  wie  von 
Localisirung  in  dritter  Hirnwindung  (mit  Weiter wirkung  durch 
das  Corpus  striatum)  die  Rede  sein ,  und  müssen  wir  die 
psychologischen  Gesetze  aufsuchen,  die  leitend  zu  Grunde 
gelegen. 

Die  Theorie  des  Sehens  enthüllt  in  ihrer  Weise  dieselbe 
Harmonie,  wie  sie  in  der  Gehörauffassiuig  schon  praktisch 
verstanden  wird,  und  zwischen  den  Schwingungen  beider 
Sinnesnerven  ist  ein  bestimmtes  Verhältniss  hergestellt,  das 
sich  innerhalb  fester  Formeln  stets  im  gegenseitigen  Gleich- 
gewicht erhält.  Der  Blinde  stellt  sich  das  Rothe  wie  einen 
Trompetenstoss  vor,  der  Taube  sucht  das  seinem  Ohr  Unver- 
ständliche durch  Fingerbewegungen  zu  ersetzen.  Die  Corre- 
spondenz^)   zwischen  Farben-  und  Tonverhältnissen  hat  allzu 


')  Obwol  die  Worte  (6v6(i.aTa)  nur  ^u-jiqxTf]  (Ausdrücke  für  bestimmte 
Vorstellungen)  seien,  hält  Plato  die  Sprache  doch  für  xaxa  9U(Jiv  (der  Idee 
entsprechend). 

^)  Da  der  Unterschied  der  Farbenemplindung  im  Auge  wie  der  der 
Tonhöhe  im  Ohre  dem  Unterschied  in  der  Schwingungsdauer  der  erregenden 
Licht-  oder  Tonwellen  entspricht  (s.  Helmholtz),  so  versuchte  schon  Newton 


Einleitung.  XXIII 

viel  Anlass  zu  symbolischen  Spielereien  gegeben,  deutet  aber 
doch  zugleich  auf  eine  Basis  hin,  die  mit  derselben  Kreislinie 
die  Gebiete  zweier  Sinnesorgane  schneidet.  Auf  diesem,  als 
beiden  gemeinsamen,  neutralen  Terrain  nun  werden  sich  leicht 
neue  Verhältnisswerthe  bilden,  ausser  denen,  die  schon  von 
Natur  vorhanden  sind,  denn  sobald  der  Hebel  einen  Ansatz- 
punkt gefunden  hat,  ist  damit  auch  die  Möglichkeit  des  Fort- 
arbeitens  gegeben.  Der  Geist  rechnet  (wie  oben)  weiter :  Wenn  die 
das  Retinabild  eines  Schafs  hervorrufenden  Optikusschwingungen 
den  Gehörschwingungen  des  Blökens  entsprechen,  welche  Ver- 
hältnisszahlen im  letztern  würde  das  Retinabild  eines  Baums 
ergeben?  Diese  Regel-de-tri  gibt  dann  den  sprachlichen  Aus- 
druck des  Baumes  nach  innewohnenden  Nervengesetzen,  die 
uns  nur  in  seltenen  Fällen  a  posteriori  zum  Bewusstsein 
kommen.  Bei  weiterer  Ausbildung  des  Denkens  wird  ein 
Gesammtbild  vom  Schafe  entworfen,  wobei  sein  Blöken,  seine 
Zeichnung  auf  der  Retina  nur  unwesentliche  Nebenfactoren 
bleiben,  indem  zugleich  sein  weiches  Fell,  sein  sanftes  Naturell, 
seine  Furchtsamkeit,  sein  Zusammenleben  in  Heerden,  seine 
Milchgewährung  u.  s.  w. ,  alle  Eigenschaften  miteinander  be- 
rücksichtigt werden,  und  das  die,  den  Nervenschwingungen  ent- 
sprechenden, Ziffern  in  einer  Kettenregel  zusammenreihende 
Denken  rechnet  für  dieses  Thier  einen  neuen,  als  vollkommener 
deckenden,  Namen  heraus,  vor  welchem  der  ursprünglich 
onomatopoetische  dann  meistens  zurücktritt. 

Wenn  das  Wehen  des  Windes  im  onomatopoetischen 
Laute  widerklingt,  so  steht  diesem  kein  einzelnes  Retinabild 
zur  Seite,  sondern  eine  Reihe  von  Vorgängen,  die  sich  nach- 
einander im  Auge  abspielen,  die  jagenden  Wolken,  der  ge- 
beugte und  wieder  aufgerichtete  Baum,  umhergewirbelte  Blätter, 
fliegend,  fliehend,  und  die  Gesammtsumme  der  sonstigen  Er- 
scheinungen,  die   das  Auge  vor  sich  sieht,  während  das  Ohr 


die  Farbenstufen  des  Spectrum  nach  demselben  Princip  abzutheilen,  wie  es 
bei  den  ganzen  und  halben  Tönen  in  der  musikalischen  Tonleiter  geschieht. 
—  Quia  sunt  res  quae  consonant,  in  bis  similitudinem  tactus  valere,  ut,  si 
leniter  vel  aspere  sensum  tangunt,  lenitas  vel  asperitas  literarum  ut  tangit 
auditum  sie  eis  nomina  peperit.  Et  ipsum  lene  cum  dicimus,  leniter  sonat. 
Quis  item  asperitatem  non  ex  ipso  nomine  asperam  judicet.  Lene  est 
auribus,  cum  dicimus  voluptas,  asperum  est,  cum  dicimus  crux  (s.  August.). 


XXIV  Einleitung. 

das  Rauschen  und  Sausen  hört.  Also  erst  ein  Begriff,  der 
aus  einer  Reihenfolge  optischer  und  anderer  Eindrücke  ab- 
geleitet und  wieder  als  Ganzes  zusamraengefasst  ist,  tritt  hier 
einem  akustisch  einfachen  Eindruck  gegenüber  in  die,  beide 
verbindende  Gleichung  ein,  und  die  richtige  Auflösung  der- 
selben wird  je  nach  dem  höhern  Grad  verwickeitere  Rechnungs- 
operationen erheischen.  Immer  wird  das  Denken  auf  der 
einen  oder  andern  Weise  ein  Resultat  gewinnen,  das  im  Worte 
ausgedrückt  gleichzeitig  die  optischen  sowol  wie  die  akustischen 
Schwingungen  deckt.  Hiermit  offenbart  sich  nun  aber  zugleich 
der  Ausblick  in  eine  Fülle  neuer  Operationsweisen,  wodurch 
es  dem  Denken  möglich  sein  wird,  sich  neue  Worte  zu 
schaffen.  Bei  den  Retinaeindrücken  handelt  es  sich  hier  um 
ein  Nacheinander,  das  nicht,  wie  bei  den  Gehörseindrücken, 
unmittelbar  in  der  Sinnesauffassung  involvirt  liegt,  sondern 
accidentell  neben  derselben  auftritt,  und  deshalb  jetzt  noch  als 
ein  solches  Nacheinander  verstanden  werden  kann.  Der  Wind 
kann  erst  aus  dem  Wehen  abstrahirt  werden,  und  mit  den  vor 
den  Augen  statthabenden  Veränderungen  werden  alle  Relationen 
des  Frühern  oder  Spätem  nebst  ihren  Causalverbindungen 
gegeben  sein.  Das  Denken  hat  also  jetzt  die  Mittelglieder 
gewonnen,  um  durch  die  Verbalbezeichnung  des  Geschehenden 
den  Wortschatz,  so  oft  es  sich  wünschenswerth  zeigt,  in  zweck- 
mässiger Weise  zu  bereichern,  und  aus  den  gepflanzteu  Keimen 
spriessen  überall  neue  Ideenschöpfungen  hervor,  die  unter 
zwingendem  Naturtrieb  zur  Entwickeluug  reifen.  Die  von  den 
Thieren  mit  auf  die  Welt  gebrachten  Instincte  zeigen  eine  in 
potentia  vorhandene  Anlage,  die  auf  die  entsprechenden  Reize 
der  Umgebung  actuell  wird.  Wenn  die  eben  geborene  Schild- 
kröte dem  Wasser  zueilt,  so  mögen  wir  uns  eine  solche  Or- 
ganisation des  Geruchssinns  vorstellen,  dass  das  Einziehen  der 
feuchten  Seeluft  mit  der  Mächtigkeit  eines  bestimmten  Em- 
plindungsmomentes  auftritt  und  die  dadurch  angeregte  Be- 
wegung in  diejenige  Richtung  lenkt,  nach  welcher  hin  die 
Anziehung  an  Intensität  zuninunt.  Dass  bei  den  von  einer 
Hühnermutter  ausgebrüteten  Enten  der  Trieb  zum  Wasser  erst 
später  auftritt,  bedingt  (abgesehen  von  der  Schwächung  der 
Naturtriebe  in  domesticirten  Hausthieren)  nur  relativ  eine 
Verschiedenheit,  inwieweit  sich  überhaupt  in  dem  Thierreiche 
ein  Wechsel  in  der  Ausbildung  zeigt,   die  bald  bis  zum  Ab- 


'  Einleitung.  XXV 

schluss  im  Uterus  verläuft,   bald   sich  nach  der  Geburt  noch 
länger  fortsetzt. 

Um  das  Correlat  der  thierischen  Instincthandlungen  im 
Menschen  zu  finden,  mögen  wir  uns  (um  eine  einfache  Ver- 
gleichungsbasis zu  gewinnen  und  mitgetheilte  Eindriicke  von 
vornherein  abzuschneiden)  ein  Neugeborenes  denken,  das  von 
Affen  geraubt  und  von  diesen  auferzogen  worden.  In  den 
ersten  Jahren  wird  zwischen  ihm  und  den  jungen  Aeffchen 
kein  grosser  Unterschied  bestehen,  das  Menschenkind  wird, 
seinem  schwächern  Gebisse  gemäss,  andere  Nahrungssorten 
vorziehen,  sich  bei  der  Empfindlichkeit  seiner  weniger  behaarten 
Haut  häufiger  mit  Blättern  bedecken,  öfter  die  günstigere 
Configuration  seines  Beckens  zum  Aufrechtgehen  benutzen, 
weniger  geschickt  klettern  beim  Mangel  der  Daumzehen  u.  dgl.m., 
aber  in  allen  diesen  Besonderheiten  sich  doch  nur  gradweise 
vom  Afienjungen  abstufen.  Zu  derselben  Zeit  aber  vielleicht, 
wo  in  dem  Affen  bestimmte  Instincthandlungen  erwachen,  der 
Wandertrieb,  das  Baumnisten  oder  Aehnliches,  wiirde  man  den 
(nicht  mit  dem  Instinetbewusstsein  dieser,  zur  Fristung  der 
Existenz  nöthigen,  Handlungen  begabten  und  deshalb  unter 
l  den  hier  gesetzten  Besonderheiten  seines  Zustandes  mit  Unter- 
f-  gang  bedrohten)  Menschen  ruhig  und  in  sich  gekehrt ')  da- 
\  sitzen  sehen,  als  ob  er  auf  eine  Stimme  in  sich  lausche,  und 
dann  wird  diese  Stimme  in  seinem  Mund  zum  Ausdruck 
I  kommen  und  ein  Wort  moduliren.  Diese  Schöpfung  der  Sprache 
ist  die  von  dem  Menschen  instinctmässig  auf  die  Welt  ge- 
brachte Anlage,  die  aber  dann  in  grösster  Mannichfaltigkeit 
ihre  Ausdrücke  variiren  kann.  Worin  liegt  der  Unterschied, 
der  sich  hier  zwischen  Menschen  und  Affen  zieht?  Unzweifel- 
haft im  Auge,  in  dem  festen  und  sichern  Blick  des  Menschen, 


')  Der  Vergleich  der  Bosjeman  mit  der  Physiognomie  der  kleinen  blauen 
Affen  aus  dem  Kafferland  erhält  seine  volle  Wahrheit  (nach  Lichtenstein) 
durch  die  Lebhaftigkeit  der  Augen  und  die  Beweglichkeit  der  Augenbrauen, 
die  siQh  bei  jeder  Veränderung  der  Miene  auf-  und  niederzogen,  auch  die 
Nasenflügel  und  Mundwinkel,  ja  sogar  die  Ohren  bewegten  sich  unwillkür- 
lich mit  und  drückten  den  flüchtigen  Wechsel  von  Begierde  und  mis- 
trauischer  Aufmerksamkeit  auf  die  Umgebungen  aus,  dagegen  kein  einziger 
Zug  des  Gesichts,  in  welchem  sich  Bewusstsein  des  Denkvermögens  oder 
irgendeine  mildere,  über  das  Thierische  hinausgehende  Regung  des  Gemüths 
verrathen  hätte  (relativ   gesprochen). 


XXVI  Einleitung. 

gegenüber  dem  unstet  schwankenden  des  Affen.  Eindrücke, 
die  keine  bestimmte  Mächtigkeit  erlangen,  verklingen  ziemlich 
wirkungslos  im  Gewebe  der  Nervenschwingungen,  während 
andere  rasch  durch  Accumulation  wachsen  und  einen  bestimm- 
ten Effect  produciren.  Worin  lag  die  Ursache,  die  den  Men- 
schen in  jene  nachdenklich  in  sich  gekehrte  Stellung  versetzte, 
als  ob  in  Selbstbeschauung  versunken?  Es  war  in  der  That 
eine  Selbstbetrachtung,  das  Gebot  des  Nosce  te  ipsum  ^),  das 
seine  Aufmerksamkeit  fesselte,  ein  kolossales  Bild,  das  vor 
seinem  Geist  stand,  vielleicht  das  des  Baums,  der  sich  gerade 
auf  seiner  Retina  abmalt.  Die  Dimensionen  des  Bildes  wachsen, 
seine  Umrisse  prägen  sich  tiefer  und  schärfer  ab,  es  entsteht 
die  Unbehaglichkeit,  wie  sie  bei  Gegenwart  eines  fremden 
Körpers  gefühlt  wird.  Macht  sich  ein  Jucken  an  einem  Theil 
der  Haut  bemerkbar,  so  pflegen  wir  durch  Kratzen  die  con- 
tractile  Membran  anzuregen,  um  durch  Expansion  und  Con- 
traction  das  richtige  Gleichgewicht  des  Ungestörtseins  her- 
zustellen, und  bei  allen  Drüsenorganen  ist  von  der  Natur  eine 
regelmässige  Wechselwirkung  zwischen  Jveiz  und  Gegenwirkung 
in  der  Secretion  hergestellt.  Eine  ähnliche  Correlation  findet 
zwischen  Gesichts-  und  Schallbildern  statt,  mit  denjenigen 
Organen,  die  die  letztern  als  Ton  hervorstossen.  Das  im  Ge- 
hirn beengende  Bild  des  Baums  wird  als  Wort  ausgesprochen 
und  so  in  die  Aussenwelt  zurückgeführt.  Die  Belästigung  ist 
aufgehoben  und  die  davon  betroffeneu  Partien  der  Hemisphären 
treten  wieder  in  das  ruhige  Gleichgewicht  zurück.  Mit  neuen 
Gesichtseindrücken  wiederholen  sich  neue  Schöpfungen  der 
Sprache,  jedesmal  specifisch  der  besondern  Configuration  des 
Eindrucks  entsprechend  und  diese  deckend,  während  die  Laute 
der  Thiere  nur  unbestimmt  verworrene  Kundgebungen  ebenso 
unbestimmt  verworrener  Anregung  sind,  die  als  Nebeneffecte 
gleichzeitige  begleiten.  Der  Mensch  erwirbt  sich  also  im  Laufe 
der  Zeit  von  jedem  Naturgegenstande  zwei  Bilder,  das  eine 
als  direct  gesehen,  das  andere  mit  dem  Ohr  aufgenommen, 
wie  es  ihm  der  Schall  aus  dem  Munde  seines  Nebenmannes 
zuführt,  und  die  Rechnungsmethoden  des  menschlichen  Denkens, 


')  Het  „ken  ti  zelven"  maakte  de  kern  en  den  grondslag  dier  wäre 
wijsheid  uit,  welke  de  Ouden  zochten  cn  beminden  (van  der  Iloevell)  im 
Homo  sapiens  (b.  Linnaeus). 


Einleitung.  XXVII 

als  doppelte  Controle  verwendet  und  ihrer  vielfachsten 
Variationen  fähig,  w^erden  also  rasch  die  der  Thiere  an  Sicher- 
heit und  Erfolg  übertreffen,  besonders  durch  die  bald  erlangte 
AVillkürlichkeit  in  der  Wortgestaltung  begünstigt  und  in  ihren 
Proceduren  vereinfacht,  mit  Zusammenfassung  der  langen 
Reihen  sinnlicher  Ideenassociation  unter  comprehensive  Begriffe 
in  sprachlicher  Existenz.  Aus  den  hergestellten  Gleichungen 
ergeben  •)  sich  die  grammatischen  Beziehungen,  und  indem  auch 
diese  wieder,  ohne  noch  auf  sinnlichen  Eindrücken  zu  basiren, 
ihren  sprachlichen  Ausdruck  im  Wort  finden,  so  ist  damit  die 
unendliche  Entwickelungsbahn  des  freien  Denkens  betreten. 
In  der  Sprache  erhalten  alle  Relationen,  in  welche  die  Objecto 
der  Aussenwelt  oder  des  mikrokosmischen  Innern  zueinander- 
treten  können,  ihren  bestimmenden  Ausdruck,  je  nachdem  sich 
das  Bedürfniss  in  engerer  oder  weiterer  Ausdehnung  bemerkbar 
macht.  Gleichzeitig  werden  nun  alle  diejenigen  Nerven- 
schwinguugen  im  Menschen  angeregt,  deren  es,  nach  der 
Natur  seines  animalischen  Organismus,  bedarf,  um  ihn  zu  der 
für  die  Fristung  seiner  Existenz  nothwendigen  Thätigkeit  an- 
zuregen.  Bei  den  andern  Thieren  finden  sich  meistens  Organe 


^)  Alles  Logische  ist  immer  zugleich  ein  Syntaktisches ;  die  Arten  des 
Denkens  können  nur  ebenso  viele  sein  als  die  Arten  seiner  Bezeichnung 
durch  den  Satzbau  der  Sprache.  Die  Wissenschaft  der  Logik  zerfällt  in 
drei  Theile,  die  Lehre  von  den  Begriffen  und  deren  allgemeinen  Beziehungen, 
in  die  von  den  einfachen  und  unmittelbaren  Urtheilsverbindungen  und  in  die 
von  den  mittelbaren  ürtheilen  oder  Schlüssen  (s.  Herrmann).  Das  strenge 
oder  begriffsmässige  Denken  sind  ebenso,  wie  das  Rechnen  oder  systematische 
Verknüpfen  und  Umgehen  mit  Zahlen  an  und  für  sich  selbst  genommen,  rein 
ideale  oder  nur  dem  Innern  des  Lebens  selbst  angehörende  Functionen  des 
Geistes,  die  überall  nur  mittelbar  und  indirect  in  einem  Zusammenhang  mit 
den  äussern  Dingen  stehen.  Der  Zweck  alles  reinen  oder  systematischen 
Denkens  aber  ist  die  Erkenntniss  der  Begriffe,  die  in  der  Ermittelung  ihrer 
mannichfachen  Beziehungen  untereinander  besteht,  und  es  hat  zuletzt  alles 
Rechnen  ebenso  nur  in  dem  Erkennen  der  Zahlen  aus  ihren  möglichen  und 
nothwendigen  Beziehungen  seinen  Inhalt.  Der  logische  Ausdruck  des  in 
den  Begriffen  Erkannten  oder  die  gedankenmässige  Form  einer  zwischen 
ihnen  selbst  stattfindenden  Beziehung  ist  das  Urtheil.  Die  Geltung  aller 
einzelnen  Urtheile  ist  theils  eine  unmittelbare,  theils  eine  mittelbare  oder 
eine  solche,  welche  auf  der  vorausgesetzten  Gültigkeit  gewisser  fernerer  Ur- 
theile, der  Prämissen,  beruht,  und  eine  derartige  mittelbare  Urtheilsfolgerung 
ist  ein  Schluss,  indem  die  ganze  Lehre  von  den  Schlüssen  nichts  ist  als 
eine  nothwendige  Folge  aus  der  von  den  einfachen  Ürtheilen  (Herrmann). 


XXVIII  Einleitung. 

vorhanden,  deren  einfache  Inswerksetzung  für  Abhülfe  der 
Bedürfnisse  genügt,  die  Thiere  bringen  ihre  natürlichen  Wafien 
mit  auf  die  Welt  und  können  dieselben  sogleich  zum  Ergreifen 
der  Nahrung  verwenden,  wie  sie  auch  von  der  Natur  selbst 
in  einer  den  Jahreszeiten  angemessenen  Weise  bekleidet  sind. 
Der  Mensch  dagegen  steht  nackt  und  bloss  auf  Erden  da,  er 
besitzt  keine  andere  Waflfe  als  die  des  Geistes,  und  er  muss 
die  empfangenen  Eindrücke  also  erst  in  bestimmte  Gedanken 
verwandeln,  um  aus  dem  Rechnen  mit  diesen  die  für  Erlangung 
seines  Unterhaltes  nothwendigen  Erfindungen  in  der  Fischerei 
oder  dem  Jagdwerk  zu  machen.  So  sind  im  Menschen  eine 
Menge  Denkwallungen  in  Anregung  versetzt,  theils  aus  dem 
Bestreben,  die  allzu  kräftig  einfallenden  Sinneseindrückc  los 
zu  werden,  theils  für  die  Erwerbung  des  Lebensunterhaltes 
nothwendig,  und  alle  diese  mögen  noch  mehr  oder  weniger 
eng  den  thierischen  Instincthandlungen  angereiht  werden,  weil 
aus  Verhältnissen  erwachsend,  die  in  der  Körperconstitution 
selbst  begründet  liegen.  Obwol  schon  zum  psychischen  Reich 
gehörig,  können  doch  alle  diese  Gedankenbildungen,  als  noch 
direct  durch  physische  Einflüsse  gefärbt,  nicht  zur  specifischen 
Charakterisirung  eines  geistigen  Grundelementes  verwandt 
werden,  obwol  sie,  nach  Gewinnung  eines  solchen,  der  rück- 
schreitenden Analyse  die  werthvollsten  Aufschlüsse  geben 
müssen. 

Die  erste  völlig  selbständige  Schöpfung  des  Geistes  ent- 
steht aus  dem  Gefiihl  der  Unvollkommenheit  in  der  mensch- 
lichen Nachbildung  des  Existirenden.  Der  modulirte  Wortlaut 
deckt  sich  nicht  zu  völliger  Befriedigung  mit  dem  gesehenen 
Augenbilde;  für  die  wechselnden  Vielfächheiten  der  Beziehungen, 
in  welche  die  Gegenstände  des  Aussen  und  Innen  zueinander- 
treten  können,  ist  es  schwer,  in  jedem  einzelnen  Augenblicke 
den  entspreciTcnden  Ausdruck  zu  finden,  es  bleibt  stets  der 
quälende  Rest  eines  bestimmungslos  Unbekannten  übrig,  und 
diese  Auffassung  gestaltet  sich  dann  zum  unheimlich  Dämo- 
nischen, das  an  allen  Dingen  haftet,  das  oft  in  das  ofiensiv 
Feindliche  eines  bösen  Wesens  übergeht  oder  bei  geläuterter 
Weltanschauung  sich  zum  Göttlichen  verklären  mag.  Dieses 
gemeinsam  alle  Objecto  durchwehende  Dämonische  nimmt  nun 
in  jedem  einzelnen  in  stereotyper  Gleichartigkeit  wiederkehrende 
Formen  an,  die  sich  z.  B.  in  der  Verehrung  der  Steine,  Bäume, 


Einleitung.  XXIX 

Thiere  u.  s.  w.  bei  allen  Völkern  nachweisen  lassen,  nur  durch 
die  Besonderheiten  der  jedesmaligen  geographischen  Provinz 
modificirt. 

In  der  Geselligkeit,  die  (abgesehen  von  der  Geschlechts- 
verbindung) die  Menschen,  wie  andere  Thiere,  zusammenführt, 
wird  der  Stärkste,  durch  die  Macht  des  Stärkern,  die  Häupt- 
lingsstelle einnehmen,  und  nach  dem,  wie  überall  in  der  Natur, 
in  der  Gewohnheit  wirkenden  Trägheitsgesetz  sie  auch  viel- 
leicht noch  im  höhern  Alter  bewahren,  obwol  schon  Stärkere 
nachgeboren  sind  (wenn  ; zufällig  kein  Ereigniss  zur  Probe 
herausfordert).  Diese,  auch  bei  Thieren  mögliche  Verjährung 
gewinnt  nun  eine  besondere  Ausdehnung  beim  Menschen,  der 
seine  Erinnerungen  in  der  Sprache  (und  später  in  der  Schrift) 
aufzuspeichern  vermag,  und  deshalb  vielleicht  dem  noch  un- 
mündigen Sohn  gehorcht,  weil  er  aus  Traditionen  weiss,  dass 
seine  Väter  dem  Vater  gehorcht  haben.  Aus  den  vielgestaltig 
möglichen  Beziehungen  zwischen  Fürst  und  Unterthan  gliedern 
sich  die  Rechtsbeziehungen. 

Den  optischen  Einrichtungen  des  Auges  gemäss  malen 
sich  in  allen  Menschenrassen  die  Bilder  der  Aussenwelt  gleich- 
massig  ab  (mit  Ausnahme  vielleicht  kleiner  Farbenunterschiede, 
wie  z.  B.  bei  Birmanen  u.  s.  w.),  und  erst  die  weitere  Ver- 
arbeitung dieser  Sinneseindrücke  mag,  je  nach  der  nähern  und 
fernem  Zusammenlagerung  der  Hauptcentra  des  Denkens,  in 
dolichocephalen  oder  brachycephalen  Schädeln,  Ungleichmässig- 
keiten  zeigen.  Indessen  sind  die  logischen  Denkgesetze  au 
sich  dieselben,  und  ebenso  ist  die  Zahl  der  möglichen  Wort- 
laute (abgesehen  von  besondern  Modificationen  einiger  Stimm- 
organe,   z.  B.  bei  den  Esten  ^])  dieselbe.     Die    Verknüpfung 


')  Die  Esten  sprechen  statt  seh,  welches  ihrer  Sprache  fehlt,  in  Fremd- 
wörtern s,  und  man  hat  gefunden,  dass  die  auffallend  geringe  Wölbung  des 
Gaumens  ihnen  beim  seh  hinderlich  ist  (Wiedemann).  Die  Tasmanier  ver- 
wechselten das  d  und  s.  B  wird  W  in  den  deutschen  Mundarten  des 
ungarischen  Berglandes ,  was  sich  ausserdem  in  deutschen  Munda;-ten  noch 
findet  in  Italien  (Sette  communi),  in  Gottschee,  in  Krain  bei  den  neben 
Slowenen  wohnenden  Deutschen,  bei  den  Wasserkroaten  (Basserkrobaten)  in 
Ungarn  (s.  Schröer).  —  Habent  Britanni  novem  literas  mutabiles  quas 
umbratiles  vocant,  quia  ut  umbrae  cedant  et  mutentur  omnes  istae  literae 
in  principio  dictionis  atque  aliis  etiam  in  locis  ob  mollitiem  varientur 
(Sheringhamus). 


XXX  Einleitung. 

zwischen  Auffassung  und  Ausdruck,  also  die  Namengebung, 
wird  dagegen  wieder  durch  eine  solche  Menge  von  Neben- 
umständen  bedingt  werden,  dass  sie  als  zufällig  erscheinen 
könnte,  und  von  den  vielfachen  Synonymen  eines  gleichartig 
wiederkehrenden  Urlautes  werden  wir  bald  die  eine,  bald  die 
andere  zeitweise  adoptirt,  dauernd  festgehalten  oder  auf  Neben- 
bedeutungen übertragen  finden.  Je  nach  dem  gegebenen  oder 
infolge  bestimmender  Eindrücke  ausgewählten  Material  wird 
dann  die  Sprache  den  einen  oder  andern  Weg  syntaktischer 
Verknüpfungen,  wie  für  jenes  am  bequemsten,  einschlagen  und 
ein  einmal  gegebener  Anstoss  wird  in  derselben  Richtung 
weiter  wirken,  oft  über  ausgedehnte  Gebiete  hinaus,  wie  die 
Alliteration  in  Südafrika  oder  der  Polysynthetismus  in  Amerika. 
In  den  durch  geschichtliche  Bewegung  gemischten  Sprachen 
wird  Einführung  der  Schrift  zugleich  ein  grammatisches  System 
herstellen  und  in  der  Anordnuno^  desselben  orern  weitere  Ent- 
lehnung  eintreten.  Allerdings  wird  nun  jeder  ethnologische 
Typus  nicht  nur,  sondern  auch  jeder  Volksstamm  seinen  ihm 
in  gewisser  Hinsicht  eigenthümlichen  Wegen  in  den  Gedanken- 
verbindungen und  deren  Ausdruck  folgen,  aber  bei  dem  im 
Grunde  überall  gleichartigen  Denkorganismus  des  Menschen 
schweben  diese  nationeilen  Nuancirungen  nur  so  sehr  auf  der 
Oberfläche,  dass  sie,  wenn  gewichtige  Motive  für  Veränderungen 
vorlägen,  denselben  ebenso  rasch  nachgeben  wiirden,  wie  eine 
jede  Handschrift  einige  Veränderungen  zeigt,  je  nachdem  man 
englisch,  französisch  oder  deutsch  mit  lateinischen  Lettern 
schreibt,  dieselben  bei  einiger  Mühe  indess  leicht  vermeiden 
könnte.  Zeigte  es  sich  einem  Franzosen  vortheilhaft  oder 
wünschenswerth,  deutsch  zu  lernen  und  sprechen  (wie  der 
Elsässer  das  Französische),  so  wird  er  damit  ohne  grosse 
Noth  zu  Stande  kommen,  obwol  er  der  deutschen  Sprache 
einen  gewissen  dialektischen  Typus  leichterer  Behandlung  auf- 
drücken wiirde,  ohne  sie  aber  in  ihrem  Kern  umzugestalten. 
Dagegen  kann  etwas  relativ  Neues  dann  hervorgehen,  wenn 
nicht  eine  Minderzahl  der  Sprechweise  überwiegender  Mehr- 
heit nachgibt,  sondern  in  einer  längern  Reihe  von  Umwälzungen 
vielfache  Elemente  miteinander  gemischt  sind  und  nun  neue 
Klärung  verlangen.  Als  die  deutschen  Mundarten  sich  unter 
den  Veränderungen  der  Völkerwanderung  bildeten,  lag  im 
Altfränkischen  durch  die  nachgesetzten  Artikel,  die  Anlage  zu 


Einleitung.  XXXI 

Suffixbildungen,  wie  sie  aus  dem  sonst  gebräuchlichen  Präfixe 
hätte  hervorgehen  können.  In  Adalbert's  böhmischem  Liede 
(10.  Jahrh.)  heisst  erbarme  dich  pomiluy  (sei  milde),  im  spätem 
Böhmischen  smiluy  se  (smile  oder  lächele  uns).  Sitne  (zjto) 
heisst  (11.  Jahrh.)  Getreide  (Sita,  die  Furche  im  Sanskrit)  als 
angesetztes  Korn,  und  der  später  allgemein  verwendete  Begriff 
des  Setzens  konnte  ursprünglich  von  concreter  Bedeutung  aus- 
gehen, wie  furchen.  Die  Pali-Namen  hinterindischer  Städte 
enden  auf  Bur,  buri  (Chantaburi) ,  von  pura,  Stadt,  das 
etymologisch  auf  puni  (viel)  zurückgeführt  wird,  und  englisch 
findet  sich  bury  (Canterbury) ,  im  Zusammenhang  mit  Burg 
und  Berg.  Die  Bezeichnung  des  Runden,  rotundus  (long  im 
Birm.,  klom  im  Siam.)  wird  sich  in  allen  Sprachen  anders 
formiren  als  die  des  Scharfen,  aigu,  shrill  (tet  im  Birm.,  lem 
im  Siam.),  oder  Spitzen  (pointed). 

Die  Vertheidiger  der  Sprachscheidungen  werden,  bewusst 
oder  unbewusst,  oft  von  patriotischen  Gefühlen  geleitet,  indem 
sie  die  nationale  Bedeutung  der  Volkssprache  auf  dem  Areal 
des  civilisirten  Europa  ins  Auge  fassen.  Aber  diese  Verhält- 
nisse und  die  hier  gültige  Wichtigkeit  der  Nationalsprache 
gehört  auf  ein  ganz  anderes  Gebiet  historischer  Erörterungen 
als  die  objective  Betrachtung  der  ethnologischen  Sprachver- 
hältnisse unter .  schematisch  construirten  Naturvölkern. 

Wie  jeder  andere  Process  im  Körper  geht  der  auf  der 
psychischen  Sphäre  der  Gehirnentwickelung  vor  sich,  periodisch 
(gleich  den  Drüsenorganen)  durch  adäquate  Keize  (als  die  der 
Sinne)  in  Thätigkeit  gesetzt  oder  sonst  latent  verharrend.  Die 
Gegenstände  der  äussern  Natur  verbleiben  innerhalb  ihrer 
möglichen  Veränderungen  dieselben,  der  zweite  Factor  dagegen 
(der  zur  Gedankenbildung  hinzutritt),  der  subjective  Kesonanz- 
boden,  auf  den  die  äussern  Reize  einfallen,  ist  je  nach  dem 
Temperament  sowol  (oder  dem  Rassencharakter)  als  auch  der 
augenblicklichen  Stimmung  verschieden,  während  der  Zustand 
der  Retina  wieder  (oder  des  Opticus)  als  ein  gleichartiger 
gesetzt  werden  kann  (wenn  nicht  direct  pathologisch  gestört 
und  abnorm  1]).    Aus  der  äussern  Frage  und  der  innern  Ant- 


^)  Serious  misunderstanding  or  calamities  have  been  reported  in  the 
army  (of  the  United  States)  resnltiug  from  mistakes  in  the  coloiir  of  green 
and  red  lights    by  officers  of  the  signal  corps ,    themselves  not  fully  aware 


XXXII  Einleitung. 

wort,  die  je  nach  momentaner  Färbung  variirt,  geht  nun  die 
Vorstelkmg  hervor,  die  nach  erfolgter  Projection  in  dem 
geistigen  Horizont  zum  Bewusstsein  kommt,  als  erster  Ansatz- 
punkt der  psychologischen  Forschung,  die  einmal  aus  dieser 
untersten  Stufe  in  organischen  Wachsthumsgesetzen  zu  höhern 
Bildungen  fortschreitet,  andererseits  aber  auch  noch  diese 
Grundlage  analysirend  unterwühlt  und  zersetzend  nach  jenen 
primitivsten  Regungen  forscht,  die  als  psychische  Elemente 
in  die  Bilduno-  übergegangen  sind.  Einfache  Eindriicke  werden 
durch  Wortbildung  des  Namens  beseitigt,  der  Stein  als  solcher 
bezeichnet  und  dann  vergessen,  wenn  nicht  eine  besondere 
Empfänglichkeit  der  subjectiven  Stimmung  bei  seiner  Beob- 
achtung ihn  zum  mysteriösen  Fetisch  erheben  mag.  Ein  com- 
plicirterer  Eindruck,  wie  der  des  Baumes,  der  Empfindungen 
des  Hohen,  des  Gebreiteten,  des  Bewegten  und  Säuselnden, 
vielleicht  auch  schon  des  Nährenden,  des  Schützenden  u.  dgl.  m. 
weckt,  wird  gewöhnlich  in  der  Namensbezeichnung  noch  nicht 
seine  völlige  Deckung  finden,  und  deshalb  von  vornherein 
einen  unbekannten  Kest  lassen,  der  den  günstigen  Boden  für 
Mythenbildung  abgibt.  Ist  uns  deshalb  eine  genügende  Reihe 
möglichst  primitiv  religiöser  Vorstellungen,  die  sich  an  ihn 
knüpfen,  bekannt,  so  mag  es  gelingen,  durch  richtig  berech- 
nete Gleichungen  des  ihnen  allen  Gemeinsamen  (also  nach 
Subtraction  des  der  Aussenwelt  Angehörigen)  die  psychische 
Ursubstanz  in  denselben,  d.  h.  die  erste  Erscheinungsform 
menschlicher  Nervenaction  auf  der  Denksphäre,  aufzufinden 
und  isolirt  darzustellen. 

„Auch  die  am  meisten  heruntergekommenen  Flexions- 
sprachen sind  dennoch  von  den  isolirenden  grundverschieden, 
gerade  die  Wurzelveränderung  haftet  auch  bei  der  stärksten 
Abschleifung  der  Endungen,  und  völlig  schwindet  sie  nirgends" 
(s.  Schleicher).  Wenn  das  Birmanische  indess  aus  kya  (fallen) 
kya   oder  khya  (fällen)   bildet,   so   ist  das  deutlich  eine  Ver- 


of  their  failing  in  this  rcspect  (s.  Gould).  Green  is  not  seen  as  red  in  the 
majority  of  cascs  (of  colour-blindness),  bnt  the  several  colours  green,  yellow, 
orange  and  red  are  seen  either  witli  a  great  diniinution  of  their  intensity 
or  as  difi'erent  shades  of  green,  while  those  greens  in  which  tlie  impression 
of  colour  is  not  derived  from  the  true  green  rays,  but  froni  an  admixture 
of  blue  and  yellow,  as  is  the  case  with  foliage ,  are  seen  of  a  strongly 
bluish  shade  (1870). 


Einleitung.  XXXIII 

änderimg  an  dem  Wurzelconsonanten  des  Anfangs,  der  den 
Ton  regiert,  und  eben  nur  infolge  der  Abhängigkeit  jedes 
Wortes  von  dem  regierenden  Ton,  der  ihm  iiberhaupt  erst 
seinen  bestimmenden  Charakter  gibt,  können  hier  dergleichen 
Veränderungen  über  ein  begrenztes  Mass  nicht  hinausgehen,  da 
sonst  der  Ton  selbst  neben  dem  Buchstabengerüst  verändert, 
das  Wort  also  überhaupt  ein  ganz  fremdes  werden  würde 
(ebenso  wie  Vocalanderungen  jeden  Zusammenhang  aufheben 
müssten).  Dagegen  können  wieder  (bei  dem  Siamesischen)  in 
vielfachster  Weise  organische  Tonänderungen  eintreten  ohne 
Veränderungen  des  Buchstabengeriistes  (oder  in  gesetzlicher 
Beziehung  zu  denselben),  und  sie  wirken  dann  in  gleicher  Weise 
auf  die  Bedeutung,  wie  sonst  die  Flexionen  in  den  vom  Ton 
unabhängigen  Sprachen.  Der  bestehende  Unterschied  ist  also 
in  solchem  Falle  nicht  zwischen  Flexion  oder  Isolirung  zu 
suchen,  sondern  zwischen  Sprachen,  die  vorwiegend  entweder 
die  durch  den  Ton  oder  die  durch  die  Buchstabenaussprache 
gebotene  Vervielfältigung  ihrer  Laute  benutzen  (aber  leicht 
und  oft  diesen  Charakter  ändern). 

Das  für  die  agglutinirenden  Sprachen  Bedingende,  dass 
die  bei  den  isolirenden  lose  dastehenden  Beziehungsausdrücke 
fester  mit  der  durch  sie  bestimmten  Wurzel  verwachsen,  wird 
im  Birmanischen  durch  die  affigirten  oder  zwischengeschobenen 
Partikeln  erreicht ,  die  bis  auf  Satzbildungen  ausgedehnt, 
polysynthetische  Constructionen  hervorrufen.  Wir  haben  also 
in  ein  und  derselben,  bisjetzt  zu  den  monosyllaben  oder 
isolirenden  gerechneten  Sprache,  Keime  für  die  flectirenden 
sowol  wie  für  agglutinirende  Sprachen,  und  obwol  solche 
Keime,  wie  in  dem  gegenwärtigen  Entwickelungsstadium, 
latent  liegen  können,  so  geben  sie  doch  die  Möglichkeit,  dass 
sie,  wenn  unter  begünstigenden  Verhältnissen  zurEntwickelungs- 
thätigkeit  angefacht,  als  Ferment  wirken  und  (wie  jeder  lebens- 
fähige Gäruugsstoflf,  so  gering  er  an  sich  auch  sei)  den  ge- 
sammten  Sprachbau  umgestalten  dürften,  i) 


1)  Im  Magyar,  heisst  kes-ek-nek  (von  kes  oder  Messer,  ek  als  Plural- 
zeichen und  nek  als  Dativpräposition)  den  Messern,  im  Birmanischen  lu- 
do-a,  den  Männern  (lu  oder  Mann,  do  oder  Pluralzeichen,  a  oder  Dativ- 
präposition), und  ebenso  mit  da  (Messer),  auch  da-mya-a  (Messer-viele-zu). 
Auch  im  Worte  selbst  kann  infolge  der  Zusammensetzung  eine  Veränderung 
Bastian,  Studien.  *** 


XXXIV  Einleitung. 

Es  bleibt  ein  vergebliches  Beginnen,  in  den  Fluss  der 
Entwickelung  hineinzugreifen,  um  dort  eine  Ursprache  heraus- 
heben zu  wollen,  für  die  sich  nirgends  ein  Anfangspunkt 
finden  könnte.  Ebenso  unzulässig  aber  scheint  es,  die  jetzt 
Europa  bewohnenden  Völker  nacheinander  mit  ihren  fertig 
gebildeten  Sprachen  dorthin  bringen  zu  wollen,  da  wie  ihre 
Nationalitäten  auch  ihre  Sprachen  sich  erst  aus  gegenseitigen 
Durchdringungen  im  geschichtlichen  Wachsthum  organisirt 
haben.  Viele  der  Worte  nothwendigster  Ausdrücke,  die,  wie 
jetzt  im  Gebrauch,  einen  klaren  Anschluss  an  römische,  latei- 
nische oder  anderwärts  dem  Sanskrit  verwandte  Formen 
zeigen,  mögen  früher  andere  Bezeichnungen  gehabt  haben,  da 
sich  vielleicht  noch  in  manchen  der  slawischen,  keltischen  und 
finnischen  Nachbarsf)rachen  (die  indess  auch  ihrerseits  wieder 
aus  dem  Germanischen  entlehnten)  ihre  ursprünglichen  Be- 
deutungen auffinden  lassen,  und  mitunter  an  die  entsprechende 
Analogie  im  Deutschen  (die,  da  die  Hauptbedeutung  durch 
ein  Fremdwort  ersetzt  wurde,  sich  auf  Nebenbedeutungen 
übertrug  oder  darin  verblieb)  anknüpfen  lassen.  Obwol  es 
keine  Ursprache  gibt  noch  geben  kann,  so  wird  sich  doch 
überall,   wo   ein  bestimmt  umschriebener  Cyklus    historischer 


vorgehen  und  hmya  (ahmya  oder  soviel  als)  sich  in  hma  verwandeln,  wie 
ba-hma-ma-ra  (er  erhält  nichts),  abgekürzt  statt  baha-ko-hmya-ma-ra,  wobei 
baha  selbst  eine  Abkürzung  ist  von  bay-ha  (was  Sache  oder  welche  Sache) 
und  ko  (die  umständliche  Accusativbezeichnung)  des  leicht  verständlichen 
Sinnes  wegen  ausgelassen  wird,  also  (statt:  welches  Ding  was  immer  nicht 
kriegt)  welch  Ding  immer  nicht  kriegt  (what  thing  whatever  not  get)  oder: 
er  erhält  (ihr  erhaltet)  nichts  (get,  gets  nothing).  Dialektisch  kommen  solche 
Modificationen  überall  vor,  sie  gelten  bei  uns  für  grammatisch  unrichtig, 
weil  wir  uns  feste  Sprachgesetze  systematisch  deutlich  gemacht  haben.  Es 
hiesse  nun  aber  mit  ungleichem  Massstab  messen,  wenn  wir  Sprachen, 
bei  denen  der  grammatische  Sinn  nicht  so  klar  zum  Durchbruch  gekommen 
ist  (oder  wenn  er,  wie  bei  den  indochinesischen  Sprachen,  auf  die  stereotypen 
Formen  ihrer  heiligen  Sprachen  des  Pali  beschränkt  bleibt),  mit  der  heute 
gelehrt  durchgebildeten  Phase  unserer  Sprache  verglichen,  und  nicht  mit  der 
ganzen  Fülle,  unter  welcher  sie  auch  bei  uns  im  Volke  wuchert.  Das  Par- 
ticipien  (tauk-so-midein,  das  scheinende  Licht)  und  Adjectivbeziehungen  (hla- 
so-su,  ein  Schöner,  hla-so-lu,  der  schöne  Mann)  bezeichnende  so  wird  in  der 
Schrift  oft  einfach  abgekürzt  durch  den  Buchstaben  s.  Im  Siamesischen 
bildet  sav  (nachgestellt)  nän  sav  (Bruder  weiblich)  oder  Schwester,  luk  sav 
(Kind  weiblich)  oder  Tochter,  dagegen  sav  näy  (kleines  Weibliches)  oder 
Mädchen,  sav  bärisudd  (vollendetes  Weibliches)  oder  Jungfrau    u.  s.  w. 


Einleitung.  XXXV 

Wechselwirkung  gegeben  ist,  ein  Vorbereitungsstadium  nach- 
weisen lassen,  nicht  im  estnischen  Kesselgebräu  willkürlich 
ausgetheilter  Sprachen,  sondern  in  bildungsfähiger  Mutterlauge, 
aus  deren  Mischung  die  gesetzlich  gestalteten  Typen  in  ihren 
Wahlverwandtschaften  nacheinander  hervorkrystallisiren.  Ein 
längere  Zeit  abgeschlossen  und  einseitig  auf  sich  hingewiesenes 
Volk  wird  in  allen  Dingen  couservativ,  in  Sitten,  Gebräuchen, 
Kleidung  und  auch  Sprache;  so  die  als  Insulaner  isolirten 
Briten  gegenüber  den  leicht  yankeenisirten  Deutschen,  und  dem 
starr  an  seiner  Sprache  festhaltenden  Esten  gegenüber  der 
rasch  in  Reval  Deutsch  erlernende  und  das  eigene  Idiom  ver- 
leugnende Lette,  indem  der  aus  vielfachen  Mischungen  in 
der  Geschichte  aufgewachsene  Litauerstamm  (der  Liti  oder 
Leute)  gerade  in  dasjenige  Stadium  nachgiebiger  Umbildungs- 
fähigkeit getreten  ist,  in  welchem  er  sich  rasch  den  Verhält- 
nissen anschmiegt.  Je  nach  gesetzlicher  Mässiguug  oder  dem 
Uebermass  solcher  Neigung  wird  eine  derartige  Richtung 
fordernd  oder  schädlich  wirken. 

Wir  haben  eine  keltische  Nationalität,  die  zur  Zeit  der 
classischen  Schriftsteller  (die  allein  darüber  berichten  konnten 
und  denen  sie  selbst  sehr  dunkel  blieb)  bereits  im  Verschwinden 
begriffen  war,  sodass  sie  erst  (im  Anschluss  an  weit  spätere 
Dialekte)  künstlich  reconstruirt  werden  muss;  wir  haben  eine 
slawische,  die  wir  uns  jetzt  erst  aus  panslawistischen  Be- 
strebungen zu  bilden  beginnen,  und  eine  germanische,  in  deren 
Entwickelungsflusse  wir  zu  sehr  mitteninne  stehen,  um  sie  klar 
zu  überschauen.  Aus  solchen  Entitäten  oder  Non-Entitäten 
wird  dann  unter  weitern  Zuthaten  und  Abzügen  in  dem 
Nebel  grauer  Vorzeit  das  Phantom  eines  Urvolks  zusammen- 
gebaut. Wenn  dies  vielleicht  die  logische  Rechenkunst  mittel- 
alterlicher Historiker  gewesen  sein  mag,  so  sollte  sie  doch 
nicht  für  die  Naturwissenschaften  passen,  denen  anzugehören 
die  Anthropologie  sich  rühmt.  Wollte  ein  vielleicht  trefflich 
gebildeter,  aber  mathematischer  Ignorant  die  Ziffer  drei,  wo 
immer  sie  in  Rechnungen  vorkommt,  gleichartig  behandeln, 
gleichviel,  ob  die  Zahl,  ob  ihre  dritte  Potenz  oder  ob  die 
Extraction  der  dritten  Wurzel  bezeichnend,  so  mag  sich  eine 
Urzahl  gewinnen  lassen,  so  rein  destillirt  und  abgezogen,  wie 
dialektische  Trichotomie  nicht  besser  wünschen  kann;  einem 
Mathematiker  dagegen  würde  sie  schwerlich  munden.    Ebenso 

***2 


XXXVI  Einleitung. 

wenig  kaiiu  die  Ethnologie  die  Realität  jeuer  Völkertypen  an- 
erkennen, mit  denen  man  so  freigebig  in  europäischer  Vor- 
geschichte operirt.  Wenn  unsere  heutigen  Systeme  unter  das 
Messer  einer  spätem  Kritik  fallen,  werden  sie  weit  unbarm- 
herziger zerschnitten  werden  als  die  von  uns  so  freigebig  be- 
lachten Polyhistoren  seligen  Andenkens,  die  Kircher,  Jablonsky 
u.  a.  m.,  da  sie  nicht  einmal  die  von  deren  Gelehrsamkeit 
zusammengetragenen  Goldkörnchen  enthalten,  sondern  nur  aus 
hohlen  Phrasen  momentanen  Disputatiouskitzels  aufgepufft,  die 
Bücher  anschwellen. 

Die  Ausdrücke  keltisch,  germanisch,  slawisch  sind  auf 
jedes  Zunge,  und  keiner  trägt  Bedenken,  sie  frischweg  zu  ver- 
wenden, wo  sich  die  Gelegenheit  bietet.  Da  es  leichte  Worte 
sind  ohne  jedweden  Inhalt,  wird  es  um  so  leichter  mit  ihnen 
genommen.  In  Betreff  des  Keltischen  pflegt  in  den  Köpfen 
der  Gebildeten,  selbst  der  Fachgelehrten,  der  ergötzlichste 
Widersinn  zu  spuken,  und  Keltiberer,  Iberer,  Ligurer,  Aqui- 
tanier,  Beigen,  keltische  Gallier  und  gallische  Kelten  laufen  in 
bunter  Confusion  durcheinander,  wenn  ein  selbstgefälliges 
Nichtswissen  um  seine  Weisheit  angezapft  wird.  Was  bis- 
her als  Slawisch  in  den  Lehrbüchern  figurirte,  war  ent- 
weder ein  populäres  Auskunftsmittel  oder  die  Nothlüge  der 
Unwissenheit ,  da ,  je  tiefer  die  gründlichen  Forschungen 
Thunmann's,  Lehrberg's,  Sjögren's,  Dobrowsky's,  Schaffarik's 
u.  s.  w.  eindrangen,  es  sich  desto  mehr  herausstellte,  dass  auf 
diesem  Grunde  alles  unsicher  und  schwankend  sei.  Die  sprach- 
liche Aushülfe  wäre  sehr  bequem,  aber  freilich  wenig  beruhigend 
(und  auf  tschudisch-finnisch-ingrisch-jamischer  Unterschichtung 
ganz  schlüpfrig),  da  es  immer  von  dem  reinen  Zufall  abhinge, 
ob  man  noch  gerade  „acht  steinalte  Individuen"  erwischte,  wie 
Kruse  in  Salis  ^)  (1839)  oder  gar  nur  zwei  (noch  nicht  lettisirte), 
wieGüldenstubbe  (Ib-lS)  unter  den  Kreewiugen,  bei  Bauske,  oder 


')  Die  jüngere  Generation  war  bereits  völlig  lettisirt,  kleidete  sich 
lettisch  und  verstand  die  livisch-estnische  Sprache  der  Alten  nicht  mehr. 
Die  Wogulen  an  der  untern  Lossowa  sind  (nach  Reguly)  nur  noch  dem 
Namen  nach  Finnen,  während  an  der  obern  Lossowa  kaum  noch  neunzig  Per- 
sonen finnischer  Abstammung  übrig  sind.  Nach  der  Aussage  eines  neunzig- 
jährigen Greises  (1839)  soll  in  seiner  Jugend  das  ganze  Gebiet  Neu-  und 
Altsalis  nur  livisch  gesprochen  haben  (Jürgeusen). 


Eiuleitung.  XXXVII 

in  Rügen  auf  die  kurze  Notiz  des  Chronisten  aus  dem  Jahre 
1402  angewiesen  wäre.  Wollen  wir  das  lebendige  Volksleben 
verstehen,  so  haben  wir  es  zu  erfassen  im  lebendigem  Ent- 
wickelungsflusse,  alle  andern  systematischen  Zertheilungen 
führen  nur  zur  Ertödtung  und  reichen,  im  herausgeschnitteneu 
System,  ein  unförmliches  Stück  Cadaver,  das  bald  der  Ver- 
wesung verfallen  wird. 

Ein  grosses  Hinderniss  unserer  wissenschaftlichen  Con- 
structionen  bildet  das  Herüberragen  eines  Ideenkreises,  der 
einer  untergegangenen  Vorzeit  angehört,  aber  aus  heiliger  Scheu 
in  einer  verfallenen  Ruine  unverletzt  erhalten  wird,  obwol  sich 
diese  unter  den  neuen  Anschauungen  ebenso  fremdartig  ausnimmt, 
wie  das  Stück  aus  Berlins  Alterthum  unter  dem  rührigen  Treiben 
auf  seinen  Strassen.  Es  ist  dies  das  Festhalten  zeitlicher  und 
räumlicher  Schranken,  nachdem  wir  schon  in  Betrachtungen 
eingetreten  sind,  wo  weder  von  Raum  noch  von  Zeit  irgend- 
wie länger  die  Rede  sein  kann.  Die  Geologie  mag  in  den 
Schichtungen  der  Gesteine,  in  den  auftretenden  Versteinerungen 
eine  Nacheinanderfolge  niedersetzen,  die  Descendenztheorie  die 
Vollkommenheit  der  Organismen  miteinander  vergleichen,  die  Phi- 
lologie von  altern  und  Jüngern  Sprachformen  nach  gegenseitiger 
Abwägung  zueinander  reden:  sobald  dann  aber  die  Geologie, 
die  Anthropologie,  die  Philologie  aus  den  durch  Thatsachen 
relativ  fixirbaren  Bestimmungen  hinaus,  in  das  Gedankenreich 
der  Speculation  eintritt,  so  darf  sie  nicht  weiter  chronologisch 
zählen  wollen,  w^enn  die  Zeit  in  das  Zeitlose,  das  Endliche  im 
Unendlichen  verschwindet.  Solange  dem  Menschen  die  Welt 
mit  einer  Schöpfung  begann,  war  der  Anfangspunkt  deutlich 
markirt  und  konnte  den  Denkreihen  als  Anknüpfung  für 
weitere  Operationen  dienen.  Jetzt  ist  uns  dieser  Halt  ent- 
zogen, und  wir  gefährden  die  Grundlage  unserer  Bauten,  wenn 
wir  trügerische  Scheinstützen  simuliren,  wenn  w'ir  einen  Anfang 
supponiren  innerhalb  des  ewngen  Werdens,  indem  die  Ruhe 
des  Gleichgewichts  nur  in  der  Harmonie  gesetzlicher  Pro- 
portionen geboten  werden  kann.  Die  Wissenschaft  muss  sich 
deutlich  bewusst  werden,  dass  ein  solches  Compromiss  mit 
anachronistischen  Vorstellungen  nicht  länger  zulässig,  dass  es 
für  sie  geradezu  verderblich  ist,  da  die  Richtigkeit  aller  ihrer 
fernem  Rechnungen  in  Frage  gestellt  wird.  Sie  muss  als 
krankhaft  anerkennen  alle  jene  teleologischen  Gelüste,  die  auch 


XXX  Vm  Einleitung. 

in  denjenigen  Wissenszweigen  fortspukeu,  die  am  lautesten 
gegen  theologisch  beliebte  Teleologien  polemisiren.  Was  nützt 
uns  ein  Urchaos,  ein  Urvolk,  eine  Ursprache,  selbst  wenn  wir 
das  Undenkbare  denken  und  einen  Ursprung  demonstriren 
könnten?  Wir  hätten  dann  ein  Denkphantom  vor  uns,  von 
dem  wir  bei  genauerer  Untersuchung  den  Eindruck  gewinnen 
würden,  wie  Aesop's  Fuchs  von  der  Larve,  sYxecpaXo'v  oux  i^ti. 
Das  Denken  kann  nur  solche  Objecte  bearbeiten,  die  ihm  in 
einer  ergreifbaren  Form  gegeben  sind,  die  es  in  Relationen 
zu  setzen  und  in  stets  neuen  Combinationen  zu  variiren  ver- 
mag, wie  die  Volkseigenthümlichkeiten  zu  ihren  geographischen 
Umgebungen  oder  geschichtlichen  Bewegungen,  die  Spracli- 
entwickelungen  zu  den  normalen  Denkgesetzen  mit  zulässigen 
Ablenkungen.  Die  Welt  ist  ein  Problem,  deren  Lösung  dem 
menschlichen  Geiste  aufgegeben  ist.  Welche  Art  des  Facit 
wir  daraus  einst  ziehen  werden,  ist  uns  nicht  im  voraus  gesagt. 
Wir  sehen  nur  überall  die  Rechenexempel  vor  uns,  die  es 
unsere  Pflicht  ist,  ernstlich  und  emsig  auf  allen  Feldern  der 
Beobachtung  in  Arbeit  zu  nehmen.  Zu  was  für  Resultaten 
uns  ihre  Lösung  fiihren  wird,  bleibt  vorläufig  unbekannt,  und 
Vermuthungen  darüber  dürfen  das  methodische  Studium  nicht 
unterbrechen,  denn  der  Lehrer  würde  sich  wenig  befriedigt 
zeigen,  wenn  er  die  Schreibtafeln  der  Schüler  mit  phantastischen 
Figuren,  als  Umrisse  möglicher  Ergebnisse,  bekritzelt  sähe, 
statt  dass  sich  jeder  einzelne  bemüht  hätte,  in  Förderung  des 
ihm  übergebenen  Pensums  sein  Quotum  beizutragen  im  „Bau 
der  Ewigkeiten",  wie  der  Dichter  singt. 


Inhalt. 


Seite 

Vorwort VII 

Einleitung XVII 

(Krstes  Kapitel. 
Das  Flüssige  schriftloser  Sprachen,  ihre  Wechsel  und  Mischungen.    .  1 

3njettfa  Kapitel. 
Das  Birmanische 108 

BxitU»  Kapitel. 
Das  Siamesische 191 

Vierte«  Kapitel. 
Die  Sprachgestaltung 246 


dxfn  &(i^\iti 


Das  Flüssige  scliriftloser  Sprachen, 

ihre  Weclisel  und  Miscliimgen. 

Jjei  der  Wortbildung  bedient  sich  die  Sprache  aller  der 
technischen  HVilfsmittcl,  die  ihr  zur  Handhabe  gegeben  sind, 
bald  der  verschiedenen  Mundorgane  zur  Artikulirung  der  Con- 
sonanten  nach  ihrer  Klasse,  bald  der  längern  oder  verkürzten 
Stimmröhre  zum  Hervorstossen  der  hohen  oder  tiefen  Yocale, 
l)ald  der  Anspannung  oder  Erschlajftung  des  Kehlkopf-Appa- 
rates, um  mit  mehr  oder  weniger  Nachdruck  zu  reden.  An- 
fangs werden  alle  diese  Wege  promiscue  verwandt  zur  Bildung 
der  Worte,  die,  dem  Trägheitsprincipe  gemäss,  zunächst  ein- 
silbig bleiben ,  und  ein  aj^athischer  Geisteszustand  mag  sich 
auch  vielleicht  fiir  lange  Zeit  hinaus  mit  Monosyllaben  zu 
begnügen  vermögen,  indem  eine  gleichartige  Abstraction  jeder 
einzelnen  hinzugefügt  Avird,  je  nachdem  sie  in  ein  Nomen  oder 
in  ein  Verbum  zu  verwandeln  sei.  Bei  concentrirterm 
Denken  dagegen  sucht  man  den  Gesammtbegriff  des  Substan- 
tivs schon  in  ein  Wort  zusammenzufassen,  man  wird  statt 
khuam  ro7i  Wärme  sagen,  statt  IJniam  fem  der  Traum  oder 
statt  Ihirija  tld  (Jon  pal  gehend  u.  s.  w.,  ja  man  wird  manch- 
mal gleich  einen  ganzen  Satz  in  einem  Gesammtausdruck 
l)egreifen  und  (wenn  nicht  in  der  unbehülflichen  Ver- 
stümmelung polysynthetischer  Sprache  oder  in  der  complicirten 
Einschachtelungsconstruction  des  Birmanischen)  ihn  durch  den 
dominireuden  Hochton  einigen,  den  yjo^ioc,  tovoc  (von  dem  die 
Griechen  in  einzelnen  Worten  noch  den  gebrochenen  Hoch- 
ton oder  Circumflexus  bei  Servius,  den  scharfen  Hochton  und 

ÜASTIAX,  Studien.  1 


2  Erstes  Kapitel. 

den  aufwärtsgebrochenen  Hochton  oder  Antanaklazomcne  des 
Glaukus  unterschieden).  Hat  die  Sprache  dann  sonach  nicht 
nur  auf  Worte,  sondern  auch  auf  Satzbildung  Kiicksicht  zu 
nehmen,  so  wird  es  der  Natur  der  Sache  nach  sich  rathsam 
zeigen,  die  in  Auswahl  zu  Gebote  stehenden  Mittel  auch  mit 
Auswahl  zu  benutzen,  und  während  es  beim  einzelnen  Worte 
keine  Schwierigkeiten  hat,  durch  Veränderung  des  Buchstaben- 
gerüstes  selbst,  sei  es  des  vocalischen  oder  des  consonantischen, 
Mannichfaltigkeit  anzudeuten,  wird  sich  das  Spielen  auf  dem 
schwebenden  Hauch  der  Betonung  am  zwcckmässigsten  zeigen, 
um  in  dem  complicirten  Satzgefüge  eine  Veränderung  hervor- 
zurufen, ohne  dasselbe  durch  solche  zugleich  aus  den  Fugen 
zu  bringen.  Man  wird  also  nicht  länger  den  Unterschied  des 
Fernen  und  Nahen  in  dem  Worte  Hai  durch  die  Betonung 
allein  andeuten  dürfen,  da  diese  jetzt  andern  Zwecken  dient 
und  nur  wieder  vielleicht  zur  Verstärkung^)  hinzutreten  darf, 
wie  wenn  die  Araber  das  ivae  (weit)  ausziehen,  um  etwas 
sehr  Entferntes  ^)  anzudeuten.  Die  Betonung  3)  dient  nun  der 
Rhetorik,  sodass  sich  Gracchus  (nach  Cicero)  von  der  Flöte 
(rovaptov)  in  seiner  Rede  begleiten  Hess,  und  (nach  Benloew) 
war    die    antike    Betonungsweise  '*)     wesentlich    musikalisch. 


')  Lo-a,  lang,  lo  lo-a,  sehr  lang,  lo  Iv  lo-a,  gar  sehr  lang  (im  Hawaii- 
schen), lek'le/e,  oft  weglaufen,  dididi,  und  didididi,  alt,  ganz  alt  (Triplication 
in  Polynesischen  Sprachen). 

-)  Wenn  der  Botoeude  etwas  sehnlichst  wfinscht  und  verlangt,  so  erhebt 
er  die  Sprache  zu  einem  monotonen  Gesänge.  Es  ist,  als  wenn  er  Armuth 
des  Ausdruckes  durch  erhöhte  Stärke  des  Lautes  ersetzen  wollte,  ebenso 
wie  er  Vielheit,  Grösse,  Unbegrenztheit  durch  die  Wiederholung  desselben 
Wortes  andeutet,  z.  B.  ou(tiou-oH-i»i-oi(-ou,  der  grosse  Fluss,  das  Meer  (n. 
von  Martins).  In  der  Nama-Sprache  (zum  llottentottischen  gehörig)  ist  (nach 
Wallniann)  besonders  wichtig  der  Ton,  mit  welchem  die  Worte  gespro(!hcn 
werden.  In  Unterscheidung  des  tiefen,  mittlem  und  hohen  Tones  bedeutet 
ikha'd)  (je  nach  der  Scala,  worin  es  gesprochen  wird)  Finsterniss,  Ort,  Tuch. 
Crowther  unterscheidet  an  den  Worten  der  Yoruba-Sprache  Hebung  und 
Senkung  der  Stimme. 

^)  The  language  of  the  Wapisianas  (in  Guiana)  is  very  peculiar  and  its 
intonations  are  strong.  It  has  several  sounds  which  it  would  not  be  possibie 
to  represent  by  our  alphabets  (Schomburgk).  —  Les  Indiens  de  la  famille  al- 
gonquine  ont  l'accent  appuye  et  l'accent  frappe  (Duponceau).  —  Die  Shiporoko 
unterbrechen   die   Worte  mit  Schlucli/.laiiten   (nach   Tschudi). 

■*)  In  den  MandeSpraciien  geiiört  der  Accent  nicht  dem  Worte,  sondern 
dem  Satze  an,  und  diesem  nicht  als  Ausdruck  eines  Innern,  sondern  als  einer 
Reihe    von   Lauten,  insofern    er   gewissermassen    eine  Melodie    ist   (s.  Stein- 


Wechsel  und  Mischungen.  3 

indem  der  Tiefton  (Aneiinene)  in  der  Tiefe  sinkt  (als  ßapeta), 
weil  schwer  (gravis).  Aristophanes  von  Byzanz  verglich 
die  Accente  des  Wortes  (wie  Aristoxenus)  mit  den  Tönen  ^) 
der  Musik  und  accentus  dicitur  ab  accanendo,  quod  sit  quasi 
quidam  cujusque  syllaba^  cantus.  Apud  Graecos  ideo  TcpocoSi'a 
dicitur  (Diomedes).  In  griechischer  Betonung  betrug  der 
Unterschied  zwischen  Hochton  und  Tiefton  fast  eine  Quinte 
(nach  Dionys.  Hai.).  In  neuern  Sprachen  ist  das  Wort  ein- 
töniger geworden  (bemerkt  Corssen).  ,,Im  Munde  des  Ge- 
bildeten und  Gelehrten  ist  vielfach  der  Hochton  des  Wortes 
zu  einem  blossen  Nachdruck  der  Stimme  abgestumpft,  solange 
nicht  eine  heftigere  Bewegung  der  Seele  das  Wort  lebendiger 
und  klangvoller  aus  seiner  Brust  presst."  Die  Ursache  der 
steigernden  Vocalschwächung  beruht  in  allen  Sprachen  auf 
dem  Fortrücken  des  Accentes  (Geiger).  Die  schmückende 
Färbung  der  Stimme  wird  fi'ir  rhetorische  Gelegenheit  reser- 
virt  und  fällt  bei  der  gewöhnlichen  Rede  fort.  „Das  Ver- 
hältniss  der  Frage  ^)   ist  neben   dem  des  Ausrufs    wesentlich 


thal).  —  Observatio  per  tenoret:,  quos  quideui  ab  antiquis  dictos  tonoies  com- 
peri,  nt  vidulicet  declinato  a  Graecis  verbo  qui  tovou?  dicunt,  vel  accentus 
qiias  Graeci  TipoawSta;  vocant  (Quintilian).  Accentus  sunt  qui  graece  Tcpo- 
awSiat.  dicuntur  acutus,  gravis,  circumflexus  (M.  Victorinus).  Tonos  alii 
accentus  alii  tenores  nominant  (Donat).  Sunt  autem  accentus  decem:  acutus 
accentus,  gravis,  circumflexus,  longa  linea,  brevis,  hyphen,  diastole,  apostro- 
phos,  dasia,  psyle  (Priscian).  —  Die  Vocale  (im  Sanskrit)  oder  deren  Accente 
werden  eingetheilt  in  betonte  oder  udatta  (mit  gehobenem  Ton),  in  tonlose 
oder  anudatta  (mit  gesenktem  Ton)  und  in  circumflectirte  oder  svarita  (mit 
mittlerm  Ton). 

^)  Die  Schüler  des  Aristarch,  der  die  Erfindung  des  Aristophanes  aus- 
bildete (s.  Lehrs),  setzten  die  Accente  nach  den  durch  Herodian  erweiterten 
Lehren  (3.  Jahrh.  p.  J.).  Quintilian  übersetzt  tÖvoi  durch  tenores  und 
TipocjwSiai.  durch  accentus,  nimmt  aber  beides  in  gleichem  Sinne,  sodass 
noch  heute  tovoi  Accente  genannt  werden.  Man  meint  nämlich,  die  -npoawSia 
ist  eine  raat;,  und  beruhen  wol  die  xoMOt,  aber  nicht  die  xpo^o^-  u"'^ 
uveufjLara  auf  xaat?,  also  sind  nur  jene,  nicht  auch  diese  TCpoawSiat  (s. 
Steinthal). 

2)  ,,Das  Verhältniss  der  Frage  pflegt  neben  den  beiden  Momenten  der 
Wortstellung  und  der  Betonung  noch  durch  das  ausdrücklich  zu  diesem 
Zwecke  bestimmte  logische  Fragepronomen,  in  welchem  an  und  für  sich  immer 
eine  bestimmte  Hinweisung  auf  den  Begriff"  der  Negation,  d.  h.  die  mögliche 
Leugnung  jener  Verbindung  enthalten  ist,  angezeigt  zu  werden."  Die  est- 
nische Sprache  ist  genau  rhythmisch.  Dieser  Rhythmus,  der  trochäische,  im 
weitern  Sinne,  macht  sich  nicht  nur  in  der  gebundenen  Rede  geltend,  son- 
dern ebenso  in  der  ungebundenen  (s.  Fähiniann). 

1* 


4  Erstes  Kapitel. 

das  einzige,  bei  welchem  von  dem  Mittel  der  Betonung  in 
regelmässiger  und  organischer  Weise  auch  in  den  höhern 
flectirenden  Sprachen  zu  syntaktischen  Zwecken  Gebrauch  ge- 
macht wird.  Auch  die  prägnante  Assertion  aber  wird  nächst 
der  Wortstellung  vielfach  durch  den  unterstiitzenden  Ton 
(obgleich  illegitimerweise)  der  wie  namentlich  im  Griechi- 
schen durch  die  Function  bestimmten  Partikel,  besonders  des 
",'£,  näher  bezeichnet"  (Herrmann),  und  umgekehit  bedarf  das 
Siamesische  und  Birmaische  jetzt  selbst  für  die  Frage,  wie 
für  alle  andern  rhetorischen  Zwecke  der  Partikeln,  da  die 
dafür  besser  geeignete  Betonung  ^)  schon  vorweg  verbraucht  ist. 
Die  je  nach  der  Contraction  des  Ansatzrohres  producirten 
Intervalle  treten  nicht  nothwendig  in  musikalischer  Harmonie 
auf,  sondern  können  sich  nur  in  der  Länge  oder  Kürze  der 
abo-ebrochenen  Silbe  manifestiren  und  bedingen  dann  wieder 
eine  Wechselwirkung  zu  dem  durch,  mehr  bestimmten  Willens- 
richtungen  unterworfene,  Muskeln  regulirten  Nachdruck. 
„Die  Tonlänge  bindet  und  bricht  den  Hochton,  der  Hochton 
beschränkt  und  kürzt  die  Tonlänge,  es  ist  ein  Widerstreit 
constitutioneller  Gewalten  am  Wort."  Im  Sanskrit  schwebt 
der  Hochton  frei  von  den  Fesseln  der  Tondauer  über  dem 
Wortkörper  und  kann  jede  Silbe  desselben  hervorheben.    Der 


')  Betonung  bezeichnet,  sofern  es  dem  lateinischen  Wort  Ictus  ent- 
spricht, den  Nachdruck  der  Stimme,  womit  man  in  der  Sprache  des  ge- 
wöhnlichen Lebens  zur  Deutlichkeit  und  Anmuth  des  mündlichen  Vortrags  einen 
Silbenlant  vor  dem  andern  hervorliebt,  sofern  es  aber  dem  lateinischen 
Worte  Acccntus  oder  dem  griechischen  TipoauSia  entspricht,  die  verschiedene 
Art  der  Aussprechung  eines  Silbenlautes  nach  seiner  Höhe,  Stärke  und  Dauer 
(n.  Grotefend).  „Es  hat  jedes  zusammengesetzte  griechische  oder  lateinische 
Wort,  ebenso  wol  wie  das  deutsche,  eine  so  vielfache  Betonung,  als  es  für 
sich  betonte  Worte  enthält,  nur  pHegten  griechische  und  römische  Sprach- 
lehrer in  ihrer  Accentlehre  immer  nur  den  letzten  Ton  des  Wortes  zu  be- 
rücksichtigen." Im  Griechischen  zeigt  der  äolische  Dialekt  eine  ähnliche 
Neigung  wie  das  Lateinische,  den  Hochton  in  den  Wortkörper  zurückzu- 
ziehen. Sonst  ist  diese  Neigung  im  Griechischen  nur  in  der  Bildung  der 
Verbalformen  sichtbar  (Corssen).  Dass  die  französische  Sprache,  wenn  man 
auf  die  andern  Betonungen  keine  Rücksicht  nimmt,  den  Ton  beständig  auf 
das  Ende  des  Wortes  legt,  kommt  daher,  weil  sie  von  den  Stammworten 
der  romanischen  Sprache  alle  diejenigen  Silben  abzuwerfen  pflegt,  die  der 
betonten  Silbe  nachfolgen  sollten.  Im  Sanskrit  sind  lange  und  kurze  Vocale 
eigentlich  (qualitativ  gleich  und  nur  quantitativ  verschieden  (s.  Steinthal). 


Wechsel  und  Mischungen.  5 

Unterschied  zwischen  langen  und  kurzen  tietlonigen  Silben 
fing  aber  an,  sich  in  der  Sprache  mehr  und  mehr  zu  ver- 
dunkehi,  sodass  man  im  4.-5.  Jahrh.  (nach  Servius)  nicht 
mehr  lange  und  kurze,  sondern  nur  noch  hochbetonte  und 
tiefbetonte  Silben  unterschied.  "Im  1.  Jahrh.  p.  J.  werden 
tieftonige  Silben,  die  nach  dem  augusteischen  Kanon  als  lang 
gelten,  für  Kiirzen  verwandt,  wogegen  hochbetonte  kurze 
Silben  die  Geltung  von  Längen  erhalten,  und  in  dem  Herab- 
ziehen der  spätesten  Kaiserzeit  erscheint  die  Quantität  der 
Silben  in  gänzlicher  Verzerrung  und  Zerrüttung  (s.  Corssen). 
In  der  volksthümlich-christlichen  Dichtung  der  letzten  Zeiten 
des  römischen  Kaiserreichs  bildete  sich  das  accentuirende 
Princip  der  Verskunst  aus,  das  dann  auf  die  romanischen 
Sprachen  überging.  Im  Metrum  des  Neugriechischen  wird 
nur  der  Accentfall  berücksichtigt,  ohne  Bezug  auf  Länge  und 
Kürze.  Dagegen  hatte  früher  das  Griechische  in  seiner  Quan- 
titäts-Epoche den  im  saturninischen  Vers  waltenden  Accent 
verdrängt.  Der  sapphische  Vers  der  Kirchenlieder  wurde, 
obwol  nach  der  Quantität  gebildet,  nach  dem  Accent  gelesen. 
Die  maccaronischen  Verse  (aus  dem  15.  Jahrh.)  wurden  in 
Mischung  von  deutschen  und  lateinischen  Versen  nach  den 
Hexametern  in  den  Klöstern  verfasst,  und  später  suchte  Gess- 
ner  das  Princip  der  Quantität  im  Deutschen  durchzuführen. 
Nach  lateinischer  Quantität  verfasste  Verse  wurden  oft  nach 
dem  Accent  gelesen,  um  Reime  hervortreten  zu  lassen.  Bei 
den  alten  Sprachen  ist  das  quantitative,  bei  den  neuern  das 
qualitative  oder  accentuirende  ')  Princip  der  Silbenunter- 
scheidung im  Versbau  das  herrschende.  Je  activer  das  Geistes- 
leben wird,  desto  mehr  wird  es  dahin  streben,  das  Wort  an 
sich    zu   einem    durchaus    indifferenten  ■■^)   zu    machen ,    um    es 


1)  Im  Neuhochdeutschen  wird  eine  jede  ursprünglich  ofiene  kurze 
Wurzelsilbe  unter  dem  Einfluss  des  auf  ihr  ruhenden  Accentes  und  Marcatos 
zu  einer  verlängerten  offenen  Silbe. 

2)  Je  mehr  die  Völker  ein  eigentliches  Culturleben  entwickeln,  je 
grösser  ihr  geistiger  Gesichtskreis  wird,  je  speculativer  ihr  Denken,  um  so 
mehr  wird  die  sinnliche  Fülle  und  Mannichfaltigkeit  der  alten  Flexions- 
Endungen,  als  ein  die  Leichtigkeit  und  Easchheit  des  Lebens  und  Denkens 
hindernder  Ballast,  abgeworfen,  dessen  man  ohne  Schaden  entrathen  kann 
(s.  Westphal).  Die  vollformigen  (synthetischen)  Sprachen  sind  unter  grossem 
lautlichen    Verlust    zu    Sprachen    der    aufgelösten,    umschreibenden   Formen 


Q  Erstes  Kapitel. 

möglichst  allseitig  verwenden  zu  können,  und  desto  weniger 
werden  die  im  halbl^ewussten  Instinct  gebildeten  Rhythmen  ') 
musikalischer  Melodien 2),  oder  selbst  nicht  ihre  Abschwächung 
in  den  Qualitätsverhältnissen,  vor  dem  selbständigen  und 
freier  lenkbaren  Accent  zur 'Geltung  kommen. 

Die  leichten  Modificationen,  durch  die  ein  eingeborenes 
Volk  die  Wortbedeutung  zu  ändern  liebt  und  zu  ändern  ver- 
mag, verschwinden  im  Contact  mit  fremden  Einwanderern,  die 
der  Deutlichkeit  wegen  und  um  Misverständnisse  zu  ver- 
meiden, in  weiten  Umschreibungen  und  Umschweifen  zu  reden 
genöthigt  sind,  und  dann  aus  unverständlich  werdenden  Suffixen 
in  der  Zusammensetzung  oftmals  ein  grammatisches  Elexions- 
system  herausbilden. 

In  familiärer  Sprechweise,  zwischen  Bekannten,  zwischen 


(analytisch)  geworden  (Boltz).  Die  Wurzeln ,  die  (wie  die  Bralimaiien  in 
indischer  Schule)  Henri  Etieune  in  Europa  den  Sprachen  zu  Grunde  legt, 
bilden  bei  den  monosyllabischen  das  ganze  Wort,  als  phonetic  types  (nach 
M.  Müller). 

')  Die  im  Reeitativo  sprechenden  Asiiantie  wechseln  oft  den  Ton,  in- 
dem das  Wort  (wie  im  Chinesischen)  mehr  als  eine  Bedeutung  hat  (Bowdich). 
Vom  Yoruba  bemerkt  Crowther:  „h  at  the  end  of  the  word  points  out,  that 
the  word  or  syllable  should  be  pronounced  with  an  elevation  of  the  voiee ; 
on  the  contrary  hh  or  rh  at  the  end  of  words  show  that  those  words  or 
syllables  should  be  pronounced  with  a  great  depression  of  voice."  Im  Sia- 
mesischen, wo  die  Art  der  Betonung  von  den  Anfangsconsonanten  abhängt, 
influirt  zugleich  ein  vorgesetztes  Ho-nam  oder  Onam  in  der  dritten  Klasse. 
,,Die  formosanische  Sprache  ist  wie  die  japanesische;  nur  in  diesem  sind  sie 
voneinander  unterschieden,  dass  die  Japaneser  keine  Buchstaben  haben,  die 
mit  der  Kehle  ausgesprochen  werden,  wie  die  Formosaner,  und  dass  sie  bei 
denen  Verbis  auxiliaribus  weder  die  Stimme  erheben  noch  fallen  lassen, 
welches  doch  in  Formosa  gebräuchlich"  (B.  Schulzen).  Die  formosanischen 
Uebcrsetzungen  des  Daniel  Gravius  sind  abgefasst  in  een  tale,  die  in  de 
Dorpen  Saulang,  Mattauw,  Cinckan ,  Bacloan,  Tavokan,  Tevorang,  Dorko 
en  Tilocen  gesprokcn  en  verstaan  werdt. 

'■')  Aristoxeniis  nennt  das  Sprechen  ein  jj-iXoc,  eine  (jLeXwÖia,  denn  auch  im 
Sprechen  kommen  (gerade  wie  im  Gesänge)  verschiedene  Tonstufen  vor, 
nur  lassen  sich  diese  Tonstufen  des  Sprechens  wenigstens  nicht  überall  als 
bestimmte  Intervalle  in  unserm  Ohr  wahrnehmen ,  das  Sprechen  geht  zu 
schnell  vor  sich,  die  einzelnen  Silben  eilen  zu  rasch  vorüber,  als  dass  wir 
uns  der  Intervalle  immer  bewusst  sein  können,  es  ist  der  Tonfall  beim 
Sprechen  gleichsam  eine  continuirliche,  keine  discrete  Bewegung  (9(i)vt] 
XoYtxf],  als  Melodie  des  Sprechens).  Ihr  gegenüber  steht  der  Gesang, 
welcher  nicht  nur  wegen  der  längern  Zeitdauer  der  gesungenön  Vucale, 
sondern    auch    der    in    ihrer   Anlage    und    Uichtung   sofort    zu    erkeuiuMideii 


Wechsel  und  Mischungen.  7 

Mann  und  Frau,  Mutter  und  Tochter  (the  one  generally  knows 
beforehand  what  the  other  is  going  to  say,  and  words  are 
used  more  to  indicate,  than  to  describe  thought)  long  sentences 
are  hardly  thought  of,  beoause  misapprehensions  are  not 
possible  and  particular  intonations,  familiär  accents  are  sufficient 
to  prepare  the  mind  of  the  hearer  for  what  he  has  to  expect. 
These  intonations  even  have  been  hxed  and  preserved  in  Chinese 
(s.  M.  Müller).  Im  Gesang  dient  das  Marcato  oder  die  stär- 
kere Intension  eines  Tones  zur  rhythmischen  Gliederung^)  nach 
Takten  und  Takttheilen.  Der  schwere  Takttheil  ist  derjenige, 
welcher  vor  dem  leichtern  eben  durch  das  Gewicht  des  Mar- 
cato hervorgehoben  wird.  Ausserdem  aber  wird  das  Marcato 
im  Gesänge  und  noch  mehr  in  der  Instrumentalmusik  gleich- 
sam zur  rhetorischen  Hervorhebung  besonders  wichtiger  Töne 
und  Silben  gebraucht,  und  kann  dann  auch  sogar  auf  einen 
dem  Rhythmus  nach  leichtern  Takttheil  ftillen,  das  rhythmische 
Marcato,  welches  den  Takt  und  Takttheil  voneinander  son- 
dert, bezieht  sich  zunächst  auf  die  äussere  zeitliche  Form  der 
^Melodie,  die  zweite  Art  des  Marcato  aber  wesentlich  auf  den 
Inhalt.  Und  so  gibt  es  auch  in  Sprachen  ein  doppeltes 
Marcato  (das  rhythmische  der  Hebung  und  Senkung  im  Takt 
oder   die   logische  Hervorhebung  von  Worten  2)  oder  Silben). 


künstlichen  Tonfolge,  welche  dem  Ohr  durch  einen  bestimmten  Tongang 
sich  einschmeicheln  will,  die  hier  waltenden  Intervalle  zum  sofortigen  Be- 
wusstsein  bringt,  was  in  der  Melodie  des  Sprechens  nicht  der  Fall  ist  ((povr; 
Si7.aTY),u.aT'.xr',  als  Vortrag  nach  bestimmten  Intervallen).  Sowie  die  Worte 
gesungen  werden,  treten  an  Stelle  der  natürlichen  Wortaccente  künstlerisch 
beabsichtigte  Tonhöhen  und  Tontiefen,  welche  den  natürlichen  Wortaccent 
fast  überall  regieren,  dergestalt,  dass  der  grammatische  Hochton  des  Wortes 
im  Gesänge  oft  zu  einem  tiefern  Tone  wird,  der  grammatische  Tiefton 
dagegen  eine  höhere  Tonstufe  erhält  (s.  W^estphal). 

')  In  der  Alliteration  der  Bantasprache  bedingt  der  Anfangsconsonant  des 
regierenden  Wortes  den  des  regierten.  In  den  Sprachen  der  finnischen 
Sprachfamilie  richtet  sich  der  Vocal  der  Flexions-Endung  nach  dem  Vocal 
des  Stammes  (ausser  im  Reval-Estnischen). 

^)  Der  Wortaccent  und  der  rhythmische  Ictus  sind  im  recitirten  Hexa- 
meter und  Trimeter  ebenso  wenig  congruent,  wie  in  einem  gesungenen  Liede, 
und  dass  auch  ausserdem  das  logische  Marcato  bisweilen  noch  als  ein 
drittes  Element  zu  dem  Wortaccente  und  dem  rhythmischen  Ictus  hinzu- 
kommt, ohne  mit  einem  von  diesen  beiden  identisch  zu  sein,  zeigt  die  nicht 
geringe  Anzahl  von  solchen  Stellen  des  dramatischen  Dialogs  der  Griechen, 
wo  zwei  Verbalformen,    welche   die  gleiche  grammatische  Bildung  und  die- 


g  Erstes  Kapitel. 

Nach  Dionysius  bewegt  man  sich  beim  Sprechen  vorzugsweise 
in  einer  Quinte ,  ohne  die  Stimme  zu  höhern  Intervallen 
emporzuheben.  Auch  in  der  deutschen  Sprache  vernimmt 
man  im  Gegensatz  der  unbetonten  und  der  Tonsilbe  am 
häutigsten  einen  Fortschritt  zur  Quinte.  Aber  man  hört  auch 
namentlich  im  leidenschaftlichen  Sprechen,  beim  Fragen  und 
Kufen,  iiberhaupt  bei  einer  bewegten  Stimme  noch  höhere 
Intervalle.  Der  Zornige  vermag  sogar  noch  höher  als  zu 
einer  Octave  emporzusteigen  (s.  Westphal).  Wenn  im  La- 
teinischen (das  der  phonologischen  oder  phonetischen  Accen- 
tuations-Methode  angehört)  eine  bestimmte  Silbe  des  Wortes 
den  Ton  i)  trägt,  so  ist  dies  ganz  unabhängig  von  der  gramma- 
tischen Function  derselben  (s.  Westphal).  „Das  etymologische 
Accentuationssystem,  das  im  Griechischen  seine  Herrschaft  mit 
dem  phonologischen  Accentuationsprincip  theilen  muss,  Avaltet 
dagegen  uneingeschränkt  im  Sanskrit  mit  mannichfachen  Be- 
rührungspunkten, w^elche  zwischen  ihm  und  speciellen  Einzeln- 
heiten der  griechischen  Accentuation  stattfinden,  immer  aber 
so,  dass  durch  dasselbe  bestimmte  Flexionssylben,  die  an  sich 
eine  hervorragende  Bedeutung  fi'ir  das  Ganze  des  Wortes 
haben,  auch  durch  den  Worttoii  hervorgehoben  werden.    Auch 


selbe  Endung  haben  und  dabei  auf  der  uämlicben  Endung  betont  werden, 
in  Beziehung  auf  den  WurzelbegriÖ'  in  einem  logischen  und  rhetorischen 
Gegensatz  zueinander  stehen,  und  deshalb  auch  noch  eine  energische  Her- 
vorhebung der  Wurzelsilbe  durch  grossere  Stärke  der  Intension  verlangen 
(s.  Westphal). 

^)  Im  Gegensatz  zum  Griechischen,  Latcinischou  und  Sanskrit  legt  das 
Germanische  sowol  das  rhythmische  wie  das  logische  Marcato  immer  auf 
solche  Silben,  die  zugleich  den  höhern  Wortaccent  tragen,  nämlich  auf  die 
Wurzelsilben.  Und  in  einem  Falle  lässt  das  Deutsche  gleichfalls  zwischen 
dem  logischen  und  rhythmischen  Marcato  einerseits  und  dem  Wortaccente 
andererseits  eine  Divergenz  eintreten,  nämlich  bei  einer  indirecten  Frage  und 
einem  ihr  analog  stehenden  fragenden  oder  verwundernden  Ausruf.  Das 
rhythmische  und  logische  Marcato  bleibt  in  einem  solchen  Falle  auf  der 
Wurzelsilbe,  aber  der  Wortaccent,  d.  h.  die  höhere  Tonstufe,  geht  von  der 
Wurzelsilbe  auf  die  Wortendung  über,  und  zwar  trifft  diese  Wandlung  des 
Accentes  dasjenige  Wort,  auf  welchem  als  dem  bedeutungsvollsten  Worte 
des  fragenden  Satzes  zugleich  das  stärkste  logische  Marcato  ruht  (s.  West- 
]>hal).  Manche  hochdeutsche  Localdialcktc  (besonders  der  sächsische  und 
thüringische)  lassen  auch,  ohne  dass  sie  fragen,  in  ausdrucksvoller  Rede  den 
Ton  oder  Wortaccent  in  dem  logisch  wichtigsten  Wort  von  der  Wurzelsilbe 
auf  die  P>ndung  vorrücken,  resp.  sie  lassen  den  umgekehrten  Circumflex 
eintretiii. 


Wechsel   und  Mischungen.  9 

die  AccentUHtion  ')  iiii  Deiitseheii  ist  eine  lediglieh  etymolo- 
gisehe.  Auf  längere  und  kürzere  Silben,  auf"  ihre  Entfernung 
vom  Wortsehlusse  Avird  keine  Rücksicht  genommen,  sondern 
nur  auf  ihre  grammatische  Function.  Aber  abweichend  vom 
Sanskrit  und  vom  Griechischen  ist  es  (mit  Ausnahme  des 
einzigen  Wortes  ,, lebendig*')  niemals  eine  Flexions-  oder  De- 
rivationssilbe, die  dm'ch  den  Ton  hervorgehoben  wird,  sondern 
inuner  die  Wurzelsilbe.  „Wir  artikuliren ''^)  das  eherne  Herz  un- 


')  The  accent  seem»  tu  serve  merely  a  musical  or  eiiphoiiic  piirpose  in 
the  context  and  not  the  logical  one  of  distinguishing  one  wurd  from  the 
other,  sagt  KüUe  von  der  Vai-Sprache. 

'-)  Das  Semitische  hatte  schon  in  seiner  ältesten  Form  keine  vollen, 
lautlich  existirenden,  in  aussprechbarer  Form  aus  den  Worten  herausschäl- 
baren Wurzeln,  wie  das  Indogermanische,  sondern  die  Bedeutung  hing  nur 
an  den  Consonanten,  jede  Yocalisirung  derselben  fügt  nothwendig  zur  Be- 
deutung eine  Beziehung  hinzu  (Schleicher).  Das  Metrum  scheidet  Katha  und 
Atha.  Innerhalb  des  Hebräischen  ist  bei  Accentverhist  die  Verwandlung  des 
Vocals  in  einen  Halbvocal,  der  vor  silbenschliessenden  Consonanten  in  i 
übergeht,  sehr  gewöhnlich.  Abstossend  wird  betont  als  abp-tzstossend,  dann: 
rasch'  rasch',  langsam  u.  s.  w.  Gasconasmen  sind  (n.  Bartholemy)  griechische 
Wendungen.  Der  Grammatiker  Nikanor  nahm  acht  Interpunktionen  an.  Es 
genügte  ihm  nicht,  die  Vullkonimenheit  des  Satzes  und  Gedankens  auszu- 
drücken, sondern  er  wollte  auch  das  verschiedene  logische  Verhältniss  der  Sätze 
zueinander,  das  sich  auch  durch  leise  Verschiedenheiten  der  Stimme  und  der 
Pause  kundgiebt,  durch  Zeichen  festhalten  (Steinthal).  Eine  Scala  der  Quan- 
tität fehlt.  Ursprünglich  beherrschte  (in  lateinischer  Verskunst)  Tondauer  und 
Hochton  im  engsten  Verein  den  Versbau,  dann  geriethen  Accent  und  Quan- 
tität in  Widerstreit  um  die  Herrschaft  über  denselben,  endlich  siegte  das 
quantitative  Princip  (nach  Ritschel).  Nach  Dion.  Thrax  ist  r^  länger  als 
CO.  Solange  sich  die  Dacoromanen  des  auf  das  Griechische  gegründeten 
slawischen  Alphabets  bedienten,  accentuirten  sie  jedes  Wort,  später  aber 
wurden  ihre  Grammatiker  sparsam.  Den  alten  Proven^alen  fehlte  jede 
Tonbezeichnung.  In  der  Arsis  gilt  eine  kurze  Silbe  lang  (s.  Telfy).  Die 
Litauer  Ostpreussens  bewahren  den  gleichzeitigen  Gebrauch  des  Tonaccentes 
und  der  Quantität,  und  ebenso  Illyrier  und  Servier  (und  im  alten  Grie- 
chischen). Den  Byzantinern  fehlt  das  Gefühl  für  Quantität.  „Die  Por- 
tugiesen sind  über  Verwendung  der  Accente  noch  nicht  zu  festen  Gesetzen 
gekommen"  (Dietz).  —  I  never  saw  a  saw  saw  better,  than  the  saw  I  saw 
saw.  —  The  Chinese  distinguish  their  poetry  by  two  schools  or  styles,  the 
koo-te  or  ancient  style  (marked  by  a  peculiarly  abstruse  concise  construction 
and  restricted  by  no  System  of  metrical  arrangement  or  of  tonic  modulation, 
save  a  species  of  rhyme)  and  the  kin-te  or  modern  style,  which  came  in 
vogue  with  the  establishment  of  the  Tang-dynasty  and  is  characterised  (be- 
sides  the  necessary  rhyme  of  final  syllables)  by  a  systematic  limitation  of 
feet  and  lines,  and  by  a  strict  attention  to  luh  and  yun.    Of  these  properties 


10  Erstes  Kapitel. 

willkührlich  schärfer,  als  das  eherne  oder  erzene  Pf'undgewicht. 
Die  Bestimmung  von  aeneus,  die  Verwendung  und  die  meta- 
phorische Bedeutung  zu  bezeichnen,  konnte  zu  der  schärfern 
Artikuhxtion  dieses  Wortes,  mithin  zur  Vocaltrennung  bei- 
tragen. Dei'  eigenthche  Grund  aber  ist  etymologisch,  durch 
die  Ausstossung  des  s  ist  das  c  in  alieneus  lang  ^)  geworden, 
während  es  in  aheseus,  ahereus  kurz  gewesen  sein  würde 
(Klausen). 

Indem  der  Geist  in  seinem  durch  Wortbildungen  ausge- 
drückten Denken  ununterbrochen  selbstthätig  weiterschafft, 
erwachsen  die  in  ungebundener  Ueppigkeit  wuchernden  For- 
men der  Natursprachen,   die  bei  dem  Versuche,   sie  in  gram- 


luh  is  defined  to  bc  an  intimate  correspnndence  of  scnse  between  liiie  and 
line,  and  yiin  consists  in  a  perscribed  antithesis  of  Intonation  between  certain 
feet  of  each  conplet  and  a  proper  alternation  of  tone  in  each  line  (Medliurst 
junior).  —  Lisse  erfand  (210  a.  J.)  die  Ciirsivschrift  (Thswan)  bis  zu  den 
Han.  Der  Unterschied  der  langen  und  kurzen  Silben  (in  der  Quantität)  hat 
nur  auf  das  äusserlich  sinnliche  Erscheinen  der  Sprache  Bezug,  während 
der  der  betonten  und  unbetonten  den  geistigen  Charakter  oder  die  Gliederung 
der  logischen  Inhaltsverhältnisse  selbst  angeht  (Herrmann).  Die  Einheit  des 
mehrsilbigen  Wortes  mit  sich  selbst  wird  wahrgenommen  und  vertreten 
durch  den  Accent.  In  den  Mande-Sprachen  dient  der  Accent  wie  der  Anf- 
tact  (le  frappe,  Arsis  oder  vieiraehr  Thesis)  lediglich  dem  rhythmischen  Ver- 
hältniss  der  Sprache,  dem  Wohllaut  (Steinthal). 

')  In  its  original  character,  the  Polisli  language  possessed,  in  common 
with  all  the  other  Slavic  languages,  the  Clements  of  a  regulär  System  of 
long  and  short  syllables.  So  long,  however,  as  there  have  existed  Polish 
pocts,  they  have  not  measured,  but  in  inütation  of  the  French,  have  counted 
the  syllables  (Talvj).  Zaluski  and  Minasowrez  wrotc  verses  with  counted  not 
measured  syllables,  without  rhyme,  Przybylski's  and  Staszyc's  translations  of 
Homer  are  in  hexameters.  That  rhyme  is  not  natural  to  the  Polish 
language  is  evident  from  the  ancient  populär  poetry  of  the  other  Slavic 
nations,  which  are  all  without  rhyme.  —  Im  Banta  herrscht  die  Alliteration  im 
Satz.  Nicht,  wie  bei  Griechen,  Römern,  Indern  n.  s.  w.  die  Prosodie,  d.  h. 
das  Zeitmass  der  Silben,  die  Daner  der  zu  ihrer  Aussprache  nöthigen  Zeit, 
die  in  metrischer  Beziehung  entweder  eine  Zeiteinheit  oder  zwei  Zeitein- 
heiten beträgt,  neben  welcher  die  Betonung  der  Silben  nicht  in  Betracht 
kommt,  noch  auch,  wie  in  der  heutigen  Metrik,  die  Betonungslänge  der  fest 
bestimmten  Silbenanzahl  des  Verses  und  bestimmten  Rhythmus  desselben, 
nichts  von  alledem  ist  Princip  des  altdeutschen  Verses,  sondern  einzig  und 
allein  die  grammatische  Betonung,  im  Mittelhochdeutschen  also  die  eigen- 
thümlichen  Tonverhältnisse  des  mittelhoclulciitsciu'n  Wortes,  das  grössere 
oder  geringere  Gewicht  seiner  Silben  (s.  Schleicher). 


Wechsel   und  Misehungun.  H 

matischer  Systematik')  zu  ordnen,  durch  ihre  complicirten 
Verwickehingen  überraschen.  Mischt  sich  ein  fremdes  Volk 
mit  dem  einheimischen,  so  treten  Zersetzungen  und  Ver- 
stümmelungen ein,  die,  wenn  gleichfjills  später  in  übersicht- 
Hcher  Methode  zusammengestellt,  einfacher  erscheinen.  So 
oft  eine  Acme  in  der  Entwickelung  erreicht  wird,  wenn  das 
Volk  die  ihm  innewohnenden  Keime  völlig  zur  Keife  gebracht 
hat  und  also  (bei  nicht  neu  einfallendem  Reiz)  ein  Stillstand 
eintritt,  werden  die  künstlich  durchschhmgenen  Formen  der 
Grammatik,  die  nicht  mehr  durch  das  immerjunge  Getriebe 
innern  Wachsthums  lebendig  gehalten  werden,  beginnen  aus- 
einauderzufallen  und  sich  bis  zu  Monosyllaben  zu  reduciren. 
Für  Klarheit  und  Leichtigkeit  des  Gedankenausdruckes  sind 
gewöhnlich  die  mittlem  Stadien  die  geeignetsten.  Eine  durch 
allzu  minutiöse  Bestimmungen  durchschnittene  Grammatik,  die 
einen  Pfuscher  allerdings  (gleich  der  Schablone  des  Malers)  vor 
Fehlern  besser  bewahrt,  wird  das  freie  Schafi'en  des  Genies 
mehr  hemmen  und  fesseln,  als  eine  möglichst  gesetzlose 
Grammatik,  die  ihm  nur  ein  einzelnes  und  einfachstes  Werk- 
zeug liefert,  aber  ihn  gerade  dadurch,  wenn  eine  echte  Kiinstler- 
natur,  befähigt,  seinem  schöpferischen  Drange  vollen  Spiel- 
raum zu  geben  und  durch  jenes  jede  Nuance  ungehindert 
hervorzurufen.  So  genügt  dem  Hinterwäldler  sein  Beil,  um  sich 
seine  Wohnung  zu  zimmern  und  alle  Gegenstände  in  derselben, 
die,  wenn  verarbeitet  mitgebracht,  trotz  aller  Mühe  des  Trans- 
portes doch  vielleicht  den  Anforderungen  der  Verhältnisse 
nicht  angemessen  und  passend  gewesen  sein  wiirden. 

Bei  lebendiger  Sprachentwickelung  genügen  die  leichtesten 
Modificationen ,  um  Unterschiede  zu  bezeichnen,  und  aus  Be- 
quemlichkeit werden  zwei  Gegensätze,  die  am  häufigsten  neben 
einander  verwandt  werden,  oft  nur  durch  ganz  leichte  Abände- 
rungen markirt,  wie  Freund  und  Feind,  schlecht  und  recht. 
Ein  fremdsprachiges  Volk,  das  ins  Land  tritt,  wird  in  diesen 
leicht  übersehenen  Laut-Modulationen  zweier  sich  conträr  gegen- 


')  Dans  la  langue  chinoise  les  formea  grammaticales  sont  en  tres-petit 
norubre  et  d'nne  grande  simplicite,  dans  la  langue  arabe,  au  contraire,  elles 
sont  innombrables  et  tres-artificielles.  Neanmoins,  dans  la  premiere,  la 
precision  et  la  clarte  sont  portees  au  plus  haut  point,  tandis  que  l'obscurite 
et  la  confusion  dominent  dans  Tarabe  (de  Merian). 


\2  Erstes  Kapitel. 

überstehender  Begrifi'e  besondere  Schwierigkeiten  sehen  nnd  sie 
deshalb  durch  Umschreibungen  zu  umgehen  suchen,  wie  der 
Europäer  in  Birma  die  Doppeldeutigkeit  des  hlae  (Bot)  und  hie 
(Karren),  oder  in  Siam  das  il((i  (nahe)  und  llai  (weit),  so- 
dass gerade  die  vorher  am  engsten  zusammenstehenden  Worte 
später  durch  die  weitesten  Umschweife  getrennt  sein  werden. 
Während  ein  einheimisches  Volk  überhaupt  immer  seine  Sprache 
möglichst  zu  verkürzen  und  auf  Einsilber  zu  reduciren  sucht, 
um  sich  die  Mühe  unnöthigen  Sprechens  zu  sparen,  wird  ein 
Mischvolk  eher  lange  und  breite  Formen  vorziehen,  da  man 
sich  lieber  ihre  Unbehülflichkeit  gefallen  lässt  als  die  Gefahr 
steter  Misverständnisse.  Im  Altfranzösischen  linden  sich  im 
directen  Anschluss  an  die  lateinischen  Ordinalzahlen  der  dritte, 
vierte,  fünfte,  sechste,  tiers,  quart,  quint,  sixt,  während 
später  die  von  tertianus  (zum  dritten  gehörig),  quartanus  (zum 
vierten  gehörig)  wieder  entlehnten  Formen  troisieme,  quatrieme, 
cinquieme,  sixieme  zur  Verwendung  kommen.  Die  eine  Be- 
schreibung einschliessenden  Namen  der  Pflanzen  werden  (im 
Tupi)  auf  das  möglichst  geringe  Mass  von  Silben  zurück- 
geführt. Die  Abkürzungen  in  den  Sprachen  (Guianas)  treten 
besonders  darin  hervor,  dass  die  Dolmet^äclier  in  höchstens 
zwanzig  Worten  das  ausdrücken,  was  ihnen  in  oft  mehr  als 
hundert  mitgetheilt  wird  (bemerkt  Schomburgk). 

Jede  Sprache  im  mündlichen  Verkehr  strebt  aus  natür- 
licher Bequemlichkeit  zur  Kürzung,  der  indessen  durch  die 
erforderliche  Deutlichkeit  eine  Grenze  gesetzt  wird,  und  Völker 
mit  unvollkommenen  Sprachorganen  werden  es  oft  bequemer 
finden,  bei  zwei  Silben  stehen  zu  bleiben,  während  ein  aus- 
drucksvoller Mund,  gleich  dem  Englischen,  in  dessen  Bewegung 
jeder  feine  Muskelbündel  des  Gesichts  mitspielt,  die  Mehrzahl 
der  Worte  durch  treffende  und  scharfe  Einsilber  ausdrücken 
kann,  ohne  der  anderswo  herbeigezogenen  Ilülfsmittel  der  Be- 
tonung zu  bedürfen  (und  ohne  diese  also  für  rhetorische  Zwecke 
zu  verlieren).  Im  Gegensatz  zu  den  colloquialen  Abbreviaturen 
ist  die  Schrift  umgekehrt  zu  complicirten  Satz-  oder  Wort- 
bildungen geneigt,  und  auch  in  der  Syntax  kann  jeder  an 
sich  selbst  bemerken,  dass  er  anders,  und  zwar  künstlicher, 
schreibt,  als  spricht.  Ein  Volk,  auf  dessen  Culturleben  die 
Schriftsprache  noch  einen  bedeutmigsvollen  Eindruck  ausübt, 
wird  deshalb  leichter   eine   complicirte  Grammatik  zeigen,    bis 


Wechsel  mid  Misohiiiigen.  13 

es  vielleicht  über  die  sklavische  Huldigung  der  Schrift  sieh 
weggesetzt  hat  und  sie  nicht  länger  als  Zweck  ihres  Studiums 
betrachtet,  sondern  nur  als  Mittel,  \\m  den  Zweck  des  Studiums 
zu  erreichen.  Unbeeinflusst  scheinen  unter  den  Schriftvölkern 
nur  die  Chinesen  geblieben  zu  sein,  da  ihre  Schrift  als  bild- 
lich fiir  das  Auge  berechnet  wird  und  deshalb  auf  den  ge- 
sprochenen Laut  keinen  Einfluss  ausüben  konnte.  Auf  der 
andern  Seite  haben  die  Indianer  ohne  eine  Schrift  ihre  poly- 
synthetische Redeweise  gebildet,  infolge  der  durch  ihre  Ge- 
sellschaftseinrichtung benöthigten  Sitte  längerer  Reden  in  den 
Versamniluno;en  und  der  memorialen  Bewahruno;  ihrer  Tra- 
ditionen. 

Der  Einfluss,  den  die  Schriftsprache  auf  das  Geistesleben 
eines  Volkes  ausübt,  wird  vor  allem  von  der  grössern  oder 
geringern  Autorität  abhängen,  mit  der  sie  unter  demselben 
auftritt.  Ist  neben  ihr  noch  eine  fremde  Sprache,  als  heilige, 
im  Gebrauch,  so  mag  trotz  der  Verwendung  der  Schrift,  der 
Dialekt  fortfahren,  steten  Abänderungen,  wie  bei  schriftlosen 
Völkern,  unterworfen  zu  sein,  und  das  Deutsche  hat  sich  erst 
seit  der  Lutherischen  Bibelübersetzung  fester  fixiit.  Einen 
solchen  Schutz  erhielt  das  Arabische  gleich  am  Anfjing  seiner 
schriftlichen  Laufbahn,  und  ist  deshalb  die  Treue,  mit  der 
sich  die  Reinheit  des  Beduinen-Dialektes  bewahrt,  nichts  Ueber- 
raschendes.  Die  Griechen  hatten  ein  ähnliches  Normalmass 
in  Homer's  Epen,  um  ihre  Sprachregeln  zu  prüfen  und  allzu 
weite  Abweichungen  zu  rectificiren. 

Die  Graduirung  in  der  Sprachentwickehmg  der  indoger- 
manischen Völker  folgt  nicht  aus  ihrer  graduellen  Abzweii^uno; 
von  einem  hypothetischen  Ursitz,  sondern  aus  der  Zeitverschieden- 
heit in  ihrer  Annahme  der  Schrift  und  der  daraus  resultirenden 
Fixirung  der  Sprechweise.  Zu  dem  unbekannten  oder  (wenn 
man  will)  durch  das  Lyklsche  vertretenen  Repräsentanten  der 
einheimischen  Sprache  im  westlichen  Vorderasien  kam  ägyp- 
tischer Einfluss  aus  Afrika,  die  semitische  Varietät  zu  zeugen 
und  turanischer  von  Osten,  als  Anregung  des  Arischen.  Das 
Semitische  wurde  in  weite  Entfernungen  zerstreut  durch  die 
Seezüge  der  Phönizier,  das  Arische  dao-eo-en  rückte  in  aje- 
schlossenen  Colonnen  auf  dem  Landwege  vor  und  breitete 
sich,  unter  Absendung  eines  Seitenzweiges  nach  Indien,  über 
ganz  Europa.     Das   iiberlegene  Geistesthum    der  Hellenen  in- 


J4  Erstes  Kapitel. 

ficirte  seine  gesammte  Nachbarschafi.  Das  Semitische  wurde 
überall  in  Asien  verdrängt  (ausser  in  schwierigen  Berggegen- 
den seiner  unzugänglichen  Halbinsel,  aus  der  es  seinen  spätem 
Siegeszug  antreten  sollte),  und  in  den  Donauländern  klang 
rumänische  oder  neugriechische  Sprache.  Iberien,  Gallien, 
dann  auch  Britannien  erhielten  römische  Färbung,  weniger 
daoeo;en  das  nur  halb  unterworfene  Germanien  luid  die  ent- 
ferntern  Slawenländer,  sodass  uns  hier  zwei  selbständigere 
Sprachen  durch  die  Schrift  überliefert  sind. 

Mit  dem  Monosyllabismus  verbindet  sich  leicht  eine  Aus- 
bildiuig  der  Tonverhältnisse,  um  eine  weitere  Basis  für  den 
Spielraum  möglicher  Modificationen ')  zu  gewinnen,  wenn  man 


')  A  Chinese  can  more  readily  distinguish  between  two  words  (niinjit 
and  luing),  whose  tones  are  unlike,  than  he  can  between  words  (raing  tnid 
meng  or  ming  and  hing),  whcre  the  initial  or  final  dift'ers  a  little  and  tho 
tones  are  the  same  (Williams).  The  change  froni  the  Monosyllabie  to  the 
Polysyllabic  is  purely  a  phonetic  one  (according  to  Laidlay).  —  Aehnliche 
Homonymen,  wie  sie  das  Chinesische  durch  die  Betonung  variirt,  bietet  das 
Französische  im  Laut  sang  z.  B.,  welcher  Blut  (saug),  Vernunft  (sens),  hundert 
(cent),  ohne  {sa7is),  fühlt  (sent),  sich  damit  (.s'e«),  deren  (c'ew)  bedeuten  kann, 
oder  im  Englischen  light  (Licht),  light  (leicht),  liglit  (anzünden),  dann  li/ce 
(ähnlich),  like  (lieben),  grave  (ernst),  grave  (einschneiden),  grave  (Grab)  u.  s.  w. 
Im  Sanskrit  findet  sich  die  einsilbige  Wurzel  yudh  für  kämpfen,  Kämpfer, 
Kampf,  als  Verbum  und  Substantivum  im  coucreten  und  abstracten  Sinne. 
Im  Englischen  dient  close  (von  claudo)  als  Adjectivum ,  Substantivum  \ind 
Verbum.  —  Un  assez  grand  nombre  de  mots  primitifs  en  gallois,  u'ayant  point 
de  forme  caracteristique,  sont  indifferemment  oii  substantifs  ou  adjectifs  ou 
verbs.  Ainsi  hod  veut  dire  wm  (Vre,  etre,  etaut  (s.  Edwards).  —  Mary  Gadul- 
phin  hat  (1868)  ihre  Bücher  in  englischen  Monosyllaben  geschrieben  und 
Hough  veröffentlichte  An  Anglo-Burmese  dictionary  of  the  monosyllabie  words 
in  the  English  Language.  Verlegen  hat  im  Deutschen  drei  durchaus  getrennte 
Bedeutungen.  Nach  Castren  gab  es  eine  Zeit,  wo  sich  die  indo-europäiselien 
Spraclien  auf  derselben  niedern  Bildungsstufe  befanden,  wie  es  jetzt  mit 
dem  Chinesischen  der  Fall  ist,  und  haben  sie  nach  und  nach  die  Ent- 
wickelungsstadien  durchlaufen,  in  welchen  sich  die  mongolischen,  türkischen 
und  finnischen  Sprachen  gegenwärtig  befinden.  Im  Mongolischen  hat  die 
Volkssprache  bereits  eine  ordentliche  Flexion  bei  den  Zeitwörtern  entwickelt, 
und  iimerhalb  des  finnischen  Sprachstamnies  hat  die  Bildung  von  Präpo- 
sitionen und  präpositionalen  Zusammensetzungen  bereits  begonnen.  —  Whitney 
distinguishes  an  internal  flection,  like  the  Semitic,  from  one  like  the  ludo- 
Europa'an ,  which  is  rather  secondary  and  aecidental,  eonstantly  arising  in 
new  cases  under  the  influence  of  plionetic  circumstances,  but  never  winuing 
a  pervading  face,  and  in  many  members  of  the  faniily  hardly  taking  on 
anywhere  a  regulär  form  and  office,  as  significant  of  relations. 


Wechsel  und  Mischungen.  l5 

nicht,  wie  im  Englischen  (das  ausserdem  für  complicirtere 
Begrifi'e  die  gleichzeitigen  Hülfsquellen  seines  romanischen 
Elementes  besitzt)  durch  Variationen  consonantischer  und 
vocalischer  Aussprache  Mannichfaltigkeit  erzeugte.  Wie  bei 
vielen  andern  Stämmen  schien  auch  bei  den  Coeruna  (am 
Yupura)  die  Betonung  verstärkt  oder  geschwächt,  verschiedene 
Zeiten  und  Personen  zu  bezeichnen  (Martins). 

"Während  das  Mongolische  keine  Verbalendungen  ^)  lur 
Personen  hat,  sollen  sich  diese  kürzlich  (nach  Castren)  im 
Buriätischen  und  den  tungusischen  Idiomen  bei  Nertschinsk 
gebildet  haben.  In  Amerika  wurde  das  Otomi  für  einsilbisr 
gehalten  (s.  Naxera)  und  auch  der  Grund  des  Tschcrkessischen 
gilt  für  einsilbig  (s.  Maury).  In  manchen  Dialekten  der 
Schweiz  kehrt  das  Deutsche  zur  Einsilbigkeit 2)  zurück  (d.  h. 
zu   dem  Naturzustand,   der   bei   abgelegener  Isolation  überall, 


1)  The  Ugrian  dialects  (especially  the  Hungai'ian  and  Finnic)  are  the 
higliest  in  rank  (im  Turanischen),  being  almost  entitled  to  be  recivoned  as 
intleetive.  Thg  eastern  branches,  the  Mongolean  and  the  Tungnsian,  are  poorer 
and  scantier,  and  the  Manchu  even  verges  upon  a  monosyllabic  stift'ness,  not 
having  (for  exaniple)  so  much  as  a  distinction  of  number  and  person  in  its 
predicative  or  verbally  employed  words.  The  Turkish  hold  a  middle  place 
(s.  Whitney). 

-)  Le  peuple  tend  a  contracter,  ä  mutiler  les  mots,  dont  il  se  sert,  car  le 
peuple  parle  pour  parier  et  nun  pour  bien  parier.  Le  peuple  est  presse  et 
paresseux  (Ampere).  L'alteration  de  la  langue  latine  (dans  les  langues  neo- 
latines)  s'est  operee  par  la  contraction  des  mots,  la  suppression  des  desinences, 
la  confusion  des  eas.  On  decouvre  les  rudiments  de  ces  diverses  tendances 
dans  la  langue  latine  a  son  etat  le  plus  aucien.  Deja  dans  les  monnraents 
des  vieilles  langues  italiotes  on  trouve  des  mots  contractes  ou  tronques, 
comme  ils  l'ont  ete  depuis  dans  les  langues  ueo-latines,  fust  (im  Oskischen), 
fuerit,  mais  (magis),  saeclum  (bei  lat.  Dichtern  für  saeculiim),  periclum 
(für  periculum,  dixti  (dixisti)  (bei  Terenz),  cald  (bei  Quinct.  statt  calida),  'pol 
(statt  per  aedes  Pollucis),  hercle  etc.  —  The  language  of  Nepal-Proper  is 
remarkable  for  its  numerous  tones  and  its  scanty  serviles  whether  literal  or 
syllabic  (s.  Hodgson).  —  Robinson  describes  four  different  accents  or  intou- 
ations  prevalent  in  all  the  languages  spoken  by  the  tribes  bordering  on  the 
Valley  of  Assam ,  which  includes  Hodgson's  Garos,  Miris,  Abor-Miris  and 
Kacharis  (as  general  name),  and  comprehending  the  Borros  (Bados),  Hojai- 
Kacharis,  Kochis  (Modai-Kocbis,  Phul-guriyas  and  Hermias),  the  Mechis, 
Dhimals  and  Rabhas  (s.  Müller).  Much  the  greater  proportion  of  words  in 
the  Grebo  language  are  monosyllables,  disyliables  form  the  second  class  in 
point  of  number.  The  class  of  primitive  words  which  have  more  than  two 
syllables  is  not  numerous.    Words  of  four  syllables  are  still  more  uncommon. 


1(3  Erstes  Kapitel. 

auch  in  der  physischen  Erscheinung  der  in  geschichtlichen 
Perioden  vielleicht  schon  veränderten  Völker,  wieder  zum 
Durchbrach  kommt).  Im  Munde  des  Volkes  sind  die  Sprachen 
stets  in  der  Zersetzung  und  Entstellung  begrifien,  und  dieser 
Zerstörungsprocess  wird  dann  bei  Feststellung  einer  Schrift- 
sprache nur  für  so  lange  aufgehalten,  wie  die  in  derselben 
niedergelegten  Regeln  der  Grammatik  als  dominirender  Kanon 
der  Gelehrten  des  Landes,  wo  sie  sich  ausbildete,  gültig 
bleiben.  Bei  Adoption  durch  ein  anderes  Volk  tritt  erst  wieder 
vollkommene  Confusion  ein,  wie  bei  der  barbarischen  Latinität 
der  Diplome  im  ß.  Jahrh.  (wo:  les  terminaisons  des  cas  sont 
placees  au  hasard,  a  la  fin  des  mots,  dont  le  röle  ne  peut 
plus  etre  determine  que  par  les  prepositious  qui  les  precedent), 
bis  sich  eine  neue  Ordnung  herstellt.  Ku  (to  carry  on  the 
head)  is  uttered  with  a  depressed  voice  (in  the  Eyo-languagc). 
Aus  der  Verbindung  eines  Consonanten  und  eines  Vocales 
entsteht  die  Urgestalt  der  Silbe,  die  einfache,  allen  fernem 
höhern  Wortbildungen  zu  Grunde  liegende  AVurzeP)  (Herr- 
mann).    Aus   der  Zusammensetzung  zweier  verschiedenartiger 


^)  Roots  may  be  used  as  words,  each  root  preserving  its  füll  independ- 
ence.  Two  roots  may  be  joined  togcther  to  form  words ,  and  in  tbese 
Compounds  one  root  may  lose  its  independence.  Two  roots  may  be  joini'd 
together  to  form  words  and  in  these  Compounds  botli  roots  may  lose  tlieir 
independence  (Müller).  —  Se  funda  toda  la  lengua  (quiche)  en  unos  eeos  y 
sonidos,  originados  de  los  cantos,  sonidos  ö  naturaleza  de  las  cosas 
(Ximcnez).  —  Whatever  affects  the  use  of  the  organs  of  speech,  be  it  climate, 
acquired  habits,  or  Imitation  of  novel  articulations,  incvitably  leads  to  some 
change  in  the  voc.abulary,  so  that  mutually  intelligible  dialects  of  one 
language  become  in  a  few  generatiuns  indepcndcnt  tungucs  (D.  Wilson).  — 
Le  menie  mot  est  souvent  substantif  et  verljc  ('dans  la  langue  lenape).  —  The 
same  word  is  frequeiitly  used  as  an  adjective,  verb  and  prcposition  (in  the 
Grebo  language).  Tuh  kwane,  sliort  tree,  kwaneh  orah,  ncar  the  town, 
kwanena  orah,  he  approached  the  town.  Gnebri  hla,  tall  person,  hlada^ 
he  had  gone  a  long  way.  —  Das  Participium,  das  die  Stoiker  (als  nomen 
verbale  oder  verbum  causale)  avravaV.XaaTo;  -pooriyoph.  (wiederumbeugsames 
Appellativum)  genannt  hatten,  bildete  (als  ixt-oyr,)  den  achten  Redetheil  der 
Grammatiker,  participium  genannt,  weil  es  an  nominalen  und  verbalen  Ver- 
hältnissen theilhat.  Nach  Lerscli  hat  Aristoteles  zuerst  das  Particip  als 
Redetheil  anerkannt.  —  While  Indo-Europaoan  language,  in  puttiug  two  roots 
together  to  compose  a  form,  sinks  the  individuality  of  both,  the  Scythian 
sinks  that  of  but  one,  the  snflix  (s.  Müller).  According  to  Tooke  the 
Conjunctions  are  contracted  imperatives  of  the  most  recurrent  verbs. 


Wechsel  und  Mischungen.  17 

Ursilben  uuter  später  eintretender  Verschmelzung  derselben  in 
eine  einzige  werden  die  eigentlichen  oder  wirklichen  Wurzeln 
der  Sprachen,  deren  Inhalt  schon  ein  in  bestimmter  Weise 
logischer  ist,  entstanden  sein. 

Soll  nach  Grundlauten,  die  den  Wortbildungen  zu  Grunde 
liesren,  gesucht  werden,  so  müssen  die  somatischen  Einwir- 
kungen  der  Aflecte,  zunächst  auf  die  Muskelstellungen  der 
Sprechorgane,  in  Betracht  gezogen  werden,  um  die  in  der 
dadurch  bedingten  Anordnung  der  Stimmwerkzeuge  natürlich- 
sten Töne  festzustellen.  Dieser  Normalton  braucht  dann  aber 
nicht  in  dem  gleichbedeutenden  Worte  aller  Sprachen  wieder 
erkennbar  zu  sein,  da  der  Sinn  desselben  oft  in  abgeleiteten 
Begriffen  wiedergegeben  wird  und  also  durch  Wortcombina- 
tionen,  deren  Tonwurzel  in  ganz;  andern  Naturlauten  liegen 
mag.  Das  ursprüngliche  Tonwort  kann  dagegen  vielleicht 
wieder  unter  neuen  Verhältnissen  aufgefunden  werden,  wo  es 
lun-  auf  Umwegen  verknüpften  Ideenverbindungen  zum  Aus- 
drucke dient. 

Der  im  Misnmth  herabgezogene  Mundwinkel  gibt  ein 
„Ach"  im  Aechzen,  der  bei  der  Verwunderung  geöffnete  Mund 
ein  Ah,  und  dieses  Ah  das  Staunen  (mi-Rare),  die  ge- 
runzelte Stirn  spricht  den  Zorn  aus,  das  schnalzende  Wohl- 
gefallen ein  Ja  (bei  Orientalen  geschnalzt  in  der  Bejahung), 
das  zispernde  Abweisen  die  durch  solchen  Laut  ersetzte  Ver- 
neinung der  Orientalen,  die  im  Ekel  herabgezogene  Unterlippe 
bedingt  das  „Aeh''  des  Ekeligen,  die  Verachtung  unter  Hinauf- 
ziehen der  Nase  ein  „Fi",  der  aufgezogene  Winkel  der  Ober- 
lippe im  Hohn  das  „Hä"  des  Hämischen.  Um  durch  Bezeich- 
nung des  Uebermasses  abweisend  zu  antworten,  bläst  man  dem 
Fragenden  ein  Puh  ins  Gesicht,  und  mit  plu  in  plurimum  ^) 
(und  multum)  wird  die  Vielzahl  bezeichnet,  mit  plu  via  das 
massenweise  im  Regen  fallende  Wasser ,  wie  plu  in  der 
Bechuana-Sprache,  wo  es  zugleich  einen  Reichthum  und  den 
Inbegriff"  alles  Wohlseins  ausdrückt.  Bei  Verachten  liegt  zwar 
noch  in  der  Vorsilbe  der  Fi-Laut,  aber  nicht  im  Worte  selbst. 


1)  La  rac.  pul,  magnum,  altum  esse  vel  lieri,  luil ,  acoumulare,  allieo 
li  pf,  implere,  d'oü  puru,  pulu,  multus  etc.,  se  retrouve  dans  plusieurs  mots 
latins,  tels  que  populus ,  l'arbre  eleve,  pulex  (l'insecte,  qui  so  multiplio 
beaiicoup),  populus  ou  peuple,  etc.  (Pietet). 

Bastian,  Studien.  2 


ly  Erstes  Kapitel. 

da  liier  der  umschriebene  Begriflf  des  Nichtachtens  an  die 
Stelle  getreten  ist,  wie  bei  despicere  das  Herabsehen.  Im 
hämischen  Durchhächeln  oder  Durchhecheln  ist  zugleich  die 
bildliche  Vergleichung  des  Durchharkens  oder  Durchziehens 
von  dem  lautlich  ähnlichsten  Worte  hergenommen.  Baum 
(der  Aufgebäumte)  stellt  bald  eine  Erweiterung  von  hg-oc  (Dru) 
dar  (drievo  im  Sanskrit),  ist  bald  dagegen  (als  Ruksha)  von 
rtih  (wachsen)  abgeleitet,  bald  als  phalin  von  ])hala  (Frucht) 
oder  in  arbor  von  den  Kräutern  (arhlicC)  im  allgemeinen.  Den 
äussern  Erscheinungen  der  Natur  liegt  als  solchen  überhaupt 
kein  Urlaut  zu  Grunde,  sondern  dieser  tritt  nur  in  den  mit 
ihrem  Eindruck  verknüpften  Seelenstimmungen  zu  Tage,  und 
aus  der  Vielfachheit  der  dadurch  möglichen  Bezeichnungen  wird 
dann  ein  einzelner  dauernd  fixirt  im  Namen.  Der  Grundlaut 
für  Himmel  ist  ein  die  ganze  Gaumenwölbung  füllendes  Nga 
(Kanga  in  Oceanien,  Enga  in  Afrika,  Tangri  in  Asien),  während 
in  Hemel  (Himmel)  das  unbestimmte  Verschwimmen  hervor- 
tritt. Ein  St!  macht  stehen  und  liegt  den  meisten  Wortaus- 
drücken dafür  zu  Grunde,  wogegen  ein  vorgestossenes  ih  — 
(hi  im  Pferderuf)  zum  Gehen  wegseudet.  Am  wiederholtesten 
tritt  die  Onomatopaesis  bei  den  Thiernamen  hervor,  im  directen 
Anschluss  an  ihre  charakteristischen  Laute. 

Neben  den  Lautreihen,  wie  sie  in  der  Mehrzahl  unserer 
Alphabete  angedeutet  sind,  zeigen  sich  noch  andere  Geräusch- 
verhältnisse ')    möglich.       Die    Klick    walten     besonders    bei 


')  Le  son  des  langues  quichua  et  othomi  (que  les  graraiuairiens  liis- 
pano-aniericains  appellent  cc  eastafiuelas)  est  la  lettre  K  doublement  articu- 
lee  du  fond  du  gosier  et  dont  le  son  re.ssemble,  autaiit  qu'il  est  possible 
de  le  decrire,  au  bruit  que  fait  un  singe  qui  oasse  des  noix.  Aebnlioh  das 
ou  (wie  in  <nii)  der  Lenapen  (le  w  siffle),  und  gutturalisch  (statt  lai)ialist'b) 
im  Abenaki  (Duponceau).  —  There  is  a  consonant  sound  intermediate  betwoen 
b  and  p  (in  the  Grebo-language).  In  uttering  this  sound,  the  ups  are  tightly 
composed,  as  when  about  to  sound  b  or  p,  and  the  expiration  is  forced 
out  so  as  to  give  the  lips  a  quivering  motion.  - —  There  are  some  sounds  (in 
the  Acawaio-tongue),  which  no  combination  of  the  letters  of  the  English 
aiphabet  can  accurately  express  (Brett).  —  Nach  längerer  Beschäftigung  mit 
den  Thiersprachen  wollte  Dupon  11  Wörter  aus  der  der  Tauben,  11  der 
Hühner,  35  der  Hunde,  14  der  Katzen,  22  der  Rinder  und  die  Rabenspracho 
ganz  verstehen.  He  spoke  to  them  (tlie  Hottentot.s)  in  tlie  cattle's  language, 
which  was  never  changed  at  the  oonfusion  of  Babel,  using  Moath  for  kine 
and  Baa  for  sheep,    wliich  Lingua   the    people   understood  witliout  an  inter- 


Wechsel  und  Mischungen.  19 

Hottentotten  und  Buschmännern  vor,  sind  indess  auch  sonst 
nicht  unbekannt.  In  Nubien  wird  Bejahung  durch  ein  leichtes 
Schnalzen  mit  der  Zungenspitze ,  Verneinung  durch  das 
Schnalzen  der  vollen  Zunge  ausgedriickt. 

Der  Accent  muss  an  seinen  gehörigen  Ort  gelegt  werden, 
dass  kein  anderer  Sinn  herauskommt.  Zu  bemerken  ist,  dass 
die  Grönländer  (besonders  die  Weibsleute)  manche  Worte 
nicht  nur  mit  einem  besondern  Accent,  sondern  auch  mit 
Mienen  und  Augenwinken  begleiten,  und  wer  dieselben  nicht 


preter  (from  the  Voyage  of  Sir  James  Laneastei').  —  Les  sons  bizarres  (de 
la  famille  quicho-maya)  tiennent  a  l'eniploi  de  consonnes  speciales,  que  M. 
Aubin  appelle  detonnantes  et  qui  offrent  quelque  analogie  avec  les  Kliks 
des  langnes  hottentotes.  Leur  frequence  frappe  surtout  dans  Totomi  (s. 
Maury).  Alle  Caninae  bellen,  Wolf,  Hund,  Fuchs  (in  verschiedenen  Modi- 
ficationen),  alle  Felinae  miauen  (indem  auch  das  Brüllen  des  Löwen  nur 
eine  Variation  des  Miauen  der  Katze  ist),  die  Equinae  wiehern,  wilde  und 
zahme  Ochsen  intoniren  in  ähnlicher  Weise.  Mehr  noch  zeigt  sich  die 
Gleichartigkeit  bei  den  Vögeln  (s.  Agassiz).  Von  Aegypten  bis  Sennaar  wird 
bejaht  durch  ein  Zungenschnalzen,  verneint  durch  Zwitschern.  The  letter 
b  has,  and  more  frequently  after  b  and  p,  a  rolling  sound  (in  the  Grebo- 
language).  The  series  of  cerebral  consonants  in  the  Sunda  language  is 
pronounced  by  turning  and  applying  the  tip  of  the  tongue  far  back  against 
the  palate,  which  prodncing  a  hollow  sound,  as  of  proceeding  from  the 
head,  is  distiuguished  by  the  term  Murddhanya  (s.  Wilkins).  The  southern 
Aborigines  (of  India)  have  not  only  sounds  nnknown  to  Aryan  speech  (and 
the  Sanserit  aiphabet),  but  they  also  want  other  sounds,  which  the  Aryan 
alphabets  very  minutely  express  (s.  Ellis).  La  geste  a  procede  la  parole 
(nach  Vertu).  Die  Europäer,  und  mehr  noch  die  Orientalen,  unterbrechen 
oft  graphische  Beschreibungen  durch  gewisse  Zungen-,  Lippen-  oder  Schnalz- 
laute, die  gewöhnlich  conventioneil  verstanden  werden,  meist  um  etwas  be- 
sonders Exquisites  oder  dergl.  auszudrücken.  Statt  sie  in  bestimmte  Worte 
umzusetzen,  lässt  man  hier  das  Gefühl  durch  kurze  Andeutung  in  unbe- 
stimmter Allgemeinheit.  Bei  den  Buschmännern,  wo  solche  Gelegenheiten 
öfter  kommen  und  das  Bewundern  des  Ausgezeichneten  nicht  in  das  Extrem 
geschoben  ist,  sondern  in  der  täglichen  Auffassung  beständig  wiederkehrt, 
ist  die  Sprache  mit  solcher  Art  Schnalzlauten  gefüllt,  wie  denn  der  Verstand 
sich  eben  noch  nicht  die  Mühe  genommen  hat,  entwickelte  Gefühle  in  be- 
stimmte klare  Begriife  umzusetzen.  Die  Silentium  gebietenden  Töne  werden 
im  Innern  des  Mundes  gebildet,  um  dem  Aussprechen  entgegen  zu  wirken. 
Hörbar  vorbrechende  Krankheitssymptome  erhalten  leicht  einen  interjectionell 
gebildeten  Namen.  Den  Australiern  fehlt  das  s,  dem  Somo-Somo-Dialect 
das  k,  dem  Rakiraki  das  t.  In  Columbia  (bei  den  Indianern  in  Port-aux- 
Fran^ais)  konnte  man  im  Schreiben  des  Alphabets  7  Buchstaben  entbehren 
(nach  Lamanon)  und  auf  New-Zealand  (nach  Brown)  13  Buchstaben.  Die 
Australier  vom  Cap  York  zählen  bis  Zwei. 

2* 


20  Erstes  Kapitel. 

gut  wahrnimmt,  der  kann  des  Sinnes  leicht  verfehlen.  Wenn 
sie  z.  B.  etwas  mit  Wohlgefallen  begehren,  schlürfen  sie  die 
Luft  die  Kehle  hinunter,  mit  einem  gewissen  Laut.  Wenn 
sie  etwas  mit  Verachtung  oder  Abscheu  verneinen,  rümpfen 
sie  die  Nase  und  geben  einen  feinen  Laut  ^)  durch  dieselbe 
von  sich.  Und  wenn  sie  nicht  aufgeräumt  sind,  muss  man 
mehr  aus  ihren  Geberden  als  Worten  verstehen.  „Diess  land 
hat  auch  vil  Inseln  gar  einer  frembden  Sprach,  was  sy  reden 
das  thun  sy  mit  grosser  Arbeit,  er  truckt  und  krümmet  sich 
und  redet  mit  allen  glidern,  biss  er  sein  Sprach  heraus  uötet, 
das  ynen  zumal  übel  ansteet,  aber  doch  die  gewonheyt  die 
macht  ein  Wohlstand  bei  yn  darauss"',  sagt  Sebastian  Frank 
von  den  Aethiopiern,  wie  ähnlich  Fresnel  von  den  Ekhili- 
Redenden  (s.  Gosche).  König  führt  durch  kum  oder  chvni 
(Geschlecht)  auf  das  Wort  hati  oder  (Sanskr.)  gan  (nasci), 
und  da  die  Lautverschiebung,  wodurch  <)  oder  (j  regelmässig 
in  k  übergeht,  in  den  germanischen  Sprachen  (nach  Grimm) 
erst  2.  —  3.  Jahrh.  p.  J.  eintrat,  so  könne  der  Titel  kunmo 
(kuenmi)  nicht  dem  des  Königs  entsprechen.  Le  nom  de 
leurs   rois    devrait   oörir  encore  le  g  primitif  de  la  racine  gun 


' )  An  adult  Hawaiian  caiiuot  without  much  difficulty  be  taught  co 
pronouTice  two  consonants  without  a  vowel  between  tliem.  So  impcrfei-t 
is  the  language  of  the  Bosjesmans,  that  even  those  of  the  same  horde  often 
find  difficulty  in  understanding  each  other  without  the  use  of  gesture,  and 
at  night  when  a  party  of  Bosjesmans  are  smoking,  dancing  and  talking, 
they  are  obliged  to  keep  up  a  fire  so  as  to  be  able  by  its  light  to  see  the 
explanatory  gestures  of  their  companions.  Like  many  other  savage  nations, 
thoy  possess  a  gesture-language  which  is  universally  understood,  eveu  where 
words  are  quite  unintelligible  (Wood).  The  inhabitants  of  the  Highlands 
about  Naseby  speak  a  kind  of  provincial  dialert  and  in  general  voeiferate 
verv  loudly  supposed  to  be  owing  to  their  being  brought  up  in  so  elevated 
a  Situation  where  the  winds,  storms  and  tempests,  particularly  in  the  winter 
season,  prevail  so  far  as  to  confound  their  language  (s.  Mastin).  As  a 
natural  resnlt  of  wearing  the  pelele  (in  the  Manganja  tribe) ,  the  language 
has  undergone  a  modification  as  well  as  the  lips.  The  labial  letters  oannot 
be  pronounced  properly ,  the  under  lip  having  the  whole  duty  thrown  upon 
them  (s.  Wood).  LTndien  des  plaines  differe  de  ITndien  des  forets  par  le 
langage  eomnie  par  les  moeurs  et  ses  dispositions  intellectuelles,  Tun  et 
l'autre  ont  un  idioiue  qui  abonde  en  termes  vifs  et  hardis,  mais  ehez  le  pre- 
mier  le  langage  est  plus  apre,  plus  «oncis,  jjIus  passionne,  chez  le  second, 
il  est  plus  dou.K,  plus  diffus,  plus  renipli  d'expressions  detournees  (Alex.  v. 
Humboldt). 


Wechsel  und  Mischungen.  21 

et  non  pas  le  k  qui  Va  remplace  beaucoup  plus  tard  (s.  Pictet). 
Die  Folge  der  Lautverschiebung  mag  indess  schon  unzählige 
male  früher  denselben  oder  einen  ähnlichen  Cyklus  durchlaufen 
haben,  und  wenn  wir  den  jüngsten  allein  überblicken  können, 
so  gibt  uns  das  kein  Recht,  diesen  als  den  einzigen  anzu- 
nehmen, da  wir  sonst  bis  auf  einen  absoluten  Anfang  zurück- 
construiren  müssten.  Und  schon  in  der  kurzen  Periode  ^) 
stattgehabter  Lautverschiebung  laufen  die  verschiedenen 
Reihen  nebeneinander  her,  wie  auch  jetzt  in  unsern  Dialekten 
noch  alle  Variationen  erhalten  sind.  Dass  es  früher  sich 
in  gleicher  Weise  verhalten  haben  wird,  zeigt  (abgesehen  von 
solchen  Regellosigkeiten,  wie  gaggau,  gam  im  Sanskr.  gangati 
u.   s.   w.)   Grimm's    Bemerkung,    dass    sich    Eigennamen    der 


')  Rawlinson  nimmt  in  der  scythiseli-turanischen  Keilschrift  der  Akkad 
gleichsam  eine  indifferente  Sprach  vorläge  an,  aus  der  sich  die  verschiedenen 
Familien  erst  entwickelt,  und  wenn  das  älteste  in  Schrift  erhaltene  Denk- 
mal auf  solche  Unbestimmtheit  hinweist,  so  ist  sie  jedenfalls  nur  subjectiv 
anzunehmen,  für  jene  entfernten  Zeiten,  über  die  es  an  jeden  genauem 
Daten  mangelt,  denn  wenn  die  europäischen  Sprachen,  obwol  schon  schrift- 
lich fixirt,  auch  in  den  letzten  Jahrhunderten  bis  zur  Unverständlichkeit  für 
die  nicht  mit  dem  Studium  beschäftigten  fortgegangen  sind,  wenn  in  Süd-Afrika 
sogar  mit  jeder  Generation  völlige  Sprachwechsel  vorkommen  mögen,  so 
wäre  es  widersinnig,  die  Möglichkeit  solcher  für  Perioden  zu  leugnen,  wo 
CS  sich  um  Jahrtausende  handelt.  Da  Verallgemeinerungen  zu  einem  unter- 
scheidungslosen Verschwimmen  führen,  muss  es  allerdings  stets  das  Bestreben 
der  Wissenschaft  sein,  möglichst  bald  charakteristische  Differenzen  aufzufinden 
und  in  ihrer  Specialität  zu  fixiren,  doch  würde  es  andererseits  nur  zu 
künstlichen  Hindernissen  führen  und  den  ungehinderten  Fortschritt  hemmen, 
wenn  man  die  in  späterer  Zeit  als  sicher  und  fest  erkannten  Trennungen 
nun  auch,  ohne  durch  genügende  Data  und  Beweise  gestützt,  für  Epochen 
gelten  lassen  wollte,  wo  sie  erst  in  ihren  Vorstadien  existiren,  und 
nicht  durch  Zeugung,  sondern  eben  durch  die  in  diesen  herrschenden 
Wachsthumsgesetze  richtige  Aufklärung  erhalten  werden.  Ohne  alles  durch- 
gegangen und  gleichsam  durchgeirrt  zu  sein ,  kann  man  keinen  für  die 
Wahrheit  fertigen  Sinn  erhalten,  sagt  Zeno  (bei  Plato).  Nach  Sokrates 
wäre  mit  den  Namenserklärungen  nicht  eher  aufzuhören,  „bis  man  diese 
Weisheit  ganz  durchversucht  hätte,  was  sie  machen,  ob  sie  wol  versagen 
würde  oder  nicht"  (s.  Steinthal).  Nach  Sokrates  ist  nur  der  ein  Namens- 
verfertiger (Sr.ijL'.OKpYO?  ovojJLatwv),  der,  auf  den  von  Natur  jedem  Dinge  zu- 
kommenden Namen  blickend,  das  Urbild  desselben  in  die  Buchstaben  und 
Silben  zu  legen  verstehe.  Aristoteles  entdeckte  die  Subordination  der  Be- 
griffe nach  dem  Verhältniss  ihrer  Allgemeinheit  und  Besonderheit,  den  Be- 
griff des  Allgemeinen  (xa^o'Xoi»)  und  Besondern  (xaTa  \xipri)  schaffend  (s. 
Steinthal). 


22  Erstes  Kapitel. 

L/änder  oder  Völker  leicht  den  Aenderungen  entzögen  und 
Ulphilas  Galatia  (nicht  Kalatia),  Galeileia  u.  s.  w.  schreibe, 
d.  h.  nachdem  man  eine  bestimmte  Menge  der  Facta  in  Unter- 
suchung gezogen  hatte,  stellte  man  eine  für  sie  gültige  Regel 
auf.  Später  traten  neue  Facta  hinzu,  deren  gleichzeitige  Be- 
rücksichtigung die  Regel  modificirt  haben  würde,  und  man 
fand  es  deshalb  bequemer,  ihnen  einen  besondern  Platz  als 
Ausnahmen  anzuweisen,  und  eine  Erklärung  dafür  zu  erfinden, 
die  natürlich  passen  musste,  weil  sie  nach  dem  Gegebenen 
zugeschnitten  war. 

Kinder  pflegen  sich  mit  auffällig  ins  Ohr  tönenden  Alli- 
terationsreihen zu  ergötzen,  und  ähnlich  klingenden  Worten 
oder  Wortverbindungen,  wie  sie  auch  in  hebräischen  Sätzen 
angetroffen  werden,  z.  B.  dem  Segen  Jakob's.  In  den  Bantu- 
Sprachen  Süd- Afrikas  ist  diese  Alliteration  ^)  am  entschieden- 
sten zum  Durchbruch  gekommen,  in  alle  grammatischen  Ver- 
hältnisse eingreifend;  aber  auch  sonst  findet  sich  vielfach  eine 
reimende  Beziehung  zwischen  den  Namen  der  Fürsten  und 
ihrer  Länder  in  Afrika  oder  anderswo  (auch  bei  Assacani  oder 
Astacani).  Die  Bassuto  (Mossuto  im  Sing.)  bewohnen  das 
Land  Sessuto  mit  der  Sassuto-Sprache  (Bechuana,  Mochuana, 
Sichuana).  Ein  und  derselbe  Name,  nur  mit  sprachgeiechter 
Steigerung  oder  Senkung  des  Stammvocals,  benannte,  die 
Einheit  und  Verschiedenheit  zugleich  in  sich  tragend,  mehrere 
Glieder  des  Hauses  (als  die  Germanen  den  Ablaut  noch  in 
Keimfähigkeit  hatten).  Man  benutzte  sodann  den  Stabreim 
(Alliteration)  und  liess  die  Namen  nach  verwandten'^)  mit 
demselben  Laute  beginnen  (neben  der  Fortführung    desselben 


^)  Der  Name  des  Rosses  (in  minusinskischer  Sago)  ist  gcwöhiilicli  mit 
dem  Namen  des  Helden  in  Allitcration.  Ak  Chan's  Ross  iieisst  Ag  at,  das 
weisse  Ross,  Aidolei's  Ross  Ag  oi  at,  das  weisslich-blane  Ross,  Kok  Molot's 
Ross  Kög  at,  das  blaue  Ross   u.  s.  w.  (s.   Schiefner). 

^)  The  law  of  harmonic  sequence  of  vowels  is  most  elaborately  deve- 
loped  and  most  strictly  obeyed  in  the  Turkish  dialects.  —  Les  lettres  sont 
soumises  (dans  Ic  dahcota)  a  des  changements  rcguliors  suivant  celles  avec 
lesquelles  elles  sc  rencontrent  (Manry).  Les  difterences  dans  les  desincnces 
on  dans  les  declinaisons  (sclon  Schoolcraft)  sont,  cn  general,  cuphoniiiues 
(dans  li's  langucs  algoncjnines)  et  dependent  de  la  voyelle  ou  de  la  consonne 
qui  precede  l'inflexion  du  niot  et  par  conscquent  la  gotivcrnc  (Dupoiiccau). 
Les  gonres  et  les  nonibres  se  designcnt  par  des  inflexions  du  mot  prinoipal, 
et  soiivont  du  mot  et  du  verbc  poiir  la  concordancc. 


Wechsel  und  Mischungen.  23 

Wortes  im  ersten  Theil  der  Zusammensetzung).  Man  verband 
ferner,  gewisserniassen  endreimend,  die  Geschlechtsglieder  durch 
die  Wiederholung  desselben  Endwortes  oder  der  gleichen 
Bildung  von  verschiedenen  Stämmen,  und  zuweilen  waren 
diese  Bildungen  durch  den  Stabreim  fester  verkettet  (s. 
Weinhold). 

In  den  Familien  des  Ural-Altaiischen  (finnisch-tatarische 
Sprachen)  ist  die  Qualität  des  Wurzelvocals  durchaus  be- 
stimmend f  ur  die  Vocalfbrm  der  sänuiitlichen  auf  ihn  folgenden 
Suffixe  (s.  Westphal).  In  der  Shoagallasprache  erscheint  oft 
das  Streben ,  einen  gewissen  Gleichklang  ^)  der  Worte  mit 
denjenigen  hervorzurufen,  welche  vermöge  der  Kraft  ihrer 
Bedeutung  im  Satze  am  schwersten  wiegen  (S.  Schmidt).  Der 
Indianer    (bemerkt  v.   Martins)   wechselt  Silben,    Vocale    und 

')  The  names  of  Crophi  and  Mophi  (den  Bergen,  auf  die  Herodot 
von  dem  saitischen  Schreiber  zu  Elephantine  die  Quelle  des  Nils  verlegt 
hörte)  are  like  the  uumeaning  words  used  in  joke  or  in  thc  nursery  by  the 
Orientais,  the  second  repeating  the  sound  of  the  first  and  always  beginning 
witli  m,  as  „fersh-mersh",  „salta-malta",  etc.  (Wilkinson).  So:  Gog  and  Magog 
in  nursery  niythology  (Mure).  The  formation  of  unmeaning  or  absurd  words 
hy  means  of  a  rhyniing  repetition  together  with  a  change  of  the  initial  letter, 
is  common.  The  second  word  (in  English)  begins  ordinarily  (not  with  m, 
but)  with  the  labial  nearest  to  m,  viz.  b,  or  with  its  cognate  tenuis  p. 
Examples  of  this  usage  are:  Hurly-burly,  hocus-pocus,  higgledy-piggledy, 
hubbub,  niminy-piniiny,  namby-pamby,  etc.  (s.  G.  Rawlinson).  —  Si  chez  les 
iMoxos  on  trouve  une  anomalie  semblable  a  celle  .qui  existe  chez  les  Chi- 
quiteens  (la  bizarrerie  de  commencer  les  noms  des  parties  du  corps  par  une 
lettre  determinee),  chez  les  Chapacunes  la  finale  (et  non  l'initial)  garde  l'uni- 
formite.  Dans  la  langue  canichana  non-seulement  les  noms  des  parties  du 
Corps  y  commencent  par  une  lettre  determinee,  mais  eneore  tout  ce  qui  tient 
a  l'homme  snit  la  meme  regle,  ainsi  que  tout  ce  qui  appartient  a  la  nature, 
comme  les  astres,  les  animaux  et  les  plantes,  mais  ici  la  lettre  est  differente 
de  celle  des  parties  du  corps  (d'Orbigny).  —  The  most  marked  peculiarity  of 
the  Zingian  family  (in  South- Africa)  is  the  extreme  use  of  pronominal  prefixes 
lo  the  nouns  (distinguishing  the  number  and  generic  class  of  the  nouns,  to 
which  they  are  attached).  These  same  prefixes  (or  characteristic  parts  of 
theni)  enter  (farther)  into  the  formation  of  the  adjectives,  the  possessive  and 
relative  pronouns  employed  as  subject  or  object  of  the  verbs,  agreeing  with 
or  referring  to  the  nouns  to  which  they  respectively  belong  (producing  a 
kind  of  alliterative  congruence).  ,,The  love  of  Euphony  among  the  Bechuana 
tribes  causes  them  to  be  very  indifl"ercnt  about  substituting  one  letter  for 
another,  provided  that  by  so  doing  a  greater  softness  of  pronunciation  can  be 
obtained."  The  accent  seems  to  serve  merely  a  musical  or  euphonic  purpose 
in  the  coutext  and  not  the  logical  one  of  distinguishing  one  word  from  the 
other  (Külle)  in  Vai. 


42  Erstes  Kapitel. 

Consonanten   bald   nach  dem  Genius  seiner  Sprechweise,  bald 
nach  Launen  und  Bequemlichkeit. 

Wenn  (am  Amazonas)  Indianer,  Männer  und  Weiber, 
sich  miteinander  unterhalten,  so  scheinen  sie  an  der  Erfindung 
neuer  Ausdrucksweisen  oder  an  AVortverdrehungen  Gefallen 
zu  finden,  bemerkt  Bates.  Sieht  der  Australier  einen  neuen 
Gegenstand,  so  benennt  er  ihn  nach  der  Aehnlichkeit  eines 
bekannten  (Eyre).  Renault  konnte  die  Botocuden  mit  Leich- 
tigkeit bestimmen,  neue')  Worte  fi'ir  irgendeinen  Gegenstand 


')  When  the  lirst  schooner  ever  built,  ou  the  eoast  of  Massachusetts, 
slid  from  her  Stocks  and  floated  gracefuUy  upon  the  water,  the  chance  ex- 
clamation  of  au  admiring  bystander:  „Oh,  hovv  she  scoons"  drew  from  her 
contriver  and  biiilder  the  answer:  „A  scooner  let  her  be  then"  and  made  a 
new  English  word.  The  conimunity  ratified  his  act  (Whitney).  —  Coinme  les 
Indiens  (de  l'Amerique)  inventent  des  inots  a  volonte,  il  n'est  pas  etonnant, 
qne  teile  tribu  ait  tels  niots  dont  d'autres  ne  fönt  pas  usage  (s.  Duponceau). 
Les  langues  des  six  Nations  (Mohawk,  Onondago,  Seneca,  Oneida,  Caguga, 
Tuscarora)  sont  tellement  organisees,  qu'ils  peuvent  composer  des  mots 
nouveaux  ad  infinitum  (d'apres  Culdcn).  —  Die  Verschiedenheit  der  Völker 
gilt  dem  Epiknr  als  etwas  Ursprüngliches,  Angeborenes.  Sie  wird  aber 
durch  die  Verschiedenheit  der  Wohnsitze  noch  verstärkt.  So  ist  sie  der 
erste  Grund  der  Verschiedenheit  der  Sprachen  (6vo;j.aTa),  welche  aus  der 
Natur  der  Völker  mit  natürlicher  Nothwendigkeit  hervorbricht  (s.  Steinthal). 
Innerhalb  jedes  Volkes  trat  noch  die  Convention  hinzu,  die  sich  im  Ge. 
brauch  der  Sprache  selbst  vollzog.  Die  Wortschöpfung  durch  einzelne  her- 
vorragende Männer  wird  gleichfalls  nicht  ausgeschlossen.  Das  Sichtbare, 
Sinnliche  ist  jedem  aus  dem  Volke  zugänglich.  Bevorzugte  Geister  aber 
Schäften  unsinnliche  Vorstellungen  und  bringen  diese  in  das  allgemeine  Be- 
wusstsein,  indem  sie  dieselben  mit  einem  Wort  bezeichnen.  Den  Laut  dafür 
aber  haben  sie  theils  durch  einen  natürlichen  Zwang  liervorgebracht,  theils 
infolge  einer  Ueberlegung  gebildet.  —  Le  liasard,  le  caprice,  l'ignorance  et 
iine  foule  de  circonstanccs  tant  locales  que  personnelles,  ont  concouru  ä  la 
formatlon  originelle  des  langues  (s.  Diipon(;cau).  —  Nach  Locke  Hessen  sich 
die  Menschen  bei  der  Bildung  der  Namen  mehr  von  ihrem  Witze  als  von 
ihrer  Urtheilskraft  leiten.  Als  vier  hauptsächlichste  Principien  der  Namen- 
gebung  linden  sieh  (nach  Augustin)  siuiilitudo,  vicinitas,  abusio  und  contra- 
dictiü.  Die  Sprache  ist  (nach  Humboldt)  nicht  geschaffen,  sondern  bricht 
selbstständig  aus  innerster  Natur  des  Menschen  hervor.  — .L'idee  de  Separation 
violente  est  representee  par  des  g  (chez  les  Bechuanas),  les  f  sont  affectes 
aux  mouvements  des  corps  aeriens ,  les  s  et  les  ts  rappellent  le  bruit  des 
jambes  et  des  bras  dans  la  marche  ou  dans  la  natation,  les  b  et  les  p  ont 
ete  charges  de  reproduire  le  travail  des  levres  dans  la  parole,  les  t,  les  th 
et  les  k  expriment  la  durete,  la  force ,  la  vioienee,  les  1  et  les  r  abondent 
dans  les  mots,  qui  expriment  des  idees  de  lluidite.  —  The  languagc  of  the 
Kama  people  dnes  not  ditl'er  essentially  from    either  of  these  (the  Mpongwe 


Wechsel  und  Mischungen.  25 

ZU  eifindeu.  Einer  von  ihnen,  gleichsam  von  einem  plötzlichen 
Einfall  ergriffen,  habe  das  Wort  mit  lauter  Stimme  ausgerufen 
und  der  andere  es,  unter  Gelächter  und  Geschrei,  öfter  wieder- 
holt, worauf  es  unter  allen  Geltung  genommen  hat.  Fast 
immer  lassen  sich  die  Weiber  die  Erfindung  neuer  Wörter 
angelegen  sein,  sogar  auch  die  ihrer  Lieder,  Klagegesänge  und 
rednerischen  Versuche.  The  Fuegians  were  mimicking,  whatever 
was  done  (Snow),  wie  Lallemant  bei  den  Tupi  bemei'kt. 

Den  Sprachen  der  Tasmanier  fehlen  die  Begriffe  rund, 
hart  u.  s.  w.,  die  durch  Umschreibungen  zu  bilden  sind  (s. 
Milligau),  den  Sprachen  der  Bhado  und  Dhimal  abstracto 
Begriffe,  ebenso  wie  vielen  der  eingeborenen  Dialecte  Indiens, 
die  sie  aus  dem  Sanskrit  oder,  secundär,  aus  dem  Tamulischen 
entlehnen,  und  den  Materialismus  der  amerikanischen  Sprachen 
hob  schon  de  Pauw  hervor.  Cicero  hatte  die  philosophischen 
Ausdriicke  aus  dem  Griechischen  zu  entlehnen,  und  erst  seit 
Sergius  Flavius  adoptirte  das  Lateinische  die  barbarischen 
Bildungen  Eus,  Essentia  u.  dergl.  m.  Die  Abstraction  Cetilizli, 
Ometilitzli,  Yeitilitzli  (Einheit,  Zweiheit,  Dreiheit)  im  Mexi- 
canischen  (nach  Clavigero)  scheinen  aus  ce,  ome  und  yei  (eins, 
zwei,  drei)  durch  die  Missionare  gebildet  (s.  Duponceau).  Die 
Grönländer  nennen  einen  Stein  die  grosse  Härte,  das  Wasser 
das  Weiche,  die  Mutter  einen  Sack  (Cranz).  Die  abstracten 
Ideen  des  Menschen  verhalten  sich  der  einfachen  Zahl  der 
thierischen  gegenüber  wie  Potenzen,  deren  Exponent  je  nach 
dem  Vervollkommnungsgrade  des  Individuums  und  der  Rasse 
mehr  oder  minder  erhaben  ist  (Gratiolet). 

Anklingende  Aehnlichkeiten  verändern  leicht  die  ursprüng- 


and  Cape  Lopez  people),  except,  that  many  of  their  words  are  ended  with 
a  niost  singularly  prolonged  drawl,  a  hablt  ascribed  to  the  influence  of  a 
Single  man,  who  lived  among  them  many  years  ago,  and  had  an  impediment 
of  Speech,  into  which  the  people  were  inadvertently  drawn,  and  from  whicli 
they  have  never  been  able  to  extricate  themselves  (s.  Wilson).  —  Die  ameri- 
kanischen Indianer  bilden  ihre  Worte  non-seulement  par  des  prefixes  et  des 
Suffixes,  mais  par  l'intercalation  non-seulement  de  syllables,  mais  de  simples 
sons  significatifs  au  moyen  desquels  ils  peuvent  former  des  mots  a  l'infini 
(s.  Duponceau).  Aussi  les  missionnaires  n'ont-ils  pas  fait  faute  d'en  in- 
venter  avec  plus  au  uioius  d'habilite  pour  servir  k  leurs  explications  theo- 
logiques.  —  Die  Slawen  folgen  den  wissenschaftlichen  Entdeckungen  mit  W^ort- 
bildungen. 


26  Erstes  Kapitel. 

liehe  Wortbiklung  durch  Uinstelhmg  der  künstlichen  Aus- 
deutung (auch  durch  gänzlichen  Verlust  der  Wurzel),  sodass 
kein  etymologischer  Scharfsinn  mehr  helfen  kann.  Aus  Dewata 
wird  bei  den  Papuas  Wata,  aus  Avunculus  (von  avus)  im 
Französischen  oncle  (unculus),  avonculus  bei  Plautus.  Das 
Volk  macht  ein  rattenkal  aus  radical,  harübel  aus  horrible, 
Sternlichter  aus  Stearinlichter,  vermost  aus  famos  (s.  Schleicher). 
Aus  Xantippe  wird  Zanktüife  gemacht,  aus  egal:  eengal,  aus 
ecureuil:  Eichhörnchen.  Moltwurf  oder  Erde  (molt  oder  mult) 
werfend,  Maulwurf.  Sin  (immerwährend,  gross)  in  Siindflut 
(Sinflut),  Sinngrün.  Armbrust  kommt  von  iVrcubalista,  Aben- 
teuer aus  adventura.  Aus  Koniljano  macht  man  Königslohn  in 
Tirol.  Perenb  (die  Nährung)  ist  einBaeren-Sieb  für  die  deutschen 
Colonisten  bei  Odessa.  Die  im  Laufe  der  Zeit  vor  sich  ge- 
gangene Verstümmelung  lässt  bei  den  preussischen  Namen  nicht 
mehr  in  allen  Fällen  ihre  ursprüngliche  Gestalt  errathen,  wenn 
auch  unter  deutschen  Namen  Bischofishausen  sich  zu  Fisch- 
hausen, Gottesanblick  zu  Katzenblick  verstümmeln  konnte  (s. 
Nesselmann).  Opniwuz  (sich  umarmen)  ist  der  Omnibus  (ohne 
Fuss).  JSIoutonner  (mouton  der  Hammel)  ist  französischer 
Ausdruck  für  unruhiges  Wasser  (sich  hammein). 

Meerkatze  ist  Sanskrit,  niarkata  (Afie),  Hangematte  (holl. 
hangmak,  span.  hamaca,  franz.  haniac)  ist  einer  Sprache  der 
Urbewohner  Südamerikas  entlehnt  (s.  Geiger).  Pferd  ist  (nach 
Wackernagel) aus  dem  griechischen  Tcapaund  lateinischen  veredus 
(paraveredus  oder  Postpferd)  gemengt  (parafredus  oder  pala- 
fredus).  Beinhase  oder  Bönhase,  der  Pfuscher,  ist  ßavauaoc 
(gemeiner  Handwerker).  Trüft'cl  und  Kartoft'el  konnnen  (nach 
.Pott)  ans  terrae  tuber.  Unschlitt  ist  (ital.)  luigento  (für 
unguento).     Die   Italiener  *)   machten   aus  dem  Capitolium  ein 


')  Der  Italiener  verwandelt  terrae  motns  in  treniuoto  mit  Anklang  an 
tremare  (nach  Fuchs).  Die  Neusriechen  nennen  Athen  'Avirva'.  mit  Anklang 
an  av-o;  und  Delphi  'Adt\(poi  (s.  Steinthal).  Beim  Schwinden  der  alten 
Sitte  wurde  die  yvti^'.y.  (die  Todesieier  am  Geburtstage  der  Verstorbenen) 
für  YiVs'lTA'.a  (Geburtstagfeier)  genommen.  Der  amerikanische  Farmer  ist  der 
altdeutsche  freie  Grundholde  (ein  Grundbesitzer),  während  in  England  farmer 
einen  Pachter  oder  Lehnsmann  bezeichnet.  —  Cc  qui  aide  surtout  a  connaitre 
l'origine  d'un  mot,  c'est  de  connaitre  son  histoire  (Ampere).  —  Dafern  das 
Wort  Frcussen  von  dem  alt  Preuschen  Wort  Pruta  oder  Pruota ,  der  Ver- 
stand, die  Wissenschaft,  herkommt,  wie  Einige  vorgeben,  so  kommt  es  auch 


Wechsel  und  Mischungen.  27 

Ctimpidoglio,  ein  Oelfeld,  die  Franzosen  aus  dem  Mons  Martis 
einen  Märtyrerberg,  Montmartre,  die  Deutschen  aus  dem  Cap 
Finisterrae  einen  finstern  Stern,  bemerkt  Bacmeister,  auf  die 
„Verstümmelungen,  Quetschungen,  V^errenkungen  und  andern 
sprachlichen  Unglücksfälle"  hinweisend,  die  Steub  im  Namen 
Tirols  und  der  Nachbargebiete  aufzählt.  Der  Deutsche  benennt 
zwei  wegen  ihrer  Aehnlichkeit  leicht  verwechselbare  Metalle, 
Blei  und  Zinn  (ohne  weitere  Bedeutung).  Der  Slawe  (Russe) 
machte  aus  Zinet  (durch  Zufügung)  Zeinet  (Blei),  während 
der  Deutsche  das  slawische  Wort  Zin  (blau)  für  Zinn  ver- 
wandte, als  ein  dem  Blei  (blauen)  ähnliches  Metall.  Das 
slawische  Wort  bielö  (weiss)  wandte  der  Deutsche  auf  die 
blaue  (belau)  Farbe  an.  So  geschah  es,  dass  er  ein  weissliches 
Metall  Zinn  und  bläulicheres  Blei  (das  Weisse)  benannte  (s. 
Schischkow).  Nach  Westphal  hat  der  romanische  Reim  nicht 
die  logische  und  die  eigentlich  dichterische  Bedeutung  des 
deutschen,  denn  es  ist  fast  das  Gewöhnliche,  dass  er  nicht 
allein  die  für  den  Besfrilf  charakteristische  Wurzelsilbe  hervor- 


von  dem  Litthauischen  Worte  Prutas,  der  Verstand,  her,  welches  hergeleitet 
wird  von  dem  Verbo  prantu,  ich  verstehe,  so  in  Futuro  hat  prassu,  oder 
wie  es  die  um  Wilda  wohnenden  aussprechen  Prussu,  ich  werde  ver- 
stehen, von  welchem  das  Wort  Prussai,  Preussen  fliesset.  Denn  die  Preussen 
haben  sich  also  genennet,  weil  sie  ihnen  eingebildet,  sie  wären  klüger  und 
verständiger,  als  die  ihnen  angrenzenden  Völker.  Darum  haben  sie  mit  den 
Masuren,  welche  sie  Brutos,  unverständige  Thiere,  genennet  haben,  den 
Schimpf  zu  rächen,  Krieg  geführt,  auch  durch  erhaltenen  Sieg  erzwungen, 
sie  nicht  mehr  Brutos,  sondern  Preussen,  gleichsam  Praescientes,  vorher 
wissende  oder  merkende,  zu  heissen,  wie  Henneberger  schreibet.  Und  zwar 
noch  heutiges  Tages  heissen  die  rühr  an  Tilsit  und  Ragnit  liegenden  Dör- 
fer und  darum  wohnende  Bauern  Prussai,  Preussen  oder  Wissende  (Lepner) 
1744.  Par  un  simple  deplacement  deä  points  diacritiques,  le  nom  de  Cabokh 
•^AJ',  a  ete  transforme  en  Feth  ^Xi  qui  signifie  victoire  en  arabe,  de  sorte 

qn'on  trouve  dans  la  plupart  des  manuscripts,  Djebel-nl-Feth  (les  Monts  de 
la  Victoire)  au  Heu  de  Djebel-ul-Cabokh  (s.  d'OhssonJ.  Ebenso  Nittous 
statt  Pontons.  —  AVhen  commentators  arose  to  explain  the  Unadisutras,  they 
füund  the  greater  part  of  the  words  contained  in  them  still  employed  in  the 
literature  of  their  age  or  recorded  in  older  dictionaries.  But  an  unknown 
residuum  remained,  and  to  these,  whenever  tradition  failed  them,  they 
were  bold  enough  to  assign  quite  arbitrary  significations  (Aufrecht).  —  Etymo- 
logisiren  heisst  für  die  Synonymiker  zusehen:  ob  und  wie  weit  der  Unter- 
schied der  Synonyma  aus  ihrer  ursprünglichen  Bedeutung  zu  erklären  sei 
(s.  Schmitz). 


28  Erstes  Kapitel. 

hebt,  sondern  auf  eine  für  diesen  ganz  gleiciigültige  Endsilbe 
fällt,  indem  er  lediglich  ein  ornanientisches,  aber  nicht  (wie  in 
der  germanischen  Poesie)  mit  dem  wahren  Wesen  der  Poesie 
in  näherm  Zusammenhange  stehendes  Element  ist.  Auf  der 
in  Tours  gehaltenen  Synode  wurde  (813  p,  J.)  beschlossen, 
ut  easdem  homilias  quisque  aperte  transferre  studeat  in  rusti- 
cam  romanam  linguam  aut  theotiscam,  quo  facilius  cuncti 
possint  intelligere  qufe  dicuntur  (thiudisks,  als  gentilis,  popu- 
laris  goth.  ist  von  goth.  thiuda,  gens,  luid  ahd.  diot  hergeleitet 
in  diutisca).  Nachdem  das  fränkische  Reich  in  ein  östliches 
und  westliches  getheilt  w^ir,  so  beschränkte  sich  im  östlichen 
Reich,  wo  die  überwiegende  Mehrheit  der  Bevölkerung  ger- 
manische Idiome  ^)  sprach,  der  Begriff  der  lingua  theotisca  oder 
diutisca  (als  Vulgärsprache)  auf  diese  im  Osten  gesprochenen 
Idiome  des  Germanischen,  und  so  wurde  die  dortige  Bevöl- 
kerung diutisca  liuti  (tiusche  liute  oder  deutsche  Leute),  das 
Reichsgebiet  tiusche  Land  (deutsche  Länder)  genannt  (Deutsch- 
land seit  15.  Jahrb.).  Im  16.  Jahrhundert  wurde  das  hoch- 
deutsche Idiom  Schriftsprache  vom  grössten  Theil  Nieder- 
deutschlands (s.  Künssberg).     Plab  (blau)  1440  p.  d. 


')  Kalt,  cold  (im  Englischen),  calidus  (warm),  cault  (altfranz.),  caiilo 
(ital.)  chauffer,  ehaumer,  warm,  sodass  das  nicht  geheizte  (hot)  kalt  ist,  formns 
oder  foriiidns  (heiss),  fornus  (Ofen),  -£p,ar,  gharmas  (Sanskrit).  Puy  (provent;. 
puig,  ital.  poggio)  designe  une  elevation  aussi  bien  que  puits  une  e.xcavation 
en  latin:  podiiim  et  puteus).  Down  (en  bas)  engl,  und  dun  (hauteur) 
celt.  Eveque,  Bischof  (episcopus).  Rossignol  von  lucus  (lucinia,  luciniola), 
ussignolo  (ital.),  russignol  (franz.),  rossignol.  Bougette  (nne  petitc  bourse) 
im  Englischen  als  budget  (jährliehe  Ausgabe  der  Nation).  Virtuose  (in  der 
Musik)  von  virtus  (Mannheit),  Tugend  (taugend).  Ross  (der  poetische  Name 
für  Pferd)  ist  (franz.)  eine  Schindmähre  (une  rosse),  here  (herr)  ein  armer 
Teufel.  Einöde,  als  Anfang  der  Besiedelung,  wird  dann  zum  Ausdruck  der 
Wüste.  Lande  (land  oder  terre)  bezeichnet  une  terre  infertile.  Buch  (book) 
im  Französischen  ein  altes  Buch  (bouquin),  yeux  von  oculi,  oie  von  auca, 
ou'ie  von  audire  (s.  Ampere).  Kit  (kommt)  bei  siebenbürger  Sachsen. 
Der  brave  Mann  ist  brave  homrae,  homme  brave  =  homme  vaillant,  etre 
brave  (von  der  Frau)  =  etre  paree  (17.  Jahrb.).  —  Le  courage  et  la 
toilette  s'etaient  appropries  en  France  l'expression  qui,  en  Aliemagne,  de- 
signait  seulement  ce  qui  etait  bon;  brave  =  assassin  (im  Italienischen). 
Vasiet  (vassal  oder  vaillant)  oder  varlet  bezeichnete  (15.  Jahrh.)  un  jeune 
guerrier  (valet  oder  Diener).  Bulgare,  Grigou  (gregeois,  grec),  Juif,  Arabe 
(als  Schmähworte).  Anglais  =  creancier  (15. — 16.  Jahrb.).  hat  r  öpen 
Oper  öpes  daan  ?  (hat  dir  etwa  jemand  was  gethan?)  bratze  (Hand),  haxe 
(Fnss),  füri   (hervor). 


Wechsel  und  Mischungen.  29 

In  den  Glossen  zu  Abbon's  Gedicht  (über  die  normanni- 
sche Belagerung  von  Paris)  werden  einige  Worte  ^)  des  Textes 
durch  gebräuchliche  gleichen  Werths  erklärt: 

modus  durch  mensura  (mesure) 

atris  „       nigris  (noirs) 

populantur  durch  devastant  (ils  devastent) 

teres  „       rotundus  (rond) 

formido  „       pavor  (peur). 


spatha     „ 

spee 

juvenis    „ 

juefne 

cadere     „ 

cadre 

sedere     „ 

seder 

')  Von  frendere  (b.  Fest.)  oder  frangere  konimt  freindre  in  enfreindre 
von  grandir  (b.  Varro)  grandire,  von  haerem  (b.  Nonnius)  oder  haeredom 
heir  (hoir),  von  nenn  (b.  Lucret.)  oder  non,  neni.  Ludovicus  wird  zu  Lois, 
Audaenus  zu  Ouen,  Autharicus  zu  Ois,  Robert  zu  Bob,  William  zu  Billy 
(im  Englischen), 
anima  (lat.)  aneme    (altfr.)  äme 

,  epee 

,  jeunc 

,  choir 

,  s'asseoir 

se  collocare  (lat.)     culcher      „  coucher 

tremere  (lat.)  criembre  oder  cremer  (altfr.)  craindre 

flebilis       „  flehe  (altfr.)  faible 

de  parte  regis  (lat.)   de  part  le  roi  (altfr.)  de   par    le    roi    (statt   de  la 

part  du  roi) 
octo  (mit  Aspiration)  huit,  oleum  (mit  Aspiration)  huile,  penser  =  pensare 
(peser).  Die  Herba  centaurea  (KevraupE'.o-/)  gibt  das  Tausendgüldenkraut  (cen- 
tum  aurea);  bonheur  (k  la  bonne  heure)  von  heur  oder  eur  (augur),  als  aur 
(presage  favorable)  im  Proven^alischen  (heur  et  malheur  bei  Corneille); 
bachelier  (baccalaureus  oder  bacca  laurea  dignus)  von  bacchalarius  (ein 
junger  Ritter),  als  bachelor  (im  Engl.)  oder  bachelier  (im  Altfranz.)  und 
bachelette  (ein  junges  Mädchen).  —  Nicht  nur  Homerische  Poesie,  auch  andere 
Belege  deuten  es  an ,  dass  et  in  den  ältesten  Zeiten  wie  e  lauten  musste 
(Telfy).  In  der  Aussprache  des  tq  herrschte  seit  den  ältesten  Zeiten  des 
griechischen  Lebens  ein  Lautdualismus,  dem  gemäss  es  wie  i  und  wie  un- 
garisches accentuirtes  e  lautete.  ,  La  colee  oder  la  colade  war  der  Ritter- 
schlag auf  den  Col,  dann  als  Taccolade  (statt  la  colade)  eine  Umarmung. 

Pour  former  le  fran9ais  on  a  pris:  totus  dans  le  sens  d'omnis,  plus 
dans  le  sens  de  magis,  habitus  dans  le  sens  de  vestis.  hostis  (lat.)  Feind, 
ost  (altfranz.)  Armee.  La  confusion  de  ces  deux  idees  a  ete  introduite  par 
l'emploi  des  phrases  telles  que  celle-ci:  copias  in  agmen  ducere,  qu'on  a 
entendue  comme  s'il  y  avait:  copias  in  agmen  conducere  (s.  Ampere).  — 
temoin  von  testimonium.  —  Le  nom  de  la  magistrature  (magistratus)  est 
devenu  le  nom  du  magistrat,  comme  le  chef  d'une  republique  s'appelait 
(en  Italien.)  podesta  (potestas).  necare  (tödten)  im  besondern  Sinne  von 
noyer.  batuere  (fechten)  battre.  parabola,  als  parole  (in  Bezug  auf  franzö- 
sische Phrasen,  während  im  Wort  der  Werth  liegt  der  Wahrheit)  und  parier 


30  Erstes  Kapitel. 

Der  Russe  nannte  die  Ente  utka,  weil  er  bemerkte,  dass 
sie  beim  Schwimmen  ihren  Schnabel  ins  Wasser  zu  stecken 
pflegt,  der  Pole  kazhka,  weil  die  Ente,  wenn  sie  geht,  in 
schaukelnder  Bewegung  schwankt,  der  Bosnier  plovka,  weil 
er  die  Ente  schwimmen  sah  (Schischkow).  A  police  officer 
(in  San  Francisco)  „corrals"  an  offender,  a  greedy  man  at 
table  „corrals"  all  the  delicacies,  and  a  broker  ,, corrals"  all 
the  stock  of  a  Company  and  controls  the  market  (WhymjDcr). 

Ampere  bemerkt^)  bei  afiaire  :=  un  a  faire:  Ce  mot  a 
donc  ete  forme  d'une  particule  et  d'un  verbe. 

Abgesehen  von  conventionellen  oder  religiösen  Gebräuchen, 
die    zur    Wortänderung    beitragen    können,    finden    sich    die 


(paraler).  hableur  (hablador)  ist  Scliwätzer  (im  Franzüsischen)  und  parlador 
(parleiir)  im  Spanischen,  gener  von  gehenna  (urspri'inglicli  tourmenter  be- 
zeichnend, dann  empecln'r).  gahanain  (Tiefe)  im  Sanskrit  (wegali)  fiilirt  auf 
ßuio;  von  ßabu?  (s.   Curtius). 

^)  Embonpoint  (etre  en  bon  point)  a  ete  forme  d'une  particule,  d  iin  ad- 
jectif  et  d'un  substantif.  debonnaire  (de  bon  aire),  wie  de  pute  aire  und 
de  pute  art  (debonnaire)  oder  deputaire  (aire  oder  nature).  Infinitive,  sub- 
stantivisch verwandt  (le  baiser,  le  toucher),  besonders  in  abstracten  Worten 
(le  pouvoir,  le  devoir,  le  repentir,  le  souvenir,  le  plaisir,  le  loisir).  Huguenots 
=  eidgnoten  (Eidgenossen),  dinde  =  poulet  d'Inde.  hermin  (armenien),  rat 
d'Armenic.  Personne  (sonner  a  travers)  von  dramatis  per.><onae.  Coq-ä-l'ane 
von  Liard  (Erfinder  des  Geldes  1430)  in  der  Fabel  vom  Hahn  und  Esel, 
joner  aux  barres  (barrieres).  avoir  merci  de  son  ennemi  =  habere  nierce- 
dem  de  inimico  (Wehrgeld),  dann  le  don  d'amoureuse  merci.  feida  (germa) 
von  payer  (pacare,  pacifier),  quitte  (quietus,  tranqnille).  Le  paiement  c'etait 
la  paix  (Ampere).  Equiper  (in  der  Sprache  der  Normannen),  mettre  en 
etat  un  vaisseau  (skipa),  für  die  Ausrüstung  eines  Kriegers  gebraucht.  Rein 
ein  Symbol  des  Wassers  (rinnen),  rein  ein  Symbol  des  Feuers  purus  (rtup) 
ayvo?  (agnus,  agneau)  in  ignis.  —  libertas  und  libido,  frei  und  freien.  — 
Im  Italienischen  bilden  die  Diniinutivsill)en  eine  Menge  von  Wörtern 
ohne  diminutive  Bedeutung,  wie  orecchio  durch  auriculiis  von  auris,  ancllo 
durch  anulns  von  anus,  augello  durch  avicellus  von  avis.  Im  Spanischen 
(Peru's)  wird  heute  nur  Senorita  verwandt,  auch  für  alte  Frauen,  sodass 
Sefiora  fast  ausser  Gebrauch  kommt.  Die  Franzosen  iiaben  noch  unter 
Louis  XIV.  die  Worte  fran^ais,  anglais  nicht  nur  frani^ois,  anglois  gesciirie- 
ben,  sondern  auch  fransoa,  angloa  ausgesprochen,  weldie  Worte  aber  heute 
wie  franseh ,  angleli  lauten  (s.  Thiei\sch).  Nach  Tarber  könnte  la  pronon- 
ciation  monophthongale  in  die  französis*ohe  Sprache  durch  die  Colonie  der 
Phönizier  zu  Marseilles  eingeführt  sein.  Die  Separatisten  der  kankasisclien 
Colonien  nahmen  eine  feierliche,  mehr  singende  Sprache  an,  sodass  sie 
daran  erkennl)ar  waren. 


Wechsel  und  Misolmngen.  3l 

Sprachen  schon  an  sich  selbst  im  lebendigen  Fluss  der  Ent- 
wickelung  und  müssen  mit  der  psychischen  Atmosphäre  der 
durch  die  jedesmalige  Zahl  der  in  ihr  entstehenden  Talente 
reofierten  Generation  und  der  Phasen  der  Bildunostuf'en  selbst 
variiren,  bis  sie  durch  die  Schrift  in  den  Bann  grammatischer 
Formen  geschlagen  werden,  obwol  auch  dann  in  populären 
Dialekten  rasche  ^)  Aenderungen  nicht  ausgeschlossen  sind. 

Kapitän  King  bei  seinen  verschiedenen  Reisen  längs- der 
Küste  und  besonders  bei  dem  Besuche  des  Flusses  Endeavaur 
konnte  nicht  ein  einziges  AVort  von  dem  Yocabelregister,  das 
Kapitän  Cook  50  Jahre  früher  sammelte,  wiederfinden.  Das 
im  Jahre  1770  für  das  Thier  gebrauchte  Känguru  hatte  im 
Jahre  1820  alle  Bedeutung  verloren,  indem  sich  die  Sprache 
in  jeder  Generation  ändert  oder  verschiedene  Stämme  umher- 
streifen. La  nouvelle  langue  de  Canada  hatte  sich  (nach 
Lescarbot)  aus  dem  Irokesischen  (seit  Jacc^ues  Cartier)  ver- 
ändert. In  Südafrika  haben  die  Missionare  beobachtet,  dass 
die  bei  jährlicher  Abwesenheit  der  Männer  und  Frauen  allein 
im  Dorfe  zurückbleibenden  Greise  und  Kinder  bei  Rückkunft 
jener  oft  eine  ganz  verschiedene  Sprache^)  angenommen  hatten. 


')  In  Nürnberg  lassen  sich  die  raschen  Wandlungen  der  Volkssprache 
binnen  wenigen  Geschlechtern  deutlich  ■wahrnehmen;  Grübel  sprach  ein 
anderes  Nürnbergisch  als  der  Enkel  (s.  Weinhold).  Schlagwörter  ändern 
mit  der  Zeit  und  mit  den  Vertretern  und  mit  der  gegenseitigen  Stellung  der 
Parteien  ihre  Bedeutung.  Die  Geschichte  der  Parteien,  die  Entwickelnng 
ihrer  Kämpfe  liegt  gerade  in  der  veränderten  Bedeutung  der  oft  unverändert 
gebliebenen  Namen  (s.  Steinthal).  —  Les  patois  ne  se  forment  qu'ä  des  epoques 
d'imagination,  oü  la  parole  animee  du  peuple  detourne  ä  chaque  instant  les 
mots  de  leur  signification  primitive.  Beaucoup  de  ces  expressions  meta- 
phoriques  passent  dans  la  nouvelle  langue  avec  un  sens  litteral  creant  des 
difticultes  (Dumeril).  Loquence  (corruption  d'Eloquentia),  et  avoir  de  la 
loquence  signifie  dans  le  patois  de  Reims :  Avoir  une  voix  tres-forte. 

-)  Les  langues  de  l'Amerique  different  assez  notablement  sous  le  rap- 
port  du  vocabulaire.  II  semble  que  cette  difference  tienne,  surtout  dans  les 
idiomes  de  l'Amerique  du  Nord ,  ä  ce  que  les  mots  n'y  ont  qu'une  faible 
importance,  qu'ils  s'echangent  facilement  entre  eux  et  que  le  vocabulaire  est 
generalement  tres  pauvre,  en  sorte  qu'une  peuplade  peut  iinir  par  substituer 
aux  mots  de  la  langue  parlee  par  la  tribu  dont  eile  est  sortie,  un  ensemble 
de  lUüts  tout  ä  fait  differents  (s.  Maury).  —  Nach  Sagard  wechselt  die  Sprache 
der  Huronen  beständig  und  scheint  nach  wenigen  Jahren  nur  eine  neue 
Sprache  (was  Armstrong  bestreitet).  —  In  more  than  one  tongue  (in  America) 


32  Erstes  Kapitel. 

Ein  solch  farbloses  Fluctuiren  der  Dialekte  lässt  die  Portugiesen 
sagen,  dass  die  Urbewohner  Brasiliens  gar  keine  Sprache  haben, 
sondern  nur  Rothwelsch  (Geringonza). 

Am  raschesten  entstellt  ^)  werden  die  Worte  durch  be- 
queme Kürzungen,  wodurch  oft  die  Hauptsilbe,  der  eigentliche 
Stamm  selbst,  verloren  geht,  und  die  Arbeit  der  Etymologie, 
die  aus  der  organischen  Veränderungsfähigkeit  der  Wurzel 
die  Ableitung  zu  deduciren  sucht,  geradezu  abgeschnitten  wird, 
wenn  nicht  ein  zufällig  gegebener  historischer  Anhalt  den  Zu- 
sammenhang herzustellen  vermag,  wie  bei  der  Verstiimmelung 
von  dewata  zu  wata,  welch  letzteres  A\  ort  aus  sich  allein  \\n- 
möglich  W.  div  herstellen  könnte. 

Im  Kussischen  „komm  hierher"'  (podi)  ist  die  Wurzel 
des  Kommens  ganz  verloren  gegangen  (i).  Die  durch  den  Ge- 
brauch Tepi  bewirkte  Veränderung  (auf  Tahiti)  wirkt  (nacli 
Haie)  nicht  nur  auf  die  Wörter  selbst  ein,  sondern  sogar  auf 
Silben  von  ähnlichem  Klang  in  andern  Wörtern.  Weil  der 
König  T^(  hiess,    wurde   das   Wort   tu    (stehen)    in  ti((   umge- 


it  has  been  reinarked,  tbat  books  dt'  instructioii  prepared  by  missioiiaries 
have  become  antiqiiated  and  aliuost  unintelligible  in  three  or  four  gencratious 
(s.  Whitney).  • —  Les  langues  qui  manquent  de  monuments  litteraire.-;,  sc  voient 
ravalees  k  n'etre  souvent  que  des  Jargons,  et  dans  les  bouehes  des  iguorants 
qui  les  parlent,  elles  s'alterent  pai'fois  au  point  de  perdre  tout  a  fait  leiir 
caractere  primitif  (Maury).  Quelle  que  puisse  etre  la  fori'e  de  conservation 
d'un  idionie,  il  finit  toujours  par  ceder  ii  l'action  du  temps,  et  si  des  i"ou- 
ditions  nouvelles  ne  se  ohargent  pas  d'en  transformer  l'organisme,  il  trouvo 
dans  les  lois  de  son  pi'opre  developpement,  des  causes  d'alteration  et  de 
decadence.  — ■  Wenn  sie  Zauberei  treiben,  bedienen  sich  die  grönländischen 
Angekutters  einer  besondern  Sprache  mit  verlilümten  (metaphoiischen) 
Wörtern  (s.  Egede). 

')  El  diuiinutivn  del  nonibre  Maria  se  espresa  por  la  palabra  Mariangui 
y  luego  los  naturales  (de  las  islas  Filipinas)  para  abreviar  solo  diccn 
Angui.  De  Francisco  hacen  Parancisco  y  luego  para  abreviar  dicen  Paran. 
Francisco  ist  Pancho  bei  den  Spaniern,  Lola  ist  dolorosa  (Maria  de  los  dolores), 
und  so  bei  vielen  andern  Namen,  auch  im  Englischen,  Sancha  (Alexandra), 
Fritz,  Jim  u.  s.  w.  Ohne  Detailstudium  wäre  es  scluvierig,  zu  vermuthen, 
that  words  so  difi'erent,  as  „meme  and  semetipsissimus",  „lärme  and  tear", 
„redemption  and  ran^on",  „age  and  eternity",  „cousin  and  sister"  were 
originally  identical.  Les  Chinois  disent  Tcouse:  pour  Dens,  Cnlusu :  pour 
Spiritus,  pour  Spiritus:  Su-pi-li-tu-sn,  pour  Adam:  Va-tani,  pour  gratia:  gue- 
la-tsi-ia,  pour  sacranientuui :  sa-ke-la-nien-to,  pour  baptizo :  Pa-pe-ti-so,  pfiur 
Eva:  Nge-va,  pour  Maria:  Maliya  (s.  Girard). 


Wechsel  und  Mischungen.  33 

wandelt,  und  ebenso  die  letzte  Silbe  in  fei u  (der  Stern),  als 
fetia,  tili  (schlagen)  in  tiai  und  in  allen  andern  AVörtern  mit 
tu  fanden  ähnliche  Aeüderungen  statt.  Seit  Cook's  Zeit  sind 
(186G)  fiinf  aus  den  Benennungen  der  zehn  Zahlzeichen  in  der 
Sprache  Tahitis  verschwunden.  Zwei  ist  aus  riia  zu  piti  ge- 
worden, fünf  aus  rima  zu  pae^  u.  s.  w.  Weil  ein  Neuseeland- 
Häuptling  Wai  genannt  war,  musste  das  Wasser  ( Wai)  einen 
andern  Namen  erhalten  (nach  Polack).  Wegen  des  Häuptlino-s 
Maripi  (^Messer)  wurde  Messer  Nekra  genannt.  Die  Septua- 
ginta  übersetzt  den  Namen  des  Hasen  (bei  Verbot  ^  seines 
Essens)  als  springendes  Thier,  um  Namensähnlichkeit  mit  der 
Gattin  des  Ptolomäos  zu  vermeiden  (oder  mit  Lagos  im 
König). 


1)  The  king  must  not  be  called  by  bis  youthful  name  (in  Burmah). 
Many  persons  cbange  the  name  in  growing  up.  —  Les  rois  d'Annam  ont  pris 
fantaisie,  a  leur  avenement  a  la  couronne,  d'interdire  l'usage  de  certains 
mots  qui  entrent  soit  dans  leur  nom  royal,  soit  dans  celui  de  quelqu'un 
qul  touche  de  pres  a  leur  personne  royale.  C'est  un  droit  de  joyeux  avene- 
ment. Ainsi  le  roi  de  Gialong,  ayant  parmi  ses  titres  celui  de  Anh  Csplen- 
deur),  defendit  l'usage  de  ce  terme  daLs  les  ecoles  et  dans  le  langage  or- 
dinaire,  c'est  pourquoi  dans  les  livres  ecrits,  sous  son  regne,  on  chereherait 
en  vain  „anh-mat-troi"  (rayon  du  soleil),  on  disait  alors:  „yeng-mat-troi", 
de  meme  sous  Thieu-Tri  le  mot  Kinh  (venerer)  etait  prohibe  et  reuiplace 
par  le  mot  Can,  terme  chinois,  qui  a  le  meme  sens.  On  disait  par  con- 
sequeut  can-ong  au  lieu  de  Kinh-ong  (je  vous  presente  mes  respects).  Celui 
de  Tong  (honorable)  etait  egalement  iuterdit,  et  on  y  suppleait  par  le  mot, 
Ton  (noble),  l'on  disait  giao-tun  et  non  pas  giao-tong,  pour  designer  dans 
les  livres  chretiens  le  souverain  Pontife,  „  chef  honorable"  de  la  religion. 
Sous  le  roi  actuel  Tu-Duc,  il  est  de  meme  defendu  de  se  servir  des  mots  Thi 
(temps)  et  That  (vrai),  que  l'on  est  oblige  remplacer  par  ces  autres  mots  Thoi  et 
Thiet.  Ces  ordres  sont  generalement  tres-observes  (Jourdain).  —  The  naimes 
of  the  Chiefs  (in  Tahiti)  are  almost  always  significant  and  Compound.  The 
owners  of  such  names  are  supposed  to  be  complimented  by  the  Tahitian 
ceasing  to  employ  in  the  language  of  their  daily  intercourse  one  or  more 
of  the  words  which  formed  parts  of  them ,  so  that,  in  the  case  of  Tai-ma- 
le-langi,  the  syllables  tai,  mai,  le  or  langi  are  lost  to  the  common  language. 
After  the  decease  of  the  chief,  they  return  to  the  language.  In  this  vray, 
between  the  voyages  of  Cook  and  Vancouver,  4.0  —  50  words  had  been 
superseded  by  new  ones.  —  Das  Wort  Wai  (Wasser),  als  in  die  königlichen 
iSamen  aufgenommen,  wurde  (im  Tahiti)  durch  Puppi  ersetzt,  und  Po  musste 
für  Nacht  abgeschafft  werden,  als  man  den  König  wegen  seines  Nachthustens 
Pomare  nannte.  Die  Ama-Mbalu  nennen  die  Sonne  nicht  mit  ihrem  gewöhn- 
lichen Zulu-Namen  I-langa,  sondern  (weil  ihr  erster  Häuptling  Ulanga  ge- 
wesen) 1-sota. 

Bastiäx,  Studien.  3 


34  Erstes  Kapitel. 

Der  Uckuhlonipa  genannte  Gebrauch  verbietet  den  Weibern 
der  Kaffern,  irgend  ein  Wort  auszusprechen,  das  zufällig  einen 
Klang  enthält,  welcher  denen  in  dem  Namen  ihrer  nächsten 
männlichen  Verwandten  ähnelt  (nach  Appleyard).  Die  Izwi 
lezifäzi  (Frauensprache)  der  Kaffirs  ist  (nach  Dohne)  durch 
den  Brauch  Ucku-hlonipa  entstanden,  indem  die  Frauen,  die 
den  Namen  ihres  Schwiegervaters  nicht  nennen  dürfen,  auch 
andere  daran  erinnernde  Worte  verändern.  Heisst  derselbe 
Umehlo,  so  sagen  sie  für  Augen  (Amehlo):  Amakangelo 
(Gucker)  u.  s.  w.  Ucku-hlonipa  heisst  schüchtern  sein.  ,,Wenn 
wird  ein  Ochsenschlachten  sein",  hiess  bei  den  Abiponen 
„Heo-malkam  Kahamatek".  Als  aber  durch  einen  Todesfall 
das  Wort  Kahamatek  verboten  wurde,  befahl  ein  Ausruf  nun 
zu  sagen:  Hegmalkam  negerkata;  das  W^ort  Tiger  (nihirenak) 
wurde  mit  apanigehak,  das  Wort  Krokodil  (peüe)  mit  Kaeprhak 
vertauscht  (s.  Dobrizhoffer).  Als  das  Torpool  oder  Kriechente 
genannte  Kind  des  Australiers  Tenberry  in  Moorunde  starb, 
wurde  die  Kriechente  Tilquaitch  genannt  (Eyre).  Die  Tasma- 
nier  bedienen  sich  grosser  Umschreibungen,  um  von  einem 
Verstorbenen  zu  sprechen  (Milligan).  Die  Yezidis  sprechen 
nie  den  Namen  Scheitan  aus  und  sagen  statt  Scheit  (Fluss) 
Nähr  (Layard). 

Der  Ehemann  darf  nicht  den  Namen  ^)  seiner  Schwieger- 
mutter und  diese  nicht  den  seiuigen  aussprechen,  und  da  bei 
den  Kaffern  „the  name,  which  is  given  to  each  individual  is 
sure  to  denote  some  mental  or  physical  attribute  or  to  be  the 
name  of  some  natural  object  which  is  accepted  as  the 
embodiment  of  that  attribute",  so  müssen  andere  Worte  sub- 
stituirt  werden,  and  that  Substitution  is  always  accepted  by 
the'friends.  Curiously  circumlocutions  are  thus  invented,  statt 
Kuh  z.  B.  wird  gesagt  die  Gehörnte,  statt  Plans  die  W^ohnung 
u,  s.  w.  The  wife  again  is  interdicted  from  pronouncing  the 
name  of  her  husband  or  that  of  any  of  his  brothers  (s.  Wood). 

In  entlegenen  und  dem  Verkehr  entzogenen  Flussgebieten 
tritt  die  grösste  Spaltung  in  geringfügige  (nicht  lange  Zeit 
bestehende)   Gemeinschaften ,    die    stärkste  Vermischung  ver- 


')  Ein  Creek,  der  sich  keinen  Kriegsnamen  erworben,  liiess  Niemand 
(als  ein  altes  Weib).  Die  Kariben  von  Confachiqui  und  Florida  erhielten 
ihre  Namen  als  tapfere  Krieger  von  den  Apalachiten. 


Wechsel  und  Mischungen.  35 

schiedener  Stammeselemente,  zugleich  aber  mit  einer  babylo- 
nischen Sprachverwirrmig  auch  die  lebhafteste  Ausgleichung 
und  Nivellirung  in  Sitten  und  Gebräuchen  ein  (s.  v.  Martins). 
Die  grönländische  Sprache  ist  in  einigen  Gegenden  in  An- 
sehung der  Tonzeichen  (Accente)  und  der  Aussprache  ver- 
schieden. 

In  einem  nur  dünn  bevölkerten  Landstrich  (dem  Districte 
zwischen  Kumaon  und  Assam)  zählt  man  28  Dialekte,  die  alle 
den  verschiedenen  Stämmen  gegenseitig  unverständlich  sind. 
Unter  den  Nagas,  die  in  einem  kleinen  Districte  bei  Assam 
leben,  werden  etwa  30  verschiedene  Sprachen  geredet.  Ein 
Hügel  dazwischen,  eine  Schlucht,  ein  Fluss  genügt,  um  die 
Sprache  eines  Districtes  zu  scheiden  (Hunter).  Auf  dem  kol- 
chischen  Markte  redete  man  (nach  Plinius)  130  Sprachen; 
schon  Herodot  erwähnt  die  auch  im  Yoma-Gebirge  fühlbaren 
Schwierigkeiten  der  Dolmetscher  für  die  im  Kaukasus  reisen- 
den Kaufleute,  und  in  solchen  Verhältnissen  ruft  dann  die 
Nothwendigkeit  leicht  eine  lingua  franca  oder  geral,  als  xctvY] 
hervor. 

In  abgelegenen  Departements  (z.  B.  in  Morvan)  findet 
sich  (nach  Jonnes)  in  jedem  Dorfe  ein  verschiedenes  Patois, 
das  oft  schon  auf  wenige  Meilen  Entfernung  unverständlich 
wird.  Im  indo-malaiischen  Polynesien  (zwischen  den  Palaos 
und  Nikobaren)  gibt  es  keinen  Kampong,  der  nicht  einige, 
ihm  im  besondern  eigenthümlich  zukommende  ^^'orte  bcsässe, 
et  du  sein  de  cette  vaste  mer  il  surgit  autant  de  dialectes  ^) 
que  d'iles  (Jacquet).  The  Mohegan  language  is  spoken  by 
all  the  Indians,  throughout  New-England.  Every  tribe  has  a 
different  dialect,  but  the  language  is  radically  the  same.  Nach 
Messerschmidt  sprechen  die  Ostjaken  alle  dieselbe  Sprache, 
aber  jeder  Stamm  hat   so  viele  Veränderungen'*)  in   Worten 


')  Existe  entre  los  Californios  tal  diversidad  de  dialectos,  que  en  una 
extension  de  200  leguas  ociipada  por  las  misiones,  se  encuentran  mas  de 
cien  idiomas  al  parecer  distintos  (s.  Pimentel). 

-)  Caxton  complains  that,  „comyn  Englysshe  that  is  spoken  in  one  shyre 
raryeth  from  another".  Each  (of  the  different  districts  in  England)  has  its 
own  characteristic  burr  or  brogue  (s.  Ellis).  Slang  is  only  a  form  of 
dialect.  —  Im  tirolischen  oder  bairischen  Hochgebirge  hat  jedes  Thal  seine 
besondere   Aussprache,    die    es   oft  für   das   geübteste   Ohr   cchwer   wird    zu 

3* 


36  Erstes  Kapitel. 

und  Formen  eingeführt,  dass  im  Umkreis  von  12  —  20  Meilen 
eine  Unterhaltung  stets  schwierig  ist. 

Das  gemeinsame  Band,  das  solche  Dialektverschiedenheiten 
innerhalb  ihrer  Familienähnlichkeit  umschlingt,  muss,  wenn 
auch  im  Beobachtungsmomente  schon  vorhanden,  doch  immer 
nur  als  ein  Bildungsproduct  angesehen  werden,  und  zwar,  in 
solchem  Falle,  früher  Zeit,  wie  es  sich  sonst  in  historischer  Zeit 
oftmals  in  späten  Umläufen  gestaltend-  zeigt.  Die  australischen 
Stämme  sprechen  verschiedene  Dialekte,  aber  die  angrenzenden 
verstehen  sich  und  pflegen  bei  der  Unterhaltung  ihre  Sprache 
abwechselnd  durcheinander  zu  reden.  Ebenso  geschieht  es  bei 
Verheirathungen  zwischen  fremden  Stämmen^),  indem  einmal 
der  Ehemann  die  Sprache  der  Frau^)  oder  diese  die  jenes  zu 
erlernen  sucht.  Der  Dialekt  der  Karaiben,  der  sich  aus  dem 
Tupi  zwischen  den  unterworfenen  Horden  eingeschoben,  ist 
aus  ausgedehnter  Sprachmischung  entstanden  (Martins). 

Solche  Sprachbildungen  sehen  wir  deutlich  während  der 
Völkerwanderung,  wo  verschieden  redende  Völker  durch- 
einander zu  wohnen  anfingen,  und  bewahrte  dann  die  Sprache 
der  Eroberer  eine  Zeit  lang  eine  aristokratische  Exclusivität, 
wie  die  der  Vornehmen  im  ludo-Malaiischen,  wobei  es  weiter 
von  den   besondern  Verhältnissen   eines  gegenseitigen  Ciiltur- 


verstehen  (wie  ,,  Aschtstutzsch"  statt  „Erdsturz").  Ausgleichungen  stellen 
sich  hier  auf  den  Plätzen,  wo  das  Vieh  übergetrieben  wird,  und  dringt  dort 
das  Tirolische  nach  Oberbaiern  vor. 

1)  Nach  Schomburgk  scheint  Guiana  so  viel  Sprachen  zu  besitzen,  als 
es  Stämme  zählt. 

2)  Bei  den  Abenakis  (in  Acadieu)  unterscheidet  sich  die  Sprechweise 
des  Mannes  und  die  der  Frau  (s.  Rasles).  —  Toutes  les  parties  du  discours 
peuvent  etre  employees  separement,  sans  se  servir  des  formes  synthetiques, 
et  on  peut  par  ce  moyen,  se  faire  cntendre  par  les  Indiens,  niais  ils  u'aiment 
point  cette  maniere,  ils  l'appellent  „langage  de  femme",  parce  que  c'est  ainsi 
que  parlent  les  Canadiens,  qni  ont  epouse  des  femiues  sauvages,  et  qui, 
pour  se  faire  mieux  entendre,  leur  repondent  dans  ce  mauvais  bargouin; 
c'est  ainsi  que  parlent  les  voyageurs ,  et  en  general  ceux  qui  ne  savent  pas 
parfaitement  la  langue  (Duponceau).  Les  chefs  Indiens  se  fönt  un  point 
d'honneur  de  parier  parfaitement  leur  langue.  —  Solange  die  Wissenschaft 
sich  einzig  auf  die  Sprache  concentrirt,  wird  dieselbe  in  verwickelte  Formen 
ausgearbeitet  werden,  die  auch  dem  Sanskrit  (dem  Verfeinerten)  und  der 
Geheimsprache  der  Guebre  den  (oftmals  ausserdem  beabsichtigten)  Ansihein 
des  Künstlichen  geben. 


Wechsel  und  Mischungen.  37 

grades  abhing,  ob  die  anfängliche  Superiorität  ^)  (wie  beim 
Sanskrit  der  Brahmanen  in  Indien)  bevrahrt  blieb,  oder  wieder 
verloren  und  vielleicht  in  der  Neubildung  eines  von  dem  con- 
stituirenden  Elemente^)  verschiedenen  Sprachresultates  aufging. 

Die  während  des  9.  Jahrhunderts  gehaltenen  Concilien 
beweisen:  que  Ton  y  parlait  alors  deux  langues,  le  franco- 
tudesque  ou  francique,  parle  par  le  roi,  la  cour  et  Farmee,  et 
divers  dialectes  du  romance,  usites  par  les  paysans  indigenes 
de  la  Gaule,  par  les  Gallo-Romains  depuis  la  Seine  jusqu'aux 
rivages  de  la  Mediterranee  (Bruce- VVhyte).  In  der  der  Schrift 
nach  aus  dem  12.  Jahrhundert  stammenden  Psalmen-Ueber- 
setzung  im  Niederdeutschen  finden  sich  slawische  Glossen  ein- 
gestreut (Wiggert).  Die  Wotjäken  sprechen  ein  halb  finnisches 
Russisch.  Priscus  fand  (448  p.  J.)  unter  den  Hunnen  in 
Ungarn  vielerlei  Völkermischungen,  hunnisch  und  gothisch 
redende  ^) ;  solche,  die  mit  den  Römern  in  Berührung  kamen, 
redeten  römisch  oder  ausonisch,  und  hunnisch  redende  Griechen 
glichen  schon  ganz  den  Barbaren,  unter  denen  sie  wohnten. 

Eine  Zeit  lang  mögen  dann  zwei  Sprachen,  wie  (nach 
Faidherbe)  bei  den  Sererern  (das  Keguem  und  None),  neben- 


')  The  missionaries  (chiefly  the  Jesuits)  clothed  the  language  of  the 
Topinambazes  (Tupi)  into  grammatical  forms  and  introduced  it  among  the 
Indians,  who  were  assembled  around,  whatever  might  have  been  their 
original  language  (s.  Schomburgk).  —  Jeder  Stamm  auf  Formosa  spricht  (n. 
Guerin)  einen  dem  nächsten  unverständlichen  Dialekt,  aber  im  Norden  der 
Insel  existirt  eine  Gruppe  von  Stämmen,  denen  allen  die  Tagal-Sprache  (nur 
durch  kleine  Provinzialismen  verändert  in  den  einzelnen  Localitäteii)  gemein- 
sam ist.  Unter  den  verschiedenen  Dialekten  auf  Espanola  wurde  der  im 
Reiche  des  Guarionex  (im  Osten)  gesprochene  allgemein  auf  der  Insel  ver- 
standen (zur  Zeit  der  Entdeckung). 

-)  Bien  que  d'origine  melee  espagnole  et  indienne,  les  habitans  de  la 
vallee  de  Simbura  (pres  de  Carimanga  de  la  province  Loxa  en  Equateur) 
parlent  aujourd'hui  (1857)  une  langue  qui  n'offre  plus  aucun  rapport  avec 
Celles  des  populations  voisincs.  —  Die  vom  schwarzen  Meer  nach  Italien  füh- 
rende Handelsstrasse  „macht  es  begreiflich,  wie  die  lateinische  Sprache,  zu- 
gleich mit  der  griechischen  und  den  germanischen  Sprachen,  im  Bau,  hin 
und  wieder  auch  im  Laut  der  Wörter  Aehnlichkeit  mit  dem  Sanskrit  erlangen 
konnte"  (Brehmer). 

^)  The  political  songs  and  other  writings ,  composed  during  the  civil 
strife,  known  as  the  baron's  wars,  show  not  only  two,  but  three  languages, 
co-existing  (in  England)  at  the  same  time,  the  English,  the  Anglo-Norman 
(the  French),  and  the  Latin  of  the  clergy  (s.  Wright). 


gg  Erstes  Kapitel. 

einander  geredet  werden,  bald  aber  wird  sich  entweder  die 
eine  zur  dominirenden  erheben  und  aus  gegenseitigen  Ergän- 
zungen eine  neue  Volkssprache  (wie  in  dem  aus  britischen, 
sächsischen,  skandinavischen,  normannisch-französischen  und 
lateinischen  hervorwachsenden  Englisch)  bilden,  z.  B.  in  der 
Sprache  der  Nagas  am  linken  Ufer  des  Domingo  (in  West- 
afrika), die  aus  der  Sprache  der  beiden  Nachbarstämme,  den 
ßerames  (Brames)  und  Balantes,  gemischt  ist. 

Longobarden,  Normannen  i)  und  andere  Eroberer  verlieren 
ihre  Sprache,  aber  das  Umgekehrte  zeigt  sich  in  der  weiten 
Verbreitung  des  bis  Ceutralasien  getragenen  Macedonischen, 
des  Kömischen,  Chinesischen  u.  s.  w.  Am  Djebel  Galou  und 
den  übrigen  Fundj-Ländern  ist  die  Fundj-Sprache  fast  völlig 
verloren  und  wird  ein  besonderes  Arabisch  mit  eigenthiim- 
licher^)  Betonung  gesprochen.  Die  Kaste  der  leibeigenen 
Knechte  bei  den  Bracknas  im  Norden  des  Senegal  sind  die 
Zenaghas,  ein  Berberstamin,  dem  von  seinen  Herren,  den 
Assani,  die  arabische  Sprache  aufgedrungen  wurde.  Die 
Unterworfenen  schmiegen  sich  oft  absichtlich  der  Sprache 
ihrer  Herren^)  an,   um  die  Unterschiede  zu   verwischen,   wie 


1)  Unum  ex  diversis  gentibiis  populum  efl'ecit  (Rollo).  —  Like  tbe  Romans 
in  ancient  and  the  English  in  modern  Europe,  the  Chaldaans  were  a 
„colliivio  gentium  omnium",  a  union  of  various  races,  between  which  there 
was  marked  and  violent  contrast  (s.  G.  Rawlinson). 

2)  La  prodigieuse  diversite  entre  les  sons  ecrits  et  les  sons  parles,  l'ir- 
regularite  si  capricieuse  et  si  inconcevable  dans  la  valeur  des  caracteres,  qui 
tantot  se  prononcent  d'une  fachen,  tantot  d'une  autre,  et  tantöt  pas  du  tout, 
la  multiplicite  de  sons  sourds  qui  se  suivent  dans  les  mots  a  plusienrs  syl- 
labes  lorsque  l'accent  se  porte  sur  la  premiere,  et  que  toute  oreille  autre 
que  Celle  d'un  naturel  du  pays  ne  peut  distinguer,  hat  das  Englische  (nach 
Edwards)  nicht  aus  dem  Galischen  oder  dem  Deutschen  entlehnt,  sondern 
von  den  alten  Sprachen  (dem  Gaelischen  und  Bretonischen),  die  früher  im 
Norden  und  Süden  Englands  geredet  wurden.  Es  beweist  sich  darin  die 
Aufnahme  verschiedener  Elemente  und  Adojition  einer  fremden  Schrift,  die 
mit  der  Aussprache  im  Zwiespalt  steht,  ähnlich  wie  im  Tibetischen  und  zum 
Theil  im  Siamesischen. 

^)  Bei  den  Orlam  unter  den  zu  den  Hottentotten  gehörigen  Namaqua 
im  Süden  wird  nur  capholländisch  gesprochen  und  hat  sich  das  Hotten- 
tottische fast  ganz  verloren,  das  dagegen  bei  den  nach  Norden  Gewanderten 
erhalten  ist,  sowie  in  der  dem  Orlam  ähnlichen  Sprache  der  Namaqua,  die 
von  dem  hottentottischen  Dialekt  der  Koranna  abweicht  (s.  Wallmann).  Die 
Sprache    der    Folgier     wird    von    den     Quojern    Herrensprache    (Mendi-Ko) 


Wechsel  und  Mischungen.  39 

die  Kambodier  zur  Zeit  der  Superiorität  der  Siamesen  diesen 
Ausdrücke  entnahmen,  um  die  einheimischen  auszumerzen  und 
durch  jene  zu  ersetzen.  Aehnliche  Neigung  zeigte  sich  bei 
den  Deutsch-Amerikanern,  ehe  sie  zur  Erkenntniss  kamen, 
dass  auch  im  AusLande^)  das  Nationalgefühl  zu  wahren  sei, 
und  wie  unmöglich  in  dann  statthabenden  Untermischungen 
das  Festhalten  eines  etymologischen  Zusammenhanges  ist,  zeigt 
das  Beispiel  des  Feuerstein  genannten  Deutschen,  der  sich  unter 
den  englischen  Colonisten  Flint  nannte  und  dann  von  seinen 
Landsleuten  wieder  in  Rifle  umgetauft  wurde. 

Findet  die  Eroberung,  wie  oft  unter  barbarischen  Ver- 
hältnissen (und  auch  nicht  ohne  Beispiel  in  hellenischer  Co- 
loniengründung),  in  solcher  Art  statt,  dass  nach  Nieder- 
nietzelung  der  männlichen  Bevölkerung  die  Frauen  zur  Ehe  ge- 
nommen werden,  so  mag  für  einige  Zeit  die  Doppelsprachej^) 


genannt.  —  In  many  cases,  the  Gallas  (from  the  South)  have  adopted  the 
language  of  the  people  whose  place  they  have  usurped.  The  Galla  element 
is,  however,  fast  becoming  the  predominant  one  in  Abessinia.  At  the  pre- 
sent  day  almost  every  principal  ruler  throughout  the  empire  is,  in  the  male 
line,  of  Galla  extraction  (Beke).  Die  Gruppe  der  Gonga-Sprachen  von 
Gross-Damot  ist  durch  den  Einfall  der  Gallas  auf  enge  Grenzen  zurück- 
geführt. 

^)  Selbst  in  den  etwas  höhern  gesellschaftlichen  Cirkeln  spielt  die 
jakutische  Sprache  eine  beinahe  ebenso  wesentliche  Rolle,  als  etwa  die 
französische  in  den  beiden  Residenzen  Russlands  (Wrangel). 

2)  Unter  den  Interjectionen  der  Grebo-Sprache  (ein  Dialekt  des  Kru) 
heisst  zih  tush  das  Wort  der  Frauen,  weil  nur  von  diesen  gebraucht,  and 
it  is  the  only  word  in  the  Grebo  language  in  which  the  sound  of  the  letter 
z  ever  occurs.  Die  Frauenspersonen  (unter  den  Grönländern)  haben  eine 
besondere  Aussprache,  zu  Ende  der  Wörter  statt  eines  harten  Buchstabens 
einen  weichen  sprechend  (s.  Egede).  —  Le  herbere  a  ete  depossede  peu  a 
peu  par  l'arabe,  c'etait  vraisemblablement  un  des  dialectes  que  parlaient  les 
Numides,  et  les  Touaregs  sont  probablement  les  descendants  des  anciens 
Getules.  Aujourd'hui  le  kabyle  d'Alger  est  fortement  penetre  de  mots 
arabes.  Les  descendants  des  Numides  et  des  Maures,  en  se  melant  aux 
Arabes,  en  ont  adopte  la  langue,  et  ces  tribus,  que  leur  nouvel  idiome  fait 
designer  sous  le  nom  d'Arabes,  se  sont  avances  jusqu'au  nord  de  la  Sene- 
gambie.  Tels  sont  les  Trarzas,  tribu  guerriere,  qui  a  soumis  les  populations 
herberes  des  environs  du  lac  Cayor  et  a  contraint  differentes  peuplades  qui 
parlaient  dans  le  principe  herbere,  a  adopter  la  langue  arabe.  Mais  le  her- 
bere se  conserve  encore  sur  les  bords  du  Senegal,  dans  la  tribu  nombreuse 
des  Falba  ou  Marabouts  (Maury).  —  Im  russischen  Dialekt  von  Jekaterinoslaw 
finden  sich  syrjänische,  tatarische,  baschkirische  Worte  u.  s.  w.    Nach  Pott 


^Q  Erstes  Kapitel. 

der  Geschlechter  fortdauern,  wie  sie  bei  den  Karaiben  beob- 
achtet wurde,  aus  demselben  Grunde,  wie  sonst  zwischen 
Herrschenden  und  Gehorchenden  eine  Dualität  besteht,  indem 
die  Spaltung  nach  gleichem  Princip  eintritt,  nur  auf  ver- 
schiedener Unterlage. 

Je  von  dem  Stadium  der  Zersetzung,  in  dem  sich  eine 
durch  Mischungen  aufgelöste  Sprache  im  Augenblicke  gram- 
matischer Fixirung  findet,  wird  es  abhängen,  ob  die  dem  ur- 
si:»rünglichen  Klange  nach  näher  stehenden  Worte  sich  (wie 
während  der  Zeiten  des  lebendigen  Ablautes)  durch  Analogien 
noch  fortbilden  können,  oder  ob  ihnen  die  Erinnerung  ihres 
Ursprungs  schon  so  gänzlich  verloren  gegangen  ist,  dass  ein 
weiterer  Anschluss  nicht  möglich  bleibt.  On  dit  en  lenape: 
„ikatsch  n'dappin",  je  serai  lä  present,  reunissant  la  termi- 
naison  tsch  du  futur  avec  Tadverbe  „ika",  qui  signifie  lä 
(illic).   On  dit  encore  „nekamatsch  w'dappin",  il  sera  lä,  joignant 


i 


könnte  dem  Sanskrit  ein  Zustand  grösserer  Einfachheit  vorhergegangen  sein, 
nnter  Abwesenheit  von  Inflectionen,  wie  im  Chinesischen  und  andern  ein- 
silbigen Sprachen.  Nach  Steinthal  scheint  ein  Einfluss  der  indo-europäischen 
Sprachen  auf  die  Grammatik  der  finnischen  obgewaltet  zu  haben.  Denn 
obwol  die  Declination  echt  altaisch  ist,  so  bietet  die  Conjugation  der  Verba 
■viele  Aehnlichkeiten  mit  den  sanskritischen  Formen.  Als  die  altaischen 
Stämme  mit  fremden  Nationen  in  Berührung  kamen  und  von  denselben  die 
Keime  ihrer  gegenwärtigen  Civilisation  erhielten,  schufen  neue  Ideen  neue 
Wörter  und  Formen,  selbst  ein  neues  Princip  in  der  Entwickelung  dieser 
Sprachen.  Mancherlei  wurde  angenommen,  mancherlei  nach  dem  Typus 
anderer  Sprachen  gestaltet  (nach  Castren).  —  There  is  reason  to  suspect,  that 
the  Hebrew,  as  we  have  it,  does  not  in  all  points  truly  represent  the 
language  of  the  earliest  period  of  Hebrew  history,  that  it  has  both  partaken 
of  the  modernization  of  the  populär  tongue,  and  suffered  some  distortion  in 
the  hands  of  the  grammarians,  from  whom  we  receive  it.  The  spoken 
dialects  of  the  present  day,  while  they  exhibit  somelhing  of  the  same 
character  as  the  modern  Indo-Europ*an  dialects,  in  the  abbreviation  of 
words,  the  loss  of  inflectional  forms  and  obscuration  of  etymological  re- 
lations,  yet  do  so  in  a  much  less  degree.  The  modern  Syriac  of  Orumiah 
has  decidedly  more  of  the  aspect  of  a  Europsean  analytic  language,  than 
any  other  existing  dialect  of  Ihe  family  (Whitney).  —  Die  hamitischen  Sprachen 
(der  ägyptischen,  libyschen  und  äthiopischen  Gruppe  mit  den  kuschitischen 
Urbewohnern  Mesopotamiens,  den  phönizischen  Urbewohnern  Palästinas  und 
den  Guanches  der  Canarien)  schernen  ursprünglich  mit  den  semitischen 
Sprachen  eine  Einheit  gebildet  zu  haben  (nach  Friedrich  Müller).  Als  die 
hamitischen  Sprachen  sich  lostrennten,  war  die  Sprache  über  die  Periode 
der  Wurzelbildung  und  wurzelliaften  Flexion  noch  nicht  hinausgekommen. 


Wechsel  und  Mischungen.  41 

la  meme  desinenoe  au  pronom  separable  il  (ille),  et  au  pluriel 
nekamawatsch  w'dappinewo,  ils  seront  la.  Im  Deutschen  Hesse 
sich  möglicherweise  noch  das  Verbum  dortigen  bilden,  ich 
werde  dortigen  oder  dort  sein  (wie  nächtigen  von  Nacht,  jetzig 
von  jetzt,  erübrigen  von  über,  u.  s.  w.),  aber  im  Französischen 
lässt  sich  mit  la  nichts  weiter  anfangen,  da  es  nur  auf  weiten 
Umwegen  durch  iloches,  iloc  (lais,  lai)  auf  illic  zurückgeführt 
werden  könnte,  wie  bei  den  meisten  Wörtern  des  durch  so 
verschiedene  Sprachprincipien  ')  durchschnittenen  Romanischen. 
Die  complicirte  Grammatik,  worin  (wie  A.  v.  Humboldt  be- 
merkt) die  amerikanischen  Sprachen  (Eskimo,  Tamanake, 
Quichua  u.  s.  w.)  mit  dem  Congesischen  in  Afrika  überein- 
stimmen, findet  sich  auch  bei  den  Basken,  den  Nachkommen 
der  alten  Cantabrer,  indem  wir  auch  hier  eine  im  Volke  selbst 
gebildete  und  deshalb  trotz  minutiösester  Ausbildung  ihre 
strenge  Regelmässigkeit  bewahrende  Sprache  vor  uns  haben, 
während  die  Sprachen  der  geschichtlich  bewegten  Völker  alle 
aus  einem  Jargon  von  Mischdialekten  hervorgegangen  sind, 
dem  die  Epoche  der  Einführung  der  Schrift  seine  zufällige 
Fixirung  gab,  sodass  sich  in  der  Grammatik  mitunter  eine 
solche  Menge  gesetzloser  Unregelmässigkeiten  vereinigen,  dass 


')  It  is  reniarkable  that  the  most  Ignorant  Irishman  speaks  in  general 
the  most  correctly  grammatical  in  bis  own  language  (Dutton).  —  Solange 
eine  Sprache  noch  aus  ihren  eigenen  Wurzeln  hervorwächst,  liegt  Richtig- 
sprechen natürlich  näher,  als  fehlerhaftes,  während  eine  im  zufälligen  Zeit- 
moment verschiedenartiger  Mischungen  durch  Einführung  der  Schriftsprache 
mit  allen  ihren  augenblicklich  gerade  vorhandenen  Incongruenzeu  tixirte 
Sprache  nur  ein  künstliches  System  der  Rechtschreibung  und  Rechtsprechung 
aufstellen  kann,  also  mühsames  Erlernen  desselben  fordert  und  bei  noch 
mangelnder  Uebung  beständigen  Felilgrifl'en  aussetzt.  „Ihrer  genetischen  Be- 
deutung nach  sind  die  mannichfa'.tigen  Flexionen  der  alten  Zeit  der  Aus- 
druck geistiger  Beziehungen,  sie  sind  die  Verkörperungen  für  die  logischen 
Kategorien  des  Denkens.  Aber  je  mehr  und  je  rascher  gedacht  wird,  um 
so  leichter  und  bequemer  muss  auch  die  Sprache  als  der  Träger  des  Den- 
kens werden,  um  so  mehr  sind  die  vielsilbigen  Endungen  hinter  der  Wurzel 
gleichsam  ein  Hemmniss  für  die  Schnelligkeit  und  Beweglichkeit  des 
geistigen  Lebens"  (s.  Westphal).  Die  Sprachen  mit  künstlichen  Grammatiken 
arbeiten  nach  der  Schablone,  immer  richtig  und  sicher  innerhalb  ihres 
Kreises,  aber  auf  denselben  beschränkt.  Die  auf  die  einfachen  Primitivstoöe 
beschränkten  Sprachen  dagegen  vermögen  in  den  Händen  des  Künstlers 
alles  auszudrücken,  indem  ihre  eigene  Form  nirgends  Hindernisse  in  den 
Weg  legt. 


42  Erstes  Kapitel. 

das  Bestehen  grammatischer  Regehi  überhaupt  bezweifelt 
werden  könnte,  wenn  sie  nicht  wieder  in  einer  Gelehrten- 
sprache ihre  künstlich  begründete  Normirung  erhalten.  Die 
Grammatik,  wenn  sie  sich  nicht  in  ein  unfruchtbares  Theore- 
tisiren  und  a  priori  Construiren  vertieft,  geht  nothwendig  aus 
Beobachtung  der  Sprache  hervor,  und  zwar  nicht  nur  der  ge- 
schriebenen, sondern,  insofern  die  Sprache  eine  lebendige  ist, 
auch  mit  gleichem  Recht  der  gesprochenen  (Lidforss). 

Während  die  Analogisten  (als  Schüler  des  Aristarch)  eine 
Grammatik  (und  zunächst  eine  Formenlehre)  anstrebten,  lag 
für  die  Anomalisten  (des  Krateas)  Norm  und  Gesetz  der 
Sprache  im  Sprachgebrauch')  der  mustergültigen  Schriftsteller 
(s.  Steinthal). 


')  Est  nata  ex  quadam  consuetudine  analogia  et  ex  hac  consuetudine 
item  anomalia  (Varro).  —  Plato  knew  only  of  Noiin  (o';oij.a)  and  Verb  (pT,ijLa), 
as  the  tvvo  component  parts  of  speech,  and  for  philosophical  purposes 
Aristotle  too  did  not  go  beyond  that  number.  It  is  only  in  discussing  the 
rules  of  Rhetorie  that  he  is  led  to  the  admission  of  two  more  parts  of 
Speech,  the  abvösa.aoi  (conjunctions)  and  ap^pa  (articles).  The  pronoun 
(avTW^'jfjLia)  does  not  come  in  before  Zenodotos,  and  the  preposition  (rcpotsai?) 
oecurs  first  in  Aristarchos.  The  distinction  of  the  niimbers  was  first  pointed 
out  by  Aristotle,  but  the  technical  terms  for  singular  and  plural  (ap'.b.ao? 
Evtxo's,  TiXr)5üVTtxd?)  date  from  a  later  time.  Aristotle  had  no  clear  conception 
of  cases,  in  the  grammatical  sense  of  the  word.  Ptosis,  with  bim,  refers 
to  verbs  as  well  as  nouns.  The  introdiiction  of  the  five  cases  is  due  to  the 
Stoics.  The  distinction  of  genders  was  known  in  Greece  to  Protagoras  (s. 
Müller).  —  Die  Griechen  unterschieden  acht  Redetheile  (Xoyou  [lipt]),  in  wel- 
cher Zahl  die  Römer  den  Artikel  durch  die  Interjection  ersetzten.  Später 
wurde  die  Partikel  zugefügt.  Guichard  (1G06)  unterschied  das  Hebräische, 
Chaldäische  und  Syrische  als  Sprachklasse  von  dem  Romanischen  und  Teu- 
tonischen. Scaliger  unterschied  (1610)  11  Sprachklassen.  Leibniz  bekämpfte 
zuerst  die  Idee  (der  Kirchenväter),  dass  das  Hebräische  die  Wurzel  aller 
Sprachen  sei  (unterscheidend  zwischen  japhetischer  und  aramäischer  Sprach- 
klasse). Hervas  gab  einen  Katalog  der  Sprachen  (1800),  wie  Adelung  (1806), 
bis  Mithridates.  Gobelin  ordnete  Sprachen  als  Dialekte  zusammen  (1773). 
Die  allgemeinen  grammatikalischen  Uebereinstimmungon  verschiedener  Spra- 
chen sind  nicht  nothwendig  Folge  einer  Verwandtschaft,  sondern  können 
leicht  ihren  Grund  in  einer  gleichartigen  Beschaflenheit  der  Bildung  haben, 
für  welche  diese  Sprache  ein  Ausdruck  sind.  Tritt  aber,  neben  der  Gleich- 
heit in  der  Innern  Structur  der  Sprache,  auch  eine  Uebereinstimmung  in 
ihren  materiellen  Bestandtheilen  (in  den  Wörtern  und  deren  Endungen)  in 
bedeutendem  Masse  hervor,  so  ist  gemeinsamer  Ursprung  der  Sprachen  oder 
doch  nahe  Berührung  anzunehmen  (s.  Castren).  Die  Etymologie  zerfällt  in 
die  Lehre  von  den  Lauten,  die  Verbindung  der  Laute  zu  den  Wurzeln  und 
der  von  den  daraus  hervorgehenden  Worten  (HerrmauTi). 


Wechsel  und  Mischungen.  43 

Der  Este  ^)  accommodirt  sich  der  Sprachkenntuiss  dessen, 
mit  dem  er  spricht.  Mit  dem  Prediger  spricht  er  die  Kirchen- 
sprache, und  er  bedient  sich  hier  aller  der  fehlerhaften  For- 
men und  Redewendungen,  die  in  der  Bibel  und  den  Erbauungs- 
büchern stereotyp  geworden  sind.  Anders  wieder  ist  seine 
Sprache  am  Hofe.  Die  Sprache  der  der  Stadt  nahe  AYohnen- 
den  ist  ein  possirliches  Gemisch  von  corrumpirtem  Deutsch 
und  schlechtem  Estnisch  (s.  Fählmann).  Im  Verderbniss  der 
Volkssprache  hat  besonders  die  Flut  schlecht  geschriebener 
Tractätchen  geschadet.  Die  javanischen  RangsjDrachen  finden 
sich  zum  Theil  in  Hinterindien.  Die  Sprache  der  Perser,  die 
in  verschiedene  Volksdialekte  (Gilani,  Mazenderani,  Talish, 
Tati  u.  s.  w%)  und  einen  Hofdialekt  (als  Schriftsprache)  zer- 
fällt, stammt  von  dem  in  den  Keilschriften  der  Achämeniden 
erhaltenen  Idiom,  als  Parsi  (Pazend  in  Bezug  auf  die  darin 
später  abgefassten  Erklärungen  der  Zend-Bücher)  oder  (nach 
der  Mischung  mit  aramäischen  Elementen  unter  den  Sassaniden) 
als  Pehlewi  und  (in  den  zu  den  Zend-Büchern  geschriebenen 
Paraphrasen)  Huzvaresch  (s.  F.  Müller). 

Die  Ansichten  über  die  Sjirachen^)  gehen  von  zwei  ver- 
schiedenen Gesichtspunkten  aus.    Einige  (wie  Pott)  bekennen 


')  Nach  Thomson  enthält  das  Finnische  germanische  Elemente,  die  älter 
zu  sein  scheinen  als  das  Gothische.  Nach  Rugge  finden  sich  auf  manchen 
Runensteinen  Schönens  vor-gothische  Sprachelemente  (und  ebenso  auf  dem 
goldenen  Trinkhorn  Kopenhagens).  —  Tandis  que  les  langues  d'Oc  ne  fönt 
encore  que  se  former  du  9.  au  11.  siecle,  le  proven^al  de  877  a  887,  le 
castillan  et  le  portugais  de  1037  ä  1095,  le  romanvallon  d'oi'l  ou  d'oui  de 
917  k  1043,  tandis  que  l'italien  ne  prend  naissance  que  vers  1129  a  la  cour 
de  Roger  de  Sicile,  la  langue  d'Or,  faite  depuis  longtemps  et  qui  ne  veut 
pas  changer,  adopte  en  Bulgarie  (1054:)  les  lettres  cyrilliennes,  et  ces  lettres, 
adoptees  plus  tard  en  Dacie,  doivent  hii  conserver  la  prononciation  de  cette 
epoqne  (Vaillant).  Les  Romans  n'ont  pas  cru  cesser  d'etre  chretiens  en 
conservant  dans  leur  culte,  la  fete  et  le  nom  des  Rosalia  (rusali),  et  dans 
leur  croyance,  l'äme  du  monde,  Pronia,  la  providence  des  stoiciens,  et  la 
leur.  —  Die  heutigen  Slawen  an  der  Militärgrenze  sind  Serben  (s.  Jowitsch). 
Die  slawonische  Sprache  (mit  der  syrmischen)  ist  ein  Dialekt  des  Serbischen. 
Die  Karpaten  trennen  Klein-Valachien  von  Valachien  ab.  Nach  Franck 
(1539)  „hat  das  Wälsch  zugenommen  und  ist  vorgebrochen,  das  Teutsch  hat 
abgenommen"  (in  der  Schweiz). 

-)  Nach  Nott  und  Gliddon  gibt  Sprachgleichheit  (wegen  möglichen 
Umtausches)  keinen  Beweis  für  Einheit  der  Abstammung.     A.  de  Humboldt 


44  Erstes  Kapitel. 

sich  zn  einer  Mehrheit  voneinander  schlechthin  unabhängiger 
und  vom  Urbeginn  her  verschiedener  Anfänge  der  Sprachen 
(und  schon  dem  Epikur  galt  die  Verschiedenheit  der  Völker 
für  etwas  Ursprüngliches  und  Angeborenes),  andere  lassen 
jede  Sprache  bestimmte  Stadien  eines  Entwickelungsganges 
(in  family,  nomadic,  political  stage)  durchlaufen,  die  der 
juxtaposition,  agglutination,  amalgamation  (nach  M.  Müller) 
und  ähnlich  bei  Rawlinson's  Auffassung  des  Uebergangs  der 
turanischen  Sprache  ins  Semitische  oder  Arische.  Beide  Be- 
trachtunofsweisen  2;ehen  von  zum  Theil  richtigen  Gesichts- 
punkten  aus,  beide  verderben  diese  durch  ihr  System.  Bei 
keinem  Organischen  können  wir  nach  unserm  relativen  Ver- 
ständniss  von  einem  Ursprung  reden,  denn  wenn  dieses  Wort 
überhaupt  einen  Begriff  decken  soll,  so  muss  es  das  Entstehen 
eines  völlig  Neuen  bezeichnen,  und  kann  mit  einiger  Er- 
weiterung vielleicht  noch  zugelassen  werden,  wenn  wir  in  dem 
neu  entstehenden  Producte  verschiedene  Elemente  desselben 
zusammentreten  sehen,  wie  z.  B.  bei  einem  aus  Säure  inid 
Basis,  oder  deren  Constituenten  im  Salz,  gebildeten  Krystalle. 
Im  Organischen,  wo  sich  Zeugung  stets  an  Zeugung  knüpft, 
gibt  es  nur  ein  Werden  im  Kreislauf  des  Entstehens  und 
Vergehens,  und  der  erste  Anfang  einer  Schöpfung  entzieht 
sich  durch  die  xVnknüpfung  an  das  Absolute  unserer  Forschung, 
bis  vielleicht  fernere  Untersuchung  über  das  Zwischenspiel 
kosmischer  Agentien  unter  den  terrestrischen  den  Bereich  der 
Experimentalphysik  ausdehnen  mögen. 

Obwol     wir    deshalb    das     organische    Leben    überhaupt, 
und  also  auch   das   der  Sprache  ^),    als  in   stetem   Flusse   be- 


observe  que  la  division  des  langnes  en  analytiques  et  synthetiques  n'cst  pas 
satisfaisante,  et  qn'elles  derraient,  commes  les  plantes,  etre  classees  par 
groupes,  d'apres  leiirs  ressemblances  et  differenees  les  plus  apparentes  (s. 
Eyries). 

')  A  set  of  typieal  forms  of  language  (the  isolating  stage,  the  aggluti- 
nating  stage,  tlie  inflecting  stage)  are  shown  gradually  slidlng  iiito  one 
anotlier  (Max  Müller)  and  in  tlie  far  background  is  shadowed  forth  the 
evohition  of  language  from  a  unity  not  yet  visible,  bat  hoped  to  become 
visible  some  day.  —  Nach  Schleicher  gab  es  viele  Sprachen,  keine  einzige 
ursprüngliche.  Bnnsen  sucht  durch  das  Zusammenbringen  ähnlicher  Wur- 
zeln, Müller  und  Ewald  durch  das  Studium  grammatischer  Form  die  Einiieit 
der  Sprache  zu  beweisen. 


Wechsel  und  Mischungen.  45 

griflen  ansehen  müssen,  so  können  wir  doch  die  nacheinander 
durchhiufenen  Stadien  und  ihre  relativen  Proportionswerthe 
nur  bei  solchen  Beobachtungsobjecten  markiren,  wo  wir  den 
gesammten  Cyklus  des  Umlaufes  zu  übersehen  vermögen,  also 
im  Vegetabilischen  und  zum  Theil  im  Animalischen,  nicht  da- 
gegen im  Psychischen,  das  seiner  Vollendung  in  einem  me- 
taphysischen Jenseits  entgegenstrebt.  Schematisch  mögen  wir 
den  Entwickelungsgang  der  Sprachen  von  einfachen  Gestal- 
tungsformen  zu  hohem  und  complicirtern  verfolgen,  wir 
dürfen  nun  aber  nicht  weiter  folgern,  dass  in  jeder  Sprache 
dieser  Entwickelungsgang  historisch  nachzuweisen  sein  müsse, 
denn  so  weit  wir  überhaupt  auf  Erden  eine  Entwickelung 
überblicken  können,  liegt  sie  nur  innerhalb  eines  Kenegerations- 
processes,  sich  selbst  zerstörend  und  neu  wieder  belebend. 
Manche  derjenigen  Sprachen,  die  jetzt  oder  früher  einen  festen 
Typus  gewonnen  haben,  und  deshalb  zeitweise  als  solche  fest- 
zuhalten sind,  nahmen  ihren  ersten  Ansatz  in  bereits  nur 
secundären  Bildungen,  aus  denen  sie  zur  Unabhängigkeit  her- 
vorwuchsen, und  ebenso  können  weitest  fortgeschrittene  Spra- 
chen bei  längerer  Isolirung  auf  einem  heimisch  gemachten 
Boden  in  den  Naturzustand  des  Monosyllabismus  zurück- 
fallen. Es  ist  allerdings  bequemer,  erst  ein  Schema  zu  ent- 
werfen und  dann  die  Facta  diesem  anzupassen;  der  natur- 
wissenschaftliche Weg  verlangt  aber  umgekehrt  erst  eine 
genaue  Erforschung  der  Facta,  ehe  man  überhaupt  ein  Schema 
entwirft. 

Die  meisten  der  jetzigen  Sprachen  sind  Mischsprachen, 
aber  in  einer  für  literarische  Kenutniss  dunkeln  Vere-anffenheit 
gemischt,  sodass  sie  uns  als  fertig  formirt  überliefert  und  nur 
als  Gegebenes  betrachtet  zu  werden  pflegen,  als  Seiendes, 
nicht  als  Gewordenes,  wenn  nicht  etwa  erst  wieder  durch  die 
zersetzende  Analyse  in  die  constituirenden  Elemente  aufgelöst. 
Indess  können  wir  auch  jetzt  noch  die  Sprachen  im  Momente 
des  Werdens  antrefien,  wenn  wir  uns  von  der  historischen 
Betrachtung  der  Völker  zur  ethnologischen  wenden.  Die  Neger- 
Uebersetzung  1)   des  Neuen  Testaments  durch  die  Mährischen 


^)  Drie  deh  na  bakka,  dem  holi  wan  bruiloft  na  Cana  na  Galilee  en 
mamma  va  Jesus  been  ce  dapeh.  Ma  dem  ben  kali  Jesus  uanga  bim 
disciple  toe  va  kom  na  da  bruiloft.     En  tah  evieni  kaba,  mamma  va  Jesus 


46  Erstes  Kapitel. 

Brüder    in    dem    Jargon    Guianas    ist    darin    ein    belehrendes 
Studium.     Das  Negei'-Portugiesisch  (ursprünglich  ein  verdor- 


takki  na  him,  dem  no  habi  wieni  morro.  Jesus  takki  na  him  nu  mamma 
noe  worko  me  habi  nanga  joe.  Tem  va  mi  noben  kom  jette  (three  days 
after  back,  them  hold  one  marriage  in  Cana  of  Galilee  and  mamma  oi 
Jesus  been  there.  But  them  been  call  Jesus  with  him  disciples  to  come  to 
that  marriage.  And  when  wine  end,  mamma  of  Jesus  talk  to  him:  Them 
no  have  wine  more.  Jesus  talk  to  him  me  mamma  how  work  me  have 
with  you,  time  of  me  no  come  yet.  —  Negro-version  of  the  New-Testament 
by  Moravian  missionaries).  Hawing  learned  by  prevailing  experience,  that 
the  past  tense  in  a  verb  is  signified  by  an  addition  of  a  d,  the  child 
imagines,  that,  because  it  says  I  loved,  it  must  also  say:  I  bringed,  or  eise 
perhaps,  remembering  I  sang  from  I  sing,  it  says  I  brang  (Whitney).  —  Aus 
lagamasi,  lagatasi,  laganti  oder  (gothisch)  ligam ,  ligith,  ligand,  hat  man 
angelsächsisch  alle  Pluralendungen  auf  eine  reducirt  und  sagt  we  licgath,  ge 
licgath,  hi  licgath.  Although  this  last  was,  in  its  inception,  much  such  a 
blunder  as  is  now  committed  by  the  Tulgar,  who  say  I  is,  says  I  and  so  ou, 
it  was  adopted  and  ratified  by  the  Community  because  eliminating  unnecessary 
distinction.  Wie  Gado:  unser  Gott  (statt  possess),  mie  no  wanie,  ich  will 
nicht,  wan  sama  dee,  da  ist  jemand,  novvan  same  dee,  niemand  ist  da.  Im 
englischen  Dialekt  der  pennsylvanischen  Deutschen  wird  gensybroost  gesagt 
statt  the  breast  of  a  goose,  anoder  statt  another,  u.  s.  w.  Ich  bin  getravelled 
high  un  low  (im  pennsylvanischen  Deutsch).  Von  Marbelstein  und  Brick.  — 
Von  der  auf  den  Seychellen  üblichen  Sprache  bemerkt  Wright:  The  language 
spoken  is  French,  but  very  curiously  corrupted  among  the  lower  classes  of 
the  population.  There  wonld  appear  to  be  no  grammar,  no  tense  to  the 
verbs  and  no  declensions  to  the  pronouns.  There  is  no  phrase  more  com- 
mon, than  moi  ne  ^ont  pas,  I  dont  know.  Many  words  are  lengthened  by 
the  intercalation  of  vowels,  gelisser  for  glisser,  etc.  The  language  was 
three  gcnerations  ago  spoken  in  perfect  purity  by  the  original  settlers.  —  En 
este  estado  que  es  el  primer  paso  que  las  naciones  dan  para  nnidar  la 
lengua,  estaba  quarenta  aüos  ha  la  araucana  en  las  islas  de  Chilowe,  en 
donde  los  araucanos  apenas  proferian  palabra  que  no  fuese  espanola,  nias 
la  proferian  con  el  artificio  y  örden  de  su  lengua  nativa,  llamada  araucana 
(Hervas).  —  Nach  der  Älitte  des  zweiten  Jahrh.  p.  J.  wird  von  dem  Sophisten 
(und  Redner)  Pausanias  aus  Cäsarea  (in  Kappadocien),  Schüler  des  Herodes 
Atticus,  berichtet,  dass  er  nach  der  Sprechweise  seiner  Landsleute  Vocale 
zwischen  Consonanten  ausstiess  und  den  Unterschied  der  langen  und  kurzen 
Vocale  unbeachtet  liess.  Nach  Mitte  des  4.  Jahrh.  p.  J.  wurde  Cliry- 
sostomos  in  Antiochia  von  einer  Frau  aus  der  Menge  gebeten,  das  Volk 
in  einer  verständlichem  Sprache  (nämlich  im  gemeinen  Griechiscli)  zu  be- 
lehren. „Das  Neugriechische  (in  manchen  Formen  alterthünilicher  als  die 
alte  Sprache)  hat  Formen  aufbewahrt  aus  der  Zeit,  wo  Gräken  und  Italer 
noch  nicht  geschieden  waren."  Das  classisehe  Griechisch  war  eine  aus  dem 
Jargon  erklärte  Sprache  der  Grammatiker,  die  alle  südlichen  Dialekte  mehr 
oder  weniger  abschwächte,  während  später  mit  dem  Vordringen  des  Macedo- 


Wechsel  und  Mischungen.  47 

benes  Portugiesisch,  das  auf  jüdischen  Plantagen  in  Surinam 
gesprochen  wurde)  hat  sich  bei  den  Saramakkanern  (ein  Stamm 
freier  Buschneger  im  obern  Surinam)  erhalten,  doch  verstehen 
die  meisten  (ausser  ihrer  Djoe-tongo  oder  Judensprache)  auch 
das  Neger-Englische  (Xingre  oder  Negerisch)  oder  (Ningre- 
tongo)  Negersprache  (Bakra  oder  Europäisch).  Die  neger- 
englische Sprache  ist  mit  der  Zeit  (aus  einem  verdorbenen 
Englisch)  ein  Neger-Englisch-Holländisch  geworden.  Die  Con- 
struction  ist  zwar  noch  die  englische,  manche  Worte  lassen 
sich  als  englisch  erkennen,  aber  die  neu  hinzukommenden  sind 
dem  Holländischen  entnommen  (Wullschlägel).  De  Neger- 
Engelsche  taal  wird  von  Focke  beschrieben,  als  een  onvolledig 
zamenraapsel  van  Portugesche,  Engeische  en  Hollandsche 
woorden,  die  door  eene  Afrikaansche  uitspraak  verdraid  en 
verminkt  zijn,  aber  doch  viel  Eigenthümliches  haben.  Durch 
die  in  Paramaribo  geborenen  Negier  wurde  eine  Gleichartiir- 
keit  in  die  verschiedenen  Dialekte  ^)  der  importirten  Sklaven 
gebracht. 


nischen  aus  dem  Norden  das  Ursprüngliche  in  der  Spracheigenthümlichkeit 
des  Volkes  wieder  zur  Geltung  kam.  „In  Alexandrien  (und  ebenso  in 
Antiochien)  bildeten  sich  die  Graeculi,  die  von  den  alten  Hellenen  nur  noch 
die  leichten  Elemente  des  Geistes,  Temperaments  und  Charakters  bewahrten, 
aber  bar  aller  Gediegenheit  waren"  (s.  Steinthal).  —  The  Grebo  have  Greboized 
a  large  number  of  foreign  words,  and  some  of  these  are  extensively  used, 
but  can  easily  be  distinguished.  A  foreign  word  with  a  vowel  termination 
is  adopted  without  any  alteration.  If  it  has  a  consonant  termination,  the 
final  consonant  is  either  dropped  or  a  final  vowel  is  suffixed. 

')  Senores,  die  Bell  ist  gezogen  für  das  Almuerzo,  im  limaischen 
Deutsch.  Si,  seiior,  certainement,  you  bet,  ist  Phrase  im  Englisch-Califor- 
nischen.  Cassarubu  ist  gebildet  aus  dem  portugiesischen  cazar  (jagen)  und 
Urubu  (Geier)  im  Tupi,  Itapuanzinho  oder  kleiner  Nagel  ist  ein  Tupi-Wort 
mit  portugiesischem  Diminutiv  (ita-apoan  oder  convexcs  Metall).  Im  Deut- 
schen haben  wir  Luft-Electricität,  Erdmagnetismus,  Himmelsmechanik  u.  s.  w. 
Wie  in  der  Sprache  von  Yiti  hat  auf  den  Gilbert-Inseln  eine  ursprüngliche 
Negritosprache  durch  enge  Vermischung  mit  einer  polynesischen  einen  ganz 
polynesischen  Charakter  angenommen,  während  (nach  v.  d.  Gabelentz)  sie  in 
ihrem  innersten  Kern  noch  das  ganze  Wesen  einer  Negritosprache  zeigt  (s. 
Meinicke).  Die  Sprache  der  Marshall-Inseln  ist  den  niikronesischen  zuzu- 
rechnen.—  Pour  dire  ,,ce  gar9on",  les  Vendeens  disent  tscliö  gärs.  — Wilustican 
(im  Minsi)  oder  Kopf  ist  aus  dem  lenapischen  Wort  Wil  und  dem  algon- 
quinischen  Oustikouan  zusammengesetzt,  Wüdip  oder  Kopf  (im  Illinois)  aus 
Wil    (lenapisch)    und    Depikane    (miamisch),     Pechquatub    aus    Penobscot, 


48  Erstes  Kapitel. 

Das  Bedürfniss  des  mündlichen  Verkehrs  wird  stets  eine 
gemeinsame  Sprache  z^yischen  verschiedenartig  redenden  Völ- 
kern oder  Stämmen  bilden,  und  sind  dabei  hauptsächlich  drei 
verschiedene  Wege  möglich.  Der  gewöhnlichste  ist  der,  dass 
sich  aus  dem  Durcheinandersprechen  der  fremden  Dialekte  ein 
neuer  schafft,  gleich  dem  Urdu,  der  in  den  Lagern  Timurs 
als  Verkehrsmittel  hervorgerufenen  Abart  des  Hindostani,  der 
lingua  franca  des  Orients,  der  lingua  geral  Brasiliens,  dem 
Chinnook-Jargon  oder  der  Handelssprache  in  Oregon,  die  vom 
untern  Columbia  und  dem  AVillamette  sich  zum  Füget- Sound 
verbreitete  und  dann  mit  Ausdehnung  des  Handels  (s.  Gibbs) 
die  Küste  aufwärts,  sowie  längs  des  Columbia  und  Fraser- 
Flusses.  Die  Poul  in  Khasso  sprechen  den  Khassonke  genannten 
Dialekt  des  Mandingo.  Nach  Procop  bedienten  sich  die  Be- 
wohner Mauritaniens  und  Numidiens  der  Phoenicum  lingua 
(als  lingua  franca),  die  die  Tyrii  bilingues  ausser  ihrer  eigenen 
Muttersprache  (punisch  oder  phönizisch)  noch  zu  lernen  hatten, 
in  dem  Berberischen  (nach  Hodgson).  Die  Bevölkerung  Kanos, 
die  zum  grossen  Theil  aus  Bornu-Elementen  besteht,  hat  sich 
im  Laufe  der  Zeit  die  Haoussa-Sprache  angeeignet.  In  Mexico 
ist  das  Spanische  mit  aztekischen  Worten  gemischt.  Zeigt 
sich  zwischen  den  in  gegenseitigen  Verkehr  tretenden  Völkern 
schon  das  eine  durch  seinen  politischen  Einfluss  übermächtig 
überwiegend,  wie  die  Macedonier  während  der  asiatischen  Er- 
oberung, die  Römer  bei  Gründung  ihres  Weltreiches  u,  s.  w., 
so  wird  dessen  Sprache  vorwaltend  adoptirt  werden,  obwol 
es  dann  meist  eintreten  wird,  dass  sie  von  dem  Muttersitze 
weiter  entfernt,  mehr  und  mehr  in  dialektische  Verschieden- 
heiten aufs  neue  zersplittert  und  allmählich  in  ihren  selbst- 
geschafienen  Töchtersprachen  verschwindet,  wie  das  Lateinische 
in  dem  llomanischen.  Das  Arabische  hat  in  derselben  Weise 
dominirt,  und  in  Amerika  neben  dem  Maya  oder  dem  Azteki- 
scheu  besonders  die  von  den  Inca  mit  ihren  Kriegszügen  ver- 
breitete Quechua-Sprache,  die  noch  jetzt   am   obern  Solimaes 


Abenaki,  Massachusett  (s.  Duponceaii).  —  Gostliäna  (station  de  vaohes)  a  pris 
plus  tard  le  sens  d'etable,  et  sa  signification  s'est  ensuite  generalisee'  dans 
Je  fem.  güstlii",  jusqu'a  ne  plus  designer  qu'une  reunion,  une  assemblee;  dann 
wurde  wieder  eine  Wiederliolung  gügo&htha  für  Kulistall  gebildet  (s.  Pictet). 


Wechsel  und  Mischungen.  49 

als  Vehikel  i)  der  Handelsreisenden  aus  Maynas  und  Peru  ge- 
braucht wird. ..  Die  Sprache  eines  vielfache  Länder  besuchen- 
den Handelsvolkes  wird  gleichfalls  gern  als  passendstes  Ver- 
kehrsmittel erlernt  werden,  wie  das  Malaiische  im  indischen 
Archipelago  oder  in  allen  Seehäfen  das  Englische,  das  dann 
im  Munde  der  Afrikaner  wieder  in  das  Neger-Englisch 2),  im 
Chinesischen  in  das  Kanton-Englisch,  auf  den  polyncsischen 
Inseln  in  andere  Arten  des  Rothwelsch  verkehrt  wird.  Auch 
kann  eine  Sprache  dadurch  die  Hegemonie  erlangen,  dass  sie 
das  Eigenthum  einer  Gelehrtenkaste  ist,  und  deshalb  bei  allen 
dieser  Angehörigen  vorausgesetzt  werden  darf,  wie  beim  Sanskrit 
der  zugleich  als  Handelsleute  umherziehenden  Brahmanen  oder 
dem  Mandarinendialekt  der  über  alle  Provinzen  Chinas  zer- 
streuten Beamten.  Ein  anderer  Weg  ist  dann  noch  der,  dass 
eine  dritte  Sprache  gewählt  wird ,  um  die  Brücke  zwischen 
zwei  einander  unverständlichen  zu  schlagen,  wie  sich  Engländer 
und  Franzosen  in  den  Gesellschafts-Inseln  oft  tahitisch  unter- 
halten oder  bei  der  Vielfichheit  der  Dialekte  auf  den  friesischen 
Inseln  mitunter  das  Plattdeutsche  zum  Verkehr  dient.  Immer 
bilden  sich  diese  Generalsprachen  aus  einer  Mannichfjiltio-keit 
der  Idiome  hervor,  um  sich  wieder  in  Dialekte^)  zu  zer- 
splittern, und  M.  Müller  sagt  richtig,  die  Dialekte  werden 
durch  ihre  steten  Neuschöpfungen  the  feeders  of  language  in 
ihrer  literarischen  Verknöcherung,  als  dialectical  regeneration, 


')  Die  Sprache  der  Tschippeways  (am  obern  See  und  östlich  bis  St.- 
Janiesbav)  ist  die  allgemeine  Yerständigungssprache  der  nordamerikanischen 
Indianer  geworden.  Die  Nahuatlacatl  sind  (nach  Buschmann)  die  deutlich 
(die  Naliuatl-Sprache)  Redenden. 

^)  Nach  Köler  verändern  die  Neger  alle  das  Englische  in  derselben 
Weise,  trotz  der  Verschiedenheit  ihrer  eigenen  Sprachen. 

^)  The  primary  dialects  are  earlier  than  the  xotvr] ,  just  as  mountain 
streams  are  earlier  than  rivers,  the  secondary  dialects,  on  the  contrary, 
are  later,  just  as  Channels  are  later  than  lakes  (s.  Müller).  Im  Gegensatz 
zu  den  übrigen  Hellenen  sprachen  die  Athener  (nach  Xenophon)  eine 
Mischung  aus  allerlei  Dialekten  der  Hellenen  und  Barbaren  (x£xp7[j.£\-r]  i^ 
c.T^c/'vTCüv  Twv  'EaÄt'vcov  y.ai  p^ypliapwv),  -weil  sie  (nach  Sicilien,  Italien,  Kypros, 
Aegypten,  Lydien,  dem  Pontus  und  sonst  umherfahrend,  zugleich  im  eigenen 
Hafen  Leute  von  allerlei  Sprachen  hörend)  von  dem  einen  dies,  von  dem 
andern  das  auflasen.  Die  Koivi^  genannte  Sprache  (das  Griechische  nach 
der  Zeit  Alexander's)  blieb  in  ihren  Elementen  zwar  attisch,  aber  die 
schöpferische  Spraehkunst  war  verloren  (s.  Steinthal). 

Bastian,  Studien.  '  4 


5()  Erstes  Kapitel. 

WOZU  phonetic  decay   im   Gegensatz  hingestellt  wird,   als  der 
zweite  Process,  der  im  Wachsthum ')  der  Sprachen  thätig  ist. 


')  The  life  of  language  has  beconie  beniiuibed  and  extinot  in  those 
words  and  portions  of  words,  which  shovv  the  first  traces  of  tliis  phonetic 
monld.  Doch  sind  es  höher  combinirte  Schöpfungen,  wie  in  der  organischen 
Chemie,  die  durch  die  verschwindende  Pcrception  jedes  einzelnen  Elements 
den  Fortschritt  der  Abstraction  erleichtern.  Die  parthischen  oder  scythischen 
Eroberer  Irans  haben  (nach  Pott)  den  grammatischen  Bau  ihrer  Sprache 
verloren  für  den  einfachen  des  Pehlewi,  das  zu  den  iranischen  Sprachen 
gehört.  Sicilien  wurde  im  Mittelalter  griechisch  redend  (s.  Niebuhr).  Die 
Karelen  sprachen  finnisch  nach  Verlust  ihres  Dialekts  (Retzius).  Die  Guanchos 
sprechen  spanisch  (Berthelot).  Vindja-Völker  haben  ihre  Sprache  mit  einer 
Tochtersprache  des  Sanskrit  vertauscht.  Nach  Brasseur  ziehen  die  Spanier 
in  Guatemala  die  einheimische  Maya-Sprache  der  ihrigen  im  Gebrauche  vor. 
Die  Chasaren  vertauschten  (9.  Jahrb.)  ihre  Sprache  gegen  die  der  benach- 
barten Ungarn  (Const.  Porph.).  Alegre  es  lo  mismo  que  risuefio,  entender 
6  saber  es  lo  mismo  que  percibir  (en  el  Tatche  6  Telame).  In  mittelalter- 
lichen Chroniken  finden  sich  mitunter  lateinische  Endungen  deutschen  Worten 
zugefügt.  Aehnlich  hat  sich  das  Englische  der  normannischen  Periode 
accommodirt.  In  phrases  such  as  „zour  honorabile  lettres  contenand"  or 
„brekand  the  trewis",  the  introduction  of  the  French  grammatical  termination 
may  have  been  facilitated  by  the  similarity  of  the  Anglo-Saxon  termination 
of  the  gerunds  in  ende  (M.  Müller).  „Im  Albanischen  und  Bulgarischen 
scheint  die  Eigentliümlichkeit,  den  Artikel  nach  statt  vor  zu  setzen,  dem 
Walachischen  entnommen,  wo  sich  domnul  (dominus  ille)  bildete,  statt  il 
domnu  (ille  dominus)."  The  Persian  in  such  forms,  as  gul-i-keniz,  the  rose 
of  the  maid,  dil-i-men  or  dilem,  my  heart,  has  adopted,  no  doubt  after 
Semitic  modeis,  a  syntactical  principle  not  only  at  variance  with,  but 
diametrically  opposed  to  all  Indo-Europaean  grammar.  Bei  den  Tecunas, 
die  (wie  alle  von  einer  gewissen  Halbcultur  ergrifi"enen  Horden)  in  ihr  Idiom 
leicht  Fremdworte  aufnehmen,  finden  sich  Wörter  aus  der  Quicbua-Sprache. 
Die  Worte  der  von  den  Inkas  gebrauchten  Geheimsprache  waren  nur  modi- 
ficirte  Formen  der  leugua  general  in  Quichua  (s.  Meyen).  Im  Malaiischen 
werden  5  "/o  arabische  und  IS^/o  sanskritische  Worte  gerechnet.  Infolge 
der  politischen  Verbindung  mit  Tahiti  wurde  auf  den  westlichen  der  Austral- 
Inseln  der  raratongische  Dialekt  durch  den  tahitischen  verdrängt.  The 
Americans  obtained  their  Latin  words  in  a  roundabout  way.  They  were 
brought  to  England  by  Germanic  adventurers,  the  Normans,  who  had  learned 
thcm  from  a  niixed  people,  the  Frencli,  chiefly  of  Celtic  blood,  and  these 
again  had  derived  them  from  anothcr  hcterogeneous  Compound  of  Italian 
races,  among  whom  the  Latin  tril)e  was  numerically  but  a  fceble  eiement 
(Whitney).  Die  nicht  nordwärts  wandernden  Mandschu  verähnlichen  sich 
(unter  Annahme  eines  sesshafien  Lebens)  den  chinesischen  Einwanderern  aus 
Shantung,  und  vor  der  geläufig  werdenden  Mandarinensprache,  die  in  den 
Schulen  aus  chinesischen  Büchern  gelehrt  wird,  beginnt  das  Mandschu  und 
seine  Schrift  zu  verschwinden  (s.  Williamson).     Die  Neger  auf  Haiti  haben 


Wechsel  und  Mischungen.  51 

Indem  herumstreifende  Horden  im  Jägerzustande  sich 
trennen,  entstehen  Dialekte,  die  bald  ganz  abweichen  (nach 
Cass).  „Sprachen,  die  nicht  durch  Buchstaben  fixirt  werden, 
miissen  beständigen  Veränderungen  unterworfen  sein,  und  in 
eben  dem  Masse,  als  der  Verkehr  zwischen  den  verschiedenen 
Stämmen  durch  Feindseligkeiten  oder  locale  Entfernungen 
gehemmt  wird,  werden  die  Abweichungen  ihrer  Sprachen  zu- 
nehmen." Die  allgemeine  Laudessprache  i)  ist  die  gälische 
(auf  den  Hebriden),  doch  hat  der  Verkehr  mit  Fischern  und 
anderen  Keisenden  ein  Gemisch  englischer  und  ausländischer 
Worte  eingeführt,  wodurch  die  ausdrucksvolle  Kernsprache 
verdorben  werden  wird  (Buchanan,  1782).  In  der  Moldau 
wurde  (Anfang  des  15.  Jahrh.)  die  Messe  in  der  lateinischen 
Sprache  (unter  Alexander)  verboten,  und  ebenso  in  der  Wa- 
lachei (aus  Hass  gegen  das  Papstthum).  Die  Geschäftssprache 
blieb  die  slawische  mit  den  cyrillischen  Buchstaben  (ebenso 
wie  in  Siebenbiirgen).  Seit  dem  Fürsten  Basyl  (gest.  1G54)  fing 
die  romunische  Sprache  an,  sich  mehr  auszubilden  (besonders 
durch  Rakotzy  von  Siebenbürgen).  Die  (nach  AbschaflPung 
der  lateinischen  eingeführten)  cyrillischen  Buchstaben  wurden 
später  wieder  den  lateinischen  ähnlich  gemacht,  und  in  Sieben- 


'las  Französische  angenommen.  In  den  dänischen  Colonien  wurde  von  den 
Negersklaven  plattdeutsch  (mit  Weglassung  aller  Beugungssilben)  geredet 
(nach  Oldendorp),  in  Brasilien  (nach  Koster)  portugiesisch ,  in  Sierra-Leone 
neger-englisch ,  in  Mauritius  französisch.  Die  Marianen-Insulaner  reden 
spanisch  (nach  d'Urville),  während  die  importirte  Bevölkerung  sich  das 
Chamorro  angeeignet  hat.  In  Nicaragua  und  Honduras  wird  spanisch  ge- 
sprochen (ausser  vereinzelten  Indianerstämmen).  Die  Guayqueries  (der 
Guaraunos)  an  der  Küste  von  St.-Margarethe  sprechen  spanisch  (Bonpland). 
Die  Bewohner  von  Chiloe  sprechen  spanisch  (Fitzroy).  Die  Stämme  von 
Baradero ,  Quilmos,  Chalchaguay,  St. -Domingo,  Soriano  sprechen  spanisch 
(Azara).  Die  Brotherton  (der  Algonkin)  sprechen  englisch.  Die  Changos 
bei  Cobija  sprechen  verdorbenes  Spanisch.  Die  Bewohner  von  Zamboanga 
auf  Mindoro  sprechen  verdorbenes  Spanisch.  Die  Indianer^  bei  Rio-Janeiro 
sprechen  portugiesisch.  Die  Colonie  bosnischer  Soldaten  von  Unter-Nubien 
verlor  ihre  Sprache  (1420  p.  J.).  Die  Chinesen  in  Manilla  reden  theils  nur 
tagalisch  (Virgin),  in  Baujermassing  nur  malaiisch.  Die  Juden  haben  die 
Landessprachen  adoptirt.  Die  Spanier  der  peruanischen  Minen  sprechen 
Quichua  (Pickering),  Die  Russen  am  Lena  sprechen  jakutisch  zum  Theil. 
')  The  Manx  is  spoken  generally  on  the  mountain-districts  of  the  Isle 
of  Man  and  in  the  north-western  parishes.  There  are  however  few  persons, 
who  know  no  English  (Cumming). 

4* 


52  Erstes  Kapitel. 

bürgen  druckte  man  dann  Bücher  in  romnnischer  Sprache  ganz 
mit  lateinischen  Lettern.  Die  Sprache  der  Urkunden  unter 
Alexander  (1417  p.  J.)  hält  die  Mitte  zwischen  dem  Serbischen 
und  der  Sprache  der  Kusniaken  in  Galizien,  dem  alten  Lande 
Halitsch.  Als  A\  iederhersteller  der  Landessprache  können 
Basyl  der  Albanier  (Fürst  der  Moldau)  und  Matthias  Bessa- 
raba  (Fürst  der  Walachei)  angesehen  werden.  Basyl  bestimmte 
1G43  die  Landessprache  zur  Kirchensprache.  In  der  Landes- 
sprache wurde  unter  Bessaraba  in  der  Walachei  1652  gedruckt. 
Die  Sprache  der  Bambuk-Neger  (vom  Stamm  der  Mandingos 
in  den  Reichen  Bambuk,  Satadu  und  Konkudu)  ist  ein  ver- 
dorbener Mischmasch  von  Wörtern  *)  aus  der  Mandingo-, 
Jalof-,  Tuli-  und  maurischen  Sprache  sowie  dem  Portugie- 
sischen (Golberry).  Die  verschiedenzüngigen  (s.  Zeuss)  Donau- 
Scythen  (^u^xadSsc  yap  ovtöc)  sprachen  ausser  ihrer  Mutter- 
sprache (nach  Priscus)  noch  eine  andere,  die  gothische  oder 
lateinische,  selten  die  griechische.  Bei  den  italischen  Bulgaren 
fand  sich  (nach  Paul  Diac.)  ausser  dem  Bulgarischen  auch  das 


')  Die  dem  Englischen  eigenthiunliche  Verwendung  des  Verbuni  do,  als 
auxiliares  Verbum  des  activen,  ist  (nach  Edwards)  dem  Bretonischen  ent- 
nommen, wo  karoud  a  rann  dem  I  do  love  entsprechen  würde.  Ebenso  die 
auch  im  Französischen  adoptirte  Construction  mit  apres  und  dem  Participe 
pres.  (apres  avoir  bäti,  apres  avoir  ete).  L'origine  de  l'idiome  africain  est 
la  langue  arabe  proprement  dite,  a  laquelle  la  fusion  des  Arabes  avec  les 
Berbers  et  les  Turcs,  quoique  lente  et  jamais  franche,  n'a  pas  laisse  d"ap- 
porter  des  modifications  evidents  sons  le  rapport  de  la  formation  des  mots 
(Cherbonneaul.  L'element  qui  a  eprouve  la  plus  forte  alteration,  c"est  le  veibe. 
Im  Näga-Dialekt  von  Namsang  zeigen  sich  Anfange  zu  Verbalbildungen 
(nach  M  Müller).  Da  sich  die  Eigennamen  der  alten  Geographie  Nord- 
afrikas meist  aus  dem  Imoscharh  (Ta-Mascheg  oder  Ta-Maschirht)  erklären, 
ist  dieses  Idiom  als  ein  Abkömmling  der  alt-libyschen  Sprache  anzusehen. 
Die  italische  Sprache  lehnte  sich  in  der  Form  an  die  lateinisclie  Volks- 
sprache an,  nahm  aber  aus  den  durch  die  fremden  Eroberer  und  die  ältere 
Bevölkerung  beigestellten  Idiomen  einen  reichen  Vorrath  sowol  an  Worten 
als  an  Wendungen  in  sich  auf  (s.  F.  Müller).  Die  Anfänge  der  indischen 
Volkssprachen  (in  den  Edicten  buddhistischer  Könige,  sowie  Pali  und 
Prakrit)  stehen  dem  Sanskrit  auch  insofern  nahe,  als  sie  den  ursprünglichen 
Organismus  nicht  verlassen  haben,  sondern  meistentheils  nur  lautliche  Ver- 
änderungen gegenüber  der  alten  Sprache  zeigen.  Die  neu-indischen  Idiome 
dagegen  haben  den  ursprünglichen  Organismus  völlig  verlassen  und  (gleich 
den  romanischen  Sprachen  in  Europa)  auf  den  Trümmern  des  alten  einen 
ganz  neuen  gebildet  (s.  F.  Müller). 


Wechsel  und  Mischungen.  53 

Lateinische.  Die  Sprachmischung  in  der  Mischnah  und 
Tosefta  sinkt  zu  einer  wahren  Sprachmengerei  *)  herab  in  den 
spätem  Midraschim  (durch  Einführung  griechischer  und 
römischer  Elemente).  Die  Fremdlinge  sind  bereits  so  heimisch 
geworden,  dass  ohne  Noth  und  Grund  eben  nur  durch  Ge- 
läufigkeit und  Gewöhnung  sie  dem  Redenden  gleichsam  von 
selbst  in  den  Mund  kommen,  und  der  Verständlichkeit  bei 
dem  Hörenden  gewisser  sein  diirfen  als  selbst  die  genuinen 
Bezeichnungen.  Ja,  der  sprachbildende  Trieb  verwendet  diese 
neuen  Zuflüsse  und  bildet  sie  um ,  als  wären  es  hebräische 
oder  aramäische  Stämme  (s.  Sachs).  Une  nation  agit,  en 
alterant^)   le   mot   (etranger),   comme   au    hasard,    puisqu'elle 


^)  In  seinen  panslawistischen  Bestrebungen  sucht  Lamanski  die  russische 
Sprache  zur  allgemeinen  Schriftsprache  der  Slawen  zu  erheben.  The  mu- 
sicians  are  looked  upon  as  the  gypsy-nobility  (in  Transylvania),  the  language 
has  many  words  from  the  Turkish,  Wallachian,  Magyar,  Slavonic,  German, 
Latin,  Greek.  Its  vocabulary  differs  much  from  other  gipsy  dialects.  Many 
gypsies  also  speak  the  Wallachian  ("according  to  Charnock).  Die  Sprache  der 
Pirnas  wird  fast  allgemein  in  Sonora  verstanden  (nach  Pfefferkorn).  A  leur 
langue,  les  Moesiens  et  Daces  durent  etre  les  premiers  Salves,  Slaves  ou 
Sauves  d'Orient,  puisqu'ils  etaient  plus  a  meme  que  les  atitres  peuples  de 
comprendre  la  langue  latine,  qui  avec  le  christianisme  leur  apportait  le 
salut,  la  gloire  eternelle  (slava,  zum  Gruss  verwandt)  (s.  Vaillant).  Deux 
dialectes  principaux  distinguent  les  Romains  moesiens  et  les  Romains  daces, 
auxquels  le  premier  partage  de  l'empire  vint  donner  le  nom  de  limba 
romanesca  de  la  reskrit  (resarire  ou  rebondir),  langue  romane,  d'Or  ou 
d'Orient,  par  Opposition  "a  la  langue  d'oc,  d'oil  ou  d'oui,  d'Occident  ou 
d'Occitanie,  d'Ouessant  ou  d'Ouest.  II  est  vrai  que  ces  trois  mots  signifient 
egalement  oui  dans  les  langues  romanes  d'oc  et  d'oil,  mais  cela  ne  me  semble 
provenir  que  de  l'analogie  de  oc  avec  le  ac  latin  et  du  wi,  wes,  west,  des 
Normands,  Saxons  et  Lombards,  avec  audire,  audivi,  ouir,  oui  (s.  Vaillant). 
Caeterum  latina  lingua  potius  quam  graeca  in  niultis  ejus  locis  (Thraciae) 
vulgaris  est  (Lequien).  Der  Patriarch  Michel  Cerullarius  Hess  die  Moesier 
die  cyrillischen  Buchstaben  der  Slawen  statt  der  lateinischen  annehmen 
(1054:  p.  J.).  Infolge  des  Concils  zu  Florenz  mussten  die  Romanen  auf 
dem  linken  Ufer  der  Donau  die  lateinischen  Buchstaben  (14.  Jahrh.)  auf- 
geben. Die  türkischen  Juden  schreiben  das  Spanische  mit  arabischen  Buch- 
staben. 

-)  Les  Micmacs  appellent  un  chapeau  „monchapoug",  n'oubliant  point 
d'adjoindre  le  pronom  prefixe  (Duponceau).  Der  Einfluss  des  Arabischen 
und  Persischen  auf  die  Sprache  der  Osman-Türken  zeigt,  dass  eine  Sprache 
in  lexikalischer  Hinsicht  beinahe  untergehen  und  dennoch  ihre  Grammatik 
rein  bewahren  kann  (s.  Schott).  Das  englische  scarlet  ist  in  das  Siamesische 
(sakkalat)   aufgenommen,    sowie    in  das  Birmanische  und  Malaiische,   ebenso 


54  Erstes  Kapitel. 

n'agit  pas  scientifiquement;  si  eile  coupe  le  mot,  eile  ne 
tombera  que  par  un  cas  fortuit  sur  le  point  qui  separe  la 
racine  de  sa  terminaison,  et  a  plus  forte  raison,  sur  la  double 
articulation,  quand  il  y  a  une  particule  prefixe  (Milne-Edwards). 
Balbi  bat  die  Zahl  der  Sprachen  auf  860  annehmen  wollen, 
aber  wie  ungenügend  eine  solche  Beschränkung  ist,  zeigt  der 
Blick  auf  ein  vielsprachiges  Gebiet,  wie  Timor  mit  seinen 
40  Sprachen,  die  Ostjäken-Stämme,  Bornu  mit  30,  Wadai  mit 
20  Dialekten,  Yoma,  Yunan,  der  schon  den  griechischen  Kauf- 
leuten schwierige  Kaukasus  u.  s.  w.  AVie  durch  Vermischung 
entstehen   auch  durch  Zerspaltuug  beständig  neue^)  Dialekte. 


Zapo  (sapo)  durch  das  Spanische.  Die  Sage  erklärt  das  Auftreten  des 
Skalden  Gunnlaug  Ormstunga  daraus,  dass  bis  zu  den  Zeiten  "Wilhelm  Conq. 
Eine  Sprache  in  England,  Norwegen  und  Dänemark  geherrscht  habe  (nach 
der  Gunnlaugssage).  He  is  sorry  =  wari  ni  na  (sorrow  works  or  afflicts 
him) ,  he  is  distressed  =  blidi  kra  na  (an  afiair  has  caught  him) ,  he  is 
angry  =  a  pe  yera  (he  sustains  anger),  he  is  vexed  =  ya  muh  krahwudi  (it 
has  raised  a  bone  in  my  breast)  in  the  Grebo-language.  The  Kroomen 
acquire  in  the  first  place  an  imperfect  and  outlandish  pronunciation  of  a 
given  number  of  English  -^vords,  and  those  words  in  the  next  place  are 
arranged  in  sentences  according  to  the  native  idiom.  Hence  they  say: 
hungry  lives  this  place,  hungry  catch  me,  sick  hold  me,  war  lives  that 
country,  that  man  has  too  much  sass  (impudence).  He  has  lie  or  he  make 
lie.  Dem  italienischen  como  State  entspricht  (französisch  und  deutsch) 
comment  allez-vous  (wie  geht  es,  wie  steht's)  oder  comment  cela  va-t-il  avec 
vous.  L'association  d'un  radical  germanique  et  d'un  radical  latin  a  produit 
en  fran(;ais  des  mots  hybrides,  guerdon  (wider  donum),  mauvais  (malvais)  de 
malus  et  de  vesan  (nature),  souhaiter  de  sub  et  de  haitu  (promettre).  Une 
autre  classe  se  compose  d'un  mot  germanique  et  d'une  preposition  latine, 
agrafer  de  ad  et  de  krampfo,  attraper  de  ad  et  de  trappa  ou  piege  (Am- 
pere). Die  Neger  verwenden  im  englischen  Jargon  häufig  das  Wort  eat 
(chop)  oder  essen  (he  eats  the  money,  eats  his  gain  u.  s.  w.),  ähnlich  wie 
Türken  und  Chinesen  in  weitern  Beziehungen,  und  auch  im  Birmanischen, 
krah-zah,  sich  bemühen  (Eifer  essen),  kha-zah,  verehren  (Ehrfurcht  essen), 
zan-zah ,  überlegen  (Zusammenknüpfungen  essen),  mre-zah,  zerfallen  (Erde 
essen),  he  eats  dirt  (gestürzt  werden),  won-zah,  sich  verwagen  (Kühnheit 
essen).  Es  ist  och  ze  merken,  dass  der  Tamerlin  dreierley  sach  frass  (sich 
plagte  oder  Verdruss  machte),  das  er  krank  ward  (s.  Schiltberger). 

')  Pike  hielt  die  Sprache  der  Menomenis  für  völlig  von  der  umgeben- 
der Stämme  (in  Canada)  verschieden,  aber  (nach  James)  lag  dies  nur  in  der 
Aussprache,  da  völlige  Gleichheit  bestehe  und  das  Geschriebene  sehr  dem 
Chippeway  ähnele.  Cesar  de  Nostredanie  se  plaint,  que  la  langue  proven^ale 
est  si  „meslee  de  termes  Frangois,  Espagnols,  Gascons,  Tuscans  et  Lombards, 
qu'a   grand    peine    est-elle  de  nous  qui    souimes  du  pays  entendue".     Multae 


Wechsel  und  Mischungen.  55 

Bei  den  Hiironen  sprachen  (nach  Sagard)  nicht  zwei  Dörfer 
dieselbe  Sprache,  kaum  zwei  Familien  in  einem  solchen  (162G), 
und  wenn  die  in  Südafrika,  wie  Moftat  erzählt,  in  ihren 
Dörfern  allein  zurückgelassenen  Kinder  und  Greise,  während 
der  Abwesenheit  ihrer  Aelteru  länger  als  ein  halbes  Jahr  isolirt 
blieben,  würden  sie  dieselben  bei  ihrer  Rückkehr  vielleicht 
nicht  nur  in  einem  fremden  Dialekt,  sondern  in  einer  schon 
fremd  werdenden  Sprache  anreden.  Das  Wort  Picca-uinny  ^), 
ein  englisches  Compositum  aus  italienischem  Adjectiv  (piccolo, 
während  Webster  picado,  unartig,  brummig  oder  auch  garstig, 
meint,  statt  pequeno)  und  spanischem  Substantiv,  hat  die  Tour 
um  die  Welt  gemacht  und  findet  sich  jetzt  in  australischen 
Dialekten  ebensowol  wie  in  denen  des  Feuerlandes,  und  bei  den 
Negern,  sowie  bei  den  Mulatten  in  den  südlichen  Staaten  der 
Union.  Etymologisch  käme  man  bei  piccolo  (picol,  wenig  im 
Spanischen)  auf  paucus,  bei  Niüo  womöglich  auf  orientalische 
Wurzeln,  und  kann  weder  das  eine  noch  das  andere  zur  Er- 
klärung nützen.  Dagegen  tritt  hier  wieder  die  Bedeutung  der 
Onomatopoesis  hervor,  die  noch  weit  mehr  als  bei  den  ver- 
meintlichen Schöpfungen  der  Worte  bei  ihren  spätem  Um- 
wandkingen  in  Betracht  zu  ziehen  ist,  und  sich  hier  im  p- 
Laut  ebenso  bemerklich  macht,  wie  in  bit  (oder  Biss)  zum 
Ausdruck  eines  Kleinsten,  bischen,  in  nicht,  nix,  nicks  nich 
u.  s.  w.  Etymologien  finden  hier  keinen  Boden,  auf  dem  sie 
lussen  können,  indem  aber  die  Vorstellung  eines  Abgebissenen 
an  sich  dem  Begriff  des  Kleinen  nicht  abgeneigt  ist,  ihm  viel- 
mehr nahe  kommt  (obwol  nicht  nothwendig,  da  das  Baissen 
durch  Hervorhebung  anderer  Modificationen  in  den  Sprachen 


vocabuliim  non  latinum  sed  Sabinum  est  (Varro).  —  Die  Weibsleute  in  der 
Moldau  haben  eine  ganz  andere  Aussprache  als  die  Mannsleute  (denn  sie 
verändern  die  Silben  bi  und  vi  in  gi,  die  Anfangssilbe  ing  in  ng).  Solche 
Männer,  die  sich  (als  Muttersöhne)  an  diese  Aussprache  gewöhnt  haben, 
werden  Fitschor  de  baba  (alte  Weibersöhne)  genannt  (Kantemir).  Die  als 
Botsinaki  von  den  Serbiern  oder  Trivallern  unterschiedenen  Bosnier  wollen 
zuerst  unter  die  Slawen  eingewandert  sein  und  sich  mit  den  Gothen  ver- 
schwägert haben.  Aus  Jama  (Grube  im  Slawischen)  bildet  der  Volkswitz 
das  Jammerthal  (bei  Schreiberau). 

1)  In  Australia  the  word  piccaninny  is  used  both  by  blacks  and  whites, 
and  not  a  native  word,  when  speaking  of  children  (Jessop).  The  woman 
(in  tierra  del  Fuego)  asked  something  for  the  pauca-ninny  (little  child). 


56  Erstes  Kapitel. 

bezeichnet  werden  kann  imd  dann  jenen  Zusammenhang  ver- 
liert), so  vermittelt  die  Onomatopoesis  leicht  das  Weitere  und 
macht  den  bit  zum  Prototyp  des  Kleinsten ,  wie  sie  auch 
iiberall  den  Ohren  der  Wilden,  wenn  sie  von  dem  Wort  Picca- 
ninny')  getroffen  wurden,  dieses  als  das  geeignetste  zur  Be- 
zeichnung eines  kleinen,  niedlichen  oder  zierlichen  Kindes,  das 
bei  allen  Stämmen  gehätschelt  wird,  anzeigt.  Aehnliche  Klänge 
werden  in  deutschen  Dialekten  (z.  B.  bei  Lübeck)  vermittelt. 
Die  die  mannichfaltigsten  Elemente  in  sich  vereinigende 
Bare-Sprache  breitete  sich  aus,  als  die  von  den  (zu  ihrer  Her- 
beiführung als  Arbeiter  der  Colonisten  organisirten)  Bare 
gejagten    Manaos    abzunehmen    begannen.      Der    Dialekt    der 


')  Pickaniniiy:  a  young  child,  is  thus  styled  by  the  West-Indian  Negroes. 
The  word  is  now  completely  iiaturalised  among  sailors  and  water-side 
people  in  England  (nach  d.  Slang-dictionary,  1809).  Pickien  ist  „wenig" 
im  Neger-Englisch.  Chez  les  Pawnis  (s.  Leng)  le  cheval  s'appelle  aussi 
arusha  (bemerkt  Pictet).  Comme  le  cheval  a  ete  introduit  cn  Amerique 
par  les  Europeens,  il  est  evident  que  ce  n'est  la  qu'une  corruption  de 
l'anglais  horse,  et  qu'il  n'y  a  aucun  rapport  avec  le  mot  vedique  (arusha, 
cheval  rougeätre),  oder  onomatopoetisch  auf  das  Rasche  und  Rothe  (rosso 
oder  Ross)  zurückgehend.  Etymologisch  wird  hros  erklärt,  als  ka-rasa 
(quel  sentiment,  quelle  passion),  exactement  comme  dans  l'anc.  all.  hraban 
(corbeau)  sanscr.  kärava  ou  karavana  (quelle  voix).  L'arabe  hamal  designe 
l'agneau  parvenu  a  sa  pleine  croissance,  et  l'Aries  du  Zodiaque.  II  signifie 
proprement  une  portee  de  hamala  (il  a  porte),  d'oü  haml,  himl,  produit 
uterin.  L'allemand  Hammel  y  ressemble  a  coup  siir  beaucoup,  et  cependant 
il  n'a  aucun  rapport,  car  il  vient  de  l'anc.  all.  hamal,  mutilus,  et  s'applique 
au  mouton  chätre  (Pictet).  Der  Himmel  als  das  Getragene.  On  reconnait 
une  onomatopee  in  bukka  (bukk,  gannire,  rudere,  latrare),  so  Bukkaua  (Ge- 
bell) und  bukkära  (Löwengebrüll),  ßooffo)  (trompeten)  und  bnccina,  beuc 
(Windgeheul  im  Irl.),  boucati  (brüllen  im  Slaw.),  bukka  (Lärm  im  Lit.). 
Wie  bug  (buz)  im  Persischen,  bezeichnet  boc  (irl.),  buckr  (skand.)  den  Bock, 
im  Angels.  bicca  (bitch)  und  (im  Skand.^  byckia  die  Hündin.  Dagegen 
Byku  (russ.)  oder  bak  (illyr.)  den  brüllenden  Stier.  Pukki  (iinn.)  und  Bok 
(tsohetent.)  bezeichnen  den  Bock,  Buac  (abschas.)  den  Hirsch,  als  bucchu 
bei  den  Mandschu,  wo  der  Widder  Buka  heisst,  das  wilde  Schaf  Bukun  und 
der  Stier  Bucha.  Im  Mongul.  ist  Buchu  (bugu)  Name  des  Renthiers,  bukuck 
der  Gazelle,  böge  des  Stiers,  u.  s.  w.  Menäda  oder  Bock  (paon  oder  Katze), 
c'est-a-dire  menäda,  dont  le  cri  est  me  (im  Sanskrit),  wie  jjLTJxa;  und  im 
Phryg.  fxa  (meann  irl.).  Les  etymologistes  Indiens  cxpliquent  (,ükara  par 
^ü-kara,  qui  fait  qu,  son  imitatif  du  grognement,  wie  hiflkära  (qui  fait  hin) 
ou  tigre,  krakara  (espece  de  perdrix),  cikura  (rat  musque).  Kas  (sanskr.) 
oder  (irl.)  ceas  (petit  cochon)  von  cei  (grognement),  le  persan  käs  designant. 
un  gros  tambour  (kas,  tussire,  Sanskr.). 


Wechsel  und  Mischungen.  57 

Karaiben,  die  sieh  aus  den  Tupi  zwischen  die  unterworfenen 
Horden  einschoben,  ist  aus  weitausgedehnter  Sprachmischung 
hervorgegangen  (Martins).  Die  Ssyllebaua  (Mischlinge  von 
Fulah  und  Melhnke)  haben  die  Sprache  der  Fulbe  an  die 
Stelle  ihrer  eigenen  angenommen  (nach  Barth).  Die  Gabero 
bei  Gogo  am  Niger  reden,  obwol  Fulbe,  die  Sprache  von 
Sonrhay,  da  sie  ihre  eigene  vergessen  haben  (nach  Barth).  In 
the  Malay  and  Polynesian  languages  well  sounding  foreign 
words  very  readily  gain  admission  (Crawford).  Mit  Sheikh 
Laminu  (dessen  Sohn  Omar  unter  Kämpfen  mit  den  Fulah 
von  Kano  und  Yakuba  folgte)  hörte  das  Kanori  auf,  die 
Sprache  der  herrschenden  Kaste  in  Bornn  zu  sein,  und  die 
von  Kanem  trat  an  die  Stelle.  "Während  die  nördlichen 
Dravidas  in  den  (arischen)  Eroberern  (Indiens)  aufgingen  und 
ihre  Sprache  verlernten,  bewahrten  die  südlichen  ihr  nrsprüng- 
liches  Idiom  (Friedrich  Miiller). 

An  der  Grenze  der  Hauptreviere  der  Crens,  Ges  und 
Goyatacas  wechseln  einzelne  Familien,  gleich  dem  Wilde,  hin 
und  her  nnd  gehen  untereinander  mannichfaltige  Verbindungen 
ein,  welche,  je  nachdem  Männer  oder  Weiber  in  ihnen  vor- 
herrschen, das  Idiom  mit  Worten  bald  ans  dem  Leben  des 
Mannes,  bald  ans  dem  Beschäftigungskreise  des  Weibes  ver- 
setzen (s.  von  Martius).  Die  Lingua  geral  Brazilica  hat  sich 
aus  der  Tupisprache  entwickelt  (in  den  Niederlassungen  der 
Jesuiten).  Von  einer  uncultivirten  nnd  stets  wechselnden  Bevöl- 
kerunor  crebraucht,  ist  die  Lingua  geral  in  den  Amazonasländern 
einer  schrankenlosen  Abwandlung  nnd  Verderbniss  preisge- 
geben, nnd  Martius  rieth,  durch  Schulunterricht  nnd  literarische 
Behandlung  ihre  Reinheit  herzustellen.  Alle  Patrioten,  welche 
an  eine  Palingenesie  der  rothen  Rasse  in  einer  andern  Form 
(durch  Vermischung  mit  andern)  glauben,  reden  der  Ent- 
w'ickelnng  der  Tupi-Sprache  das  Wort,  weil  die  Aufnahme  der 
portugiesischen  in  den  Gedankenkreis  des  Indianers  ihnen 
unmöglich  scheint  (s.  von  Martins).  Wie  Henning  (1690)  von 
den  lüneburgischen  Wenden  bemerkt,  redeten  nur  noch  einige 
von  den  Alten  wendisch  und  durften  es  kaum  vor  ihren  Kin- 
dern und  andern  jungen  Leuten,  weil  sie  damit  ausgelacht 
werden.  Denn  diese,  die  Jüngern,  haben  einen  solchen  Ekel 
vor  ihrer  Muttersprache,  dass  sie  sie  nicht  einmal  mehr  hören, 
geschweige  denn  lernen  mögen. 


58  Erstes  Kapitel. 

The  Glieez,  the  ancient  language  of  Tigre,  is  that  of  thc 
religion  and  literature  of  the  country,  and  when  Tigre  was 
dominant,  it  was  that  of  the  court.  The  Amharic,  spoken  in 
the  south-east,  is  that  of  the  present  dominant  race  and  is  used 
by  the  court,  the  army  and  the  merchants.  The  Agau  in  its 
various  dialects  is  the  language  of  the  people,  in  some  provinces 
almost  exelusively,  and  in  others,  where  it  has  been  superseded 
by  the  language  of  the  dominant  race,  it  still  exists  among 
the  lowest  classes,  some  of  which  (Zalans,  Kamanuts,  Waitos, 
etc.)  may  be  looked  on  in  the  light  of  castes  (Beke), 

Le  Haoussa  (repandu  depuis  Timbuctou  jusqu'au  Bournou) 
est  l'idiome  commercial')  de  tonte  cette  partie  du  Soudan. 


^)  The  general  coniruunication  (in  Vancouver)  is  maintained  (among  the 
English,  Canadian  French,  Tschinuk,  Cree,  Hawaian)  by  means  of  the  Jargon 
(lingua  franea  of  the  Nutka,  Chinuk  and  English).  Many  youug  are  grow- 
ing  up  to  whom  this  factitious  language  is  really  the  mother  tongue  and  who 
speak  it  with  more  readiness  and  perfection  than  any  other.  —  La  langue 
des  Chippevvays,  comme  l'etait  l'algonquine  il  y  a  deux  siecles,  est  aiijourd'hui 
(1838)  Celle  dont  se  servent  les  nations  indiennes  pour  comruuniquer  les 
unes  avec  les  autres,  eile  est  parmi  les  sauvages  du  nord  de  TAmerique,  ce 
qu'est  la  langue  fran^aise  dans  les  cours  de  l'Europe  (Duponceau).  Die 
Tschicasah-Sprache  der  Choctaw,  die  früher  am  Missisippi,  in  Alabama, 
Louisiana  (jetzt  westlich),  dient,  als  Dialekt  von  Mobile,  den  Europäern  zum 
Verkehrsmittel.  Der  Jargon  der  Lingua  Franea  an  der  Mündung  des  Co- 
lumbia (in  Nutka-Sound  und  Vancouver  gesprochen)  hat  sich  aus  Worten 
der  Tschinuk,  Nutka,  Knistenau,  Hawaiier,  Engländer,  Franzosen  gebildet 
(s.  Latham).  There  are  no  signs  of  either  the  possessive  case  or  the  plural 
iiumber,  the  former  being  determined  by  the  construction  oiily,  the  latter 
sometimes  denoted  by  haiu  (many).  In  general  the  tense  of  verbs  it  to  be 
discovered  by  the  context.  When  it  is  absolutely  necessary  to  fix  the  time, 
certain  adverbs  are  resorted  to,  as  now,  formerly,  to-morrow.  The  future 
sense  is  expressed  by  tuke  (wish).  The  notion  of  condition  is  expressed 
by  the  Chinuk  klunas  (perhaps)  or  by  the  English  pos  (suppose).  The  only 
other  conjunction  is  pi  (the  French  puis)  or  then.  The  Substantive  verb  is 
generally  (as  in  the  normal  State  of  the  Semitic  language>)  omitted,  maika 
pilton  (thou  art  foolish),  paia  (fire),  oluman  (father  or  old  man),  pepa  (paper), 
wata  (water)  or  tsok  (indian),  kuli  (courir)  la  table  (latapl),  lalan  (langue), 
liman  (la  main).  Onomatopoetisch  bilden  sich  tiktik  (wachen),  liplip 
(kochen).  Aus  Verbindungen  ship-man  (sailor),  ship-stik  (spar),  sel-Iiöuse 
oder  sail-house  (tent).  The  power  of  coniposition  is  greatly  deveioped. 
Almost  every  verb  and  adjective  may  receive  a  modification  in  its  meaning 
by  the  prefixion  of  the  word  maniuk  (make  or  cause),  tshako  (come), 
mamuk  tshako  (bring);  klatawa  (go),  mamuk  klatawa  (send);  pepa  (paper), 
maniiik  pepa  (write). 


Wechsel  und  Mischungen.  59 

Die  Souaheli-Sprache  ist  unter  den  Zendj-Idiomen  am 
weitesten  verbreitet.  Tschaka  zwang  die  unterworfenen  Völker, 
die  Zulu-Sprache  zu  lernen. 

Die  Nothwendigkeit,  feindselige  Aeusserungen  über  Rom 
und  Herodes  zu  verhüllen,  erzeugte  (unter  den  Pharisäern) 
eine  eigenthümlich  gewandte,  beziehungsreiche  Vortragsweise 
feiner  Anspielungen  und  räthselartiger  Andeutungen,  die  man 
Agada  ^)    nennt    (s.    Grätz).      Die    griechische    Uebersetzung, 


')  Nach  Philo  mussten  alle  Theile  des  Pentateuchs,  oder  doch  der 
grösste  Theil  derselben,  die  geschichtlichen  wie  die  gesetzlichen  Bestand- 
theile,  allegorisch  gedeutet  werden.  Paulus  handhabte  bei  seiner  Heiden- 
bekehrung die  agadische  Auslegungsweise,  und  ebenso  bediente  er  sich  der 
agadischen  Manier,  um  die  Ungültigkeit  des  Judenthums  infolge  des  auf- 
getretenen Christenthums  zu  beweisen  (s.  Grätz).  Durch  die  Sündenvergebung 
mit  Jesu  Tod  sollte  nach  Paulus  auch  die  Heidenwelt  zum  Judenthum  be- 
kehrt werden,  nicht  wie  es  das  durch  Moses  geoffenbarte  Gesetz  lehrt,  son- 
dern wie  es  in  Abraham,  dem  Stammvater  des  jüdischen  Volkes,  lebte.  — 
The  Portuguese  spoken  at  Malacca  is  a  useful  philological  phenomenou.  The 
verbs  have  mostly  lost  their  inflections  and  one  form  does  for  all  moods, 
tenses,  numbers  and  persons.  „Eu  vai"  serves  for  „I  go",  „I  went"  or 
„I  will  go."  Adjectives  too  have  been  deprived  of  their  feminine  and 
plural  terminations  (s.  Wallace).  In  the  Chinese  Phrase-book,  called  Hung- 
maou  mae  niae  tung  yung  kwei  hwa  (those  words  of  the  devilish  language 
of  the  redbristled  people,  commonly  used  in  buying  and  selling)  the  Portuguese 
word  „imperador"  (written  in  Chinese  characters)  sounds  „iu-pe-la-taw-loo", 
,gente"  sounds  „yen-tik"  ,,casa"  sounds  kak-tsze,  dentro  sounds  teen-too-loo. 
Of  English  words: 

jacket  sounds  tikka 

alike         „        a-loo-sum  (all  the  same) 

to  seil      „         say-lum  (seil  them) 

husband  „        hah-sze-mun 

great         „        kah-lan-te  (grande  in  Portuguese) 

whither   „        kwut-yu-ko  (what  you  go) 

gentleman's  son  sounds  meet-che-mun  (midshipman) 

not  understand         „         no-shape  (näo  saber) 

enter  sounds  ko-yeen-si   (go  inside) 

leisure     „        hap-temr  (have  time) 

occupied  sounds  hap-pe-chun  (have  pigeon  or  business) 

presently  come  sounds  tik-lik-ke  kum  (directly  come) 

clothes-seam-devil    „       tay-le-mun  (tailor  man) 

commonly  sounds  so  so. 
The  Portuguese    words  are    mostly  taken   out   the  Gaoumun    lan   yiitza  tsze 
tesuen   taou  (complete    coUection   of  the   miscellaneous    words   used  in   the 
foreign  language  of  Macao).  —  In   Chinese,    the  sound  tao  means  ,,path", 
,,reason",  „to  govern"  and  other  ideas,  each  of  which  has  a  distinct  emblem 


00  Erstes  Kapitel. 

deren  sich  die  alexandrinischen  Juden  bedienten,  gab  den 
Verzerrungen  der  Allegoristen  Vorschub,  da  in  derselben  öfters 
der  ursprüngliche  Sinn  verwischt  ist  und  etwas  ganz  anderes 
ausgesagt.  Reichen  Stoff  zu  Allegorien  boten  die  hebräischen 
Worte  biblischer  Eigennamen.  Indem  sie  dieselben  gut  oder 
schlecht  auf  ihre  Wurzeln  zurückführten,  deutelten  sie  dieselben 
vielfach  und  zwängten  sie,  bis  sie  einen  brauchbaren  Sinn 
daraus  gewonnen  hatten.  Mit  Wortbedeutungen  spielend, 
deuteten  die  Prediger  die  Gesetze  allegorisch  (s.  Grätz). 

Die  aztekischen  Priester  bedienten  sich  einer  esoterischen 
Sprache  und  (nach  Coreal)  wurde  der  Cultus  in  den  peruani- 
schen Tempeln  in  einer  Sprache  geführt,  die  von  dem  Volke 
nicht  verstanden  wurde,  wie  auch  die  Beschwörungen  der 
Priester  Powhatans  nicht  im  gewöhnlichen  Algonquin,  sondern 
einem  andern  Dialekte  (celle  d'Occaniches)  waren.  The 
supposed  foreign  tongues  of  the  Dakotas  (s.  Riggs)  and  of 
the  Esquimaux  (s.  Kaue)  were  nothing  more  than  the  ordinary 
dialects  of  the  country  modified  by  an  affected  accentuation, 
by  the  introduction  of  a  few  cabalistic  terms,  and  by  the  use 
of  descriptive  circumlocutions  and  figurative  words  in  place 
of  ordinary  expressions,  a  slang,  in  short,  such  as  rascals  and 
pedants  invariably  coin  whenever  they  associate  (Brinton). 
The  incantations  of  the  priests  of  Powhattan  were  not  in 
ordinary  Algonkin,  but  some  obscure  Jargon  (s.  Beverly).  In 
regard  to  the  Tintonga  a  peculiar  speech  was  used.  Die  ein- 
heimische Sprache  von  Erromango  war  durch  die  von  Tana 
verdrängt. 

Im  Eid  der  Gypsies  *)  (pretending,  that  they  derive  their 


in  the  written  form,  but  wheii  orally,  doubt  is  avoided  by  the  suhjunction 
of  another  word  of  siniilar  signifioation,  for  instance  „lu",  which  amongst  other 
significations  means  also  ,,path"  and  the  union  „tao-lu"  niakes  misuiiderstand- 
ing  impossible.  In  the  Karen  language  the  supplementary  or  adjiinctive 
word  is  not  necessarily  of  similar,  but  often  of  contrasting  signification,  and 
is  not  chosen  at  the  caprice  or  Option  of  the  Speaker  (as  in  Chinese),  but 
determined  by  a  fixed  law  of  the  language.  The  sound,  that  signifies  moop, 
is  „la",  but  „la"  also  signifies  a  leaf  of  a  tree.  To  signify  moon,  la  requires 
the  subjunctive  word  mo  (sun),  as  la-mo;  tl  signifying  leaf,  the  is  adjoined 
(s.  Laidlay). 

')  French:   Gabber,  Dutch:   Gabberen,    and  English   gab,  gabber,  hence 
also  Gibberish,  a  kind  of  canting  language  used  by  a  sort  of  rogues,  called 


Wechsel  und  Mischungen.  61 

origin  from  the  ancient  Egyptians)  schwört  der  Aufgenommene: 
I  will  not  teach  any  one  to  cant,  nor  will  I  disclose  any  of 
oiir  mysteries  to  them  (s.  Egan).  —  Les  historiens  espagnols 
ont  rapporte  qu'on  enseignait  des  cbants  traditionnels  dans 
les  ecoles  de  la  noblesse  (en  Mexiqiie).  Apres  avoir  appris 
ä  les  reciter  siir  im  ton  commun  avec  les  autres,  les  inities 
etaient  instruits  a  les  dire  sur  vm  ton  different;  dans  chaque 
verset,  certains  mots  recevaient  iine  cesure  distincte  de  la 
maniere  commune,  le  rhythme  et  surtout  Taccentuation  etaient 
partiellement    changes^),    le    sens    entier    s'en    trouvait    ainsi 


Gipsies,  a  gibble-gabble  understuod  only  among  themselves  (s.  Somner). 
Gibber:  to  chatter  (nach  Wright).  Bei  den  Abiponen  sprachen  die  Höcheri 
oder  Edeln  (die  bei  der  Aufnahme  den  Namen  wechselten)  einen  entstellten 
Dialekt  (nach  Dobrizhofl'er).  Humboldt  traf  in  Peru  einen  spanischen  See- 
offizier und  einen  englischen  Walfischfänger,  dont  Tun  pretendait  avoir 
entendu  parier  basque  k  Tahiti  et  l'autre  gale-irlandais  aux  iles  Sandwich. 
Die  alten  Lieder,  die  Richards  auf  Hawaii  sammelte,  sind  in  einem  von  dem 
gewöhnlichen  ganz  abweichenden  Idiom  geschrieben.  The  Dakotahs  have 
a  common  and  a  sacred  language.  The  conjurer,  the  war  prophet  and  the 
dreamer  employ  a  language,  in  which  words  are  borrowed  from  other  Indian 
tongues  and  dialects.  They  make  much  use  of  descriptive  expressions  and 
use  words  apart  from  the  ordinary  signification  (Hind).  Die  Vornehmen  der 
Hottentotten  besassen  (17,  Jahrh.)  eine  Sprache,  die  dem  Volk  unver- 
ständlich war.  The  war  Councils  of  the  Island  Caribs  are  said  to  have 
been  held  in  a  secret  dialect  or  jargon  (Brett).  The  men  were  initiated  in 
this  only  after  attaining  distinction  as  warriors,  the  women  never.  Die 
Caziken  wurden  auf  den  Antillen  anders  angeredet  wie  die  Adelichen,  und 
diese  wieder  in  verschiedener  Weise  als  das  Volk  (nach  Torquemada).  The 
lady-bird  (Cocinella  L.)  or  (in  the  Southern  district)  lady-lock  is  termed 
Keow-lady  in  the  Lingua  franca  and  still  farther  North  the  clock  or  clock- 
a-day.  The  process  of  collecting  corn  after  the  reapers,  known  in  the 
Southern  districts  as  „leasing"  is  called  „picking-'  or  „poikin"  in  some  parts 
of  North-Northamptonshire  and  Leicestershire,  while  in  the  central  districts 
no  other  term  is  recognised  than  the  orthodox  „gleaning".  In  the  Northern 
and  Southern  districts,  the  words:  bridge,  shock,  must  and  seif,  assume  the 
North-Country  form  of  brig,  stouk,  mun  and  sen  (s.  Sternberg).  —  Dans 
toutes  les  parties  du  globe,  sur  le  dos  des  Cordilleres,  comme  ä  l'ile  de 
Samothrace  dans  la  mer  Egee,  des  fragmens  de  langues  primitives  se  sont 
conserves  dans  les  rites  religieiix  (Humboldt).  Die  Tempelgesänge  zu  Cho- 
lula  waren  (nach  Rios)  in  einer  von  der  mexicanischen  verschiedenen  Sprache 
verfasst. 

')  Das  Zend  der  Guebres  gilt  für  eine  künstliche  Sprache  (s.  Khanikoff). 
Das  Pehlewi  ist  seinem  Grundcharakter  nach  eine  semitische  Sprache  (das 
Vulgär- Assyrische,  dessen  sich  die  Perser  neben  dem  einheimischen  Per- 
sischen bedienten).    Da  die  semitische  Conjugationsweise  von  der  iranischen 


62  Erstes  Kapitel. 

secretement  modifie.  Die  delawarischen  Verben  werden  durch 
alle  Modus  und  Zeiten  (in  ihren  negativen,  causativen  und 
sonstigen  Formen)  mit  weniger  Unregelmässigkeiten  conjugirt, 
als  in  irgendeiner  andern  Sprache  (nach  Heckewelder).  In 
der  Sprache  von  Chili  findet  Molina  überraschend,  dass  sie 
kein  einziges  uuregelmässiges  Nomen  oder  Verbum  enthält. 
Alles  ist  darin  mit  geometrischer  Genauigkeit  geordnet,  zeigt 
viel  Kunst  mit  Einfachheit  vereinigt  und  einen  Zusammenhang 
wohlgeordneter  und  unveränderlicher  grammatischer  Regeln, 
die  immer  das  Folgende  von  dem  Vorhergehenden  so  abhäno-ig 
machen,  dass  die  Theorie  der  Sprache  dadurch  äusserst  leicht 
wird.  Dohne  bemerkte  in  Südafrika,  dass  selbst  die  kleinsten 
Kinder  beim  Sprechen  keine  Fehler  machen  (und  Aehnliches 
wird  von  Russland  gesagt).  Die  Natursprachen  folgen  immer 
ebenmässigen  Gesetzen  und  halten  schon  aus  dem  Trägheits- 
principe  daran  fest,  sodass  alles  gleichmässig  sich  bildet.  In 
der  Schriftsprache  dagegen  ist  eine  zufällig  in  ungeordneter 
Mischung  gegebene  Menge  von  Formen  stereotyp  fixirt  und 
muss  nun  durch  die  Grammatik  in  irgendeinen,  wenn  auch 
künstlichen  und  gewaltsamen  Zusammenhang  gebracht  werden, 
sodass  hier  der  Geist  nicht  länger  nach  natürlichen  Associa- 
tionen (wie  in  der  Gedächtnisskunst)  weiter  entwickeln  kann, 
sondern  mechanisch  auswendig  zu  lernen  hat.  Kinder,  wenn 
sie  zu  sprechen  anfangen,  kennen  die  unregelmässigen  Formen 
natürlich  noch  nicht,  und  sind  geneigt,  nach  allgemeiner 
Analogie  ,, backte"  zu  sagen  statt  .,buk'',  ,.giesste"  statt 
,,  goss"  u.  s.  w. 


beträchtlich  abweicht,  so  wurden  die  meisten  Endungen,  bis  auf  einige  voll- 
tönende, die  als  allgemein  gelten,  ganz  ausser  Acht  gelassen,  die  Personen 
aber  durch  eigene,  an  Partikeln  angehängte  Pronominalsuffixe  ausgedrückt, 
um  die  Sprache  möglichst  zu  vereinfachen,  gerade  wie  auch  das  Persische 
selbst  vereinfacht  wurde.  Weil  sich  die  Perser  schon  seit  alter  Zeit  ver- 
wandter semitischer  Schriftarten  oder  davon  abgeleiteter  bedienten,  so  lag 
es  nahe,  die  semitischen  Wörter  nur  wie  eine  Art  Ideogramme  anzusehen. 
Man  gewöhnte  sich  daran  (ebenso  wie  die  Assyrer  beim  Studium  der  Keil- 
schrift), für  jede  ein  Wort  darstellende  semitische  Zeichengruppe  sein 
persisches  Aequivalent  zu  lesen.  Nach  Vermengung  des  semitischen  Idioms 
mit  iranischen  Worten  fing  man  allnüihlich  an,  für  die  semitischen  Worte 
die  iranische  Aussprache  (das  Pazend)  durchgängig  zu  schreiben,  sodass  sich 
das  Pehlewi  in  Neupersisch  verwandelte  (s.  Hang). 


Wechsel  und  Mischungen.  63 

Die  Redensart:  Er  sagt,  dass  du  gleichfalls  eilends  hin- 
gehen und  dir  ein  schönes  Messer  kaufen  wirst,  kann  der 
Grönländer  mit  einem  zehnfach  zusammengesetzten  Wort  ^) 
ausdrücken :  Sauig  -  ik  -  sini  -  ariartok  -  asuar-omar-y-otit-tog-og, 
Messer  schön  kaufen  hingehen  eilen  wollen  ebenfalls  du  auch 
er  sagt. 

Hi-tau-tuala-wihnan-kau-na  (er  reist  in  einer  regnerigen 
Nacht  vorbei)  von  hi  (er),  tau  (auf  Nacht  bezüglich),  tuala 
(auf  Regen  bezüglich) ,  wihnasa  (zu  Fusse  reisen) ,  kokauna 
(vorbeiziehen),  na  (Aorist  und  Richtung  vom  Sprechenden  be- 
zeichnend) im  Sahaptin  (s.  Haie). 

Mit  kuligatchis  aus  k  (du  oder  dein),  uli — wulih  (hübsch), 
gat — wichgat  (Pfote),  schis  (Diminutivendung),  sagt  die  India- 
nerin (mit  ihrem  Kinde  spielend)  durch  ein  einziges  Wort: 
deine  kleine  hübsche  Pfote  (gib  mir  deine  kleine  hübsche 
Pfote)  und  drückt  durch  die  Bewegung,  die  sie  dazu  macht, 
entweder  die  Aufforderung  aus,  ihr  sie  zu  reichen  oder  nur 
ihre  schmeichelnde  Bewunderung^)  (Duponceau).  Aehnliches 
in  deutschen  Ammenreimen. 


')  Das  Wort:  Notlazomahuizteopixcatatzin  bedeutet:  ehrwürdiger  Prie- 
ster, den  ich  wie  meinen  Vater  liebe.  Mit  diesem  Worte  reden  die  Mexi- 
caner  ihre  Pfarrer  an  (Humboldt).  La  phrase  (des  Yebus)  Obaewe  wofurimi 
(tu  me  donnes  ce  couteau),  qui,  dans  Temission  orale,  semble  ne  former  que 
deux  mots,  oflfre  k  Tanalyse,  sept  mots  bien  distincts,  assembles  en  deux 
groupes,  o  bae  wae  wo  fu  ri  mi  ou  le  couteau  ce  toi  donner  a  moi  (s. 
d'Aveyzac).  Im  Mande  bedeutet  nantusando  (für  na  anu  tusa  en  do)  ich 
sie  fragte,  ich  sprach.  Dr.  Lieber  referring  to  the  reduplication  of  mono- 
syllables  in  the  language  of  the  nursery,  adds:  I  observed  the  same,  when 
the  diiferent  armies  entered  France  and  the  soldiers  of  different  nations 
came  in  frequent  contact,  so  that  a  Jargon  was  produced,  intelligible  as  far 
as  it  went,  to  all.  Das  Gespräch  zwischen  französischen  und  englischen 
Soldaten  in  der  Krim  bestand  hauptsächlich  aus  interjectional  utterances 
reiterated  with  expressive  emphasis  and  considerable  gesticulation  (s.  Wilson). 

^)  Pilape  (Jüngling)  ist  aus  pilsih  (keusch)  und  lenape  (Mann),  wie 
Jungfer  aus  jung  und  Frau;  n'dschingiwipoma,  ich  liebe  nicht,  mit  ilim  zu 
essen  (Delaw.),  iduoncloclavins,  ich  wünsche  nicht,  mit  ihm  zu  essen  (s. 
Molina),  ich  esse  nicht  gern  mit  ihm  (Chilenisch).  Matatsch  gluppiweque 
heisst  (bei  den  Delawaren)  wenn  du  nicht  wiederkommst  (nisi  veneris),  aus 
Matta  (negatives  Adverb),  tsch  (Futurumzeichen  [zur  Flexion  des  Adverb]), 
gluppiweque:  zweite  Person  Plur.,  Pres.,  Subj.,  vom  Verb  gluppiechton 
(umkehren  oder  zurückkehren).  Kschingiwipoma,  ich  liebe  nicht,  mit  ihm 
zu  essen  oder  leben  (im  Algonquin),  von  scliinginamen  (nicht  lieben)  n  (erste 


(34:  Erstes  Kapitel. 

Die  Yebus  an  der  Küste  Afrikas  sprechen  eine  polysyn- 
thetische Sprache.  The  general  structure  of  the  (Grebo) 
language,  though  the  most  natural,  is  what  would  appear  to 
US,  to  be  the  inverted  order.  Jeder  Redetheil,  der  einem 
andern  oder  sofern  er  einem  andern  zur  nähern  Bestimmuno; 
dient,  wird  (in  den  tatarischen  Sprachen)  dem  letztern  ohne 
Ausnahme  vorangestellt  (Schott).  Der  Satz  (in  den  ameri- 
kanischen Sprachen)  grUmdet  sich  nicht,  wie  sonst,  auf  das 
Verhältniss  des  Subjects  zum  Prädicat,  sondern  auf  jenes  des 
Objects  zu  seinen  verschiedenen  Beziehungen  (Friedrich 
Miiller).  Alle  amerikanischen  Sprachen,  so  verschieden  sie 
auch  in  ihrem  lexikalischen  Gehalte  sind,  haben  doch  sämmt- 
lich  zu  ihrem  grammatischen  Grundcharakter  das  Gesetz  der 
„Einverleibuno"    oder  Ineinanderfiioruns:    der    Satzoflieder    zu 


Person),  pomauchsia  (leben)  undwi;  ninakaqna  von  ni  (ich),  Fleisch  (naka), 
esse  (qua)  im  Mexicanischen.  Aiilisariartoroniarpok :  Er  hat  sich  beeilt,  znni 
Fischen  zu  gehen  (im  Mexicanischen)  von  Aulisarpok,  er  fischt,  Peartopok, 
er  ist  dabei,  etwas  zu  thun,  Pinnesuarpok,  er  beeilt  sich.  Iduancloclavin, 
ich  wünsche  nicht,  mit  ihm  zu  essen  (im  Chilenischen)  von  I  (essen)  oder 
in  (als  erste  Person),  duan  (wünschen),  clo  (nicht)  mit  la,  vi  (ihm),  n  (Ver- 
balform der  ersten  Silbe).  Les  formes  synthetiques,  qui  caracterisent  les 
idiomes  (americains)  proviennent  de  l'impossibilite,  oü  se  sont  trouves  ceux 
qui  les  ont  formees,  d'analyser  les  idees  concretes  qui  se  sont  presentees  ä 
leur  Imagination,  et  ils  ont  cherche  a  les  exprimer  en  masse,  telles  qu'ils 
les  ont  aper(;ues  (Duponccau).  Les  idees  se  presentent  en  groupes  qui 
varient  continuellement.  Les  Indiens  ont  donne  une  forme  de  langage  a 
chacun  de  ces  groupes,  sans  penser  a  les  analyser  et  a  en  extraire  les 
portions  d'idees  qui  leur  etaicnt  communes,  et  qui  les  auraient  dispenses 
d'inventer  tant  de  mots,  dont  la  plupart  seraient  alors  devenus  inutiles. 
Einsilbige  Vereinfachung,  wie  sie  sich  bei  den  ältesten  Culturvölkern  eben- 
sowol  findet,  wie  bei  einigen  derer,  die  jetzt  an  der  Spitze  der  Civilisation 
schreiten,  deutet  stets  auf  eine  zersetzende  Denkarbeit,  die  freilich,  wenn  bis 
zur  sterilen  Wurzel  fortgesetzt,  fruchtlos  im  Sande  verlaufen  würde,  die  sich 
aber  meistens  schon  früher  wieder  zu  neuer  Vollbildung  erhebt,  und  dann 
am  reichsten  in  einem  gesetzlichen  Mittelstadium  blüht,  ohne  sich  in  die 
wirr  verschlungenen  Contouren  des  Polysynthctischen  zu  verirren.  —  The 
verbs  (in  the  Creole  Grammar  of  Trinidad)  are  divided  into  two  classes,  all 
of  them  excepting  some  twenty  being  conjugated  in  the  present  and  iniper- 
fect  indicative  with  ca,  while  the  twenty  of  the  second  class  do  withont 
that  particle.  Moen  ca  manger  is:  „I  eat",  zotes  ca  manger:  „you  eat", 
but  moen  airaeu  is:  ,,I  love",  yeaux  aimeu:  ;,they  love".  Many  verbs  are 
much  abbreviated,  thus  vouloir  becomes  rle,  savoir  save,  while  sa  represents 
savoir  when  it  means  pouvoir,  to  be  able  (nach  Thomas). 


Wechsel  und  Mischungen.  65 

einem  Worte  (nach  Humboldt).  Es  ist  etwas  sehr  Gewöhn- 
liches, dass  an  einen  Urstamm  mehrere  Anhangsst,ämme  (oder 
mehrere  Anhangsstämme  aneinander)  gehängt  w'erden,  wodurch 
oft  eine  erstaunenswerthe  Menge  von  Bewriffen  in  ein  einziges 
Wort  zusammengedrängt  werden  kann,  und  zwar  ist  dies  der 
grönländischen  Sprache  v/eit  geläufiger,  als  das  Zusammen- 
setzen der  Sätze  (Kleinschmidt).  Zwei  oder  drei  Umkehrungen 
in  einem  Wort  sind  nicht  gerade  selten,  sind  aber  deren  mehr, 
so  leidet  leicht  die  Verständlichkeit  darunter.  Die  aufge- 
weckten Leute  machen  in  Grönland  indess  kühnere  Zusammen- 
stellungen als  der  gemeine  Mann,  und  in  der  Schrift,  wo  man 
das  Wort  wieder  und  wieder  lesen  kann,  lässt  sich  dergleichen 
oft  mit  Yortheil  anwenden,  wogegen  in  der  Rede  die  Einfach- 
heit  vorzuziehen  ist.  Im  Grönländischen  kann  selbst  ein 
transitiver  Satz  mit  Einschluss  der  Benennung  des  Objectes 
aus  einem  einzigen  Wort  bestehen  (ivigsivok,  er  hat  Brot  er- 
halten, autdlaisivunga,  ich  habe  eine  Flinte  erhalten). 

Die  akkanezer  Kaufleute  aus  Akkani  Pequeno  und  Akkani 
grande,  die  das  Akkani  Chinka  oder  Gold  von  Akkani  be- 
sonders nach  Acra  (Acara)  und  den  Forts  an  der  afrikanischen 
Goldküste  verführen,   bedienen    sich  der  Lingua  franca'),  ein 


^)  Im  Vanoouver-Patois  ist  die  Anrede  Clak-hoh-ahyah  (Clark,  how  are 
yon)  from  hearing  one  uf  the  residents  (Clark)  frequently  addressed  by  bis 
frlends.  An  Englishman  is  kint-shosh  (King  George),  an  American  Boston. 
^,The  language  spoken  is  French,  but  very  curiously  corrupted  among  the 
lower  classes  of  the  population.  There  would  appear  to  be  no  grammar. 
uo  tense  to  the  verbs  and  no  declensions  to  the  pronouns.  There  is  no 
phrase  morc  common  than  „moi  ne  cont  pas "  I  dont  know.  Many  words 
are  lengthened  by  the  interealation  of  vowels:  gelisser  for  glisser,  efc.  The 
language  was  three  gonerations  ago  spoken  in  perfect  purity  by  the  original 
settiers"  (s.  Wright)  auf  den  Seychelles-Islands.  Das  spänische  ser  ist 
sedere,  abgeküi'zt,  estar  aus  stare.  L'anc.  slave  sluti  (audire)  donne  naissance 
li  slutice,  slava,  slavitsa,  gloire,  slavinu,  glorieux,  comme  a  slovo,  parole, 
de  la  le  lith.  szlowe,  gloire  (s.  Pictet).  —  The  Aborigines  of  South-Australia 
liave  introduced  into  their  own  language  the  words  yang  (a  saw)  and  yarr 
(to  saw).  Adding  to  these  the  affixes  already  existing  in  the  language, 
they  accordingly  use  as  the  verb,  yarr-bulliko  to  saw,  yarr-bullikan,  a 
sawyer,  yarr-bullingel,  a  saw-pit,  yarr-batoara,  that  which  is  sawn,  a  plank. 
So  also  they  have  yang-kobulliko,  to  sharpen  a  saw,  yang-kobullikano, 
that  whieh  sharpcns  the  saw,  a  file  (D.  Wilson).  The  sound  of  the  drum, 
Sanscr.  dundubhi,  Greek  TU,uTiavo'j  (English  rubadah),  the  Frenchman  renders 
rattaplan,  the  German  trumberum,  the  Hungarian  czimbalom,  the  Mauchu 
Bastian,  Studien.  5 


66  Erstes  Kapitel. 

Mischmasch    aus  Italienischem,  Lateinischem,  Franzosischem 
und  Portugiesischem  (s.  Ludovici),  1767. 

Das  Birmanische  bildet  seine  Sätze  durch  Einschachtelung, 
sodass  das  regierende  Wort  am  Ende  folgt,  und  die  ganze 
Sentenz  gleichsam  nur  ein  Combinationswort  darstellt,  ähnlich 
dem  poly synthetischen  Charakter,  den  Duponceau  den  ameri- 
kanischen Sprachen  zuschreibt  oder  (gleich  der  euskarischen 
Sprache)  un  chainon  que  lie  la  famille  americaine  a  la  famille 
ougro-tatare.  Un  des  caracteres  fondamentaux  du  ßasque 
c'est  la  force  que  conserve  le  principe  de  l'agglutination  (s. 
Maury).  On  observe  (dans  le  basque)  la  maniere  (des  langues 
americaines)  de  composer  les  mots  de  toute  espece.  The 
languages  of  the  Zingian  family  (the  Bantu  and  Chuana)  are 
of  an  agglutinative  character,  forming  Avords  of  many  syllables. 
La  langue  des  Tschouktschis  (qui  paraissent  avoir  une  com- 
munaute  avec  les  Pawnis  des  bords  de  la  riviere  Plate  et  de 
la  riviere  Rouge)  appartient  ä  une  famille  qui  se  rapproche 
beaucoup  des  langues  polysynthetiques  de  TAmerique  (Maury). 
Das  den  Algonkinsprachen  zu  Grunde  liegende  Princip  der 
Formbildung  heisst  das  polysynthetische  i),  from  the  numerous 


tung-tuug,  the  Chinese  kan-kan.  —  A  foreign  resident  (in  Hongkong)  will 
introduce  a  friend  to  a  Chinese  merchant,  as  follows:  „Me  chinchin  you, 
this  one  velly  good  flin  belong  mi,  mi  wantchie  von  do  plopel  pigeon  along 
he  all  same  fashion  along  mi,  spose  no  do  plopel  pigeon,  mi  flin  cam  down 
side  mi  housie,  talke  mi  so  fashion,  mi  kick  up  bobbery  along  gou."  To 
which  the  Chinaman  (in  Pigeon-English)  will  reply:  „Mi  savey  uo  casion 
makery  flaid,  can  secure  do  plopel  pigeon  long  you  flin  all  same  fashion 
long  you"  (nach  Morris). 

0  The  process  of  putting  together  portions  of  difl"erent  words,  so  as  to 
awaken,  at  the  same  time,  in  the  mind  of  the  hearer,  the  various  ideas, 
which  they  separately  express,  is  not  the  only  manner,  in  which  the  Ame- 
rican Indians  combine  their  ideas  into  words  (Pickering).  —  Im  Sanskrit 
wird  jeder  Satz  als  eine  ununterbrochene  Kette  von  Silben  betrachtet,  indem 
die  zusammen  auszusprechenden  Buchstaben  nach  den  Regeln  des  äussern 
Sandhi  und  ihrer  Anwendung  auf  die  Pada  verändert  werden.  Aus  sev-mek 
(lieben)  bildet  sieh  im  Türkischen  sev-dir-isch-e-me-mek,  sich  gegenseitig  zu 
lieben  nicht  nöthigen  können,  wobei  dir  dem  "Worte  transitive,  isch  reciproke, 
me  negative  Bedeutung  gibt  und  e  das  Unmögliche  bezeichnet.  —  In  certain 
of  the  populär  dialects  (difl'ering  from  the  Kwanhwa  or  common  dialect  of 
the  lettered  class),  agglutination  to  a  limited  extent  is  actually  reached  (in 
China),  indem  die  Sprache  auch  in  diesem  Culturstaate  zur  Entwickelung 
drängt,    aber    durch    die    allzu    früh    hieroglyphisch    fixirte   Schrift   gehemmt 


I 


Wechsel  und  Mischungen.  67 

conibinations  of  ideas,  wliicli  it  presents  in  the  form  of  a  woid 
(s.  M.  Müller).  Es  ist  Gesetz  für  alle  Titelbildung,  von  oben 
nach  unten  vorzudringen,  da  ein  Beiname  zunächst,  und  das 
nach  dem  allgemeinen  Gesetze  des  Ursprungs  der  Begriffe  in 
Contrasten  und  höchsten  Graden,  nur  wenigen  als  Auszeich- 
nuno- beiselesft  wird,  und  mit  dem  Verschwinden  der  Contraste 
in  der  Gesellschaft,  welches  nur  eine  thätliche  Folge  ihres 
Verschwindens  in  der  anfangs  phantastischen  Anschauung  von 
ihr  ist,  sich  immer  weiter  verbreitet,  ein  Vorgang,  von  dem 
das  Wort  sire  neben  dem  doppelten  Gebrauch  die  deutlichen 
Spuren  an  sich  trägt.  Wie  diese  und  ähnliche  aus  senior,  so 
ist  aus  magister  das  englische  Mr.  geworden  (s.  Geiger).  Vor- 
nehmlich im  niedcrn  Stil  und  in  der  Umgangssprache  begleitet 
Zahlen,  wenn  die  gezählten  Personen  und  Dinge  mit  erwähnt 
sind,  ein  die  Verknüpfimg  beider  vermittelndes  Wort.  Für 
Personen  und  Sachen  hat  man  drei  verschiedene  Schreibarten 
eines  ko  lautenden  Wortes,  das  zuweilen  schon  im  alten  Stil 
erschien,  im  neuern  auch  Deutewörter  begleitet.  Manches 
andere  Wort  von  bekannter  selbstständiger  Bedeutung  leiht 
sich  zu  demselben  Zweck,  ist  aber  dann  immer  an  gewisse 
Klassen  und  Dinge  gebunden.  So  gebraucht  man  tao  (gladius, 
culter)  bei  gezählten  Sendschreiben,  wei  (cauda)  bei  Fischen, 


wird.  —  L'emploi  constant  de  l'agglutination  donne  aux  langues  (polysyn- 
thetiqnes)  de  l'Amerique  l'apparence  d'avoir  des  mots  fort  longs,  quoique 
les  Clements  en  soient  monosyllabiqnes  ou  disyllabiqiies  (s.  Maury).  —  A 
trace  of  the  incorporative  type  is  found  even  in  one  of  the  Illyrian  dialects 
of  the  Scythian  family  (the  Hungarian),  and  the  Basque  exhibits  it  in  a 
notable  measure  (Whitney).  The  fundamental  common  characteristic  (of  the 
Scythian  languages)  is  that  they  foUow    the   agglutinative  type  of  structure. 

—  Auch  im  Chinesischen  werden  agglutinative  Formen  bemerklich  (nach 
M.  Müller^,  wo  sich  im  Shanghay-Dialektc  aus  wo  (sprechen)  wo-da  (Wort) 
bildet,  wodaka  im  Gen.,  pela  woda  im  Dat.,  tang  woda  im  Abi.  (s.  Summers). 

—  The  type  (of  American  languages)  is  called  the  incorporative  or  polysyn- 
thetic,  tending  to  the  excessive  and  abnormal  agglomeration  of  distinct 
significant  Clements  in  its  words,  whereby,  on  the  one  band,  cumbrous 
Compounds  are  formed  as  the  names  of  objects,  and  a  character  of  tedious 
polysyllabism  is  given  to  the  language,  and,  on  the  other  band,  an  unwieldy 
aggregation  (verbal  or  quasi-verbal)  is  substituted  for  the  phrase  or  sentence 
with  its  distinct  and  balanced  members  (Whitney).  —  Die  Sprache  steigt 
von  den  Synonymen  zum  dvofxa  auf.  Jede  Wurzel  ist  solcher  Verall- 
gemeinerung, solcher  ,, Entleerung  von  ihrem  Naturelement"  (s.  Heyse)  fähig 
(Curtius). 

5* 


Gg  Erstes  Kapitel. 

keil  (6s)  bei  Schweinen,  we'i  (status,  diguitas)  bei  respectabeln 
Personen  (s.  Schott)  im  Chinesischen.  Als  die  Deutschen  des 
Schoharie-Thales  anfingen,  sich  zu  amerikanisiren.  benutzten 
sie  ihre  Familienbibehi  noch  als  Hauschronik,  und  Kapp  hörte 
von  einer  alten  Frau,  dass  sie  die  englische  Bibel,  obwol  sie 
von  Jugend  an  englisch  rede,  doch  nicht  recht  verstehe,  denn 
das  Englische  sei  nur  für  den  gewöhnlichen  Gebrauch^),  mit 
dem  Herrgott  müsse  deutsch  gesprochen  werden. 


^)  A  quasi  classical  dialeet  ,  retainiiig  the  ancient  grammar  and 
vocabulary  to  the  best  of  the  speaker's  ability  und  knowledge,  was  spoken 
in  formal  life  at  Constantinopel  by  the  Court,  the  Patriarchate  and  the 
Upper  classes  until  the  Turkisli  conquest  (s.  Strangford).  —  Durch  die  An- 
nahme barbarischer  Culte  ergab  sich  (bei  den  Griechen)  eine  abergläubische 
Verehrung  der  barbarischen  Wörter  (s.  Origenes).  —  Deorum  sernio  est 
antiquissima  Griecorum  lingua  Pelasgica  (nam  Pelasgi  dicuntur  6'.oi)  pertinens 
illa  ad  res  sacra  (Göttling).  —  Die  Göttersprache,  Avelche  nach  dem  Dichter 
für  manche  Dinge  ganz  andere  Benennungen  kennt  als  die  menschliche,  war 
hieratisch  (bei  Homer).  Für  AJyaiwv  sagen  die  Götter  Bpiapew?,  für  BaTJsta 
(den  Hügel  auf  der  troischen  Ebene)  aYi.u.a  -oX'jaxapbfiO'.o  Miipivr,?,  für 
x-j'ixivSl;  (den  Vogel)  y///,/i;,  für  2/.a,uav8?o;  (den  Fluss)  Sa'vbos,  und  als 
andere  Wörter  der  Göttersprache  (ohne  Beifügung  der  menschlichen)  nennt 
Homer  das  Kraut  ij.wa'j  ,  die  Irrfelsen  TL/.ayxTa'! ,  sowie  menschliche  Doppel- 
namen ^xa[jiavSp'.o;  und  'Aaruava^  (Ilapt;  und  AÄ£'tav?po;),  dann  jjiopqjvo? 
und  Tiipxvo;.  In  der  deutschen  Göttersprache  (und  der  der  sieben  andern 
Wesen)  kommen  (nach  Simrock)  nur  Synonyma  und  dichterische  Benennungen 
der  in  der  Menschensprache  gewöhnlichen  Wörter  vor.  Platonische  Ansicht 
über  den  StaXEXTO?  5£w<j  sowie  Sia'XexTO'  cxXo'ywv  s^wv  bei  Clem.  Alex.  (s. 
Schömann).  Kratylos  Bemerkung  über  die  eigenen  Namen  der  Götter  (bei 
Plato).  Nach  Nutall  reden  Natchez  und  Creek  unter  gleichen  eine  andere 
Sprache  als  zu  den  Vornehmen.  Der  Adel  der  Abiponen  gebrauchte  einige 
besondere  Wortformen.  Die  Mongolinnen  gebrauchen  aus  ehrfürchtiger 
Scheu  und  Sitte  andere  AVorte  als  die  Männer  (nach  Galsang  Gombojew), 
für  gewisse  Begriffe  und  Gegenstände  (z.  B.  für  P'ilz).  —  The  Mexicans  had 
not  only  reverential  nouns,  but  reverential  verbs,  and  the  use  of  any  other 
than  this  reverential  language  in  conversing  with  a  king  or  royal  chief, 
would  have  been  tantamount  to  high  treason  (Long).  —  Entre  otras  formas, 
para  manifestar  respeto  hay  (en  el  Mi.xteco)  un  vocabnlario  especial  para 
hablar  con  los  grandes  senores  es  deoir  que  las  cosas  pertenecientes  ä  un 
noble  se  dicen  de  una  manera  d«!  todo  diferente  a  las  de  un  plebeyo  (s. 
Pimentel).  En  el  Zapoteco  hay  un  pronombre  particular  para  hablar  con 
los  superiores  (s.  Pimentel).  Es  tanto  y  tan  grande  el  imperio,  que  los 
caciques  (en  Mexico)  se  han  tomado  que  los  indios,  asi  sujetos,  que  no  se 
atreven  ä  replicar  ni  aun  ä.  abrir  la  boca  (Acosta).  —  II  y  a  ä  peine  deux 
ans  qu'une  vieille  femme,  derniere  survivante  des  Cocohiomes  mourait  ä 
Zape  (1869). 


Wechsel  und  Mischungen.  69 

Im  Gegensatz  zur  lingua  romuna  rustica  war  der  sermo 
iirbanus  die  Sprache  der  weniger  Gebildeten  in  Rom.  DieLandes- 
sprache  der  Khäto-lvomanen  heisst  Romaunscb,  wie  die  Sprache 
der  Dako-Romanen  Limba  romaneska  (s.  Ficker).  Unter  den 
Bewohnern  Föhrs  werden  als  Hauptmundarten  gesprochen  die 
föhringische,  fresische,  dänische  und  deutsche  (Warnstedt). 

Der  Unterschied  zwischen  Vocalen  ^)  und  Consonanten  ist 
nur  ein  gradueller,  indem  auf  den  Vocalspitzen  a,  i,  u  bei 
weiterer  Annäherung  der  Artikulationsenge  in  ch,  j,  w  über- 
gehen, ludess  lässt  sich  im  allgemeinen  sagen,  dass  die  zur 
Bildung  der  Yocale  mitwirkenden  Muskeln  mehr  (oder  doch 
zum  Theil)  den  unbewusst  reflexiv  thätigen  angehören,  wo- 
gegen die  fi'ir  die  consonantischen  Geräusche  nöthigen  immer 
durch  bestimmte  Willensacte^)  in  Bewegung  gesetzt  w^erden. 
Wir  finden  deshalb  auch  meistens   schlafi'ere  Völker  vocalisch 


•)  Ein  Vooal  ist  jeder  tönende  Luftstrom,  der  durch  die  Mundhöhle 
allein  hindurch  und  zum  Munde  hinausgeführt  wird,  ohne  dass  auf  diesem 
Wege  seine  Tonalität  durch  ein  accessorisches  Schallphänomen  in  den 
Hintergrund  gestellt  würde  (Merkel).  „Priscian  bemerkt  im  Lateinischen, 
dass  die  Vocale  mit  je  ihrem  Laut  benannt  seien,  die  Namen  der  Halblaute 
aber  mit  e  beginnen  und  mit  ihrem  Laute  schliessen;  nur  der  Name  x  be- 
ginne mit  i;  die  stummen  fangen  sämmtlich  je  mit  ihrem  Laute  an  und 
schliessen  mit  e,  nur  der  Name  von  q  schliesse  mit  u  und  der  von  k  mit 
a."  Die  Wortstammsprache  wurde  (nach  Bunsen)  mit  auf-  und  absteigendem 
Ton  gesungen,  erläutert  durch  Geberden  und  begleitet  von  einer  Bilderschrift. 

^)  Natürlich  erst  mit  dem  Alter  deutlich  differenciirt.  „In  ihren  Be- 
mühungen, einen  Consonanten  auszusprechen,  werden  Kinder  weniger  vom 
Gehör  geleitet,  als  von  einem  dunkeln  Bewusstsein,  durch  welche  Sprech- 
werkzeuge er  hervorgebracht  werden  müsse"  (B.  Schmidt).  —  Vocales  apud 
Latinos  omnes  sunt  ancipites  vel  liquidte,  hoc  est  quse  facile  modo  produci, 
modo  corripi  possunt,  sicut  etiam  apud  antiquissimos  erant  Grsecorum  ante 
inventionem  t)  et  o,  quibus  inventis  £  et  o,  qua  ante  ancipites  erant, 
remanserunt  perpetuo  breves  (Priscian).  —  Nach  Herodian  scheint  £t  wie  i 
gesprochen  zu  sein  und  der  Buchstabe  t  hiess  i  (s.  Steinthal).  Die  Häufig- 
keit prothetischer  Vocale,  besonders  vor  Doppelcousonanten,  aber  auch  vor 
einfachen  Liquidis  und  Nasalen,  ist  für  das  Griechische  charakteristisch  und 
unterscheidet  es  vielfach  vom  Lateinischen  (s.  Curtius).  Im  Spanischen  bildet 
sich  durch  Vorschub  estar  aus  stare  (s.  Diez) ,  in  siciiianischer  Mundart  (s. 
Wantrup)  wird  oft  a  vorgeschlagen  (oruta  aus  pvx-«^).  Gegenüber  dem  süd- 
deutschen Klang  a  nähert  sich  der  norddeutsche  (als  ä)  dem  Englischen. 
Das  männliche  Geschlecht  der  untern  Volksschichten  (durch  Derbheit  des 
Sprechorgans  Kraft  bezeichnend)  verwandelt  den  Klang  ungefähr  in  o,  wo- 
gegen bei  Frauen  und  Kindern  (besonders  der  gebildeten  Stämme)  er  beinahe 
dem  e  gleicht  (Bois.  ßeymond). 


70  Erstes  Kapitel. 

reden,  während  bei  den  durch  ungünstige  Umgebung  zu  stär- 
kerer Reaction  angeregten  consonantisehe  Artikulation  vor- 
waltet. In  den  hinterindischen  Sprachen  verschwindet  das 
Consonantisehe^)  so  völlig  vor  dem  Vocalischen,  dass  viele 
Consonanten  fast  beliebig  gegeneinander  ausgetauscht  werden 
mögen,  ohne  dass  darum  das  dieselbe  Tonhöhe  bewahrende 
Wort  afficirt  wird.  Die  Vocalbezeichnung,  bei  der  es  sich 
um  Triphthongen,  Tessarophthongen,  Pentaphthongen  handelt, 
ist  eine  sehr  complicirte,  doch  fällt  diese  Schwierigkeit  nicht 
der  Sprache  zur  Last  (für  welche  jeder  Ton  ein  an  sich  ein- 
facher ist),  sondern  der  unvollkommenen  Bezeichnungsweise 
durch  ein  nicht  adäquates  Alphabet,  ähnlich  wie  slawische 
Worte  mit  Consonantenhäufungen  überladen  aussehen,  wenn 
sie  nicht  mit  ihrem  eigenen,  sondern  mit  einem  fremden  Al- 
phabete geschrieben  sind.  Die  Indochinesen  haben  ihre  Al- 
phabete von  Indien  entlehnt,  wo  die  Sprachen  eine  mehr 
consonantisehe  Natur  tragen,  sodass  die  dort  verwandten 
Zeichen  fiir  die  reichere  Fülle  vocalischer  Combinationstöne 
unter  den  Indochinesen  nicht  ausreichten.  Die  Consonanten 
dienen  in  der  Hauptsache  nur  als  die  Träger  des  Accentes, 
der  durch  sie  regulirt  wird.  Die  slawischen  Völker,  wenn  sie 
das  römische  Alphabet  annehmen,  finden  natürliche  Schwierig- 
keiten, durch  dieses,  das  den  vocalischen  Sprachen  Südeuropas 
angepasst  war,  ihren  Consonanten-Reichthum  ^)  genügend 
wiederzugeben. 

Die  Aspiration^)  ist,  an  und   fiir  sich  selbst  genommen, 


')  Die  griechischen  Consonanten  wurden  in  lange  ((xaxpa),  zweizeitige 
(Sif^po'iOi)  und  kurze  (ßpa/^ea)  eingetheilt  (s.  Schmidt).  Lange  und  kurze 
Töne  wurden  (nach  Edkins)  schon  in  alter  Zeit  unterschieden  (im  Chinesischen). 

-)  Die  Consonanten  zerfallen  in  momentane  oder  explosive  (nach  vorher- 
gängigem völligen  Verschlusse  des  Organs  durch  das  Oeflnen  entstehende) 
und  beliebig  zu  verlängernde  Dauerlaute  (als  Nasale,  wenn  durch  die  Nase 
gesprochen  oder  sonst  als  Spiraten),  welch  beide  Klassen  mit  und  ohne  Zu- 
thun  von  Stimmton  gesprochen  werden  können,  als  tönende  (Mediae)  oder 
stumme  (Tenues).  Die  Eintheilung  nach  der  Art  der  Aussprache  wird  ge- 
kreuzt von  der  nach  dem  Orte  der  Hervorbringung  der  Laute  (als  Labiale, 
Dentale,  Linguale,  Palatale,  Gutturale).  Aspiraten  sind  momentane  Laute 
mit  nachschlagendem  Hauch  (Schleicher).  In  der  Sprache  der  Atnaer  sind 
die  Gurgellaute  der  Koloschen  nicht  bemerklich,  und  die  in  den  Worten  der 
letztern  oft  vorkommende  Endung  tl  wird  durch  die  Vocale  jai  und  e  ersetzt 
(nach  Kostromitonow). 

^)    Several  of   the    consonants    are    strongly    aspirated    (in    the  Grebo- 


Wechsel  und  Mischungen.  71 

der  rein  elementarische  Hauch  oder  Stoss  der  menschlichen 
Stimme,  als  solcher,  der  als  wurzelhafte  Möglichkeit  und  erster 
Ursprung  allen  übrigen  Lauten  zu  Grunde  liegt,  und  von  wel- 
chem daher  jeder  unter  diesen  an  und  für  sich  nur  als  beson- 
ders abgewandelte  Modification  erscheint  (Herrmann). 

Die  Aspiration,  die  (im  Chinesischen)  die  fünf  Anfangs- 
consonanten  erleiden  (k,  p,  t,  ts,  tsch),  ertheilt  den  damit 
behafteten  Worten  (nach  Premare)  eine  von  den  nicht-aspirirten 
verschiedene  Bedeutung.  *) 


language)  and  in  such  cases  they  take  the  letter  h  before  them ,  as  a  sign 
of  the  aspiration.  —  Von  budh,  als  Stamm,  bildet  sich  ein  Nom.  Sing,  bhut, 
wahrnehmend,  indem  die  durch  dh  als  Finale  verlorene  Aspiration  auf  den 
Anfangsbuchstaben  (b)  des  Stammes  zurückversetzt  wird,  bhudbhih  (Instr. 
Plur.),  bhutsu  (Loc.  Plur.).  Die  Eintheilung  der  Muta  in  tenues ,  mediae 
und  aspiratse  folgt  aus  Uebersetzungen  der  griechischen  ijiua,  fJLe'cja  und 
Saae'a  und  ist  auf  die  lateinischen  und  deutschen  Muta  (ungehauchte,  lialb- 
gehauchte  und  gehauchte  Muta)  unanwendbar  (nach  Hahn),  indem  sich  die 
stummen  Laute  in  hart  und  weich  gabeln  und  jede  dieser  Klassen  entweder 
rein  oder  gehaucht  ist,  wofür  sich  das  Schema  in  der  albanesischen  Sprache 
voll  vertreten  findet.  —  Usan  para  todas  las  aspiraciones  de  las  letras  de 
un  caracter  y  despues  al  puntar  de  las  partes  otro,  y  assi  viene  a  hazer 
in  infinitum.  Le  quiere  dezir  la^o  y  ca^ar  con  el,  para  escrivirle  con  sus 
caracteres,  haviendoles  nosotros  hecho  entender  que  son  dos  letras,  lo 
escrivian  ellos  con  tres,  poniendo  a  la  aspiracion  de  la  1  la  vocal  e,  que 
antes  de  si  trae,  despues  al  cabo  le  pegan  la  parte  Junta.  Haque  quiere 
dezir  agua  porque  la  hache  tiene  a,  h,  antes  de  si  la  ponen  ellos  al  priu- 
cipio  con  a,  y  al  cabo  de  la  manera  indicada.  Tambien  lo  escriven  a  partes 
pero  de  la  una  y  otra  manera.  Ma  in  kati  quiere  dezir  no  quiero ,  ellos 
lo  escriven  a  partes,  bemerkt  Landa  von  den  Yucatanesen.  —  Latter  unter- 
scheidet (im  Birmanischen)  auxiliary,  connective,  miscellaneous,  and  euphonic 
or  expletive  affixes,  Judson  (als  accidents  of  verbs)  assertive,  continuative, 
interrogative,  imperative,  precative,  participial,  qualifying,  euphonic,  closing 
affixes,  auxiliary  affixes  of  tense  and  affixes  of  number. 

')  Um  den  Ton  anzugeben,  den  ein  Charakter  hat,  hilft  sich  der  chi- 
nesische Lexikograph,  indem  er  sagt:  ,, Dieser  Charakter  lautet  gleich  jenem, 
oder  indem  er  zwei  Charaktere  bezeichnet ,  von  welchen  der  erste  ebenso 
anfängt  und  der  zweite  ebenso  endet,  eine  Bezeichnung,  die  (500  p.  d.)  von 
den  Buddhisten  eingeführt  wurde,  die  36  Anfangsconsonanten  zählten  (s. 
Plath),  mit  einem  weichen  k,  fast  wie  g,  ein  hartes,  aber  nicht  gutturales 
k,  ein  weiches  t,  fast  wie  d,  ein  hartes  t,  aber  nicht  zischend,  ein  f,  ein 
weiches  p,  fast  b,  ein  hartes,  aber  nicht  f,  u.  s.  w.  —  Tbere  is  in  the  Fuh- 
keen  dialect  the  peculiarity  of  two  diflferent  classes  of  sound,  one  (ge-yim 
or  character's  sound)  used  in  reading,  the  other  (kong-wa  or  spoken  language) 
iu  speaking  (Kidd).    Were  it  not  for  the  symbolic  nature  of  Chinese,  which 


72  Erstes  Kapitel. 

Die  Laute  der  englischen  Buchstaben  t,  d,  th,  s,  z  fallen 
in  der  undeutlichen  Aussprache  der  Birmanen  ')  fast  völlig 
zusammen  und  der  Name  Gautama  wird  (nach  Symes)  in 
einer  AVeise  ausgesprochen,  dass  sich  der  Anfangsbuchstabe 
nicht  unterscheiden  lässt. 


excludes  an  aiphabet  aiid  necessarily  rei^iiires  each  character  to  stand  alone, 
alike  detached  from  the  preccding  and  the  following  one  in  visible  form, 
tlie  oral  language  woiild  long  erc  tliis  bave  become  polysyllabic  (Kidd).    A 

Word,  whicli  \ve  write,    ling,    njay    be    pronoimced    as   if  written   ling,    lin, 

^    :i        3  ,:i  ji  ,33 

ning,  ning  and  nin,  ur  one  written   Isnng  niay    be  pronounced    chüng  chung 
.  3 

chün,  and  a  Chinese  woiild  understand  perfeclly  well,  bat  if  the  words  ling 

3  ,4,4 

and  tsüng  be  pronounced  ling  and  tsung,  be  instantly  understands  thereby 
characters  different  from  those  it  was  intended  to  use,  and  is  consequently 
unablc  to  comprehend  the  Speaker  (s.  Meadows).  —  Remusat  bezweifelt  die 
Einsilbigkeit  des  Chinesischen,  und  nach  Bazin  enthalt  die  Volkssprache 
fast  nur  Couiposita,  wo  zwei-  und  dreisilbige  Wurzelwürter  zum  Ausdrucke 
einer  Idee  verbunden  sind,  wenn  auch  die  gelehrte  Sprache  meist  aus  ein- 
silbigen Worten  bestehe.  Ohne  die  früh  eingeführte  Schriftsprache,  die  jedem 
Worte  seine  selbständige  Form  und  Bedeutung  ertheilte,  würden  (nach  Plath) 
auch  wol  grammatische  Flexionen  und  Ableitungssilben  gebildet  sein.  — 
No  distinct  vowel  sound  is  perceivable  in  any  of  the  imperfect  vowels  (nach 
Williams)  oder  (nach  Meadows)  Vocale ,  die  im  Englischen  fehlen.  —  The 
sheng  (in  Chinese)  are  produced  solely  by  the  sinking,  rising  or  non-altc- 
ration  of  the  sound ,  as  it  wonld  stand  in  the  gamiit  (Meadows).  The 
aspirate  (in  the  Chinese)  is  in  muny  cases  of  as  much  importance  as  the 
sheng.  All  words  ending  in  ang,  an,  en,  euen,  in,  ing,  un,  ung,  which  are 
characterized  by  the  four  tones,  have  their  curresponding  entering  tones, 
Tvhich  should  be  expressed  by  ä  e  ih  ö  i\h  annexcd,  as  „wan"  wä,  „shen" 
she,  „tsin"  tsih,  „Icuen"  leo,  ,, chung"  chük.  The  only  additional  variety 
of  sounds  consists  in  an  aspirate  between  the  consouants  k  p  t  ts  and  the 
following  vowel,  as  k'e  p'e  t'e  uttered  with  a  forcible  breathing  to  distinguish 
it  from  ke  pe  te,  similar  distinctions  subsisting  between  all  words  having  a 
vowel  after  either  of  these  consonants,  as  k'ung  and  kung,  p'ing  and  ping, 
t'an  and  tan,  k'een  and  keen.  K  is  oftcn  confounded  with  tch  in  the 
northern  parts  of  China  (s.  Kidd). 

')  Les  Barmans  se  servent  indifferemment  des  lettres  de  meme  son,  les 
unes  pour  les  autres,  ils  confondent  de  la  sorte  les  j  et  r,  nr  et  n,  b  et  p, 
les  finales  k  et  t,  t  et  p ,  n,  n  et  m,  ae  et  aej,  ö  et  öw,  etc.,  sont  tres-in- 
exacts  dans  la  distinction  des  voyelles  breves  et  longues,  et  emploient  ou 
omettent  presque  arbitrairement  les  deux  accents  destines  "a  rendre  brcvc  une 
syllabe  ou  a  allonger  (Schleiermacher).  —  Im  Fuhkian-Dialekt  geht  m  in 
b  über,  im  Japanischen  steht  r  für  1,  wie  im  alten  Aegyptischen  r  und  1 
wechselten   (s.  Plath).     Wie  ausuahmslos   sich  auch   ursprünglich   im  Laut- 


Wechsel  und  Mischungen.  73 

Als  Uebergänge  finden  sich: 
r  in  1,  indo-europ.  (1),  zend  (r),  scyth.  (1),  jap., 
r  in  s  (arae  oder  asae), 

1  in  s,  j,  zh,  indisch  (unarisch)  nach  Hunter, 
1  in  zh  in  Südindien  (Tamil  statt  Taniizh,  Tuluva  statt  Tuzhuva), 
g  in  8  durch  Dentalismus   (Curtius),   Y£9upa    oder   (lakonisch) 

8t90upa, 
gh  in  'ä",  gharmas  (Glut)  sanskrit.,  ^epfJ-V],  Wärme   (formidus, 

heiss  ^), 
t  in  k,  griech.  (t),  indogerm.  (k),  lat.  (qu),  sanskr.  (k'),  Haw., 

Canada  (moitie  oder  nioikie), 
b  in  m,  semitisch  (Dozy),  indogerm.,  birm.  (Tavoy),  ägypt., 
k  in  g     j 
t  in  d      i  Haw., 
p  in  f     J 

T  in  R,  Aino  (Schmidt)  t, 
k  in  f,    in    wilkas    (lit.),    in    wulf  (angelsächs.)    oder    (goth.) 

vulf  (vluku,  slav.), 
n  in  1,  Hochasien  (Schott), 
n  in  r,  Pehlewi  (Rawlinson), 
r  in  y,  birman., 
r  in  t,  d  (Kaffir), 
z  in  r^),  r  (Bechuana), 

g  in  p,  Aayoc  (lagh)  und  lepus  (nach  Pott), 
p  in  tsch,  ukutschwa  statt  ukupwa  (s.  Dohne)  bei  den  Kaffir, 
g  in  b  (rumänisch),  hagig  ^=  habeam, 
j  in  h  (portug.),  haja  =^  habebam, 
y  in  b  (spanisch),  haya  =  habebam, 


wandel  das  Gesetz  der  Schwere  geltend  macht,  wonach  immer  nur  der 
schwerere  Laut  in  den  leichtern  übergeht,  nicht  umgekehrt,  so  treten  doch 
spätere  Rückbildungen  ein,  d.  h.  Uebergänge  des  leichtern  Lautes  in  den 
schwerem.  Im  Romanischen  z.  B.  geht  e  in  a,  i  in  o,  u,  ebenso  o  in  a 
und  u,  i  in  a,  o,  u  über  (s.  Diez).  Ebenso  kann  sich  von  den  Consonanten 
f  in  b  und  p  zurückbilden,  v  in  b,  bb  und  p,  b  in  d,  d  in  t,  r  in  d.  L  in  f 
und  g  (s.  Steinthal). 

^)  Im  Englischen  sagt  man  tlean  für  clean  (nach  Webster) ,  Kinder 
Tatze  für  Katze. 

2)  II  y  a  une  tribn  des  Isalokis  qui  prononce  la  lettre  R  au  Heu  de  la 
lettre  1.  C'est  d'elle  qu'est  venu  le  nom  de  Cherokis.  —  Die  Lenape  am 
Delaware  Wessen  (zu  Penn's  Zeit)  Renape, 


74  Erstes  Kapitel. 

1,  m,  n,   r  seem  to  be  frequently  interchanged  (in  the   Aku- 
language. 
Die  Knistenaux   in  Canada   heissen   auch  Killistenos  oder 
(bei  den  Franco-Canadiern)  Cristinaux. 
f  in  h  im  Spanischen,  hacer  (f'acere), 
f  in  kh  im  Japanischen.    Les  habitants  de  File  de  Sikokf  disent 

Khirando  pour  Firando. 
f  in  g  im  Holländischen  (Kraft,  als  kragt), 
f  in  b    „  „  (Graben,  als  gragt), 

s  in  h  im  ßretonischen,  halon  oder  Salz  (hall  im  Altdeutschen), 
z  in  h  im  Slawischen,  zima  (hiems), 
s  in  k  im  Sanskrit,  shouna  oder  Hund  (canis), 
s  in  g  im  Armenischen,  sar  oder  Berg  (gora  im  Slawischen). 
Nach  dem  Vocal  a  geht  finales  k,  z,  p,  s    in  t,  m  in  n  über.^) 

„        z,   t,  p,  s    „    k,  m    „  n 

„        z,   t,  p,  s 

„        z,  p,  s 

5,  t,     p 


Regelmässige  Lautvertretung. 


•■      ->■) 

0       ,, 

e     „ 

ou  „ 

ai    „ 

k, 

m 

17 

h 

t, 

m 

ti 

n 

t, 

m 

?5 

n 

k, 

m 

■)■> 

n 

Sanskrit 

Griechisch 

Italienisch 

Germanisch 

Slawisch 

Litauisch 

k 

3C 

q,  c 

h 

k 

(s) 

k  (sz) 

O 

Y 

g 

k 

g 

(z) 

g   (j) 

gh 

X 

h-g 

g 

- 

— 

t 

T 

t 

<h  (d) 

t 

t 

d 

s 

d 

t  (z) 

d 

d 

dh 

^ 

d-f  (b) 

d  (t) 

d 

d 

P 

TC 

P 

f    (V) 

P 

P 

b 

ß 

b 

bh 

<P 

b-f 

b 

b 

b 

n 

Y 

n 

n 

n 

n 

11 

V 

n 

n 

n 

n 

m 

t^ 

m 

m 

m 

m 

r 

P 

r 

r 

r 

r 

1 

X 

1 

1 

1 

1 

j 

'C 

j 

j 

j 

j 

s 

a 

s  (r) 

s    (z,  d,  r 

)       s 

8 

V 

J 

V 

V  (w) 

V 

V 

Tt  =   k,  ^Ko?,  vak,  vox,  "tttco;  oder  Uxxo;,  equas,  uoStv,  kutas,  lluptov  = 

Kiepiov  (Thessal.), 
p  =  t,  TCevxe  =  uejJiTie  (äol.),  raw?  =  pavo, 


Wechsel  und  Mischungen.  75 

Cerebralen  entsprechen  final  den  Dentalen  und  die  Me- 
dien der  Tennis  (im  Birmanischen). 

Im  Siamesischen  klingt  finales 
kh,  kh,  g  wie  k, 

d,  (^1-,,  tho,  d,  dh,  s,  s,  s,  x  wie  d, 
r,  1,  f,  r  wie  n, 
p,  ph,  ph  wie  p. 

In  den  tonischen  Wörterbüchern  ^)  (der  Chinesen)  sind 
alle  Schriftzeichen  nach  den  Auslauten  der  entsprechenden 
Wörter  in  Klassen  gebracht,  und  zwar  so,  dass  die  aufeinander 
reimenden  Auslaute  jeder  Klasse  nach  der  angenommenen 
Ordnung  der  Anlaute  aufeinander  folgen. 


ß   =   g,  ßapo;   =  gurus  (sanskr.),  [iüSo;  =   gahanam  (Tiefe), 

cp    =   f,  b,  cpTriyo;,  fagus,  buohha, 

y^   =   (p,  <pXtap6;  =  y^Xtapo;  (Hesych.), 

(p   =  g,  v'.^a  =   snegas  (lit.),  Schnee, 

ß   =   6,  SsXcp'.?  =   ßeXcpt?  (äol.), 

T   =    k,  TC£VT£  =   pankan  (Zend),  penki  (lit.),  quinque,  ri   =   ka  (sanskr.), 

<p   =   i,  9UAÄa   =   äoXXa  (kretisch), 

5  =  j,  ÖLiyov   =  jugam  (sanskr.), 

/   =   ß,  Mo  Y- 

In  Vocale  verwandelt,   wird  das  Digamma  vertreten  durch  u,  o  (w),  i. 

')  Ihre  Lautlehre  erhielten  die  Chinesen  (5.  und  6.  Jahrh.  p.  J.)  durch 
indische  Buddhamönche,  die  neun  Klassen  von  Anlauten  aufstellten  und  zwölf 
Klassen  von  Auslauten,  die  vier  Accente  benannten  und  die  Lautbestimmung 
mittels  eingebildeter  Theilung  der  Wörter  erfanden ,  wie  seitdem  in  den 
Wurzelwörterbüchern  verwandt.  Die  nach  dem  Bau  der  Schriftzeichen  (nach 
Klassenhäuptern)  eingerichteten  Wörterbücher  sind  mit  Hinweisungen  zur 
Kenntniss  des  Lautsystems  versehen,  indem  sie  zuerst  die  neun  Klassen  der 
Anlaute  (als  Backenzahnlaute,  Zungenspitzlaute,  Labiale,  Gutturale  u.  s.  w.) 
verzeichnen,  und  dann  die  zwölf  Klassen  der  Auslaute,  in  den  zwei  Ab- 
theilungen der  mit  offenem  und  der  mit  geschlossenem  Munde  Gesprochenen, 
sowie  mit  Hinblick  auf  die  Accente  (s.  Schott).  Die  birmanischen  Affixe 
ti,  so,  i,  qI  entsprechen  den  gleichbedeutenden  der  Chinesen  in  vielen  ihrer 
Verhältnisse.  Im  Abchasischen  sind  p  und  t  am  Ende  von  Verbalformen 
(nach  Rosen)  nur  harte  Compressionen,  jenes  der  Lippen,  dieses  der  Zunge 
gegen  die  Zähne.  Als  Schlussconsonanten  (in  den  südlichen  Dialekten 
Chinas)  sind  p ,  k  und  t  von  keiner  Luftströmung  begleitet  und  werden 
mehr  angedeutet  als  ausgesprochen.  Die  Silben  mit  r  und  1  sind  im  Vai- 
Alphabet  (Doabi's)  nicht  unterschieden.  —  The  striking  peculiarity  of  the 
Fernandian  derivative  pi'efixes  is  the  change  of  the  labial  nasal  (m)  into 
the  labial  media  (b).  In  the  Nano  language  the  m  of  the  b'  prefix  is  always 
changed  in  v  (Bleek). 


76  Erstes  Kapitel. 

In  der  Lautverschiedenheit  der  Südseesprachen  steht 
im  Tonga  ^),  Sanioa  und  Hawaii  1  statt  r, 
,,    Tahiti  r      „     1, 

,,        „  h      ,,     k  und  ng  der  Tonganer, 

Neuseeländer  und  Raratonger, 
,,    Hawaii  h  statt  k  der  Tonganer,  Neuseeländer  u.  Raratonger, 
„    Samoa    n     ,,    ng  „  „  „  „  „ 

„   Hawaii   s     „    h    der  Tahitier, 

■il  15  SK     „      t, 

,,    Raratonga  wird  h  und  f  der  Tahitier  ausgestossen, 
„  Markesas       „      r  „  „  „ 

Als  hier  und  da  vorkommende  Lautwechsel  in  den  Mande- 
Sprachen  führt  Steinthal  an: 

k  (Mande)  wird  zu  t  (Bambara), 
d  (Vai)  „      „    s  (Susu), 

k  (Mande)      „      „    f        „ 
k  „  „      „    w  (Bambara), 

k  (Vai)  „      „    s  (Mande), 

r       „  „      „    t         „         u.  dgl.  m. 

Der  Austausch  zwischen  m  und  p  ist  häufig  (n.  Happart) 
in  dem  Favorlang-Dialekt  aufFormosa:  Papappa  und  Mapappa, 
Papil  und  Mapil  u.  s.  w. 

Der  Belgier  Mekerchus  (Mekerkebürg)  bemerkte  bei  seinem 
Aufenthalte  in  England  (16.  Jahrh.  p.  J.),  dass  das  d  in  der 
Weise  der  modernen  Griechen  auszusprechen-)  sei,  wie  th  der 
Engländer  (thiefj  oder  bei  den  Deutschen  (in  Thier). 

lu  den  neuern  Sprachen  Indiens,  in  denen  die  Sanskrit- 
Buchstaben  mit  persischen  wiedergegeben  werden,  findet  sich 


')  Die  Laute  j  und  ch  (dsch  und  tsch)  finden  sich  nur  in  Tonga.  — 
En  Texupa  usan  de  la  r,  sin  que  se  halle  en  otra  parte  de  la  Mixteca,  y 
alli  afirman  los  naturales  antiguos  ser  introduccion  uueva  en  aquel  pueblo, 
que  antes  que  vieniesen  espanoles  no  se  hablaba  ansi  (El  Rey).  —  Noch  im 
13.  Jahrhundert  reimen  genaue  Dichter  beiderlei  e  (das  aus  a  durch  1  um- 
gelautete  e  und  das  aus  i  durch  a  abgeläutete  a)  nicht  miteinander,  obwol 
sie  mit  demselben  Buchstaben  e  geschrieben  werden  (Westphal). 

^)  Le  mot  „laugh"  est  le  mot  „lachen"  des  Allemands,  qui  est  prononce 
comme  il  doit  etre,  avec  une  gutturale  aspiree,  tandis  qu'en  anglais,  ce  n'est 
pas  qu'on  l'omette,  comme  on  le  fait  dans  plusieurs  mots  analogues  dan^ 
cette  Jangue,  mais  on  le  denature  au  point  d'y  substituer  une  labiale  aspiree, 
qui  est  l'f,  et  on  dit  läf  au  lieu  de  lach,   comme  les  AUemands  (Edwards). 


Wechsel  und  Mischungen.  77 

kh  durch  zwei  Buchstaben,  die  miteinander  verbunden  sind, 
repräsentirt.  Das  Fehlen  der  Mediae  im  Chinesischen  •)  ist 
(nach  Lepsius)  nicht  ursprünglicher  Mangel,  sondern  Laut- 
verlust. 

Eine  durchgreifende  Eigenheit  aller  germanischen^)  Dialekte 
ist  die  sogenannte  Lautverschiebung,  nämlich  diejenige  Ver- 
änderung der  Stufen  stummer  Consonanten,  wodurch  in  den 
mit  urverwandten  Sprachen  (nanientlich  der  griechischen)  ge- 


')  Edkins  suchte  die  alte  Aussprache  des  Chinesischen  aus  dem  Namen 
des  Schihking,  spätem  Liederbüchern,  Prüvinzialdialekten  herzustellen.  Die 
modernen  Dialekte  Indiens  folgen  nicht  länger  den  phonetischen  Kegeln  des 
Sanskrit,  sondern  zum  Theil  denen  des  Prakrit,  ausser  ihren  eigenen.  Ihre 
grammatischen  Formen  sind  meistens  neuerer  Bildung,  indem  die  Casus- 
endungen hauptsächlich  durch  Postpositionen  angezeigt  sind,  die  alten  Per- 
sonalendungen in  der  Hauptsache  verschwunden  und  die  Zeitea  ganz  anders 
markirt  sind  als  in  den  Prakrit-Dialekten,  indem  die  Vergangenheiten  gewöhn- 
lich durch  Participien  angedeutet  werden,  mit  den  drei  persönlichen  Für- 
wörtern im  Instrumentalis  (nach  Lassen).  Volkssprachen  streben  zu  mo- 
nosyllabischer Verkürzung,  wie  die  im  Prakrit  den  Uebergang  zum  Sanskrit 
zeigenden  Worte  des  Hindi,  wobei  der  Monosyllabismus  sowol  als  Wurzel 
den  ausgebildeten  Schriftsprachen  zu  Grunde  liegt,  als  auch  bei  dialektischer 
Neubildung  daraus  wieder  hervortritt.  —  There  ought  to  be  no  compromise 
of  any  sort  between  ethnological  and  phonological  science.  It  is  only  by 
stating  the  glaring  contradictions  between  the  two  sciences,  that  truth  can 
be  elicited  (Max  Müller).  Dagegen  findet  es  Friedrich  Müller  gerechtfertigt, 
die  Sprache  sammt  den  an  dieselbe  im  Gebiet  des  geistigen  Lebens  sich 
knüpfenden  Aeusserungen  zum  Hauptmerkmal  der  Völkerverwandtschaft  zu 
erheben.  Nach  Strabo  redeten  Meder,  Perser,  Baktrer  und  Sogdier  fast 
dieselbe  Sprache.  Der  indische  König  Stabrobates,  der  (nach  Ktesius) 
Semiramis  am  Indus  zurücktreibt,  wird  erklärt  als  Sthävarapati  (Herr  der 
Erde)  oder  als  Sthaürapati  (Herr  der  Stiere).  Der  assyrische  König  Orus 
erfand  ein  Mittel  gegen  Betäubung  (nach  Plinius).  Nach  Strabo  erstreckt 
sich  Ariana  auf  der  einen  Seite  bis  Persien  und  Medien,  auf  der  andern  bis 
Baktriana  und  Sogdiana. 

2)  In  der  Lautverschiebung  steht  das  Gothische  in  demselben  Verhält- 
niss  zum  Griechischen,  wie  das  Neuhochdeutsche  zum  Gothischen  (s.  v. 
Raumer).  Nach  Grimm  entspricht  im  allgemeinen  der  harte  Consonant  im 
Griechischen  einer  Aspirate  im  Gothischen  und  einer  Media  im  alten  Hoch- 
deutschen, die  Aspirate  im  Griechischen  einer  Media  im  Gothischen  und  einer 
Tenuis  im  alten  Hochdeutschen,  der  Media  im  Griechischen  eine  Tenuis  im 
Gothischen  und  eine  Aspirate  im  alten  Hochdeutschen.  Eine  zweite  Laut- 
verschiebung tritt  im  Mitteldeutschen  auf,  indem  infolge  des  kriegerischen 
Geistes  die  Aussprache  energischer  wurde.  Obwol  aber  einige  im  Gothischen 
weiche    Consonanten     im     alten    Hochdeutschen    hart    werden,    findet    doch 


78  Erstes  Kapitel. 

iiieinsamen  Lautstämmen  die  Media  in  die  Tenius,  die  Tenius 
in  die  Aspirata  und  die  Aspirata  in  die  Media  desselben  Or- 
gans verwandelt  wird.  Indessen  gilt  diese  Regel  (wonach 
z.  B.  griech.  8"jo,  ttouc,  ycproc,  goth.  tva,  fotus,  gards  ent- 
sprechen) nnr  für  den  Anlaut,  obgleich  sie  auch  auf  den  In- 
und  Auslaut  vielfältigen  Einfluss  geübt  hat.  Aehnliches  gilt 
von  einer  zweiten  Lautverschiebuno;,  wozu  eine  Nei«:ung  in 
dem  3.  und  4.  Jahrhinidert  in  südgermanischen  Idiomen  hervor- 
trat, welche  aber  nur  innerhalb  des  lingualen  Organs  durch- 
zudringen vermochte,  für  das  sie  eine  in  der  hochdeutschen 
Sprache  noch  jetzt  vollgültige  Regel  zu  Wege  brachte.  Bei 
ihr  ist  aber  statt  th  das  schärfere  z  eingetreten,  und  im  Be- 
reich der  labialen  Organe  hat  sie  den  Anlaut  P  nicht  in  F, 
sondern  in  hochdeutsches  Ph  (Pf)  umgewandelt,  sodass  das 
neuhochdeutsche  Wort  fiir  goth.  tva  und  angelsächs.  padh, 
die  (jcstalt  von  zwei,  Pfad  erlangt  (s.  Künssberg). 

Nach  Mone  ist  im  Westen  des  Rhein,  im  Speiergau  und 
Wormsgau,  dem  südlichsten  Theile  des  sogenannten  rhein- 
fränkischen Landes,  die  fränkische  Mundart  die  allgemeine 
Landessprache,  w^ährend  auf  der  Ostseite  des  Rhein,  vom 
Kreichgau  an  (auf  der  Südseite  des  untern  Neckar)  bis  zum 
Main  abwärts  nur  die  Sprache  der  Städtel)ewohner  fränkisch, 
die  der  Volksmasse  auf  dem  I^ande  aber  schwäbisch  ist,  und 
weiter  im  Osten  dagegen  nach  Franken  hinein  die  fränkische 
Sprache  ganz  vor  der  thüringischen  Mundart  verschwindet. 
Nach  Wiarda  hat  die  niedersächsische  Sprache  das  meiste 
Material  aus  der  altsächsischen  oder  friesischen  Sprache  bei- 
behalten, sich  aber  vorzüglich  durch  die  fränkische  Sprache 
verfeinert. 

Nach  Rapp  setzt  die  Entlehnung  eines  Wortes  aus  einem 
Hauptstanun  in  den  andern  immer  einen  Act  der  sprachlichen 


meistens  das  Gegentheil  statt,  dass  iiäinliili  die  Tennis  znr  Aspirata  wird.  — 
In  tlie  non-Aryan  speech  1  soiuetinu's  takes  the  place  of  zh,  sy,  s,  j  or 
other  Sibilant.  Nu  instance  of  tliis  occurs  in  Indo-Gerinanie  languages,  bnt 
r  sonietimos  represents  s,  and  1  and  r  are  seuii-vuwels  prodneed  by  the 
same  physiological  process  of  articnlation,  and  the  one  sometimes  Stands 
for  the  other  in  Aryan  speech.  Thns  the  typical  Indo-Gerinanic  1  becomes 
r  in  Zend  (s.  Hunter).  In  Japanese  the  letters  r  and  1  are  convertible 
(Summers). 


Wechsel  und  Mischungen.  79 

Willkür  voraus.  „Einmal  hört  der  Entlehnende  das  Wort  des 
ihm  fremden  Idioms  nie  völlig  genau,  und  wenn  er  auch 
richtig  hört,  so  sind  doch  die  Lautgewöhnungen  seines  Organs 
andere  als  die  der  fremden  Zunge,  er  kann  sie  nur  unvoll- 
kommen nachstammeln  und  wird  darum  die  Laute  mit  andern 
verwechseln.  Zweitens,  bei  der  Entlehnung  gehört  das  leihende 
und  das  entlehnende  Individuum  jedes  nicht  nur  einem  ver- 
schiedenen Stamm,  sondern  auch  einer  specifischen  Mundart  •) 
seines  Stammes  an,  und  wenn  nun  die  Stammsprachen  sich 
zuoleich  von  verschiedenen  Punkten  aus  berühren,  so  kann  es 
nicht  fehlen,  dass  verschiedenartige  Quellen  und  verschieden- 
artige Auffassungen  auf  die  entlehnten  Formen  eingewirkt 
haben." 

Die  eigenthümliche  Accentuirung  in  der  Aussprache^)  der 


')  Die  Voliissprache  (auvi^bEta)  der  Griechen  heissl  xo^pvir^  (die  jetzige). 
Ables  leitet  (russ.)  Glas  (Auge)  von  alth.  glast  und  angels.  gloss,  Glanz, 
ab.  „Beweise  der  Begriffsverbindung  zwischen  sehen,  Auge,  Glanz  und 
glänzen  finden  sich  im  sanskr.  laucanam,  Fackel  und  Auge,  im  sanskr.  tar, 
sehen  und  glänzen,  im  arab.  lamhat,  Blick,  neben  lameat,  Glanz,  Strahl,  im 
arab.  rag,  sehen,  neben  sanskr.  raj ,  glänzen  (opaw,  sehen),  im  griech.  aigi, 
Glanz,  Strahl  neben  sanskr.  ok,  Auge,  im  engl,  glance,  Glanz  und  Blick, 
look  (Blick)  neben  sanskr.  laukas  (lux),  im  deutschen  blicken,  holländisch 
bliken  neben  holländisch  blijken  (glänzen),  im  angels.  vlitan,  sehen,  neben 
althd.  vliti,  Glanz,  im  türk.  und  pers.  ain,  Spiegel,  neben  arab.  eain,  Auge, 
u.  s.  w."  Im  (russ.)  Verstand  neben  sanskr.  auma,  Licht,  goth.  saivala, 
Seele  neben  sanskr.  sval,  glänzen,  Sonne.  Ables  leitet  (russ.)  jama  (Grube) 
von  arab.  jam  oder  Meer  (janio,  chald.),  russ.  raakhat,  schwingen  oder 
schütteln  von  griech.  makhaira,  Schwert  oder  Waffe,  in  der  „Begriffsver- 
bindung zwischen  der  Benennung  einer  Waffe  und  der  des  Schütteins,  Be- 
vvegens  und  Werfens,  wie  sanskr.  pilus,  Pfeil,  Wurfspiess,  neben  pil,  schleu- 
dern, isus,  Pfeil,  neben  is ,  bewegen,  asis,  Waffe,  neben  as,  schleudern,  im 
ital.  brandire,  schwingen,  neben  brando,  Schwert,  im  lat.  jaculum,  Wurf- 
spiess, neben  jacere,  werfen,  im  franz.  dard,  Wurfspiess,  neben  darder, 
schleudern,  im  deutschen  Waffe  neben  wifan,  schütteln".  Sanskr.  malinas, 
dunkel,  schwarz,  neben  sanskr.  mal,  verhüllen,  im  griech.  f^eXa;  (Maline  bei 
den  Eskimos  als  russig). 

^)  Cuttee  outo  Yingkelese  king,  my  tingke  allo  lache  Yingkelese  man 
savay  my  (with  exception  of  the  English  queen,  I  think  all  Englishmen  of 
consequence  know  me)  in  the  Canton-English  (Meadows).  Like  all  un- 
cultivated  songsters,  the  Kaffer  delights  in  strong  contrasts,  now  using  a 
high  falsetto  and  now  dropping  suddenly  in  a  gruff  bass.  This  method  of 
the  voice  is  tolerably  universal  throughout  the  world,  and  the  accomplished 
vocalist   of   Kaffirland,    of  China,  of  Japan,  of  Persia,  and  of  Arabia   sings 


80  Erstes  Kapitel. 

Catamarqueiios  tritt  besonders  bei  den  niedern  Klassen  der 
Bevölkerung  hervor  (Tschudi).  Bei  den  bessern  Ständen  fällt 
besonders  der  häufig  fehlerhafte  Gebrauch  von  saber  auf. 
Statt  einen  Satz  mit  dem  ihm  zukommenden  Verbum  auszu- 
drücken, wird  dieses  in  Infinitiven  gebraucht  und  ihm  das 
Zeitwort  saber  mit  der  dem  Hauptverbum  zukommenden 
Flexion  vorgesetzt,  wie  este  ano  sabe  hacer  may  frio,  las  uvas 
de  estas  parras  sahen  ser  muy  ricas  (die  Trauben  dieses  Wein- 
stocks sind  köstlich),  in  Catamarca,  sabe  todo  (Tschudi). 

Die  Männer  der  Chiquitos  haben  für  viele  Begrifle  andere 
AVorte  als  die  Frauen,  die  für  manche  Dinge  zwar  die  gleichen 
Wörter,  wie  die  Männer,  gebrauchen,  aber  die  Endung  ver- 
ändern. ^) 


with  exactly  that  falsetto  voice,  that  nasal  twang,  and  that  abrupt  transition 
fiom  the  highest  to  the  lowest  notes,  which  characterize  the  uneducated 
singera  in  rural  districts;  a  Wiltshire  labourer  and  a  Cliinese  gentleman 
binging  one  of  their  ordinary  sougs,  würden,  von  dem  Worte  abgesehen, 
kaum  zu  unterscheiden  sein  (nach  Wood).  —  Many  of  the  wide-spread 
similarities  (in  the  languages  of  the  Malay  Archipelago)  can  be  traced  to 
organic  onomatopoeia.  Such  are  the  prevalence  of  g  (hard),  ng,  ni,  in 
words  meaning  tooth,  of  1  and  m  in  those  for  „tongue"  of  nge,  ung,  sno 
in  those  for  „nose"  (Wallace).  —  Die  Sprache  (der  Shiporoko)  war  ausser- 
ordentlich auffallend,  denn  nach  jedem  Satze  oder  einzelnen  Worte  gaben 
sie  einen  höchst  eigenthümliehen  Laut  von  sich  ,  indem  sie  stark  Luft  ein- 
zogen und  einen  unbestimmten  Kehllaut  ausstiessen,  der  dem  Schluchzi-n 
(singultus)  ähnelte  oder  einem  ähnlich  tönenden  Schnierzenslaut  (Tschudi). 
Der  Cerebralschnalzlaut  im  Namaqua  ist  „wie  wenn  man  einen  Pfropfen 
auszieht",  Palatalschnalzlaut  „wie  ein  sehr  massiger  Peitschenklapp"  (nach 
Wallmann).  In  St.-Kilda  gleitet  der  Vogler  (mit  einem  weissen  Tuch  über 
der  Brust)  den  Klippen  entlang,  bis  er  den  Wachvogel  völlig  ins  Gesicht 
fasst.  Ruft  der  Vogel  Bir,  Bir,  die  Warnungslosung,  so  schleicht  der  Vogler 
zurück ,  ruft  er  aber  Grog,  Grog,  zum  Zeichen,  dass  alles  ruhig  ist,  kommt 
der  Vogler  näher,  da  der  Ganser  ihn  dann  für  eine  verirrte  Gans  hält,  die 
sich  dem  Lager  nähert.  Die  Bugis  schreien  beim  Scgelaufhissen  vela  (nach 
dem  Portugiesischen),  beim  Ankeraufziehen  ebenso,  and  often  clianged  it  to 
heia,  which  is  so  much  an  universal  expression  of  exertion  and  hard 
breathing,  that  it  is  most  probably  a  mere  interjectional  cry  (s.  Wallace). 
Die  Fremden,  die  nach  Wanumbai  in  den  Aru-Inseln  kamen,  führten  den 
Häuptling  der  Eingeborenen  weg  nach  einem  fremden  Lande  jenseit  der 
See,  wo  sich  die  Leute  der  Aru-Insulaner  noch  jetzt  linden  und  einst  diirih 
die  Wokanleute,  von  diesen  unterschlagenes,  Tuch  schickten. 

')  According  to  Dapper  there  existed  a  great  difterence  between  the 
dialects  of  the  various  districts  of  Furmosa,  so  that  the  inhabitanis  of  one 
TÜlage     could    not    understand    those    of    another    without    Interpreter    (s. 


Wechsel  und  Mischungen.  81 

Der  Geschlechtsiintersc'hied  der  Nomina  in  den  sexuellen 
Sprachen  beruht  auf  keiner  beabsichtigten  Eintheilung  der 
durch  sie  ausgedrückten  Begriffe,  sondern  auf  einer  ursprüng- 


Aledhurst).  —  Die  Antworten  des  Tages  auf  die  lateinisch  gestellten  Fragen 
des  Tarchon  waren  i^nach  Joh.  Lyd.)  etruskisch  geschrieben.  Nach  Cicero 
wurden  einige  Jünglinge  vornehmer  Familien  Roms  den  verschiedenen  Völ- 
kern Etruskiens  zur  Unterweisung  übergeben.  Froh  oder  Frau  (Herr)  wird 
zu  Frohnden  (dienstbar).  Die  ältesten  Benennungen  für  das  Pferd  (bei  den 
Russen)  waren  ausser  den  noch  jetzt  gebräuchlichen  (kon,  loschad)  noch 
komon  und  far,  welch  letzteres  Wort  besonders  auf  arabische  Pferde  an- 
gewendet wurde.  Nieu  (Kuh)  im  Hochchinesischen  heisst  im  Kanton-Dialekt 
Ku  (Neiimann).  Die  Schwäche  des  Stricks  gibt  dem  daran  gebundenen 
Thier  die  Freiheit;  die  Schwäche  (Nachlässigkeit)  der  Aufsicht  der  Kinder 
gibt  ihnen  die  Freiheit,  unartig  zu  sein,  und  so  sind  Schwäche  (slabost)  und 
Freiheit  (swoboda),  weich  letzteres  bisjetzt  in  der  Sprache  des  Volks 
slaboda  ausgesprochen  wird,  verwandte  Begriffe  (Sehischkow).  —  Elephantos 
(Pyrrhi)  Italia  Boves  lucas  (in  Lucanis  visos)  appellavit  (Plinius).  —  Das 
Rhinoceros  wurde  (nach  Festus)  Bos  Aegyptius  genannt,  die  Giraffe  (nach 
Plin.)  Ovis  fera.  So  Seelöwe,  Seehund,  Husspferd  u.  s.  w.  Solöcism  war 
verdorbener  Dialekt  der  griechischen  Colonie  Soloe.  in  Cilicien.  Side  in 
Pamphylien  war  eine  Colonie  von  Cumae,  aber  die  Sideten  vergassen  das 
Griechische  unter  den  Barbaren  (Arrian).  Hari  (harjis)  oder  Here  (exer- 
citus)  bedeutet  eigentlich  (nach  Holzmann)  Volks-  oder  Geschlechtssymbol 
(Wappen  und  Feldzeichen).  Häuüg  waren  die  Bilder  (der  Fähnlein)  Thier- 
bilder,  besonders  von  mantischen  Thieren  (Wolf,  Eber,  Rabe,  Adler, 
Schlange  u.  s.  w.).  Nach  solchen  Wappenbildern  wurden  oft  einzelne  Völker 
genannt,  wie  die  Aulerci  Eburovices  und  die  Eburones  in  Gallien.  Die 
britannischen  Ordovices  haben  ihren  Namen  von  einer  Lanzenspitze  (ahd.  ort), 
die  gallische  Stadt  Luxovium  (Luxeuil)  hat  den  ihrigen  von  dem  Wappen- 
bild eines  Luchses.  Aehnlich  waren  samnitische  Volksstämme  in  Italien 
(Taurini,  Hirpini,  Picentes)  benannt  (Künssberg);  die  Cornavii  in  Britannien 
von  einem  Hörn  genannt.  In  Sigi  (Sieg  und  Segen)  liegt  derselbe  Laut- 
stamm, zu  welchem  die  Verba  „sagen"  und  ,, singen"  gehören,  von  dem 
feierlichen  Vortragen  oder  Absingen  der  Rathformel  gebraucht,  die  aus 
einer  Handvoll  der  auf  ein  Sagum  hingestreut  gewesenen  Zeine  entwickelt 
war  (s.  Künssberg).  —  Hinc  veteranorum  cohortium  signa,  inde  deprompt» 
silvis  lucusque  ferarum  imagines,  ut  cuique  genti  inire  prwlium  mos  est 
(Tacitus).  —  Es  gibt  kaum  etwas,  das  zu  häuslichen  oder  öffentlichen 
Zwecken  diente,  das  nicht  neben  seinem  heimischen  noch  entweder  bei 
seinem  griechischen  oder  lateinischen  Namen  oder  bei  beiden  benannt  wurde 
(in  der  aramäischen  Volkssprache  der  Juden),  allerdings  in  so  fraglicher 
Gestalt  und  so  veralteten  Formen,  dass  classische  wie  semitische  Forscher 
oft  einen  ganzen  Cursus  von  Alterthiimskunde  durchmachen  müssen,  ehe  sie 
das  seltsame  Alltagswort  zu  enträthseln  vermögen  (s.  Deutsch).  Manche 
Worte  sind  im  Slawischen  aus  dem  Deuts(!hen  entlehnt  und  aus  dem  Sla- 
wischen wieder  ins  Litauische  aufgenommen,  z.  B.  dekä,  dunk,  altböhm. 
Bastian,  Studie j.  <J 


82  Erstes  Kapitel. 

liehen  Vertretbarkeit  der  Nomina  durch  deren  wesentlichste 
Bestandtheile,  die  aber  sonst  (wenn  sie  nämlich  nicht  in  dieser 
Weise  als  Pronomina  gebraucht  werden)  selbständig  nicht 
mehr  vorkommen  (Bleek).  In  den  Präfixpronominalsprachen 
findet  sich  eine  grosse  Anzahl  (bis  18)  Nominalklassen  der 
Geschlechter,  von  denen  aber  keines  irgendeine  Beziehung 
auf  den  Geschlechtsunterschied  hat.  Les  langues  africaines 
considerent  generalement  comme  deux  genres,  l'anime  et  l'ina- 
nime,  et  dans  la  classe  des  etres  animes,  le  genre  homme  ou 
intelligent  et  le  genre  brüte  ou  animal  (Maury).  Die  Algon- 
quin  unterschieden  zwischen  belebten  und  unbelebten  Gegen- 
ständen.  Die  Geschlechtsunterschiede  ^)  der  persönlichen  Pro- 


deka, poln.  dzigka  vom  deutschen  Dank ;  wäre  dies  unmittelbar  ins  Litauische 
übergegangen,  so  hiesse  das  Wort  dankas  (s.  Schleicher).  —  L'ancien  ir- 
landais  menme  (esprit)  se  retrouve  dans  le  sanscrite  vedique  manman,  desir 
(de  la  racine  man,  penser). 

')  Le  genre  noble  ne  comprend,  dans  le  massachusetts,  que  les  etres 
vivants,  les  arbres  et  les  plantes  sont  censes  inanimes  (seien  Eliot).  Les 
parties  du  corps  eutrent  aussi  dans  cetle  categorie  ,  n'importe  que  l'animal 
soit  vivant  uu  mort.  Mais  dans  la  langue  lenape  (selon  Heckewelder)  tont 
ce  qui  vit  ou  vegete  appartient  au  genre  anime,  excepte  seulement  les 
herbes  et  les  plantes  annuelles.  Les  parties  du  corps  sont  aussi  de  ce 
genre,  tant  que  le  corps  est  vivant  et  qu'elles  y  sont  attachees,  il  en  est 
autrement  lorsqu'il  est  mort  ou  qu'elles  en  sont  separees  (s.  Duponceau). 
Die  grammatischen  ylvt]  geliören  in  das  yi'iOi,  sofern  es  als  uXt)  die  Unter- 
sciiiede  aufnimmt  oder  diesen  zu  Grunde  liegt,  sodass,  wenn  man  die 
dvo.aaTa  in  aj^pevoc,  i/j/xa,  ay.vjT,  nach  den  yhri  sondert,  etwas  Aehnliches 
geschieht,  als  wenn  man  z.  B.  die  ^wa  sondert  in  :r£^a,  TiTYj'ja,  £'v'jSpa. 
Demnach  könnte  in  diesem  Falle  -^iw^  etwa  durch  Gattung  oder  Art  oder 
Klasse  übersetzt  werden  (s.  Schmidt).  Nicht  nur  hat  jedes  Nomen  eine  der 
drei  Geschlechtsformen,  sondern  es  mag  auch  in  jeder  der  drei  Formen 
auftreten  (ob  auch  nicht  in  der  Wirklichkeit,  so  doch  nach  der  Möglichkeit). 
—  Genus  est  dictio  qua  plures  continentur  species  ut  animal,  sagt  Diomedes 
im  Kapitel  de  nomine,  und  beim  Verbum  erklärt  er:  in  nominibus  sunt 
genera  quibus  sexus  exploratur.  —  Dem  Porphyrius  wird  vorgeworfen,  dass 
er  die  von  Plato  aufgestellten  fünf  yi'iti  (oüaia,  TautoTiQ^,  erspoTt;?,  x'lvTjatc, 
craat?)  übergangen  und  nicht  erwähnt  habe,  dass  Aristoteles  sage,  y-^Os  sei 
uÄT),  sowie  er  auch  die  bei  den  Grammatikern  üblichen  y^'^^  (apj£vixdv, 
!3Y]Xux6v  und  oüSsTepov)  nicht  erwähnt  habe.  In  der  Sprache  zählen  die 
Griechen  bis  fünf  Geschlechter.  Es  kann  ein  männliches  Geschlecht  gedacht 
werden,  das  weder  weiblich  noch  männlich  wäre  (apaev),  und  eins,  das 
beides,  männlich  und  weiblieh  <apaT)v)  wäre,  ähnlich  sind  ir/u;  und  i;f/u, 
sowie  b-iiXeta  oder  i-r^Xea. 


Wechsel  und  Mischungen.  33 

nomina  werden  im  Grebo  nur  wenige  berücksichtigt.  Children 
particularly  seem  to  pay  but  little  regard  to  it. 

Im  Deutschen  finden  sich  Rudimente  der  Verba ')  deriva- 
tiva,  die  auch  im  Hebräischen  nicht  bei  jedem  in  allen  Formen 
bestehen.  Als  causatives  Hiphil  tritt  fällen  zu  fallen,  legen  zu 
liegen,  bitten  (als  intensivum  oder  frequentativum  und  itera- 
tivum)  zu  beten  mit  bieten,  setzen  (als  reflexiv)  zu  sitzen 
u.  s.  w.  Les  formes  transitions  (transiciones)  ou  les  formes 
qui  comprennent  a  la  fois  le  nominatif  et  raceusatif  ou  datif 
pronominal  (dans  les  langues  americaines)  appartiennent  aussi 
aux  langues  semitiques  (s.  Duponceau).  Das  Selish  hat  erstes 
und  zweites  Futur  (werde,  will),  Optativ,  Desiderativ  (sollte), 
reflexiven  und  reciproken  Modus ,  Modus  des  Zweckes  (ich 
gehe,  um  zu)  u.  s.  w.,  mehr  noch  das  Cherokee  (s.  Worcester). 

En  australien  le  duel  des  pronoms  se  forme  par  l'addition 
du  nombre  deux  ä  la  racine  pronominale,  meme  Systeme  dans 
les  langues  papoues,    qui  vont  meme  jusqu'ä  former ^)  par  un 


')  The  proneness  of  the  Semitie  verb  is  rather  to  the  multiplication 
of  such  distinctions,  as  are  called  conjugational,  to  the  characterizing  of 
the  verbal  action  as  in  its  nature  transitive,  causal,  intensive,  iterative, 
causative,  reflexive  or  the  like.  Each  Arabic  verb  has  theoretically  fifteen 
such  conjugations  and  near  a  dozen  of  them,  each  with  its  own  passive, 
are  in  frequent  use  in  the  second  and  third  persons;  the  Semitie  verb  makes 
a  farther  distinction  of  the  gender  of  the  subject,  distinctions  of  case  are 
aloiost  entirely  deiicient.  Only  the  Arabic  makes  a  scanty  Separation  of 
nominative  and  accusative,  or  of  norainative,  genitive  and  accusative.  —  Im 
Quichua  unterscheiden  die  spanischen  Grammatiker  sechs  Formen  von 
Transiciones.  Im  Tschiroki  gibt  es  (nach  Pickering)  besondere  Formen  des 
Zeitwortes  für  die  Personen  ich  und  du,  ich  und  er,  ich  und  ihr,  ich  und 
sie,  und  ebenso  unterscheidet  sich  mein  und  dein  Vater  durch  die  Haupt- 
wortflexion von  mein  und  sein  Vater.  Ausserdem  werden  in  dieser  ganzen 
Sprachenklasse  auch  die  Objecte  durch  Personenflexion  im  Verbum  mitbe- 
zeichnet. —  The  language  of  the  Melanesians  (Negritos  or  Papuans)  east 
of  Guinea  (or  the  New  Hebrides,  Salomon  Islands,  New  Caledonia)  and  west 
of  Guinea  (or  the  Andaman  group)  agree  (in  some  degree)  with  the  Polynesian 
tongues.  The  dialect  of  the  Loo-Choo  Islands  is  nearly  akin  with  the 
Japanese.  Though  the  Corean  languages  and  Japanese  are  not  so  dissimular 
in  structure,  they  might  not  be  members  of  the  same  family,  no  material 
evidences  of  relationship  have  been  traced.  —  The  words  ,,brother"  and 
„sister"  each  has  three  forms  (in  the  language  of  the  Arawaks)  according 
to  the  age  and  sex  of  the  Speaker. 

^)  Les  voyelles  (des  langues  ougro-japonaises)  se  presentent  toutes  sous 
trois  formes :  dure,  douce  et  intermediaire.    Les  Yoyelles  dures  et  les  douces 

G* 


84  Erstes  Kapitel. 

procede  pareil,  iin  trinal  ou  pluriel  ternaire  (Maury).  Das 
sich  zu  dem  eiusilbioen  Thibeto-Barmanischen  hinneigende 
Dravidische  (das  in  grammatischen  Besonderheiten  Ueberein- 
stimmung  mit  austrahschen  Dialekten  zeigt,  wie  im  Zahlsystem) 
ist  den  turanischen  (ugro-japanischen  oder  scythischen)  Spra- 
chen verwandt. 

Der  Hauptunterschied  zwischen  der  chinesisch  isolirenden 
von  den  agglutinirenden  und  Flexions-Sprachen  besteht  immer 


s'barmonisent  avec  les  deux  autres.  Les  voyelles  qui  ne  sont  pas  suscep- 
tibles  de  s'harmoniser,  ne  sauraient  se  rencontrer  dans  un  meme  mut  (Maury) 
(alliterirend  in  Consonanten  und  reimend).  Dans  lesidiomes  dravidiens  les  post- 
positions  alterent  souvent  leur  voyelle  de  maniere  a  l'harmoniser  avec  celie 
du  radical  qu'elles  suivent.  —  Schoolcraft  betrachtet  das  Ogibway  als 
Mutterspraihe  der  Algonkin-Familie.  —  Certaines  particules  paraissent  mises 
"a  la  fin  des  mots  uniquement  dans  un  but  euphonique  (dans  le  Galibi  des 
Caraibes).  Cette  tendance  barmonique  explique  pourquoi  les  consonnes  se 
permutent  suivant  la  voyelle  qui  les  suit  (Maury).  —  Nach  Buschmann  ist  die 
polynesische  Pluralendung  aus  dem  Zahhvorte  drei  entstanden,  wie  die 
Dualendiing  aus  dem  für  zwei.  Die  persönlichen  Pronomina  (auf  der  Insel 
Annatom  in  den  Neu-Hebriden)  haben  besondere  Formen  für  den  Subjects-, 
Objects-  und  Possessivcasus  (Nom.,  Acc,  Gen.)  neben  Possessivsuffixen, 
einen  vierfachen  Numerus  (Singularis,  Dualis,  Trialis  und  Pluralis),  und  an 
ihnen  allein  kommen  die  Tempora  und  Modi  des  Verbum  zum  Ausdruck. 
Ausserdem  unterscheidet  noch  das  Pronomen  der  ersten  Person  einen  Dualis, 
Trialis  und  Pluralis,  ob  der  Angeredete  niitgemeint  ist  oder  nicht,  und  hat 
also  für  diese  drei  Numeri  doppelte  Formen,  einen  Inclusivus  und  einen  Ex- 
clusivus.  So  finden  sich  sieben  Pronomen  der  ersten,  vier  der  zweiten  und 
vier  der  dritten  Person,  zusammen  fünfzehn,  deren  jedes  wieder  die  Formen 
Nominativ,  Accusativ,  Possessiv,  Possessivsuffix,  Präsens,  Präteritum,  Fu- 
turum, Optativ,  Conjunctiv,  Hypotheticus  und  Concessiv  hat  (s.  von  der 
Gabelentz).  In  der  Fidschisprache  ist  der  Trialis  noch  nicht  auf  die  Be- 
deutung einer  Anzahl  von  dreien  eingeschränkt,  sondern  auf  eine  geringe 
Mehrheit  ausgedehnt,  und  gleicht  deshalb  gewissen  arabischen  Pluralformen, 
die,  wenn  andere  zur  Auswahl  daneben  bestehen,  für  eine  Anzahl  von  drei 
bis  neun  gebraucht  werden  (Geiger).  Neben  Singular  (Dual)  und  Plural 
findet  sich  (im  Mexicanischen)  auch  der  Totalis,  der  alle  Wesen  umfasst.  — 
Le  pluriel  general  est  toujours  pris  dans  un  sens  illimite,  le  pluriel  special, 
au  contraire,  Test  toujours  dans  un  sens  restreint,  il  ne  comprend  que  ceux 
qui  sont  assembles  ou  conversent  ensemble,  ou  qui  fönt  le  sujet  de  la  con- 
versation  (in  den  amerikanischen  Sprachen).  Auch  die  Franzosen  machen 
Gebrauch  von  letzterm  in  nous  autres,  vous  autres,  et  les  Italiens  de  meme, 
lorsqu'ils  disent  noi  altri,  voi  altri.  Nos  otros  et  vos  otros  ont  presque 
chasse  nos  et  vos  de  la  langue  espagnole  (s.  Duponceau).  —  Nach  Butrich 
haben  die  Cherokis  drei  Foruien  des  Plural,  die  allgemeine,  specielle  und 
den  Dual. 


i 


Wechsel  und  Mischungen.  85 

in  dem  Mangel  an  Endungen  und  Flexionssilben,  welche  durch 
die  Intonation  und  Aspiration  und  die  Expletive  nur  noth- 
dürftig  ersetzt  werden,  und  dem  Nichtzusammenwachsen  der 
Composita  (s.  Plath).  Beim  längern  Mangel  einer  Schrift 
konnten  die  Endlinge  und  Flexionen  leicht  mit  den  Wurzeln 
verwachsen,  während  im  Chinesischen  die  Worte  durch  Zeichen 
getrennt  gehalten  wurden.  In  der  Volkssprache  *)  bildet  der 
Bauer  ohne  Schrift  ,,hanmer"  für  „haben  wir",  „siimmer" 
für  „sind  wir",  während  das  spät  gebildete  und  niederge- 
schriebene Tisch-Tuch,  Bett-Zeug  nicht  verschmilzt. 

Nach  W.  von  Humboldt  hat  im  Chinesischen  die  schein- 
bare Abwesenheit  aller  Grammatik  die  Schärfe  des  Sinnes,  den 
formalen  Zusammenhang  der  Rede  zu  erkennen,  im  Geiste  der 
Nation  erhöht,  da  im  Gegentheil  die  Sprachen  mit  versuchter, 
aber  nicht  gelungener  Bezeichnung  der  grammatischen  Ver- 
hältnisse den  Geist  vielmehr  einschläfern  und  den  grammatischen 
Sinn  durch  Vermischung  des  materiell  und  formal  bedeutsamen 
eher  verdunkeln.  Der  Chinese  gewinnt  (nach  Plath)  die  Zeit, 
die  wir  mit  der  verwickelten  Grammatik  viele  Jahre  hindurch 
verlieren  (aber  in  dem  Alphabet  ersparen). 

Die  amerikanischen  Sprachen,  als  poly synthetische,  ver- 
einigen gewöhnlich  eine  grosse  Zahl  von  selbständigen  Worten 
(obwol  nicht  ohne  Verstümmelung)  in  ein  Wortganzes,  und 
ähnlicherweise  bilden  die  agglutinirenden  Sprachen  (die  tata- 
rischen, türkischen,  finnischen  Idiome)  aus  vielen  Wörtern 
zusammengeschobene  Wortganze.     In    den    asynthetisch    ein- 


')  Si  (entre  des  personnes  des  nations  differentes ,  lorsqu'une  veut 
iniiter  les  sons  propres  a  l'autre  langue,  et  qui  ne  se  trouvent  pas  dans 
la  sienne)  la  personne  a  l'ouie  delicate  et  les  organes  souples,  quand  meme 
eile  ne  saurait  pas  d'abord  reproduire  le  veritable  son,  eile  y  en  substitue 
un  autre  qni  a,  avec  lui,  les  rapports  les  plus  voisins.  Si  c'est  xme  muette 
eile  tend  k  y  substituer  l'autre  muette  de  la  meme  classe,  on  si  eile  a  k 
sa  disposition  l'aspiree  correspondante  a  la  muette,  eile  y  a  recours.  Mais 
si  c'est  une  aspiree  et  que  dans  sa  langue  il  n'y  en  ait  point  dans  cette 
classe,  eile  prend  une  aspiree  analogue ,  d'une  classe  voisine.  Ainsi  s'agit- 
il  d'une  dentale  aspiree,  pour  un  etranger  qui  n'en  a  pas  dans  sa  langue, 
s'il  est  bien  doue  sous  le  rapport  de  la  prononciation,  il  y  substituera  une 
linguale  suivant  la  nature  de  la  dentale  aspiree  (s.  Edwards^.  Toutes  les 
fois  que  des  etrangers,  qui  ne  sont  pas  parfaitement  verses  dans  la  pronon- 
ciation de  la  langue  fran9aise,  veulent  prononcer  un  mot,  oü  se  trouve  un 
j,  ils  y  substituent  la   linguale   correspondante,  c'est-a-dire  un  z  (Edwards). 


86  Erstes  Kapitel. 

silbigen  Sprachen  bestehen  die  Einzelvorstellungen  *),  die  den 
Einzelwörtern  entsprechen,  in  beziehungsloser  Selbständigkeit 
nebeneinander.  Flexionssilben  gehen  aus  ursprünglich  selb- 
ständigen Wörtern  hervor. 

Alle  wirkliche  sprachbildende  Thätigkeit  ist  niemals  allein 
eine  wortbildende,  sondern  immer  zugleich  eine  satzbildende. 
Das  Wort  hat  als  Glied  des  Satzes  überall  nur  in  diesem  oder 
im  logisch  geordneten  Zusammenhange  mit  andern  Worten 
eine  wirkliche  Existenz  in  der  Sprache.  Nur  der  Idee  nach 
kann  deshalb  der  Process  der  Wortbildung  als  der  frühere 
und  überhaupt  als  ein  unabhängiger  aufgefasst  werden  von 
dem  der  Satzbildung^),  oder  es  wird  sogleich  und  von  Anfang 


')  Les  Indiens  (de  l'Ainerique)  fönt  rarement  usage  de  la  forme  in- 
finitive,  eile  est  trop  abstracte  pour  eux,  et  ils  n'aiment  pas,  en  general,  les 
mots  qui  ne  sont  appuyes  sur  rien  de  materiel  ou  tangible.  C'est  pourquoi 
ils  emploient  les  formes  transitives  du  verbe.  Ils  ne  diront  volontiers: 
„j'entends",  ils  preferent  dire :  „je  l'entends  ou  je  t'entends"  (s.  Duponceau). 
Toutes  leurs  formes  sont  concretes,  et  doivent  s'attacher  a  quelqu'un  ou  a 
quelque  chose,  c'est  par  cette  raison,  qu'ils  ont,  pour  rendre  les  abstractions, 
une  multitude  de  manieres. 

^)  Das  Geschäft  der  sachgemäss  richtigen  Wortstellung  ist  im  Lateini- 
schen mehr  eine  eigenthümliche,  besonders  zu  erlernende  Kunst,  während 
es  im  Französischen  mehr  an  seine  strenge  und  einfache  grammatische 
Regel  gebunden  erscheint.  Die  lateinische  Sprache  kokettirt  vielfach  mit 
der  wechselnden  Mannichfaltigkeit,  die  französische  mit  der  streng  ge- 
messenen Regelmässigkeit  ihrer  Wortstellung;  dort  ist  es  immer  das  In- 
dividuelle des  Denkens,  hier  dagegen  das  Allgemeine  seines  Gesetaes,  in 
dessen  ausprägender  Hervorhebung  sich  die  Sprache  gefällt.  Das  Interesse 
des  Römers  ist  das,  einen  eigenthümlichen  Gedanken,  das  des  Franzosen 
das,  einen  schulmässig  richtigen  Gedanken  in  der  Stellung  seiner  einzelnen 
Begriffe  zu  zeigen.  Nun  ist  es  aber  nicht  vollkommen  gleichgültig,  in  welcher 
Ordnung  die  Worte  im  Satze  aufeinanderfolgen,  sondern  es  wird  durch  eine 
jede  Verschiedenheit  hierin  überall  auch  eine  bestimmte  Verschiedenheit  oder 
Nuance  des  Gedankens  selbst  ausgedrückt  (s.  Herrmann).  —  D'apres 
Raynouard  le  futur  du  provenijal  et  du  franijais  est  compose  du  verbe  avoir, 
place  apres  le  radical  verbal:  J'aimer-ai  pour  j'ai  a  aimer  (von  der  alten 
Form  amer).  Habeo  a  ete  singulierement  contractu  dans  toutes  les  langues 
neo-latines,  et  deforme  dans  le  valaque  amu.  Italien  ho,  esp.  he,  portugais 
hei,  roumanche  hai,  proven(;al  et  fran(;'ais  ai  (Ampere).  D'ego,  diversement 
altere,  les  divers  idiomes  neo-latines  ont  fait  ieu,  eu,  io,  eo,  jou.  L'ancien 
framjais  a  fait  jeo,  jo,  je.  —  Gehen  hat  (im  Franz.)  aus  andare  (aller),  vado 
(je  vais)  und  ire  (j'irai)  seine  grammatischen  Formen  entnommen.  Die 
Verbalflexion  der  Medialform  im  Sanskrit  ging  nicht  zu  den  amerikanischen 
Transitionen  über,  indem  für  die  weitern  Veränderungen  ein  selbständiger 
Pronominalstamm  geschaffen  wurde. 


Wechsel  und  Mischungen.  37 

an  alle  sprachbildende  Thätigkeit  nicht  nur  eine  wortbildende, 
sondern  ebenso  sehr  eine  satzbildende  gewesen  sein  müsseii 
(Herr  mann). 

Sowol  das  Griechische  wie  das  Lateinische  bildet  sein 
Futurum  dadurch,  dass  es  an  die  pradicative  Wurzel  ein 
Zeitwort  fügt,  das  den  Begriff  des  Seins  (oder  Werdens)  aus- 
drückt. Das  Griechische  aber  bedient  sich  zu  diesem  Zwecke 
der  Wurzel  as,  das  Lateinische  der  Wurzel  bhu  (s.  R.  v.  Räumer). 
Wer  würde  in  dem  französischen  Futurum  chanterons  (chanter 
avons)  oder  in  dem  italienischen  Conditional  cauteria  (cantar 
avia)  die  AVurzel  habere  suchen ,  wenn  wir  nicht  aus  andern 
Formen  wüssten,  dass  sie  darin  steckt?  (R.  v.  Raumer). 
„Wie  das  Herausgreifen  über  das  Griechische  und  Lateinische 
im  Sanskrit,  in  den  germanischen  Sprachen  u.  s.  w.  ganz  neue 
Aufschlüsse  über,  die  ursprünglichste  Gestalt  und  die  Um- 
wandlungen der  indoeuropäischen  Flexionen  gegeben  hat,  so 
wird  das  Herausgehen  über  den  Kreis  der  indoeuropäischen 
Sprachen  und  die  Erforschung  ihres  genealogischen  Zusammen- 
hangs mit  den  semitischen  uns  erst  in  den  Stand  setzen,  über 
die  Entstehung  der  Flexionen  ausreichende  Ergebnisse  zu  ge- 
winnen." 

Im  Grebo  wird  das  Pronomen^)  oft  noch  nach  dem  Nomen 
wiederholt  „soh  a  di  pidi,  the  horse,  he  eats  grass".  Ausser- 
dem wird  das  Nomen  oft  sechs-  bis  achtmal  nacheinander 
wiederholt,  statt  es  durch  das  Pronomen  zu  ersetzen.  When 
the  people  begin  to  read  and  write  the  language  more  ex- 
tensively,  they  will  doubtless  relinquish  their  present  usage  by 
discontinuing  the  pronoun,  where  it  is  redundant,  and  by 
using  it  as  we  do,  to  prevent  the  too  frequent  use  of  the 
noun.  Aehnlich  in  der  Kassia-Sprache,  im  Annamitischen  u.  s.  w. 


')  Ninondowa  enimous  migid  (j'entends  im  chien  aboyer)  signifie  (en 
chippeway)  je  l'entends  (audio  illum),  enimous  (un  chien),  migid  (celui  qui 
aboie).  —  In  den  amerikanischen  Sprachen  setzt  man  den  Genitiv  voran, 
fügt  aber  im  Chippeway  zuweilen  o  hinzu  (das  Pronom  dritter  Person),  so- 
dass Peter-Buch  (das  Buch  des  Peter)  sein  würde  Peter's  Buch  (Peter  sein 
Buch  oder  sein  Peter  Buch).  Der  Dativ  wird  beim  zugefügten  Pronomen 
ausgedrückt,  Pierre  n'milan  (Pierre  je  hü  donne),  im  Verbum  und  ebenso 
der  Accusativ,  Pierre  n'dahoala  (Petrus  amum  oder  amo  eum  statt  Petrum 
amo),  —  Der  wahre  Begriff  der  Pluralität  eines  Personalpronomens  findet  sich 
in  der  holländischen  Sprache  bezeichnend  durch  gy  lieden  (du  und  Leute) 
ausgedrückt  (s.  Schott). 


88  Erstes  Kapitel. 

In  der  indianischen  Bibel  übersetzt  Eliot  ego  sum  qui 
sum  durch  nen  nutinnün,  nen  nutinnün  (je  fais,  je  fais).  Wei 
(im  Chinesischen)  kann  sich  (nach  Abel  Remusat)  als  „sein" 
übersetzen,  bezeichnet  aber  eigentlich  „thun",  et  en  fran^ais 
il  fait  nuit,  il  fait  jour,  pour  il  est  nuit,  il  est  jour  (Duponceau). 
Der  ursprünglich  allgemeine  reflexive  Gebrauch  des  Pro- 
nomens^) (St.  i)  hat  sich  in  den  slawisch-lettischen  Sprachen 
(nach  Miklosich)  erhalten  (s.  Curtius). 

Die  Sprachwissenschaft  ist  bei  den  Indern  von  der  Be- 
schäftigung mit  den  Vedischen  Hymnen  ausgegangen,  und  die 
Ergebnisse  wurden  niedergelegt  in  den  Prätipäkhja  (Elementar- 
Grammatiken  der  einzelnen  Sammlungen  der  Hymnen).  Jäska 
erklärte  in  seiner  Grammatik  die  vedischen  Wörter.  Pänini 
legte  sein  grammatisches  Wissen  in  (fast  4000)  Sutra  nieder 
(als  Sütrakära)  und  theilte  sein  Werk  (Päninijam)  in  acht 
Bücher  (Ashtädjäja  oder  Ashtaka).  Pänini  nennt  die  gewöhn- 
liche Sprache  (des  Sanskrit)  bäshä  (Rede  oder  Sprache),  wie 
auch  die  spätem  Volkssprachen  genannt  wurden.  Die  Veda 
Geissen  dagegen  Khandas  oder  Metrum  (rik  oder  Hymnus). 
Pänini  betrachtet  die  vedische  Sprache  nicht  mehr  als  den 
Hauptgegenstand  der  grammatischen  ■•^)  Behandlung  und  gibt 
ihre  eigenthümlichen  Formen  nur  an,  wenn  sie  von  denen  der 
gewöhnlichen  Sprache  abweichen  (s.  Lassen). 

Kumära  erzeigte  dem  büssenden  Varsha  (Sohn  des  Brah- 


')  The  pronouns  of  the  first  and  second  person  singular  are  seldom 
used  in  common  conversation.  Thus  „ni  ne",  I  am  doing  it,  and  „ni  ne", 
are  you  doing  it?  The  sense  must  be  determined  by  gesture,  by  look,  by 
accent  and  emphasis.  When  any  thing  emphatic  is  intended  such  as  „I 
myself"  er  „you  yourself"  then  they  are  employed.  It  is  also  dlfficult  to 
any  Dther  thau  a  native  ear  to  distingiiish  between  the  words  when  they 
are  announced.  The  only  distinction  seems  to  be  that  the  word  for  the 
second  person  is  uttered  in  a  higher  pitch  of  the  voice  and  is  also  more 
suddenly  brought  up.  The  only  way,  in  which  (the  possessive  cases  of  the 
pronouns  of  the  first  and  second  persons)  can  be  distinguished  from  each 
other  is  that  one  is  uttered  on  a  higher  pitch  of  the  voice. 

2)  Nach  dem  Commentar  zu  der  Pali-Grammatik  Pada-Rupasiddhi  des 
Dipankara  hatte  Kätjäjana  von  seinem  Lehrer  (Buddha)  den  Auftrag  erhalten, 
eine  Grammatik  abzufassen.  —  Kätjäjana  w^ar  von  Buddha  nach  Uggajini 
gesandt,  um  den  König  Pradjota  zu  bekehren.  —  Im  Anfang  sandte  Svayambhu 
die  Weisheit  göttlicher  Rede  aus  den  Vedas  hervor  (Mahabh.),  in  der  frühern 
Ealpa  im  Geist  des  allwissenden  Brahma  bewahrt  (KuUuka  Bhatta). 


Wechsel  und  Mischungen.  89 

manen  Cankaravarman  in  Patalijiutra)  die  Gunst,  alle  Wissen- 
schaften zu  ofienbaren,  mit  der  Bedingung,  sie  nur  zu  ver- 
künden, wenn  er  einen  Brahnianen,  der  alles  zum  ersten  mal 
Gehörte  im  Gedächtniss  behalte,  linde.  Als  solcher  wurde 
Vararudki  oder  Kätjäjana  gefunden.  Als  der  sich  unter  den 
Zuhörern  (in  der  Hauptstadt  des  Vanda)  eingefundene  Panini  i), 
wegen  seiner  Dummheit  von  der  Frau  des  Lehrers  fortge- 
schickt, nach  dem  Himalaja  zog,  erhielt  er  durch  Busse  eine 
neue  Grammatik  von  Qiva,  der  durch  sein  Geschrei  die  Aindra- 
Grammatik  (Grammatik  des  Indra)  auf  Erden  vernichtete 
(indem  alle  durch  Panini  iiberwiniden  wurden).  Die  Grammatik 
des  Indra  wird  in  den  ältesten  buddhistischen  Schriften  er- 
wähnt als  die  allgemein  in  den  Schulen  gebrauchte  (s.  Lassen). 
Nach  dem  Avadäna^ataka  hatte  ^'ariputra  (Schiller  des  Buddha) 
die  Grammatik  des  Indra  (im  16.  Jahr  gelesen)  und  besiegte 
alle,  die  mit  ihm  stritten. 

Die  buddhistische^)  Religion  erhielt  sich  in  Innerasieu, 
bis  das  ostturkestanische  Volk  der  Hoei-hu  allmählich  die 
osttiirkischen  Reiche  eroberte  (10.  Jahrh.)  und  den  Islam  ein- 
führte. Die  indische  Schrift  wurde  allmählich  verdrängt,  die 
Uiguren  eigneten  sich  (10.  Jahrh.)  die  syrische  (bei  den 
Nestorianeru  gebräuchliche)  an,  welche  später  (mit  Ab- 
änderungen) bei  den  Mongolen  eingeführt  wurde.  Nach  der 
Eroberung  Chinas  wurde  dies  Alphabet  auch  von  den  Mangu 
(1044)  angenommen.     Das   (1050)   von    den  Mongolen   ange- 


')  Panini  (330  a.  J.) ,  während  der  Regierung  des  letzten  Vanda  und 
Kätjäjana  hundert  Jahre  später,  fasste  die  Arbeiten  seiner  Vorgänger  in  ein 
System  von  Regeln  und  Lehrsätzen  (sütra  oder  Faden)  zusammen.  Die 
Stadt  Tscliinaputi  (von  den  Chinesen  errichtet)  oder  Kinavati  gehörte  früher 
dem  Kanishka.  —  Vararuchi  (in  the  court  of  Vikramaditya  in  Oujein)  was 
the  first  Grauimarian,  who  reduced  the  populär  dialects  to  a  System  (56  a.  J.). 

^)  Die  Bewohner  Khotens  (940  p.  J.)  verehrten  Buddha.  Songju  ging 
(983  p.  J.)  zu  Schiff  nach  Indien ,  um  heilige  Schriften  nach  China  zu 
bringen.  Ein  buddhistischer  Geistlicher,  der  zu  Schiff  aus  Indien  nach 
China  kam  (996),  brachte  dem  Kaiser  eine  Glocke  und  eine  Statue  Buddha's. 
Nach  Hoei'schin  (allgemeines  Mitleid),  einem  buddhistischen  Geistlichen  in 
China  (499  p.  J.),  brachten  Bhixu  ans  Kipin  (Arachosien)  den  Buddhismus 
nach  Fusang  (im  Osten  Chinas).  —  For  the  emancipation  of  the  world, 
Brahma  sunk  in  contemplation,  issuing  in  a  luminous  form  from  the  region 
of  the  moon,  penetrated  into  the  heart  of  Gayatri,  entering  between  her 
eyes  (s.  Muir).  Der  vierfache  Brahma  bildet  dann  die  Vedas  (Hariv.)  aus 
Feuer,  Luft  und  Sonne  (Sat.  Br.). 


90  Erstes  Kapitel. 

nommene  Alphabet  wurde  durch  den  Ssasskja  Lama  Tschhoss- 
kji  Odser  (1269)  verbessert.  Das  durch  Phagsspa  Lama  aus 
der  tibetischen  Quadratschrift  gebildete  Alphabet  (unter  Kubilai) 
wurde  selten  angewendet  (126!)  p.  J.).  Die  birmanische  Qua- 
dratschrift dient  für  Steinschriften.  Der  Sohn  des  Katya  heisst 
Katyäyana.  Katya  heisst  in  diesem  Gotra  der  erste  Mann;  alle, 
die  darin  geboren  werden  und  zu  diesem  Geschlechte  gehören, 
heissen  Katyäyana.  Der  zu  diesem  Geschlechte  gehörende  Ka- 
tyäyana wurde  zu  dem  Geschäft  (der  Pälygrammatik)  gewählt 
durch  ^äkya,  indem  Mahäkatyäyana  der  ausgezeichnetste  seiner 
Schiller  (unter  den  Bhikschus)  war,  um  ausführlich  zu  erklären 
(nach  Buddhappiya's  Rüpasiddhi).  Das  Niruktipitaka,  wahrhafte 
Kennzeichen  für  die  Worte  der  Sprache  gebend,  wurde  von 
Katyäyana  verfasst,  indem  er  die  mit  verschiedenen  Provinzial- 
dialekten,  Sanskrit  u.  s.  w.  vermengte  Sprache  ')  reinigte. 

„In  den  Werken  des  Pänini^)  findet  sich  eine  vollständige, 
zur  Bezeichnung  aller  sprachlichen  Erscheinungen  und  Formen 
ausreichende  Terminologie.  Diese  Bezeichnung  wird  theils 
durch  wirkliche,  die  Erscheinungen  und  Formen  bezeichnende 
Wörter  bewirkt,  theils  durch  künstlich  gebildete,  indem  für 
die  Endungs-  und  Ableitungs-Affixe  sie  selbst  mit  vorange- 
setzten oder  hinzugefügten  Buchstaben  gebraucht  werden. 
Für  die  Tempora  sind  besondere  Silben  gewählt.    Die  Klassen 


')  Die  Padaruiiasiddlii  behandelt  Nomina.  Die  Akkhyä  tapadam  behandelt 
Verba.  Die  Dhätu  pathas  sind  Verzeichnisse  der  Verbalwurzelu,  Die 
Payo  gasiddlii  Ijehandelt  Theile  der  Grammatik.  Zu  den  Dhätu  pathas  ge- 
hört das  Dhätu  mäiijnsä,  das  Dhätupatho.  Die  Munggala-vyakaraiiam  ist 
mit  einem  singhalesischen  Conimentar  versehen.  Das  Lexikon  Abhidhänap- 
padipikä  ist  von  Moggaläna  verfasst.  —  The  general  name  for  letters  (in 
Pänini)  is  varna  (referring  to  the  eolouring  of  the  voice).  Akshara,  used 
for  letter  and  syllable,  means  what  is  indestructible,  radical  or  an  element. 

^)  In  Pänini's  Grammatik  werden  die  zehn  Tempora  durch  1,  die  erste 
Klasse  durch  ein  auslautendes  t,  die  zweite  durch  ein  auslautendes  ng  be- 
zeichnet, die  einzelnen  Tempora  durch  die  Vocale.  So  entstehen  folgende 
Bezeichmnigen:  lat  (Präsens),  lit  (Präter.),  Inf  (Particiiiial-Fut.),  Irit  (Au.xiliar- 
Fut.),  let  (verschiedene  Formen  vereinigt  durch  die  Grammatik  unter  diesem 
Namen,  meistens  dem  Conjunctiv  gehörig),  lang  (Imperf.),  ling  (Potentialis 
und  Preoativ),  hing  (Aorist),  Iring  (Conditionalis).  Kätjäjana  schrieb  in  der 
Volkssprache  (Cörös).  Nach  Hiuentshang  lebte  Kätjäjana  (oOO  Jahre  nach  dem 
Tode  Buddha's)  in  dem  Walde  Tämasavana  (bei  der  Stadt  Tchinaputi)  in 
dem  Zweistromlande   der  Trävati   und   der  Vipäcä.     Vararuki   galt  als  Ver- 


Wechsel  und  Mischungen.  91 

der   Buchstaben    werden    durch   die   Anfangsbuchstaben  jeder 
Klasse  und  einen  hinzugefügten  bezeichnet." 

Die  Grammatiken  der  Pali-Sprache  sind  in  Sütra  abge- 
fasst,  wie  die  des  Pänini,  folgen  aber  einer  andern  Anordnung, 
und  zwar  derselben,  wie  sie  später  in  der  Sanskrit- Grammatik 
gebräuchlich  geworden,  an  welche  sie  sich  auch  durch  die 
Kunstausdrücke  und  Behandlung  des  Sprachstofles  anschliessen. 
Die  Bearbeiter  der  Pali-Sprache  •)  legten  die  Sanskrit-Grammatik 
zu  Grunde  (im  Kätjäjanasära).  Die  Jainas  gebrauchen  das 
Magadhi.  Die  (unter  den  in  den  Schauspielen  gebrauchten  Präkrit- 
Sprachen  in  den  Prosastellen  häufigste)  ^auraseni  (in  Mälava), 
die  Vararuki  unmittelbar  vom  Sanskrit  herleitet  ^),  stellt  eine 
spätere  Form  der  Pali-Sprache  dar.  Von  Uggagini  aus  ver- 
breitete    sich     Kätjäjana's     Werk     über     das     Dekan.       Die 


fasser  der  ältesten  Präkrit-Grammatik.  Die  Katjajanas  kommen  von  Kati, 
Sohn  Vismamitras  (Hariv. ).  Vararuki  (Kätjäjana)  lebte  zur  Zeit  des 
Vikramaditja.  Kätjäjana  (Schüler  des  Varsha)  verfasste  die  Anukramani 
zu  dem  Ja^'urveda,  dem  einen  Prätiyakhja  und  der  Crautasütra.  —  Yava  (Ka- 
tyayana  Srauta  Sutras)  is  equivalent  to  yavamayam  apupam,  a  cake  of  barley 
(Aufrecht).  —  Ein  Värttika  beschränkt  eine  zu  weite  Regel,  erweitert  eine  zu 
eng  gefasste,  bestimmt  genauer  das  Verhältniss  der  Siitra  zueinander,  ob  ein 
solches  nämlich  eine  Regel  oder  eine  Ausnahme  bilde.  Der  Grammatiker 
Patangali  oder  Gonardija  (als  von  Gonarda,  König  von  Kagmira  stammend) 
wird  als  Schlange  dargestellt. 

^)  Die  alte  Grammatik  der  Pali-Sprache  hiess  Niruktipitaka.  Pänini's 
Grammatik  beginnt  mit  der  Civasütra,  die  Civa  als  Grundlage  der  künftigen 
Grammatik  darstellt.  Die  Kärikä  in  dem  Werke  des  Bhäshjakära  oder 
Bhästjakrit  wiederholen  die  Värttika  des  Kätjäjana  in  metrischer  Abfassung. 
Das  Werk  des  Bädava  wurde  in  Ka^mira  auf  Befehl  des  Königs  Abhinianju 
eingeführt  von  Kandra  und  andern  Lehrern.  Nach  den  Buddhisten  stellte 
Kätjäjana  die  Mägadhi  (Pali-Sprache  von  Magadha)  her,  indem  er  sie  von 
den  Beimischungen  durch  Provinzialsprachen  und  des  Sanskrit  reinigte 
Nach  Vararukis  ist  die  nach  dem  Maharashtra  benannte  die  erste  der  Prä- 
krit-Sprachen. 

2)  Die  Sütra  wurden  zuerst  in  der  Sprache  von  Sindhu  aufgezeichnet. 
Nach  den  Tibetern  w^urden  die  verschiedenen  Abtheilungen  der  Pratimoxa- 
Sütra  in  verschiedenen  Sprachen  überliefert.  Nach  dem  Commentar  zum 
Kälakakratantra  wurden  gleich  nach  dem  Tode  des  Bhagavat  alle  die  drei 
wahren  Repositorien  der  Sütra  des  Tathägata  (oder  Tripitaka)  in  seiner 
Sprache  abgefasst,  die  Sütra  in  der  Sprache  von  Sindhu,  die  Pragnäpäramitä 
und  die  Mantra  in  Sanskrit,  die  verschiedenen  Klassen  der  Tantra  in  ver- 
schiedenen Sprachen,  Sanskrit,  Präkrit,  Apabhran^a  (die  niedrigste  Art  des 
Präkrit),  dann  der  der  Bergbewohner  und  aller  Arten  von  Mlekha. 


92  Erstes  Kapitel. 

Singhalesen  erhielten  die  Kenntniss  dieser  Sprache  aus  dem 
Lande  der  Damila  (der  Tamilen  oder  Kolas),  wo  Dipankara 
(ßuddhaprija  mit  Beinamen)  die  Bearbeitung  (als  älteste 
Grammatik,  die  noch  eihalten  ist)  verfasste  (Lassen). 

Hiuen    Thsang    unterscheidet    im    Sanskrit    zAvei    Wort- 
klassen ^),  die  Mentsekia  (taddhita)  und   die  Ouennati  (Unadi), 


')  Cunstat,  Palicain  liiiguaru  sacram  esse  linguam  Bauddharum  meri- 
diüiialiiim,  id  est  eoruni,  qui  versus  meridiem  ab  oris  Kalingae  potissimum 
solventes,  religionis  Buddhaicae  doctrinam  primum  in  Taprobanen  insulam 
transtulcre,  indeque  in  Indiam  ultra  Gangem  transvecti  late  propagaverunt. 
Ista  lingua  a  Sanscritico  fönte  eodem  prorsus  modo  derivata  est  atque 
Prakrita  praecipua,  decurtata  vetusti  oris  linguae  structura,  nullis  sive  paene 
nullis  adjectis  novis  inventis,  uno  tarnen  (ut  ita  dicum)  gradu  antiquior 
quam  scenicus  sermo,  ceteroquin  arctissinio  vinculo  cum  Prakrita  praecipua 
eonjuncta,  saepe  ab  eo  omnino  non  diversa  (Lassen).  —  Pali  (diverging 
from  tlie  Sanscrit  in  Magadha  and  Kaliiiga)  derivcs  its  narae  l'rom  palli 
(village),  as  being  distinguished  from  the  language  of  the  court.  Here  do 
not  appear  to  be  auy  nunierals  peculiar  to  the  Pali.  In  the  sacred  records 
the  words  are  always  written  at  length  and  there  are  also  the  symbolical 
words  of  the  Sanscrit  astronomical  works  and  what  is  calied  the  Varna 
sankhya  or  nunieral  Classification  of  the  aiphabet  (s.  Prinsep).  In  the  several 
Golean  and  Pandian  conquests,  the  literary  anuals  of  Ceylon  were  extensively 
destroyed.  Rajasingha  (1581  —  1592  p.  J.)  after  bis  conversion  to  the 
Brahminical  faith,  destroyed  every  Buddhist  book  he  could  find.  These 
losses  were  in  a  great  measure  repaired  by  the  embassy  to  Slam  of  Wil- 
bagadere  Mudiyanse  (in  the  reign  of  Kirtisri  Rajasingha),  when  he  brought 
back  (1753)  Burmese  versions  of  most  of  the  Pali  sacred  books,  a  list  of 
■which  is  now  lodged  in  the  Dalada  temple  in  Kandy  (Turnour).  —  Dans  la 
haute  antiquite,  les  mots  de  la  langue  etaient  extremement  nombreux,  mais 
quand  le  monde  eut  ete  detruit,  l'univers  se  trouva  vide  et  desert  (selon 
Hiouenthsang);  des  diewx  d'une  longevite  extraordinaire  descendirent  sur  la 
terre  pour  servir  de  guides  aux  peuples.  Teile  fut  l'origine  des  lettres  et 
des  livres.  A  partir  de  cette  epoque ,  leur  source  s'agrandit  et  depassa  les 
bornes.  Le  dieux  Fan  (Bi-ahman)  et  le  roi  du  cid  (Indra)  etablirent  des 
regles  et  se  conformerent  aux  temps.  Des  Arshis  heretiques  composerent 
chacun  des  mots.  Avec  l'aide  du  dieu  Tseu  Thsai  (Isara  deva)  Arshi 
Po-ni-ni  (Panini)  composa  un  livre  des  mots.  —  The  Tapassa  (dabot)  are 
calied  in  Siamese  Rüsi  (Hermit)  and  have  also  the  name  of  Achutang.  The 
diflerence  of  the  words  in  the  Katha  and  Attha  depend  on  the  metre,  in 
which  the  first  is  written  and  which  often  requires  a  modification  in  the 
number  of  syllables.  The  Vali  of  the  Katha  is  difterent  from  the  Atha,  as 
taken  out  of  the  Sangscrit.  Thra-Phuttha  prophesied  in  one  of  the  Sutras, 
that  afterwards  a  Mahathen,  calied  Phutthakhosa  would  translate  the 
Traipidok  from  the  difi'icult  Sangscrit  in  the  casier  Pali  language.  Accord- 
ing  to  the  Katha-sarit-sagara  (the  Ocean  of  the  river  of   Stories),   collected 


Wechsel  und  Mischungen.  93 

sodann  zwei  andere,  die  Tiyento  (tinganta)  und  die  Sonmanto 
(subanta).  Nacli  Hiuen  Thsang  trugen  die  Touholo-Frauen 
ein  drei  Fuss  langes  Hörn. 

Da  man  die  Schriften  der  Lehre  in  der  Sprache  der 
Uiguren  (des  Tangut-Volkes)  sah,  in  der  mongoHschen  Sprache 
aber  nicht  las,  befahl  Chaissan  Küliik  Chaghan  dem  Lama 
Tsoidschi  Odsir,  die  Schriften  des  Burchan  (Buddha)  in  die 
mongolische  Sprache  zu  iibersetzen,  und  da  dieses  mit  den 
mongolischen  dörbel  dschin  (viereckigen)  Buchstaben  (als  Hör 
dik)  nicht  möglich  war,  wurde  (nach  einem  Gebet  zu  Maü- 
dschusri)  die  Zahl  der  von  Schagkia  Pandida  erfundenen  Buch- 


by  Sümadevabhatta  of  Kashmir  (12th  cent.),  Katyayana  Vararuchi,  beiiig 
cursed  by  the  wife  of  Siva ,  was  born  at  Kausambi ,  tlie  capital  of  Vatsa. 
Being  a  boy  of  great  talent  and  memory ,  he  repeated  to  his  mother  an 
entire  play,  after  hearing  it  once  on  the  theatre.  Becoming  a  pupil  of  Varsha, 
he  defeated  Panini  in  a  grammatical  controversy,  but  Ijy  the  interference  of 
Siva,  the  tinal  victory  feil  to  Panini  and  Katyayana  (to  appease  Siva's 
anger)  became  hiinself  a  Student  of  Panini's  gramniar,  cumpleting  and 
correcting  it.  He  afterwards  became  minister  of  King  Nanda  and  his 
successor  Yogananda  at  Pataliputra.  Katyayana  added  the  Vaittikas,  as 
supplementary  rules,  to  Panini's  grammar  (als  Värttikakära).  Katyayana  was 
one  of  the  authors  of  the  Pratisakhyas,  and  Vyali  is  quoted  as  an  earlier 
authority  on  the  same  subject.  According  to  Somadeva,  Katyayana  is  to 
be  placed  in  the  second  half  of  the  fourth  Century  A.  D.  (s.  Müller).  The 
Laiita  vistara  was  (16  p.  J.)  translated  into  Chinese.  Buddha,  in  Visvamitra's 
school,  writes  on  sandalwood  and  learns  the  aiphabet  of  -45  letters.  Accord- 
ing to  Katyayana,  (the  adjective)  yavanäni'  is  used  as  a  name  of  lipi,  mean- 
ing  the  writing  of  the  Yavanas.  According  to  Panini,  one  niust  not  call  a 
work,  proclaimed  by  Katha,  Katham ,  but  only  speak  of  Kathas,  that  is 
those,  who  band  down  the  works  proclaimed  by  Katha.  Gathas  are  songs. 
Patala  (or  the  chapter,  in  which  Sutras  are  divided),  means  a  covering,  the 
surrounding  skin  or  niembran  (also  used  for  tree),  and  therefore  a  book. 
Likh  (scratching  on  stone  or  leaves)  and  lip  (covering  a  surface  with  ink) 
mean  „to  write".  In  Sakuntala  a  love-letter  is  scratched  wiih  the  nails  oii 
a  lotus-leaf.  In  the  Vikramorvasi,  a  letter  is  wrilten  by  Urvasi  on  a  bircli- 
leaf.  The  king,  in  reading  it,  makes  the  leaf  speak.  The  paper  was  made 
of  the  hark  of  the  birchtree.  —  The  Saint  Sancra-Acharya  blames  the  deluded 
people,  who  think  with  shaven  heads  and  anointing  themselves  with  the 
Juice  of  the  Banyan-tree,  to  worship  the  deity.  —  According  to  the  Buddhistic 
book  Wanleih  (in  China),  the  written  character  of  Fan  resembles  ancient 
seal-character.  Of  the  6-4  kinds  of  written  languages  the  character  of  Fan 
is  the  Chief.  Where  the  sounds  of  a  language  of  Fan  (Fan-yu)  are  heard, 
demons  take  flight.     Although  not  understood,  the  words  must  be  repeated. 


94  Erstes  Kapitel. 

Stäben  ^)  mit  den  Schlussbuchstaben  und  andern  vermehrt. 
Wegen  der  fortdauernden  Unvollkommenheit  wurde  aber  noch 
das  meiste  in  uigurischer  Sprache  gehört.  Die  Mongolen 
lieben,  die  Leichname  frei  der  Luft  auszusetzen,  und  pflegen 
vorzüglich  den  Hund  (als  das  nach  dem  Menschen  edelste 
Geschöpf),  weshalb  die  Lamas  die  Wiedergeburt  in  einem 
Hund  für  die  edelste  Thiergeburt  erklären.  Dem  Hund  wird 
von  jedem  Hauswirth  im  Herbst  ein  Feiertag  gewidmet.  Im 
Jeschts-Sades  werden  33  (statt  30)  Amshaspands  oder  Izeds 
unter  Hormusd  auf  dem  Albordsch  erwähnt. 


')  The  Kammawasa  is  written  with  letters  from  Tiho  (another  class  of 
letters  midway  between  the  square  Pali  and  the  round  Burmese,  is  called 
Sanjiyn).  Nobody  is  allowed  (except  oue  teacher,  appointed  at  Ava)  to 
write  these  letter  (on  the  pain  to  have  his  fingers  cut  off),  and  the  King 
has  forbidden  it,  in  Order  to  keep  the  books  without  error,  because  ignorant 
people  might  write  the  letters  in  a  wrong  way  and  so  spread  misunderstand- 
ing.  Whe«  Buddha  (after  having  attained  the  Buddhahood)  preached  to  his 
followers  in  Pali,  they  found  it  difficult  to  understand  his  language  with 
facility  (according  to  the  Mulamuli),  but  one  of  them  (Kachchanya)  prepared 
a  Pali  grammar  which  enabled  them  to  understand  his  language  with 
facility.  When  Kondanya  expressed  his  satisfaction  with  the  grammatical 
principles  evinced,  Gautama  replied:  „Kondanya,  the  law,  which  Kachchanva 
has  foUowed,  is  not  his  own.  It  is  a  natural  law,  that  has  descended 
generation  after  generation,  from  the  days  of  the  Buddha  Tikkhagga,  at  the 
beginning  of  the  world"  (s.  Mason).  The  first  thing  was  Law  (the  Law  of 
Progress).  The  first  tliings  that  canie  into  existence  were  the  cold  and  hot 
seasons.  They  were  succeeded  by  a  violently  blowing  wind.  The  air 
produced  water,  and  after  rain  had  been  falling,  earth  appeared.  The  four 
Clements  having  an  inclination  to  produce  living  beings,  worms  and  maggots 
were  created  by  the  earth,  insects  by  the  air,  firetlies  by  fire  and  insects  by 
the  water.  Afterwards  animals  with  fine  bones,  but  without  blood  were 
born.  When  the  element  earth ,  with  the  disposition  to  the  feminine  terra, 
produced  a  female  (Ihtangeyyasangasi) ,  who  lived  on  the  odour  of  flowers, 
the  earth  being  covered  so  densely  with  trees  and  gras.s,  that  it  was  difficult 
to  move,  she  made  (with  earth  and  brittleworts)  the  two  forms  of  the 
various  races  of  animals.  She  next  inserted  in  the  hearts  of  these  forms  a 
disposition  or  nature  fi>r  existence  and  a  grub  or  caterpillar  was  produced 
in  eaeh  and  they  became  living  beings.  Because  these  animals  devoured 
all  the  Vegetation,  she  considered  the  means  to  make  them  die,  and  asked 
the  counsel  of  the  male  (Pusangeyyasangasi),  who  at  that  time  had  been 
produced  in  another  place  by  the  element  fire  and  came  to  meet  her.  After 
considering  the  subjcct,  the  man  advised:  If  from  the  three  sexual  natures 
and  the  four  elements,  a  male,  a  female  and  a  neuter  be  created,  men, 
generation  after  generation,  will  increase  in  wisdom  and  will  be  able  to 
put  an  end  to  the  beasts.     The  woman  was  pleased  and  remaincd  sileut. 


Wechsel  und  Mischungen.  95 

Kätyäyana  (als  Familienname)  bezeichnet  einen  entferntem, 
wie  Katya  einen  nähern  Nachkommen  der  Familie  Kata,  eine 
Unterabtheilung  des  Hauptstammes  ^)  des  Vi^vämitra.  Nach 
dem  Rupasiddhi  (die  älteste  Pali-Sprachlehre  in  Ceylon)  war 
Kätya  (Kacca)  Stammvater  der  Familie  Kata.  Nach  den 
Shingalesen  war  Mahä-Kätyäyana  Sohn  eines  Brahmanen 
(Purohita  beim  König  von  Ujjayini),  nach  den  Tibetern  war 
es  ein  püdra.  Yaska,  der  eine  Sammlung  eigenthiimlicher  Veda- 
wörter  nebst  deren  Erklärung  (Nirukta)  verfasste,  war  ein  Veda- 
Erklärer  (Nairukta).  Kachchayana  opens  his  work  with  a  salutation 
to  Buddha  (Alwis).  Die  Magadhi  (Sprache  der  Magadher)  ist 
(in  dramatischer  Poesie)  Sprache  der  Räxasa,  Bhixu,  Xapanaka, 
Öeta.  Vararuci  f iihrt  die  Magadhi  auf  Cauraseni  zuriick,  luid 
diese  auf  Sanskrit.    The  Pali'-^)  language  is  so  called  from  the 


')  Whenever  Asvaläyana  quotes  any  verses ,  which  form  pait  of  the 
Säkala-säkha,  he  only  quotes  the  first  words.  Every  member  of  his  Charana 
was  supposed  to  know  the  hymns  of  the  Säkala-säkha  by  heart,  and  it  was 
sufficient,  therefore,  to  quote  them  in  this  nianner.  But  when  he  has 
occasion  to  refer  to  the  verses,  which  are  found  in  the  Brähmana  of  tlie 
Aitareyins  without  forming  part  of  the  Säkala  sanhitä,  Asvaläyana  quotes 
them  in  füll  (M.  Müller).  Tlie  modern  sütras  of  the  Fratres  Attidii  contain 
the  Mantras  in  füll,  which  in  the  ancient  Statutes  are  only  indicated  as 
generally  known.  —  Siddharta  means  the  „establisher"  of  faith.  According  to 
the  Tibetans,  Buddha  was  instructed  in  the  6-i  alphabets,  amongst  which  are 
those  of  the  Yavana  and  of  the  Huna.  —  According  to  the  Shadgarusishya 
there  are  five  generations  of  teachers  and  pupils,  first  Saunaka,  after  him 
Asvaläyana  (in  whose  favour  Saunaka  destroyed  one  of  his  works),  thirdly 
Katyayana,  who  studied  the  works  both  of  Saunaka  and  Asvaläyana,  fourthly 
Patanjali,  who  wrote  a  commentary  on  one  of  Katyayana's  works,  and  lastly 
Vyasa,  who  commented  a  work  of  Patanjali.  Katyayana  was  the  author 
of  the  Sarvanukramani,  and  the  same  work  is  quoted  as  the  Sarvanukramani 
of  Vararuchi,  the  Compiler  of  the  doctrines  of  Saunaka.  Heniachandra  (in 
his  dictionary)  gives  Vararuchi  as  a  synonyme  of  Katyayana.  Patanjali's 
commenting  on  Panini  and  Katyayana  was  introduced  in  Kashmir  in  the 
first  half  of  the  first  Century  P.  D.  According  to  Ujjvaladatta  (the  author 
of  the  commenting  on  the  Unadi-Sütras,  which  is  quoted  already  by  Panini) 
Dinara  means  a  gold  Ornament,  but  this  Siitra  is  not  to  be  fuund  in  the 
Sutivritti  and  Devavritti.  —  Like  many  of  the  Burmese  temples  at  Pagan,  the 
Javanese  temple  of  Chandi  Kali  Baneng  was  a  squarc  in  plan,  with  porches 
on  all  four  sides,  making  it  cruciform  (Yule). 

^)  Like  ali  the  word  pali  originally  signified  a  line,  row,  ränge  and  was 
gradually  extended  to  mean  suttan  from  its  being  like  a  line  and  to  signify 
edicts  or  the  strings  of  ruies  in  Buddha's  discourses  (Alwis),  als  Tantras. 


96  Erstes  Kapitel. 

regiilarity  of  its  structure  (Clough).  Nach  Turnour  meint 
piili  Original,  Text,  Regelmässigkeit.  Die  Padarüpasiddhi  ist 
die  Erklärung  der  Nominalformen.  Kachchänasärayojanri  ist 
der  Commentar  von  Kachchänasära.  Die  Balävatara  ist  das 
Lehrbuch  der  Pälisprache  in  Ceylon  (s.  Spiegel),  als  Com- 
pilation  aus  Grammatiken.  Die  Sütras  sind  in  Adhikäras 
getheilt. 

Dans  la  trois-centieme  annee  apres  le  Nirvana  de  Sakya 
Tathagata,  il  eut  dans  le  couvent,  appele  Ta-mo-sou-fii-na- 
seng-kia-lan  ou  Tamasavanasangharama  (le  couvent  de  la  foret 
sombre)  un  maitre  des  Sastras,  nomme  Katyayana,  qui  y  com- 
posa  le  Fa-tchi-lun  (Abhidharma-jnana-prasthana)  selon  Hiouen- 
thsang  (Julien).  Mahakatyayana  was  the  pupil  of  Buddha. 
Katyayana  Vararuchi  was  contemparaneous  with  Panini.  The 
god  Tseu  Thsai  (Isvara  Deva)  promised  his  assistance  to 
Panini  in  composing  his  grammatical  work.  The  Olohan 
(Arhat),  who  after  Kia-ni-se-kia  (Kanishka's)  Council,  left  Kia- 
chi-mi-lo  (Cachemire)  to  convert  people,  recognised  in  the  son 
of  a  Fantchi  (Bramacharin)  or  Polomen  (Brahman)  the  redivived 
Panini,  who  now  would  direct  his  mind  to  the  study  of  holy 
things.  Sonie  being  arrived  at  the  idea  of  Avyakrita  (or 
Undeveloped),  wcnt  even  beyond  and  instead  of  the  Sat,  to 
ov,  they  postulated  an  Asat,  to  [i'q  cv,  as  the  beginning.  In 
the  beginning  (according  to  the  Chhandogga-upanishad)  was 
Asat  (not  being)  alone  without  a  second,  and  from  this  Asat 
the  Sat  was  born.  Those  parts  of  the  Vedas,  which  are  not 
Mantras,  have  to  be  called  Brahmanas  (according  to  Sayana). 
The  Brahmana  are  brahminic  (theological)  tracts,  comprising 
the  knowledges  niostly  valucd  by  the  Brahmans. 

Die   chinesische   Schrift')   vereinigt   Bilder,  Symbole  und 


')  La  probabilite  d'uii  rapport  reel  cntre  des  mots  seiiiblables,  qui  de- 
signent  le  meme  objet,  depend  essentiellemeiit  du  degre  d'affinite  des 
langues  auxquelles  ils  appartienneiit ,  et  cette  afiiiiite  doit  etrc  etablie  prea- 
lablement  par  im  ensenible  de  preiives  qui  embrasse  l'organisnie  entier  de 
ces  langues  (Pietet).  —  Phoenices  primi  (nacb  Lucaii)  ausi  Mensuram  rudibiis 
vocem  signare  figuris.  —  Nach  Eusebius  erfand  Teutates  oder  (nach  Diod. 
Sic.)  Mercur,  die  Schrift.  —  Ce  que  je  mcts  sur  le  papier,  je  remets  de  ma 
memoire.  —  On  the  Cliipeways  scralls  a  circle  means  spirits  and  a  horned 
snake  life  (s.  Brinton).  In  somc  instanees  the  Mexican  figures  were  not 
painted,   but  actually  printed  with  movable   blocks  of  wood,    on  which  the 


i 


Wechsel  und  Miscliungen.  97 

Laute  (in  den  gemischten  Zeichen  der  Hlng-sching-Schrift). 
Li-Schi  ist  die  gewöhnliche  Schrift.  Dem  alten  Stil  (Kamven) 
steht  die  Vulgärsprache  (Knanhoa)  gegenüber.  Zum  Druck 
klebt  der  Holzschneider  die  Schrift  auf  eine  Platte  und  geht 
mit  dem  Grabstichel  den  Zügen  nach.  Der  auf  chinesischen 
Symbolen  durch  zwei  Augen  dargestellte  Kaiser  Tsanghee  (in 
der  9.  Periode  der  zehn  Ke)  erfand  die  Schriftzüge. 

Das  7pa[j.[jLaxa  {xav^aveiv  (imDidaskaleiou  derGrammatistes) 
bestand  in  Erlernung  der  Buchstaben,  Buchstabiren  (cuXXaßt'Cstv) 
und  Lesen  ganzer  Silben  der  Wörter.  Die  griechischen  Buch- 
staben heissen  'ypaf/.ij.a'ca  90(.viXY]l'a  (xo§'/][j."t.'a)  oder  Ypa[jL[j.aTa 
xsXaaYiy.a.  Manche  GrönLänder  haben  den  Kauf  leuten  Petitionen 
und  Obligationen  überschickt,  da  sie  das,  was  sie  zu  borgen 
begehrten,  mit  einer  Kohle  auf  ein  Stück  Fell  abzeichneten  i), 


Symbols  wäre  carved  in  relief.  The  Eiiglish  family  Bolton  was  known  in 
lieraldry  by  a  tun  traniixed  by  a  holt,  the  Mexican  emperor  I  coatl  is 
nientioned  ander  the  ligure  of  a  serpent  (coatl),  pierced  by  obsidian  knives 
(ixtli),  and  Moquaiihzoma  by  a  mouse-trap  (montli)  an  eagle  (quauhtli), 
or  laiicct  (zo)  and  band  (maitl).  —  Die  Kroaten  haben  statt  ihres  nationalen 
Volksdialektes  die  serbische  Sprache  zn  ihrer  Schriftsprache  erhoben  (Kanitz). 
Nach  dem  Anonymus  Valesii  bediente  sich  Theoderich  M.  einer  Schablone 
zum  Unterschreiben  des  Namens.  Die  Notse  oder  heiligen  Zeichen  (der 
Runen)  waren  (nach  Tacitus)  impressie.  Die  Teichinen  verfertigten  (nach 
l'indar)  Werke,  die  belebt  erschienen. 

')  Die  Eingeborenen  Virginiens  stellten  auf  ihrer  Sagkokok  genannten 
Bilderschrift  durch  symbolische  Figuren  die  innerhalb  eines  sechzigjährigen 
Cyklus  statthabenden  Ereignisse  dar  (s.  Lederer).  Die  Ankunft  der  Weissen 
war  durch  einen  feuerspeienden  Schwan  bezeichnet.  Die  Bilderbücher  der 
Panos  am  Ucayale  (aus  Palmblättern  und  Baumwolle)  berichteten  in  den 
Figuren  von  Menschen  und  Thieren  nebst  hieroglyphischen  Zeichen  von 
alten  Zügen  und  Kriegen  mit  den  Nachbarn  (s.  Gilbar).  —  The  Delawares 
once  kept  an  account  of  time  by  piitting  a  bead  of  wampum  every  year 
lipon  a  belt  kept  for  that  purpose.  In  tlie  records,  beads  of  a  certain  color 
were  assigned  a  particular  meaning  and  their  arrangement  and  the  figurcv«» 
which  their  combination  furnished,  were  the  mnemonic  symbols,  by  which 
circumstances  and  events  were  recalled  (Smith).  Wampum  consists  of  beads 
of  dißerent  colours  (strung  together,  and  generally  woven  into  a  belt),  of 
two  sorts,  white  and  purple.  „The  white  is  worked  out  of  the  inside  of 
the  great  concho  into  the  form  of  a  bead,  and  perforated  to  string  on 
leather.  The  purple  is  worked  out  of  the  inside  of  the  muscle  shell"  (s. 
Hubbard).  Yellow  denoted  gold  and  all  the  allied  ideas,  white  silver  and 
peace,  red  war  and  soldiers,  green  maize  or  agriculture,  etc.  (as  the  Peruvian 
Quippu). 

Bastian,  Studien.  7 


98  Erstes  Kapitel. 

und  die  Zahl  der  Tage,  nach  welchen  sie  es  zu  zahlen  ver- 
sprachen, mit  so  viel  Strichen  andeuteten  (Cranz).  Anfangs 
scheuten  sie  sich,  Briefe  anzunehmen  (Hexerei  fürchtend),  und 
meinten,  dass  die  Priester  aus  dem  Buch  eine  Stimme  ver- 
nähmen. 

Wenn  die  Aussprache  eines  Schriftzeichens  genau  be- 
stimmt werden  soll  (im  Chinesischen),  so  stellt  man  den  An- 
laut und  den  Auslaut  *)  des  entsprechenden  Grundwortes,  jeden 
durch  ein  eigenes  Zeichen,  dar  und  setzt  dann  ein  drittes 
darunter,  das  theilen  oder  umkehren  (versetzen)  bedeutet.  So 
z.  B.  kann  Herz,  dessen  Laut  sin  ist,  durch  si  und  lin  be- 
stimmt werden,  d.  h.:  nimm  von  si  das  s  und  von  lin  das  in 
(den  Auslaut  mit  dem  Accent).  Zum  Ueberfluss  gibt  man 
wol  noch  ein  gleichlautendes  Schriftzeichen  bei  (s.  Schott). 
Als  Tsang-Kee  zuerst  Charaktere   (shoo)  verfertigte,   wurden 


1)  Muchas  palabras,  aun  con  los  mismos  tonos  significan  distintas  cosas 
segun  sus  distintas  raices  (ea  el  Othomi).  El  Othoini  necesita  de  un  genero 
de  escritura  en  el  que  hubiera  signos  con  que  iijar  el  significado  de  palabras 
que  con  las  misinas  letras  y  tono  pneden  tenerlo  diverso.  Esto  se  podria 
conseguir  acaso  con  la  escritura  china  (Näjera).  La  lengua  othomi  es 
esencialmente  monosiläbica  (Pimentel).  —  Tula  wurde  von  den  Tolteken  im 
Lande  der  Otomi  gegründet.  Die  Verbal-Veränderungen  in  der  Conjugation 
(des  Othomi)  finden  sich  (nach  Neve)  in  den  mas  cultos,  aber  diese  Indios 
cultos  (ladinos  6  latinos)  sind  (nach  Näjera)  diejenigen,  die  am  besten  Spa- 
nisch verstehen,  y  mas  afectaban  las  costumbres  y  lenguaje  de  la  nacion 
conquistadora  (s.  Pimentel).  —  Die  (neben  der  Flexion)  stattfindende  Mutation 
(beim  Decliniren  und  Conjugiren)  ist  entweder  Tenuation  (Schwächung)  oder 
Firmation  (Verstärkung)  im  Estnischen  (Ahrens).  —  The  dialect  of  Shetland 
is  more  distinctively  norse-derived,  than  that  of  Orkney,  and  it  is  peculiarly 
rieh  in  expressive  words,  having  reference  to  weather  signs  and  the  various 
States  of  the  tide  (s.  Gorrie).  It  is  very  probable,  that  the  iuhabitants  of 
the  Orcadcs  of  old  did  only  speak  Norse  or  rüde  Danish,  but  now  (17th  cent.) 
there  are  only  three  or  four  parishes  (especially  upon  the  Mainland  or 
Pomona),  wherein  that  language  is  spoken,  and  that  chiefly  when  they  are 
at  their  own  houses,  but  all  speak  the  Scots  langnage,  as  the  rest  of  the 
commons  do  (s.  Mackaile).  —  Praetorius  bemerkt,  dass  die  nadrauische  und 
schalauische  Sprache  von  den  Preussen,  die  in  Sudauen,  Galinden,  Nathangen, 
Pomesanien  wohnen,  zumal  von  dem  gemeinen  Volk,  die  guddische  Sprache 
genannt  wird,  wie  denn  noch  die  Nadrauer,  Schalauer  von  denen  in  Na- 
thangon,  Samland  und  bei  Königsberg  Guddon,  desgleichen  auch  die  Litauer 
und  Reussen  noch  Gudden  heissen,  und  so  ihre  Sprache  die  guddische  oder 
gothische.  Ossa  dividens  Polonorum  terras  a  Prutenorum  (Dlugosz),  als 
Grenzfluss. 


Wechsel  und  Mischungen.  99 

sie  ihren  Klassen  nach  Aehnliehkeiteu  der  Gegenstände  ge- 
nannt und  deshalb  als  Abzeichnungen  (wan)  beschrieben, 
später,  als  die  Formen  und  ihre  Laute  (Namen)  wechselseitig 
sich  vermehrten,  nannte  man  sie  Tsze  (Erzeuger),  und  wenn 
auf  Bambus  oder  Seide  niedergelegt,  hiessen  sie  Slioo  (Schrif- 
ten). Wang  Miugshing  hielt  die  Bambusbücher  für  unter- 
geschoben zur  Zeit  des  Shints  Shih. 

Nach  Hyacinth  wurde  in  China  ein  Steindenkmal  ge- 
funden mit  einer  Inschrift  (1133)  in  tungusischen  i)  Charakteren 
(eine  aus  abgekürzten  chinesischen  Schriftzeichen  bestehende 
Silbenschrift)  und  chinesischer  Uebersetzung.    Die  Annamiten 


')  In  den  Wörterbüchern  der  Mandschusprache  ist  jedem  zu  erklären- 
den mandschurischen  Worte  eine  Umschreibung  in  chinesischer  Schrift  bei- 
gegeben. Jeder  einzelne  Buchstabe  wird  durch  ein  chinesisches  Schrift- 
zeichen ausgedrüclit,  abka  (Himmel)  durch  a-pu-ki-a,  alin  (Berg)  durch 
a-li-i-in.  Aehnlich  bei  Fremdwörtern.  —  The  literature  of  China  was 
introduced  in  Corea  in  the  Tang  dynasty.  The  Chinese  characters  are 
pronounced  by  the  Coreans  in  a  manner  different  from  that  now  customary 
in  Northern  China  (as  in  Japan).  An  organic  change  has  taken  place  in 
the  Chinese  language  in  its  native  country,  since  it  began  to  be  in  use  in 
ueighbouring  kingdoms.  While  however,  the  Chinese  eniploy  no  aiphabet 
to  preserve  the  old  forms  of  their  language,  the  Coreans  and  Japanese  both 
have  the  means  of  doing  so  (Edkins).  Buddhist  priests  gave  the  Coreans 
an  aiphabet  based  on  Sanscrit.  —  Das  Alphabet  in  Corea  besteht  aus 
13  Vocalen  und  14  Consonanten  mit  Hinzufügungen  für  die  Umschrift  fremder 
Namen  (s.  de  Rosny).  —  In  adopting  the  Chinese  aiphabet,  the  Cochinchinese 
appear  frequently  to  have  paid  more  attention  to  the  sound,  than  to  the 
meaning  of  the  Chinese  words,  to  which  the  characters  belong  (Duponceau). 
—  La  escritura  de  los  Comanches  (que  se  retiere  ä  un  combate  que  tuvieron 
los  indios  con  el  comandante  mexicano  Ugartecha)  es  puramente  del  genero 
representativo,  en  que  se  copian  e  imitan  las  cosas  materiales,  no  hay 
ninguu  siguo  simbölico ,  y  mucho  menos  fonetico  (s.  Pimentel).  —  Nach 
Alzon  sprechen  die  von  Norden  gekommenen  Comanches  (Na-uni  primer 
viviente)  von  einer  weissen  Vorbevölkerung  des  Landes,  die  in  Vögel  ver- 
wandelt wurde  (während  der  Flut).  ■ —  Periodicamente  lamentan  la  muerte 
de  sus  deudos  y  en  semejantes  ocasioncs  las  viudas  se  rajan  las  piernas  y 
brazos  en  seiial  de  duelo.  —  Die  Timehri  oder  Felshieroglyphen  finden  sich 
besonders  am  Corentyn,  Berbice,  Essequibo.  Schoraburgk  sah  auf  Granit- 
felsen in  der  liha  de  Pedra  (am  Rio-Negro)  segelnde  Schifle.  Das  Aegyp- 
tisch-Griechische  (auf  den  Denkmälern  in  Nubien)  ist  ein  Griechisch,  welches 
dem  Latein ,  wie  es  von  den  üngelehrten  in  den  Ländern  der  romanischen 
Sprachen  (vom  6.  — 11.  Jahrb.)  geschrieben  wird,  parallel  ist,  eine  Aus- 
artung des  Uebergangs  zur  neuen  Sprache,  welche  man  nicht  einen  Dialekt 
nennen  darf,  sondern  der  als  Jargon  zu  bezeichnen  ist  (Niebuhr). 


-[QQ  Erstes  Kapitel. 

gebrauchen  die  cliinesisclie  Schrift  immer  als  Wortschrift, 
geben  aber  vielen  Zeichen  eine  ganz  andere  Bedeutung,  indem 
man  sich  oft  begnügt,  ein  annamitisches  Grundwort  durch  ein 
chinesisches  Zeichen  darzustellen,  das  nur  seitens  seiner  Aus- 
sprache ihm  gleich-  oder  wenigstens  nahekommt  (s.  Schott). 
Die  Japaner  schreiben  entweder  rein  chinesisch  oder  sie  be- 
dienen sich  verschiedener  Silbenschriften,  denen  eine  gewisse 
Anzahl  abgekürzter  chinesischer  Schriftzeichen  (sei  es  im 
Charakter  Kiai  oder  Q'äo)  zum  Grunde  liegt.  In  solche 
Silbenschrift  werden  sowol  die  Wörter  und  grammatischen 
Formen  der  Landessprache  als  die  eingebürgerten  chinesischen 
Wörter  umschrieben. 

The  Mongol  aiphabet  was  the  original  of  the  prcsent 
Manchu  and  in  its  turn  was  derived  from  that  of  Uigur  Turks, 
the  latter  again  goes  back  to  the  Syriac,  having  been  brought 
into  Central  Asia  hj  Ncstorian  missionaries  (s.  Whitney).  In 
the  written  language  much  of  ambiguity  is  avoided,  since  each 
Chinese  character  represents  a  word  with  regard,  not  to  its 
phonetic  form  alone,  but  to  its  meaning  also,  whence  comes 
the_  Strange  anomaly  that  a  language  composed  of  but  a 
thousand  or  two  of  words  is  written  with  an  aiphabet  contain- 
ing  tens  of  thousand  of  diftercnt  signs  (s.  Whitney).  —  Der 
den  Yais  •)   benachbarte   Stannn    der  Gura  fürchtete   die  Vai, 


1)  In  einigen  Zeichen,  wie  für  PiilriTkörner,  Wasser,  Geld,  Ange  n.  s.  \v., 
begann  Doalu  mit  einer  kyriologischcn  Sclirift  (s.  Steintlial).  —  The  early 
Chalditan  idengraphs  have  offen  several  distinct  vahies,  and  when  this  is 
tlie  case,  one  of  the  powers  is  almost  ahvays  an  Arian  name  of  the  object 
represented.  As,  for  instance,  the  same  ideograph,  a  rüde  representation  of 
a  hüuse,  has  the  three  powers  of  e,  bit  and  mal,  of  which  e  is  Haniitii", 
bit  or  beth  Semitic  and  mal  Arian  (s.  Rawlinson).  —  Mr.  Hodgson  (of  Savan- 
nah  Geor.)  showed  me  portions  of  the  Scriptures  written  by  a  native  Afriran 
slave,  in  Negro  patois  (of  English)  and  in  Arabic  characters  (s.  Wilson).  — 
Rococzv,  voivod  d'Ardialie,  qni  avait  embrasse  la  reforme,  fit  reimprinier  la 
bible  romane-cyrilliunne  en  lettrcs  latinos  dans  rimprimerie  calviniste  de 
Belgrado  (104:^  p.  J.).  —  Seit  705  p.  J.  begann  man  unter  Justinian  HI.  das 
morgenländische  Reich  nicht  mehr  mit  dem  römischen,  sondern  mit  dem 
griechischen  Namen  zu  bezeichnen,  aber  erst  887  p.  J.  wurden  unter  Leo 
Phil,  auf  den  Kaisermünzen  die  griechischen  Buchstaben  statt  der  römischen 
eingeführt.  Libanius  schien  es  unerhört,  dass  ein  Comes  Orientis  nicht 
griechisch  verstand  (s.  Sievers).  —  Les  alphnbets  barman  le  rakham  et  le  bali 
de  Awa  sont  ccux  qui   cflrent  la  plus  grande  conformite,  surtout  ce  dernier. 


Wechsel  und  Mischungen.  101 

die  durch  Momoru  (Mohammed's)  Doalii  Bukere  Erfindung  ein 
Buchvolk  geworden,  überfiel  sie  und  zerstörte  in  den  Kriegen 
zweimal  ihre  Hauptstadt.  Das  Buch  wurde  als  Ofi'enbarung 
betrachtet,  die  belehrte.  Die  Vornehmen  unter  den  Vais  be- 
gannen (mit  Rohr-  und  Blättersaft  auf  Holzplatten)  Bücher 
zu  schreiben  (unter  Annahme  eines  Buchnamens). 

Hoangti  erfand  die  540  Schriftzeichen  ^)   (der  Vogelfuss- 


que  la  forme  carree  de  ses  elemens  rapproche  de  Tecriture  char  ou  ehr, 
attribuee  a  Passepa.  On  peut  mettre  a  peu  pres  sur  la  memo  ligne  celiii  de 
Miantian,  ainsi  qne  ceux  de  Pei  et  de  Papethsifou,  pays  limitrophes  d'Awa, 
siir  les  frontieres  de  la  Chine.  Les  alphabets  siamois,  meme  celui  qiii  parait 
le  plus  ancien,  et  qu'on  nomme  bali,  semblent  au  premier  coup  d'oeil  tres 
differents;  mais  on  s'aper^oit  bientot  que  la  forme  des  lettres  n,  y  est  la 
meme.  —  The  Barman  aiphabet  was  introdueed  amongst  the  Shyans 
Avith  their  religion.  Before  that,  there  was  an  aiphabet  in  use  araong  the 
Ahorns,  a  brauch  of  the  Tai-race,  which  somewhat  ressembled  both  the 
Burman  and  Tibetan.  This  is  now  extinct,  and  the  old  books  written  in  it, 
are  intelligible  only  to  the  Ahom  pundits.  The  Khamtis  and  other  Shyans 
in  their  Khyoungs  teach  not  only  the  Burman  character,  but  the  Burman 
books,  although  even  the  priests  seldom  understand  the  Burman  languago. 
They  teach  it  only  to  read  without  understanding  it.  The  Burman  alphabct 
is  inadequate  to  the  expression  of  the  Shyan  sounds.  In  writing  the  vowels 
in  Shyan,  nearly  every  character  is  used  to  express  at  Icast  two  organicaliy 
dili'erent  sounds  and  of  the  five  tones  applicable  to  nearly  every  syllable 
only  one  has  a  mark.  So  many  words  are  ambiguous,  and  the  sense  can 
only  be  made  out  by  studying  the  connection  in  which  they  stand.  The 
Siamese  character  is  the  only  one  which  fuUy  represents  the  various  sounds 
of  the  Thai.  —  L'abecedaire  cambogien  s'appelle  robien  sec,  c'est-a-dire 
l'art  ou  science  des  perroquets  (s.  Meste).  —  Die  Palibuchstaben  hiessen  im 
Kambodia  Acsär-saträ,  äcsär-char,  äcsär-mul  ou  lettres  rondes.  Die  Cursiv- 
buchstaben  äcsär-chrieng  oder  äcsär-bomro. 

')  The  Dairi  Ouzintenwo  sent  (28-t  a.  J.)  to  Korea  for  the  Chinese 
characters.  As  however,  the  construction  of  the  Japanese  language  diflfers 
materially  from  that  of  the  Chinese,  the  use  of  the  written  characters  of 
the  latter,  also,  Avas  found  to  be  attended  with  many  inconveniences,  as  most 
uf  the  common  characters  had  several  meanings  and  consequently  required 
a  number  of  synonyms  in  the  colloquial  Japanese.  In  the  beginning  of  the 
8th  cent.  a  remedy  was  found  (by  Kibi)  in  the  formation  of  a  syllabary  (ircha) 
by  selecting  Chinese  characters,  in  whole  or  in  part,  as  symbols  for  all  the 
syllables  in  the  language.  This  syllabary,  from  its  being  deris-ed  from 
fragments  of  Chinese  characters,  was^  called  Kata-kana  (parts  of  characters). 
It  is  used  indistinctly  to  explain  the  meaning  of  Chinese  characters,  to 
indicate  their  pronunciation  or  signification,  or  to  mark  the  grammatical 
forms  of  the  idiom.  To  write  Japanese,  without  having  recourse  to  Chinese, 
Koubo   invented  aflerwards   the   syllabary   of  hira-kana  (equal   writing).     A 


jQ2  Erstes  Kapitel. 

stapfen)  als  Charaktere  des  Insektes  Kuo-teu.  Dem  Y-king 
(dem  ältesten  der  heiligen  Bücher)  liegt  das  Ho-tu  zu  Grunde, 
die  Mappe  oder  Tafel,  welche  3000  a.  C.  Fohi  an  den  Ufern 
des  Hoang-ho  erhielt.  Aus  der  Bildung  ihrer  Trigramme 
schritt  Fohi  und  später  Schinnang  zur  Bildung  von  6-i  Hexa- 
grammen, von  welchen  allein  im  Y-king  die  Rede  ist,  und 
später  aus  diesen  Emblemen  zur  Bildung  der  Buchstaben. 
Den  todten  Buchstaben  legte  Wenwang  (12  a.  C.)  einen  tiefern 
Sinn  unter,  indem  er  in  seiner  Gefangenschaft  durch  Tscheu 
(der  Schang  oder  In-Dynastie)  jedem  Hexagramm  einen  Spruch 
beischrieb. 

Lisse  erfand  (210  a.  J.)  die  Cursivschrift  oder  Tschwan 
(Li-Schrift  unter  den  Han),  Tschangpung  (100  p.  J.)  die 
flüchtige  Cursivschrift  oder  Thsao.  Aus  der  Li-Schrift') 
(unter  den  Han)  ging  die  Schönschrift  (Kiai-soung-pan)  her- 
vor. Dem  Bücherdruck  auf  Holzplatten  (4.  Jahrh.  p.  J.)  folgte 
der  Papierdruck  (10.  Jahrh.  p.  J.).  „Ausser  der  Cursivschrift 
existirt  dann  die  alte  Form,  die  noch  Ueberreste  der  alten 
Bilderschrift  enthält,  und   die  Siegelbuchstaben,  die  nur   aus 


third  syllabary  was  invented  by  the  Buddhist  priest  Ziakuso  (sent  in  mission 
from  Japan  to  Auna)  who  (knowing  to  write,  but  not  to  speak  Chinese) 
made  out  a  list  of  Chinese  cbaracters,  with  their  meanings  and  sounds  in 
Japanese.  The  syllabary  Manyokana,  in  which  the  coUection  of  Ödes  (Manyo 
or  Myriad  leaves)  is  written,  consists  of  complete  Chinese  characters, 
used  phonetically  and  written  in  füll  or  in  abbreviated  forms.  The  syllabary 
Yamato-Kana  (Japanese  writing)  made  of  other  Chinese  characters,  than 
those  used  in  the  Manyo-Kana ,  is  used  in  combination  with  the  Hirakana 
and  the  syllabary  of  Ziakuso,  as  the  common  writing  of  the  people.  The 
Chinese  characters  are  generally  written  in  the  cursive  and  not  in  the  Square 
printed  form. 

')  A  Buddhistic  book :  Teen-jen-ho-shang-tung-chu-heun-kih  (Rules  for 
those  who  live  together) ,  treaty  about  the  monastic  rules ,  is  written  with 
a  modification  of  the  Chinese  characters,  which  was  introduced  by  Tung-ke- 
chang.  —  Im  Gegensatz  zum  Ku-uan  oder  altchinesischen  Stil  der  fünf 
King  heisst  der  neue  Dialekt  Kuan-hoa.  —  In  the  business  style  the  ksu 
or  empty  characters  (of  the  ancient  style)  are  never  used.  As  a  vast 
number  of  the  Chinese  words,  which  are  written  quite  differently,  are 
pronounced  exactly  alike,  they  are  obüged  to  join  others  to  them,  in  order 
to  be  nnderstood,  just  as  if  we  were  obliged  in  speaking  English  to  say: 
sky-sun,  child-son;  sacred-holy,  all-wholly;  only-sole,  spirit-soul ;  ocean-sea, 
look-see,  etc.,  although  there  is  no  mistaking  the  words  sun  and  son,  holy 
and  wholly,  soul  and  sole,  sea  and  see,  etc.,  when  written. 


Wechsel  und  Mischungen.  103 

senkrechten  und  wagerechten  Strichen  (ohne  kreisförmige  oder 
schiefe  Zeichen)  bestehen  (Kho-teoii),  als  alte  Lapidarschrift, 
iihnlich  der  lateinischen  Uncial  und  der  gothischen  Majuskel 
und  Minuskel  des  Mittelalters." 

Les  iuscriptions  numidiques  se  distinguent  d'une  maniere 
toute  particuliere  par  les  modifications  considerables  qu'ont 
eprouvees  certaines  lettres,  modifications  propres  a  toute  la 
Libye,  moins  le  territoire  de  Carthage,  ä  l'Espagne  betique  et 
aux  lies  adjacentes  a  l'une  et  ä  l'autre  de  ces  contrees  (Judas). 
Unter  den  Alphabeten  de  las  letras^)  desconocidas  Espanolas 
unterscheidet  Velasquez  das  celtiberische,  turdetanische  und 
bastulo-phönizische. 

Die  Philippinenser  im  Alphabet  Yloco-tagala  schrieben 
(nach  Colin)  de  abaxo  para  arriba.  Die  aus  der  altsyrischen 
Schrift  oder  dem  Estranghelo  hervorgegangenen  Charaktere 
des  alten  Arabischen  (im  Gegensatz  zum  Neshki  oder  neuern) 
wurden  bei  den  Arabern  durch  Morar-ben-Morra  (aus  der 
Stadt  Anbar  in  Irak)  eingeführt  (der  in  Handelsangelegenheiten 
die  Halbinsel  zu  bereisen  pflegte)  und  unter  dem  Khalifat 
Othman's  durch  einen  Bewohner  der  Stadt  Kufa  (als  kufische) 
vervollkommnet.  Den  Calamum  Hamyarensem  und  Calamum 
Arabicum  unterscheidend,  nennen  die  Araber  die  ältesten  Schrift- 
zijge^)  des  Yemen  die  gestützten  oder  Almosnad  (Kühle  von 
Lilienstern). 


1)  Die  phönizischen  Buchstaben  oder  (bei  Diod.)  ypaijLM-aTa  lh'/,oio\'iy.a. 
wurden  in  Hellas  bei  der  deukalionischen  Flut  von  den  Pelasgern  gerettet 
(nach  Eustath.).  Lines  unterrichtete  Herakles  in  den  ypy.iiixoL-y.  (b.  Theoer.). 
Proitos  überreichte  dem  Bellerophon  ar'iJLaTa  X'jypä  (ypa'-pa;  ^v  -ivaxi  -tux.to)). 
—  The  Iroquois  and  Hurons  made  hieroglyphic  paintings  on  wood,  resembling 
the  Mexicans  (La  Hinton). 

^)  Nach  Ihn  Kilkhan  war  der  Gebrauch  der  Mosnad-Schrift  nur  den 
höhern  Ständen  (unter  den  Himyariten)  vorbehalten,  und  streng  verboten, 
dem  niedern  Volke  und  den  Fremden  darüber  Auskunft  zu  geben.  —  The 
Vindish  language  has  undergone  no  change  since  the  time  of  Bohorizh  of 
Laybach,  dessen  Grammatik  1584  p.  J.  gedruckt  wurde.  —  The  Slavic 
aiphabet,  as  arranged  by  Cyril ,  is  founded  on  the  Greek.  Cyril  employed 
all  the  Greek  characters,  although  a  few  of  them  have  much  altered  their 
shape  in  the  course  of  time,  e.  g.  the  Z  and  H  of  the  Greeks.  The  first 
has  the  English,  not  the  Greek  pronunciation  of  that  letter,  the  latter  in  its 
altered  shape  is  the  common  I  of  the  Slavic  language,  and  thus  corresponds 
with  the  pronunciation  of  the  modern  Greeks.    The  H  or  Eta  in  its  unaltered 


]^Qj.  Erstes  Kapitel. 

Die  alten  Slawen  lasen  und  riethen  aus  Linien  und  Kerben 
und  (nach  der  Taufe)  schrieben  die  slawische  Sprache  aus 
Noth  unrichtig  mit  lateinischen  und  griechischen  Schriftzeichen, 
bis  Cyrill  (855  p.  J.)  die  slawischen  Buchstaben  erfand  (nach 
Chrabr).  Das  Wendische  (von  den  Wagriern  bei  Eutin,  den 
Obotriten,  Ranen  in  Rügen,  Pomorzanen  gesprochen)  ist  seit 
dem  14.  Jahrhundert  ausgestorben.  Das  Preussische  (zwischen 
Weichsel  und  Pregel)  starb  mit  dem  17.  Jahrhundert  aus.  An 
das  Litauische  (von  Wilna)  schliesst  sich  das  Samogitische 
(von  Samogitien),  das  Kriwitschische  (bei  Smolensk),  das 
Preussisch-Litauische  (bei  Insterburg).  An  das  Lettische  (bei 
Mitau)  schliesst  sich  das  Scmgallische  (bei  Bauske),  das  Ku- 
rische (der  Chori  in  Kurland),  das  Seelische  (bei  P\iedrich- 
stadt),  das  Wendische  (bei  Windau),  das  Livländische  (letto- 
livonische)  bei  Riga.  Die  Pictonen  wohnten  in  Ac^uitanien 
(in  Poitou  und  Vendee).  Der  Volksname  Srb  (serim  im 
Indischen)  bedeutet  nation  oder  gens  (Schaflarik).  Die  Wenden 
in  Brandenburg  nennen  sich  Serben.    Krest'anin    (der  Christ) 


form,  on  the  othcr  band,  is  the  N  of  tlie  Slavie  alphabet.  Tlie  Greck  I?, 
ß  wcnt  over  into  the  still  softer  sound  of  V,  v  (as  in  modern  Greek),  and 
anotlier  sign  was  selected  for  Buki  or  B.  This  and  all  the  characters  to 
denote  Slavie  sounds,  which  he  did  not  find  in  the  Greek  aiphabet,  Cyrill 
toük  from  other  Oriental  languages ,  wherever  he  could  find  similar  sounds 
(Talvj).  —  Aus  dem  von  den  Tentoncn  erfundenen  Alphabet  Heisinga  ent- 
stand, mit  andern  Alphabeten  gemischt,  das  rnnische  Alphabet.  —  Das 
irokesische  Alphabet  wurde  von  einem  Indianer  aus  dem  Stamm  dur  Mohawk 
gebildet  (s.  Duponceau).  Demokrit,  der  eine  babylonische  Inschrift  über- 
setzte, schrieb  (nach  Diog.  Laert.)  ziipl  tcüv  £v  J>aj3uAtüvt.  Icpaiv  ^{py.[iixa.rwi.  — 
Tlie  Bohemian  aiphabet  can  only  be  said  to  have  42  letters,  in  so  far  as 
the  same  letter  with  or  without  a  sign,  e.  g.  s  and  s,  can  be  considered  as 
two  diß'erent  letters.  The  English  aiphabet  would  be  almost  without 
number  if  all  the  three  or  fonr  modes  of  pronunciation  connected  with  one 
and  the  same  letter  in  that  language,  were  indieated  by  certain  signs  and 
these  signs  made  three  or  four  letters  out  of  one  (Talvj).  Along  the  southern 
coast  (of  Hawaii)  we  frequently  saw  a  number  of  straight  lines  semicircles 
or  concentric  rings,  with  some  rüde  imitations  of  the  hnman  figure,  cut  or 
carved  in  the  compact  rocks  of  lava.  They  had  been  made  by  furmer 
travellers,  to  inform  their  successors,  that  they  had  been  there.  Tlic  ,,dot" 
signified  a  man,  the  number  of  „rings"  the  inimber  in  the  party,  having 
travelled  round  the  island  (a  semicircle  denoting,  that  they  had  returned 
from  tliat  place).  A  fish  denoted,  that  one  of  that  species  or  size  have  been 
taken  (Ellis). 


Wechsel  und  Mischungen.  105 

heisst  seit  der  tatarischen  Zeit  nur  soviel  als  clilap  (Kerl  oder 
Bauer).  In  der  cyrillischen  Form  heisst  Christ  christyanin. 
Der  böhmische  Fürst  Heriman  (872)  hatte  einen  deutschen, 
der  deutsche  König  Swatopluk  (Sohn  des  Kaisers  Arnulf)  und 
der  dänische  König  Borislaw  (HCT)  einen  slawischen  Namen. 

Deinceps  ergo  comitatus  et  baronias,  episcopatus  et  prae- 
latias  totius  terrae  suis  Normannis  rex  (Willielmus)  distribuit, 
et  vix  aliquem  Anglicum  ad  honoris  statum  vel  alicujus  dominii 
principatum  ascendere  permisit.  Tantum  tunc  Anglicos  abo- 
minati  sunt,  ut  quantocunque  merito  pollerent,  de  dignitatibus 
pellerentur,  et  multo  minus  habiles  alienigenae,  de  quacunque 
alia  natione,  quae  sub  coelo  est,  exstitissent,  gratanter  assume- 
rentur.  Ipsum  etiam  idioma  tantum  abhorrebant,  quod  leges 
terrae  statutaque  Anglicorum  regum,  lingua^)  gallica  tracta- 
rentur,  et  pueris  etiam  in  scholis  principia  literarum  et  gram- 
matica  gallice,  ac  non  anglice  tradercntur,  modus  etiam  scribendi 
anglicus  omitteretur,  et  modus  gallicus  in  chartis  et  in  libris 
Omnibus  admitteretur  (Ingulfus),  11. — 12.  Jahrh.  Im  13.  Jahr- 
hundert gewann  die  zurückgedrängte  Demokratie  wieder  Be- 
deutung. 

Der  Missionar  Kharp  erfand  (1383)  für  die  Permier  und 
Zyrjänen  ein  Alphabet  (das  später  ausser  Gebrauch  kam). 
Nach  Blasius  bilden  die  Zyrjänen  den  Uebergang  von  den 
nomadisireuden  Samojcden  zu  den  ackerbauenden  Finnen. 
Während  die  zur  orientalischen  Kirche  sich  bekennenden  Serben 
und  Bulgaren   die   Cyrillica   gebrauchen,   bedienen^)   sich   die 


1)  Pour  les  Polonais,  comme  pour  les  Magyars  de  la  Hoiigiie,  Ic  latiii 
ii'etait  pas  seulement  la  langue  litteraire,  mais  au.«;ii  la  langue  du  droit 
public,  la  langue  de  la  chancellerie.  Jusqu'a  l'abbe  Dobrowsky  le  slavon 
ne  int  ni  etudie  iii  enseigne  methodiquenieut.  L'ascendant  des  Kusses  rendit 
a  tous  les  Slaves  la  conscience  d'elles-memes. 

-)  Als  der  deutsehe  König  Heinrich  I.  und  Karl  der  Einfältige  920  in 
dem  Pagns  Warmacensis  eine  Zusammenkunft  hielten:  Germanorum  Gallorum- 
que  juvenes  linguarum  idiomate  offensi,  ut  eorum  mos  fst,  cum  multa  ani- 
mositate  maledictis  sese  lacessire  coeperunt  (Chronik  von  Richer).  Nach 
NarLutt  zeichnet  sieh  in  der  skidelskischen  Gegend  (auf  dem  linken  Ufer 
der  Pielassa  und  Kotra)  die  Nachkommenschaft  der  Jatwjeser  (sarmatischen 
Stammes)  oder  Jodwezaj  noch  gegenwärtig  durch  ihre  schwarze  Gesichts- 
farbe, ihre  schwarze  Kleidung  (Melaucklaeni)  und  ihre  Sitten  merklich  vor 
den  Weissrussen  und  Litauern  aus,  obwol  sie  bereits  weissrussisch  unter 
litauischem   Accent  sprechen.     „Die  Zinzaren   oder  macedonischen  Vlachen 


106  Erstes  Kapitel. 

Bekenner  der  katliolisclieu  Kirche  (Kroaten,  Slawonier,  Slo- 
wenen u.  s.  w.)  des  lateinischen  Alphabets.  Aus  blauer  Wolle 
fertigt  der  orientalische,  aus  rother  der  römische  Christ  in 
vielen  Districten  der  Herzegowina  die  Torba  oder  Tasche  (s. 
Kanitz). 

In  Beda's  Buche  über  die  Zeitrechnung  (De  temporum 
ratione)  enthält  das  „Fingerrechnung"  betitelte  Kapitel  die 
ausführlichste  Beschreibung  jener  alterthümlichen  Methoden, 
nach  welchen  von  der  linken  Hand  anfangend,  die  Bewegungen 
einzelner  Finger  gegen-  und  miteinander  zur  Darstellung  von 
Zahlen  dienen.  80  z.  B.  zeigte  man  50  an,  indem  man  den 
Daumen  der  linken  Hand  gebogen  gegen  die  Handfläche  neigte; 
wurde  gleichzeitig  der  Zeigefinger  mitgebogen,  so  erhielt  man 
60  oder  70,  je  nachdem  der  Zeigefinger  die  Spitze  des  Daumens 
berührte  oder  bis  über  dessen  Nagel  hinausreichte  u.  s.  w. 
Schon  der  heilige  Hieronymus  soll  diese  Methoden  gekannt 
haben  (s.  Cantor).  Nach  Leibniz  würde  die  Specieuse  gene- 
rale die  Systeme  der  Ethik  und  Metaphysik  in  der  festen 
Form  eines  unbestreitbaren  Calculs  zu  Stande  bringen  können. 
Die  Chifiern  in  der  Ideographie  bei  Sinibaldo  de  Mas  sind 
nach  dem  Muster  musikalischer  Noten  gestaltet.  Die  von 
Indien  entlehnten  Ziffern  der  Araber  werden  von  links  nach 
rechts  geschrieben,  wie  die  Sprache  dieser,  und  Tippo  Saib 
änderte  sie  auf  seinen  Münzen  in  Uebereinstimmung  mit  der 
Schrift  von  rechts  nach  links. 

Die  neun  ausländischen  Zeichen,  die  den  neun  einheimischen 


(oder  Romanen),  im  Gegensatz  zu  den  dacischen  Roniänen,  sind  (Neugriechisch 
neben  der  eigenen  Sprache  redend)  die  einzigen  Architekten  (nach  traditio- 
neller Bautechuik)  in  der  Türkei  und  Griechenland,  ausser  in  Konstantinopel, 
Athen  und  Belgrad  (wo  sie  indess  das  Bauhandwerk  beinahe  monopolistisch 
betreiben)."  —  La  langue  des  Votes  (Vatialaiseth  ou  Vaddialaiseth)  ou  Vod 
(pres  de  Jambourg)  est  melee  de  mots  lapons,  esthoniens  et  autres.  —  Die 
Ingrier  (Ingrikot)  oder  Ijoren  (mit  den  Kareliern  und  Voten)  bewohnen 
Ingrien  (bei  St.-Petersburg)  und  Vodskaia  (Paitina).  Die  Finnen  (Fenni 
oder  Suomen)  in  Finland  (Suomen-maa)  nennen  sich  selbst  Suomalaineu 
(Suomaiaiseth  im  Plur.).  Die  Lappen  nennen  sich  Same  (Sameladz).  —  Les 
Esthoniens  sont,  pour  ainsi  dire,  a  l'etat  anonyme.  Dans  leur  idiome,  leur 
pays  c'est  ma  mees  (notre  terre)  et  ils  apprennent  lentement  a  se  servir  du 
nom  de  Esti-ma,  plus  litteraire  qne  commun  (Schnitzler).  —  Bei  den  Khassia 
heissen  Steine  Men  (s.  Hooker).  —  Preussen  kommt  von  prus  (der  Nachbar) 
im  Slawischen  (s.  Zeuss).  Die  Pulista  (ägyptischer  Inschrift)  sind  die  Phi- 
lister (mit  Federkronen),  die  Tellkarier  die  Teuxpo'.. 


Wechsel  und  Mischungen.  107 

Buchstaben  (of  the  Maldive  aiphabet)  beigefügt  sind,  are  the 
nine  Arabic  numerals  with  a  dash  above  them  to  distingviish 
them  from  the  ciphers  (nach  Prinsep).  Beim  Aufzählen,  wenn 
es  über  hundert  geht,  müssen  in  der  Regel  immer  drei  Mann 
zusammen  die  schwere  Arbeit  verrichten,  bemerkt  Schrumpf 
von  der  Sessuto-Sprache  in  Südafrika.  In  dem  Gobär-System 
ist  keine  Spur  von  Position,  sondern  der  Werth  der  Ziffern 
wird  durch  hinzugefügte  Apices  (Punkte)  angezeigt  (Gerhardt). 
Gobar  (Staub).  In  Kashmir  gebraucht  man  für  die  ZiflFern 
von  den  Chinesen  angenommene  Zeichen  (nach  Albyruny). 
Ueber  die  Fingerrechnung  der  Römer  (de  computo  vel  loqucla 
digitorum)  handelt  Beda  (xepo  §axToX(.xoij  [xsTpou  bei  Nie. 
Smur.).  Vom  Satze  der  Rechensteine  (Capilli)  kommt  der 
Ausdruck  calculorum  ratio  (s.  Krause).  Eubulides  hatte  eine 
Statue  gebildet,  die  einen  Fingerreclmer  darstellte  (digitis 
computantem),  sra  SaxToXuv  aufj.ßaXXsa'^a!,  (bei  Herodot).  Die 
gemetzten  Denksteine  (mit  Runen)  wurden  in  Schweden  be- 
sonders zwischen  das  Jahr  1000  —  1100  gesetzt  (Oberleitner). 
Im  Leben  des  heiligen  Ansgar  wurden  die  Runen  erwähnt  als 
Buchstaben,  wie  sie  in  Schweden  gebraucht  werden. 


3ttiette0  iaa^iitcL 


Das  Birmanische. 

Ubwol  das  Birmanische  zu  der  monosyllabischen  Familie 
gerechnet  wird,  bildet  es  doch  den  Uebergang  zu  den  Ein- 
verleibungssprachen und  erhält  zugleich  durch  die  in  der 
Aussprache  verweichlichten  Consonanten  eine  fli'issige  und 
schmiegsame  Form,  die  es  sehr  bestimmt  von  dem  hart  und 
scharf  zerhackten  Siamesischen  unterscheidet.  Während  das 
letztere  selbst  in  den  vom  Pali  adoptirten  Aborten  die  tönende 
Media  gern  durch  die  dumpfe  Tennis  ersetzt  und  in  den 
eigenen  Stämmen  diese  überall  vorwalten  lässt,  ist  das  Bir- 
manische im  Gegentheil  so  sehr  zur  Abschwächung  geneigt, 
dass  es  oft  die  geschriebenen  Charaktere  ganz  unberiicksichtigt 
lässt,  um  nicht  ihren  harschen  Ton  pronuncircn  zu  müssen. 
Das  Pali  hat  von  den  drei  Zischlauten  des  Sanskrit  nur  einen 
bewahrt,  das  Siamesische  tritt  wieder  mit  drei  Zischlauten  auf, 
das  Birmanische  dajieo'en  hat  ffewissermasscn  keinen  einzigen, 
da  der  in  diese  Klasse  gehörende  Buchstabe  mehr  dem  eng- 
lischen th  (oder,  nach  Lepsius,  dem  polnischen  s)  entspricht 
als  unserm  s.  Es  ersetzt  ^,  und  beim  Umschreiben  von 
Sanskritwörtern  wird  ^  durch  ^,  sowie  "^  durch  <^  gegeben. 
In  der  Construction  birmanischer  Sätze  folgt  das  regierende 
Wort  am  Ende  und  können  unter  vermittelnder  Anwendung 
der  Partikeln  lange  Perioden  vorher  eingeschoben  werden,  die 
alle  von  dem  Nachfolgenden  abhängen.  Die  Sprache  neigt  so 
sehr  zur  Verschmelzung,  dass  selbst  die  adjectivischen  Ver- 
bindungen  mit  dem  Substantiv  leicht  in  eine   einfache  Com- 


Das  Birmanisclio.  109 

position  übergehen,  die  aber  auch  wieder  eine  participialisclie 
Natur  bewahrt.  Man  kann  allerdings  sagen  lu  myat  (mrat) 
für  „der  gnte  oder  ein  guter  Mann"  (Manu  gut),  aber  ge- 
wöhnlich würde  dies  die  Bedeutung  haben  „der  Mann  ist  gut", 
da  an  sich  in  myat,  wie  in  den  meisten  Wurzeln,  die  Wand- 
lung als  Verbum  überwiegt.  Erst  in  Myat-sö-lu  wird  es 
deutlich  und  unverkennbar,  dass  myat  hier  nur  in  seiner  ad- 
jectivischen  Unterordnung  zum  Substantiv  betrachtet  werden 
soll,  und  meistens  zugleich  in  der  stärkern  Hervorhebung  des 
bestimmten  Artikels.  Dieses  Myatsolu  wird  dann  aber  ganz 
als  eine  untrennbare  Zusammensetzung,  die  nicht  durch  Ver- 
kürzung, sondern  durch  Hinzufügung  gebildet  ist,  behandelt, 
indem  bei  den  Declinationen  das  der  Endsilbe  zugefügte  Casus- 
zeichen auf  das  Ganze  zurückwirkt.  Myatsolu  ko  na  niran 
(myin),  ich  sah  den  Tugendhaften.  Myatsolu  aä  na  pa  man  (mi ), 
ich  werde  dem  Tugendhaften  geben.  Lu-kaun  unterscheidet 
sich  von  kaün-so-lu  ungefähr  wie  ,,er  ist  ein  Biedermann" 
von  „er  ist  ein  biederer  Mann".  Im  ersten  Falle  stellt  man 
den  Genannten  in  die  allgemeine  Klasse  der  Biedermänner, 
die  durch  ein  conventioneil  gewordenes  Charakterbild  gedeckt 
wird,  im  letztern  dagegen  lässt  man  das  Adjectiv  „biederer" 
wieder  mit  allen  den  in  ihm  liegenden  Bedeutungen  seiner 
vollen  Kraft  nach  auftreten  und  will  jede  einzelne  derselben 
ins  Bewusstsein  rufen.  Fügt  man  zu  Lu-kaun  das  Nominativ- 
zeichen San  (si),  so  hat  man  im  Birmanischen  ganz  in  derselben 
Weise  ein  einheitliches  Wort,  wie  in  Biedermann  lu-kaun-si, 
und  ebenso  in  allen  andern  Casus,  die  indess  häufiger  auch 
sonst  ihrer  Zeichen  entbehren. 

Les  composes  (en  barmane)  ont  cßielquefois  une  signifi- 
cation  bien  differente  de  celle  des  racines  simples  dont  ils  sont 
formes,  wie  von  ro  (Süssigkeiten)  sich  ro-kyu  (verehren)  und 
ro-ga  (aufwarten)  bildet  (nämlich:  mit  Süssigkeiten  und  Dar- 
lu'ingung  derselben  den  Hof  machen),  ca  (essen)  nimmt  in 
vielen  seiner  Zusammensetzungen  figürliche  Bedeutung  an, 
wie  im  Türkischen  und  Chinesischen  (sowie  dem  englischen 
Neger- Jargon),  und  ebenso  kin  im  Siamesischen.  Er  isst  die 
Stadt,  sagt  der  Birmane  von  dem  Gouverneur  (Myo-ca  oder 
Stadtesser),  und  ähnlich  der  Neger  am  Calabar  vom  Kauf- 
mann, dass  er  seinen  Verdienst  esse  (mache).  Dza  mo,  Feind 
(Mann  des  Hasses  oder  Hass-Mann).   Dia-mo,  Freund,  dzäu- 


1;[0  Zweites  Kapitel. 

mo,  Armer  darf  nicht  genommen  werden  als  hassender  Mann, 
liebender  Mann,  elender  Mann  u.  s.  w.,  denn  das  bestimmende 
Adjectivum  müsste  hinter  mo  stehen  (s.  Steinthal)  in  den 
Mande-Sprachen.  Moro  (Mensch)  kürzt  sich  (im  Mohren)  zti 
mo  ab  und  more,  Bezeichnung  eines  (speciell  mohammedanischen) 
Priesters,  könnte  (nach  Kölle)  aus  Mosl  oder  Moor  entstanden 
sein.  Das  siamesische  hmo  (Arzt  oder  Lehrer)  bildet  hmo 
can  (Elefantenführer),  hmo  du,  Wahrsager,  hmo  gvam,  ein 
Processirender  u.  s.  w. 

Eine  unabhängige  Form  gewinnt  das  birm.  Adjectiv,  das 
dann  stets  voransteht  (wie  amyat-lu),  durch  die  Vorsetzung  von 
a,  das  als  Verstärkung  auch  in  den  von  dem  Pali  her  aufge- 
nonmienen  Worten  neben  dem  a  privativum  (wie  ämangala 
von  mangala)  erscheint.  Von  Kri  (gyi)  bildet  sich  A-gyi,  das 
Grosse,  oft  mit  zugefügter  Geschlechtsbezeichnung,  agyi-pol 
(j)o),  ein  grosses  Thier  männlichen  Geschlechts),  und  ebenso 
kann  a  die  Verbalwurzeln  direct  in  Substantive  verwandeln, 
wie  Aca  (Speisen  oder  das  Essen,  welches  ebenfalls  für  Ess- 
gerichte stehen  kann,  statt  für  die  Handlung  des  Essens)  von 
ca,  essen,  obwol  dieses  noch  schärfer  ausgedriickt  werden 
würde  durch  Anhängung  von  ra  (ara  oder  ya)  oder  Ding, 
z.  B.  Ca-ya,  Dinge  zum  Essen  oder  Speisen.  Auch  Ca-ran 
(das  zum  Essen  Bestimmte)  konnte  in  demselben  Sinne  ge- 
braucht werden.  Das  Affiximi  Kran  (gyin)  bildet  gleichfalls 
Substantive,  aber  mit  subjectivischer  Schattirung.  Ca-gyin 
meint  das  Essen,  krauk  (kyauk)  -gyin  das  Fürchten  oder  die 
Furcht.  Die  übrigen  Affixe,  wie  gyak  (gyet),  bway,  pö  haben 
denselben  Einfluss,  jeder  mit  einer  eigenthümlich  charak- 
terisirenden  Nebenbedeutung,  die  sich  aus  den  feinern  Nuan- 
cirungen  der  Sprache  leicht  ergibt.  Diese  substantivischen 
Anhängsilben  vermögen  ihre  Gewalt  indess  auf  mehrere  Worte 
gleichzeitig  auszuüben,  wie  Aca-goün-pä-gyin  Selten-  (goün- 
pä)  -Speise  (Aca)  -Sein  oder  Hungersnoth  bezeichnen  würde. 
Die  Verbalwurzeln  aber  bewahren  dabei  immer  noch  die  ihnen 
zukommende   Regierungsfähigkeit,   trotz   der  Einschachtelung. 

Mro-sö-na-svä-krän-tö-asuin-ma-wan-san  (win-siy)  würde 
bedeuten  „meine  Wanderungen  nach  der  Stadt  sind  zwecklos", 
indem  in  to  das  Pluralzeichen  zugefügt  ist,  dagegen  bedeutet 
svä-kra-krdn  (kya-gyin)  das  Gehen  oder  die  Wanderungen 
vieler    und    svcä-kra-kran-to ,    das    vielfache    Gehen    oder    die 


Das  Birmaniiche.  111 

\Yanderiingeii  vieler.  Na-sva-siy  (san)  =^  ich  gehe,  na-to 
svä-kya-siy  :=  wir  gehen,  und  ebenso  in  den  andern  Personen. 

Mitunter  treten  die  Composita  so  eng  zusammen,  dass  die 
adjectivische  Natur  des  einen  Elements  ganz  und  gar  verloren 
geht,  Lu-ka-la  (galeh)  ist  geradezu  ein  Diminutivum  von  Lu, 
ein  Männchen  oder  ein  Knabe,  und  würde  nur  so  verstanden 
werden.  Wollte  man  von  einem  kleinen  Manne  reden  und 
nicht  etwa  nay  wählen,  so  müsste  nothwendig  das  Adjectivum 
mit  der  Verbiudungssilbe  so,  wie  oben,  vorangesetzt  werden. 

Ein  Rva-sä  oder  joa-sa  (Sohn  des  Dorfes)  ist  ein  Bauer, 
ein  joa-sami  (Tochter  des  Dorfes)  eine  Bäuerin,  ein  Lak-samä 
(Let-sama)  ein  Handwerker  (Künstler  der  Hand  oder  Let) 
oder  Tischler,  ein  Läm-pra  (pya)  ein  Führer  (Zeiger  des  Wegs 
oder  Läm),  Nö-sl  sind  die  Brustwarzen  (Frucht  des  Busens 
oder  Nö). 

Obwol  schon  an  sich  mit  der  Verbal wurzel  verknüpft, 
können  doch  besonders  diejenigen  Adjective,  die  im  gewöhn- 
lichen Gebrauch  nur  als  solche  auftreten,  aufs  neue  einen 
participialischen  Zusatz  erhalten.  Statt  hla-sö-pän,  die  schöne 
(hla)  Blume ;  kann  man  auch  sagen  hlä-rhi-so-pan ,  die  schön 
seiende  Blume.  Noch  richtiger  können  dieselben  Phrasen  ad- 
verbialisch gebildet  werden,  wie  Yaku-rhi-kya-sö-lu-tö,  die 
jetzt  seienden  Menschen,  aber  man  findet  auch  Sac-pan-i-rhi- 
sö-asi  (sit-pin-it-shi-so-asi),  die  Früchte  des  Baumes  (Holz- 
stammes), obwol  sit-pin-i-asi  völlig  genügen  würde,  da  i  ganz 
die  Flexion  des  Genitivs  in  der  Casus-Bezeichnung-  vertritt. 

Die  zur  Einheit  verbundenen  Zusammensetzungen^)   ver- 


')  If  the  Sanscrit  words  were  monosyllabic  in  their  primary  state,  what 
are  called  Clusters  may  have  been  formed  by  the  connexion  of  the  words  in 
different  numbers ,  to  indicate  that  all  the  ideas  which  they  represent  were 
to  be  grouped  together  in  one  class,  distinguished  by  a  line  drawn  over  the 
letters  of  which  they  are  composed  from  the  first  to  the  last  (s.  Kidd).  — 
La  poesie  chinoise  abonde  de  mots  polysylJables  (Julien).  —  The  Siamese 
hmguage  is  monosyllabic,  but  many  words,  particularly  in  the  language  of 
the  Upper  classes,  are  from  the  Cambojan,  a  polysyllabic  language  and 
abounding  more  in  complicated  combinations  of  consonants.  Terms  to  ex- 
press  mental  Operations  and  all  religious  technicalities  are  from  the  Pali 
(Balee),  which  is  also  polysyllabic.  These  terms  undergo  various  changes, 
the  most  common  of  which  is  tlie  construction  of  the  two  last  syllables  into 
üne  (s.  Malcolm). 


2  Zweites  Kapitel. 

bleiben  so  in  allen  Abwandlungen  und  würden  in  andern 
Sprachen  oft  durch  Zwischensätze  übersetzt  werden.  „Wenn 
das  Wasser  steigen  wird,  so  kann  das  Schiff  hereinkommen" 
ist  im  Birmanischen  Ra-tak-sö-aka-sanbau-rauk-hnon-nian  (Yay 
tet  so  aka  simbo  yauk  hnein  minj)  „zur  Wassersteigezeit 
kann  das  Schiff  kommen"  (das  Schiff  kommen  kann  doch). 
Aber  auch  nach  Verwendung  von  Conjunctionen  kann  der 
ganze  Satz  participialisch  aufgefasst  werden.  Cä-pri-hlayn- 
na-pu-hmä-hlan-lok  (Shau  pyi  hlin  nay  pu  hma  hlan  leik) 
heisst  wörtlich:  das  gewaschen  Seiende  (Gewordene),  dann  in 
die  Sonnenhitze  lege,  obwol  es  nach  entsprechender  Wendung 
im  Deutschen  übersetzt  werden  müsste:  Wenn  (hlin)  gewaschen, 
lege  es  in  die  Sonne. 

Die  euphonischen  Partikeln,  die  in  allen  Ijirmanischen 
Sätzen  reichlich  verschwendet  sind,  verwachsen  übrigens  für 
den  Augenblick  ihres  Gebrauchs  mit  dem  näher  zu  definiren- 
den  Ausdruck  in  ein  Wort  zusammen,  und  geben  in  der  ge- 
botenen Auswahl  der  Rhetorik  eine  um  so  wichtigere  Hülfe, 
weil  die  mit  der  Wortbedeutung  verfliessenden  Betonungen 
in  den  hinterindischen  Sprachen,  wie  im  Chinesischen,  die- 
jenigen Modulationen  der  Stimme  beschränken,  die  in  unserm 
Schriftsystem  durch  Ausrufungszeichen,  Fragezeichen,  Kolon, 
Gedankenstriche  u.  s.  w.  angedeutet  sind.  Als  gleichsam  zur 
Interpunktion  dienend,  werden  die  Accente  im  Birmanischen 
als  Haltepunkte  oder  (myit)  mrac  bezeichnet,  wovon  der 
Acutus  noch  seinen  Namen  Ain-myit  oder  (weil  er  unter  ge- 
schrieben wird)  auk-myit  bewahrt.  Er  wird  mit  dem  Vocale 
e,  den  Diphthongen  ay  und  au  (ä-e),  sowie  dem  Triphthong 
(a-u-i)  oi  gebraucht,  sowie  mit  dem  consonantalischen  Vocale 
ä  und  mit  ie  (a-i),  weim  sie  dem  finalen  n  oder  einem  Nasalen 
voraufgehen.  Der  Shc-pouk  genannte  Acccnt,  der  durch 
nachfolgende  (shc  oder  vorn)  Punkte,  wie  das  sanskritische 
Visarga^),  ausgedrückt  wird,  inhärirt  an  sich  (wenn  kein 
leichter  Accent  bezeichnet  ist)  in  dem  Diphthong  ay  und  MJrd 


')  Im  Sanskrit  ist  der  Visarga  genannte  Halblaut  ininior  die  ciiplionische 
Umwandlung  eines  s  oder  r,  und  obwol  er  (wie  im  Zcnd,  dem  Altpersiscbeii 
und  Prakrit)  dem  Tali  fehlt  (s.  Bopp),  tritt  seine  Bezeichnung  bei  .den  aus 
diesem  auff^euommenen  Worten  im  Birmanisehen  wieder  auf,  /,.  B.  be'  vom 
Tali  ()^^)  Imya  oder  Furcht,  makan  von  Pali  makilra  u.  s.  av. 


« 


Das  Birnianisclie.  113 

gebraucbt  mit  den  Vooalen  ä,  e,  ö,  e,  mit  dem  Triphthong  oi, 
sowie  mit  dem  consonautischen  Vocale  a,  (und  ie),  wenn  dem 
finalen  M  voraufi>:eliend.  Durch  die  Yerflüssio'unö;  der  Halb- 
vocale  vermehren  sich  im  Birmanischen  die  complicirten  Vocal- 
verbindungen  des  Chinesischen,  wo  die  vorschlagenden  kurzen 
Laute  i  und  u  oder  y  und  w  mit  dem  acccntuirten  Vocal,  der 
folgt,  zu  einer  diphthongischen  Einheit  zusammengezogen 
werden  unter  Beeinflussung  des  Accentes,  wie  der  Acutus  in 
den  svaritirten  Formen  erfährt.  Verbindungen  wie  h  1  y  i  u 
und  ähnliche  kommen  als  einsilbige  Aussprache  in  allen  drei 
Tonarten  vor.  Das  Birmanische  ist  eine  sehr  weiche  Sprache, 
und  statt  der  Tennis  hört  man  gewöhnlich  die  Media  (ausser 
in  apocopirten  Endsilben).  Die  Klassen  des  birmanischen 
Alphabets  werden  nach  dem  ersten  Buchstaben  der  verschiedenen 
Reihen  aufgezählt,  als  ka-wagga,  ca-wagga,  ta-wagga,  ta-wagga, 
pa-wagga  und  dann  a-wagga,  als  zu  keiner  gehörig,  oder 
Kanhladza  (Gutturalen),  Taludza  (Palatalen),  Muddhadza 
(Lingualen),  Dantadza  (Dentalen)  und  Authtadza  (Labialen). 
Jeder  Consonant  wird  mit  dem  a-Laiit,  als  inhärirendem,  aus- 
gesprochen, wenn  derselbe  nicht  durch  das  sat  (Tödtung)  ge- 
nannte Zeichen  zerstört  ist,  wobei  oftmals  zugleich  der  vorher- 
gehende Vocalwerth  sich  ändert;  kk  würde  ka-ka  auszusprechen 
sein,  die  A^erkürzung  kk"  (kakj  aber  lautet  ket;  tn  (tan)  ist 
tili,  dagegen  wird  kap  zu  kat  und  kam  zu  kan.  Untergeschrie- 
bene Consonanten  heben  den  inhärirenden  Vocallaut  nicht 
immer  auf.  Uebcr  der  Linie  findet  sieh  von  Consonanten  nur 
n  (iii)  gesetzt. 

Die  Buchstaben  y.  r,  h  nehmen  in  Zusammensetzungen 
eine  neue  Form  an,  als  ya-pan  (pin) ,  rarac  (rarit)  und  ha-to 
(ha-thui)  und  combiniren  sich  wieder  untereinander  und  mit 
dem  untergeschriebenen  w  als  wa-cwa  (cwae)  in  mannichfaltigen 
Weisen,  als  ya-pin-wa-cwae,  rarit-wacwae,  hatui-yapin,  hatui- 
rarit,  hatui-wacwae  u.  dgl.  m.  "Wird  h  mit  y  und  r  ver- 
bunden, so  entsteht  der  Laut  seh,  ebenso  aus  dem  Zusammen- 
treten des  s  mit  y  und  h  oder  des  1  mit  y  und  li.  n  mit  r 
entspricht  dem  h,  und  yy  ist  y. 

Die  Vocale  in  der  Mitte  des  Wortes  verändern  ihre  Form. 
A ,  wenn  wegen  der  Länge  ausgedriickt ,  behält  den  kurzen 
oder  (wenn  Zweideutigkeiten  wegen  des  Aussehens  des  vorher- 
gehenden Consonanten  vermieden  werden  sollen)  den  längern 

Bastias,  Studien.  8 


114:  Zweites  Kapitel. 

Endstrich  seiner  vollen  Gestalt.  E  wird  mit  der  untern  Hälfte 
seiner  Silbe  vorgesetzt,  ae  oberhalb  der  Linie  angedentet, 
ebenso  wie  i  und  T,  während  li  und  ü  unterhalb  derselben 
ihren  Platz  finden.  Aus  vorgesetztem  e  und  nachfolgendem  a 
bildet  sich  au  und  ebenso  äü  (ao).  Der  Vocal  o  wird  gebildet 
durch  die  diphthongische  Vereinigung  des  untergeschriebenen 
ü  und  des  übergeschriebenen  i,  erhält  aber  bei  finalem  k  oder 
n  den  Laut  oi  (kuik)  koik.  Auch  das  einfache  i  wird  oft  als 
ei  gesprochen,  keit  (kit),  kein  (kin). 

Das  Zeichen  des  Anusvara')  (sasatin  oder  niggahit)  steht 
für  die  Nasalisation  in  n  und  m,  kann  in  Abkürzungen  aber 
auch  k  ersetzen.  In  zusammengesetzten  Worten  verschwindet 
häufig  das  n  vor  nachfolgendem  Consonanten  und  man  spricht 
tagah  statt  tangah,  katau  statt  kantau. 

Ein  Ueberblick  der  Lautcombinationen  und  der  dadurch 
bedingten  Modificationen  gewinnt  sich  am  besten  durch  das 
Sinpüin-krf. 

Es  gibt  Fälle,  wo  die  Birmanen  anfengen,  die  veränderte 
Aussprache  auch  auf  die  Schrift  zu  übertragen,  gewöhnlich 
aber  halten  sie  es  für  richtiger,  die  ursprüngliche  Orthographie 
zu  bewahren,  und  dann  vermag  diese,  Aufschlüsse  über  die 
Etymologie  zu  geben,  die  sonst  verloren  sein  würden.  Herz 
wird  nalon  (nalüni)  ausgesprochen  und  mitunter  auch  so  ge- 
schrieben (naluin'),  wird  aber,  der  alten  Form  hnac-lu in  oder 
hnit-lon  gemäss,  als  die  runde  (alum)  Substanz  ahnac  erklärt  oder 
die  Zweikugel.    Bura  wird  Paeya  gesprochen  (Herr  oder  Gott). 

In  mehrsilbigen  Worten  verwandelt  sich  die  Tennis  der 
zweiten  Silbe  in  die  entsprechende  Media  (ka-ga  in  der  Aus- 
sprache, wenn  ka-ka  geschrieben),  und  ebenso  geht  nach  einem 
Vocal  oder  Nasal  die  Tennis  in  die  Media  über;  folgt  auf  die 
Finalen  k,  c,  t,  p  ein  Anfangsconsonant,  so  verlieren  sie  ihren 
eigenthümlichen  Laut  durch  Verdoppelung  des  letztern. 

In  Verdoppelung  eines  Consonanten  wird  der  zweite 
meistens  durch  die  Aspirate  gegeben,  doch  wird  in  der  Aus- 
sprache der  Unterschied  kaum  markirt.    Man  schreibt  Cakkhu, 


')  Wi'ilirend  im  Sanskrit  m  nur  Voi'  einem  Zischlaut  sowie  vor  li  und 
den  Hnli)viiralen  «ich  in  Anusvara  verwaudelt,  wird  es  im  Prakrit  und  Tali 
vor  nllcn  Anfangsconsonnuton  durch  Anusvara  ersetzt.  Auch  liat  sicli  in 
diesen   M|u'arhen  das  schliesscndi'  n   in   Aniis\ara   verwandelt  (s.  Bojip). 


Das  Birmaiiisclie.  115 

wattlui  (wittlni),  aber  auch  unverändert  sacca  oder  seitza 
(Wahrheit).  Die  ein  Wort  schliessenden  ^)  Consonanten  sind 
hart  und,  wenn  bei  der  Verstümmehnig  der  aufgenommenen 
Pah-Worte  der  ans  Ende  fallende  Consonant  nach  der  Schreib- 
art jener  ein  weicher  sein  sollte,  entweder  in  die  entsprechende 
Härte  seines  consonantalen  Werthes  verwandelt  oder  durch 
noch  weitere  Verflüssigung  ganz  und  gar  vocalisch  aufgelöst. 
Aus  maggau  bilden  die  Birmanen  meg  (mag),  wobei  die  Vcr- 
kiirzung  den  Laut  der  Media  fast  zur  Teuuis  überführt.  In 
zanapud  wird  in  pada  mehr  pat  als  päd  gehört,  und  upus  (von 
uposat)  lässt  das  s  in  t  verschwinden  (ubot).  Dagegen  wird 
bol  (von  bala)  boh  gesprochen,  mog  (von  megau)  moh,  der 
Himmel  (der  Wolken).  Die  Accente  unterscheiden  gleich- 
lautende Worte  CO,  sprechen,  cö,  schlecht  sein,  und  cö,  ver- 
hindern. 

Als  Interpunktion  findet  sich  der  einfache  oder  wieder- 
holte Doppelstrich. 

Hauptwörter  werden  gebildet  durch  vorgesetztes  a  (aus 
der  Wurzel),  koun  (gut),  a-koun,  Güte  (koun-si,  gut  sein, 
koun  cva,  gütlich  oder  kaun-kaun);  kyan,  zurückbleiben,  akyan, 
der  Rest ;  ca,  essen,  a-ca,  das  Essen  (mit  abgeworfenem  Accent) 
oder  die  Speise. 

Auch  unter  weiterer  Geschlechtszufügung:  akri-po,  ein 
grosses  Thier  (männlichen  Geschlechts),  von  kri  oder  gross 
und  po;  aru-ma,  eine  tolle  Frau  (ru  oder  toll). 

In  Zusammensetzungen  mag  a  abfallen,  na  ca  (Abend- 
essen) von  na  (Abend)  und  ca  (essen);  sva-san-hman-san,  das 
Gehen  ist  recht  (es  ist  recht,  dass  er  geht). 

Gran  (gyin)  bildet  Abstracta: 
kay  (retten),  kay-gyin,  Rettung, 
krank  (fürchten),  krauk-gyiu,  Furcht, 

ca  (essen),  cä-gyin,  das  Essen  (Gegessenwerden),  aca-gaiin-pä-grän,  Hungers- 
noth   oder   Essen-   (aca)    Knappheit    (Knappsein    von   kaünpä   oder 
knapp). 
Cara  (auch  ran): 
«•a-cara.  Essbares  (Speisegegenstände  oder  Lebensmittel), 


^)  Wie  nur  Tenues  das  sanskritische  Wort  schliessen  können,  werden 
auch  im  Mittelhochdeutschen  die  Mediae  am  Wortende  durch  Tenues  ersetzt 
(s.  Bopp)  lind  dialektisch. 

8* 


\IQ  Zweites  Kapitel. 

prau-won-cara,  Bespreclibares  (Sprechwagbares), 
pa-cara,  Gebbares  (Dinge  zum  Geben  oder  Almosen), 

krä-cara,    das    Hörbefähigte    (zum    Hören    geeignete    oder     Hording)     oder 
das  Ohr. 

Ra  (ara  oder  Sache) : 
cä-ra,  Esssachen  (zum  Essen  bestimmt), 
thein  ra,  Sitz  (thein  oder  sitzen)  oder  Sitzding, 
winra,  Eintritt  (wia  oder  eintreten), 
aim-ra,  Hausfrau  (Hausding  oder  Hausmöbel), 
r  -nat-ra,  Platz  tiefen  (nat)  Wassers  (yä), 
svä-ra-läm,  Gebeweg  oder  Weg  (lam)  zum  Gehen, 
prau-ra,  die  Sprechsache  (Rede), 
pa-ra,  die  Gabe, 

hnein-ra-ma-su,  ein  Mann  ohne  seinesgleichen  (Ueberkommssache  ohne  er), 
Mit  so  (gegen)  bildet  sich  so-ra  (so). 

Gyak  (gyet),  als  der  Gegenstand: 
prau-gyet,  Unterhaltungsstoff  (der  Gegenstand  des  Gesprächs), 
pru-gyet,  die  vorliegende  Arbeit  (was  jetzt  gethan  wird), 
ray-gyet,  die  Lachsache  oder  die  Ursache  des  Gelächters  (die  Lachsache  ist 

folgende,  statt:  das,  worüber  gelacht  ist,  ist  Folgendes.     Was  ist 

die  Lachsache?  statt:  worüber  lacht  ihr?). 

Bhway  (angemessen) : 
ea-bhway,  esslich  (appetitlich), 
gyac  (giet)  -bhway,  liebenswürdig  (lieblich). 

Der  Comparativ')  bildet  sich  mit  atak  (atet)  oder  auk 
mit  einem  Verbum  eim  tet  kri  sin,  Haus  drüberbinaus  gross 
sein  oder  Haus  übersteigen  (tet)  gross  sein  (grösser  als  das 
Haus).  Tsä  ih  kri  sin,  übertreffend  gross  sein  (grösser).  Eim- 
auk  nay-i,  Haus  darunter  klein  sein  (kleiner  als  das  Haus). 

Beim  Superlativ  wird  a  vorgesetzt  (gleichsam  als  Ver- 
änderung des  Adjectivs  in  ein  Substantiv,  gross,  als  das  Grosse 
xa~'  e^ox'^'^)  "^^^  £°^*  (beendet  oder  vollendet)  zugefügt.  Lu 
amrat  coii,  der  ausgezeichnetste  Mann  (Mann  der  ausgezeich- 
nete nee  plus  ultra)  oder  amrat-con-so-lu.  Koun-con,  der 
Beste,  auch  durch  Reduplication  koun-koun-sau-su,  eine  aus- 
nehmend gute  Persönlichkeit. 

Bei    Verminderung   wird    entweder  das  Wort  verdoppelt : 


^)  Tn  a  case  in  which  a  positive  degree  with  a  possessive  case  is  used 
in  Dorsetshire  for  a  Superlative  degree,  its  dialect  coincides  with  an  ifliom 
in  Hindoostanee,  as  ,, Bring  the  long  pick,  the  long  woone  ov  all",  instead 
of  the  „longest  of  all",  like  the  Hindoostanee  „Yee  sub-ka  bnrra  hai"  „This 
is  the  great  one  of  all"  für  „the  greatest". 


Das  Birmanische,  ||7 

kyo-kyo  (mit  leichtem  Accent)  von  kliyr  (kro),  siiss  (mit 
schwerem  Accent),  als  siisslich,  oder  man  setzt  kap  zu,  was 
etwas  Früheres  (vorhergehendes)  in  Vergangenheit  oder  Zukunft 
in  den  Sinn  legt,  cö  (schlecht),  kap  c6  (rather  bad),  etwas 
schlecht  (schlechtlich),  eher  schlecht  (als  gut).  The  imperfect 
degree  is  sometimes  made  by  shortening  the  root  and  affixing 
reduplicated  chiming  increments  nä  tau  taii  (saltish). 

Die  Casus  oder  Temporalzeichen,  die  an  ein  Substantiv 
oder  Verbum  treten,  laufen  gleichsam  als  Endung  damit  zu- 
sammen, und  nach  welcher  Art  die  Abwandlung  zugefügt  ist, 
bedingt  sich  der  directe  oder  nur  modificircnde  Einfluss  des 
letzten  Gliedes  in  einem  Compositum.  Lu-tö  swa-hnoin  kra 
sen  heisst:  die  Leute  können  gehen  (sind  fähig  zu  gehen), 
lu-tö  swa  kra  hnon  sen  dagegen:  die  Leute  mögen  gehen. 
Präpositialverhältnisse  bilden  sich  aus  dem  Zusammenhang  in 
aim-ton-aun  oder  eim-tein-aun  (bis  zum  Hause)  von  tein-si 
(hingelangen). 

Die  meisten  Composita  lassen  sich  wieder  einfach  in  ihre 
Bestandtheile  zerfallen,  wie  ka-cu-pra  oder  galopiren  in  Zügel 
(ka),  sammeln  (cu),  laufen  (prae),  mitunter  dagegen  hat  sich 
die  isolirte  Bedeutung  der  "Wurzeln  (wie  bei  ro  u.  s.  w.)  ver- 
loren oder  ist  nur  die  Bedeutung  des  Ganzen  klar,  wie  in 
ka-lu  (spielen),  licay  (fragen)  u.  s.  w. ,  oder  ziehen  sich  zwei 
Silben  in  eine  zusammen,  wie  ce  und  an  in  zeim.  Dies  wieder- 
holt sich  oft  besonders  bei  den  dem  Pali  entlehnten  Worten, 
wie  ceit  aus  citta,  und  kann  dann  die  weitere  Zusammensetzunsc 
mit  andern  Pali-Worten  (wie  aus  utpatti  oder  Erzeugung 
ceittuppat  oder  Gedanke)  oder  mit  birmanischen  Worten  (ceit- 
hnit-lon  oder  Seele)  fortgehen.  Einige  Pali-Worte  sind  in  der 
vollen  Form  aufgenommen,  wie  sati  (Erinnerung),  lauka  (loka 
oder  Welt),  während  andere  sich  durch  Abwerfung  der  End- 
silbe verkiirzt  haben,  wie  nan  von  nana,  man  von  mana  u.  s.  w., 
oder  bol  aus  bala,  däu  aus  danda,  pod  (Vers)  aus  päda  u.  s.  w. 
Als  Corruption  von  siva  (Leben)  im  Pali  sagt  man  cik  pva, 
Avenn  Kinder  niesen. 

Zur  Vermeidung  von  Zweideutigkeiten  in  den  einfachen 
Wurzeln  werden  mehrere  vereinigt,  wie  cu-raenh-pan-pin  statt 
pan  (schaffen).  Abgeleitete  Verben  werden  durch  Zusammen- 
setzungen ersetzt,  wie  (pra-won-si)  pru-wan-si,  zu  thun  wagen, 
pru-lo-si,  zu  thun  wünschend,  prun-na-si,  zu  thun  fortfahrend. 


1[3  Zweites  Kapitel. 

U  (beginnen)  bezeichnet  als  Hülfsverb  mebr,  wie  pii-u- 
nian  (nü),  er  wird  mebr  geben  (onb).  lila  (schön  sehi)  ver- 
stärkt, wie  kxi  hla  si,  sehr  gross  sein. 

Von  den  sechs  Klassen  der  Zusammensetzungen  oder  Samäsa  (duanda, 
bahubbihi,  kammadhuaraja,  tappurlsa,  duigu  und  abjajibawasauiasa)  werden 
einige  auch  in  den  birmanischen  Compositen  beobachtet. 

Substantivische  Aufzählungen  werden,  wenn  überhaupt,  durch  ca-si  oder 
ca-rue  verbunden,  oder  durch  i-alon-zon  (wizza)  zusammengefasst. 
arak-kru  (im  Uebermass  der  Liqueure),  arak  sauk  krü,  ein  Trunkener, 
cä-krii  (im  Uebermass  des  Essens),  a-ca-ca-kru,  ein  Fresser, 
ra-pran-ö  (yä-pri-oh),  ein  mit  "Wasser  gefülltes  Gefäss  (Wasser- Voll-Topfj, 
ra-hneik-na-sau-nä,    im  Wasser    lebende  Fische   (Flussfische   würde  nur  eine 
Beziehung  zum  Flusse  ausdrücken,  die,  wie  im  Flussufer,  auch  ein 
Neben  sein  könnte.   Dagegen  bezeichnet  das  Birmanische:  Wasser- 
drin-wohnende  Fische), 
ta-kaun,  ein  (Thier)  statt  tit,  gwä-ta-kaun,  ein  Hund, 
kala-pat-lum,  während  der  Zeit, 
rauk  si  tein  aun,  bis  zur  Ankunft, 
pru-grän  (grenj),  das  Thun, 
ca-grän,  das  Essen, 

CO  gyak  (kyet),  der  Gegenstand  der  Unterlialtung, 
hnac-sak-ra  (hnit-saek-ra),  der  Gegenstand  der  Liebe, 
sauk-cara,  Sachen  zum  Trinken, 
lü-ran,  Sachen  zum  Einölen, 
gam-san-su,  der  Empfänger  (gam-sau-su), 
sv_-gwan  (sva-gwin),  Erlaubniss  zum  Gehen, 
ti-ko-caun-sau-sü,  der  Schirmträger  (tih  zäun  sau  su), 
wan  (wen)  ko  kan  wan  (won)  su,  die  Last  zu  tragen  wagend, 
akjoh  ko  ra  taik  sü,  würdig,  Belohnung  zu  empfangen, 
tau-su,  eine  passende  Person, 
lu  kö,  ein  Dieb, 

lu-tau,  eine  dem  König  gehörende  Person, 
wau-tau-kri ,  der  Staatsminister  (Grussbelasteter), 
cac  (cit)  bhu  ran  (yin),  Heerführer, 
Ulk  (let)  samma,  Tischler, 
sac-tum  (sit-tom),  Block  Holz, 
nw.a-ca,  Stück  Silber, 
krauk-pvay,  schrecklich, 
gyac  teik-san,  liebenswürdig, 
pru  sa  myä,  alles  Geschehene. 

M  ..-Von  einer  Dcclination  der  Nomina  lässt  sich  niclit  weiter 
reden,  ausser  bei  den  (wenn  nicht  durch  die  Stellung)  charak- 
teristisch durch  i  und  ko  bezeichneten  Casus  des  Genitiv  imd 
Accusativ,  indem  alle   iibrigen   Casus  immer  uiir  durch  Prä- 


Das  Birmanische.  119 

Positionen  *)  ausgedrückt  werden ,  denen  wir  bei  u  ^)  oder  so 
eine  dativisclic,  bei  pran  (pyin)  eine  instrumentale,  bei  twan 
(dwin)  eine  locative,  bei  kraun  (kyavui)  eine  causative,  bei  hmä 
eine  ablative  u.  d<y\.  m.  Bedeutunoen  beilegen  mögen,  die  diese 
aber  durchaus  nicht  als  nur  in  den  jedesmaligen  Casusbezeich- 
nungen specifische  besitzen. 

Der  Plural   wird   wie  durch   tö   (do)   mit   Zufiigung  von 

niya  (viele)  gebildet.    I  (von  Klsi)  zeigt  den  Besitz  im  Genitiv. 

Der  Nominativ  (patama)  ist  der  Katta  (karta)  oder  Handelnde 

(Subject), 

„     Accusativ  (dutya)  ist  das  Kamma  (karma)  od.  Gehandeitc 

(Object), 
„     Instrumental  (tatiya)  ist  Karang  (karana)  oder  Mittel, 
„     Dativ  (catutti)  ist  Sampadan  (sarnj^radrana)  oder  Gebender, 
„     Ablativ  (panjami)  ist  Apadan  (apadana)  oder  Nehmender, 
„     Genitiv  (sati)  ist  Sami  (sambanda)  oder  Besitzender, 
„     Locativ  (sattami)   ist  Adhikarana   (adhikarana)   oder  Be- 
greifender, 
„     Vocativ    (alop)    ist    Sambodana,    als    anredend,    freund- 
lich (pijawazana),  ehrfurchtsvoll  (guraka),  ehrerbietig 
(adara),  unehrerbietig  (anadara). 
Der  mit  nhaik  (in)  ausgedriickte  Locativ  heisst  Aukasa-adhi- 
karaua  (receptaculum), 
„       „    tuaen  (unter)  ausgedriickte  Locativ  heisst  Niddarana- 

adhikarana  (Feststellung), 
„       „    kraun  (wegen)    ausgedriickte   Locativ  heisst   Nimeit- 
adhikarana  (ursächlich). 

Nwa-cu  ist  wörtlich  Kuhheerde  oder  eine  Sammlung  (a-cu)  von  Kühen,  in- 
dem das  cu  (sammeln)  in  ein  Substantiv  verwandelnde  a  (in  der 
lluUe  des  zunächst  unbestimmten  Artikels)  abfällt, 


')  Nach  Schott  scheint  der  Hochasiate  jede  Präposition,  die  er  unmittel- 
bar dem  Worte  anhängt,  als  von  abstracterer  Geltung,  d.  h.  in  gewissem 
Sinne  als  Casuszeichen  betrachtet  zu  haben.  Die  Casus-Partikeln  sind  von 
den  Präpositionen  (Postpositionen)  durch  kein  charakteristisches  Merkmal 
geschieden. 

-)  Der  Yocal  a  (e)  ist  im  Osmanli  die  einzige  noch  erhaltene  Dativ- 
Bezeichnung,  entstand  aus  dem  Turk-Tatarischen  qa  (gha),  ke  oder  ge  (s. 
Schott).  Das  Besitz  anzeigende  Pronomen  wird  in  den  tatarischen  Sprachen 
durch  den  Genitiv  des  Personalpronomens  ausgedrückt.  Den  Delawaren  be- 
zeichnet w  das  Persönliche. 


120  Zweites  Kapitel. 

lu-paiiii,  Menschenmenge  (a-paun  üdei*  Vielheit  von  paun  oder  vereinigen), 

tamgä-wan  (taga-win),  Thüreintritt  (a-wan,  Eintritt  von  vvan,  eintreten), 

rhan  (shin)  bhurä,  Herr  und  Meister  (ashin  und  burab), 

atein-arhan  (ashin),  Schützung  (von  tein  und  rhan), 

aca-gam  (von  ca    oder   senden  und    gam    oder  empfangen),    der  Befehle  (als 

aea  ,  Sendungen    oder  Befehle)  Empfangende    (der  Befehligte  oder 

Diener), 
lak  (let)  -pä-cji,    Diener    (mit  let    oder  Hand  gebildet,    wie  Handmaid)  oder 

der  Botschafter  (pä-ca,  der  zum  Befehl  Geschickte  oder  zu  Befehlen 

Stehende)  zur  Hand, 
ca-pä-gam ,  bedienen   oder   gehorchen    (die  cae-pa  oder  Befehle  empfiingend 

oder  gani). 

Mit   kalä   (akale   oder   Kind)    werden   die  Jungen   bezeichnet   (auch  bei 
unbelebten  Sachen): 
lu-kalä,  Kind, 
nwä-kalä,  Kalb, 
myauk-kala,  Aeffchen, 
sac-pan  (sit-pin)  -kalä,  ein  Bäumchen, 
taun-kala,  ein  Hügel  (Bergchen)  oder  kleine  Höhe. 

Den  Hölzern  wird  tom  (atoni  oder  Block)  zugefügt,   und  figürlich: 
sac-tuni  (sit-tom),  Holzblock, 
kjun-tom,  Block   vom  Holz  des  Teakbaums, 
cakä-tom,  eine  Sentenz  (caka  oder  Wort)  oder  eine  Antwort. 

Aehnlich  ca  (aca,  ein  Stückchen): 
nwa-ca,  Silberstück, 
kyauk-ca,  Steinstück, 
mra  (myä)  -ca,  Thonstück  (ein  Stück  oder  Klumpen  Erde). 

Sit-pin  von  sit  (Holz)  bezeichnet  Baum  (a-pin),  während  pin  isolirt  mir 
bei  Numeralbezeichnungen  von  Bäumen  oder  ähnlichen  Gegenständen  wieder- 
holt ist.     Fin  bedeutet  Erhebung,  pin  Verhinderung. 

Ko  ist  das  allgemeinste  Casuszeichen,  eben  nur  unbestimmt  die  zwischen 
einem   Verbuni    und  Substantivum   bestehende    Beziehung    irgendwelcher  Art 
ausdrückend  (ähnlich  wie  ra  im  Persischen): 
nä-ko-toiin,  Fische  fangen  (Fangen  in  Betrefl"  von  Fischen), 
In  ko  ku  leik,  hilf  dem  Manne, 

akran  ko   touk,  berathe  über  die  Sache  (was  die  Saclie  betrifft,  berathen), 
na  man-mann  ko    dinga  ta  pyä    pä   man,    ich   werde   dir    Geld    geben,    ein 
Geldstück    geben    (was    dich   betrifft,   werde    ich    geben    ein  Geld- 
stück), icli,  dich  betreffend,  ein-Geldstück-gebe  oder  geben  werde. 
Das   „Geld-Geben"    ist    ein    einheitlicher    Begriff   geworden,    wie 
pachtzahlen,  steuerzahlen,  obwol  dieser  Zusammenhang  in  persön- 
lichen Verbindungen  wieder  aufgelöst  zu   werden  pflegt   (ich  zahle 
Pacht   aber:    ich    werde   Pacht   zahlen),    wenn    nicht   völlig  in  ein 
Verbuni   übergegangen,  ich  steuere,  werde  steuern  (steuere  bei). 
Da  nun    das  Aflix  a   iiJ    vieler  Hinsicht  ganz  älinlich  wie  ko  verwandt 
werden  kann,   nur  als  ungebräuchlicher   weniger  häufig,    so    bildet    sich    bei 
Fremden,  denen  es  in  der  Sprache  besonders  auf  die  Deutlichkeit  ankommt, 
die  Gewohnheit  heraus,    ko   für   den  häufigem  Fall  des  Accusativ  zu  reser- 


Das  Birmanische.  121 

virtjii,  a  dagegen  für  dativische  Verhältnisse,  und  sie  mögen  so  auch  beide 
(obwül  es  gegen  den  eigentlichen  Sprachgebrauch  des  Landes  ist)  in  dem- 
selben Satz  verwenden,  um  jede  Zweideutigkeit  zu  vermeiden,  und  würden 
dann  sagen:  na  lu-a  sa-op  ko  pa  man,  ich  werde  dem  Manne  das  Buch 
geben.  Die  Eingeborenen  folgen  dann  leicht,  um  ihrerseits  nicht  misver- 
standen  zu  werden  (ähnlich  im  Litauischen), 
san  (sin)  sä  prac  leim  man,  ma  prac  (pyit)  leim  man  (mi)  nn   ma  si,  ob  er 

dein  Sohn  ist  oder  nicht,  weiss  ich  nicht, 
sam-ko-lop-si,  von  Eisen  gefertigt  (Eisen  betreffend  gearbeitet),  das,  woraus 
es  gefertigt   ist,    gehört   zu    dem    Eisen    Genannten    oder   aus    dem 
Eisen  Genannten  gefertigt, 
i-mrö  (myo)  ga  ko  to  mrö  rouk,    von    dieser  Stadt  nach  jener;    diese  Stadt 
nun  betreö'end  (nehmen  wir  unsern  Ausgang)  nach  der  zu  erreichen- 
den Stadt  (in  der  Richtung  der  Stadt,  die  zu  erreichen  ist), 
hnak-to  ko  asok  to  rhi  kya  san,  Vögel  betreffend,  (so)  haben  sie  Nester, 
rha  ko  kran  (kyih),  sieh  voraus,  (\'orwärts  betreffend)  schaue, 
tayouk    ko  tayouk    cakä   pyau    kya-si,    sie    sprechen    miteinander,    den    einen 

betreffend,  der  eine  (Worte  spricht)  redet, 
san  (si)  ko  la  ga,  komm  hierher  (hier  betreffend  komm), 
na   eim    ko    sva   dau,    geh    ein    Haus   betreffend    (geh    nach    einem    Haus), 
ähnlich  im  Chinesisch-Englischen,  what  belongs  my  house,  go  (niy 
house  belonging,  go;  oder:  belongs  my  house,  go). 

In  anderer  Weise  findet  (im  Birmanischen)  kraung  vielfachste  Ver- 
wendung. Ko  an  sich  ist  das  Zeichen  freundlicher  (und  ehrerbietiger)  An- 
.lede  (des  altern  Bruders).  Mit  dem  hohen  Accent  bezeichnet  kö  verehren, 
mit  dem  tiefen  (ko)  begriissen  (durch  Hauptvereinigung).  So  wird  der  la- 
teinische Accusativ  mit  amma  oder  mama,  der  griechische  mit  anna  oder 
nana  gebildet. 

Im  Gegensatz  zum  accusativisch  aufgefassten  ko  wird  a    als  zum  Dativ 
gehörig  angesehen : 
na-a  pyau  si,  er  spricht  zu  mir, 
na-a  ta  ga  ^jwin  dau,  öffne  die  Thiir  für  mich, 

koun-so  lu-kale  a  na  pa  näh,  ich  werde  (es)  einem  guten  Knaben  geben, 
na-a  tau  lyau  tliau  ue-ra,  ein  für  mich  passendes  Haus. 

Um  die  Richtung  zu  präcisiren,  dient  so  (to  or  unto) : 
niinii  to  pyiso,  su-do  sva  kya  si,  nacli  ihrem  Lande  (liin)  gehen  sie, 
soka,  hiervon,  so-hma,  wovon,  sora,  so  u.  s.  w. 

i ,  als  possessiv,  bezeichnet  den  Genitiv  (en),  aich  possessive  Pronomina 
bildend,  na-ih-eim  (mein  Haus),  obwol  öfters  ausgelassen  (naeim).  Gesprächs- 
weise markirt  es  das  Präsens  in  der  Erzählung  (so  ist's,  wirklicli).  Der 
(herren-  und  rechtslose)  Fremde  ist  i_-sie  (ae-sie). 

na,  um  zu,  kyoan,  wegen,  hnen,  mit,  hpyen,  durch,  hnoit,  an,  gai  tho, 
wie,  dwen,  in,  way,  unter,  hraä,  innerhalb,  hma,  ausser  (eim  ma  la  si,  er 
kommt  vom  Haus,  eim  ma  shi  si,  er  ist  im  Haus)  drücken  verschiedentlich 
Präpositionalverhältnisse  aus. 

Dann:  tan,  ci  (in  Gegenwart),  a-Iacj  (in  der  Mitte),  phraen  (mittels), 
nhaen  (zusammen),  nhä  (für),  ka  (von). 


■^2'^  Zweites  Kapitel. 

Im  Siamesischen  werden  nur  die  prägnantem  Casusverbältuisse  durch 
präpo.sitionalc  Zeichen  ausgedrüclit  (von  denen  ke  für  den  Dativ,  te  i'iir  den 
Ablativ  gewöhnlich  geworden  sind,  und  koii  oder  hen  die  Abhängigkeit  des 
Genitivs  andeutet),  während  der  gewöhnlichste  Fall  des  Accusativ  ciniacli 
durch  die  Stellung  des  Substantivs  (das  jetzt  als  Object  dem  Yerbum  folgt, 
statt  ihm  als  Subject  voranzugehen)  ausgedrückt  wird. 
nai  sang,  der  Fürst  befiehlt, 
tarn  nai,  dem  Fürst  folge  (sequi  ducem),  khün  ton-mai,  den  Baum  besteigen, 

püt  patu,  öflfne  die  Thür  (siam.), 

taniga  (-ko)  hpwen-dau,  die  Thür  öffne  doch  (birm.), 
kha  cha-su  ma  tua-uüng,  ich  werde  kaufen  ein  Pferd  (siara.), 
niyin  (mran)   cf   na  way  mih ,    ein  Pferd   (einen   Rappen)   ich   kaufen   werde 
(birman.). 

Das  Wesentliche  für  den  Sprecher  ist  immer  die  Verbalbezeiehnuug, 
es  kommt  ihm  darauf  an,  etwas  „geöffnet"  zu  haben,  etwas  zu  „kaufen", 
und  wenn  vor  sich  hinsprechend,  würde  er  von  dieser  Absicht  auch  aus- 
gehen, also  auch  wenn  im  natürlichen  Zuge  sprechend.  AVendet  er  sich 
dagegen  an  jemand,  in  dessen  Anrede  der  Wunsch  nach  Deutlichkeit  sich 
geltend  macht,  so  wird  er  gerade  im  Gegentheil  das  für  ihn  selbst  eigent- 
lich Unwesentlichere  besonders  betonen,  in  der  subjectivisch  erklärlichen 
Täuschung,  dass  dabei  leichter  Misverständnisse  zu  fürchten  seien,  weil  ihm 
das  andere  allzu  klar  ist.  Sobald  dann  aber  das  Object  vor  dem  Verbuni 
stehen  bleil)t,  macht  sich  bald  die  Nothwendigkeit  der  Casusbezeichnungen 
geltend,  weil  ihnen  eben  jetzt  der  Ersatz  durch  veränderte  Stellung  fehlt. 

Der  Plural  (baliiuvoz  oder  baliuvarana)  wird,  wenn  nicht 
von  selbst  bestimmt,  durch  myä  (viele)  oder  durch  die  Au- 
hängsilbe  tö  (do)  aus  dem  Singular  (ekawoz  oder  ekawa^aua) 
gebildet.  Beim  Zutritt  vouAdjectiven  folgt  die  Casusbezeichnung 
diesen.  Lu-myat  hma,  vom  trefi'licheu  Manne,  lu-myat-to  hnia, 
von  trefflichen  Männern.  Wenn  es  uöthig  ist,  das  Geschlecht  •) 
(punlinga,  Tttilinga  und  napungsakalinga)  zu  unterscheiden, 
wird  für  das  männliche  youkya  (bei  Menschen)  oder  hti  (pha 
oder  pho)  bei  Thieren,  und  weibliche  mcimma  (bei  Frauen) 
oder  (thierisch)  ma  zugefügt;  nwa-hti  ist  ein  Stier,  nwa-ma, 
Kuh,  gvä-hti,  ein  Hund,  gvä-ma,  eine  Hündin,  kvet-pa,  Hahn 
und  kvet-ma,  Henne.  Ein  Adjectiv  wird  dazwischen  eingefügt, 
wie  gva-ru-ma,  eine  wüthende  Hündin.     Auch  substantivisch 


')  Protagoras  unterschied  zuerst  xa  orp'pEva  xa\  3i^).£a  xa\  axE-Jr^  (nach 
Aristoteles),  sowie  die  Modi  oder  Zeitwörter  als  eu/^uXt],  ^pw7T,ai;,  aTio'xpicj'.; 
und  £vToX-(^  bezeichnet  wurden.  —  In  Delaware  nekama-lcnnu  meaiis  hc  or 
this  man,  and  nekama-achqueu  she  or  this  woman. 


Das  Birmanische,  125 

gebraueliten  Adjectiven  wird  die  Gesclileclitsbezeichnung  an- 
geliängt,  wie  a-iiyae-htih,  der  Junge,  a-nyae-ma,  die  Junge. 

Den  Species  einer  höhern  Gattung  wird  oft  diese  zuge- 
setzt, wie  im  Chinesischen  die  Klassen  der  Charaktere  hing- 
ching  natürHche  FamiHen  biklen.  Den  Vögehi  wird  (hnak) 
hnet  (ca-hnet  oder  SperUng),  den  Vierfüssern  kann  (nva-kaun 
oder  Ochse),  den  Insekten  po  zugesetzt,  wäe  den  Pflanzen  pch 
(myet-peii),  pan  (pin),  myet-pin  oder  Gras.  Aus  den  Car- 
dinalen  können  durch  myauk  Ordinale  gebildet  w^erden,  doch 
verwendet  man  für  die  letztern  gewöhnlich  die  Pali-Formen. 
Vor  einem  andern  Numeral  wird  eka  geschrieben  statt  eka. 
AVenn  eine  bestätigende  Partikel  folgt,  wird  pri  (Zeichen  der 
Vei'gangenheit)  zu  pri. 

Auf  das  Subject  folgt  das  Regierte  und  dann  das  Verbum : 
mau  kri  san  cac  buran  a  mein  tau  i,  der  Fürst  dem  Feldherrn 
sagte. 
Zwischensätze  stehen  voran: 
kyi'  mwam  ap-kou-sau-su  to   tcik  a-tu  sa  pran  kyi   mwäm  ap 
mrat  tau  mu  ta  sau  atuiii  ro  ca  ciia  mrat  cua  bura  ko 
kyi  mwäm  i,  ich  lobe  den  Gott,  der  mit  allen  Lobes- 
erhebungen zu  preisen  und  am  meisten  zu  verehren  ist 
(den  am  meisten  zu  Verehrenden). 
Der  regierte  Satz  nimmt  das  Accusativzeichen  ko : 
na  pä  san  ko  man  ma  yu  lo  lyak,  mein  zu  Gebendes  nimmst 
du    nicht,    wenn  ich   es    gäbe,    würdest    du  es  nicht 
nehmen,  na  pä  linan  man  ma  yu  lo. 
Die    birmanische    Construction   man  aim   ra  ko  raun   am 
man  ko  na  kra-ra  san  (man  kon-ci  mya  raun  pri  kraun  ko  na 
kra  ra  si)   ist  die   möglichst  kürzeste,  indem   sie  den  ganzen 
Satz  in   das  Accusativ-Verhältniss  zu  „glauben"  stellt,   ohne 
Conjunctionen,  wie  im  Deutschen  „ich  höre  (glaube),  dass  du 
dein  Haus  verkaufen  willst",    und  auch   die  Zufügung  eines 
zweiten  Verbalverhältnisses  (neben  dem  regierenden),   wie  im 
lat.  Acc.  und  Inf.,  vermeidend; 

tuam  domum  (te)  venditurum  esse  ego  audio,  als  ([dein 
Haus]  mit  Accusativzeichen,  verkauft-werden)  mit  Accusativ- 
zeichen (als  Accusativsatz :  das  dein  Haus  Verkauftwerden), 
höre  ich  (dein  Hausverkauftwerdensollen  höre  ich)  oder  ich 
höre  das  Verkauftwerden  deines  Hauses  (ich  hörend  doch  bin) 
oder  das  (dein)  Hausverkauftwerdensollen  höre  ich.    Man  (min) 


J24  ^weites  Kapitel. 

aim  ko  raun  pri  san  ko-na-kra-ra-san,  ich  höre,  dass  dein  Hans 
verkauft  ist  (te  vendidisse),  deinen  Hansverkanf. 

Der  Hauptsatz  ist  mit  jeder  winischenswerthen  Schärfe 
und  Bestimmtheit  abgefasst  und  bewahrt  diese  in  den  Normal- 
zeiten, in  den  Tempora  des  Präsens,  Passiv  und  Futur.  Da- 
gegen würde  die  Zufügung  der  feinern  Nuancirungen  in  den 
Modi,  wenn  überhaupt  ausdrückbar,  weitläufigere  Umschrei- 
bungen erfordern,  wogegen  gerade  letztere  (wie :  möchte,  sollte, 
w'ollte,  dürfte  u.  s.  w.)  die  Stärke  der  durch  Hülfszeitwörter 
conjugirten  Sprachen  bilden  und  in  ihnen  vielfacherer  Schat- 
tirungen  fähiff  sind  als  in  den  ihien  Formen  nach  schon  fixirten 
Flexionssprachen. 

Es  lässt  sich  sagen :  durch  die  Ausrüstung  dieses  Schiffes 
(statt:  weil  er  dieses  Schiff' ausrüstet)  ist  der  Sieg  gewiss,  das 
Birmanische  drückt  aber,  „weil  er  dieses  Schiff  ausgerüstet  hat" 
oder  „weil  er  dieses  Schiff  ausrüsten  wird",  ebenso  in  ein- 
facher Construction  mit  pran  (pyin),  durch,  oder  kraün  (kyaun). 
wegen,  aus:  durch  sein  Ausgerüstethaben  dieses  Schiffes  (seines 
dieses  Schiff  Ausgerüstethaben  wegen)  oder  durch  sein  Aus- 
riistenwerden  dieses  Schiffes  (sein  dieses  Schiff  Ausrüsten- 
werden wegen). 

Die  Bildung  solcher  Sätze  führt  zu  den  polysynthetischen 
Wortconstructionen  der  Indianersprachen  (den  amerikanischen 
Bunch-words,  wie  man  sie  genannt  hat)  hinüber,  denn  da  das 
regierende  Wort  am  Ende  steht,  so  erhalten  alle  früher  vor- 
hergehenden erst  mit  dem  Erreichen  jenes  ihren  eigentlichen 
Sinn  und  fungiren  nur  als  an  sich  unselbständige  Silbentheile  ^) 
eines  Ganzen,  obwol  sie  jedes  einzelne  ihre  volle  Form  be- 
wahren und  nicht  wie  in  den  mehrsilbigen  Worten  Amerikas 
erst  einsilbig  zerschnitten  werden,  damit  dann  aus  für  sich 
bedeutungslosenBruchstücken  ein  inneres  Wortganze  zusammen- 
gebacken werde. 

Ma  tein  nia  kyan  hlyan  ma  swä  hnan  (linein),  (gehe  niclit,  uline  Abschied 
zu  nehmen)  nicht  verabschieden,  nicht  mögen  wenn,  nicht  gehen, 
nicht  doch  (ma  svn   hnin,  gehe  nicht,  ne). 


')  La  langiie  gnatanie  n'est  composec  q«e  de  particules  oii  de  mono- 
syllables  combinees  avec  art,  ponr  rendre  meme  les  idees  abstractes.  La 
reunion  de  ces  particnlcs,  diversenient  arrangees,  forme  dos  mots,  variant 
autant  que  le  besoin  l'exige. 


Das  Birmanische.  l25 

iiia  swa  ma  kyan  teia  aun  lup  lyak  na  s>an  (er  blieb  beim  Arbeiteu  bis  zum 
Gehen),  nicht  gehen,  nicht  mögen  bis  (das  Ankommen  vullenden). 
arbeitend  noch  bleibt  er, 

kran-kyän  (gyan-gyen),  wünschen, 

kaun-kyän,  das  Gutsein  (Gute), 

cä-kyän,  das  Essen, 

ne-kyan,  ein  Tag  nur, 

lu-tayauk-kyan,  nur  ein  Mann, 

gyän  (khyen)  oder  agyän,  Gefährte,  ihr  (Consorten)  miteinander, 

Wom   hmrauk  sau  cit  rhi  san  prae  (pyit),  erfreut  werden  (passivisch), 

wom-hmrauk  (erfreut  sein)  von  wom  (Baucli)  und  hmrauk  (gehoben)  durch 
sau  (Partikel)  mit  (cit)  zeit  (Sinn)  verbunden,  als  ,, erhobenen 
Bauches  Sinn"  mit  rhi  (shi)  oder  sein  und  pyit  (geschehen  oder 
werden)  verbinden.  Der  Zustand  eines  wohlhäbigen  Sinnes  tritt 
ein  (es  geschieht  das  Sein  der  Gemüthsverfassung  eines  leichten 
Bauches),  having  eased  himself, 

vvom-sa-si  (erfreut  sein)  von  wom  (Bauch),  angenehm  (oder  aufsteigen). 

Dausa  cit  (zeit)  rhi  san  (prac)  pyit  (böswillig  werden),  mit  dausa  oder  thosa 
(Zorn  im  Pali),  der  Zustandsein  des  Zornsinnes  geschieht. 

Ca-san  prac  san  (geschickt  werden)  von  ce  (schicken),  als  das  Geschehen- 
werden (Geschehen)  des  Schickens. 

Sva  ca  san  prac  san  (das  Gehenwerden  geschieht),  er  geht  gerade  jetzt 
(sva-ca-sau-su-prac  san). 

Die  Auswahl  der  persönlichen  Pronoraina,  die  wie  das 
Substantivum  declinirt  werden,  bestimmt  sich  nach  den  Rano-- 
stufen.  Ba  ist  fragend,  wer?  oder  was?  (auch  als  bä-ha, 
welches  Ding  oder  was,  wie  si-ha,  dieses  Ding  oder  dieses) 
und  wird  als  ba-hnit  den  numeralen  Adjectiven  zugefüo-t 
(saraksi  (saretsi)  ba  hnit  Ion,  wieviel  Mangro?).  In  Zufüguug 
der  Negation  ma  bedeutet  es  keiner  (ba-su-ma-rhi,  niemand 
ist  da).  Ba-su-si  oder  ba-su-ka  (welche  Person)  kann  die 
Bedeutung  „irgendeiner"  annehmen,  wie  min-su. 

Durch  Zutritt  von  so  bedeutet  i,  das  demonstrative  Pro- 
nomen (dieser),  ein  solcher  (i-so,  ebenso  si-so). 

Durch  Anhängung  der  Präpositionen  bilden  sich  die  den 
Casus  entsprechenden  Bedeutungen  bk-hma,  wie  w^o?  bä-so, 
wohin  (zu  wo)?  Statt  ba  steht  auch  ba,  und  w^arum  heisst 
ba  pru  lo,  was  zu  thun? 

Die  einfache  Verbalwurzel  drückt  den  Imperativ  aus :  sva, 
gehe.  Das  durch  san  (sie),  Pfosten  oder  hier,  festgeschlagene 
oder  hier  fortdauernde  sva  (sva-sie)  bezeichnet  das  Präsens, 
das   mit  pri  (vollendet)   verbundene    das   Perfectum,   das   mit 


126  Zweites  Kapitel. 

man    (mie),    eines    auszufüllenden    Mangels,    construirte    das 
Futurum. 

Da  Sinn  (oder  Geberden^  ausdrücken  können,  ob  es 
sich  Tim  das  erste,  zweite  oder  dritte  Pronomen  handelt,  so 
fehlen  die  persönlichen  Bezeichnungen,  na  sva-sie  (ich  gehe) 
oder  sva-sie,  und  wenn  das  Subject  schon  die  Zahl  anzeigt, 
auch  das  Zeichen  des  Plural  (kra  oder  kun),  das  sich,  wenn 
vorhanden,  immer  unmittelbar  an  die  Wurzel  anschliesst ;  sva- 
kra-sie  (na-to-sva-kra-sie  oder  wir  gehen);  sva-kra,  gehet. 

Die  Negation  wirft  zuweilen  die  Bestimmungspartikel  ab : 
ma-sva  (ma  sva  bü),  er  geht  nicht;  ma  sva  hnein,  er  kann 
nicht  gehen. 

Bei  den  in  Nomina  verwandelten  Verben  bleibt  die  Yer- 
balbezeichnung  (kra)  des  Plural  an  der  Stelle  der  substantivi- 
schen (to),  wenn  an  die  Personen  geknüpft: 
sva-krän,  das  Gehen  (der  Gang), 
sva-krän-do,  die  Gänge  (einer  einzelnen  Person), 
sva-krän-kra,  der  Gang  (mehrerer  Personen), 
sva-kra-khran-to,  die  Gänge  (mehrerer  Personen), 
was  bei  weitern  Complicationen  in  eine  Art  von  Transiciones 
übergehen  könnte. 

Beim  Zutritt  von  Hülfszeitwörtern  zu  dem  Hauptzeitwort, 
einen  Modus  in  diesem  auszudrücken,  treten  auch  die  Be- 
stiramungspartikeln  an  das  Ende  der  dadurch  gebildeten  Vcr- 
balform: 

na  sva  hnein  sie,  ich  kann  gehen  (gehen  können  hier), 
sva-kra-hnein-sie,  (sie)  können  gehen  (gehen  können  hier), 
sva-kra-hnein-mie,  (sie)  werden  gehen  können  (gehen  können 

werden) ; 
sva-lvay-sic,  leicht  zu  gehen. 

Ra  (erlangen)  drückt  das  „Müssen"  aus: 
na-sva-ra-mie,    ich   nmss   gehen   (ich   werde  bestimmt  gehen), 

indem  ich  das  Gehen  ausführen  (erlangen)  weide, 
so  auch:  sva-ra-sau-akha  (die  Zeit  des  wahrscheinlichen  Gehens), 

die  Zeit,  wenn  das  Gehen  geschehen  wird; 
su-sva-ra-mie,  sein  Ausführen  des  Gehens  wird  sein  (er  wiid 

gehen), 
su-sva-ra-pri ,  sein  Ausführen  des  Gehens  ist  vollendet  (er  ist 

gegangen) ; 


Das  ßinnanisclic.  127 

sva-koiin-sie  (er  mag  gehen),  Gehen  ist  (%Yäre)  gut, 
na  to  sva  khiii  kra   sie,  wir  wünschen   (khin)   zu  gehen  (wir 
möchten  gehen),  auch  mit  lo  (wünschen). 

Als  Zeiten  (kala)  des  Verbum  werden  unterschieden  die 
(pa^ca)  Gegenwart  (pitziippankala),  dieVergangenheit  (paroksa) 
und  uppanna  (utpat)  oder  fortgehend ,  die  Vergangenheit 
atatkala  (atitakala)  und  das  Futur  (anagatkjila  oder  antlgatakaln) 
oder  das  noch  nicht  Gekommene. 

Am  Ende  einer  Phrase  kann  i  an  die  Stelle  von  si  treten, 
pru-i  (ich  mache),  pru-jDri-si.  Ti  oder  ti  bezeichnet  das  Ende 
einer  Phrase.  Auch  wird  tili  oft  dem  vorhergehenden  Verbum 
durch  die  Conjunctiv-Partikeln  si  oder  sa  verbunden.  Ebenso 
verwenden  sich  die  Endungen  tat  und  tat  und  haben  oft  zu- 
weilen (gleich  i  und  ti)  den  Sinn  des  Verbums  si-si,  er  ist. 
Die  Partikeln  Ihjaen,  sa  phraen,  rue,  sau,  lat-sau,  (lap-sau), 
la-sau  sind  bald  Conjunctionen,  bald  Verbalendungen,  und 
mitunter  copulativ  oder  disjunctiv,  ßedesätze  verbindend  oder 
auch  unterbrechend  (mit  Unterdrückung  der  conjunctiven  Par- 
tikeln si  und  sau).  Die  Partikel  hu  wird  hu  geschrieben,  wenn 
sie  ein  Verbal-Affix  annimmt,  und  ist  dann  als  Theil  des 
Verbums  zu  betrachten.  Sie  verbindet  den  letzten  undeclinir- 
baren  Theil  eines  Wortes  oder  einer  Phrase  den  Affixen  si 
und  sau.  Wenn  si  voraufgehend,  kann  dieses  durch  Casus- 
zeichen  ersetzt  werden,  aber  wenn  sau  voraufgehend,  meint 
das  dem  Vorangehenden  verbundene  Complenient  oder  Agens 
die  Zeichen  des  Casus.  Auch  verbindet  hu  das  letzte  Glied 
einer  Citation  mit  dem  regierenden  Verb. 

Im  Gerundiv,  Infinitiv  und  Supinum  wird  das  Dativzeichen 
hna  durch  die  Conjunctiv-Partikel  sau  dem  Futur  in  an  zu- 
gefügt (pru-an-sau-hna,  um  zu  thun),  oder  alo  (wünschen)  mit 
him  nach  si,  wie  pru  si  alo  hiicn,  um  zu  thun,  oder  lo  mit  hna, 
wie  pru-lo-hna  (um  zu  thun),  oder  die  Postpositionen  kraun, 
po,  bo  werden  der  Wurzel  verbunden,  wie  pru-kraun  (pru 
po,  pru  bo),  um  zu  thun.  Das  Affix  lu,  der  Wurzel  ver- 
bunden, bezeichnet  ein  nahes  Futurum  des  Infinitiv,  sva-lu, 
im  Begrifi'  zu  gehen.  Durch  aun  (damit)  wird  Conjunctiv  und 
Infinitiv  ausgedrückt,  mit  vorhergehendem  ra  bildet  es  ein 
künftiges  Conjunctiv  des  Infinitiv,  pru-aun  (damit  ich  thue), 
pru-ra-aun  (damit  ich  in  Zukunft  thue).  Ebenso  rau  als  Affix 
des  unbestimmten  Particip    wird    durch    rue,    sa-praeen    und 


128  Zweites    Kapitel. 

andere  Affixe  ausgedrückt.  Das  Affix  sa-praeen  hehiilt  oft 
den  Sinn  von  „durch".  Auch  mit  den  Ablativzeichen  hma 
und  ka  wird  das  unbestimmte  Particip  ausgedrückt,  svä-hraa 
(im  Gehen,  gegangen  seiend).  Um  deutlicher  das  A'ergangene 
Particip  zu  bezeichnen,  wird  hma  dem  Zeichen  der  Vergangen- 
heit prih  zugefügt,  pru-prih-hma  (gethan  habend). 

Das  bestimmte  Particip-Präsens  wird  durch  das  Komi- 
nativzeichen  ka  gebildet,  in  unmittelbarer  Zufügung  zum 
Verbnm  oder  mittels  einer  conjunctiven  Partikel  (eine  Dauer 
der  Handlung  ausdrückend),  svä-ka,  während  des  Gehens. 

Die  Affixe  hlyan  und  lyak  werden  mit  dem  Verbum  eines 
Nebensatzes  verwandt,  um  die  Participien  des  Präsens  und 
der  Vergangenheit  auszudrücken  (subjunctivisch  durch  wenn). 
Mit  dem  Hülfsverb  ra  bilden  sie  das  Conditional  pru-hlyan, 
wenn  ich  thue.  Ebenso  das  Affix  sau  (dem  die  Partikeln  lat, 
lap,  la  vorhergehen  können),  das  noch  eine  Fortdauer  der 
Handlung  zufügt,  desgleichen  rän,  mu-kä,  li. 

Die  Affixe  kan  und  ba  oder  pa  werden  dem  Präsens  oder 
der  Vergangenheit  eines  negativen  Verbums  verbunden,  um 
„bevor"  auszudrücken:  ma  ca  ba ,  svä-si,  er  ging  vor  dem 
Essen.  Mitunter  folgt  ihm  hneik.  Das  dem  kan  entsprechende 
kjaen  verlangt  Wiederholung  des  ma.  Das  mit  einem  negativen 
Verbuni,  um  „bevor"  auszudrücken,  verbundene  hmi  oder  mi 
kann  von  Verbalendungen  gefolgt  sein.  Das  zusammengesetzte 
Affix  mo-tonh  negirt  das  Verb  gleichfalls. 

Als  Affixe  des  Imperativ  werden  laii  und  lau  oder  lau 
gebraucht,  ebenso  kran,  dann  hin  (li),  hlan-lan. 

AVie  durch  die  Temporalzeichen  kye,  pe,  le,  kae,  wird 
der  Imperativ  durch  die  Affixe  pa,  laik,  u  bezeichnet,  oder 
durch  die  Affixe  rau,  rit,  si  (nach  den  Kangstufen,  oft  in 
Verbindungen),  sowie  durch  cam,  nau  u.  s.  w.  Die  erste 
Person  Plural  des  Imjjerativ  wird  in  der  Schrift  durch  das 
Futurzeichen  an  ausgedrückt,  beim  Sprechen  durch  das  Affix 
CO  oder  cö  und  co-i.  Die  dritte  Person  Singular  und  Plural 
im  Imperativ  wird  bezeichnet  durch  Zufügung  der  Causal- 
wurzel  ca,  dem  Zeichen  pa  (oder  le-ca),  auch,  indem  ce-ka-lo 
der  Wurzel  zugefügt  wird.  In  der  Negation  des  Imperativ 
o-eht  die  Partikel  ma  der  Wurzel  vorher,  auch  mit  hnaii  luul 
lau,  sowie  pa   und  u  (ma-pruh,  thue  nicht). 

Zur    Frage    dienen    die    Fragepartikeln    lau,    la    (directe 


Das  Birmanische.  129 

Frage),  ni ,  le  (inilirecte  Frage),  lai'i,  la,  can,  cani,  oft  mit  den 
Conjunctivpartikeln  si  oder  sa  eingefügt.  Ma  pru  lau,  hat  er 
es  nicht  gethan  ?  Bu  ändert  sich  (als  Zeichen  der  Vergangen- 
heit) in  bih  (vor  den  Fragepartikeln).  Im  Futur  werden  die 
Formen  auf  mi  (an-mi,  ra-nii,  ra-an-mi,  leim-mi,  ra-leim-mi) 
gebraucht  (sva-mi-la,  werdet  ihr  gehen?).  Als  Umschreibung 
dient  na  pru  si  ma  hat  lau  (that  ich  es  nicht?)  und  Aehnliches. 
Die  Fragepartikeln  la  und  le,  ebenso  wie  m,  werden  oll  mit 
bay  (wer,  was)  verwandt,  und  dem  Compositum  bhaej-nhaej 
(wie),  z.  B.  bay-su-la,  wer  ist  es?  Auch  ))edient  man  sich 
dabei  der  Frngepartikel  tun):  ba  co  san  tuni,  was  sagt  ihr? 
Zuweilen  setzt  man  pakyim  (a  Compound  of  pa,  an  abbreviation 
of  bay  and  kyim,  a  combination  of  the  euphonic  affix  kye 
with  the  futnre  affix  am)  voi"  die  Fragepartikel  nän  (ni).  Nau 
lievoiwoitet  in  der  Frage  eine  captatio  benevolentiae,  su  svä 
san  nau,  er  möchte  doch  wol  gehen  können? 

Für  das  Passiv  dienen  die  Hülfsverba  prac  (pyit)  und  rlii 
(sein  luid  werden)  na-ce-rhi  (shi)  pyit  si  (werden);  na-ze-si 
prit-si,  ich  1)in  gesandt.  Doch  werden  auch  active  oder  neutrale 
Verba  als  Passive  verwandt:  co-kae  pyit  sau  cakd,  die  ge- 
sprochenen Worte.  Die  Affixe  ca-ra,  ran  oder  ran,  pvay  oder 
bvay,  capvay,  mo  oder  mö  mögen  den  Infinitiv  passiv  aus- 
drücken, wie  pru-cara,  gemacht  sein. 

Das  Affix  sa-tat,  dem  Verb  verbunden,  tlriickt  eine  V'er- 
muthung  aus,  das  Affix  hau  eine  Wahrscheinlichkeit  (präsent 
oder  vergangen),  ebenso  rop-nan. 

Das  Affix  cauk  bezeichnet  den  Potential.  Mit  kann  wird 
der  C'onjunctiv  ausgedrückt.  Pru-kraun-si:  er  möchte  es  thun. 
Aus  Anhängung  von  hnein  entsteht  der  Potential,  pru-hnein- 
si,  ich  könnte  es  thun.  Aehnlich  wirken  die  Wurzeln  pran 
(zurückkehren),  leik  (begleiten)  u.  s.  w. 

Der  Optativ  bildet  sich  durch  Zutritt  von  kyin  (kjaen) 
oder  lo  (wünschen)  zur  Wurzel.  Aehnlich  verwendet  man  die 
Wurzeln  wun  (wagen),  mi  oder  hmi  (erwarten),  ra  (erlangen), 
kak  (ket),-  schwierig  sein,  Ivay  (hiae),  leicht  sein,  ce  (schicken), 
saeu  (übereinkommen),  theik  (würdig  sein),  ne  (bleiben),  ap 
(passend  sein),  tat  (wissen),'  cu  (sammeln),  myä  (viel  sein), 
nih  (wenig  sein),  mrän  (schmecken).  Die  Wiuzel  mrae  (w ähren) 
l)ezeichnet  einen  Gebrauch,  die  Wurzel  rit  (berauscht  sein), 
zurückbleiben  (pru  rit  si,  er  that  es  zurückbleibend). 

Bastian,  Studien.  'i 


130  Zweites  Kapitel. 

Mit  krän  oder  kren  (als  iiarticipialisclies  Affix)  bilden  sich  Substantive 
aus  Verben,  wie: 

kay-kren,  das  Retten  (kay,  retten)    uder  die  Eettung  (salvatio),  gebildet  wie 
Leitung   (von   leiten),   Deutung   (von    deuten),    während   in  andern 
Fällen  selbständige  Substantive  neben  den  Verben  stoben: 
Sebrcck:  krauk  kren  (krauk,  erschrecken),  fright, 
Furcht:  krouk-kren  (krouk,  fürchten),  fear, 
Hass:  niunta-kren  (niun-ta,  hassen);  ferner: 
ca-kren,  das  Essen  (ca  oder  essen), 
kain-kren,  Festigkeit, 
hla-kren,  Schönheit, 
krua-kren,  Gang, 
eip-kreii,  Sclilaf, 
ee-kren,  Sendung. 
Akyan-kyan-cä-krän,  Mahlesgenieinsauikeit  (Zusammenessen  in  a  Mess)  oder 

Bandesmahl, 
pri-pri-la-krän,  vorsichtiges  Annähern, 
eip-prau-rue-ne-krän,  dauernd  tiefer  Schlaf. 

Aus  Verbindung  von  kjaek  (Ding)  mit  Wurzeln  bilden  sich  Zus.tmnien- 
setzungen,  wie: 

CO  kjaek,  der  Unterhaltungsgegenstand, 
pru-kjaek,  das  Gemachte. 

Aus  ra  (ara,  der  Stoff): 
C£-ra,  Kssenssachen  (Speise)  oder  das  Gegessene, 
aip-ra,  das  Bett  (Schlafgegenstände  oder  bedding). 

Aus  cara  (unter  den  Affixen) : 
cä-cara,  Essenssachen  (das  zum  Essen  Bestimmte)  oder  Provisionen, 
svä-cara,  die  Gehenssache  (der  Grund  des  Gehens)  oder  der  Reisezweck, 
nä-cara,  das  Hör-Object, 
tä-eara,  eine  Stellung  (zum  Stellen  Bestimmtes). 

Aus  ran  (Affix) : 
cä-ran,  essbar, 
pe-ran,  mittheilbar  (um  gegeben  zu  werden). 

Im  Birmanischen  können  alle  solche  bestimmte  Bedeutungen  präcisiren- 
den  Aflixe  mit  ausnahmsloser  Regelmässigkeit  durchgängig  verwandt  werden, 
wogegen  Sprachen,  in  denen  vielfache  Mischungen  eingetreten  sind,  aus  diesen 
für  die  jedesmaligen  Fälle  auswählen,  und  deshalb  scheinbar  oft  willkürlich 
wechseln. 

Hmya    verbindet    sich    mit   Verben,    die    das    Accusativ- 
zeichen  (ko)  annehmen: 

na-kau-san-ko-hmya  maen  ma  L^i  lo,  obwol  ich  gerufen,  komiubl 
du  nicht,  oder  wie  viel  ich  auch  rufe  (mein  Rufen,  so 
viel  es  auch  ist);  so  viel  mein  Kufen  (in  Betreft' meines 
Uufens),  du  kommst  nicht. 
Das  Verbalaffix  sau-län  drik-kt  „obgleich"  aus: 


Das  Birmanische.  131 

svä-sau'-län,  obwol  er  gegangen  sei, 

svä  sau'-lcin,  obwol  es  so  sei  (trotz  dessen). 

Sau'  drückt  „wenn"  aus  (svä-sau',  wenn  er  geht)  oder 
gibt  dem  Verbum  eine  subjective  Färbung,  er  ginge,  (im  Falle) 
er  ginge,  ebenso  auch  län,  das  sich  an  lan,  verändern,  an- 
schliesst,  dann  „und"  oder  „auch"  ausdrückt,  sodass  sau'  lau 
dem  „wenn  auch"  (obgleich)  entspricht.  Der  Imperativgebrauch 
bei  lau  ist  ähnlich,  „gehe",  „mögest  du  gehen".  Dann  fragt 
es  durch  Einleitung  einer  Fortsetzung.  Bay-nay-lan  (was 
ist's?),  was  Ding  und  (was  weiter)? 

Die  Respectformen  des  Imperativ  und  Precativ  sind  zahl- 
reich (positiv  sowol  wie  negativ). 

Die  Fi'ageformen  des  Verbums  werden  mit  den  verschie- 
denen Personen  verwandt,  und  die  Sentenz  ist  oft  eine  zu- 
sammengesetzte, indem  auf  die  Aftirmation  noch  die  negativi- 
sche Frage  folgt: 

na  svä  pri,  ma  hut  lau,  ich  bin  gegangen,   nicht  wahr?  (ging 
ich  nicht?)  besonders  bei  erster  Person. 

Das  Passiv  wird  durch  die  Ilülfszeitwörter  prac  (pyit) 
und  rhi  (sein,  werden)  ausgedrückt  (wie  na-ca-san  prac-san, 
ich  bin  gesandt  worden),  aber  man  verwendet  auch  active  oder 
neutrale  Verben  im  passiven  Sinne,  wie  co-ka  pri  sau  cakä, 
die  Worte,  die  gesagt  sind  (dictus  sermo),  co  lattan  si  cakä, 
dicturus  sermo  (die  zu  sagenden  Worte). 

Das  Affix  hau  drückt  eine  Möglichkeit  aus,  pru-han  (wahr- 
scheinlich gethan  habend  oder  wahrscheinlich  thuend),  und 
ebenso  rop-nan,  das  Affix  cauk  einen  Potentialis,  svä-cauk  (ei- 
kann  gehen). 

Mit  hnein  (oder  können)  wird  der  Potentialis  gebildet: 
pru-hnein  si  (ich  kann  thun  oder  ich  bin  befähigt  zu  thun). 
Kaün  gibt  subjunctivische  Bedeutung,  pru-kaün-si,  er  könnte 
thun  oder  er  thut  wahrscheinlich.  Die  Wurzel  pran  ist  itera- 
tivisch, pru-tau-mu  pran  leih,  er  thut  es  von  neuem  (wieder- 
kehren und  thun),  leh  ko  kain  taumu  pran  rue,  arcum  iterum 
prehendere. 

Aehnlich  wird  die  Wurzel  leik  (begleiten  oder  folgen) 
u.  a.  m.  verwandt.  Durch  kyan  oder  lo  wird  der  Optativ  ge- 
bildet, pru-kyan-si,  ich  wünsche  zu  thun  (ich  möchte  thun), 
durch   mra   (dauern)   ein   Brauch,  pru-mra,  gewohnt  zu  thun, 

9* 


132  Zweites  Kapitel. 

durch  rac  (rit),  verschlingen,  ein  üebrigbleiben  (im  Rückstände 
bleiben)  na-rit-si. 

Aehnlich  werden  gebraucht  wun  (wagen),  mi  (erwarten), 
ra  (erhalten),  kak  (ket),  schwierig  sein,  Ivay  (luä),  leicht  sein, 
ca  (schicken),  säen  (übereinstimmen),  taik  (würdig  sein),  na 
(bleiben),  ap  (passend  sein),  tat  (wissen),  myah  (viel  sein), 
nih  (wenig  sein). 

Der  Causativ  wird  durch  die  Zufügung  von  ca  (schicken) 
gebildet,  wie  pru-ca-si  (ich  lasse  thun  oder  ich  veranlasse  zu 
thun).  Die  Partikel  ceim  (ci-an)  fügt  sich  dem  Futurum- 
zeichen zu  (als  causativ),  pru-ceim-mi,  ich  würde  thun  lassen 
(ebenso  der  Infin.  caus.). 

Di's  racineü  actives  poiir  devenir  passives  ou  neutre  cliangeiit  fit-ciiiem. 
nient  leiir  initiale  aspiree  en  une  iion-aspiree  (et  rinsertion  d'iiii  li  reinplace 
l'aspiratioii  poiir  les  consonnes,  qui  n'ont  pas  d'aspirees,  qiii  leiir  lepoiideiU, 
c'est-a-dire  poiir  les  nasales  et  les  tlenii-voyelles).  Oiitre  les  nioditicatioiis 
en  actifs,  passifs  oii  neutrcs  les  racines  aspirees  et  non-aspirees  se  distins^iicnt 
aiissi  quelquefüis  par  d'autres  moditieations  de  signification,  laiidis  qiie  au 
contraire,  quelques-unes  d'entre  elles  ont  le  meme  sens.  —  Dieser  Uebergang 
der  aetiven  Wurzeln  in  passivische  oder  neutrale  (intransitive  Wrha  als 
transitive)  ist  ein  häufiger, 
kya,  fallen, 

kya,  werfen  (fällen),  kya-ya-sie  (zu  Fall  kommen), 
pyek,  zerstört  sein, 
pyek,  zerstören, 
pri,  beendet  sein, 
^jri,  beenden, 

krauk,  fürchten,  krauk-priet-sie  (erschreckt  sein)  mit  priet  (sein), 
krank,  erschrecken  (khyauk),  khrauk-ya-sie  (erschreckt  sein)  mit  ya  oder  ra 

(erlangen), 
Iwat,  frei  sein, 
Iwat,  befreien, 
neip,  bedrückt  sein, 
hneip,  bedrücken. 

Lvut-zae-sie  (befreien)  entspricht  fvon  Ivut-sie  oder  frei  sein)  dem  lilvut- 
sie  (frei  machen).    Als  Precativ  gibt  zae  den   Sinn  euphonischer  Affixe,  wie 
phiet-pa-zae,  lass  es  drum  sein. 
7iyat-si,  niedergebogen  sein, 

Imyat-si,  niedergebeugt  sein  (beugen  und  biegen), 
kya,  verschieden  sein  (getrennt  sein), 
kya,  verschieden   machen   (trennen), 
kvren,  zurückbleiben, 
kvren,  zurücklassen, 
na,  vertheilt  sein, 
hna,  vertheilen, 


Das  Birmanische.  133 

zut,  zerrissen  sein, 

ziit,  zerreissen, 

nit,   versunken  sein, 

liiiit,  versinken, 

liit,  zittern  (sich  schütteln), 

hlut,  schütteln. 

Durch  Affigiriing  von  za  (verursachen)  kann  aus  jedem  iutransitiven  Ver- 
bum  ein  transitives  Vcrbum  gebildet  werden  (zae  oder  Befehl): 
si,  wissen, 

si-za,  wissen  lassen  (unterrichten), 
nieim,  ruhig  sein, 
nieim-za,  beruhigen, 
san-rhin,  rein   sein, 
san-rhin-za,  reinigen, 
caka-pyau,  reden, 
caka-pyau-za,  reden  machen. 

Audi  khan  tritt  ein: 
cit  (fechten),  cit-khan  (angegriffen  werden),  gat  (fächern),  gat-khan  (gefächert 

werden), 
].yet-ya-sie  (belebt  sein)  von  ya  (erlangen)  oder  ra. 

Lyak  (liet^)  und  lilyan  (hlien)  haben  participialische  Be- 
deutung, als  er  ging  (gehend)  oder:  obgleich  er  ging,  (indem) 
ass  er,  ,,Obwol"  wird  bestimmt  durch  sau'-län  ausgedrückt. 
Na  sva  hlyan  bedeutet  ,, sollte  ich  gehen",  na  svä  pri  hlyan, 
sollte  ich  gegangen  sein,  während  der  darin  implicirte  Futur- 
begrifi'  bei  lyak  (liet)  wegfällt,  na  ahma  atein  pvn  lyak,  wenn 
er  meinen  Befehlen  gemäss  handelt  (meiner  Befehle  Mass  thun 
wenn).  Pru-lyak  bezeichnet  ein  verlängertes  (ausgezogenes) 
thun  (thuun)  und  kann,  je  nach  den  Nebensätzen,  als  ,, während 
er  thut"  oder  „nachdem  er  gethau"  (als  thuend  oder  gethan 
habend)  wiedergegeben  werden.  Hlyan,  während  (svä  hlyan, 
gehend),  unterscheidet  sich  von  dem  Sinn  der  Vergangenheit 
in  hlyan  (svä  hlyan,  gegangen  seiend),  das  zugleich  das  Be- 
dingte ausdrücken  mag  (wenn  er  geht  oder  ging).  Su  sva 
pri  hlin,  sollte  er  gegangen  sein. 

Lyak  (lyet)  als  Affix  der  Dauer,  tayauk  ti  ne  lyet  di,  er  bleibt 
gewöhnlich. 


')  Liet  (liek)  ist  licken  oder  lecken  (onomatopoetisch),  an  dessen  Stelle 
im  Englischen  (aus  dem  Lateinischen)  suck  getreten  ist,  gleichfalls  die 
Lippenstellung  bezeichnend,  während  die  ursprüngliche  noch  dem  Flüssigen 
(liquid  und  liquidus)  verblieb. 


]34  Zweites  Kapitel. 

lyak  (lyet),  nU  Affix  der  Bedingung,  na  svä  hnein  lyet,  wenn 
ich  gehen  könnte, 
„         „         „        „     der  Vergangenlicit,  svä-lyet,  nachdem  er 
o,'e<Tani>;en  war. 

Ann  bezeichnet  „dass"  oder  „um  zu"  (erfüllen),  se-aun- 
svä-si,  er  ging,  sodass  er  starb  (um  zu  sterben),  das  Sterben 
ausführend,  ging  er. 

Die  Zufügung  von  ra  zum  Futurzeichen  bezeichnet  meist 
eine  Nothwendigkeit,  wie  svä-ra-mi  kraiin  ko  ma  si,  ich  weiss 
nicht,  w^arum  ich  gehen  sollte  (den  Grund  des  Gehenmüssens), 
Gehen-müssen-werdens  Grund  (causam  im  Accusativ)  nicht 
wissen  (ich).  Kraun  aus  kraün  (von  akraun  oder  Ursache) 
abgeschwächt,  nimmt  die  Bedeutung  „weil"  an.  Vergangen- 
heit bezeichnet  pru-kae-si,  er  hat  soeben  gemacht. 

Durch  Zusatz  von  pri  (vollendet)  zu  den  fünf  Arten  des 
Perfectums  und  zur  einfachen  A\  urzel  werden  neun  i\.rten  des 
Plusquamperfectums  gebildet.  Auch  werden  die  Partikeln  hnan 
und  lan  zwischen  der  Wurzel  und  pri  eingeschoben  (sva-  oder 
hnan-pri  oder  sva-lan-pri),  Avie  sie  mit  mi  das  Futurum  ex- 
actum  bilden  (svä  hnan-man  (mi)  oder  svä  lan-mi,  er  wird 
gegangen  sein). 

Die  Partikel  rwe  bildet  mit  dem  Präsens  und  Perfectum 
participialische  Formen,  wie  tain  rwe-re-si,  sitzend  schrieb  er. 
Ln  bezeichnet  ein  nahes  Futurum,  wie  svä  lu  ni  pr|,  auf  dem 
Punkt  sein,  zu  gehen. 

Um  das  Gerundium,  den  Infinitiv  oder  das  Supinum  aus- 
zudrücken, verbindet  man  hna  (als  Dativzeichen)  mit  dem 
Futurum  (an)  und  der  conjunctiven  Partikel  sau,  wie  pru-an- 
sau-hna,  um  zu  machen  (saen-an-sau-hna,  um  zu  lernen),  oder 
lässt  alo  (Wunsch)  folgen,  wie  pru-si-alo-hna  (zum  Thuens 
Wunsch),  auch  pru-lo-hna.  Ferner  dienen  die  Postpositionen 
kraim  und  hpö  für  „zu"  (pru-kraün  oder  pru-hpö,  zu  thun). 
Ohne  weitere  Bezeichnung  kann  das  Verbum  zum  Ausdruck 
des  Infinitivs  und  Gerundiums  unmittelbar  verbunden  werden, 
piu-ra-mi  kraun  ko  ma  si  (faciendi  rationem  nescio,  im  Ge- 
nitivverhältniss).  Die  Affixe  hlyan  und  lyak  bedingen  eine 
conjunctivische  Zusammensetzung,  wie  pru  hly:n,i,  wenn  ich 
thäte.  Das  Affix  aun  (um  zu)  drückt  den  Conjmictiv  und 
Infinitiv  aus,  pru-aun  (damit  ich  thue  oder  um  zu  thun),  und 
mit   IM   als  zukünftig,    ])i'u-ra-aun    (um   es   einst    zu   thun    oder 


Das  Biniiaiiiselie.  135 

ilaniit  ich  erlange,  es  tliuii  zu  können).  Das  unbestimmte 
Particip  (Präsens  oder  Perfect)  wird  durch  rwe  bezeichnet 
oder  diu'ch  die  Ablativzeichen  hma  und  ka,  pru-hma  (thuend, 
gethan  habend),  svä-ka  (gehend,  im  Gehen),  auch  mit  Zufügung 
von  pri,  um  bestimmter  die  Vergangenheit  auszudrücken,  pru- 
pri-hma  (gethan  habend).  Das  gegenwärtige  Particip  wird 
durch  kä  präcisirt  (in  der  Dauer),  svä  ka,  gehend  (während 
des  Gehens). 

Das  Affix  (san)  si  (das  Zeichen  des  Infinitiv  ebenso  wol 
wie  das  des  Nominativ)  verwandelt  Adjective  in  Verba,  kaun- 
si  (gut  sein).  Die  Bedeutung  von  si  ist  ,,dies",  „hier",  und 
zunächst  der  auf  dem  Fleck  eingeschlagene  Pfosten,  dort 
fixirt.  Es  ertheilt  also  den  Wörtern  eine  Kealität  ihrer  Be- 
deutung, wodurch  dieselbe  als  solche  fortdauert,  ohne  weitere 
Abhängigkeit.  Das  Gute,  das  sich  in  kaun  mit  verschiedenen 
Worten  adjectivisch  verbinden  kann,  erhält  durch  si  eine 
selbständige  Existenz  im  Gut-sein.  Mit  Pronomina  verbunden 
driickt  si  das  Präsens  aus,  wie  pri  ^)  (vollendet)  das  Perfectum 
und  an  (Verwunderung  oder  noch  zweifelnde  Ungewissheit 
einschlicssend)  oder  mi"-^)  das'  Futurum.  Nur  im  Imperativ 
(und  zuweilen  in  der  Negation)  fehlen  die  Bestimmungspar- 
tikeln (der  Zeit),  die  sonst  ans  Ende  des  gesammten  A^erbal- 
ausdrucks  treten  (als  si,  pri,  mi).  In  Abkürzung  können  zwei 
Verba  direct  folgen,  prau  la  si  (statt  prau  mi  la  si),  er  kommt, 
um  zu  reden,  ähnlich  wie:  er  hat  es  nicht  thun  dürfen,  statt 
„gedurft",  er  hat  arbeiten  helfen,  statt  „geholfen". 

Zu   den  Affixen,   die   den   Sinn   von  Präpositionen,  Con- 


^)  The  asseiitive  afiixes  of  teuse,  ca  pri  an  man  und  latan,  occasionally 
lose  their  assertive  power  and  become  auxiliary  to  a  continuative,  participial 
or  siniply  assertive  affix,  in  which  case  pr|  becomes  pri  (Judson) ;  pr[  (past) 
is  sometimes   future. 

-)  One  of  the  affixes  of  the  future  tense  is  „man"  (mi)  pronounced, 
and  often  fuund  written  „may",  and  whioh  there  is  no  doubt,  is  a  dialectie 
variety  of  „nia"  to  be  without,  bc  cleticient  in  (Latter),  a  boy,  that  will  be 
good  or  is  going  to  be  good,  is  evidently  not  a  good  boy.  —  Tandis  que 
le  verbe  etre  munque  a  plus  d'un  idiome,  qui  se  contente  de  le  sous-entendre, 
les  anciens  Aryas  possedaient  deux  racines  distinctes,  as  et  bhü,  l'une  pour 
l'etre  abstrait,  et  faisant  fonetion  de  copule,  l'autre  pour  l'etre  concret,  reel, 
qui  devient  et  snbsiste  (Pietet).  Aehnlich  san  (si)  und  prac  (pyit)  im 
Birmanischen. 


I^f)  Zweites^  Kapitel. 

jiiiu-tionen,  Adverbien  ausdrücken  oder  die  als  Interjeetionen. 
als  expletive  und  cuphonetisehe  Partikeln  gebraiulit  werden, 
gehören  ebenso  (in  den  monosyllabisehen  Sprachen)  die  Affixe 
oder  Postpositionen  der  Verba  und  Substantiva  als  unter  die 
Indeclinabeln  fallend. 

Das  Verbalaffix  can  (A"ersehicdeu  sein,  sich  unterscheiden 
von  andern)  gibt  kri-can-kri-san ,  nur  gross  ist  er  (nichts 
anders),  durch  sein  Grosssein  (als  Merkmal)  unterschieden, 
ist  er  gross. 

Das  Verbalaffix  tuin  verbindet  sich  mit  der  Wurzel,  um 
tvan  zuzufügen,  si-tuin-tvan  (während  er  war). 

Das  Verbalaffix  nuii  (als  Hülfszeitwort  row ,  genügen, 
genug  sein)  bezeichnet  „kaum",  Ivat-ruiu-si-si,  er  ist  kaum 
(nur  soeben)  entschlüpft  (il  ne  fait  que  d'echapper),  und  ähn- 
lich liegt  in  „kaum"  eine  Zusammenziehung  aus  kommen,  nach 
der  französischen  Constructionsweise,  il  vient  de. 

Die  Partikel  ka  wird  verwandt  in  Wiederholuno-,  um  die 
Bezeichnung  zw^eier  Sätze  genauer  zu  bestimmen  ({xsv-Ss),  mra 
a-praiii  hnok  (hneik)  ka  (auf  der  Erde  freilich)  sieht  man  — 
(quidem),  ra-tac  hneik  ka  (im  Wasser  dagegen)  sieht  man 
nicht  —  (autem). 

Li]  (lä)  yauk  tu  tvan  ta-yauk  ka  hla  samä ,  ta  yauk  ka 
gyup  samä,  tayauk  ka  kagra  san,  von  diesen  vier  ist  der  eine 
(zwar)  ein  Schiffer,  der  andere  (aber)  ein  Schneider,  der  andere 
ein  Träger  u.  s.  w.  Das  Affix  anih  (Aehnlichkeit  oder  Ueber- 
einstinnnung  bezeichnend)  wird  von  der  AVurzel  ni  hergeleitet. 

Wird  ein  substantivisch  gebrauchtes  Verbum  durch  ili 
einem  mit  ä  beginnenden  Substantiv  verbunden,  so  tritt  eine 
Zusammenziehung  ein,  aus  svä-si-j-a  ka  wird  sva-ka  (die 
(rehenszeit  oder  Zeit  zum  Gehen),  aus  na-san-i-a  ci  ward  na 
ci  (während  des  Bleibens  oder  die  Bleibedauer),  aus  pyau-si- 
i-aca  wird  pyau-ca  (zum  Sprechen  beginnend  oder  der  Rede 
Beginn). 

Gegenseitigkeit  wird  im  Birmanischen  ausgedrückt,  indem 
das  Verbum  im  Plural  mit  dem  Nominativ  im  Singular  cor- 
respondirt,  als  ta-youk  go  ta-youk  twe  kya  byi,  mit  dem  einen 
der  eine  treft'en  (trifft)  sich  (sie  treffen  sich  einander). 

Die  Substantive  zeigen  sich  als  Participien  im  Birmanischen 
durch  ihre  Nominalform  mit  san,  dessen  Zufügung  übcrliaui)t 
oft  da'?  Nomen  bildet,  denn  si  (san)  vertritt  „die  Substantivirung 


Das   Birniaiiisclic.  1,')7 

des  Vcrbums"  (s.  Grimm)  als  Infinitiv  und  die  Bezeichnung 
des  Veil)ums  in  seiner  Grundform  als  Particip,  das  dann  weiter 
duieh  Zufügung  von  bestimmenden  Hülfszeitwörteru  und  der 
jedesmaligen  Personen  unter  Fortführung  des  si  auch  in  der 
Declination  (also  participialisch)  conjugirt  wird,  während  bei 
der  Declination  die  Form  des  Nominativ  in  den  übrigen  Casus 
durch  die  für  die  letztern  charakteristische  ersetzt  wird.  Dem 
Sinn  der  Sprachen  selbst  ist  es  freilich  noch  angemessener, 
die  indifferente  Grundform  des  Nomen  und  Verbum  (eines 
Infinitivums  in  den  Artikelsprachen  oder  participialischer  Form 
bei  Flexionen)  als  das  zuerst  mit  si  gebildete  Nomen  ^)  zu 
verstehen,  zu  dem  in  verschiedene  Beziehung  gesetzt,  der 
Sprecher  diese  jedesmal  durch  einen  neuen  Casusfall  ausdrückt 
und  also  zu  decliniren  beginnt,  während  er  dann,  bei  der 
Nothwendigkeit,  Verbalbeziehungen  zu  markiren,  diese  durch 
Verbindungen  von  Pronomina  und  Ilülfswörtern  neben  der 
unveränderten  Hauptform  abwandelt.  Sind  allmählich  durch 
den  Sprachgebrauch  gewisse  Worte  in  fiist  ausschliesslich 
adjectivische  Verwendung  übergegangen,  so  bedürfen  sie  erst 
das  vorgesetzte  a,  um  wieder  zu  einem  Substantiv  erhoben  zu 
werden.  Pru  (machen)  wird  als  pru-si  mit  den  Pronomina 
verbunden  (ich  mache,  du  machst,  er  macht)  und  als  pru-si-ko 
(das  Machen),  pru-si-tuaen  (im  Machen)  declinirt.  Die  Chi- 
nesen bilden  das  Particip  mit  tsche. 

Im  Plural  wird  der  Verbalwurzel  kra  (kya),  kun  oder 
kya-kun  zugefügt,  wie  na-to-sva-kya-si  (svä-kun-si  oder  svä- 
kya-kun-si),  wir  gehen. 

Auf  früher  gebräuchlichen  Dual  könnte  die  Frageform 
mit  hnac  (hnit)  oder  bcihnay  deuten:  In  ba  hnit  rauk  rhi  si 
la?  wie  viel  Menschen  sind  da?  oder  Menschen,  wie  viel  zwei 
männliche  (wie  viel  Paare)  sind  da?  Ba  bewahrt  in  der  Frage 
iiiit  la  (konnn)  als  Fragezeichen  verbunden,  (tamaii  ca  pri  la, 
Kochreis  oder  Gerichte,  Essen  vollendet?  oder  hast  du  Koch- 


')  In  den  Sahaptin-Sprachen  kann  fast  jeder  Redetheil  durchconjugirt 
worden:  „Mann",  ich  bin  ein  Mann,  du  bist  ein  Mann  u.  s.  w.,  „über",  icb 
bin  darüber,  du  bist  darüber,  u.  s.  w.  (s.  Waitz).  Die  meisten  der  tata- 
rischen Sprachen  sind  mit  Conjunctionen  explicite  spärlich  bedacht,  aber 
reich  an  Gerundien,  die  manche  Conjunction  virtuell  enthalten  und  folglich 
explicite  entbehrlich  machen  (Schott). 


X38  Zweites  Kapitel. 

reis  gegessen?),  seine  Bedeutung  des  Masses  (Meusehen  Masse 
paarweise  ist?),  und  ebenso  in  der  Bedeutung  „ohne",  her- 
genommen von  ba-taun  (taun  oder  Elle),  als  die  Seite  des 
Thicrs  bezeichnend,  die  an  Farbe  von  dem  übrigen  Körper 
verschieden  ist  und  deshalb  nicht  mit  gemessen  oder  allein 
gemessen  wird.  Ba-ron  ist  die  vergoldete  Franse  am  Kleide 
oder  das  herum  (im  Umkreis  oder  ron)  Gemessene. 

Zur  Deutlichkeit  fügen  die  Birmanen  ihren  einsilbigen 
Worten  erklärende  und  bestimmende  Synonyma  hinzu  und  m 
bilden  zusammengesetzte  Begriffe  in  Wortcompositionen,  wie  ^ 
wa-pan-ci-maiu-tuiii-pwa  (vertheilen-unterscheiden,  ordnen,  aus- 
breiten-verknüpfen -binden  oder)  ausfuhren  (vollenden  oder 
machen),  d.  h.  etwas  thun,  indem  man  verthcilt,  unterscheidet, 
ordnet,  vergleicht,  zusammenknüpft  imd  festbindet,  was  auch 
nur  durch  ci-main  ausgedrückt  werden  kann  (im  ersten  Ftdle 
durch  ein  prägnantes,  alle  Operationen  markirendes  Wort  von 
scciis  Silben,  wie  z.  B.  aus-ein-ander-legen).  Aehnlich  wie 
„sein"  für  sich  existircn  bedeutet,  „haben"  für  sich  besitzen, 
während  in  ihrem  Gebrauch  als  Hülfszeitwörter  diese  Be- 
deutungen als  solche  sich  abschwächen  (wofür  die  Spanier  die 
doppelten  Formen  estar  und  sei-,  haber  und  teuer  bewahren), 
so  geht  o  (beginnen)  als  Ilülfszeitwort  (uh  oder  onh)  in  die 
Bedeutung  von  „mehr"  über,  pä-o-man,  er  wird  mehr  geben 
(er  gibt  und  beginnt  von  neuem  zu  geben). 

Causative,  desidcrative  und  ähnliche  Verba  werden  durch 
unmittelbare  Aufnahme  der  hinzugefügten  Bezeichnung  in  den 
Körper  des  Verbum,  durch  Einschluss  in  denselben  gebildet, 
wie  pru-lo-si  (zu  thun  wünschen  oder)  thun-wünschen,  pru 
hnein  si  (thun  können  oder)  thun-könuen,  indem  durch  das  an 
das  Ende  gesetzte  si  beide  einsilbige  Worte  eben  zu  einem 
einzigen  (zweisilbigen)  verschmolzen  w^erden,  ähnlich  wie  die 
Bedeutungen  „ich  würde",  „ich  möchte"  in  den  Conditional- 
oder  Subjunctivformen  der  Flexionssprachen  aufgegangen  sind 
und  sich  oft  durch  etymologische  Analogie  daraus  wieder  ab- 
leiten und  auf  selbständige  Verba  zurückführen  lassen. 

Ma  bezeichnet  die  Negation  des  Verbum  (ma-pru,  nicht 
thun),  auch  mit  Zusatz  von  bij,  wie  ma-svä-bü,  er  geht  nicht 
(ma-svä-ra-l>u,  er  soll  nicht  gehen),  aucli  ma-kaun-bu,  nicht 
gut  (schlecht)  sein,  ma-tu-bü,  nicht  gleich  (verschieden  oder 
ungleich)  sein. 


Das  Biiiniiiiisilie.  139 

In  der  Ivespectt'orni  wird  ina  zwisi'lien  tau  und  um  gesetzt 
(pru-tau-uia-nui,  er  thut  nicht)  oder  luu  wird  (ohne  tau)  direct 
der  negativischen  Wurzel  verbunden  (ma-prue-uui-rue).  Auch 
wird  ma  direct  vor  mu  gestellt,  um  den  Wunsch  des  im 
Verbum  Ausgedrückten  zu  uegiren,  pru-an-sau-nha-ma-mu  (er 
wünscht  nicht  zu  thun). 

Die  Affixe  kan  und  ba  stehen  vor  dem  Präsens  oder  Per- 
f'ect  eines  negativischen  Verbum,  um  etwas  vor  der  Handlung 
Geschehenes  zu  bedeuten,  wie  ma-cä-kan  svä-si,  er  ging  vor 
dem  Essen  (noch  nicht  gegessen  habend,  ging  er),  auch  mit 
Zuf 'i'igung  von  hneik,  ma-cä-kaen-hneik,  ohne  gegessen  zu  haben 
(in  dem  noch  nicht  gegessen  haben),  ebenso  mit  hmi,  ma-cä- 
hmi-svä-si  (vor  dem  Essen  ging  er). 

Die  Negation  bleibt  inuner  direct  mit  dem  Verbum  ver- 
kni'ipft,  sodass  die  bei  unserm  ohne,  kein  u.  s.  w.  (wo  sie  im 
Pronomen,  in  der  Präposition  u.  s.  w.  ausgedrückt  sind)  oft 
entstehenden  Zweideutigkeiten  einer  doppelten  Negation,  die  sich 
unter  bestimmten  Fällen  wieder  aufheben  würde,  vermieden 
M'erdcn.  Abgesehen  von  möglichen  Umschreibungen  konmit 
„ohne"  ^)  im  Birmanischen  immer  zurück  auf  mai-mi  (es  gibt 
nicht),  „keiner"  auf  ma-shi-bi]  (nicht  da  sein).  Ba  heisst  ohne, 
aber  mit  der  Negation  vor  dem  Verbum,  Avie  ma-cä-ba,  ohne 
zu  essen  (nicht  essen  draussen  oder  ausserhalb  des  Essens). 
Die  Wiederholung  der  Negation^)  bu  nach  ma  entspricht  dem 
französischen  ne-pas.  Diese  Substantifs  adverbiformes  (wie 
Nodier  sie  nennt)  fehlten  dem  Altfranzösischen,  wo  non  zur 
Negation  des  Verbum  genügte,  und  bildeten  sich  aus  Substan- 
tiven, point  aus  punctum  (mie  aus  mica)  wie  je  ne  vois  goutte, 
je  n'en  ai  (pas)  trouve  miette,  u.  s.  w.  Pas  (passus)  a  du 
etre  employe  primitivement  pour  les  distances,  les  grandeurs, 
cela  n'est  pas  loin,  pas  grand,  pour  ,,d'un"  pas  „loin",  „d'un" 
pas  „grand",  ebenso  brin  (s.  Ampere).    In  den  venetianischen 


^)  Die  Wurzel  mae,  fehlen  oder  nicht  sein  (ma-si),  drückt  eine  Beraubung 
oder  einen  Mangel  aus.  Lu-mae,  ohne  Menschen,  a-zonh-mae,  endlos.  Nie- 
mand wird  ausgedrückt  durch  ha  hmya  ma,  da  i.st  nicht  einer  (keiner)  oder 
was  (ba?)  viele  (so  viele  als)  nicht?     Gibt's  nicht  einen?    Keinen! 

")  Die  deutsche  Negation,  früher  vorangesetzt  (n'ist  statt  nicht  ist), 
wurde  verstärkt  durch  Wicht  (n' Wicht  oder  nicht),  wie  auch  sonst  (nicht 
ein  Pfifferling). 


140  Zweites  Kapitel. 

und  milanesischen  Dialekten  des  Italischen  wird  punto,  mica 
ähnlich  verwandt,  im  Spanischen  cosa.  Bü  bedeutet  die  ver- 
schiedenen Kürbisarten  1)  (billig  wie  Brombeeren).  Wird  also 
Congruenz  in  der  Erfindung  grammatischer  Verhältnisse,  wie 
sie  bei  der  möglichen  Mannichfaltigkeit  derselben  eine  Sprach- 
verwandtschaft beweisen  sollte,  verlangt,  so  findet  sie  sich 
hier  zwischen  einer  sog.  asynthetischen  und  einer  Flexions- 
sprache. In  avö'j  oder  (dorisch)  olvic.  ('v-ev)  liegt  das  negative 
Präfix  a  (av). 

Eine  beliebte  Verstärkung  der  Negation  bieten  (bei  Hart- 
mann  v.  d.  Aue,  Wolfram,  Gottfried  u.  s.  w.)  die  Wörter 
Brot  und  Ei,  welche  die  allergewöhnlichsten  Lebensmittel  be- 
zeichnen (s.  Zingerle).  Später  trat  bei  Negationen  das  be- 
schränktere ein  Bissen  Brotes,  endlich  das  verblasste  Bissen 
oder  Brösel,  ein  (als  bischen).  Reste  haben  sich  in  den 
sprichwörtlichen  Redensarten  erhalten:  Es  ist  nicht  ein  faules 
Ei  werth,  und:  Man  gibt  nicht  viel  Geldes  um  ein  Ei.  Um 
ein  Ei  und  Butterbrot  weggeben.  Flaum  oder  Feder  ver- 
wendeten auch  die  Lateiner  (flocci  facere,  pendere,  acstimare) 
und  so  das  bei  mittelhochdeutschen  Schriftstellern  häufige 
Haar  (ne  pili  quidem  facere  oder  kein  Haar  achten),  noch 
jetzt  in  der  Volks-  und  Schriftsprache  erhalten  (von  den 
Siamesen  in  demüthiger  Anrede  gebraucht).  Kleine  Münzen 
(Pfennig,  Heller)  steigern  die  Verneinung,  wie  non  assis  facis 
(Catull.).  Weit  verbreitet  und  uralt  ist  die  Verstärkung  der 
Negation  durch  wiht  (enwiht  oder  unwiht)  oder  (bei  Ulfilas) 
vaihts,  auch  mit  niht  verbunden  (ez  ist  niht  ein  wiht);  der- 
artige Negationen  drängten  sich  erst  gegen  Ende  des  12.  Jahr- 
hunderts vor,  frühern  Dichtungen  waren  sie  beinahe  unbekannt. 
Am  zahlreichsten  begegnen  sie  bei  den  höfischen  Dichtern  (s. 
Zingerle).  Bei  den  deutschen  Dichtern  des  13.  Jahrhunderts 
kommen  viele  Versuche  vor,  den  verneinenden  Ausdruck  des 
Satzes  durch  ein  zugefügtes  Bild  zu  heben  (s.  Grimm). 
Ba  bezeichnet  die  linke  Seite  (im  Gegensatz  zu  nya), 
ba-taun  ist  die  in  Farbe  von  dem  übrigen  Körper  diflferirende 


')  „Die  Einheit  genu-iiier,  wertliloser  Naturalien  und  Speisen  benutzten 
die  Diehter  des  Mittelalters  mit  Vorliclie,  um  den  verneinenden  Ausdruek 
des  Satzes  zu  verstärken",  so  Beere,  Buline,  Wicke,  Kichererbse,  Nuss, 
Spi-en,  Spelt,  Stroh   ii.  s.   w.  (s.  Zingerle). 


Das  Birmanische.  141 

Seite   des  Thieres   (also  beim  Fell   nicht   mitgemessen, 
als  die  Ba-Elle  oder  taun  iiud  demnach  ohne), 

ha-rain  (von)  ist  die  vergoldete  Borde  eines  Gewandes  (das 
herum  Gemessene,  ohne  das  Gewand), 

ma  cä  ha  svä-san  (si)  (er  ging  ohne  zn  essen),  die  Nichtessens 
Zeit  durchmessen  habend,  ging  er, 

ma-cä-ba  hneik  (sva  si),  im  Durchmessen  der  Nichtessens  Zeit 
(ging  er), 

ba  ra  (ya)  rhi  (shi)  si  li  (ba  laii  oder  li),  was  ist  es?  (was 
Ding  ist  da,  he?),  links  Ding  ist  da,  so  oder  so  (li, 
ändern  oder  wechseln),  d.  h.  ein  zu  der  (in  verschie- 
dener Hinsicht  Aussergewöhnliches,  als  Un-Kechtes 
inid  Nicht-Gemessenes,  einschliessenden)  ba-Klasse  ge- 
höriges Ding  (ein  ba-Ding)  ist  da  (vor  mir),  wie  sind 
die  veränderlichen  Unterschiede  darin  aufzufassen? 

Ba-Ding  ist  da,  wechselnd  (schillernd  vor  den  Augen). 
Jetzt  bestimme,  welche  unter  den  immer  nicht  fassbaren 
und  verständlichen  Aenderungen  darin  die  richtige 
ist  (also  mit  welchem  Namen  das  Ding  zu  bezeichnen). 

Ba  SU  ma  rhi  (niemand  ist  da),  Persönlichkeit  (su  oder  er) 
ist  nicht  (da). 

Nicht  nur  ist  keine  der  unter  bestimmtem  Namen 
bekannten  Persönlichkeiten  da,  sondern  selbst  keine 
ba-Person  (keine  andere  Persönlichkeit,  die  in  die 
unbestimmte  Ija-Klassc  des  Ungenannten  und  Beson- 
dern fallen  könnte).  Von  allen  fraglichen  Persön- 
lichkeiten (von  allen  Persönlichkeiten,  nach  denen 
man  überhaupt,  auch  ohne  sie  zu  kennen,  fragen  könnte, 
selbst  von  ihnen)  ist  niemand  da  (ba  su  mya  ma 
rhi  pa). 

Mi-si-su-ma-rhi  (das  ist  niemand),  benannte  Persönlichkeit  ist 
nicht  da. 

Eine  Persönlichkeit,  die  (bestimmt  oder  unbestimmt) 
benannt  werden  könnte,  ist  nicht  da  (es  ist  überhaupt 
keine  Persönlichkeit  da  oder  niemand). 

Lu  ba  hnit  yauk  rhi  si  la  (wieviel  Menschen  sind  da),  Men- 
schen, in  wie  viel  Paaren,  sind  sie  da  oder  Menschen  in 
den  zur  (unbestimmten)  ba-Klasse  gehörigen  Paaren 
sind  da,  kommend  (und  gehend),  wie  viele  also  gerade 


]^42  Zweites  Kapitel. 

in   diesem  Augenblick   (aus   dem  steten   Wechsel  des 
Kommens  und  Gehens  herausgenonnnen). 
Ta  yauk  hmya  ma   shi    (ihi),    ein  einziger   (oder  niemand)  ist 
nicht  (kein  einziger);  der  einzige  der  vielen  nicht  ist. 
Ba  hnit,  wie  viel  (wie  viel  zwei). 

Sarek  sih  ba  hnit  Ion,  wie  viel  Mangoes,  indem  immer  in 
Paaren  (doppeltweise  als  rascher  wie  sonst  bei  Dreiern 
oder  Zehnern)  gezählt  wird. 

Man  sieht  Dinge  vor  sich,  die  zu  der  (hier  in  Be- 
zug auf  ihre  Zahl)  unbestimmten  ba-Klasse  gehören, 
und  iiberblickt  sogleich,   dass   es  mehr  als  zwei  sind, 
also  wie  viele? 
Die  Fragepartikel  (hin)  lie  (auch  als  „wenn"  in  conditio- 
nalcn  Scätzen)  drückt  den  Wechsel  oder    eine  Aenderung  aus, 
indem  die  Frage   den   Zweifel   einschliesst,   ob   es   so   oder   so 
sei    (auch    gewöhnlich    mit    der   Negation    wiederholt).     Con- 
tinuation  der  Handlung  wird  durch  lief  (indem  oder  wenn  sie 
das  thun)  ausgedriickt,  wogegen  hlin  den  Abschluss  bezeichnet, 
wenn  er  geht  oder  nachdem  er  gegangen  ist. 

Die  Kategorien,  die  (in  Zusammenfassung  miteinander- 
gehöriger  Dinge  unter  einem  Gesanuntbegriflf)  im  Birmanischen 
durch  die  Klassenwörter,  die  Judson  Numeral  adjectives,  Lattcr 
Numcral  generic  affixes,  Jones  (im  Siamesischen)  Numeral 
afiixes  und  Pallegoix  Numeralia  nennt,  gebildet  werden  (bei 
Verbindung  der  Substantive  mit  Zahlworten),  entsprechen 
gleichsam  den  in  chinesischer  Schriftsprache  fixirten.  In  den 
Verbindungen  verlieren  diese  Klassenwörter  das  sie  zum  Sub- 
stantiv constituirende  a  oder  ersetzen  es  vielmehr  durch  die 
zugefiigten  Zahlwörter,  aus  a-kaun  wird  kann  (myauk-takoun, 
ein  Afl'e),  aus  a-kyap  (die  Fläche)  wird  kyap  oder  das  Flache, 
prä  (pya)  kyauk  kyap  oder  sechs  Matten,  aus  a-ci,  das  Ge- 
rittene (wobei  die  Verbalendung  si  (san)  in  ci  oder  reiten 
schon  fehlt)  wird  ci  mrän  (myin)  hnac  (hnit)  ci  oder  zwei 
Pferde, 

Als    Klassenwort  1)    verwenden    die    Malaien    im    Zählen 


')  Tlic  miiiu»rals  in  Burmese  cliaiige  accordiiig  to  tlie  dliject  iiunibiMod 
(s.  M.  Miillei).  Im  Kaccliari  tlieso  dctcrniinative  syllables  are  prefixed.  Wlicii 
munerals    are    applied    to    human    beiiigy,   the   particle  «a  is  pretixed  to  tlie 


Das  Birmanische.  143 

orang  (Mensch)  für  Personen,  ekor  (Schwanz)  für  Thiere, 
saekor  (ein  Schwanz)  kerra  (Afie)  oder  ein  Afie,  kuda  iin»a 
ekor,  Pferd,  fünf  Schwänze  oder  fünf  Pferdeschwänze  (Pferde- 
köpfe), als  Stücke  Vieh. 

Der  ordnende  Verstand  will  sich  nicht  blos  bei  der  Spe- 
cialangabe  dieses  oder  jenes  Thiers  beruhigen,  er  will  es  auch 
als  Thier  im  allgemeinen  charakterisiren,  wie  denn  in  den 
ägyptischen  Hieroglyphen  neben  den  Namen  von  Vierfüsslern 
ein  Ochsenfell,  woran  noch  der  Schwanz  (oder  in  hieratischen 
Schriften  die  Pfote)  sitzt,  neben  andern  Dingen  anderes  als  ihr 
Determinativum  gestellt  zu  werden  pflegt  (Pott). 


numerals,  when  applied  to  the  utln-r  animals  iiiä,  to  inanimate  objects  tliai, 
to  trees  phang,  to  articles  enumerated  by  pieces  gang.  In  Mihir  the  word 
bang  is  prefixed,  when  individuals  are  enumerated,  jon  when  inferior 
animals,  hong  and  pap  when  inanimate  objeets  (long  being  added  to  all 
Dhunial  numerals,  sh  and  shi  at  the  end  of  the  Limbu  immerals,  zho  in 
Chepang).  In  Miri  ko  is  affixed  and  a  prefixed,  the  Shendus  prefix  me,  tiie 
Gyarung  ka,  the  Manyak  affix  bi,  the  Gyami  ku. 

Aufgezählten  Früchten  wird  luk       im  Siamesischen,  buwah  im  Malaiischen 
„  Bäumen       ,,      ton        „  ,,  batang    „  ,, 

pin  im  Birmanischen 
„  Körnern       „       met        „  „  butir     im  Malaiischen 

,,  Kleidern      „       sanirab  „  ,,  kayu       ,,  „ 

thih  im  Birmanischen,  phün  im  Khaniti 
„  Ringen         ,,       vong     im  Siamesischen,  bantak  im  Malaiischen, 

kvin  im  Birmanischen 
„  Papieren      ,,       phab       „  „  bai  im  Khamti,  keping 

im  Malaiischen  zugesetzt. 
Ei  numeral  tieno  variedad  de  terminaciones  ö  particulas,  segun  al  sustantivo 
ä  que  se  aplica  (en  eV  Quiche).     La  Terminacion 

pob  sirs-e  para  contar  periodos,  discursos  6  palabras, 
rabah  „         „  „        hileras 

qulah   „         „  „        pares 

tzuh      „         „  „        gotas  (s.  Pimentel). 

Die  Sklaven  wurden  im  Mittelalter  nach  Häuptern  gezählt  (wovon  Mann- 
haupt). —  In  the  middle  of  a  sentence,  a  number  is  expressed  by  a  peri- 
phrasis,  by  means  of  the  verb  be  (from  ukie-ba,  to  be)  with  its  prefixed 
pronoun  followed  by  the  numeral  with  the  proper  personal  inflex  (Colenso) 
in  der  Zulu-Sprache.  Auch  das  Mexicanische  bedient  sich  der  Klassen- 
wörter, wie  hinterindisohe  (nebst  chinesischen)  mad  malaiischen  Sprachen. 
—  La  langue  nahuatl  ou  mexicaine  avait  diverses  terminaisons  pour  enoncer 
les  nombres  joints  aux  noms  de  personnes,  d'animaux  et  de  certains  objets. 
Ainsi  l'on  disait,  ce  calli,  une  maison,  centetl  xochiqualli,  un  fruit,  cempoal 
xiuitl  (pour  cempoalli  xiuitl)  vingt  ans,  centecpantli  tlaca,  vingt  personnes, 
cemipilli  pctlatl,  vingt  nattes,  etc.  (Simeon). 


^44  Zweites  Kapitel. 

Biiwali  (Frucht)  steht  auch  (ausser  pisaug  lima  buwah 
oder  fünf  Bananenfrüchte)  bei  Stadt  (negeri  sabuwah,  Stadt, 
eine  Fruclit),  bidschi  (Samenkorn)  bezeichnet  das  Runde  (nieta 
sabidschi,  ein  Auge),  keping  (Kupfermünze)  bezeichnet  das 
PLatte  (kartas  sa  keping,  ein  Bhitt  Papier),  batu  (Stein)  be- 
zeichnet das  Harte  (gigi  duwa  batu,  zwei  Zähne). 

Für  die  Fälle,  wo  nach  Verschiedenheit  der  gezählten 
Gegenstände,  als  z.  B.  für  Belebtes,  Unbelebtes,  Tage,  Ellen-  - 
niass,  Fische,  andere  oder  doch  modificirte  Zahlwörter  gewählt 
werden,  erinnert  Pott  an  die  häufige  Unterscheidung  von 
Collectivnamen,  z.  B.  je  nach  verschiedenen  Thierarten,  wie 
Flucht  Tauben,  Kette  Hühner,  Rudel  Wildpret  u.  s.  w. 

Die  chinesischen  Klassenwörter  ^)  zählen  di(^  Stücke  der 
Heerde  als  teu  (Kopf),  der  Hausthiere  als  tse  (Kuh),  wie  in 
Tahiti  das  Schwein  zum  Repräsentanten  der  übrigen  Avurde, 
die  Fische  als  Schweif  (wei),  die  Feuergewehre  als  Oeftuungen 
(men),  die  Beamten  als  Kleinodien  (yuan),  die  Bündel  als 
Messer  (tao),  Papier,  Biüef  u.  s.  w.,   runde   Dinge  als  thuau. 

Wie  lima  (Hand)  für  fünf  oder  (im  Sanskrit)  rischi  (die 
Heiligen)  für  sieben,  anga  (die  Hülfswisseuschaften)  für  sechs, 
verwendet  man  im  Schwarzwald  (nach  Auerbach)  ein  gotzig's 
mal  fi'ir  ein  einziges  mal,  von  Gott,  dem  Einzigen. 

Wenn  es  sich  bei  einem  Handel  um  11  oder  11%  Zoll 
handelte,  so  konnte  der  Verkäufer  sagen,  mache  den  Fuss  (wie 
bei  99  das  Hmidert)  voll  und  gib  volles  Mass  (von  12  Zoll), 
und  ein  solches  Scherzwort,  das  in  einer  fixirten  S|)rache  dann 
nach  einmaliger  W  irkung  verhallt  (als  geflügeltes  Wort),  kann 
beim  Naturvolk,  wenn  aus  dem  Munde  eines  Angesehenen 
(der  zu  schmeicheln  ist  oder  verehrt  wird)  kommend,  zu  einem 


')  La  maniere  de  compter  on  usage  au  Japon  est  tres-eoiiipliquce, 
puisqu'il  y  a  des  nunierales  puur  disliiigiicr  toiites  les  clioses  (Laiuli  esse).  — 
Gosiit'ha  oder  Kuhstall  wird  iui  Sanskrit  als  Thierwolinung  überhaupt  ge- 
braucht, aswa-goshtlia  (Pferdestali),  auch  go-goshtha  in  Verduppeliiui;-  (K)ih- 
stall).  ,,  l'^i"  Compositiini  kann  leiehl  wieder  gewiss-erniasseii  als  Sini]ilex 
dienen,  z.  D.  in  Öchnuilz-liulterbrot"  (Pott);  so  loup-garou  (lupus-ganil[ilnis 
oder  Werwolt- Wolf),  eorniarant  aus  lat.  eurvus  und  bret.  nior-oran  (Seerabe), 
boroslyan-ko  (Bernstein)  im  Ungarischen.  ,,  Gerade  bei  froiiidher  aufgenom- 
menen Worten  ist  die  Saehe  am  begreiflichsten,  z.  B.  romanisch  rul-af  sui 
(das  erste  Wort  persisch,  das  zweite  türkisch).  Kosenwasser."  —  AHer  h 
cheval   sur   un   ane. 


Das  Birmanische.  145 

stehenden  Passwort  werden  und  sich  forterben,  unter  raschem 
Vergessen  seiner  scherzweisen  und  zufälligen  Entstehung. 

In  den  meisten  Sprachen  haben  die  gebräuchlichsten  Prä- 
positionen ihre  Anknüpfung  an  substantivische  Beziehungen 
verloren,  doch  tritt  dieselbe  mitunter  noch  hervor.  Auf  (upon) 
wird  durch  die  Verbindung  apau  (Höhe  oder  Gipfel)  mit  dem 
Hauptwort  ausgedrückt,  unter  Abwerfung  des  das  Nomen 
constituirenden  a  (pau).  Aim-pau-hma  ist:  auf  dem  Hause 
(worin  die  im  Deutschen  häufige  Verwirrung  von  auf  und 
ofien  nicht  vorkommen  könnte),  und  ausführlicher  mit  dem 
Genitivzeichen  i  (Besitz  anzeigend),  als  aim-i-apo-hma,  des 
Hauses  Gipfel  in  (in  des  Hauses  Ilochtheil).  Hma  bedeutet 
nämlich  das  In-Sein,  wie  aim-hma-shi-si  (im  Hause  sein),  und 
könnte  keine  andere  Bedeutung  haben,  da  es  den  Begriff  des 
Motificirens  und  Bestimmens  oder  Fixirens  einschliesst  (hma  als 
festsetzen  oder  befehlen  im  verbalischen  Gebrauch).  I-lu-to- 
ma,  unter  (in)  diesen  Leuten  (ist  der  eine  gut,  der  andere 
schlecht).  Treten  andere  Beziehungen  zur  Höhe  ein,  so  wird 
apau  verschiedentlich  verbunden,  wie  taun-pau-so-tet-i,  er  be- 
steigt den  Hügel  oder  des  Hügels  (iripfel  zu  (entgegen)  steigt 
er.  In  „so"  liegt  die  dativische  (und,  soweit  dahin  ausgedrückt, 
accusativische)  Richtung  des  hinzu ,  und  drückt  mit  Verben 
verbunden  das  Futurische  aus,  wie  hnia  (pyo  hma  oder  im 
Sprechen)  das  Präsens  und  die  Dauer,  sva-hma-pyau-si,  wäh- 
rend sie  gingen,  sprachen  sie  (wogegen  svä-ga-pyau-si,  gehend 
sprachen  sie).  Das  Futurische  von  so  liegt  in  so,  etwas  (für 
künftigen  Gebrauch)  aufheben.  Als  auf  etwas  Gerichtetes 
tritt  so  in  Vergleichungen  so-sau-su,  ein  Mann,  wie  dieser, 
oder  dem  so  seienden  (Mann)  ein  Begleiter  er,  indem  die 
zwischengeschobene  Partikel  sau  ein  Gefährte  ausdrückt,  wie 
sö-sau-su,  ein  Mensch,  der  stiehlt  (dem  Stehlen-Begleiter- 
Mensch  oder  er  gleich  ein  Dieb).  La-so-lu,  der  kommende 
Mensch  oder  welcher  kommt  (dagegen  lu-la-si,  der  Mensch 
kommt).  Mit  ra  (ya)  (Ding  oder  Sache)  oder  aya,  das  Sub- 
stantive bildet  (cä-ya,  Essenssache  oder  Essen,  tein-ya,  Sitzens- 
sache  oder  Sitz),  nimmt  so  die  Bedeutung  ,,so"  (so-ya)  an, 
wie  so-ya-tvin,  da  dies  so  ist  (oder  in  dem  So-Sein),  wobei 
der  Begriff  des  auf  das  Vergleichen  Hingerichteten  einge- 
schlossen bleibt. 

Bastian,  Studien,  10 


146  Zweites  Kapitel. 

Aon  (in)  ta  so  kya  pri,  er  fiel  in  den  Teich  (er  fiel  zu  der 
Innenseite  des  Teiches)  mit  ta  (innerhalb), 

cara-hnan  (hnin)  amyä-tat  si,  so  viel  wissen  als  der  Lehrer 
(das  mit  dem  Lehrer  viele  wissen,  was  vieles  mit  dem 
Lehrer  sich  findet  oder  dem  Lehrer  eignet,  wissen), 

aim-patlon,  um  das  Haus  oder  das  Haus  (eim)  rund  (Ion) 
umwunden  (pat), 

kala-patlon,  während  der  Zeit  (die  Zeit  rund  durchwunden), 

aim-tein  aun,  bis  zum  Haus  oder  Haus  (eim)  ankommen  (tein) 
völlig  (aun), 

pran  (pri)  -tein  tein,  durch  das  Land  oder  das  Land  kommen 
und  kommen  (hin  und  wieder  durch  das  Land). 

Frau  (pyau)  -hma  (im  Sprechen),  während   er  spricht, 

pyau-hma  (vom  Sprechen),  nachdem  er  sprach, 

apa    prac   (pyit)    san    (si)    hnin    (weil    er    sein    Vater   war),    mit    (iniiii)    dem 

Vater  sein. 
Hlan  (hli),  wandern  und  svä,  gehen, 

hlie  (wenden)  und  sva  (gehen)   bilden  hli-sva  (hli  rwe  svä)  oder   wandern, 
up  (uk) ,  bedecken    und    mie    (ra  oder  erlangen)    bilden  uk-niie  (nk-ra):    auf 

greifen, 
hlup  (hluk),  schütteln  und  san  (tönen)  bilden  hluk-sau  (klingeln), 
kya  (hören)  und  pyau  (sprechen)  bilden  krä-pyau  (berichten),  kra-prau, 
prkn  (ausbreiten)  und  khya  (werfen)  bilden  pran-kya  (auswerfen), 
cva  (ziehen)  und  tin  (stellen)  bilden  eva-tan  (landen), 
pum  (Muster)  und  noik  (hämmern)  bilden  puin  not  (noik),  drucken, 
pra  (zeigen)  und  pe  (geben)  bilden  pya  (pra)  pe  (anzeigen). 
A-sak-pat-aluiii,  während  des  Lebens  (die  Lebensdauer), 
rauk-si-tein-aun,  bis  zur  Ankunft, 
cakä  hnan  ani ,  den  Worten  gemäss. 

Prii-kuaen,  Berechtigung  zu  thun  (kuaen  oder  Autorität), 
8vä-kuaen,    Erlaubniss    zum    Sprechen    (Redefreiheit,    die    nicht    genommen, 

sondern  durch  Autorität  gegeben  ist).  ■ 

Hohen  Personen    wird   bu-raen  (Häuptling),  kae  (auszeichnen)  und  krih 
(gross)  zugefügt: 

saen-bu-raen,  der  höchste  Herr  (König), 
cit-bu-raen,  der  Befehlshaber  des  Heeres, 
eit-kae,  General, 

cah-tau-kae,  der  Oberst  der  königlichen  Kirche, 
maen-kri,  Gouverneur, 
su-kri,  Häuptling, 

ö-su-kri,  der  Häuptling  über  die  Töpfe  (der  Ob^rkocb), 
saen-bau-su-kri ,  Kapitän  (des  saen-bau  oder  Schiffs), 
su-kri,  ein  Grosser. 

Vorgestellt  substantivisch  in  dem   Begriff  des  folgenden  Wortes  : 
su-kauii,  ein  Rechtschaffeuer  (Guter)  oder  Biederer  (lu-kaun,  ein  Biederniauii), 


Das  Birmanische.  147 

su-kö,  ein  Dieb    (wogegen    ko-si-su    weniger    als   den  professionellen    Dieb, 
einen  Diebischen  oder  Stehlenden  bezeichnen  würde). 

Mit  myo  (amyo  oder  Rasse)  bildet  sich  die  Gesohlechtsabstaminung: 
man  (min)  kr_  myö,  von  königlichem  Geschlecht, 
ta-rop-myö,  Chinese, 
ponna-myö,  ein  Brahmanenkind, 
lu  kri   myu,  ein  Spross  aus   edler  Familie  (Adelsspross). 

Aehnlich  sa   (Sohn)  oder  sami    (Tochter): 
pran   (pyi)  sä,  Landessohn  (Einwohner  des  Landes), 
mrö-sä,  Bürger, 
a-myo-sä,  Stammesgenosse,  a-myoh-sami,  Stammesgeuossin. 

Auch  rö  oder  Knochen  (Sekte  oder  Gewohnheit): 
nän-rü,   aus  der  Herkunft   des  Palastes    (ein  Haremssnhn),    ebenso  nun    oder 
Keim  (nan-nun,  aus  dem  Palast)    und  Ija  oder  Reihe  (nän-lia,  aus 
dem  Palast). 

Die  Partikeln  ka-so  oder  sa-buaej   (gleich  oder  ähnlich)    verbinden  siuh 
mit  Substantiven,  die  dann  kein  anderes  Caaiszeichen  bewahren,  sodass  sie 
gleichsam  als  Comparativ-Casus  agiren: 
mre-ka-so,  wie  die  Erde, 
si-ka-so,  so  (wie  dieser,  wie  dieses), 
ta-lainh-sa-buaej  (wie  ein  Peguer). 

Ebenso  bei  Verben  (als  sa-kae-so) : 
re-sa-kae-so  (gleichwie  beim  Schreiben). 

Dann  ga-man: 
svah-ga-man,  dem  Gehen  ähnlich. 

Die  Aftixe  nah-uiha  (nih-mha)  bedeulrn   die  Nähe,   nauk-hma,  dahinter 
pa-hma,  draussen : 
aim-nih-hma,  bei  dem  Hause, 
aim-nauk-hma,  hinter  dem  Hause, 
aim-pa-hma,  ausser  dem  Hause. 

Po  bezeichnet  für  oder  wegen: 
aim-po,  für  das  Haus, 
lu-po,  des   Mannes  wegen. 

Se  bezeichnet  vorn  (se-hma): 
aim-se-hma,  vor  dem  Hause. 

Lhjauk  oder  sauk  bezeichnet  über,  nach : 
tanta  sauk  la  si,  ich  ging  über  die  Brücke, 
rom  sauk  la  pa  si,  ich  komme  zum  Gerichtshof. 

Das  Verbalaflix    kaen    verbindet   sich    mit    dem  Perfect    oder   Futur   der 
Verba.  um  etwas  Vorheriges  zu  bezeichnen : 
svä-kaen-pri,  er  war  früher  gegangen  als, 
sva-kaen-mi,  er  wird  früher  gehen  als. 

Tain-tain  bezeichnet  während,  hindurch   ftein): 
pri-tain-tain,  durch  das  Land  hindurch, 
kala-tain-taiu,  während  der  Zeitdauer. 

Tain-aun  bezeichnet  bis  zu : 
aim-tain-aun,  bis  zum  Hause, 

10* 


J^48  Zweites  Kapitel. 

to  kala-tain-aun,  bis  zu  dieser  Zeit. 

A-tain  bezeichnet  gemäss : 
co-si-a-tain,  nach  dem,  was  er  sagt, 
krahtain,  nach  dem,  was  man  hört. 

Ba-nanh  bezeichnet  fast: 
kje-kjumh-ba-nanh,  fast  vernichtet. 

Lum  (Ion)  bezeichnet  gänzlich,  mit  vorgesetztem  ta   (ganz  hindurch): 
ta-lhouk-lonh,  die  ganze  Länge  hindurch    (vom   Anfang   bis  zum  Ende)  oder 
das  Eine  Lange  ganz. 

Ebenso  Ija: 
ta-sak-lja,  während  des  Lebens, 
krauk-buaej,  schrecklich    | 

kjit-buaej,  lieblich  .    mit  dem    Aftix  buuej, 

zah-buaej,  essbar  J 

krauk-kha-manh,  sclireckli(-li, 
kjit-kha-manli,  lieblich, 
saek-kha-manh,  schändlich. 

Pru-sa  mhja,  alles  Geschehene, 

a-zau,  gewärtig  (zau  oder  gewärtigen), 

kaun-zua,  wol, 

naek-naek,  tief, 

a-ra-ra,  zti  verschiedenen  Gegenständen  gehörig, 

a-pri-pri,  von  Land  zu  Land, 

praun-praun,  aufrecht, 

mae-mae-sae-sae,  dunkel, 

kja-kja,  mit  grossem  Lärm, 

ka-si-ka-si,  plötzlich, 

a-panh-ta-krih,  unermüdlich, 

a-kraun-krauii,  verschiedentlich, 

kaen-kaen,  roth, 

rup-rup,  rasch, 

taen-taen,  sichtbar, 

a-_b-nan,  wer? 

to  kala,  alsdann, 

pru-si-aka,  damals  (zur  Zeit  des  Handelns),  ■ 

ne-kaik,  während  des  Bleibens,  I 

za-zin,  während  des  Essens, 

svä-ka,  Zeit  zum  Gehen, 

ne-a-bo-tuaen,  zur  Tageszeit, 

nauk-a-bo,  nachdem, 

sanh-kaun-jan,  Mitternacht. 

On  forme  (en  barmane)  des  adjiutifs,  mais  principalement  des  adverbes 
en  mettant   devant   ou   apres    un  ailjectif  simple,    un    son  iniitatif,  depourvu 
du  sens  (Schleiermacher): 
kan-lan,  quer  (kan,  quersclineiden), 
pah-rah,  flatternd  (pah,  flattern), 
kah-jah,  weit  (kah,  ausbreiten). 


Das  Birmanische.  149 

Quelriues    adverbes    sont,   fornies    d'uue    reunioa    des   syllables    vides   de 
scns  ke-ke-ka-ka,  betrügerisch,  ki-ri-ki-ri,  weidend. 

In  weitern  Zusammensetzungen : 
nä-pi,  Salztisch, 
kauk-capa,  Reispflanze, 
salae-capa,  Meerespflanze, 

cä-kru,  Vielesser  oder  a-cä-cä-kru  (Fresser)  als  Intensiv., 
re-sauk-su,  Wasserlrinker, 
mjaek-cä-tirizzan,  grasfressendes  Thier, 
man  (min)  kri ,  Grossfürst  (König), 

lu-pjaek-ce,  Menschen  tödtende  Medicin  (Gift  von  vergeben,  während  io;  im 
Griechischen    auf    den    abgeschossenen    Pfeil    lappischer   Zauberer 
deutet), 
min-pe-sau-uzza,  dem  König  gegebene  (königliche)  Sachen, 
min-cap-sau-akun,  dem  König  zu  zahlende  (zahlbare)  Abgaben  oder  Königs- 
geld   (Staatsabgaben,    worin    das    dem    Staat    oder   Könige   Abzu- 
gebende ausgedrückt  ist,  durch  Aneinanderreihung  der  Worte  ohne 
Casusbezeichnung,  wie  im  Birmanischen  das  „Königs-zahl-Steuer" 
besagt  oder  Staatssteuer), 
cit-paeu-kja-san-asi,  vom  Baum  gefallene  Frucht  (Baum-Fall-Frucht), 
kaun-haen-waej-pran-sau-nhaek,  in  der  Luft  wohnende  (Luftbewohner)  Vögel, 
mjaek-praen-saen-san-tirizzan,  vom  Gras  lebende  Thiere  (Herbivoren), 
kna-tamän,  der  Reis  des  Hundes  (Hundereis),  wie  Kinderbrei  statt  der  Brei 

des  Kindes, 
saen-bur-aen-caen,  der  Elefant  des  Königs  (Königs-Elefant), 
na-pa-sau-eindre  ko-saun-su,  der  die  fünf  Leidenschaften  Bezwingende, 
son-pa-sau-lauka-si-puzau-ap-sau,  der  durch  die  drei  Welten  Verehrte. 

Alle  solche  Zusammensetzungen  bilden  in  dieser  vermeint- 
lich monosyllaben  Sprache  ebenso  gut  ein  abgeschlossenes  Wort 
für  sich,  wie  polysynthetische  Zusammensetzungen,  und  wenn 
trotzdem  jedes  einzelne  Element  seine  partielle  Bedeutung  voll- 
ständig neben  der  des  Ganzen  bewahrt,  und  also  jeden  Augen- 
blick wieder  eine  Auflösung  oder  auch  eine  deutlichere  Modifi- 
cation  möglich  ist,  so  zeigt  es  sich  als  ein  Vortheil,  dass  die 
Compositionen  eine  doppelte  Fähigkeit  bewahren,  da  die  in 
den  abgeschwächten  leicht  auftretenden  Zweideutigkeiten  oder 
Unbestimmtheiten  dadurch  vermieden  werden.  Staatsabgaben 
sind  das,  was  dem  Staat  abzugeben  ist,  ob  aber  Staatsschuld 
bedeute,  was  dem  Staate  geschuldet  werde  (wie  Ehrenschuld, 
das  der  Ehre  oder  aus  Ehre  Geschuldete)  oder  was  der  Staat 
schulde,  ist  den  mit  der  Sprache  Vertrauten  nur  aus  dem 
conventioneilen  Gebrauche  bekannt  und  könnte  einem  Fremden 
zweifelhaft   sein,    wogegen   der  Birmane  für   das   gewöhnliche 


]  50  Zweites  Kapitel. 

Leben  in  gleicher  Weise  das  kurze  Wort  Staatssehuld  i3ilden 
könnte,  wogegen  er  im  Gespräch  mit  einem  Fremden  mit 
derselben  Leichtigkeit  eine  „dem  Staat  Geschnldetes''  bezeich- 
nende Composition  bilden  würde,  ohne  dadurch  im  mindesten 
den  Fluss  der  Rede  zu  unterbrechen  oder  seinen  AA^orten 
irgendwie  den  Anstrich  eines  ausscrgewöhnlich  Gesuchten  zu 
geben,  da  dem  Geiste  der  Sprache  nach  das  eine  der  Worte 
sich  ebenso  rasch  und  natürlich  bildet,  wie  das  andere,  und 
es  eben  ganz  im  Griffe  des  Sprechers  liegt,  welches  zu  be- 
nutzen sein  mag,  indem  er  in  keiner  AVeise  durch  stereotyp 
gewordene  Compositionen  gefesselt  ist,  sondern  sie  eben  be- 
stündig selbst  bildet.  Die  Zusammensetzungen  selbst  werden 
im  Birmanischen  nicht  minder  einfach  und  leicht  gebildet  wie  in 
vielsilbigen  Sprachen,  der  Unterschied  bei  den  durch  ver- 
schiedene Stufen  eines  Unterschiede  unkenntlich  verwischenden 
Mischjargons  hindurchgegangenen  Sprachen  liegt  nur  darin, 
dass  bei  manchen  ihrer  Zusammensetzungen  die  Partialbe- 
deutung  constituirender  Theile  verloren  gegangen  ist,  und  das 
Wort  daduix'h  desto  mehr  als  eine  Einheit  erscheint.  Hierin 
wäre  indess  (ausser  bei  Abstractionen,  die  unabhängig  von  den 
Partialbegriffen  ihrer  Constituenten  eine  neue  Bedeutung  decken 
sollen)  nicht  immer  ein  besonderer  Vorzug  zu  sehen.  Schläch- 
terhaus zu  sagen  klingt  affectirt,  wenn  Schlächterei  im  all- 
gemeinen Gebrauch  geläufig  ist,  aber  in  Schlächterei  kann 
auch  der  Begriff  einer  Niedermetzelung  liegen,  während  der 
Birmane  einen  solchen  Doppelsinn  immer  schon  von  vornherein 
vermeiden  würde  und  ihn  nie  begehen  könnte.  Die  Accente 
si)id  oft  so  unlöslich  mit  der  Grundbedeutung  eines  einsilbigen 
Wortes  verwachsen,  dass  sie  bewahrt  werden  müssen  oder  sie 
treten  in  rasch  gesprochenen  Compositionen,  bei  denen  der 
Nachdruck  stets  auf  dem  letzten  AVorte,  als  dem  regierenden, 
liegt,  schon  an  sich  zurück,  zumal  manche  der  Compositionen 
eben  gebildet  sind,  die  trotz  der  Accentscheidungen  bleibenden 
Zweideutigkeiten  zu  vermindern. 

Ausser  den  Zusammensetzungen  Aehnliches  oder  Glei- 
ches bedeutender  Worte,  um  durch  Synonyma  den  Sinn  zu 
verstärken  oder  zu  modificiren  (wie  statt  pan  oder  schaffen 
/A  raii-pan-zän),  gehen  andere  Composita  in  eine  neue  AVort- 
bedeutung  ein,  wie: 
pru-pran-san,  neu  machen  (machen  und  wiederholen), 


Das  Birmanische.  151 

pru-hnein-san,  vermögen  (niachen  und  können), 
prii-lo-san,  machen  und  wünschen  (möchte). 

Der  Optativ-Yocal  sollte   ursprünglich    eine  Verbalwurzel 
irewesen  sein,  welche  etwa  das  Wünschen  oder  das  Gehen  oder 
etwas  anderes  bezeichne  (s.  Westphal). 
pru-na-san.  weitermachen  (machen  und  bleiben), 
|iru-lvya-san,  leicht  gemacht, 
pru-gak-san,  schwer  gemacht, 
pru-teik-san,  machenswerth,  u.  s.  w. 

Mit  pwya    werden   Adjective    gebildet,    wie    mit    bar  im 
Deutschen  (oder  lieh),  als: 
am-pwya  (bvay),  wunderbar, 
krauk-pwya,  furchtbar, 
kyit-pwya,  liebenswürdig, 

caek-cot-pwya,  abscheulich,  ähnlich  wie  tschuka  oder  tschuke 
im  Mandschu  (s.  Schott). 

An  sich  bedeutet  pwya  etwas  Angemessenes,  Geeignetes, 
und  so  zunächst  cä-pwya,  essbar  (zum  Essen  dienlich). 

Fernere  Adverbien  bildet  am  (wundern),  als: 
aili  li  bvay,  wunderbar  oder  wundernswerth  (wundernd  werth), 
am  gamän,  wunderbar  (als  ob  zu  verwundern),   fast  wunder- 
lich (auf  Wunderbares   gehend    oder  an  das  Wunder- 
bare streifend), 
indem   li,   sowol   wie   gamän   zu   den   Partial- Affixen   gehören; 
gamän  bedeutet  etwas  Aehnliches  und  Nahekommendes, 
svä-gamän,  gleichsam  gehend  (beinahe  gehend), 
und  ebenso  banän.  matat. 

Mit  samä,  ein  Geübter  oder  ein  Künstler,  bilden  sich  die 
JNamen  der  Handwerker  und  der  Ausüber  anderer  Berufe  als 
Meister  darin  (wie  Baumeister): 

kyup-samä,  Schneider  (im  Nähen  Geübter  oder  Nähkünstler), 
ce-samä,   Arzt  oder  Medicinmann  (Medicinkünstler,   wie  jetzt 

Zahnkünstler  sich  gebildet  hat), 
hle-samä,  Bootführer  (Schiflfer), 
hlän  (hli)  samä,  Kutscher  (waggoner), 

lak  (let)   -samä,   Tischler    oder   Handarbeiter  (mit   der   Hand 
oder  lak  Geübter). 

Mit  rhin  (shin)  drückt  sich  das  Eigenthumsrecht  aus: 
rawe-rhin,  Landherr  (landlord), 


152  Zweites  Kapitel. 

ciim-rhin  (eim-sa-kaen),  Hausherr, 

mri-rhin,  Gläubiger  (der  Meister  oder  Besitzer  der  Schuld). 
Das  Affix  san  (si)  zeigt  das  Betreiben  eines  Gewerbes: 
kraek-san,  Geflügel  Verkäufer, 
mou-san,  Bäcker, 

kon-san,  Kaufmann  (kon  oder  Waaren), 
cac-san,  Soldat  (zit,  Krieg  oder  Heer), 
ka-kre-san,  Tänzer  oder  der  in  Tanzbewegungen  (oder  ka,  wie 

im  ganzen  Körper  statthabend)  der  Füsse  Geübte, 
amu-san.  Beansprucher  (der  ein  Claim  hat), 
cä-po-san,    der   Koch    oder    der   am  Herd   (Essensfeuer    oder 

zah-po)  Beschäftigte. 
Mit  Ca   (acä  oder  Nahrung)   wird   das  Brotstudium  (der 
Ernährungszweig)  bezeichnet : 

si-si-cä,  der  von  Früchten  (vom  Handel  mit  Früchten)  Lebende, 
ne-cä,    der  Tagegänger    oder  Botengänger    (der  vom   Keisen 

Lebende),  als  der  Tagarbeiter  (ne  der  Tag),  den  Tag 

essend, 
aka-ca,   der  von  seinem  Gehalt  Lebende  (ein  Diener)  als  der 

Lohn-Essende  oder  (gemiethete)  Diener  (Söldner  oder 

Lohndiener), 
mri-cä,  der  Gläubiger  (die  Schuld  essend). 

Mit  tau    wird   der  königliche  oder  göttliche  Charakter  in 
dem  dazu  Gehörigen  abgedrückt: 
su-tau,  ein  Religiöser, 

wan-tau,  Königseigenthum  (königliche  Sachen), 
lu-tau,  ein  Mann  des  Königs  (königlicher  Beamter), 
caen-tau,  königlicher  Elefant, 
amhu-tau,  eine  Regierungssache  (des  Königs). 

In  der  Aino-Sprache  kommt  (nach  Davidow)  in  Zusammen- 
setzungen guru  vor  in  der  allgemeinen  Bedeutung  als  Mensch. 
Durch  Verbind  img  des  Pronomens  mit  einem  Verbum 
(mittels  si  oder  sau)  wird  (wie  mit  waller  im  Hindostanee  oder 
oft  fellow  im  Englischen)  eine  lange  Reihe  von  Worten  ge- 
bildet: 

kan-si-su  (kan-sai-su),  der  Empfänger  (er,  welcher  empfängt), 
pe-si-su,  der  (Tcber, 

cö-si-sii,  der  Redner  (zo-le-si-su,  der  Gesprochenhabende), 
taun-!?i-su,  der  Bettler, 


Das  Biruianisclie.  153 

tuun-limaik-ne-si-su,  der  Waldmann  oder  l'orestier  (forest-fellow 

oder  forost-man,  wie  hillman), 
pru  le-si-su,  der  etwas  gethan  hat. 

Aehnlich : 
kaun-kan-hneik-pran-si-huaek,  der  in  der  Luft  fliegende  Vogel, 
cä-le-si-kueh,  der  gefressen  habende  Hund  (satt), 
cö-lattan-si-cakah,  die  zu  sprechenden  Worte, 
wun-caun-si-caeu,  der  Lasten  tragende  Elefant  (Last-Elefant). 

Das  Birmanische  bildet  alle  Gedankenverbindungen  in 
ein  und  derselben  Weise,  die  man  (weil  sie  zwischen  beiden 
steht)  als  Satz-  oder  als  Wortcomposition  betrachten  mag,  die 
aber  mehr  der  Abgeschlossenheit  der  letztern  nahekommt, 
während  andere  Sprachen  für  einige  Verhältnisse  zusammen- 
gesetzte Worte  gebildet  haben  (wie  Packesel,  Lastträger, 
worin  schon  eine  bestimmte  Satzanschauung  ausgedriickt  liegt), 
für  den  grossen  Rest  der  übrigen  aber  Relativsätze  (oder 
adjectivische)  bilden.  Der  Satz  „das  Sehen  lehrt  uns  die 
räumliche  Lage  der  Dinge"  würde  im  Lateinischen  zu  um- 
schreiben sein,  da  visio  (das  Sehen  als  Gesicht)  nicht  den 
Substantivbegriff  des  Infinitivs  ausfüllt. 

Im  Mande:  Fira-ro-suye,  Wald  ein  Thier  (Wald  darin 
seiendes  Thier  oder  Waldseiendes  Thier)  oder  Waldthier,  koi 
ro  gene,  See  aus  (in)  Muschel  (Seemuschel),  indem  die  „be- 
stimmende Substanz  vor  dem  Bestimmten  steht"  (s.  Steinthal). 

Ti-caun-sau-su,  Schirmträger  (zäun  oder  besitzen), 

akin-ko-caun-sau-su,  der  des  Fürsten  Angelegenheiten  \'er- 
sehende  (der  Beauftragte  oder  Bevollmächtigte,  wobei 
es  zweifelhaft  bleibt,  ob  ein  Regierungs-Bevollmäch- 
tigter, während  das  nur  fünfsilbige  Wort  maenh-mhu- 
zaun-sau-su  inuner  und  bestimmt  einen  letztern  aus- 
drücken würde.  Die  Nebenbedeutungen,  die  in  Be- 
voUmächtigter  eingeschlossen  liegen,  geben  dem  Wort 
allerdings  mitunter  eine  wünschenswerthe  Präcision, 
sind  aber  im  andern  Falle  eher  störend,  wie  sie  z.  B. 
bei  encrlischen  Commissioners  vor  den  übri^jen  eines 
Regierungsbeamten  zurücktreten), 

wan-khan-sau-su,  der  Bürgschaft  Leistende  (khan  oder  über- 
nehmen) oder  Bürge, 

a-ma-khan-sau-su,  der  Einstehende  oder  sich  Verbürgende, 


154  Zweites  Kapitel. 

kan-wun-su,  der  zu  übernehmen  Bereitwillige  (wun  oder  wagen), 
wun-ko-khan-wun-su,  der  die  Last  zu  iibernehraen 
Wagende  (Odin  als  Farma-Tyr). 

amhu-ko-caun-taik-sau-su  (zaun-taik-sau-su),  der  die  Sache  zu 
übernehmen  Fähige  (taik  oder  würdig),  competent, 

akjoh-ko-ra-taik-su,  der  Belohnungswürdige, 

tau-su  (saen-su),  ein  Geeigneter  (Fachmann). 

Kaie  (ein  Junges  oder  klein)  verbindet  sich  mit 
In  als  lu-kale,  ein  Mann-Kind  (Knabe). 

mrin  als  mrin-kale,  ein  Pferde-Kind  (Junges),  ein  Pony 
(Füllen). 

Put  (Stäubchen)  mit 
taun  (Hügel)  als  taun-put.  Hügelchen. 

Ca  (aca  oder  Abbiss)  mit 
san  ids  san-ca,  ein  Stückchen  Eisen  oder  ein   Biss  (bit)  Eisen, 
kyauk  als  kyauk-ca,  ein  Stückchen  Stein. 

Sa  (asa,  Nachkomme  oder  Spross)  mit 
rwa   (Dorf)    als   rwa-sa,    Dörfler  (rwa-sami,    eine  Tochter  des 

Dorfs), 
mro  (Stadt)  als  niro-sa,  Städter, 
anga-sa,  ein  am  Dienstag  Geborener  (Sohn  des  Dienstag). 

Sie  (asie,  Eigenthümer)  mit 
lay  (Feld)  als  lay-si,  Ackersmann  (Feldbauer), 
ci-san  (si),  Oelmann, 
prau-si,  Sprecher  (Wortinhaber). 

Sama  (Künstler)  mit 
ce-sama,  Arzt  (Heilkünstler). 

Khrin  (akhrin,  Gefährte)  mit 
kwyon  (Sklave)  als  kwyon-khriti,  Mitsklave  (Sklavengefährte). 

Khoik  (akhoik  oder  Zustand)  als 
nay-khoik,  die  Zeit  des  Kleinseins  (nay)  oder  die  Kindheit. 

Tat  (verstehen)  als 
kara-tat,  der  Trompeten-Verständige  oder  der  Trompeter. 

Pra  (zeigen)  als 
dä-pra,  der  Räuber  (Schwert-Zeiger), 
lam-pra,  der  Wegweiser  (Führer). 

Ma  (hauptsächlichst)  als 
tet-ma,  das  Hauptruder. 


Das  Birmanische.  155 

Si  (a-si  oder  Frucht)  als 
let-si,  die  Faust  (Frucht  der  Hand), 
no-si,  die  Brustwarzen  (Fiucht  des  Busens). 

Rhi  (sein)  als 
ara-rhi,  ein  Angestellter  (ara  oder  Geschäft), 
asarae-rhi,  eine  Person  von  Charakter  (asarae  oder  Charakter). 

Hmu  (ahmu,  überwachen)  als 
taun-hmn,  Gefängnisswärter. 

Won  (Last)  als 
mro-won,  der  Stadt-Gouverneur  (mit  der  Stadt  Belastete,  der 

Beauftragte,  also  der  die  Stadt  als  Last  Tragende), 
akhvon-won,  der  Einnahme-Beamte  (oder  Einnehmerj,  akhwon- 

dan-won  (höflicher), 
won-kri  (Gross-Last  ^j.  ein  ISlinister. 

Shen  (ashen,  Besitzer)  oder  ran  als 
aim-shen,  Haiiseigenthiimer, 

cän-cim   (ci-ceim)   shin,   ein  Wohlhabender   (der  Besitzer   von 
Keichthum). 

Ran,  der  Zeitraum  (yan)  und  khien  als 
nan  (ninj)  ran  (Nachtzeit). 

Aim  (Haus)  als 
dä-aim,  Scheide  (Schwerthaus), 
mi-eim,  Laterne  (Feuerhaus). 

Rie  (arie.  flüssig)  als 
un-rie,  Kokosnussmilch  (un  oder  Kokosnuss), 
pya-rie,  Honig  (pya  oder  Biene). 

Su  (Person)  als 
su-kho,  Dieb  (kho  oder  stehlen), 
su-kri,  ein  Grosser. 

Diese  zwei-  oder  mehrsilbigen  Zusammensetzungen  gelten 
als   einziges  Wort    und    empfangen    (wenn   auch    aus    verbalen 
Wurzeln  gebildet)  die  substantivische  Pluralbezeichnung: 
taun-cä  (der  das  Gebetene  Essende)  oder  der  Bettler  bildet 
tauh-cä-to,  die  Bettler. 


')  In  Chile  wurde  derjenige  zum  Häuptling  gewählt,  der  am  längsten 
die  Last  eines  Baumstammes  auf  den  Schultern  zu  tragen  vermochte.  Viel- 
fach verlangte  das  Ceremoniel) ,  mit  Lasten  auf  der  Schulter  vor  dem  Für- 
s-ten  zu  erscheinen. 


156  Zweites  Kapitel. 

Mie-kn-pun  ist  eine  Karte  (pun)  der  grossen  (kri)  Erde  (mrae) 

oder  eine  Weltkarte, 
mre-pun-kri,  eine  grosse  Landkarte  (Karte  der  Erde). 

Tä    (stellen,    legen)    wird   manchen   Verben    hinzugefügt, 
ohne  den  Sinn  gerade  vielfach  zu  verändern  (wie  befehlen  und 
befehligen,    belasten   und  belästigen,   kreuzen-   und   kreuzigen, 
besehen   und   besichtigen,    u.  s.  w.),    ausser    bei   gewünschten 
Modificationen : 
hma,  anordnen  (hma-tä), 
kvay,  verbergen  (kvay-tä), 
hmat,  bemerken  (hmat-tä), 

mrit,    verhindern   (als  Hinderniss)  mrit-ta,   verhindern,   durch 
Indenweerlejxen  eines  Hindernisses. 
So   verbindet   sich   lup   (arbeiten)    mit    rauk   (bauen)   wie 
Bauen  und  Bauarbeit,  als  cauk  lup  (bauen). 

Gai»  (erdulden)  verbindet  sich  (gain-ra)  mit 
amwe  (Erbschaft)  als  mwe-gain  (eine  Erbschaft  erdulden)  oder 

erben, 
suk-se  (set  sa)  -khan  (Zeugniss  ablegen)  oder  bezeugen. 

Pru   (thun)    verbindet    sich    mit  sati-pru   (Sorge   tragen), 
ran-pru  (streiten) : 

ma-svä-pri,  das  Nichtgehen  geschieht  (es  ist  nicht  möglich,  zu 
gehen). 
Mit  cva  (trefflich)  werden  Adjectiva  in  Adverbia  verwandelt: 
kaun  (gut),  good, 
kann- cva,  well, 

auch  Verben  zugefügt  (in  Verbindung  mit  pru): 
muin-cva-pru,  hassen  (llass-viel-bewirken), 
man  (min)  -cva-pru,  lieben  (liebevoll  handeln). 

Tat  oder  wissen  (pru-tat-si,  wie  zu  thun  wissen  oder  das 
Thun  kennen)   drückt    auch    pflegen    aus,    lu   sae  tat  si,    der 
Mensch  ist  sterblich  (das  Menschen-Sterben  pflegt  zu  sein). 
Ceti  kä  so  sau  teik,  ein  Gebäude  gleich  einer  Pagode  (kai-to 

oder  bis  zum  Ueborsteigen), 
San  (sin)  ma  ka  so  hla  si  la  (ist  sie  so  hübsch  wie  du?),  dii- 

(Frau)  übergleich  bis,  schön  ist  wol? 
na   ma   guni   bü   ba   (bay)    nän    (ni)    cö   i   mi   lae   tan  (ti),  ich 
nicht  glaube,  so  (ti,  sage  ich),  was  wird  darauf  (von 
dir)  gesagt  werden, 


Das  Birmanische.  157 

si  san  (si)  hu  prau  san  (si)  (er  sagt,  dass  er  es  weiss),  wissen 

dies  so  sagt  (er). 
Svä-sau-lan,  obwol  er  geht. 
Leik  lae  pre  lae,  wie  der  eine  verfolgt,  läuft  der  andere. 

Nom. :  lu-si,  lu-kä,  ein  Mann, 

Aec.:  lii-ko,  einen  Mann,  lu-so,  gegen  einen  Mann, 

Instr. :    lu-si,  durch  einen  Mann,   lii-phraen,  mittels  eines  Mannes,  lu-hnaen, 

mit  einem  Mann,  lu-kraun,  wegen  eines  Mannes, 
Dat.:  lu-a,  einem  Manne,  lu-lina,  für  einen  Mann, 
Abi.:    lu-hma,    In-ka,    eines    Mannes,    lu-taek,    nielir    als    ein    Manu,    lu-auk, 

weniger  als  ein  Manu, 
Gen.:  lu-i,  lu-tixaen,  eines  Mannes, 
Loc. :  lu-nhaik,  in  einem  Mann. 

Aehnlich    stellt    Schleiermacher    die    Conjugationeu    und    Conjunetiv-Be- 
zeiehnungeu  sohematisch  zusammen: 
pru,  faire, 

prn  si,  faisant,  je,  tu  fais,  il  fait, 
pru  si  ko,  le  faire  (Accusatif), 
pru  si  taen,  dans  le  faire, 

pru  prih  si  ah,  a  la  chose  faite  oii  a  ce  qni  est  fait, 
pru  kra  kon  si,  facientes  (nous,  vous,  ils,  elles),  faisant. 
Pres :    pnisi, 

pruzaehsi, 
prukjesi, 
prnpesi, 
prusehsi. 
Passe:  prulesi, 
prurasi, 
pruralesi, 
pnikaesi, 
prubusi. 
Futur:  pruan,  pr\imi,  priianmi,  prupeimmi,  prulaftan, 

pruraan,  prurami,  pruraanmi,  prnrapeimmi,  pruraleimmi, 
pruralattan, 
Plusqueparfait : 
pruprih, 
pruleprib, 
pruraprih, 
pruraleprih, 
prukaeprih, 
prulekaeprih, 
prurakaeprih, 
pruralekaeprih, 
prubuprih. 
suah  nhaen  prih  oder  suah  laen  prih,  il  etait  alle, 
suah  nhaen  rai  oder  suah  laen  mi,  il  sera  alle. 


J58  Zweites  Kapitel. 

akraen-ko,  akraeii-so,  a  qui,  vers  leqiiel, 

akraen-ka,  akraen-mha,  de  qui, 

akraen-kraui'i,  k  cause  de  qui, 

akraeii-mha,  akraen  mükäh,  parnii  lesquels, 

akraen  so  ka,  akraen  so  mlia,  de  laquelie  sorte, 

akraen  so  krauü,  akraen  so  sau  kraui'i,  a  cause  de  laquelie  sorte, 

akraen  so-mliä,  akraen  so  kraui'i  nih  hu  mnkäli,  akraen  so  sau  krauü  nili  hu 

mukali,  dans  laquelie  sorte, 
sü-ka,  asu-ka,  d'ici,  dela, 
sö-niha,  aso-mha,  d'oii, 
s6-mhä,  asö-mhä,  en  ceci,  en   cela,  y, 
so-kraui'i ,  asö-kraun,  so-sau-kraun ,  aso-sau-kraui'i ,    ])our    quoi .    pour    que.    a 

cause  de  cela, 
so-kraun,    asu   kraun  nih  hu  mükäh,    so  sau  kraui'i,    aso    sau  krauü  nih  hu 

mükäh,  pour  quui,  pour  que,  parce  que,   a  cause,  pour  cela,  pour 

cette  raison, 

baej-kü,  abaej-kü,  qui,  que,  oü? 

baej-sö,  abaej-s6,  oü,  eomment? 

baej-ka,  abaej-ka,  baej-mha,  abaej-mha,  d'oü? 

baej-mhä,  abaej-mhä,  oü,  en  quoiV 

baej-krain'i ,     abaej-kraun,     baej-nih-krauü ,     bacj-kraun  ,    abaej-krauü-nih-liu- 

luukah,  pourquoi,  pour  quelle  raison? 
baej-so-ka,  abaej-so-ka,  que,  quoi,  eomment,  pourquoi  r 
baej-so-mha,  abaej-so-mha,  oü? 
baej-so-mhä,  ahacj-so-nihä,  oü,  en  quoi? 
baej-so-kraun,  abaej-SD-krauii,  pourquoi,  pour  quo, 
baej,  abaej  so  kraun  nih  hu  mükäh,  baej,  abaej   so  sau  krauü  nih  hu  uiukäh, 

pourquoi,  puur  que,  parce  que,  a  cause, 
jaen-so,  jaen-ko,   cumme  auparavant, 

jaen-ka,  jaen-hma,  jaeii-krauü,  de  ce  qui  s"est  passe  auparavant, 
jaen-mha,  jaen-mükäh,  dans,  parmi  ou  de  ce  qui  s'est  passe  auparavant, 
jaen-so-ka,  jaen-so-mha,  du  precedent, 
jaen-so-mha,  dans  le  precedent,  parmi  les  precedens, 
jaen-so-kraun,  jaen-so-sau-kraun,  jaen-so-sau-kraun-nih-hu-mükäh  .   ;i  lause  du 

precedent, 
i-ko,  i-so,  celui-ci,  ce, 

i-ka,  i-mha,  i-krauü,  de  lä,  pour  cette  raison, 
i-mha,  i-nulkäh,  parmi  ccs,  de  ces,  d'ici,  de  lli, 
i-sü-ka,  i-sü-mha,  de  ce,  de  celui-ci, 
i-so-krauü,  i-so-sau-kraun,  k  cause  de  cela.  pnur  cela, 
i-so-mhä,    i-so-kraun,    i    so    sau   kraun    nih    hu    mükäh,    pour    cette    raison. 

attcndu   que  cela  soit  aiwsi, 
si-so,  si-so,  ainsi,  de  cette  maniere, 
si-ka,  si-mha,  de  ce,  de  celui-ci,  de  cette  place, 
si-mhä,  si  tuaen,  ici,  voici,  dans  ce,  dans  celni-ci, 
si  krauü,  pour  cela,  a  cause  de  cela. 
si   mükäh,  par  rapport  k  cela,  relativemcnt  a  ci-la. 


Das  Birmanische.  159 

si  so  ka,  si  so  iiilia,  de  cette  maniere,  de  cette  methode, 

si  so  kraun,  si  so  sau  kraun,  parce  qu'il  est  ainsi,  a  cause  de  cette  maniere, 

si  so  mha,  si  so  kraun  nih  im  mukali,    si    so  sau  kraun  nih  Im  muUali,  de 

cette  maniere,  dans   cette  maniere, 
tho  ko,  tlio  so,  i'omme, 
tho  ka,  tlio  mha,  de  celui-la,  de  oela, 
tho  kraun,  a  cause  de  cela  oii  de  celui-la, 
tho  tuaen,  la, 

tho  mha,  tho  mukäh,  parmi  eux,  eii  celui-lä,  en  cela, 
tho  so  ha,  tho  so  mha,  de  tel.  de  cette  maniere, 
tho  so  mha,  parmi  tels, 
tho  so  krauü,   tho  so  sau  kraun,   tho   so  kraun  nih  hu  mukah,   tho   so  sau 

kraun  nih  hu  mukah,  a  cause  de  tel,  parce  qu'il  est  ainsi. 

Latter  führt  als  einfache  Casus-Affixe  auf:  san,  ka,  ka, 
ko,  so,  e,  ä,  hiia,  kraun,  hnan,  pran,  hnoit,  tvan,  way,  hma, 
hnia,  hpb,  hlya. 

Judson  nennt  unter  den  Accidents  of  Verbs  als  Assertive 
affixes:  san,  e,  bü,  ca,  pri,  am,  man,  lata  in;  als  continuative 
affixes:  lyet,  lyet  nin,  hlyin,  sau',  hnui,  Innuka',  raka',  tahmuka', 
tapri'ka',  hina,  katan'aka,  saulan,  inakyin"',  matan,  maca\ 
Ihikaca',  hlaüka,  aun,  i;  interrogatiA-e  affixes:  lau,  la,  nan,  lau, 
he,  tuin,  ein,  cani ;  imperative  affixes:  cö,  cöi,  lau,  lan,  nin, 
lin;  precative  affixes:  cesau,  cesatan,  cegato;  participial  affixes: 
sau,  san;  auxiliary  affixes  of  tense:  se,  goe,  s^'^,  nin,  lin,  gan, 
lu;  affixes  of  number:  kra,  kun,  krakuii;  qualifying  affixes: 
u,  kun,  kann,  gan,  gyan,  gyan,  ce,  cva,  cva,  cana,  cit,  tum, 
tau,  tay,  hnin,  pran,  bae,  mi,  hmi,  ra,  ret,  rai,  rhu,  sha,  Ivuin', 
lila,  hla,  ap,  a',  kaün,  gse,  cam,  tat,  tan,  teik,  ne,  pyin,  prac, 
pvay,  ra,  lauk,  lo,  Ivay,  voni,  tin,  sa;  euphonic  affixes:  0ye, 
na,  ca,  ta,  pa,  pe,  bi,  lop,  le,  leik;  closing  affixes:  hu,  tau, 
tat,  taka,  rakä,  gyin,  cva,  taun,  tamum,  nau,  le,  läle,  pa,  pati, 
kau,  kaule,  tan. 

Bei  der  trotz  vielfacher  Unterschiede  bestehenden  Ver- 
wandtschaft hält  Logan  das  Tibetische  und  Barmanische  fiir 
Reste  einer  frühern  Sprache.  Das  Khasia  (ein  Zweig  des 
Mon  und  Kambodischen)  repräsentire  den  Rest  einer  linguisti- 
schen Bildung,  die  im  Norden  der  transgangetischen  Halbinsel 
der  tibeto-barmanischen  Bildung  vorhergegangen.  Das  Naga 
(in  der  barmanischen  Familie)  steht  dem  Tibetischen  näher  als 
dem  Barmanischen  (s.  Maury),    Das  Mishmi  (zur  hainianischen 


160  Zweites  Kapitel. 

Familie  gehörig)  nähert  sich  dem  Naga^)  und  Abor  (mit  der 
Familie  Dhimal,  Bodo  und  Garow  zusammengrenzend).  Der 
Charakter  der  himalajischen  Idiome  (Bodo  und  Dhimal)  ver- 
bindet sie  mit  dem  Garow  und  Mikir  in  Assam.  Plusieurs 
entre  les  dialectes  de  Nepaul  semblent  ues  de  Taction  reciproque 
du  thibetain  et  des  langues  himalayennes.  Das  Yuma  mit 
seinen  Dialekten  (Kumi,  Khyen,  Kyo  u.  s.  w.)  nähert  sich 
theils  dem  Naga,  theils  dem  Barmanischen.  Gleich  den 
Kacchari-Dialekten  ist  das  Birmanische  (mit  Singhpho,  Naga, 
Mikir,  Abor  u.  s.  w.)  dem  Bhotija^)  anzuschliessen,  und  die 
Verwandtschaft  mit  den  tamulischen  oder  Tai-Idiomen  beruht 
(nach  Müller)  nur  auf  der  allgemeinen  oder  turanischen  Sprache 
in  derselben  Familie.  Ausser  den  lusprüngliclien  Sprachen  der 
Kol,  Sura,  Santhal  u.  s.  w.  sind  die  anderer  Eingeborenen- 
Stämme  in  Indien  (wie  die  Tudas,  Kotas,  Gond  oder  Khond 
u.  s.  w.)  dem  Dravidischen  (das  nach  seinem  Eindringen  theil- 


^)  Das  Manipur  (in  der  barnianischeii  Familie)  steht  zwischen  den 
Naga-  nnd  Yuuia-Dialekten.  —  Les  langues  de  \ä  faniiile  tibetaine  lient  les 
langues  ultra-indiennes  a  celles  que  l'on  appelle  dravidiennes  (Maury).  — 
Nach  Lepsius  sind  die  stummen  Präfixe  der  tibetanischen  Worte  (aus  mehr- 
silbigen hervorgegangen)  gesprochen  worden.  —  The  Khamti  is  a  dialect 
of  the  Thai  (Robinson).  —  Le  dialecte  Rakhoing  est  un  dialecte  du  Ikirman, 
mais  tous  les  anciens  dialectes  de  l'Aracan  depuis  le  Khyeng  jusqu'au  Kouki, 
conservent  des  traces  d'un  Systeme  de  preiixes  detinis,  qui  les  rapproi'he  du 
mon  et  du  cambodjien.  —  Beim  Vorwalten  der  nasalen  Finalen  in  den  ultra- 
indisehen  Sprachen  scheinen  selbst  in  einigen  Dialekten  der  Karen  (Pwo 
und  Sgan)  alle  Worte  auf  n  zu  enden.  Theile  di-r  tamulischen  Literatur 
datiren  zurück  auf  das  8.  und  9.  Jahrhundert,  des  Telugu  auf  das  l'i.  Jahr- 
hundert p.  J.  Die  Alphabete  sind  Hindu-Ursprungs  und  philosophische  Aus- 
drücke dem  Sanskrit  entlehnt.  Neben  dem  gewöhnlichen  Dialekte  des 
Japanischen  (polysyllabisch  und  agglutiuativ)  findet  sieh  der  ältere   Yamato. 

^)  The  Kassia  is  distinguished  froui  all  ilie  sunounding  languages 
(Indian,  Uitraiudian  and  Tibetan)  by  its  direct  and  prepositional  ideology 
(Logan).  The  Kassia  (or  Khys)  laugu.ige  exhibits  no  aftinity  with  any  of 
the  languages  of  the  neighbourhood,  but  (according  to  Fisher)  a  peoplo 
resenibling  the  Khyi  in  some  particulars  formerly  occupied  a  position  on  tlio 
South  bauk  of  the  Brahmaputra,  at  Measpara,  wherc  they  were  ealied  Mek 
(originally  froni  the  frontiers  of  Butan  and  Nepal).  —  The  name  Naga  seen  s 
to  have  been  given  to  the  Kwaphi  by  the  Brahmans  (s.  M.  Müller).  The 
Naga  tribes  are  scattered,  but  not  migratory,  like  the  Kaecharis  and  Kukis 
(Kunjye).  Anuther  name  of  the  Kukis  is  Lankta  (naked)  and  the  name  of 
the  Nägas  is  likewise  explained  as  if  derived  from  the  Sanscrit  Nagna 
(naked). 


Das  Birmanische.  161 

weise  wieder  dem  Indoeuropäischen  weichen  musste)  verwandt, 
und  auch  die  Sprache  der  Brahuis  (in  Beluchistan)  ruht  auf 
dravidischer  Basis,  obwol  mit  Hindu-Worten  gemischt  (Whitney). 
Nach  Campbell  entspricht  die  Sprache  der  Mon  oder  Taleiu 
der  der  Sonthal  (s.  Phayre),  und  Mason  stellt  die  Sprache 
der  Talein  mit  der  der  Kol  zusammen.  Die  in  Chota  Nagpur, 
dem  Lande  des  Kolstammes  (aus  den  Munda  oder  Ho)  an- 
gesiedelten Uraon  sprechen  einen  Dialekt  der  Male.  Nach 
Morton  entspricht  das  Mon  oder  Talein  dem  Kamboja  am 
Mekong.  Die  Nagas  oder  Kwaphyi  bewohnen  mit  den  Kukis, 
Alte  (wie  die  Padaei)  essend  (den  das  Ohr  avisziehenden  Garos, 
die  Köpfe  senden,  ähnlich),  die  Berge  um  Munipur.  Die 
Khassia  leben  zwischen  Kacchar  und  Garos  (mit  megalithischen 
Steinmonumenten).  Die  Kukis  sind  zum  Theil  von  den 
Manipuriern  (mit  chinesischer  Betonung  in  der  Khassia-Sprache) 
unterworfen.  Die  Mikir  wurden  durch  die  Kacchar  von  den 
Jynteah-Hügeln  vertrieben.  Die  Khyen^)  (Miko  oder  Shyu) 
oder  Kang  zogen  sich  bei  der  birmanischen  Einwanderung 
(nach  Zerstörung  Kapilawuts  unter  With-hat-hupa)  nach 
Tagoung  aus  der  Ebene  Sagains  in  die  Berge  zurück.  Die 
Ahom  (von  den  Laos  in  Mogaung)  besetzten  Assam  (1224  p. 
J.),  wie   die  Kocch   (von  denen  dann  die  Theb  oder  Thebula 


')  Unter  den  Kassays  (Munipurs)  oder  Meekleys  (Muggalus)  sprechen 
die  Shendoos  oder  Poehs  verschieden  von  den  Khumis  (zu  den  Birmanen 
gehörig).  Die  Singho  oder  Thinbau  sind  (nach  Kinliaid)  den  Ka-khyen  ver- 
wandt, und  ihre  Sprache  ist  (nach  Bigandet)  ein  Dialekt  der  Singpho.  Jeder 
Gam  (Stammhäuptling)  der  Singpho  beherrscht  einen  dienenden  Clan  der 
Kakus  (mit  den  Gum-Lao  als  freiwilligen  Sklaven).  Die  Ka-kuas  sind 
civilisirter  als  die  Ka-kuis.  Die  Kadus  finden  sich  zwischen  Tagoung  und 
Mogaung  zerstreut  (Hannay).  Neben  Naga,  Garos,  Mischmis  (Kukis)  finden 
sich  Khyen  (wie  unterworfene  Mischmis)  als  Miko ,  dann  als  Mikir  (in 
Jynteah)  unter  Kacchar,  als  Meekly  (den  erobernden  Kasai  wie  die  Kassia), 
als  Kang  in  Sagaim  unter  Toungthu  (in  Karen),  wo  sie  von  den  Birmanen 
verdrängt  (und  in  den  Kadus  zerstreut),  nach  der  Zerstörung  Kapilawuttis 
als  Ka-khyen  unter  den  herrschenden  Khamti  (als  Singpho  erobernd)  auf- 
treten, als  Mecch  in  den  Kacchar  (Bado  oder  Rangtsa),  Kamrup  erobernd 
(von  Kocch  aus  Behar  besiegt).  Die  Lao  strecken  sich  als  Ahom  nach 
Assam  und  als  Tai  nach  Slam.  Die  Mon  wurden  durch  die  Kaiinga  (Talein) 
civilisirt  (aus  den  Silong  des  Mergui-Archipel) ,  wie  die  Khmer  aus  Java 
(in  Kambodia  der  Gam)  in  den  Kha-Stämmen  (So,  Tampuen,  Sthieng, 
Banar,  Sedan,  Euay,  Xong)  wurzelnd. 

Bastian,  Studien.  11 


]^(32  Zweites  Kapitel. 

zurückgeblieben)  Behar  in  Kamrup  i),  wo  die  Kacchar  besiegt 
waren.  Die  Khamti  drangen  von  den  Quellen  des  Irawaddi 
in  Assam  vor,  als  Khamti  von  Sudya  (von  den  Bhor-Khaniti) 
mit  siamesischer  Sprache  (nach  Robinson),  die  Butanesen  oder 
Lamas  und  die  von  diesen  beherrschten  Kha-Pok  besiegend. 
Statt  von  Naga  (Berg)  leitet  Bietet  naga  oder  Schlange 
(nag,  bind.,  oder  nayä,  singhl.,  na)  von  nä-ga  oder  a-ga  (wie 
ag,  volvi  mit  copt.  ago  oder  Viper)  qui  ue  marche  pas  (c'est- 
ä-dire,  qui  rampe).  Dans  les  langues  germaniques  on  trouve 
l'ang.-saxon.  snaca,  scand.  snakr,  snökr,  angl.  snake,  serpent, 
anc.  allm.  sneccho,  escargot,  etc.  (se  liant  au  verbe  ang.-sax. 
snican,  anc.  allm.  snaehan,  ramper,  Irland,  snagaim,  snighim,  j 
id.  snagan,  reptation,  snagach  rampant).  L'hebreu  nachash 
(arab.  näkkaz,  serpent)  vieut  de  nachash  (sibilavit)..  Vom 
Wort  snu,  vu  geht  eine  grosse  Menge  Formen  aus  mit  der 
Grundvorstellung  fliessen  (vao),  schwimmen  (ve'w),  als  wahr- 
scheinlich vaüc,  navis,  nacho,  nauka  u.  s.  w.  oder  vielleicht 
vtcpa,  snaiv,  snigti,  nix  u.  s.  w.,  mit  erweiterndem  dentalen 
Zusatz  ahd.  snü-z-an,  emungere,  woher  Schnauze,  mit  guttu- 
ralem, das  gleichbedeutende  lit.  snu-k-is  mit  p  lit.  szny-p-ti, 
schnauben  u.  s.  w.  (s.  Curtius).  Auch  könnte  va«  zu  skt. 
snä  lavare  (na-re,  na-ta-re,  na-su-s)  gehören.  „Sicherlich  ge- 
hört v'/]-x-w,  f-  <5V7)-x.-w  mit  seinen  Ableitungen  entweder  zu 
W.  snä  oder  zu  snu  und  verhält  sich  zu  va«,  vi'o  wie  a[kriYO 


>)  Die  Kacchar  (Bado)  oder  Rangtsa,  den  Mcccli  (die  von  den  Grenzen 
Nepals  und  Bliutans  nach  dem  Süden  dos  Brahmaputra  zogen)  verwandt, 
kamen  aus  dem  Nordosten  zur  Eroberung  Kanirups  (die  Nagas  unterwerfend), 
zu  l)rahmanischen  Eajas  der  Suribangsi  geweiht,  die  Hoje  oder  Hojai-Spraclie 
(nach  Logan)  redend.  Die  Lepchas  neben  den  Bhutias  oder  Potc  zerfallen 
in  Roug  und  Khamba.  Die  Mishmis  (in  gemeinsamen  Häusern  lebend) 
kamen  nach  Assam  herab  (aus  den  Bor-Mishmis).  Die  Abor  und  Bor-Abor 
leben  längs  des  südlichen  Himalaja.  In  der  Umgrenzung  von  Manipnr 
werden  (nach  Gordon)  die  Dialekte  Songpu,  Kapwi,  Koreug,  Maram,  Cham- 
phung,  Luhuppa,  Nord-Taukhul ,  Mittel-Taiikhul ,  Süd-Tankhul,  Klioibu, 
Maring  gesprochen  (s.  Brown).  Die  Yuma-Dialekte  stellen  zwischen  dem 
Naga  und  Birmanischen.  Das  Khasia  (dem  Mon  und  Khmer  verwandt) 
repräsentirt  ältere  Grundlagen  als  das  (dem  Tibetischen  verwandte)  Bir- 
manische (Logan).  Das  Mon  mit  Sonthal  verwandt  (s.  Campbell)  und  mit 
dem  Kol  (s.  Mason)  aus  Munda  oder  Ho  (mit  Uraon  oder  Male).  Die 
Sprachen  der  Kol,  Sura,  Sonthal  sind  ursprüngliche,  wogegen  die  der  Tudas, 
Kotas,  Ghond  dem  Dravidischen  verwandt  sind  (Whitney). 


Das  Birmanische.  163 

ZU  a,aa«,  ^pifj^w  zu  ^clo,  v|;a"jo,  ebenso  VTjaoc,  Na^Oij  für  vtixio? 
mit  vYjCca  (anat.  von  virjx,«)  stammverwandt"  (nach  Bopp  auch 
mit  nasä,  Nase). 

Die  Stämme  der  Naga  gelten  als  die  Nackten.  Nudus  ^) 
wird  als  ne-ii-du-s  (unangezogen)  erklärt  (nach  Vossius)  und 
YUfxvoc    aus    sx-äyu-fj-svo^    als   sx-§u-[X£vo-c;   oder   ausgezogen    (s. 


^)  Nada  ist  (sanskr.)  Fluss  wie  nad  (natjan,  nass),  sonare  (wie  vana 
von  van)  und  Suna  von  su  (tröpfeln).  Zwischen  gora  (illyr.)  oder  Berg 
(giri)  findet  sich  eine  ähnliche  Beziehung  zu  gorod  (als  Akropolis)  wie 
zwischen  Naga  (Berg)  und  Nagara  (Stadt)  im  Sitz  der  Anakten.  Das 
gothische  Nadrs  (Nadder  oder  Natter)  oder  ers.  nathair  (natrix  oder  Wasser- 
schlange von  nare)  wird  auf  nah  (nectere)  zurückgeführt,  naddhri  oder 
(schlangenartiges)  Seil  (naddha,  gebunden).  Die  onomatopoetisch  in  snaca, 
sleichen,  schleichen  (sliupan  und  slifan  in  serpere  und  epTiu,  als  serpens 
und  irl.  searfan)  ausgedrückte  Wurmbewegung  (schon  der  Zunge)  ist  gegen- 
wärtig noch  im  englischen  sneak  genauest  getroffen,  und  wird  dort  als  snake 
auf  (schlängelnde)  Schlange  angewandt,  im  Deutschen  auf  Schnecke  als 
sneaking.  Der  Uebergang  in  Naga  ist  etymologisch  gerechtfertigt,  ebenso 
in  Naya  und  damit  in  den  vielfach  schlangenartig  erscheinenden  Genien- 
gestalten der  Nai  und  Nak,  sowie  der  mit  nix  (durch  snigti)  verbundenen 
Nixen,  und  da  snü-jan  (Schnauze)  snukis  (lit.)  weiter  auf  sznypti  (schnauben) 
führt,  so  wäre  der  Zusammenhang  vom  hebr.  nächäsh  (von  nächash,  sibilavit) 
mit  sanskr.  Naga  (im  König  Nahusha)  gleichfalls  erklärbar.  Der  weitere 
Zusammenhang  mit  Mau  (fliessen),  veo)  (schwimmen)  ist  in  der  Schlangen- 
bewegung selbst  und  der  Vergleichung  der  Flüsse  mit  Schlangen  (oder  gleich 
Schlangen  in  zischendem  Vibriren  sausenden  Pfeilen,  wie  die  der  Kaffir) 
nahegelegt,  und  wie  sich  aus  Nagara  (Angara)  Ankor  bildet,  scheint  der 
Uebergang  von  Nak  in  Ank  (angh  in  der  Sündenschuld  der  bösen  Schlangen 
als  Angst  und  anxius)  und  Anak  bequem  (beim  Festhalten  der  fürstlichen 
Stammesbeziehungen  zu  einem  abyssiuischen  Schlangenahn  autochthoner 
Bildung  in  den  später  riesig  vergrösserten  Gestalten  einer  vorgeschichtlichen 
Dynastie).  Anguis  (lat.)  und  anguilla  stellt  sich  zu  lit.  angis.  Gnixus 
(gnitor),  nactus,  nectere,  vY]oa(i),  dvaaaw  deuten  vielfache  Wege  an,  die  erst 
durch  eingehende  Detailuntersnchungen  genau  aufzunehmen  und  zu  erforschen 
sind,  ob  sie  nach  andern  Richtungen  auseinander-  oder  vielleicht  zu  einer 
gemeinsamen  Wurzel  zurückführen,  und  dann  auch  gigno  (bei  der  spontan 
vermutheten  Entstehung  der  Schlangen  aus  dem  Boden),  kuni,  queen,  kuning, 
gens  u.  s.  w.  oder  (wenn  sich  die  Reihe  der  üebergänge  scharf  genug  her- 
stellen und  festhalten  Hesse)  yujjlvoc;  (im  Hinblick  auf  das  zu  vielen  Symbolen 
dienende  Häuten  der  „nackten"  Schlangen) ,  nudus  u.  s.  w.  einschliessen 
würde.  Die  vergleichende  Etymologie  vertheilt  alle  diese  Worte-  unter  ver- 
schiedene Wurzeln,  worauf  die  so  weit  nachgewiesenen  Üebergänge  bezogen 
werden,  und  handelt  darin  gewiss  durchaus  richtig,  da  nicht  anders  gehandelt 
werden  kann,  wenn  zunächst  ein  klarer  Einblick  in  das  vorläufig  als  sicher 
Festgestellte    gewonnen    werden    soll.     Indess   darf  man    diese   zur  Erleich' 

11* 


\Q4:  Zweites  Kapitel. 

Curtius).  Mit  nodus  (lat.)  ist  ahd.  cnodo  verwandt.  „Die 
deutschen  Formen  hneiva,  liniga,  neigen,  führen  (bei  vsuo  von 
W.  vu)  auf  eine  W.  knu,  die  durch  Zulaut  zu  knav,  daher  im 
Deutschen  zu  hniv  wird;  aus  dem  a  entwickelt  sich  gv  und 
g"  (s.  Curtius).  Auch  nictere  (nictare)  könnte  verwandt  sein 
und  Zusammenhang  von  gnit-or,  gnixus  (hneg-enti,  niteus, 
ana-hnek-enti,  innitentes,  ana-hnaiv-ja-n)  ward  vermuthct.  Die 
Hiongnu  verwandelten  später  ihren  von  den  Chinesen  durch 
Sklaven  gedeuteten  Namen  als  Hunnen,  der  ebenso  auf  Knechte 
führen  könnte,  wie  (nach  etymologischen  Regeln)  ^cvu  (YOuvoojj.aL 
und  YOwa^o[j.a(.)  und  genu  auf  (goth.)  kniu  (des  knienden, 
knight).  Curtius  vergleicht  youvoc  (Bühel,  Hügel),  rowc. 
Daneben  läuft  (wie  die  stolzen  Godo  neben  dienenden  Getcn) 
der  riesige  Heune  oder  Huine,  gröz  alsamt  ein  Hüne  (Herbart), 
Hunus  Chunus  (s.  Grimm).  Das  Hunaland  war  Sigurd's  Hei- 
mat. OuToi  hi  aTuavTSC  xoiv^  [xsv  2x'J'3'a!,  xai  Ouvvoi.  £7cwvc[xa- 
^ovTO  (Agath.)  als  Massageten,  otji;  vuv  Ouvvo'Ji;  xaXouctv  (Proc). 

An  dasyu^)  (Feind)  oder  der  (böse)  Zerstörer  (das, 
occidere)  im  Sanskrit  schliesst  sich  dasa  (der  Sklave  oder 
Barbar).    Pott  erklärt  8£a7tcTV](;  als  Dasapati  (Herr  der  Sklaven). 

Von  Mombas  bis  nach  der  Westküste  hinüber  gilt  Ganga 
(Waganga)  als  der  Name  der,  Zauberei  (Uganga)  übenden 
Fetischpriester,  deren  Pia iip taufgab e  im  dürren  Betschuana- 
Lande  darin  besteht,  Pula  oder  Regen  zu  geben,  den  lubegriif 
aller  Wonnen,  wie  die  Ganga  im  Krijajosagaras,  der  von 
Bhagirathas  auf  die  Erde  herabgezogene  Khapaga  oder  Him- 
melsfluss,  Mutter  des  schrecklichen Kartikejas  oderGangadschas. 
Mit  dem  Kuhopfer  werden  Vayu  und  die  Marut  um  die  Milch 


terung  des  Systembaues  aufgeführten  Gerüste  nur  nicht  als  schon  integrirende 
Theile  des  eigentlichen  Baues  ansehen  und  sie  selbst  wieder  als  Stützen 
für  die  weitern  Etagen  verwenden  wollen.  Ebenso  unzulässig  ist  es  freilich 
auf  der  andern  Seite,  ohne  diese  stützenden  Gerüste  in  die  Luft  hinein 
Hypothesen  bauen  zu  wollen,  die  bald  genug  von  selbst  zusammenbrechen 
würden, 

')  Dem  sanskr.  durmanas  oder  Hass  entspricht  (von  dus  oder  schlecht) 
dushmau  oder  Feind  (im  Persischen),  5uafj.£VT)?,  irl.  dombaoin,  illyr.  barb, 
dusomauin  (s.  Pictet).  Büm  (terre,  demeure),  büd  (maison)  de  sanscrit 
bhavana  habitation  (bhü  fieri),  bod,  maison,  cymr.  Armen,  lörai  (njaison), 
ang.-sax.  lär,  maison  (Pictet).  Wie  murus  vom  sanskr.  niü  (ligare,  vincirc), 
kommt  want  (paries)  im  Altd.  von  wiutan  (plectere,  torquere). 


Das  Birmanische.  IGb 

der  Wolkenkühe  gebeten.  Indra*)  zerschmettert  Vitra  oder 
Bahi,  die  in  der  Höhle  eingeschlossenen  Kühe  zu  befreien, 
denn  le  mot  go,  vache,  designe  aussi  l'eau  Celeste  ou  terrestre, 
qui  fecond  tont  (s.Pictet).  Purus  (sanskr.  und  plurimus)  inPurai, 
Wasser  in  Australien,  j^hlo  im  Siamesischen  Zeit  oder  günstiger 
Zeitmoment  (im  Wetter).  Die  Wurzel  plu  ist  dem  Lateinischen 
(in  pluvia)  mit  Griechischem  und  Sanskrit  gemeinsam  (flodus 
goth.  als  fluitus  oder  Fluss),  im  Deutschen  poltern. 

Zur  Zeit  des  Königs  Asoka  errichteten  Jakscha-Künstler 
die  Tschaitjas  der  acht  grossen  Städte ,  die  innere  Umhegung 
A'on  Vadschrasana  u.  s.  w.  Zur  Zeit  des  Nagardschuna  er- 
schienen ebenfalls  vielfach  von  Naga-Künstlern  ausgeführte 
W^erke  (nach  Taranatha).  Der  Raschasa  Hidimbas  wird  im 
Mahabharata  rothbärtig  geschildert  (als  Recke  oder  Recchio). 
Zu  den  Jakschas  oder  Rakschasas,  die  oft  gehörnt  sind,  ge- 
hörten Rawava  (Yawana),  in  ihrer  riesigen  Eigenschaft  als 
Anu9ara  oder  Beleidiger,  während  die  als  Vampyre  in  Höhlen 
und  Gräbern  hausenden  Rakschasas  mit  dem  Namen  Naktan- 
tschara  bezeichnet  wurden.  Ueber  die  den  Rakschasas  ver- 
wandten Daitjas  oder  Titanen  (und  Asura)  herrschte  König 
Bali.  Goth.  rakja  (recken)  und  lat.  rex  (rego)  führt  auf 
af£7«  (rgras  oder  Führer  im  Sanskrit)  und  ps^o  (Wurzel  psy) 
auf  (sanskr.)  ragas  (rubor).  Die  Rakschasas  wären  dann  zu 
macedonischer  Zeit  die  Rutennu  oder  Rothen,  als  welche 
früher   die   von   Teuthamas   beherrschten  Assyrier   (in  Daitja 


^)  Ameise  (vamra)  heisst  im  Sanskrit  auch  divi  (diwak  im  Fers.).  — 
Dans  le  Rigveda  manyu  signifie  colere  (ijlyi'^'.i;).  Le  nom  de  dien  Mainyu 
(de  la  rac.  man,  penser)  s'emploie  (intelligent  et  Celeste)  en  parlant  d'Ormuz 
et  d'Ahriman  (Spento-mainyu,  Anhro-mainyu)  en  zend.  On  trouve  dans  le 
Rigveda  un  hymne  addresse  a  Mainyu  (la  personnification  de  la  colere 
sainte,  qui  s'eleve  victorieusement  contre  tout  principe  ennemi).  La  mythologie 
des  Puranas  montre  de  meme  la  colere  de  Brahma  se  personniliant  sous  la 
forme  de  Rudra  lors  de  la  creation  du  monde.  Le  Manu  svayambhavu, 
TEsprit  existant  par  lui-meme,  qu'il  fait  sortir  ensuite  de  sa  propre  essence, 
et  qui  lui  est  identique,  n'est  qu'une  autre  forme  du  dieu  supreme  comme 
intelligence  (Pictet).  Richardson  donne  Mana  comme  un  des  noms  de  dieu 
(dans  l'ancien  persan),  Mann  oder  Gott  im  Irländischen  (nach  O'Reilly). 
Manitu  im  Algonquin.  —  Die  Völkerformen  Wanika,  Wakamba,  Wateita 
u.  s.  f.  sind  Mehrheitsformen  von  den  Wörtern  Mnika,  Mkamba,  Mteita. 
Ebenso  Msungu  (Europäer)  gibt  in  der  Mehrheit  Wasiingu.  Zur  Bezeichnung 
des  Landes  wird  das  vorlautende  M  oder  Wa  mit  U  vertauscht. 


Ißß  Zweites  Kapitel. 

und  Asuren)  auftreten.  Mesech  (Dib  Jacka)  oder  Mongol 
(Bruder  des  Turk)  ist  Sohn  des  Japhet  (der  Javanen),  Die 
Erinnerung  an  diese  Jakscliasa  (die  bis  Java  die  Schriftalphabete 
verbreitet  haben  sollten)  und  der  von  ihnen  aufgefiihrten 
Prachtwerke  erhielt  sich  lebendig  in  Indien  während  des  Be- 
standes des  griechisch-baktrischen  Reichs.  Als  dann  die  indo- 
scythischen  Saken  vordrangen  und  die  Baktrier  unterwarfen, 
wurden  diese  zur  Stufe  der  Eingeborenen  herabgedrückt,  deren 
Namen  sich  wie  die  Naga  und  Nixen  den  autochthonen 
Schlangen  annähert.  Bei  ihrer  höhern  Bildung  indessen ,  die 
Nagardjuna  zum  Studium  ihrer  Biicher  fiihrte,  gewannen  sie 
allmählich  (wie  Romano-Celten  über  die  eingedrungenen  Ger- 
manen) das  Uebergewicht,  und  der  Name  Naga  wurde  deshalb 
in  Indien  eine  Zeit  lang  für  die  herrschende  Klasse  verwandt, 
während  dort  sonst  der  der  Saka  hervortritt. 

Die  zusammengesetzten  Worte,  wie  sie  im  Hebräischen 
(und  mehr  noch  im  Chaldäischen)  vorkommen,  sind  der 
arabischen  Sprache  fremd,  die  keine  i)  Compositionen  zu  bilden 
vermag.  Die  Formel  des  Eides ,  den  die  Femschöft'cn 
schwuren,  hat  eine  Sprache,  die  einer  altern^)  Zeit  angehört 


')  Les  langues  monosyliabit^ues  nous  presentent  peu  de  mots,  qiii  leur 
soient  coramuns,  elles  en  ont  sans  doute,  mais  leur  nombre  compare  a  celui 
dans  les  langues  polysyllabiques  est  toujours  fort  liniite  (Schleiermaeher). 
Les  Annamites  ont  une  inusique  monotone,  dans  laqiiclle,  dit  Lemire,  il  n'y 
a  que  cinq  tons,  sans  denii-tons  ni  acoidents.  Chez  les  enfans  et  les  indi- 
vidus  illettres  et  surtout  dans  les  petits  villages,  eloignes  des  grands 
centres,  les  intonations  sont  fortement  indiquees  dans  le  langage,  qui 
devient  une  sorte  de  cbant  perpetuel  (Rosny)  in  Cochinchina.  Les  six  in- 
tonations (des  Annamites),  en  se  combinant  entre  elles  de  dilYerentes  ma- 
nieres,  forment  des  cspeces  qui  presentent  chacune  leur  caractere  particulier 
(De  Micbels).  —  Tabard  stellt  die  annamitischen  Betonungen  durch  Musik- 
zeichen dar.  —  L'idiome  des  Otomis  (Hia-hia)  est  monosyliabique. 

^)  Nach  Livius  wurden  die  römischen  Knaben  früher  Etruscis  litteris 
unterrichtet,  wie  später  im  Griechischen.  —  Depuis  le  declin  du  sixieme 
siecle,  les  formes  latines  deviennent  moins  pures  pour  beaucoup  de  noms 
de  Heu  des  pays,  oü  dominait  relement  romain ,  et  des  l'avenement  des 
Carolingiens,  il  y  a  de  ccs  noms  qui  dcja  ne  sont  plus  latins,  iis  sont 
romans.  On  les  voit  parvenus  au  premier  degrc  de  la  metamorphose  qui 
les  rendra  fran9ais.  Le  cas  est  rare  assurement,  il  devient  plus  frequent 
au  dixieme  siecle,  et  plus  encore  au  onzieme,  de  sorte  qu'apres  l'au  1100, 
ceux  qui  ecrivent  en  latin  ne  savent  plus  rendre  avec  exactitude  la  nomen- 
clature  territoriale  (Quicherat).  —  Metz  bildet  sich  durch  Mettis  aus  Medio- 


Das  Birmanische.  JgY 

(nach  Eichhorn).  Im  Gegensatz  zu  pastor  wird  Pfarrer  für 
ein  deutsches  Wort  gehalten,  obwol  Pfarre  von  parochia 
kommt  (s.  Zinnow).  Kirche  von  XTjptaxT] ,  Kelch  von  calix, 
dichten  von  dictare,  Brief  von  breve,  Esche  von  asculus,  Fell 
von  pellis,  Pelz  von  pellicia,  Fenster  von  fenestra,  gestern  von 
hesternus,  Gurgel  von  gurgulio,  kahl  von  calvus,  Kalk  von 
calx,  Zahn  von  dens,  Karpfen  von  carabus,  Käse  von  caseus, 
Kerze  von  ceratum,  Kette  von  oatena,  Kiste  von  cista,  Kohl 
von  caulis,  Lärm  von  alarme  (aux  armes),  Linse  von  lens, 
Markt  von  mercatus,  Priester  von  TrpscßuTepot;,  nett  von  nitidus, 
Oel  von  oleum,  Pech  von  pix,  Pfalz  von  palatium,  Pfeil  von 
pilum,  Preis  von  pretium,  prüfen  von  probare,  recht  von  rectus, 
schreiben  von  scribere,  Tafel  von  tabula,  Thräne  von  'ä^p'^jvo^, 
Thurm  von  turris,  Wein  von  vinum,  Zoll  von  telonium,  gelb 
(gilvus),  kochen  (coquere),  Halm  (calamus).  Maus  (mus), 
mischen  (miscere),  neu  (novus  in  gemeinsamer  Wurzel  der 
indogermanischen  Sprachen),  Thür  (^upa),  Rad  (rota)  u.  s.  w. 
Nach  Ficker  gibt  es  Fälle,  wo  zahlreiche  Familien,  je  nach 
den  Verhältnissen ,  mit  dem  Gebrauche  ^)  der  deutschen,  pol- 
nischen, magyarischen,  ruthenischen  Sprache  wechselten. 

Ableitungen  mit  sk  (seh,  isch)  im  Deutschen,  wie  mennisco 
von  Mann  (Mensch),  Tiusco,  Cherusci,  deutsch  u.  s.  w.,  im 
Griechischen    vsaviaxoc,    hogiaxoc,,    9pov'!axo£;,    im    Lateinischen 


matricis,  Verdun  aus  Virodunum,  Fougeres  aus  Felgeriae,  Luynes  aus  Lodena, 
Troyes  aus  Trecis,  Mey-lan  oder  Ma-lin  aus  Mediolanum ,  Couard  aus 
Cucubarrum ,  Meude  aus  Mimatensis  (urbs),  Friac  aus  Afriacus,  Ause  aus 
Asa,  Echevronne  aus  Scabroiia,  Frejus  aus  Forum  Julii,  d'Agny  aus  Dagni- 
nus,  Lillebonne  aus  Juliobona,  u.  s.  w.  —  Die  Sprache  der  Runen-Inschrift 
auf  dem  goldenen  Hörn  (aus  dem  4.  Jahrh.  p.  J.)  ist  noch  die  gothische 
(oder  doch  ihr  ähnlich),  während  die  Steininschriften  (besonders  im  9.  Jahrh.) 
entweder  nordisch  oder  angelsächsisch  sind  (Liliencron).  —  De  sacris  sil- 
varum,  quae  nimidas  vocant  verboten  die  zu  Lesdain  versammelten  Bischöfe 
(7-io  p.  J.)  den  Heiden  in  ihren  Gebräuchen. 

^)  In  der  gewöhnlichen  Flexion  des  Inlinitivs  an  lautend,  während  im 
Friesischen,  Nordischen,  Englischen  (im  Hochdeutschen  nur  mundartlich)  das 
u  abfällt,  kann  ein  ursprünglicher  Accusativ  liegen.  Der  Infinitiv  ist  eine 
Art  Substantivirung  des  Verbums,  dessen  regeres  Leben  dabei  aufhört 
(Grimm).  Die  ahd.  mhd.  alts.  ags.  altfi-.  Verbalgenitive  und  Dative  sind 
(nach  Grimm)  den  Namen  des  lat.  Gerundium  entsprechend.  Go  von  gangan 
(altd.),  gaan  (niederdeutsch),  geist,  geit.  Das  ags.  gongan  vereinigt  drei 
Präteritivformen,  eode  (iddja),  geong  (giong  oder  gaigagg),  gengde  (gaggida). 


168  Zweites  Kapitel. 

musca  (von  [j.ula),  priscus  (von  pri),  Etrusci,  Valisci,  Volski 
u.  s.  w-,  tedesco  (ital.),  gigantesque  (franz.),  im  Slawischen 
Lipsko,  Tobolsk,  Minisk  u.  s.  w.  (s.  Bender).  Die  Deutschen 
(Niemcy  oder  Stumme  der  Slowo  ^J  oder  Redenden)  sind  die 
deutUchen  (s.  Bender). 

Die  Ableitung  der  hieratischen  Schreibart,  die  (wie  die 
demotische  im  7.  Jahrh.  a.  J.)  besonders  im  17.  Jahrh.  a.  J. 
(mit  der  18.  und  19.  Dynastie)  auftritt,  aus  den  ägyptischen 
Hieroglyphen,  könnte  den  östlichen  Nomadenvölkern  zuge- 
schrieben werden,  die  eine  nach  dem  chinesischen  System  ge- 
bildete Schreibweise  mit  sich  brachten  und  auch  in  Mesopo- 
tamien eingefiihrt  hatten.  In  den  letztern  Ländern  Hessen  sie 
dieselbe  unverändert,  da  sie  ihnen,  wie  früher,  genügte  und 
die  unterworfenen  Eingeborenen  sich  durch  Erlernung  der- 
selben nach  dem  Gebrauche  ihrer  Herren  zu  richten  hatten. 
In  Aegypten  fanden  sie  dagegen  schon  die  hieroglyphische 
Schrift  ausgebildet  vor,  und  zersetzten  dieselbe  nur,  um  sie 
auch  für  sich  nutzbar  zu  machen,  in  die  alphabetischen  Zeichen, 
aus  denen  die  hieratische  Schreibweise  hervorging.  Als  später 
den  sogenannten  Scytho-Turaniern  in  Mesopotamien  anders- 
sprechende Völker  folgten  und  die  Keilschrift  dort  vorfanden, 
machten  sie  gleichfalls  Versuche,  dieselbe  für  sich  zu  ver- 
werthen,  kamen  aber  nur  bis  zum  syllabischen  System  der 
hieratischen  Schreibweise,  und  hatten  nun  von  der  Unbequem- 
lichkeit zu  leiden,  dass  die  ursprüngliche  Uebcreinstimmung 
der  ideographischen  und  phonetischen  Werthe  verloren  ging 
und  das  zu  Strichen  reducirte  Bild  fremden  Ursprungs  nicht 
länger  den  Laut  in  der  Sprache  der  Chaldäo-Assyrier,  Ar- 
menier, Susier  u.  s.  w.  decken  konnte.  Die  Slawen  schrieben 
auf  breterne  Tafeln  (Desky).   Nach  Dithmar  war  jedes  Götzen- 


')  Wenden  sind  (nach  Adelung)  Küstenbewohner  (Wand  oder  Watu  als 
Wasser  oder  Meer).  Die  Lutizer,  Wilzen,  Obotriten  u.  s.  w.  hiessen  Weliki 
(Grosse)  oder  Wilki  (Furchtbare).  Das  Leben  in  Städtenamen  ist  auf  leiba 
(bleib  oder  mansio)  zurückzuführen  (s.  Bender).  —  The  rites  of  thc  Sansceas 
are  propitiatory,  being  sacrifices  to  Devi  or  Bhowani,  in  the  blessing  of  the 
spear  heads,  for  the  daeoity  or  the  torches,  which  are  to  light  thc  gang  to 
its  work.  Thcir  language  (a  dialect  of  Rajpootana)  is  so  disguised  by  slang 
or  Argot  terms  of  their  own,  that  it  is  unintelligible  to  other  classes 
(Watson). 


Das  Birmanische.  169 

bild  in  Rhetra  mit  seinem  Namen  bezeichnet.  Interius  aiitem 
stant  dii  manufacti,  singnlis  nominibus  insculptis.  Um  die 
Slawen ')  von  der  griechischen  Litnrgie  abzuhalten,  wurde  das 
kyrillische  Alphabet  mit  dem  glagolitischen  vertauscht,  das 
dem  heiligen  Hieronymus  (in  der  dalmatischen  Bibelüber- 
setzung) zugeschrieben  wurde.  Seit  Peter  II.  den  kyrillischen 
Buchstaben  nach  Art  der  lateinischen  mehr  Rundung  und 
Geschmeidigkeit  geben  Hess,  unterscheidet  sich  der  Civiltypus 
(grazdanskij)  von  dem  Kirchentypus  (crkwennyj).  Das  ver- 
borgene Alphabet^),   das   der  Herzog   in  Preussen,   Markgraf 


')  Die  Slawen  nannten  die  (auf  Tafeln  geschriebene)  Schrift  Bukwica 
oder  Bogwiedza,  weil  mittels  derselben  das  göttliche  Gebot  und  Wissen 
beim  Cultus  verkündet  wurde  (Surowiccki).  Nach  Dobrowsky  wurden  die 
glagolitischen  Buchstaben  12'20  in  Dalmatien  erfunden.  Hraban  Maur  (ge- 
storben 856  p.  J.)  bezeichnet  das  gothische  Runen-Alphabet  als  die  von  den 
Heiden  unter  den  Nordmänner  genannten  Markmännern  gebrauchten  Buch- 
staben, den  Vorfahren  derjenigen,  welche  die  deutsche  Sprache  reden.  — 
Le  calcnl  Gobar  est  le  calcul  par  ecrit,  en  se  servant  des  chifi'res  seit 
Gobär,  soit  Indiens  (mais  toujours  avec  valeur  de  position  et  emploi  d'un 
signe  pour  zero ,  soit  d'un  point,  soit  d'un  rond)  par  Opposition  au  calcul 
de  tete  (s.  Woepcke).  —  The  Chinese  characters  were  constructed  on  six 
plans,  according  to  the  difterent  classes  of  ideas  to  be  represented,  as  Huang 
hing,  pure  Images,  Huei  yi,  combined  ideas,  Chi  shi ,  indicative  pictures, 
Cluianchu,  reversible  Images,  Chia  ehie,  borrowed  images,  Hsing  sheng, 
phonetics  (s.  Jamieson). 

^)  Afin  de  designer  ce  qui  lui  appartient,  le  proprietaire  de  toute  de- 
meure  fixe  choisit  une  marque  (suedois  bomärke,  marque  du  domicile,  du 
domaine),  qui  est  par  consequent  un  essai,  un  rudiment  de  langue  ecrite 
(s.  Nilsson).  —  Indem  die  Japanesen  Wörterbücher  für  die  Ainos  verfassten, 
halfen  sie  den  wechselnden  Lautwendungen ,  wie  sie  nur  in  den  Dialekten 
roher  Stämme  bestehen,  ab  (nach  Siebold).  Im  Grabe  des  Numa  Pompilius 
wurden  Tafeln  in  lateinischer  und  griechischer  Schrift  gefunden  (nach 
Livius),  aber  zerstört.  —  Abuut  fifteen  manuscripts  of  the  history  of  Herodotus 
are  known  to  critics,  and  of  these  several  are  not  of  higher  antiquity,  than 
the  middle  of  the  fifteenth  Century.  One  in  the  Frcnch  king's  library  (1827) 
appears  to  belong  to  the  twelfth  Century,  there  is  one  in  the  Vatican,  and 
one  in  the  Florentine  library,  attributed  to  the  tenth  Century,  one  in  the 
library  of  Emanuel  College,  Cambridge,  formerly  the  property  of  Archbishop 
Sanscroft,  which  is  believed  to  be  very  ancient,  the  libraries  of  Oxford  and 
Vienna  contain  also  Mss.  of  tliis  author  (s.  Taylor).  A  Virgil  in  the  Vatican 
Claims  an  antiquity  as  high  as  the  fourth  century.  —  Nur  durch  die  Sprache 
kann  eine  allgemeine  Gedankenentwickelung  stattfinden  (s.  Bleek),  indem 
,,wir  (nach  W.  von  Humboldt)  an  Ideen  nur  ganz  besitzen,  was  wir  ausser 
uns  gesetzt,  in  andere  übergehen  lassen  können". 


170  Zweites  Kapitel. 

Albrecht,  in  geheimen  Sachen  zu  gebrauchen  pflegte,  wurde 
(als  fCrzbischof  Markgraf  Wilhelm  mit  ihm  correspondirte) 
nach  Auffangen  der  Post  in  Kurland  durch  den  Orden  ent- 
zifiert  (1557  p.  J.).  Als  König  Childerich  nach  Thüringen 
floh,  theiltc  er  mit  seinem  Diener  eine  Goldmünze  zur  Wieder- 
erkennung. 

Unter  Gundjoch  wurde  Wallis,  Waadt,  Genf,  Savoyen 
(5.  Jahrh.  p.  J.)  mit  dem  Reich  der  Burgunder  vereinigt, 
während  die  Celtoromanen  von  den  Ufern  des  Genfersees  in 
die  Gebirge  getrieben  wurden.  In  der  Gebirgsgegend  hört 
man  meist  ein  welsches  Patois,  worin  die  lateinische  Wurzel 
vorsticht.  In  dem  Patois  der  tiefern  Gegenden  herrscht  der 
burgundische  Sprachlaut  vor.  Der  Volksdialekt  in  Genf  (der 
alten  Stadt  der  Allobroger)  ist  vornehmlich  ein  burgundischer 
mit  savoyischer  Mischung  (s.  Bender).  Altena,  Sichtigvor, 
Kernemilch  als  durch  den  Volkswitz  gebildete  Städtenamen 
(s.  Bender).  Nach  Schott  bezeichnet  „ingen"  die  Herkunft ') 
oder  die  Angehörio-keit  im  weitern  Sinne.  Aidlins-en  habe 
seinen  Namen  von  Aidbach,  die  Anwohner  seien  als  Aid-inge 
bezeichnet  worden,  wie  die  an  der  Ohr  als  Oehr-ingc,  an  der 
Us  als  Us-inge,  die  einer  kleinen  Lichtung  der  Keute  als 
Reutlinge.  Zur  Zeit  des  Königs  Ethelred  Jatgeirsson  (1006 
p.    J.)    glich    die  Sprache'^)    in    England    der  dänischen   und 


')  Die  (unter  Maximus)  in  Armoiüca  siedelnden  Briten  schnitten  ihren 
Frauen  die  Zungen  ab,  ne  eorum  successio  maternam  linguam  disceret 
(Nennius).  Nach  Spiegel  ist  das  Pronomen  der  ersten  Person  Singularis 
aus  dem  Afghanischen,  das  der  dritten  aus  dem  Kurdischen,  das  der  ersten 
Pluralis  aus  dem  Semitischen,  Verbalprätixe  aus  einer  armenischen  Vorsetz- 
silbe zu  erklären,  -während  der  Verbalstamm  semitisch  ist  (im  Pchlewi). 
Wenn  (nach  der  Zewaresch  genannten  Buchstabirmeihode  der  Perser)  jemand 
gosht  (oder  Fleisch  arabisch)  schreiben  will,  so  schreibt  er  bisra  und  liest 
diese  Pehlewi-Charaktere  als  Gosht  (nach  Ibn  Moquaffa),  8.  Jahrh.  p.  J. 
(s.  Ganneau).  Das  Zand  bedeutet  (nicht  Zend,  sondern)  die  Pehlewisprache 
(s.  Hang). 

-)  Kot  (goth.  guds)  oder  Gott  (ohne  Beziehung  zu  dem  gunirten  kuot 
oder  gut)  ist  der  Schützende  oder  Schutzgeist  (s.  Schmitthenner).  Ainsluui 
(ains,  ein)  ist  (bei  Ultilas)  ein  pronominales  Wort,  das  nur  in  verneinenden 
Sätzen  steht  (s.  Hahn).  Tarkavagisa,  der  das  Apabhransa  zur  Quelle  der 
Provinzialdialekte  macht,  führt  ausser  der  (von  den  Chandalas,  Abhiras 
u.  s.  vv.)  benutzten  Teufelssprache  (gleich  den  Pisachas)  das  Nagadikramat 
auf  (derer,  die  wie  Naga  oder  Schlangen  reden).  Herniunduri  sind  (bei 
Aul.    Gell.)   Hermunduli,    —    Manant,    avant    detre   un    des    muts    les    plus 


Das  Birmanische.  Xlt 

norwegischen,  aber  mit  Wilhelm  dem  Bastard  begann  sie  zu 
ändern,  indem  das  Römische  (Valska)  eingefiihrt  wurde  (nach 
den  Sagas).  Die  Kamtschadalen  erzählten  Erman,  wie  das 
Wort  tschoktsch,  durch  welches  sie  jetzt  den  Thee  bezeichnen, 
bis  zur  Ankunft  der  Russen  nur  die  Möve  bedeutet  habe. 
Ihre  Vorfahren  haben  nämlich  gehört,  dass  die  Fremden  nach- 
einander fiir  eine  MÖA-e  den  Ausdruck  tschaiku  (Accusativ  von 
tschaika,  die  Möve),  und  fiir  Thee  trinken  die  Worte  tschaiku 
pitj  (den  partitiven  Dativ  der  Diminutivform  tschaiok  von 
tschai  oder  Thee)  gebraucht,  und  diese  Ausdrucksweise  sei 
dann,  gerade  ihrer  Ergötzlichkeit  halber,  auch  in  der  Landes- 
sprache nachgeahmt.  AVeil  Kascheninikow  als  Student  (studen) 
bezeichnet  wurde  und  studenui  (kalt)  heisst,  sollte  er  (nach 
dem  kamtschadalischen  Wortspiel)  im  Stande  sein,  kalte 
Winter  zu  machen,  und  wird  ein  europäischer  Gelehrter  bald 
Koililke  (Schriftkundiger),  bald  Schakainatsch  (der  Gefrorene) 
genannt  (s.  Erman).  Troppau  ist  „Zur  Oppa"  (zr  Oppa). 
Die  allgemein  vorherrschende  Form^)  der  Namengebung  ist 
die  des  Dativ  oder  eine  der  Dativform  entsprechende  (s.  Butt- 
mann). Aus  kschuschwiza  (Birnbaum  slaw.)  hat  die  deutsche 
Aussprache  (in  Dorfnamen)  Krausnick  gemacht.  Blotko  (bloto, 
Laubholz)   oder  te  blota   ist  die  wendische  Bezeichnung  für 


meprisants  de  la  langiie  francaise,  avait  designe  au  moyen  äge  riiomme  aise, 
rhomme  riebe,  qiii  possedait  une  habitation,  qui  avait  un  manage  ou  manoir 
(s.  Schaler).  —  Powitz  (Kibitz),  der  Maikäfer  (im  Westerwald).  Die  Silbe 
witz  bezeichnet  jede  Art  von  Sclinelligkeit  (s.  Schmidt).  Pul-pudl-puttel- 
nackig,  ganz  und  gar  nackend  (superlativisch),  im  Westerwald.  Mit  Putch 
oder  Butch  bezeichnet  man  (im  Westerwald)  etwas  kleines,  entweder  insofern 
es  seinem  Alter  und  seiner  Natur  nach  nicht  grösser  sein  oder  werden  kann, 
oder  insofern  es  von  keiner  guten  Ai-t  ist  (Schmidt). 

1)  Borbetomagus  (Worms)  von  (celtisch)  borbaith  ('hoch)  und  mag  (Feld). 
Adalolteshusum  (als  alte  Form  von  Arolsen)  zeigt  sieh  als  ein  mit  Adel 
zusammengesetzter  Eigennamen.  Bariin  bedeutet  (wendisch)  ein  Herd  für 
Flüchtlinge  oder  eine  Freistätte  (uach  Zwahr).  Kölln  entstand  aus  (wendisch) 
kolne  (kollen),  weil  auf  Pfählen  erhöht  im  sumpfigen  Terrain.  Die  Wenden 
nennen  sich  selbst  sserbski  oder  sserski  (Sorben).  Aus  (slawisch)  Luboras 
wurde  Lieberose,  aus  Melraz  Müllrose.  Der  Weiler  Dürrhofen  (bei  Luckau) 
ist  dwory  (Höfen),  slawisch.  Aus  dobry  (gut)  wotschow  (Horst  oder  Ostrow) 
wurde  Dobberstroh  (s.  Butttiiann).  Kolm  ist  ein  auf  Pfählen  (kol)  gebauter 
Ort.  Sakrow  kommt  von  ker  oder  Strauch  (te  kre  oder  niedriges  Gebüsch 
im  Plural).  Taubendorf  (Daubendorf)  bei  Guben  ist  Dubojze  (Eichendorf), 
Tauberwitz  (in  Böhmen)  Dubrawice. 


172  Zweites  Kapitel. 

den  Spreewald.   Die  Oder  ist  der  (wendische)  Fluss  (wodra*] 
oder  "Wasser). 

Die  Geten  als  yitjityji;  oder  Landmann  (ysiTwv  oder  Nach- 
bar) waren  Gothen  im  gothischen  Gau  (gavi  oder  gauja),  wie 
gaus  (im  Sanskrit)  y-^  entsjDricht,  als  Hirten  von  go,  das  im 
Sanskrit  (wie  gao  im  Zend)  Kuh  und  Erde  bedeutet.  Die 
Kuh  Audhumla  leckt  Buri  aus  dem  Salzfels  (als  den  Gautr 
oder  Ahn).  Wie  gitroc  (getroe  oder  abegetroc)  eine  von 
Geistern  ausgehende  Täuschung  (s.  Grimm),  ist  getwas  (fan- 
tasma)  ein  Gespenst,  gleich  solchen,  die  (in  Vorstellung  der 
Gothen)  den  Hunnen  den  Ursprung  gaben.  Nach  Gebhard 
von  Halberstadt  wurde  (1462  p.  J.)  bei  Schochwitz  ein  heid- 
nisches Wesen  verehrt,  das  man  „den  guden  Lubben"  nannte, 
durch  Darbringung  von  Thierknochen.  Guote  Holde  steht  der 
Unholde    gegenüber,    so    gute  Frau   (Fro)   und    andere  Ver- 


')  Die  Elbe  ist  der  Fluss  (Elf  im  Schwedischen).  Vineta  (bei  Juliii) 
war  die  Wendenstadt  (bei  Wollin).  Die  Spree  (von  srb)  ist  der  Fluss  (reka, 
wendisch).  Aus  Tschuzkojze  bildete  sich  Strachsdorf  (bei  Spremberg).  Aus 
jama  (Grube  im  Slawischen)  bildete  der  Volkswitz  das  JamuuM-thal  (bei 
Schreiberau).  Indem  die  slawische  Localendung  witz  in  Deutschland,  be- 
sonders in  Sachsen,  wenn  ein  Zischlaut  vorhergeht,  in  die  Endung  schütz 
übergeht,  so  bildet  sich  aus  den  mit  welk  oder  weliki  zusammengesetzten 
Orten  „Wildschütz"  (s.  Bnttmann).  Als  Gorgias  sich  in  Thessalien  nieder- 
liess,  wurde  der  Ausdruck  yopyiaCeiv  gleichbedeutend  mit  piQTopsveiv.  Drei- 
männertraube heisst  in  Caub  die  Traminertraube  (Kehrein),  und  so  Drei- 
männerwein. Delphi  wird  (durch  Umprägung)  genannt  'AÖ£X90t,  Athen 
'Avbfjva,  Milano  Mailand,  Teufelsthal  war  Tsclierta  (Grenze)  als  Tschort 
(Teufel), 'Y(JL£TTo;  monte  matte  (Narrenburg),  TpsÄXoßouvov  Dellidag  (türkisch). 
Aus  KcüvaravTivoTiOAis  machten  die  Türken  durch  Verkürzung  Stambul,  indem 
sie  nur  die  zwei  Silben  arav  und  TioX  beibehielten  (mit  i  als  Vorschlag  in 
Istambul),  wie  sie  Königsmark  in  Swonsmark  verkürzten.  Die  Kömer 
romanisirten  .Mapyo?  in  Mapy.oi;,  MaXoei;,  emto;  in  Maleventum  und  dies  (der 
bösen  Vorbedeutung  wegen)  in  Beneventum.  Ta?  Acxa?  nannten  die  grie- 
chischen Schriftsteller  Aiya^,  aus  Manlius  wird  MaXXioc,  aus  Fronto  t[>pövT'.?, 
aus  Titianus  TiTtofvio?  u.  s.  w.  Die  Italiener  machten  aus  Friedrich  Federico 
(fede,  Treue),  die  Walachen  aus  monumcntum  mortment  (mors).  Die  Ar- 
magnacs  werden  zu  Armengecken,  die  Moslemin  zu  Muselmännern  (im 
Gegensatz  der  Moselbewohner),  Attmona  zu  Altraühl,  Vitodurum  zu  Winter- 
thur,  dann  Armbrust  von  arcubalista,  Sündflut  (sintvluot)  von  sint  (gross), 
u.  s.  w.  (s.  Bender).  Aus  den  altprcussischen  Orten  Maloekuke,  Turno, 
Resin,  Redin,  Gmeva  wurde  (zur  Zeit  dos  Ordens)  Mehlsack  (Melsag),  Tiiorn, 
Riesenburg,  Rhedin,  Möve,  mit  den  Wappen,  ein  Mehlsack,  Thor,  Riese, 
Rad  und  Seemöven. 


Das  Birmanische.  173 

biiidungen,  aus  denen  dann  Gute  selbst  die  Personification 
erhielt  (im  ursprünglichen  Anschluss  an  die  Erde,  den  Sitz 
plutischen  lleichthunis).  Am  Montblanc  heisst  ein  Riesengrab 
du  bon  homme,  de  la  bonne  femme.  "Wie  Kuta  (Berg  im 
Sanskrit)  dem  litauischen  szutis  (Haufen  i)  entspricht,  so  Gothen 
(Guttonen  oder  Kotys)  den  Tschuden. 

In  der  Todtenbestattung  bei  den  alten  Brahmanen  (M. 
Müller)  wird  gaüg  (von  gu,  sonare)  für  Dichter  verwandt  und 
trouve  son  analogue  dans  j6'qc,-riT0Q ,  magicien,  de  yooc,  chant 
magique^),  hurlement,  d'oü  yoao,  etc.  (s.  Pictet).  Nach  Auf- 
recht geht  auf  die  sanskr.  Wurzel  gu  (ertönen  lassen  oder 
verkünden)  mit  go  (Göttin  der  Rede)  auch  syoov,  760^,  yoao 
(wehklagen,  heulen)  zurück,  zu  denen  auch  yo-v](t)-c;,  Zauberer, 
gehört  (s.  Curtius).    In  Afrika  ist  Ganga  der  Fetischschreier. 


')  Die  syrische  Göttin  war  hochverehrt,  aber  2upo;  und  2upa  bezeich- 
neten in  attischer  Komüdie  Sklaven  (infolge  des  phönizischen  Handels).  — 
Särameyäu,  Sohn  Sarama's  (als  himmlische  Hündin,  die  Indra  im  Auftinden 
der  von  Ahi  zurückgehaltenen  Kühe  hilft),  wird  (s.  Kuhn)  mit  'Epjji.£{a;  (Sara 
meya)  verbunden  oder  'F.pij.rii  <]j\jio-n:oixjzoq  (hundsköpfig  als  Anubis).  Der 
Hund  des  Pfarrers  von  Braspar  begleitete  (in  Armorica)  die  Seelen  zur  Ein- 
schiffung. Im  Rigveda  lässt  der  Schwager  des  Verstorbenen  die  Witwe,  die 
sich  neben  den  Todten  gesetzt,  wieder  vom  Scheiterhaufen  herabsteigen. 
Die  Mexicaner  verbrannten  mit  den  Kriegern  ausser  ihren  Dienern  die  zur 
Unterhaltung  dienenden  Zwerge.  ,,Möge  dein  Auge  zur  Sonne  gehen,  deine 
Seele  zum  Winde",  heisst  es  im  Todtengesang  des  Rigveda  [dem  einäugigen 
Todten].  Im  Rigveda  wird  gebeten,  dass  die  beiden  Hunde  Yama's,  mit 
langen  Nasen,  ein  glückliches  Leben  zugestehen  und  die  Sonne  sehen  lassen. 

2)  Asura  (l'Esprit  supreme  qui  regne  au  ciel  dans  le  Rigveda)  s'applique 
parfois  au  ciel  (dyäus)  et  a  Varuna,  qui  le  personnifie.  Les  Iraniens  ont 
conserve  ce  nom  pour  leur  divinite  supreme,  Ahura-mazda  (l'Esprit  sage), 
tandis  qu'ils  repudiaient  celui  de  Deva  (demons).  Le  sanscr.  asura 
(asurga  ou  spiritualite)  derive  de  asu  (vie,  souffle  vital),  de  la  rac.  as  (esse). 
En  Zend  se  trouve  Anhu  et  Ahü  avec  le  sens  de  monde  (vie).  Esus  (dans 
le  gallois)  designait  le  dien  de  la  guerre,  l'ombrien  Esunu  ou  Esono,  a  le 
sens  de  divin  (Pictet).  Aesar  oder  Gott  (nach  Sueton)  und  alaoi  oder  ä£o( 
(nach  Hesych)  im  Etruskischen,  Aosar  (nach  Valiancey)  im  Irländischen,  as 
(os)  oder  ans  im  Scand.  —  Kavitä  (Kavitva),  poesie  et  sagesse  de  Kavi 
(penseur  et  poete)  mit  axouw  (hören)  und  caveo  (vorsichtig  oder  klug  sein), 
cuti  (altslaw.),  kennen,  scavian  (ang.-sächs.),  schauen  (intueri,  considerare). 
Im  Zend  kavä  est  devenu  le  nom  du  roi,  dont  Toffice  est  de  prevoir  (sur- 
veiller  et  diriger),  als  Kay  (Heros)  et  (au  pluriel)  Kayän,  les  grands  reis 
(de  la  seconde  dynastie).  Par  suite  de  la  scission  religieuse  entre  les 
Iraniens  et  les  Indiens,    le  zend  Kavi  aurait  pris    parfois    un   sens    defavo- 


174  Zweites  Kapitel. 

In  Y'U'j'  (Geier  ^)  oder  gup  (armor.)  sieht  Pictet  eine  Zusammen- 
setzung aus  go  oder  gu  (Rind)  und  pa  (bewachen),  wie  gopa 
(Hirte)  im  Sanskrit.  La  denomination  göpay  (custodire  ou 
garder  les  vaches)  a  donne  naissance  a  une  racine  secondaire 
gup  (tueri,  custodire),  comme  adjectif  en  composition,  qui  garde 
(dharmagup,  qui  garde  la  loi),  comme  substantif,  synonyme 
de  gupila  (gopa  ou  gopati)  ou  gopala,  roi  (pasteur),  oii  gu,  gö 
se  prend  ordinairement  dans  le  sens  de  terre.  Die  Höhle 
(yu/ü'/j)  w'ird  Zufluchtsort  der  Kühe,  deren  Heerde  der  Geier 
begleitet,  iim  seine  Beute  zu  erspähen.  Gopa  designe  un 
berger  en  general  (asvagopa,  gardien  de  chevaux),  Ar/uzTcf^ 
(garde-mouton)  wird  auf  das  sanskr.  avi  (mouton)  bezogen 
(al).  Al'^vKxoc,  (frere  de  Danaus)  n'est  que  la  traduction  de 
Sos  (Hycsos  ou  rois-pasteurs),  designant  un  pasteur  en  egyptien 
vulgaire.  Futttoi^,  rac.  yuTü  =  sanskr.  gup,  signifie,  qui  garde. 
Der  Schmetterling^)   oder  ^bux.ifj  {Kt-o\),h'q  'j'^X'"!   oder  fliegende 


rable,  tandis  que  kavä  est  toiijours  reste  un  titre  d'honneur  pour  les  rois 
(nach  Hang).  Von  cowydd  oder  Gedicht  (irl.  coi)  kommt  (cymr.)  cowyddwr 
oder  Dichter  (s.  Pictet).  —  Le  persan  cärcasm  designe  un  chien  (a  qnatre 
yeux  Oll  cathrucasma  dans  l'Avesta)  ou  un  mouton  avec  deux  tachcs  au-dessus 
des  deux  yeux,  comme  aussi  un  homme  qui  porte  des  lunettes  et,  an  mural, 
un  homme  anxieux,  plein  de  desirs  (s.  Pictet). 

^)  L'irlandais  badhb,  fadhb  (vautour,  corbeau)  et  le  cymr.  bud,  boda 
(vautour)  semblent  se  rattacher  a  la  rac.  sanscr.  badh  ferire,  d"ou  badha 
(nieurtrier).  Vanä9raya  (corbeau),  qui  demeure  dans  la  foret  (im  Sanskrit). 
Mahavira  ist  der  Falke.  Die  Ameise  (divi  im  Sanskrit  oder  diwak  als 
weisse  Ameise  im  Persisclien)  oder  (sanskr.)  Vamra  (jjLup|jLO?  und  formiea) 
ist  (im  Zend)  Maoiri  [Maori,  Mensch  im  Neuseeland.]  und  (alb.)  merminek. 
—  Dans  la  plupart  des  langues  ariennes  les  nonis  du  rcnard  sont  fiiminins, 
ainsi  en  sanscrit,  en  grec,  en  latin,  en  gothique,  en  lith. ,  en  russe,  etc. 
CPictet),  und  in  den  Mythen  des  Altai  Mädchen  als  Füchse.  Pott  bezieht  vulpes 
auf  (goth.)  vulfs  (lupus).  Die  Hirschart  Rama  (im  Sanskrit)  kommt  von 
Rani,  ludere  (rem  im  Hebr.).  Egideslia  oder  Eidechse  wird  erklärt  als 
Ahitaksha  (mit  der  Haut  einer  Schlange).  Wie  Saraph  (sarpa  oder  serpent) 
oder  Giftschlange  (saraph,  verschlingen),  sind  die  Sraphim  geflügelte 
Schlangen.  Agambha  (sanskrit.)  oder  Frosch  (gemba  im  Ceylones.)  heisst 
(im  Albanischen)  Tsiampe  (vahaga  oder  der  ins  Wasser  Gehende  im  Sans- 
krit). Krabbe  ist  (^'arabha  im  Sanskrit  (xapaßo;  und  carabus),  cilima.  Par- 
tout l'araignee  tire  son  nom  de  l'art  du  tissage.  Die  Grille  heisst  varshakari 
(Regen  machend). 

^)  Le  rapport,  que  presente  le  grec  TjTCtcÄo;  (papiHon  de  nuit)  avec 
Tj-ioXri;  (f^TiioXr^;,  la  fievre)  se  retrouve  aussi  dans  le  lithuanien  drügis  (Piclet), 
draugr  (spectre)  scand.  et  veja  (feu-foUet  et  sorciere)  slovaque.    Lava  designe 


Das  Birmanische.  175 

Seele)  heisst  (im  Bengal.)  progapati  als  pragapati  (Name 
Brahma's  und  alter  llischi),  Herr  der  Geschöpfe;  Dealbande 
(Geschöpf  Gottes)  oder  Eunan-de  (Vögelchen  Gottes)  im 
Irländischen.  Grimm  führt  farli,  farha  auf  porcus  zurück 
(pors  im  Wotiak,  pars  im  Samoj.).  Le  Sanscr.  kampa  exprime 
(s.  Pictet)  le  mouvement  rapide,  violent,  saccade,  qui  caracte- 
rise  la  course  du  sanglier,  et  kampra,  rapide,  vibrant,  est 
(sauf  la  nasale)  ideutique  a  xccTCpo?  (de  la  racine  kap,  kamp). 
Faramunt  stammte  von  dem  schweinsborstigen  Gethier,  und 
in  Varaha  (boar  und  bar)  verbinden  sich  Pharaonen  und 
ßrahmanen.  Vishnu's  Eber*)  Avatara  tödtete  den  die  Welt 
in  die  Luft  erhebenden  Riesen. 


la  laine  toiulue  de  In,  secare,  friniitivement  ru  (luiiian  et  roman).  —  Formerly 
in  Ragusa  niany  Slavic  names  were  kalianised,  whereas  at  present,  families 
of  real  Italian  origin  are  taking  to  write  their  names  Slavic  (Mackenzie). 
—  Die  ersten  deutschen  Schriftsteller  schrieben  nach  der  rauhen  Aussprache 
des  grossen  Haufens  ihrer  Provinzen  (Adelung).  —  Pour  exprimer  las  mou- 
vements  vifs  et  saccades  du  vol  du  papillon  (ou  de  la  course  de  la  fourmi) 
le  papillon  (en  hindost.)  est  appele  titri,  titli,  en  armen,  titiern,  en  arab. 
farfür,  en  mandschu  tonton,  en  basque  chichitola,  chichitera,  hastasta,  en 
malai  räma-räma,  en  tahitien  pepe,  en  botocoudo  kiaku-keck-keck  (plik- 
neck-neik  ou  fourmi).  Le  caractere  imitatif  du  mouvement  de  l'insecte  ex- 
plique  les  transformations  de  papilio  dans  les  dialectes  neolatins,  en  Italien 
parpaglione,  farfalla,  proven^al  parpalho,  languedocien  parpaliol,  portug. 
borboleta  (Pictet).  - —  Die  Ameise  heisst  gaggip  im  Kopt.,  aui-ani  im  Mal., 
sumsemana  im  Chald.,  simsimat  im  Arab.  Ghöshpati  (der  Herr  brüllender 
Heerden  in  ihrer  Station,  von  ghosha,  Donnergeräusch)  ist  der  Wirtli  und 
der  Geist  oder  (russ.)  gosti  als  hostis  (Fremder  oder  Feind).  Nach  Festus 
bezeichnete  hostire  (mit  hostis)  schlagen  (hostia  oder  Schlachtopfer)  und 
tivo;  (nach  Kuhn)  von  xrewo)  (hasta  mit  has  oder  tödten  im  Sanskr.). 

')  Eber  (alth.  ebur)  ist  (nach  Zinnow)  nicht  unmittelbar  aus  dem  lat. 
aper  entstanden.  —  Le  sanscrit  gavya,  ti-oupeau  de  vaches,  a  designe 
secondairement  une  distance  de  deux  krö^as,  soit  quatre  milles  dandas  ou 
perches  de  quatre  coudees  ^l'espace  de  terrain  süffisant  pour  un  grand 
troupeau).  Le  sanscr.  gösuta  (mugissement  de  vache)  representait  comme 
gavyä,  deux  kro^as,  et  le  kro^a  proprement  un  cri  (kru?,  clamare)  eqnivalait 
a  la  distance,  oü  s'enteud  une  voix  d'homme  (kos,  lieu  en  persan).  Le  nom 
de  gocarman  (une  peau  de  vache)  est  applique  a  un  espace  de  terrain 
süffisant  pour  recevoir  cent  vaches  et  un  taureau  avec  lenrs  veaux.  —  Bei 
den  Rajputen  besass  jeder  Ritter  ein  cursa  (hyde),  was  in  einem  Tage  be- 
arbeitet werden  konnte.  Dido  erwarb  taurino  quantum  possent  cireumdare  tergo, 
wie  das  Land  bei  Alösskau  von  den  Syrjänen.  Ivar  gründete  auf  dem  von  Ello 
durch  eine  zerschnittene  Ochsenhaut  erlangten  Land  die  Festung  Landunaborg 
(in  London).    Raymond  erhielt  von  Bertrand  (Graf  von  Poitiers)  Land  durch 


176  Zweites  Kapitel. 

Bhuta  (von  der  Wurzel  bhu,  sein)  bezeichnet  im  Sanskrit 
böse  *)  Geister  der  Kirchhöfe,  und  Daeva  Buiti  (im  Vendidad) 
einen  die  Menschen  täuschenden  Dämon,  wie  butbar  (im  Per- 
sischen) einen  Dämon,  but  (butak)  einen  Götzen,  butah  einen 
Fötus  (bhuta,  Kind  im  Sanskrit).  Dazu  rechnet  Pictet  das 
deutsche  Butze  (buttke  oder  butke)  oder  Budde  (Buddeke). 
Pictet  fiihrt  das  persische  sikiz  (eine  Art  von  Tischlern  ge- 
brauchter Axt)  auf  die  semitische  Wurzel  sakka  (sikkin  oder 
Messer  im  Arab.),  während  securis  (lat.),  siekyra  (altslaw.), 
siekiera  (poln.)  sich  an  seco  und  sieshti  (schneiden)  anschliessen. 
Le  grec  a^cvr)  (hache)  ne  differe  pas  essentiellement  de  a^i'va 
(herse).     Le  lat.^)   ascia   n'est  probablement  qu'une  Inversion 


eine  Hirschhaut,  wie  es  in  Northumberland  und  York  durch  Pferdehaut  er- 
worben wird  (Pictet).  —  Le  cri  du  «chat-huant,  hou,  hou-hou,  a  donne 
naissance  a  plusieurs  noms  analogues,  comme  le  pali  uhunikara,  qui  fait 
uhu,  le  persan  huhu,  anc.  all.  huo ,  etc.  L'onomatopee  sanscrite  uluhi, 
ululatus,  et  ululo  (oXuXu^w)  indique  la  nature  imitative  du  nom  uluka  (ulula 
QU  oul)  ou  houlotte  (hibou).  Le  grand-duc  fait  entendre  le  cri  bou-hou, 
hou-hou  et  la  cheveche,  en  volant,  celui  de  pou-pou.  De  la  les  noms  imi- 
tatifs  avec  une  labiale  (au  Heu  de  la  gutturale)  que  le  pers.  buh,  büf,  biim, 
le  kourde  bümi,  l'armen.  bou ,  le  grec  ßua?,  le  latin  bubo  (uhpis  im  Lett.). 
L'effraie  et  la  chouette  produisent  aussi  un  cri  guttural  grei-grei,  wei-wei 
dont  l'imitation  se  retrouve  dans  le  sanscr.  gharghara  (hibou)  et  le  pers. 
karchaghar,  ou  bien  une  sorte  de  sifflement  chei,  chue  (sava  en  slave). 

')  Druh  (boshaft  von  druh  oder  schaden)  bezeichnet  (im  Rigveda)  einen 
Dämon  (Druj  im  Vendidad).  Pictet  fiihrt  maijä  auf  die  Wurzel  man  (mauadh 
oder  Bezauberung  im  Irländischen).  Der  vedische  Gott  Vayu  oder  Vata 
personificirt  den  Wind.  —  D'apres  le  double  sens  du  persan  gawban  (le 
forgeron  et  le  pätre)  les  bergers  devaient  exercer  le  metier  de  forgerons  et 
Tanalogie  du  celtique  semble  faire  renionter  cette  coutume  jusqu'aux  temps 
les  plus  anciens  (Pictet).  —  Der  heilige  Patrik  ruft  vielfach  um  Hülfe  gegen 
die  Bezauberungen  der  Frauen,  der  Schmiede  und  der  Druiden.  —  A  la 
i'acine  nag  (pudere)  se  rattache  le  Sanscr.  nagna  (nu),  ainsi  que  nudus  (lat.), 
nochd  (irl.),  nogas  (lit.).  —  Zu  vau?  (sanskr,  nau)  gehört  irl.  noe  (Noah  als 
Schifl'smann). 

^)  L'anc.  all.  bor,  pura,  se  rattache  a  poron,  ags.  borian,  scand.  bora, 
terebrarc  (Barma,  bayrara,  baylam,  birah  en  pers.  de  la  rac.  zend  bere).  Les 
Instruments  a  percer  le  bois  cxigent  l'emploi  du  metul  plus  que  les  outils 
taillants.  Les  Indiens  des  temps  epiques  appelaient  gödana  une  ceremonie, 
qui  precedait  le  mariage  et  ä  l'occasion  de  laquelle  on  donnait  des  vaches 
(le  roi  Djanaka  accordant  la  maiu  de  scs  filles  aux  fils  de  Da(,'aratha  et 
invitant  en  meme  temps  ce  dernier  a  accomplir  le  godänamangola  ou  l'lieu- 
reuse  ceremonie  du  gödana).  Dans  Homere  les  jeunes  filles  recherchees  cn 
mariage  sont  appelees  aXcpeafßota,  c'est-a-dire  qui  obtiennent  des  vaches  de 


Das  Birmanische.  177 

de  ascia,  aciis  (anc.  sax.),  acas  (ags.),  ox  (scand.),  akus  (anc. 
all.).  Faihu  (pecus)  ist  (goth.)  Geld  (pecunia)  und  im  Lom- 
bard, (und  Angelsächs.)  Gesetz,  fader-fio  (maidenfee) ,  die 
Mitgabe.  Dem  goth.  arbi  (patriraonium)  entspricht  angel- 
sächs. yrfe  (pecus),  dem  goth.  skatts  (moneta)  irl.  scath 
(Heerde).  Bosluaiged  (Reichthum)  kommt  (im  Irl.)  von  Bo- 
sluag  (Kuhheerde).  Bei  Homer  werden  die  Rüstungen  des 
Glaucus  und  Diomedes  auf  hundert  und  auf  sieben  Ochsen 
geschätzt.  Chez  les  anciens  Romains  un  boeuf  equivalait  ä  dix 
moutons,  et  chez  les  Scandinaves  vme  vache  ä  douze  beliers.  Les 
Cymris  au  moyen-äge  estimaient  i)  tout  en  vaches  et  donnaient 


la  part  de  leurs  pretendants,  et  cette  epithete  equivalait  a  celie  de  formosa 
ou  amoris  digiia.  L'anc.  all.  faderfio,  ang.-sax.  faedhering  feoh,  patris 
pecus,  designait  la  dot  re^ue  du  pere  par  la  fille,  et  de  la  vient  encore 
l'expressive  anglaise  de  maidenfee  pour  la  dot  en  general  (wie  nach  Tacitus 
bei  der  Hochzeit  der  Germanen  Ochsen  geschenkt  wurden).  En  irlandais 
les  mots  crodh,  spre,  spre  idh  signifient  a  la  fois  betail  et  dot  als  Braut- 
vieh ,  und  in  Schwaben  wird  die  Brautkuh  gesichmückt  dem  Wagen  nach- 
geführt (s.  Pictet).  —  Le  nom  de  la  hache,  lie  a  la  rac.  tak  (takshoni 
sanscr.,  tagur  armen.,  tasak  pol.,  dehsa  anc.  all.),  trouve  de  nombreuses 
analogies,  qui  s'etendent  non-seulement  dans  l'Asie  du  nord,  mais  jusqu'a 
rOceanie  et  meme  TAmerique  septentrionale,  tuka  (samoy.),  tukka  (tung.), 
toki  (Nouv.-Zel.),  togui  (tonga) ,  ottaku  (Mohawk),  takahakan  (Illinois), 
tuhaitkhlba  (Chinook),  thegui  (Othomi).  La  seule  explication  possible  est 
ici  Celle  du  principe  de  l'onomatopee,  la  racine  tak,  tok  imitant  tres  bien 
le  bruit  de  la  hache  qui  taille  (Pictet).  Le  persan  bayram  (hache  de  char- 
pentier  et  foret)  se  retrouve  (de  la  racine  bere,  zend)  daus  le  scand.  beria 
(ferine),  parta  ou  barta  (hache,  anc.  all.),  balta  (turc),  balt  (arab.),  byla 
(scand.).  Une  racine  bil  (bere,  zend)  se  montre  dans  le  pers.  bil,  bilah 
(pic-hoyau,  pelle),  bhil  ou  bil  (Andere),  sanscr.  (Beil  all.,  biail  irl.).  —  Mit 
sero  (sator  und  Seia)  hängt  zvisammen  (von  saian)  seths  (satio,  semen)  im 
Goth.  oder  (lit.)  Seti  (sieti,  altslaw.)  und  grieeh.  oTitipM  (s.  Pictet(.  Karidan 
(säen)  hat  (persisch)  auch  die  Bedeutung  arbeiten  und  kurd,  kurz,  un 
.  champ  ensemence  et  cultive.  Mit  aaw,  sieben  (Wurzel  aa)  hält  Curtius  die 
verbreitete  Wurzel  aa  (satus,  sevi,  semen,  samo  ahd.,  sero,  seso,  seja  oder 
Saat,  lit.)  verwandt.  —  Modiolus  (Nabhi ,  moyen  et  ombilic)  est  le  milieu 
de  la  roue.  L'erse  Cioch  est  une  mamelle,  le  pol.  piasta  un  poing,  en  rus. 
piasti,  le  russe  stupitsa  un  petit  mortier  (s.  Pictet).  Samida  ou  Samita  (tine 
farine  de  froment)  de  mid  (etre  doux,  ouctueux)  et  sa  ou  sam,  qui  indique 
la  possession  (sanscr.).  In  Triptolemus  triluro  (tribulum,  fleau  ä  battre) 
forme  redoubl ee  de  tero  (zv.pw). 

^)  Chez  les  ancien  Iraniens  le  salaire  des  medecins  consistait  en  betail 
(selon   le    Vendidad)    et    c'est   aussi  des  vaches ,    que   recevaient   dans  l'Inde 
les   Brahmans    officiants   (navagva   et    dacagva).     Les    epithetes    de    catagu, 
Bastian,  Stadien.  \2 


178  Zweites  Kapitel. 

vingt-huit  vaches  pour  sept  chevaux,  quatorze  vaches  pour 
quatre  chiens,  doiize  vaches  pour  une  epee,  six  vaches  pour 
un  faucon.     In   Ida')   (als  Idunn,   Gattin   des  alten  Bragi  im 


sahasragu,  qui  poss^de  cent  ou  mille  vaches,  indiquaient  l'opulence  (da(;agu, 
possesseur  de  dix  vaches,  saptagu  de  sept).  Etre  prive  de  vaches  (agn) 
equivalait  a  etre  pauvre,  et  en  avoir  beaucoup,  bhürigu,  indiquait  la  riohesse, 
aßouTT)?  (arm)  bei  Hesiod.,  TioXußoüTTi?  (reich)  bei  Homer  fs.  Pictet).  — 
La  racine  de  baiin  (sanscrit)  oii  tanreau  (de  bala,  puissance,  force)  est  bal, 
vivere,  c'est-a-dire  vigere  (valeo,  validus,  etc.).  Baiin  designe  aussi  le  büffle, 
le  chamean  et  le  sanglier.  Dans  les  langues  de  l'Inde  moderne  on  trouve, 
pour  le  boeuf,  le  bengali  bolod,  l'hind  bai'l,  et  le  marat  baila.  Le  persan 
bala,  väche  noire  s'y  lie.  Les  analogues  en  Europe  sont  l'ancien  slave  et 
rus.  volu,  pol.  wol,  hohem,  wul,  iliyr.  vola,  le  lit.  builis,  buUus,  le  scand. 
bauli  (belia),  ang.-sax.  bulluca  (veau),  angl.  bull,  buUock,  l'island.  bulan  et  le 
cymr.  bwla,  —  Die  Erde  heisst  Idatu  im  Cayubabii  (in  Orinoco).  Wie  atjva, 
Pferd  (im  Sanskrit)  heissen  (von  a(;u,  rasch)  Pfeil  und  Wind  ä<;uga  (aspis 
als  Schlange,  ein  rascher  Pfeilstrom).  Pictet  erklärt  Adler  (Egda  oder 
Egdir)  aus  Eg  (ahi  oder  Schlange  im  Sanskrit)  und  da  (destruere),  as  ahi 
dasma  (destructeur  du  serpent)  oder  Ajdan.  Nach  MacCurtin  war  die 
Wanze  von  den  Sachsen  nach  Frankreich  gebracht  und  hatte  sich  von  dort 
in  alle  Länder  verbreitet,  ausser  nach  Irland.  —  Comme  en  Sanscrit  (sarit 
ou  riviere  de  la  rac.  sr)  la  racine  sr  (sar)  devient  sal,  et  que,  "a  cdte  de 
Sara,  Sarila  (eau),  on  trouve  Sala,  Saliia,  on  peut  comparer  aussi  les  noms 
de  Sala,  Salia,  rivieres  de  l'Espagne  et  de  l'Allemagne,  la  Saale  saxonne 
d'aajourdhui.  Suivant  Pline,  le  Tanais  et  le  Yaxartes  etaient  appeies  Suis 
par  les  Scythes.  Ce  dernier  a  pris  plus  tard  le  nom  de  Sir,  Sir  darya  oü 
l'on  reconnait  le  sanscrit  sira,  riviere  (Pictet).  Suivant  Gesenius,  Tubal  Cain 
signifie  scoriarum  faber  de  l'arabe  kayn  (forgeron),  et  de  tubal  (scories 
metalliques).  Ce  dernier  mot,  qui  s'ecrit  aussi  tupäl,  est  persan,  et  non 
semitique,  et  il  designe  de  plus  le  cuivre.  II  ne  se  trouve  en  sanscrit,  ni 
dans  l'un  ni  dans  l'autre  sens,  mais  sa  racine  parait  etre  tup,  tunib,  tub, 
frapper,  le  grec  hjtctw,  anc.  slav.  tapiti,  cymr.  tunipian,  goth.  stinij),  stamp, 
stump,  suivant  Grimm  (s.  Pictet).  —  Nabhoduha  (Wolke)  von  nabhas  (Himmel). 
—  Le  nom  cymrique  trothwy  (seuil),  arm.  treuzou  (droit  scand.,  tranti  arm.) 
se  lie  a  troth ,  armor.  treuz,  travers,  traversee  et  a  la  rac.  sanscr.  tf,  tor, 
trajicere  (Pictet).  —  Kaminas  (Herd)  im  Lit.  (Kamin)  vom  slaw.  Kamen! 
(lapis).  —  Kabandha  (ka  et  bandha,  quel  corps)  ou  tonne  (gros  vase  ventru) 
designe  le  nuage  personnifie,  le  demon  qui  l'habite  et  que  combat  le  dieu 
Indra  (Pictet).  Kumbha  (pot,  urne  ciueraire)  de  kumb  (tegere).  Le  zend 
napa  est  devenu  en  persan  nawah,  petit-fils.  Napat  (Sohn  im  Sanskrit)  von 
näbhi  oder  Nebel  (bharman  oder  Nebel  von  blir,  nutirc)  und  nepos,  Enkel. 
Fahrendes  (Fahruiss)  und  Liegendes  ist  im  Sanskrit  Sangama  (res  mobilis) 
und  nibandha  (res  ligata).  Nach  Sclilegel  ist  das  Sanskrit  metaphysisch 
gefärbt. 

')  Der    Oberpriester    von    Iriarte    (bei    den    Chibchas)    hiess    Idacanzas. 
Idyia    als  Mutter   der    Medea.   —  Bhuta    (etre    vivant,  enfant  ou  ölement  de 


Das  Birmanische.  179 

Bunnacker)  liegt  das  Uralte  oder  Mutter  der  Grossmutter, 
wie  in  der  alten  Göttermutter  des  Ida  (und  des  Idavöllr,  wo  die 
Äsen  einst  Asgard  stifteten,  wie  auch  dort  bei  der  Erneuerung 
die  goldenen  Tafeln  gefunden  wurden),  mit  dem  Anschluss  au 
Iboc,  (Seh weiss  des  Ymir),  aus  dem  (wie  in  manchen  andern 
Mythen)  die  ersten  Menschen  hervorgingen,  auf  der  einen 
Seite  und  auf  der  andern,  an  das  gespenstische  Erscheinen  der 
(in  den  Zaubereien  des  Idem  Efik)  gesehenen  Manen  (siSov, 
oi8a,  videre),  während  die  gleichfalls  in  akis  und  akhsi  mit 
dem  Auge   verbundene   Wurzel   ak   (s.    Curtius)    durch    akiso 


bhü,  fieri,  existere)  designe  une  classe  d'esprits  malfaisants,  qui  hantent 
les  cimetieres  (Daeva  Buiti  dans  le  Vendidad,  butbar  ou  demun  persun,  bnt 
ou  butaiv,  idole,  bütah,  foetus).  Pictet  le  retrouve  dans  Tallemand  biUze 
(bas-all.),  butte,  butke,  budde,  buddeke.  Le  deraon  loup  est  appele  dans  le 
Rigveda  kökayätu,  et  le  sanscr.  koka  (loup)  se  retrouve  dans  le  russe  köka 
(ogre,  gobelin),  et  le  lithuanien  kaukas,  dimin.  kaukelis  gnome,  esprit  (Pictet). 
Koka  signifiant  a  la  fois  coucou  et  loup,  Kukayatu  est  traduit  par  coucou- 
demon.  - —  Autolycus  hemmte  den  Blutfluss  aus  Ulysses  Wunde  durch  Zauber- 
gesänge (^TiaoiSr')  oder  carmina.  Nach  Theophrast  heilte  man  das  Podagra, 
indem  die  Flöte  über  dem  kranken  Gliede  gespielt  wurde.  —  Balii  (vraci 
ou  medicus  im  Altsiaw.)  signifie  incantator  et  medicus  (Pictet).  Les  esprits, 
appeles  siddhäs  (accomplis  ou  liberes)  ou  magicieus  habitant  au  ciel  dans  la 
region  du  chemin  des  dieux  ou  de  la  voie  lactee  (le  siddhamärga,  la  voie  des 
Siddhäs).  —  Die  heidnischen  Irländer  (im  Gedichte  Fiech)  verehrten  die 
Geister  (tuatha  adortais  side)  oder  (erse)  sith  (Fee).  Der  Zodiakus  heisst  die 
Umzäunung  der  Sidi  (Caer  Sidi)  bei  den  Cymris,  und  die  Milchstrasse  Caer 
Gwydion  oder  die  Umzäunung  des  Gwydion  (des  Luftgeistes).  Pictet  ver- 
gleicht mit  seidr  (incantare),  seidr  (invocatio  maligni  spiritus),  seidmadr 
(fascinator) ,  seidkona  (fascinatrix)  im  Scand.  das  sanskr.  siddhi  (magie)  et 
siddha  (devin)  de  la  rac.  sidh,  perficere.  —  Durch  (durruc)  in  Beziehung 
mit  fiairho,  goth.  (Loch),  mhd.  dürkel,  pertusus,  Topöuo)  (s.  Grimm).  Dann 
aus  goth.  |)ana  (Acc.  Sing,  des  demonstr.  Sa),  denne  von  den  (ahd.)  dar 
(dära).  —  Deva  (etre  Celeste)  se  presente  comme  un  adjectif  de  div  (ciel) 
ou  le  lumineux  (s.  Pictet).  —  Vedisches  Bhaga  (Baga  auf  der  persischen  In- 
schrift von  Persepolis  als  Ormuzd)  kommt  von  Bhag  (colere),  wie  slawisch 
Bogu.  —  Deva  (le  Celeste  ou  dieu)  se  rattache  a  Div,  le  ciel  reel  en  tant 
que  lumineux.  II  en  est  autremeut  de  Div,  nomin.  dyaus,  le  ciel  person- 
nifie,  invoque  dans  le  Rigveda  avec  Prthivi,  la  terre ,  et  d'autres  dieux  ve- 
diques,  et  appele  quelquefois  Pitädyäus  ou  Dyäushpitar,  le  Ciel-pere.  Ici  il 
s'agit  du  ciel  reel  (Pictet).  A  Dyaus  repond  le  Zeu;  grec  (eolien  Aev?).  — 
Aspice  hoc  sublime  candens,  quem  invocant  omnes  Jovem  (Ennius),  sub  divo. 
—  Nach  Herodot  opferten  die  Perser  dem  Zeus  (Alf)  auf  hohen  Bergen, 
und  nannten  den  Himmelskreis  Zeus  (Aia).  Gothisches  Tius  führt  auf 
(scand.)  Tyr  (altd.  Ziu)  und  angel-sächs.  Tiw. 

12* 


180  Zweites  Kapitel. 

(aki)  gleichfalls  auf  terror  (oejja)  führt.  Rkhsa  (im  Sanskrit) 
oder  Bär  (bhalla  von  bhall,  ferire,  occidere)  kommt  (nach 
Kuhn)  von  der  Wurzel  ri,  ari  (lucere),  auch  als  Constellation. 
Bhiruka  oder  Bhiluka  (Bhiru  oder  Bhilu)  als  sanskritischer 
Name  des  (fruchtbaren ')  Bären  (lokis  im  Lit.)  findet  sich  im 


')  Les  rois  ont  ete  appeles  les  pasteurs  des  penples,  comnie  on  le  voit 
par  le  uotfXTjV  Xawv  d'Honiere,  et  le  ro'eh  de  la  bible,  applique  tiguiement 
aux  princes  (Jereni.),  et  meme  'a  Jehovah,  le  pasteur  siipieme  (Ps^-)-  La 
racine  pa  (tueri)  donne  naissance  egalemeiit  aux  nonis  du  pasteur,  du  pere 
(pitar),  du  mari  (pati),  du  maitre  et  du  roi  (Pictet).  Les  synonymes  gopati 
et  gopala  designent  aussi  le  roi,  mais  le  preniier  s'applique  encore  au 
taureau,  comrue  maitre  des  vaches,  d'ou  il  a  passe  au  soleil,  conime  maitre 
du  troupeau  Celeste  des  astres.  —  Goghobud  (Beute)  im  Armen.,  wie  gavish 
(Kühe  wünschend),  begierig  (im  Sanskrit)  bedeutet  gaveshana  (auf  Kampf 
bedacht).  —  Le  soleil  est  le  taureau  qui  regne  en  maitre  sur  le  troupeau 
des  vaches  Celestes,  c'est-a-dire  les  etoiles  (s.  Pictet).  —  Die  Aliichstrasse 
heisst  (nach  Kuhn)  kaupat  (Kuhpfad)  im  Niederdeutschen  oder  gopatha  im 
Sanskrit.  —  Cunningham  observed  figures  of  sharks,  porpuises,  turtles, 
lizards,  trepang,  starfish,  clubs,  canoes,  watergourds  and  some  quadrupeds  in 
australischen  Höhlen.  Das  Gesetz  heisst  im  Avesta  yas  oder  erlösend 
(vedisch  yos,  wie  lat.  jus).  Sancus  (sag,  adhaerere,  sanscr.)  presidait  aux 
serments  et  contrats  (chez  les  Sabins,  Ombriens,  etc.).  Par  sagmen  (sagmina) 
on  designait  les  herbes  arrachees  avec  une  motte  de  terre,  que  portalem  les 
Fetiales,  quand  ils  allaient  conclure  un  pacte  avec  l'ennemi,  et  qui  rendaient 
leur  personne  inviolable.  En  Litth.  on  retrouve  la  racine  sag  dans  segti 
(attacher)  et  segti  (jurer),  pri-sega  nu  serment  (Pictet).  —  T'.ti«  (Hesych) 
als  redupl.  von  riu,  und  so  xixa^  (König)  und  tltv^vt)  (Königin)  als  Aus- 
theiler  der  Gerechtigkeit  (s.  Benfey).  Die  Hölle  der  Skandinavier  war  vom 
Hunde  Garmr  bewacht.  Le  Sanscrit  köka,  qui  dtsigne  a  la  fois  une 
espece  d'oie  (Anas  casarca),  le  coucou  et  la  grenouille,  est  une  onomatopee, 
comme  kaka,  Corneille,  kiki  (geai  bleu),  kokila  (coucou),  kukkuta  (coq),  etc., 
en  persan  cueah  (cygne),  chükisah  (oie),  xuxvo;  (oia  ou  oica  en  bas  latin), 
imitative  du  cri  du  cygne  (kouk  kouk) ,  comme  le  turc  kughu  (cygne),  syr. 
kökö  (pelican),  toung.  gäg  (cygne)  andi  kog,  dido  et  ounso  kochgo  (oie), 
ünl.  kaakko,  kuikka  (canard),  barabras  köka  (corbeau).  L'onomatopee  kukkuta 
(en  Sanscr.)  ou  (Hind.)  kukkut  se  retrouve  dans  l'anc.  slav.  kokoshu  (poule), 
russ.  koieku  (coq),  kokotu  (gloussement),  pol.  kogut  (kokot),  illyr.  kokot, 
l'albanais  koköshi  (cock,  kukko,  kakas ,  kikkas,  etc.).  Gäl,  coq,  et  aussi 
cri,  bruit  fort,  dimiu.  gälicah,  pie  (en  pers.)  est  le  latin  gallus,  gallina,  irl. 
gall,  alb.  ghiel,  ghul,  coq.  La  racine  commune  est  le  sanscr.  gr,  gar,  gal, 
sonum  edere,  canere,  d'oü  gala,  Instrument  de  musique,  gäli,  imprecation, 
etc.,  et  en  zend  gere  (chanter),  garu  (chanteur),  irl.  gairim  (crier),  gaill 
(parole),  galan  (bruit),  russ.  golka  (bruit),  anc.  all.  charon  et  challon  (cla- 
mare),  etc.  Le  grec  aiviyyo^  (le  Pinson)  se  rattache  a  oiT'sto,  pipine  (ono- 
matopoetisch). Le  cri  caracteristique  du  Coucou  est  devenii  partout  son  nom 
(Pictet).     Laklak    (le    num    arabe   des    cigogues)    exprime    le    claquement    de 


Das  Birmanische.  181 

altd.  Pero  und  im  scand.  Biörn  (bear).  Seuls  de  toute  la 
famille  arienne,  les  idiomes  germaniques  ont  perdii  raucien 
nom  de  Thiver,  hima  ou  froid  ()(^s(,[j.ov,  hiems,  geamh,  zima) 
pour  lequel  ils  ont  im  autre  terrae  (vintrus,  winter,  vetr, 
wintar).  L'approchement  avec  vinds  (vent)  n'est  adniissible, 
k  cause  de  la  difierence  radicale  du  t  et  du  d.  Winter  könnte 
jedoch  eine  Intensivform  von  Wind  (wie  Wetter)  darstellen, 
in  der  litauischen  Verbindung  von  Wandu  und  Wejas.  Vetr 
ist  Sohn  des  Vindloni  oder  Vindsvalr,  Sohn  des  Vasadr  (der 
Nasse  oder  Feuchte).  Der  Himmel  stellte  anfangs  den  kalten, 
freudenlosen  Aufenthalt  dar,  in  dem  die  faulen  Seelen  der 
Eskimos  frieren  und  hungern,  während  sie  unter  der  warmen 
Erde  herrliche  Jagdgriinde  gefunden  haben  wiirden.  Als  später 
das  östliche  Göttergeschlecht  einwanderte  mit  seiner  olym- 
pischen Walhalla,  wurde  der  Himmel  (Gimill)  der  Sitz  seliger 
Freuden,  und  konnte  nicht  länger  das  abschreckend  Kalte  von 
gal  (frigidum  esse)  oder  (irländ.)  geal  darstellen,  womit  die 
im  Bett  Gestorbenen  in  Helle's  Unterwelt  bestraft  wurden, 
denn  eine  Feuerhitze  wiirde  den  nordischen  Völkern,  wie  noch 
der  schottische  Pfarrer  wusste,  nicht  so  schrecklich  erschienen 
sein.  Die  ethischen  Religionsvorstellungen  von  einer  Reinigung 
durch  die  Wassertaufe  führten  weiter  zur  Läuterung  im  Feuer, 
und  diese  wurde,  im  Hinblick  auf  das  ahrimanische  Böse,  das 
derselben  unterworfen  wurde,  dann  leicht  als  eine  Marter  im 
gähnenden  Rachen  (guttur  infernale)  der  Hölle  Käli's  (käla 
oder  schwarz)  oder  Halja's.  Grimm  vergleicht  mit  Himinbörg, 
dem  (wie  Imaus  und  Himalaja)  hohen  oder  erhabenen  (heaven, 
häwen,  heben,  weil  ein  Himmelsberg)  Wohnsitz  Heimdallr's, 
den  Himilinberg  (mons  coelius),  auf  dem  Geister  hausen.  Die 
Ableitung  des  Himmel,  als  die  Erde  deckend,  aus  der  Wurzel 


leur  bec.  La  Perdrix  est  (Sanscr.)  tittiri,  tittira  (Francolin)  du  cri  de 
l'oiseau.  Une  seconde  serie  imitative  reproduit  uu  cri  plus  guttural,  sanscr. 
krkana  (perdrix  sylvatica).  Le  grec  xax^taßiQ  (perdrix)  est  une  autre  ono- 
matopee,  analogue  au  sanscrit  kukkubha,  coq.  Ol  (Jiev  xaxxaßi^ouaiv,  ol  8e 
Tpi^ovoi  (Arist.).  Les  termes  qui  designent  la  Caiile,  sont,  en  general,  des 
onomatopees,  et  lors  meme  qu'ils  ont  un  sens  special,  ils  revetent  ordinaire- 
ment  la  forme  d'un  dactyle,  imitatif  du  cri  de  ce  gallinace  (Pictet).  —  Kuh, 
chu,  gii,  go  ist  der  onomatopoetische  Name  des  Rindes,  AUnährerin  für  die 
Hirtenvölker,  wie  die  Erde  (bhumi)  für  die  Ackerbauer  (mi  Doppelsinn 
von  go). 


132  Zweites  Kapitel. 

hima  (tego,  involvo,  vestio)  führt  auf  die  Decke  des  Schnee, 
der  (snih)  in  nihära  das  Eisige  bedeutet,  jäl  (im  Persischen) 
Hagel  (halbgefrorener  Schnee)  und  goloti  (russ.)  wieder  Eis. 
Alle  diese  Wörter  wurzeln  also  in  demselben  Grunde,  während 
ihre  aufschiessenden  Zweige  für  verschiedene  Bedeutungen 
verwandt  werden.  Les  Slaves  appellent  Fenfer  peklo,  et  les 
Lithuaniens  pekla,  commc  les  Grecs  modernes  iziaaoi  von  pix, 
TciTTa,  peku  (russ.).  Dass  man  deutsche  Wörter  aus  dem 
Griechischen,  Lateinischen  '),  Persischen  und  Sanskrit  derivirt, 
ist  ein  Misverständniss  einer  an  sich  richtigen  Thatsache  (nach 
Schmitthenner).  „Es  ist  über  alle  Zweifel  erhaben,  dass  diese 
Sprachen  mit  der  deutschen  die  Mehrzahl  der  Wurzeln  gemein 
haben,  allein  da  das  Wort  formell  nichts  weiter  ist,  als  die 
Einheit  der  Wurzeln  und  der  Form,  so  ist  auch  in  der 
Sprache,  in  welcher  das  Wort  unentlehnt  ist,  die  AVurzcl 
gleichfalls  vorhanden  und  ergibt  sich  bei  der  Zerlegung  des 
Wortes."  Obwol  es  deshalb  unnöthig  ist,  in  andere  stamm- 
verwandte Sprachen  überzugreifen,  so  bietet  dagegen  das  Zu- 
sammenstellen der  Wurzeln  stammverwandter  Sprachen  nach 
dem  Parallelismus,  der  in  der  Lautverschiebung  stattfindet, 
ein  wichtiges  Hülfsmittel  der  Etymologie. 

Die  Worte  für  sinnliche  Anschauun<Ten    lassen    sich    oft 


^)  Die  ersten  deutschen  Schriften  gingen  von  den  Klosterschulen,  von 
lateinisch  gebildeten  Mönchen  und  Geistlichen  aus,  und  daraus  folgt  das 
welsche  Wesen  der  altdeutschen,  besonders  der  althochdeutschen  Schrift- 
sprache (nach  Prinzinger).  Nur  die  gothische  Schriftsprache  neigte  sich 
mehr  dem  nahen  griechischen  Vorbilde  zu.  Zwischen  Wort  und  Satz  be- 
steht gar  kein  logischer  Gegensatz,  denn  das  Wort  als  der  bezeichnende 
selbständige  einzelne  Spraclilaut  kann  ein  Satz  sein,  wie  amat,  und  auch 
nicht,  wie  amare,  und  umgekehrt  kann  ein  Satz  aus  einem  Worte  bestehen, 
wie  tonat,  und  aus  mehrern,  wie  deus  est  justus  (Schmitthenner).  Der 
Deutsche  schrieb  einst  anders  als  er  sprach.  Er  sprach  damals,  wie  man 
auch  jetzt  noch  im  gemeinen  Leben  spricht,  schrieb  aber  seine  Rede  im 
Sinne  und  Geiste  welscher  Zunge.  Die  Sprache  des  Lebens  und  des  Volks 
stand  in  demselben  Verhältniss  zur  Schriftsprache,  wie  dieses  im  Französi- 
schen noch  jetzt  statthat,  und  wie  es  noch  im  Englischen  vorliegt  (s.  Prin- 
zinger). ,,Die  gothische  Bibelübersetzung,  die  zum  Grundbau  der  deutschen 
Grammatik  verwendet  wird,  ist  eine  theilweise  knechtische  Nachbildung 
fremden  Sprachbaues  und  Lautes."  Wie  Prinzinger  bemerkt,  besitzt  er  Briefe 
genug,  welche  auf  einer  frühern  Stufe  der  Lautverschiebung  stehen.  ,,Dic 
ahd.  Buchstabenreihe  wurde  im  Widerspruch  und  trotz  der  bedeutendsten 
alid.  Denkniiilcr  (Isidor,  Otfried  und  Tatian)  aufgestellt." 


Das  Birmanische.  133 

onomatopoetisch  deuten,  Bezeichnungen,  die  sich  zur  Deckung 
culturhistorischer  Bedürfnisse  gebildet  haben,  verlangen  da- 
gegen ihre  psychologische  Deutung  und  zeigen  stets  eine 
Mannichfaltigkeit  der  Begriffe  unter  einer  Namensform  ver- 
einigt, deren  Lautähnlichkeit  bald  dem  einen,  bald  dem  andern 
vorwiegend  angenähert  ist.  Durch  etymologische  Reduction 
kann  deshalb  nicht  eine  Bedeutung  des  urspriinglichen  Sinnes 
in  solcher  Weise  erlangt  werden,  um  aus  derselben  die  Ge- 
setze seines  geistigen  Emporwachsens  zu  entwickeln.  Das 
Verständniss  des  Buddha  verlangt  sowol  die  der  Wurzel 
(budhna)  im  Mulamuli  des  Anfangs  als  die  der  Selbstdurch- 
schauung  im  Bodhi  (der  vollendeten  Transfiguration),  und 
ebenso  die  der  Bhuth  (Gespenster)  zur  Wiedereinkörperung 
umherschweifenden  Seelen.  Es  wäre  nutzlos,  nach  einer  Form 
zu  suchen,  die  als  alleinige  allen  übrigen  zu  Grunde  gelegen 
hätte,  denn  die  buddhistische  Vorstellung  hat  sich  eben  erst 
unter  dem  Zusammenwirken  vielfacher  Cultureinflüsse  gestaltet, 
die  von  verschiedenen  Seiten  her  Beiträge  zu  den  constituiren- 
den  Elementen  und  deren  vereinigenden  Abschluss  lieferten. 
Die  oft  vermutheten  Analogien  mit  weit  entfernten  Mythen- 
kreisen mögen  meistens  zugegeben  werden,  für  die  eine  oder 
andere  der  Partialauffassungen ,  an  die  Bhuth  schliessen  sich 
die   wiithenden  Heere,  die  Wuotan*)  und  Votan;  an  budhna 


^)  Wiith  wird  von  Graft"  auf  waten  zurückgeführt.  —  A  vrdhna  (bradhna 
ou  budhna)  ou  racine  (vrdh,  crescere)  se  lie  (goth.)  vaurts  (wurt,  wurza)  et 
(cymr.)  gwraidd.  La  forme  budhna  a  pris  une  extension  plus  grande. 
Spiegel  a  signale  l'analogie  du  persan  bunda,  racine,  fond  (le  persan  bun, 
biin,  le  kourde  ben,  l'ossete  bin).  Le  grec  ßuSo'?,  fond,  repond  a  un  theme 
budha,  et  uüä(ji'i]v,  eolien,  ßu3|jiY^v,  racine,  pied  d'arbre,  fond,  a  budhman, 
tandis  que  le  latin  fundus  reproduit  le  parsi  bunda  (bon  in  anc.  irl.).  Le 
scandinave  botn,  fond,  se  rapproche  de  budhna  et  l'ang.-sax.  botm  (bodam, 
anc.  all.)  se  rattache  a  la  meme  formation,  que  ßu5|JL7]v  (s.  Pictet).  —  Das 
sanskrit.  müla  (Wurzel)  oder  mülaka  (mülin,  Baum)  führt  auf  mul  (firmiter 
Stare,  radicem  esse),  dann  ijiope'a  (morus).  Bei  den  im  Cultus  der  Buddhen 
verehrten  Bäumen  diente  die  (wie  bei  Siwa's  Lingam)  durch  Graben  (als 
Anfang)  nicht  erreichbare  Wurzel  zum  Symbol  des  Ursprungs,  aus  dem  sich 
das  System  entwickelte  (bis  zur  Vollreife  der  Selbsterkenntniss  in  den  Phala) . 
Urd  (des  Urdarbrunnr  unter  den  Nornir)  macht  wurt  (ahd.  gloss.)  zum 
fatum.  Thiu  Wurdh  is  at  handum  (Hei.) ,  me  fät  Vyrd  geväf  (parca  hoc 
mihi  texuit).  Parca  saepe  servat  virum,  donec  virtus  ejus  viget  (s.  Grimm). 
—  Le   compose   vedique  Dyäväprthivi   au    duel   exprime   l'intime    connexion 


]^g4  Zweites  Kapitel. 

die  Bodha-Bäume,  an  Bodhi  das  Weisheit  spiegelnde  Wasser 
oder  Voda  (odr,  mens  oder  scnsus),  dann  allgemein  allem. - 
burgund.  Viit  oder  Orient.  But  als  Götzen,  aber  dennoch  hat 
sich  der  eigenthümliche  Begriff  des  Buddha,  wenn  er  als  sol- 
cher in  seinem  System  aufgefasst  wird,  nur  unter  bestimmter 
Bedingung  indischer  Geschichtsverhältnisse  in  Ostasien  ge- 
bildet. Das  Meer^),  mare  (lat.),  muir  (irl.),  mor  (cymr.), 
marei  (goth.),  mere  (angelsächs.),  mar  (scand.),  moru  (russ.), 


des  deux  divinites  (le  ciel  et  la  terre),  les  grands  parents,  unis  par  im  an- 
tiqne  mariage  (comme  Gaea  et  Uranus).  La  terre  (Af][jL7]Tr,p  on  rTfjiJtY^riip  et 
Telliis  mater  ou  Nerthus)  etait  personnitiee  (Prthivi  luätar)  chez  les  Ang.- 
Saxons  sous  le  nom  de  Folde  fira  modor  (la  Terre-mere  des  hoiiinies)  de 
folde  (terre)  ou  (scand.)  folld  (s.  Pictet).  Le  derive  sanscr.  sahana,  fort, 
trouve  son  correlatif  dans  l'irlandais  seighion,  guerrier,  heros,  tandis  qu'a 
saha  fort  se  rattache  le  nom  de  l'nrus  ou  büffle,  segh,  et  celui  du  faucon 
seigh,  l'oiseaii  fort.  Glück  compare  le  Sego  de  plusieurs  noms  et  de  lieux 
gaulois,  tels  que  Segomarus,  Segobodium,  Segobriga,  Segodnnum,  etc.,  ainsi 
que  Sigo  dans  Sigovesus  (Pictet).  Le  heros,  en  Sanscr.  vira  (de  var,  arcere) 
etait  le  defenseur  ou  le  protecteur,  et  tel  est  aussi  le  sens  de  l'ang.-saxon 
haeledh,  anc.  all.  helid  (Held),  de  helan ,  tegere  (Pictet).  —  Die  Haare  der 
Braut  wurden  bei  den  Indern  mit  einem  Dolch  aus  Stachelschwein  getheilt, 
bei  den  Römern  durch   eine  Lanze. 

')  Wie  Sand  bezeichnete  Sint  (sint-fluot)  das  Meer  oder  (sanskrit.) 
sindhu  (von  der  Wurzel  sidh,  fliessen  oder  gehen).  Comme  a  cote  de  sidh 
on  trouve  aussi  sädh,  proficisci,  abire  et  que  niud  signilie  iiatatio,  on  peut 
conclure  a  une  racine  germanique  fort  sand ,  sind,  sund,  fluere,  natare,  qui 
donnerait  Tetymologie  de  l'ang.-sax.  Sand,  scand.  sandr,  anc.  all.  sant,  le 
sable  qui  coule  comme  l'eau.  Nara,  comme  le  vedique  nr,  nar,  est  un  des 
noms  de  l'homme  et  signilie  proprement  le  guide,  le  chef  (de  la  rac.  nar 
ducere).  Les  noms  de  l'homme  sont  plus  d'une  fois  appliquee  a  l'Esprit 
supreme  (ainsi  Manu,  Ayu,  Parusha).  Dans  les  lois  de  Manu  l'esprit  divin 
de  Brahma  est  appele  Nara  (l'Esprit  divin  et  eternel ,  qui  penetre  l'univers 
entier).  ün  correlatif  de  Nara  parait  se  trouver  dans  le  cymrique  Ner 
(Dieu,  Seigneur)  dans  le  langage  des  Bardes  (Naria,  deesse  de  l'Helvetie 
gauloise).  —  Sarya  als  svarya  (von  svar,  Himmel  oder  leuchtend). — Bournouf 
a  ramene  le  persan  Chodä  au  zend  quadhäta  (cree  de  soi-meme,  lequel 
serait  en  sanscrit  svadhäta).  Le  correlatif  sanscrit  regulier  de  gutha  (guth 
ou  dieu,  goth.)  serait  ghuta.  On  trouve  huta  de  la  rac.  hu,  sacrificare,  avec 
le  double  sens  de  sacrificatus  et  de  is  cui  sacrificatur  (Dieu).  Daran  schliesst 
sich  im  Zend  (von  zu)  zaotar,  der  Opferer  und  Libationen  (wie  goth.  giutan 
von  der  Wurzel  gut,  giessen).  L'anc.  slav.  govieti  (religiöse  vereri),  govieinu 
(religiosus),  govieiiniie  (pictas),  govieti  (faire  ses  devotions,  honorcr)  rus. 
Le  lith.  gaweti  a  pris  le  sens  special  de  jeüner,  d'ou  gawene,  jeiine  (Pictet). 
Yazata  (dieu  en  zend),  derive  de  yaz  (yag),  sacrificare,  deos  colere,  d'oü  le 
vedique  yagati,  adorandus  (izid  et  yazdan). 


.  Das  Birmanische.  185 

morze  (poln.),  morra  (illyr.)  ist  (im  Sanskrit)  mira  (mr,  mori), 
TCovxo?  äxp'JYSTOs  (vastimi  mare),  wie  maru  (im  Sanskrit)  auch 
die  Wüste  bedeutet.  Sanscr.  maru,  montagne,  a  proprement 
parier,  region  morte,  de  mr,  mori.  La  meme  extension  de 
sens  se  reconnait  dans  l'ang.-saxon  mor,  montagne,  et  de  plus, 
comme  Panc.  allem,  muor,  scand.  myri  (marais),  en  tant  que 
lieu  sterile  et  desert  (s.  Pictet).  Mons  führt,  wie  irl.  moin 
und  armer,  mane  auf  die  Wurzel  mau.  Zu  den  zur  Bedeutung 
„sterben"  gehörigen  Worten  (wie  !J.apaa[j.c;)  kann  (nach  Cur- 
tius)  auch  [j.e'povjj  gerechnet  werden  oder  (nach  Härtung)  ^pxÖQ. 
Mrnmaru  (Fels  im  Sanskrit)  ist  (nach  Wilson)  aus  mrd 
(Thonerde)  und  maru  (Wüste  oder  Berg)  zusammengesetzt, 
als  Marmor  oder  (b.  llorner)  [j.ap[j.apcc  (Stein).  Die  Russen 
sagen  Mramor  oder  Marmor  (wie  Brama  oder  Barma).  Das 
sanskr.  arna  (arenava  oder  Lauf  im  Zend)  oder  Fluss  (Woge) 
führt  auf  die  Wurzel  ran,  rinnen  (und  arena,  fliessender  Sand). 
Lassen  bezieht  'Op<p£u?  auf  ibhu  (wohlwollende  Geister,  die 
für  die  Götter  arbeiten),  was  Kuhn  (durch  arbh  und  rabh) 
mit  alfr  (aelf  und  alp)  oder  Elfen  verbindet  (als  Musiklieben- 
den ^).    Die  Marut  heissen  babhru  oder  braun  (als  Brownies), 


')  Ideo  Oarmentis  qiiod  divinatione  fata  caneret  nain  antique  vates  car- 
mentus  dicebantur,  unde  etiam  libros  qui  eorum  dicta  perscriberent  carmen- 
tarios  nuncupatos  (Servius).  —  Le  cymr.  jach  s'explique  par  le  sanscr. 
yakhs,  iyaks  (yiyaksh),  desideratifs  de  yag,  s^cra  facere,  initiare,  inaugurare 
(obviam  dare,  praebere,  dare),  ce  qui  rendrait  compte  du  double  sens  de 
yocaim  (guerir  et  payer)  en  irlandais  (Pictet).  —  Pictet  erklärt  Bhisag  oder 
Abhisag  (bhäishaga  ou  medicament)  von  der  Wurzel  sag,  sang  (adhaerere, 
amplectij.  Le  grec  beotien  tJOcxTa;  derive  directement  de  caiTW  (rac.  sag). 
Sakta  (attache,  devoue)  en  Sanscr.  (sagus  und  sagax).  Piseogaidhe  (piseog, 
Zauberei)  oder  Zauberer  im  Irl.  Zum  sanskr.  Sava  oder  Sonne  (sol,  siaposh) 
gehört  (irl.)  sabh  und  (nach  O'Reilly)  samh.  L'anc.  all.  sumna  (sun  ou 
sunna)  indiquerait  un  theme  sumanä.  Le  cymrique  huan  (de  suan)  repond 
au  sanscr.  suvana  (so! eil)  ou'suvan  (s.  Pictet).  Le  cymrique  Hu  (hü  ou 
soleil  cn  Zend)  etait  une  divinite  solaire,  car  il  est  dit,  dans  un  poeme 
bardique,  qu'il  regnait  sur  la  terre,  la  mer,  et  sur  toute  vie  dans  le  monde 
(comme  huon).  Huan  est  un  des  noms  cymriques  du  soleil ,  qui  reviendra 
tout  ä  l'heure  (Bhuvana  bei  den  Lappen ,  auf  Rückkehr  des  Sonnenwortes, 
wie  die  Quiche).  Ostan  (Eostra)  führt  auf  Aurora  oder  ausora  (von  sanskr. 
usha)  und  Eos.  Wie  auf  einer  Logarithmentafel  der  Logarithmus  mit  de^ 
grössten  Sicherheit  die  entsprechende  Proportionszahl  anzeigt,  so  ist  es  fast 
nur  mechanische  Th'ätigkeit,  des  Wortes  Bedeutung  auf  der  Wurzeltafel  zu 
linden.     Nachdem   uo    im  Altd,    als  guniertes  a,   t   als  Bildungsmoment  des 


186  Zweites  Kapitel, 

der  gefleckte  Dämon  (karbura  oder  karvara)  bildet  den  Kobold 
(cobalus).  Medicus  (der  die  Krankheit  durch  Sprüche  be- 
schwört) wird  durch  mederi  bezogen  auf  sanskr.  nieth,  medh 
(intelligere,  scire)  obviam  venire  (conviciari,  maledicere) ,  im 
Zusammenhang  von  mederi  (und  meditari)  mit  (Zend)  mädh 
(messen)  und  vimädha  (Heilmittel).  Le  subst.  zend  madha 
(intelligence,  prudence)  indique  une  racine  madh,  qui  ne  differe 
de  midh,  medh,  que  par  la  voyelle  et  qui  parait  avoir  existe 
en  Sanscrit  avec  le  sens  de  mesurer.  On  pourrait  y  rattacher 
madhyu,  medius,  medium  (centrum)  mit  modius  (modus,  mo- 
dero).  De  lä  ä  Tacceptation  de  comprendre  (d'appliquer  aux 
choses  la  mesure  de  Tesprit)  la  transition  est  facile.  A  madh ') 
repond  le  grec  (j.a'ä^  de  [xav^avo  (math,  mauth,  agitare)  com- 
prendre, apprendre  d'autant  mieux  que  [xa^Tjat?,  |JLa^if][jLa  s'ap- 
pliquent  plus  specialement  ä  la  science  des  nombres  et  des 
mesures  (s.  Pictet).  Aus  Horotumpil  oder  Horotupil  (Koth- 
tummler  oder  Kothtaucher)  hat  die  Sprache  Rohrdommel,  aus 
Sintvluot  Sündflut,  aus  Piposz  (Gewürz  als  das  dazu  Ge- 
stossene)  Beifuss  u.  s.  w.  gemacht,  mithin  Worttheile  in  der 
Composition,  die  sie  nicht  mehr  verstand,  an  andere  ähnlich 
lautende  und  verstandene  angelehnt  (Schmitthenner).  In  der 
Regel  nimmt  die  Sprache  auch  nur  solche  fremde  Worte  auf, 
die  an  ausgehende  einheimische  anklingen,  oft  selbst  aus  der- 
selben Wurzel  stammen,  wie  Natur  für  chnuoh,  Platz  für 
vlezzi  und  vlado,  u.  s.  w.  Les  Grecs  disaient  epSeiv  rivt  xi, 
faire  quelque  chose  a  quelqu'un,  pour  ensorceler,  comme  on 
dit  en  allemand  „einem  etwas  anthun".   Le  bas-latin  facturare. 


Wortes,  ebenso  o  vor  u  als  Inlaut,  m  als  Bildungslaut  nachgewiesen  wor- 
den, ist  es  nur  etwas  Mechanisches  und  dabei  höchst  Sicheres,  die  Bedeutung 
von  kuot  (gut)  unter  ka,  die  von  wuot  (Wuth),  vluot  (Flut),  bunt  (Hut), 
muot  (Muth)  unter  wa ,  via,  ha  und  ma,  die  von  poum  (Baum),  soum 
(Schaum),  toum  (Duft),  vloum  (Flaum)  unter  pu ,  su,  tu,  vlu  nachzusehen 
(s.  Schmitthenner). 

^)  Der  indianische  Meda-Tanz  weiht  die  Wiedergeburt.  —  Wan  das  Volk 
wende  und  gloupte,  das  der  brief  von  dem  himele  herab  were  kommen  und 
alles,  das  su  seitent  das  es  alles  wor  were,  und  wanne  die  phaffen  sprochent, 
woby  men  erkennen  solte,  das  die  geischelvart  gerecht  were?  und  wer  den 
brief  besigelt  hette,  do  entwurent  su  und  sprochent,  wer  die  evangelien  be- 
sigelt  hette.  Sus  brochtent  su  die  lüte  darzu  das  men  den  geischelern  nie 
gloubete,  denne  den  priestern  (in  Strasburg),  1349  (s.  Schilter). 


Das  Birmanische.  "  187 

poiir  fascinare,  factura,  sortilege,  ital.  fattura,  fattuchiero,  sorcier 
viennent  de  facere,  tout  comnie  l'espagnol  hechizo  (nialefice), 
hechizero,  sorcier,  etc.,  de  hecho,  action,  fait,  partic.  de  hacer. 
Les  Scaiidinaves  eini)loyaient  dans  le  meme  sens  gora,  facere, 
d'oü  gorningar,  artes  niagicae  (for-giore  ensorceler  en  Danois), 
karmana  (sorcellerie)  de  kar  (facere),  sanscr.  (s.  Pictet).  A 
tapa,  tapas,  tapana  (tap,  calefacere)  se  lie  le  persan  tabistan, 
ete,  de  tabidan  ou  taftan,  chauffer  (Tobbos  aus  dem  der 
Süden  ^],    Avie    die   Nimrod).     Une    trace   se   reconnait   encore 


1)  En  Irlandais  sam,  samh  signifie  l'ete  (ham  anc.  cymr.)  et  soleil 
(sabh).  La  divinite  solaire  (Samhuin  ou  Samhain)  presidait  a  l'ete  chez  les 
Gaels  (s.  Pictet).  Le  Zend  hama  repond  au  sanscrit  sama  (egal,  complet) 
dont  le  feminin  samä  signifie  annee  de  la  racine  sam  (non  perturbari)  ou 
Cam  (sedari,  placidum  fieri).  —  Als  die  ersten  Ansiedler  von  Corrientes 
das  Kreuz,  das  die  angreifenden  Indianer  vergeblich  zu  verbrennen  gesucht, 
ausgraben  wollten,  konnten  sie  nicht  auf  das  Ende  kommen.  Die  Ueberreste 
des  1841  bei  Famaiila  geschlagenen  Generals  Lavalle  zogen  sich  durch  den 
Chaco  (unter  einigen  Rencontres  mit  Tabas  und  Chunupis)  bis  Corrientes 
zurück  (211  Lieues  in  24  Tagen).  Erchanstein  (eorcanstan)  oder  (bei  Alb. 
M.)  orphanus  war  aus  dem  menschlichen  Auge  entsprungen,  indem  Volundr 
den  jarknastein  aus  den  Augen  des  getödteten  Knaben  schmiedete.  —  Le 
cochon  est  appele  (en  Sanscr.)  mukhalängala,  c'est-a-dire,  auquel  le  museau 
sert  de  charrue  (muc  ou  cochon  en  TirL-ers.).  Dans  le  dialeete  allemand  du 
Rhin,  la  truie  s'appelle  mucke  (Pictet).  Va-nara  (comme  un  homme,  sem- 
blable  a  un  homme)  ist  Affe.  Le  fran^ais  sanglier,  languedoc.  sengler  de- 
rive  de  singularis  et  en  termes  de  chasseur  on  dit  un  solitaire  pour  un 
sanglier.  Le  grec  fiovio;  s'applique  comme  epithete  au  sanglier  et  au  loup 
(Pictet).  So  Varäha  (raha  öu  solitude)  als  Eber  (boar).  Putra  (fils)  celui 
qui  purifie  (s.  Pictet).  Le  grec  hiq,  fils  et  fille,  rappelle  ?v£'w,  purifier,  pur- 
ger,  comme  l'irl.  nigh,  nighean,  fille,  le  verb  nighim,  laver,  le  lit.  merga 
(puella),  cymr.  merch  (filia),  la  rac.  sanscr.  mrg,  purificare  (wie  die  Neuge- 
borenen in  Mexico).  Le  gendre  ou  (en  Sanscr.)  gamätar  (de  ga,  progenitura 
et  mä  creare)  est  celui  qui  propage  la  race  du  beaii-pere  en  lui  donnant  des 
petits-enfants,  tandis  que  •^y.ix^pQi  n'exprime  que  la  qualite  (nach  verlorener 
Grundbedeutung)  du  mari  de  la  fille  (s.  Pictet).  Hibali  muku  ou  le  gendre 
(dans  le  Cara'ibe)  designe  ,,qui  fait  les  petits  enfants".  En  Sanscrit  le  neveu 
est  appele  bhrätrgä  (fils  du  frere)  ou  bhrätriya,  qui  appartient  au  frere 
(aS£A967ra'.?).  Ambactus  apud  Ennium  lingua  gallica  servus  appellatur 
(Festus).  Le  nom  nama  (nomen)  etait  ce  qui  fait  connaitre,  le  signe,  et 
l'hebreu  shem,  arabe  ism,  a  le  meme  sens  (d'apres  Gesenius).  Les  dialectes 
finnois  offrent  nimi,  nam,  nema,  nem ,  le  samoyede  nim,  nimde,  le  korieke 
ninna,  le  youkagir  namege  et  le  tchoukchte  ninna  (Pictet).  On  portait  (dans 
le  säntikarma  on  sacrifice  expiatoire,  lors  de  la  perte  d'un  proche)  avant  le 
lever  du  soleil,  le  feu  du  foyer  sur  une  croisee  de  chemins ,    et   les  parents 


183  Zweites  Kapitel. 

dans  le  latin  tempus  -oris  pour  -osis,  le  sansci  it  tapas  -asas,  dont 
le  sens  propre  est  celui  de  saison,  comme  pour  le  cymrique 
tymp  a  cöte  de  twymp,  chaud  (s.  Pictet).  Sanskr.  sak  (sakis 
oder  Freund)  führt  auf  s7C0[j.a(,  (begleiten  von  Wurzel  stc)  und 
sequor  (folgen)  durch  sap  (verrichten),  sodass  sich  der  Zu- 
sammenhang ')  der  Saken  (als  Scythen)  mit  frühern  Abiern  in 
'ATCt'a  ('ATCtSovo«;)  festhalten  Hesse.  'Atco  (avfj),  apa  im  Sanskrit 
(fort,  zurück),  ab  im  Lat.,  af  im  Goth.  (aba).  Palus,  der 
Centralpfeiler  der  Stadt  (auf  dem  Palatium)  führt  durch  paxillus 
auf  ■KaaaakoQ  und  weiter  (durch  Tr-rj'yvufj.t)  auf  pa^  (im  Sanskrit) 
oder  pak  Baktras  (der  Mutterstadtj,  das  wie  Bali  (auf  der 
Insel  Bali)  die  Bedeutung  des  Hauses  (oder  chinesischen 
Tempels)  mit  dem  der  Stadt  verbindet,  und  in  Pali  (Pallistans 
oder  Palästinas)  die  den  purificirten  Sanskritanern  durch  fremde 
Mischungen  (wie  semitische  im  Pehlewi)  schwer  verständliche 
Sprache  des  Magadhi-Idioms    (als   Sprache   der   Dörfer   oder 


en  faisaient  trois  fois  le  tour  par  le  gauehe,  en  se  frappant  la  cuisse  gauche 
avec  la  main  gauche  (s.  Pictet).  —  Das  Muspilli-Gedicht  (8.-9.  Jahrh.  p. 
J.)  spricht  von  zwei  Haufen  (aus  Himmel  und  Hölle),  die  sich  um  die 
Seele  des  Todten  streiten,  wie  Engel  und  Teufel  (Yama  und  Vishnu).  In 
Brahmanas  findet  sich  das  Opfer  einer  schwarzen  Kuh,  um  die  Seele  über 
den  Fluss  Vaitarani  ins  Land  der  Pitris  zu  führen.  Im  Avesta  ist  die 
tugendhafte  Seele  bei  der  Ankunft  an  der  Brücke  Tschinvat  von  der  Seele 
des  Rindes  (Pacu)  und  dem  Hunde  begleitet.  Die  Jungfrau  Modhgudhr  be- 
wacht (in  Skandinavien)  am  Giessbach  GiöU  die  Goldbrücke,  die  der  mit 
dem  Höllenschuh  (helsko)  bekleidete  Todte  beschreitet  (von  einer  Kuh 
begleitet). 

')  „Die  Verwandtschaft  von  ocno  mit  der  Locativform  sanskr.  api,  griech. 
iizl  und  der  Ablativform  lat.  apud  ist  nicht  zu  verkennen"  (nach  Curtius). 
—  Suivant  Müller,  le  vrai  sens  de  idä,  que  les  Brahmanes  interpretent  par 
priere,  n'a  jamais  ete  reconnu  (irä  ou  terre)  ou  idäyäspada  le  Heu  de  la 
priere  (s.  Pictet),  ilrä,  vivification  (restauration  ou  nourriture).  —  Airth  (goth.) 
oder  (pehlewi)  artä  (Erde),  ardh  (arab.),  orärö  (pawni),  wosake  (aimara), 
arikke  (dongola) ,  arag  (chald.)  aponpa.  —  Dans  l'Inde  des  tenips  vcdiques, 
le  siilon,  sitä  (fem.),  etait  personnifie  et  invoqne  sous  la  forme  d'une  deesse 
au  teint  brun,  aux  yeux  noirs,  brillante  de  beaute,  couronnee  d'epis,  epouse 
du  dien  Indra,  ou  Parganya,  et  qui  disperse  aux  hommes  los  fruits  de  la 
terre.  Porca  (fush,  ags.)  porcus.  Les  Chinois  et  les  Grecs  attribuaient  l'in- 
vention  du  char  et  de  la  charrue  k  un  meme  personnage  mythique,  oeux  Ik 
'a  leur  roi  Chin-Noung ,  ceux-ci  a  la  deesse  Ceres  (Pictet).  Joniir  (champ 
laboure)  de  araim,  wie  apoupa  (von  Wurzel  ar,  er,  or).  Müller  leitet  Arya 
(Name  der  Vaisyas  als  dritter  Kaste  der  Arbeiter)  von  der  Wurzel  ar  (Fcld- 
bauer). 


Das  Birmanische.  189 

Palli)  ausdrückt,  die  von  den  Bekennern  ihrer  Religions- 
schriften aus  Ali  oder  Pali')  (Linie  oder  Sentenzenreihe)  er- 
klärt wurde.  BaXavo^  (Eichel)  bedeutet  Pflock,  ßaX  (ßaXXw) 
fallen,   werfen,   ßsXefxvov,  das  Geschoss. 

BsXa  (Hesych.)  oder  ye'Xa  wird  durch  st^Xif]  und  aXs'a 
(Sonnenwärme)  von  ""EXocvt]  und  2£X'i(]V';f)  (<j£(.ptaat.<;  oder  Sonnen- 
brand) hergeleitet  mit  svar  (Himmel)  und  sol  (saule  oder  sauil). 
BirjXoc,  Schwelle,  Erhöhung,  BaX'/jv,  König  im  Phrygischen.  Die 
Präposition  wi,  welche  Trennung  bezeichnet,  findet  sich  am 
häufigsten  (nach  Pott)  in  der  Gestalt  di,  dis  im  Lateinischen, 
als  S(.a  im  Griechischen,  auf  den  Stamm  des  Wortes  zwei  (8\ji.) 
zuriickgehend  (die  feindliche  Spaltung  des  Div  bezeichnend 
und  wieder  in  der  weissen  Gottheit  Bjelbog  als  dis  aufge- 
fasst),  äiaßoXoi:  oder  Div-Baal  (niht  guotes).  „Diabolos  (der 
Verleumder),  das  die  Septuaginta  noch  nicht  haben,  könnte 
im  N.  T.  aus  einem  dem  pers.  div  (lat.  divus)  verwandten 
Worte  entspringen"  (s.  Grimm).  Der  liehtbringende  Lucifer 
wurde  von  finstern  Fixsternen  (seit  Eusebius)  vom  Himmel  ge- 
rissen und  der  Finsterniss  überwiesen.  Balowiso  oder  Pilwiz 
(fiandi  mit  fan)  heisst  auch  Valant  (Wilant  als  Pehlewan)  und 
(Reinw.)  Fahl  oder  Fahl.  Fälant  könnte  (nach  Grimm)  auf 
Riesen  gegangen  sein  (und  alte  Deificirungen  der  Faramunde 
und  Pharaonen).  Neben  Pfolesbrunno  oder  Phulsborn  (PhoFs 
oder  Pol's)  findet  sich  Falsbrunn  und  Baldersbrunnen.  Grimm 
hält  zu  Phol  bei  Thüringern  und  Baiern  (Baldag  oder  Bäldäg 
bei  Sachsen  und  Westfalen)  oder  Pol  (Paltar  und  Baidur) 
den  celtischen  Beal,  Beul,  Bei,  Belenus,  eine  Gottheit  des 
Lichts  und  des  Feuers,  den  slawischen  Bjelbog,  Beibog  sammt 
dem  adj.  bei,  bjel  (albus),  baltas  (lit.).  In  allen  diesen  Proben 
haben  wir  nur  abgerissene  und  zufällig  hier  und  da,  wo  sich 
gerade  das  Material  bot,  aufgelesene  Bruchstücke  vor  uns,  die 
sich  allerdings  überall  leicht  aneinanderknüpfen,  aber  nur  will- 
kürliche Hypothesen  ins  Leben  rufen  können,  die  die  nächste 
Weiterentdeckung  auf  philologischem  oder  mythologischem 
Gebiete  wieder  umstossen  würde.   Erst  wenn  wir  die  s^esammte 


^)  La  racine  de  pur  (piira  ou  ville)  ou  puri  est  la  meme  que  celle  de 
puru  (multus) ,  savoir  pr  (Pictet),  und  itoXt?  verhält  sich  zu  puri  wie  ko"/\j? 
zu  puru,  pulu.  Dann  lit.  pillis  (Schloss)  in  Pillawa,  cynir.  pill  (Festung), 
und  plwy  (plwyf,  plwydd),  armor.  ploue  (dwf). 


X90  Zweites  Kapitel. 

Kreisbahn,  die  sie  durchlaufen,  in  ihrem  riickgewendeten  Ab- 
schkisse  überschaut  haben,  werden  sich  die  Grundzüge  der  in 
diesen  Bildungen  waltenden  Gesetze  erkennen  lassen.  Den 
Juden  war  der  von  ihnen  verehrte  Baal  schon  in  vorchrist- 
licher Zeit  das  von  ihren  Feinden  verehrte  Princip  des  Bösen, 
während  ihn  im  nordischen  Europa  erst  die  Missionare  des 
Christenthums  darein  verkehrten,  als  sie  gegen  die  Gestalten 
des  heidnischen  Cultus  predigten,  während  sich  diese  bei  den 
Slawen  länger  erhielten. 

In  der  persischen  Keilschrift  ist  Katapathuka  =  KaTCJca- 
8ox(.a,  Kufa  =  Kup  (Koipr,;;,  Kwp-rjv),  As  (a)  garta  =  ^a^apTWi, 
Baga  =  bog  (slawisch),  Magush  =  Mayoc,  Bakhtarish  =  Apakh- 
tara  (Zend),  BaxTpc'a,  Frawartish  =  *P^(xc^-rr^^,  Athura  =  Acaupia, 
ÄTOupta,  Parthwa  =  Ilapj'jaca,  llapj'a,  Mithra  =  Mt'ä^pa,  Mcxpa, 
Frada  =  $paaT7](;,  Babirush  —  Baß'jXwv,  Armina  =  'Apfxsvta, 
Mudraya  =  Mitsraim,  Mscrpata,  Ariya  =  'Apta,  Arbira  =  "Ap- 
ß'fjXa,  Warkana  =  Hyrkania,  Madiya  —  Media,  Uwajiya  = 
Susa  (s.  Rawdinson).  Bil  erscheint  als  Bilu-Nipru  und  Bel- 
Merodach. 


Britteö  Kapitel 


Das  Siamesische. 

Die  siamesischen  Buchstaben  scheiden  sich  in  sechs 
Klassen:  othaxa  (labiales),  thantaxa  (dentales),  niutthaxa  (pa- 
latinae),  nasikaxa  (nasales),  kanthaxa  (gutturales),  oraxa  (pecto- 
rales)  oder  gutturales,  als  palatinae,  cerebrales  (linguales), 
dentales,  labiales,  semi-vocales,  sibilantes,  aspiratae.  Jedem 
Consonanten  inherirt  ein  ö,  ko,  po  u.  s.  w.  (mitunter  a),  und 
von  Vocalen  (Halbvocalen)  wird  in  der  Reihe  der  Buchstaben  nur 
a  aufgeführt,  das,  wenn  sich  selbst  oder  einem  Consonanten 
folgend,  ä  gesprochen  wird,  wie  ba,  nän,  sonst  aber  nur  quasi 
merum  fulcrum  symbolum  vocalium  (Pallegoix)  bildet,  wie 
Aleph  im  Hebräischen.  Von  den  Yocal-Symbolen  i)  werden 
vier  iiber  die  zugehörigen  Buchstaben  geschrieben ,  zwei 
darunter,  fünf  gehen  ihnen  voran,  zwei  folgen  ihnen,  und  ein 
zusammengesetztes  Zeichen  wird  durch  den  zwischenstehenden 
Consonanten  (wie  im  Sanskrit)  getrennt,  eka  oder  kea  (käb). 
Das  Buchstabirbuch  führt  die  Buchstabenzusammensetzunffen 
in  neun  Abtheilungen  auf,  worin  sich  bis  fünffache  Vocal- 
zusammensetzungen  finden,  die  einsilbig  zu  sprechen  sind. 


*)  The  Short  vowels,  when  combined  with  letters  of  the  Medial  Class, 
are  invariably  pronounced  high,  but  when  combined  with  letters  of  the  High 
Class,  they  are  lower,  than  the  long  vowels.  The  eifect  on  the  Low  Class 
is  the  same  as  on  the  Medial  (Jones).  In  spelling  the  Sianiese  pronounce 
ai  and  _i  alike,  but  in  reading  oft',  they  lay  a  little  more  stress  on  the  one, 
as  fullowing  the  other. 


192  Drittes  Kapitel. 

Unter  den  diakritischen  Zeichen  steht  neben  den  sechs 
Accenten  noch  das  panda'yat,  das  den  Buchstaben,  worüber 
es  gesetzt  ist  (nicht  nur  den  einfachen  Consouant,  sondern 
auch  eine  Vocalverbindung  desselben),  zum  Schweigen  bringt, 
und  bei  Fremdwörtern  verwandt  wird,  deren  etymologisch') 
wichtige  Endsilben  bei  der  monosyllabischen  Abkürzung 
nicht  gesprochen  werden.  Es  ist  also  dem  birmanischen  That 
zu  vergleichen,  das  aber  hier  schon  bei  den  einheimischen 
Worten  verlangt  wird,  um  sie  überhaupt  (durch  Annihilirung 
des  dem  Consonanten  inhärirenden  Vocals)  zu  einsilbigen  zu 
machen.  Lok  wird  loky  (lokaya)  geschrieben  (loka,  Pali), 
mannt  =  manusy,  bin  =  binSü,  son  =  song,  70t  =  yozii  (yozana), 
an  =  äng,  u.  s.  w.  Ob  ehn,  hen  oder  ne  (hne)  zu  lesen  sei, 
hat  sich  aus  dem  Zusammenhang  zu  zeigen,  ebenso  bei  ehn 
(hen  oder  ne).  So  oft  sich  im  kreuzweisen  Austausch  der 
Accente  und  Buchstabenklassen  derselbe  Ton  bewahren  lässt, 
kann  ein  Wechsel  eintreten  und  da  oder  ta,  nä  oder  hna,  ba 
oder  pa  u.  s.  w.  geschrieben  werden.^)  Im  Alphabet  fällt  die 
dritte  Klasse  der  Cerebralen  mitunter  aus.  Obgleich  alles 
hart  gesprochen  wird,  stehen  doch  im  Alphabete  sechs  K- 
Laute  ^)  (oder  drei  K-Laute  und  drei  G-Laute)  nebeneinander 
und  influenciren  die  Betonung.  Drab  (Dinge  oder  Eigenthum) 
sind  thappha  im  Pali  statt  tharapha  (daraba).   Die  Aspiration"*) 


')  Les  bizarreries  orthograpiques,  si  nombreuses  en  fran^ais,  oü  11  y  a 
tant  de  lettres  qui  ne  se  prononceiit  pas,  proviennent  de  la  severite  gram- 
maticale  jointe  a  la  tendance  constante  ä  siniplifier  la  prononciation,  et  four- 
nissent  a  l'etymologie  les  plus  precieuses  indications.  Selon  Ampere  iin 
Systeme  dortliographe  comme  celui  de  Pelletier,  de  Meygret,  oii  de  Marie 
est  nn  Systeme  barbare.  Etfacer  les  signes  etymologiques  d'une  langue  c'est 
eflfaeer  ses  titres  genealogiques  et  gratter  son  ecusson.  L'orthographe,  pour 
n'etre  point  arbitraire,  doit  indiquer  l'origine  des  mots,  hors  de  lä,  11  n'y  a 
point  d'orthographe  rationnelle. 

^)  The  series  of  cerebral  consonants  in  the  Snnda-language  is  prononnced 
hy  tnrning  and  applying  the  tip  of  the  tongue  far  back  against  the  palate 
which,  prodnclng  a  hollow  sound  as  If  proceediiig  from  the  head,  is  distln- 
guished  by  the  term  Murddhanya  (s.  Wllkins). 

^)  Spurius  Carviliiis  soll  zuerst  den  Unterschied  zwischen  G  und  K 
festgestellt  haben. 

*)  Worter  der  fünften  Klasse  können  (im  Nanking-Dialekt)  die  Anlaute 
k,  t,  p,  ch,  ts  nur  haben  in  Verbindung  mit  einer  Aspirate  (Kdkins).  Im 
Peking-Dialekt  (Chinghwa)   gehen   die  Wörter   der  vierten  Touklasse  in  die 


Das  Siamesische.  193 

verändert  die  Betonungsfähigkeit  der  Worte  nach  ihrem  An- 
laut, und  versetzt  als  Honam  aus  der  dritten  Klasse  in  die 
erste,  als  Onam  in  die  zweite  Klasse. 

Substantiva  werden  im  Siamesischen  gebildet  ^)  durch  cai 
(Sinn),  gvam  (Sache),  u.  s.  w.  (ebenso^]  mit  zun,  was,  und  an, 
Ding). 
Raks  (lieben)  bildet  cai-raks,  die  Liebe  (der  Sinn  des  Liebens) 

und  gvam-raks  (das  Lieben), 
klva   (fiirchten)    bildet    cai-klva,    die   Furcht    und  gvam-klva 

(das  Fürchten), 
"bi   (gut)  bildet  cai-Ü,  Gütigkeit  und  gvam-iii   (die  Güte), 
xffieo   (glauben)  bildet  cai-xoeeo,  Gläubigkeit  und  gvam-xoeeo 

(der  Glaube), 
nam  (schön)  bildet  gvam-nam,  Schönheit. 

Cai  ^)  ist  die  siamesische  Form  für  das  sich  näher  an  das 
Pali  schliessende  citr,  dem  cetana  zur  Seite  steht.  Kan-suk 
(Werk  des  Kriegens),  Krieg.  Die  einfachen  Nomina  sind  meist 
einsilbig  (nam,  fai,  diu  u.  s.  w.)  und  treten  wieder  in  Zusammen- 
setzungen nebeneinander,  me-nam  (Mutter  des  Wassers  oder 
Fluss),  Tin-fa  (Fuss  des  Himmels  oder  Horizont),  Hang-lüa 
(Schwanz  des  Bootes  oder  Steuerruder). 


übrigen  vier  Klassen  über  (die  der  Gebrauch  bestimmt).  Die  kurzen,  zxi 
dieser  Klasse  gehörigen  Vocale  dehnen  sich  so,  dass  sie  mit  den  Tönen  der 
langen  Vocale  ausgesprochen  werden  können. 

')  Von  den  abgestorbenen  Substantiven,  die  häufig  zu  Zusammensetzungen 
benutzt  wurden,  ist  die  Silbe  „thum"  im  Alth.  noch  ein  selbständiges  Wort 
(tuom  oder  Bezirk),  die  Silbe  „heit"  das  Hauptwort  heit  (Person  oder  Ord- 
nung), die  Silbe  „lieh"  (alth.)  lih  (gleich),  die  Silbe  ,,haft"  das  Adjectiv 
haft  (haftend),  die  Silbe  „bar"  von  heran  (tragen),  die  Silbe  ,,mis"  früheres 
Adjectiv  (unrecht  in  Zusammensetzungen),  die  Endung  ,,sam"  (im  Alth.)  das 
Pronomen  sam  oder  derselbe,  die  Silbe  ,, schaff  das  alth.  Substantiv  scaf 
(Anlage  oder  Beschaffenheit).  Die  adverbiale  Endung  „ings"  ist  (im  Alth.) 
ingun  (s.  Zinuow). 

2)  Band  heisst  das  Bindende  und  Bund  das  Gebundene,  aber  bei  vielen 
Ablautsformen  reicht  man  nicht  aus,  ob  z.  B.  Wand  (vom  Zeitwort  winden) 
das  Windende  heisse  und  wund  das  Gewundene  (s.  Zinnow). 

^)  De  ci  vient  citi  (esprit,  comprehension),  de  cit  vient  citti,  citta  (pen- 
see,  intelligence,  attention),  cetas  (esprit,  conscience  et  phenomene,  apparence), 
cetana  (esprit,  äme ,  intelligence,  etc.).  A  eint  (cintay)  appartient  cintä, 
pensee,  cintana,  action  de  penser,  ointaka,  penseur,  connaisseur  (Pictet). 
Dann  cisti  (Zend),  scio  (lat.),  ciata  (irl.). 

Bastian,  Studien.  13 


194  Drittes  Kapitel. 

Ausser  den  eigentlichen  Adjectiven  (nam,  schön,  sun,  hoch, 
Jii,  gut  u.  s.  w.)  entstehen  adjectivische  Bildungen  aus  dem 
Präfigiren  von  di,  zun,  an,  hna: 

Raks  (rakt),  lieben  mit  di  (etwas  oder  welcher)  di-raks,  liebens- 
würdig (etwas  zu  liebendes), 
„        „  „        „    hna  (angesichts)  hna-raks,  lieblich  (lieb 

zu  sehen), 
hloeo,  übrigen  mit  an  (Sache)  än-hloeo,  übrig  (übrige  Sache), 
hen,  sehen  mit  zun  (welches)  zun-hen,  sichtbar  (was  zu  sehen  ist). 

Auch  den  eigentlichen  Adjectiven  können  di,  zun,  an, 
hna  präfigirt  werden,  (gutes)  di-Jii,  und  andererseits  können 
Worte  verbaler  Bedeutung  mit  Hauptwörtern  adjectivisch  ver- 
bunden werden,  wie:  ein  geliebter  Mann  (Freund),  gon-raks. 

Zusammengesetzte  Worte  bilden  sich:  tun-tin.  Sack  des 
Fusses  (Strumpf)  oder  Fusssack,  bai  roeeo,  Blatt  des  Bootes 
(Segel)  oder  Bootstuch,  hib  kyien  hnansoeo,  Kasten  zum 
Schreiben  von  Büchern  (Schreibepult),  Schreibebuchgestell, 
nam  tan  soi  (nam-tal-dray),  W  asser  der  Palme  als  Sand  (Palm- 
zucker), Saft-Sand  (-Zucker),  mai-ok-kai,  Holz  der  Brust  des 
Huhns  (Pfahl)  oder  Eckenpfosten.  Kaufen  wird  soe  geschrieben 
(soe  tuk,  billig  kaufen),  in  Zusammensetzung  soeo  in  gleicher 
Aussprache,  pu-soe  (süo),  Käufer,  soe  xay,  handeln.  Pallegoix 
nennt  8on:  affixa  particula  correspondens  voci  „fer"  vel  „ger''. 
Aea  (ao),  greifen,  ao-ma  (greifen-kommen),  bringen'),  ma-ha 
(kommen-suchen),  besuchen.  Ke  äp,  ke  hjak  nam  don  pued, 
Husten  (den  Husten)  heilen. 

Adjectivisch  verwandte  Worte  bewahren  ihre  eigenthüm- 
liche  Bedeutung:  ma  rve  (reo),  komm  rasch  (komm,  eile),  ceb 
nak  (krank  beschwert),  sehr  krank.  In  dein  liegt  eine  Spe- 
cialisirung,  die  wieder  universelles  Zusammenbissen  herbei- 
führt. Ta  son  sind  zwei  Augen,  tua  dan  son,  die  beiden 
Augen,  dan  ni  ist  „alles  dies",  dan  sin,  alles  oder  das  Ganze, 


')  Almost  every  verb  and  adjective  (in  the  lingua  franca  of  the  Tsbinuk) 
may  receive  a  modification  in  its  meaning  by  the  prefixion  of  tho  word 
maniuk  (make  er  cause)  tshako  (come),  mamuk  tscbako  (bring),  klatawa  (go), 
mamuk  klatawah  (send),  wie  im  Birmanischen  twa  tse  si  (gehen  machen 
oder  Gehen  verursachen). 


Das  Siamesische.  195 

dan  hlay,  manche,  drin  pvan,  alle  (gon  dan  pvan,  alle  Menschen), 
gon  khon  djin  pvan  dan  hnai  dein  noy,  Menschen,  sie  (solche) 
alle,  sie  (solche)  gross,  sie  (solche)  klein  (alle  Leute,  sowol  gross 
als  klein).  Kin  pla  dan  tva,  den  Fisch  völlig  aufessen  (essen 
Fisch  ganzen  Körper).     Ceb  pued,  sehr  schmerzen. 

Naiu  nom  ist  Zitzenwasser  (bei  Menschen  und  Thieren), 
wie  in  den  Mande-Sprachen  susu-dzi  (Brustwasser)  für  Milch, 
„kein  Compositum,  weil  es  nicht  von  der  Sprache  selbst  als 
solches  behandelt  ist  (s.  Steinthal),  nicht  mehr  Compositum 
als  das  französische  eau  de  vie."  Solange  eine  Sprache 
schöpferisch  aus  sich  herausbildet,  wird  sie  in  den  Namen  der 
Dinge  auf  das  Wesen  dieser  Dinge  selbst  hinweisen,  in  weiterer 
Entwickelung,  besonders  aus  Beziehungen  mit  der  Fremde, 
nimmt  sie  indess  leicht  an  sich  bedeutungslose  Wortsymbole 
auf,  die  den  Innern  Sinn  verloren,  aber  durch  die  Bequemlich- 
keit der  Verwendung  gewonnen  haben.  Das  Wort  Milch  ist 
für  und  an  sich  nur  Wortlaut,  der  erst  seine  Conventionelle 
Bedeutung  erhalten  hat,  denn  wer  ist  sich  beim  Aussprechen 
desselben  innner  den  Zusammenhang  mit  goth.  miluks  oder 
das  Zurückführen  auf  die  Wurzel  [j.sXy  (afxsXyo,  melken)  u.  s.  w. 
(bis  zum  ursprünglichen  Onomatopoeticum)  klar?  Wird  statt 
Milch  Zitzen wasser  gesagt,  so  schliesst  das  (allerdings  sehr 
umständliche)  Wort  selbst  die  Bedeutung  ein,  und  obwol  Zitze 
sowol  wie  Wasser  wieder  zwei  Worte  sind,  die  sich  bereits 
von  ihrem  Ursprung  so  weit  entfernt  haben,  um  nur  conven- 
tionell  verständlich  zu  sein,  so  enträth  sich  doch  die  Sprache, 
die  statt  Milch  Zitzenwasser  sagt,  der  Einführung  eines  noch 
neuen  Symbols,  erfreut  sich  also  im  ganzen  eines  Gewinns,  da 
es  jener  beiden  Worte  immer  für  seinen  Redeschatz  bedürfen 
wird,  das  dritte  aber,  wie  die  Beispiele  zeigen,  entbehren  könnte. 
Auf  der  andern  Seite  gewinnt  die  sich  dieses  neuen  Wort- 
symbols bemächtigende  Sprache  eine  grössere  Leichtigkeit  der 
Bewegung,  da  sie  jetzt  auch  wieder  mit  Milch  allerlei  Com- 
posita  bilden  kann,  die  sehr  schwerfällig  ausfallen  würden, 
wenn  man  immer  statt  dessen  Zitzenwasser  oder  Brustwasser 
einzuführen  hätte.  Das  Birmanische  verwendet  für  Milch 
bereits  das  besondere  Wort  no  (nui)  und  bildet  daraus  no-un, 
Milchkissen    für    die    (weibliche)    Brust  (statt  rinpat),   no-si 

13* 


196  Drittes  Kapitel. 

(Milchfrucht)  für  Zitze,  und  weiter  no-gana  (Milchreis^),  no- 
kae  (curdled  milk  or  curd)  oder  milchhart,  während  Käse  din- 
gae  (die  Härte,  das  Geronnene)  heisst.  Siamesisch  ist  Käse 
nom-noi  (nep),  das  Käsige  (aus  dem  birmanischen  no  oder  nui) 
der  Brust,  und  Butter  naiu  man  noi,  das  Käsige  des  Fett- 
wassers, indem  nani  man  Wasser  des  Fettes,  Oel  bedeutet, 
ein  im  Deutschen  an  sich  unverständliches  Wort,  das  erst 
durch  oleum  auf  seinen  Ursprung  im  eXatov  (und  Oelbaum  oder 
i\aia)  führt.  So  nennt  der  Siamese  den  Zucker,  dessen  Ent- 
stehung ihm  deutlich  ist,  naiu  tal  (tan)  sai  (dray),  der  Sand 
im  Wasser  der  Palme  (aus  deren  Saft  er  bereitet  wird),  wo- 
gegen wir  in  Zucker  ein  Wort  verwenden,  über  dessen  Ab- 
leitung in  saccharuni  wir  uns  wenig  Rechenschaft  geben  können. 
Die  Kenntniss  des  Pali  gibt  oft  auch  im  Siamesischen  zu  ein- 
fachem Entlehnungen  Anlass,  wie  bei  der  Verwendung  von 
pra'dana  für  nain  cai,  Wasser  des  Herzens  oder  der  Wille 
u.  s.  w. 

Subject  und  Object  wird  durch  die  Stellung  ausgedrückt: 
nay  sali,  der  Fürst  befiehlt;  tam  nay,  den  Fürsten  begleiten 
(dem  Fürsten  folgen,  sequi  ducem). 

Im  Genitiv  wird  xon  oder  hen  zugefügt:  roeän  xon  nay 
(das  Haus  des  Fiirsten)  und  ke  ist  Zeichen  des  Dativ,  tavay 
(tavai)  ke  nay,  darbringen  dem  Fürsten.  Ablativische  Ver- 
hältnisse verlangen  te'  (ma  te'  roeän,  kommen  vom  Hause)  u. 
dgl.  m.  Oft  wird  das  Genitivverhältniss  nur  durch  die  Stellung 
ausgedrückt:  hib-pä,  ein  Kleiderkasten  (oder  ein  Kasten  Kleider), 
nay-dab,  ein  Bandenführer,  der  Führer  (nay)  der  Bande  (djib); 
xoii  bezeichnet  Eigenthum  oder  Besitz,  und  also  rüen  (roean) 
xon  nay,  Haus  Eigenthum  Fürst,  ähnlich  hen  (Platz),  rid8i  heu 
brä-cea  (chae),  die  Macht  Gottes  (Macht  Platz  Gott),  also  das 
dem  Fürsten  eignende  Haus,  die  bei  Gott  befindliche  Macht, 
das  Haus  gehörig  dem  Fürsten,  gladius  principis,  gladius 
princeps  suus,  des  Schwert  Fürsten  sein,  oder  im  Französischen 
Schwert  von  ihm,  dem  Fürsten,  Fepec  du  (del)  prince  (de  ille); 
ke'  (im  Dativ)   scheint  eine  Modification  von  ke  (antworten) 


1)  8howiminaubo,  wine  (Algonk.);  showimin  (grape-berry),  aiibo  (liquor) 
ozliebiegunaubo,  ink ;  ozhiengun,  a  writing;  Avazhebiegail,  a  writer  (ozhebiegai, 
he  writes)  aubo ;  liquor. 


Das  Siamesische.  197 

in  der  Richtung  gegen  liaj  dau  ke'  gon  yak,  Almosen  den 
Armen  geben  (der  Erwartung  entsprechend),  wie  ä,  a  lo  (au). 
Te  (von)  könnte  von  de,  als  den  „wahren"  Ausgangspunkt  an- 
knüpfen (ablativ.).  Da  die  Adjective,  die  zugleich  verbale 
Bedeutung  haben,  dem  Substantiv  folgen,  kann  ihre  jedes- 
malige Bedeutung  nur  aus  dem  Zusammenhang  ersehen  werden, 
gon  Vi  (Mann  gut)  kann  sowol  bezeichnen  „ein  guter  Mann" 
oder  „der  Mann  ist  gut".  Zwischenstellung  von  pen  (leben, 
sein)  wiirde  den  Sinn  markiren:  gon  pen  tii,  der  Mann  existirt 
als  ein  guter.  Zur  Präcisirung  des  Adjectiv  wird  ati  zwischen- 
gesetzt (ein  glaubwürdiger,  treuer  Zeuge),  bnan  an  züsac  (ein 
Zeuge,  welcher  glaubwürdig  und  treu).  Auch  mit  Zusatz  von 
pen:  me  nain  pen  an  hnai  kavan  (kuan),  ein  Fluss,  gross  und 
breit.  Aus  dem  Pali  entlehnte  Adjective  gehen  oft  voran : 
mahä-kräsatr,  Grosskönig,  und  auch  einzelne  siamesische,  lan- 
gon,  einige  Leute.  Possessive  Pronomina  werden  durch  Ver- 
bindung der  persönlichen  mit  xon  (in  Genitivstellung)  aus- 
gedrückt: rüen  xon  rea,  das  Haus  von  wir  (unser)  oder  unser 
Haus.  Aehnlich  im  Neger-Englischen  von  Surinam,  wie  Gado, 
unser  Gott.  Das  Relativ-Pronomen  wird  durch  sin  (Sache) 
ausgedrückt:  rueo  sin  hen,  das  Brot,  welches  ich  sehe,  das 
Brot,  (nämlich)  das  (jetzt)  Gesehene  (die  jetzt  gesehene  Sache), 
gehört  u.  s.  w. ,  auch  durch  das  unbestimmte  allgemeine  di 
(persönlicher,  localer  oder  zeitlicher  Bezeichnung,  je  nach  dem 
Accent):  gon  di  ma.  Mann,  der  kommende  (welcher  kommt), 
sagte  u.  s.  w.,  dann  mit  an:  mai  mi  an  cäraj,  ich  habe  nichts 
zu  essen  (was  ich  essen  werde),  nicht  ist  das  zu  Essende.  An- 
Iri  bezeichnet:  das  Gute  (was  gut  ist). 

Der  Plural  wird  mit  hlay  gebildet:  gol  oder  gon  (Mensch), 
hlay  gon,  Menschen  (gon  dan  hlay);  roeän  oder  rüen  (Haus), 
rüen  hlay  hlan  (Häuser).  Zur  bestimmten  Bezeichnug  des 
Singular  wird  hnden  (einer)  oder  iieyo  oder  diau  (einzelner) 
zugefügt:  gon  hnoen,  gon  diau.  Zur  Geschlechtsbezeichnung 
wird  zay  und  pu  zay  (im  Masculinum),  hnin  und  sav  (im 
Femininum)  zugefügt : 
luk-zay,  Sohn  (Mannskind), 
luk-hnin,  Tochter  (Frauenkind). 

Bei  Thieren  tavpu  oder  topu  (im  Masc.)  und  tavmiey  oder 
tomia  (mia)  im  Femin.: 


198  Drittes  Kapitel. 

kai-topu  (Hahn), 
kai-tomia  (Henne). 

Bei  Elefanten  wird  (masc.)  blay,  (fem.)  ban  gebraucht. 
Vom  Pali  entlehnte  Worte  bedienen  sich  der  Endungen:  butr 
(Kind),  butra  (Sohn),  butri  (Tochter),  butr  oder  butra,  der 
Sohn,  butri,  die  Tochter,  butra-butri,  Kinder;  butu,  adhuc 
concuspiscentiis  implicatus  (Pallegoix),  buda,  quilibet;  bus 
(but)  ist  ein  Kleinod,  bujj  (mit  xan)  ein  langschwänziger  Ele- 
fant; buta,  der  Buddha  (qui  ad  apicem  sanctitatis  pervenit), 
als  (brä-budS)  Bud5  oder  Bud8a-qng  (putr  sind  Dämone,  puta, 
daemones,  nasci),  putala,  die  Erdfläche;  buitan  ist  eine  Baum- 
art, puSon  (pu5ana)  der  Königstitel,  budSo,  die  Anrufung 
Buddha's,  buc  (phut),  sprechen. 

Putra  von  pü  (purifier)  und  Suffix  tra,  celui  qui  purifie, 
als  den  Vater  durch  Befreiung  von  der  Zeugungspflicht  rei- 
nigend oder  vor  der  Hölle  (put)  der  Kinderlosen  bewahrend 
(trä).  Le  fils  et  la  fille  etaient  ceux,  dont  l'office  consistait 
a  nettoyer,  ä  laver  (s.  Bietet).  Le  grec  ine,  (fils  et  fille)  rap- 
pelle  tvs'o,  purifier,  purger,  comme  l'irl.  nigh,  nighean,  fille,  le 
verbe  nighim,  laver  (nig,  purificare,  sanscr.),  le  lit.  merga 
(puella),  cymr.  et  armor.  mercli  (filia)  la  rac.  sanscr.  rarg, 
marg,  purificare  (in  der  Menstruation,  als  reine  Jungfrau). 
Wie  bei  den  Peruanern  wurden  auch  in  Mexico  die  Neuge- 
borenen mit  geweihtem  Wasser  gereinigt,  um  aus  jedem  Glied 
das  Uebel  auszutreiben. 

Der  Comparativ  ^)  (ying  di  oder  di  kua)  wird  durch  Vor- 
setzen von  yin  (kvä)  oder  Nachsetzen  von  kva  (weiter)  ge- 
bildet, der  Superlativ  durch  nak  (sehr),  di  sud,  was  vollendet 
(sut)  ist,  tfi  di  sut  (das  Gute,  welches  vollendet  oder  das 
Beste),  di  de  u.  s.  w. ,  di,  gut,  di  kvä,  besser,  di  kuämak, 
am  besten. 

Als    Hülfszeitwörter    werden    verwandt:    eoa,    syie,    paj. 


')  The  Damara  have  no  comparative  in  their  language.  ^It  caniiot  be 
said:  Which  is  the  longer  of  the  two,  the  next  stage  or  the  last  one?  but 
it  must  be  said:  The  last  stage  is  little,  the  next,  is  it  great?  the  refily  is 
simply:  It  is  so,  it  is  not  so  (s.  Galton).  —  Im  Siamesischen  (nach  Jones) 
the  degrees  of  comparison  vary  iiidefinitely ,  sodass  man  ebenso  gut  sagen 
könnte:  that  the  adjectives  adniit  of  no  comparison  or  that  tliey  admit  ten 
degrees  of  it  or  even  more. 


Das  Siamesische.  199 

ma,  Ion,  vai,  kea,  koen;  eoa  bezeichnet  nehmen,  ergreifen, 
keb-eoa  (keb  oder  sammeln),  ziisammensammehi,  keb-eoa  pai, 
forttragen  (sammeln,  ergreifen,  gehen);  ruk  (einbrechen),  ruk- 
eoa,  hineinstürzen,  darauf  einstürmen ;  syie  (vernichten,  trennen, 
untergehen),  ook  (ausgehen),  ook-sia,  hinweggehen  (und  ver- 
schwinden, vanish  im  engl.  Colloq.),  tay  (sterben),  tay-sia, 
hinscheiden,  paj  (gehen),  kea  (eintreten),  kea-paj,  hineingehen, 
nvet  (vermindern),  nvet-paj,  zu  Ende  gehen,  ma  (kommen), 
dien  (don),  gehen,  don-ma,  ankommen,  eoa  (nehmen),  eoa-ma, 
bringen,  koen  (aufsteigen),  yok  (erheben),  yok-koen  (aufstehen), 
Ion  (hinterlassen),  tok  (fallen),  tok-lon,  hinabfallen;  vai  (er- 
halten), zon  (bergen),  zon-vai  (verbergen),  san  (bauen),  san- 
vai  (auferbauen),  kea  (kao),  eingehen,  pon  (mischen),  pon-kea 
(zusammenmischen);  haj  (geben),  bok  (berichten),  bok-haj 
(rathen),  xay  (verkaufen),  xay-haj  (in  Kauf  geben),  son  (zurück- 
führen), son-haj  (übergeben).  Vielleicht  wird  ausgedrückt 
durch  hen  (sehen),  es  scheint,  es  ist  Aussicht,  ta  dan  ca'  yok 
pai  eao  moeeän,  ko  hen  ca'  daj,  Warten,  Gnaden,  werden  auf- 
brecJiend  marschiren  angreifen  die  Stadt,  so  sieht  werden  nehmen. 
Wenn  ihr  (Euer  Gnaden)  zum  Angriff  der  Stadt  aufbrecht,  scheint 
es  (ist  Aussicht),  dass  sie  erobert  werden  wird  (wird  sie  viel- 
leicht erobert  werden),  ta  bedeutet  „warten"  (goy-ta),  und 
zunächst  das  Flussufer,  wo  die  Boote  warten,  ta  roeeä  als 
Bootwarteplatz  (Warteboot),  während  nam  ta  (Wasser  wartet) 
das  Flusswasser  bezeichnet  (das  Wasser  des  Ufers  oder  am 
Ufer,  zwischen  den  Ufern). 

In  der  Conjugation  bezeichnet  yuo  (sein)  das  Präsens  be- 
stimmt, daj  (oder  leao  i)  die  Vergangenheit  und  ca'  das  Fu- 
turum, ka  raks  (ich  liebe)  oder  ka  raks  yüo,  ka  daj  raks,  ich 
habe  geliebt,  ka  ca'  raks,  ich  werde  lieben.  Der  Conjunctiv 
bildet  sich  mit  haj,  haj  ka  raks  (rakt),  ich  möchte  lieben. 
Dem  Imperativ  wird  tis  (tot)  zugesetzt.  Bestimmte  Grade  der 
Vergangenheit  werden  durch  moeeo  (moeeä)  nan  (zu  jener  Zeit) 


1)  Les  particules  auxiliaires  leao,  hoei  et  tsian  placees  entre  le  sujet  et 
le  verbe,  indiquent,  la  premiere  le  passe,  et  les  deux  autres  le  futur  (en 
Chinois). 


200  Drittes  Kapitel. 

verstärkt.  Yuo  bezeichnet  das  Sein  (mit  pen  verbunden  das 
Leben  pen-yüo)  und  zugleich  die  Präsensform,  raks  yüo,  amans 
sum,  ich  liebe.  Daj  drückt  ein  Erlangen ')  oder  ein  Vermögen 
(Können)  aus  (mäj  daj,  unmöglich  oder  es  kann  nicht),  und 
somit  auch  die  Vergangenheit,  daj  hen,  ich  erlange  die  Sicht 
(ich  habe  gesehen)  oder  ich  kann  sehen.  Häufiger  wird  die 
Vergangenheit  mit  Iveo  (beendet)  ausgedrückt,  kin  Iveo  (leao), 
ich  habe  gegessen  (Essen  beendet),  paj  Iveo,  ich  bin  gegangen. 
Ca'  ist  eine  Art  von  Bejahung  (auch,  so),  und  ca'  pai  (ich 
werde  gehen)  bedeutet:  ja,  ich  gehe. 

Haj,  zur  Bezeichnung  des  Conjunctiv  oder  Imperativ  ver- 
wandt, bedeutet  ein  Geben  oder  Ermöglichen,  haj  hen,  gib  die 
Sicht  (zu  sehen)  oder  lass  mich  sehen  (ich  möchte  sehen,  ut 
videam).  Haj  nin,  schweig  (gib  Schweigen).  Ton  ist  berühren, 
angemessen 2)  sein,  und  driickt  dann  die  Noth wendigkeit,  ein 
Müssen,  aus  (noch  entschiedener  ton  kan,  eine  nothwendige 
Sache).  Ton  paj,  man  muss  gehen,  ton  ulr,  es  ist  nöthig,  zu 
fasten,  und  so  auch  das  Passivum,  ton  ti,  geschlagen  werden. 
Das  Schlagen  (und  somit  das  Ertragen  desselben  oder  das 
Schlagen  in  Betreff  des  Getroffenen  aufgefasst)  ist  und  bleibt 
eine  Nothwendigkeit.  Cain  bezeichnet  gleichfalls  das  Miissen 
(cam  pen,  die  Nothwendigkeit  existirt,  es  muss),  wie  catn-paj, 
man  muss  gehen,  cam  kin,  man  muss  essen.  Es  hat  zugleich 
den  Begriff"  der  Einkerkerung,  gleichsam  eingezwängt  zum 
Essen  (man  muss  essen  pfropfenvoll). 

Pen  bezeichnet  mit  dem  Sein  (dem  Existiren)  die  Fähig- 
keit, die  im  Vorhandensein  gegeben  liegt,  iek  buc  (phut)  yan 
mai  pen,  das  Kind  kann  noch  nicht  sprechen,  Kindes  Rede 
noch  nicht  ist- 

Unser  Können  hängt  mit  kennen  zusammen,  als  eine  durch 
Erkennen  erworbene  Fähigkeit,  worin  das  Kind  das  Sprechen 


')  Machen.  Der  Infinitiv  von  mögen  lautet  im  Ahd.  makan  (Präsens 
mac),  Macht  (mäht)  von  magan. 

2)  Die  ursprüngliche  Bedeutung  „erlaubt  sein",  „recht  sein"  (woher 
Müsse  oder  moza)  ist  bei  „müssen"  ausgestorben.  Ton  kan  ist  „bedürfen". 
„Dürfen"  (thurfan)  mit  der  ursprünglichen  Bedeutung  „nöthig  haben"  (be- 
dürfen), führt  sich  (wie  derb)  auf  bieder,  entstellt  aus  bidarbi  oder  nützlich 
(s.  Zinnow). 


Das  Siamesische.  201 

erlernt.  Das  Siamesische  betrachtet  diese  Spracheroberung  des 
Kindes  (die  ohne  bewusstes  Verständniss  vor  sich  geht)  als 
einen  regelmässigen  Naturprocess ,  der  sich  im  Aufwachsen 
mit  den  Jahren  entwickelt  und  beim  entsprechenden  Alter  vor- 
handen oder  da  ist.  Bei  einem  Jüngern  Kinde  ist  die  Sprache 
noch  nicht  da  (sie  ist  noch  nicht  geworden),  aber  man  sieht 
voraus,  dass  sie  sich  mit  der  Zeit  aus  seinem  Naturell  ent- 
wickeln wird,  durch  die  Beziehungen,  worin  es  mit  redenden 
Menschen  steht,  und  dadurch  die  von  denselben  gesprochenen 
Laute  in  seinem  Ohr  auffasst.  Wenn  auch  ihrer  selbst  unbe- 
wusst,  erwecken  dann  die  fortgehenden  Denkregungen  seine 
eigene  Sprechthätigkeit.  Wie  wir  nun  das  eigentlich  immer 
ein  deutliches  Verständniss  voraussetzende  Können  (des  Er- 
kenn ens)  schon  auf  frühere  Lebensstadien  übertragen,  und  von 
dem  Kinde  sagen,  dass  es  sprechen  kann,  so  bewahrte  umge- 
kehrt das  Siamesische  die  rein  objective  Anschauung  des  Vor- 
handenseins einer  Fertigkeit  auch  für  solche,  die  erst  später 
erworben  sind,  xyien  hnansoeo  pen  (ich  kann  schreiben), 
schreiben  Bücher  ist  (die  Fähigkeit  zu  schreiben  oder  Schreib- 
fähigkeit ^]  ist  vorhanden). 

Dan  (verschieden)  steht  in  ergänzenden  Wiederholungen: 
dän  gon  dan  paj  (ein  jeder  entfernt  sich),  verschiedene  Men- 
schen verschieden  gehen  (nach  verschiedenen  Richtungen  aus- 
einander), dan  gon  dän  vä,  der  eine  spricht  so,  der  andere 
anders  (Meinungsverschiedenheit),  verschiedene  Menschen  ver- 
schieden sprechen;  tam  (folgen,  tam  paj,  begleiten),  gemäss: 
tam  gitf  tam  hen,  wie  mir  scheint  (nach  meinem  Denken  und 
Sehen),  tam  mi  tarn  daj,  nach  dem  Haben,  nach  dem  Vermögen 
(nach  dem,  was  ich  besitze);  leav  (Iveo)  wird  mit  leav  wieder- 
holt: Xn\  leav  yan  "üu  ik  leav,  anblicken  und  wieder  anblicken, 
gesehen  gehabt  noch  sehen  wieder  haben;  göy  (khoi),  all- 
mählich (ggy  goy,  noch  nicht,  später),  göy  paj  (little  by  little). 


1)  La  langue  tamoule  compte  trente  lettres  dites  ehouttou,  outre  quel- 
ques lettres  empruntees  du  Sanscrit  (s.  Bertrand).  Les  Indiens  divisent 
tous  les  etres  en  deux  classes,  le  genre  sublime  (dieu,  anges,  hommes)  in 
männliches  und  weibliches  Geschlecht  getheilt,  et  le  genre  inferieur  (ou 
neutre).  Koulhandei  (enfant  de  quelques  mois)  est  du  genre  ueutre  (s. 
Bertrand). 


202  Drittes  Kapitel. 

gemach,  göy  liieu  (dön)  göy  pai,  langsam  einhergehen,  goy 
ryien  göy  ru,  almählich  lesen,  allmählich  wissen  (gemächlich 
erlernen),  göy  kin  göy  paj,  allgemach  aufessen  (allmählich 
essen,  allmählich  vorgehen),  döy  (doi)  di  döy  cväy,  sich  gegen- 
seitig helfen  (xuai)  von  toy  (Wort),  di  (Fall)  als  Gelegenheits- 
worte, toy  di  toy  vd.  Wechselrede. 

Leao  (leav)  bezeichnet  die  unbestimmte,  daj  die  bestimmte 
Vergangenheit,  und  während  leao  dem  Verbum  folgt,  paj  leao  (er 
ist  gegangen),  das  Gehen  beendet,  steht  daj  voran,  dai  paj, 
da  es  nachgesetzt  potentiale^)  Bedeutung  gewänne,  paj  daj 
(gehen  können).  Im  letztern  Falle  steht  die  Negation  entweder 
vor  daj  (paj  maj  daj)  oder  vor  dem  Hauptverbum,  maj  nab 
daj,  ich  kann  nicht  zählen.  Durch  Negirung  des  Futurums 
drückt  sich  die  Vergangenheit  aus:  ca'  daj  paj  ko  ha  mi  daj, 
dass  er  gegangen  sein  sollte,  so  geschah  es  nicht  (er  ging 
nicht),  werden-haben-geheu  so  doch  nicht  hat. 

Nam  davam  (thuen),  das  Wasser  überschwemmt.  Gab 
gon,  den  Menschen  ergreifen  (ergreifen  den  Menschen).  Sueo 
kin  gon,  der  Tiger  frisst  Menschen.  Soeeo  nam,  schönes  Kleid 
(Kleid  schön).  Dagegen  werden  die  dem  Pali  entnommenen 
Adjective  vorgesetzt:  maha-rax.  Roeeo  tek,  das  Boot  zer- 
bricht. Nam  de,  sehr  schön;  sävan  nak,  recht  glänzend;  dai 
rab  nien  te'  Run  hlavan  (luan),  habe  empfangen  Geld  vom 
König,  dam  ärai,  was  thust  du  (was  thun),  thue  w  as ;  kea  gon 
M,  sie  sind  gute  (Leute),  gut;  haj  lioy  (doe)  tii,  wohlwollend 
geben;  äea  (ao)  ioy  ray,  gewaltsam  cntreissen;  khan  moeeon 
(moean),  mitten  in  der  Stadt;  hon  Uin,  auf  der  Erde  (upon  oder 
üf  und  on).  Naj  klan  (inmitten)  ist  „zwischen"  oder  untar 
zuiskem  (unter  zweien  oder  enzwischen),  inter. 

Vä  karaj,  w^as  sagst  du?  (sagen  was?)  Hen  pen  karaj, 
was  scheint  dir  (Sehen  ist  was).  Gvay  tay  mak,  viele  Büflfel 
sterben  (Büffel  sterben  viele).    Ton  tok,  Regen  fällt.     De  ru, 


i 


')  Cüuld  (coud,  was  able  or  kiiew)   with   the  Infinitive  mood  expresses 

a  past  tense,  as  could  he  =  was,  coiild  take-too  (Halliwell)  14tli  oentury  p. 

d.     Can  (knows),    the    present   tense  fiom  canne,   to   know  (to    be   able   or 
began  to). 


Das  Siamesische.  203 

sicher  wissen  (de,  wahr).  Da  uien  vä  daj  bob  kea,  wenn  du 
ihn  gefunden  hättest  (wenn  gleichsam  gesetzt  crhmgst  finden 
ihn),  erwarten  (da)  sicher  (men)  zu  sagen  (va):  habe  (daj) 
getroffen  (bob)  ihn  (kea).  Men,  bestimmt  (gin  men,  sicher 
treffen),  bildet  mit  umbeugendem  (statt  fallendem)  Ton:  men, 
ähnlich  (obw^ol).  Paj  ma,  gehen  vmd  kommen,  kavan  paj  kavan 
(kuen)  ma,  belästigen  gehend,  belästigen  kommend  (wieder  und 
wdeder  belästigen),  dien  (dön)  paj,  dien  ma,  häufiges  Hin-  und 
Hergehen.  Pen  raj  ist  eine  Fragefloskel:  nicht  wahr?  was 
denn?  Dieyo  (diau)  pai  pen  raj,  Spazierengehen,  sollen  wir 
nicht?  (ist  es?)  Paj  roeeon  pen  raj,  warum  gehst  du  nicht  nach 
Hause?  In  Vat  va  und  ähnlichen  Worten  ist  va  nur  des 
Wohllautes  wegen  zugefügt.  In  jot  pe  bezeichnet  das  letzte 
Wort  onomatopoetisch  das  Fallen  der  Wassertropfen.  Hna 
(Gesicht)  bildet  die  Präposition  vor,  vorn,  klan  (Riicken) 
hinter,  hinten,  nak  (das  Aeussere)  ausser,  naj  (das  Innere)  in, 
toen  (ankommen)  bei,  dyoe  (folgen)  gemäss^),  con  (arm)  bis 
(reducirt),  drab  dav  (ausgestreckter  Fuss)  bis  dahin.  Zu  bon 
(über)  tritt  boeeän  bon,  darüber,  wie  upa  (mit  Locat.)  im  Sans- 
krit (gemäss  mit  Accus.)  oder  obar  (ubar  oder  über).  Antära 
(intus,  intra)  in  Antarakab  (antar  im  Sanskrit).  Ant  kommt 
im  Goth.  (and)  noch  als  Präposition  in  der  Bedeutung  von 
entgegen  (avTt,)  vor.  Die  Partikel  geht  häufig  (mit  Zeitwörtern 
zusammengesetzt)  in  „in"  und  „int"  iiber,  im  Lit.  in  „ent" 
(s.  Zinnow). 

Heu  man  moeeä  raj  ko  gen  man  moeeä  nan,  sehen  ihn  Zeit 
welche  (dann),  beärgere  ihn  (dann),  Zeit  solche  (cj^uoties,  toties). 
So  oft  ich  ihn  sehe,  ärgere  ich  mich  über  ihn  (das  indefinitive 
Pronomen  ergänzt  sich  in  der  Frage);  ko  als  conjunctivische 
Partikel  verbindet  Wörter  oder  ganze  Sätze,  dain  kea  eandaj, 
kea  ca'  dam  ke  eon  ca'  nan  le,  thue  ihnen  Art  irgend  (eine), 
sie  werden  thun    gegen    dich   so  auch   (wie   du   andern  thun 


^)  Gamäzi  von  messen,  als  angemessen.  Die  Präposition  „während"  ist 
nicht  (wie  vermöge,  mittels,  trotz  u.  s.  w.)  aus  einem  Substantiv,  sondern 
aus  dem  Participium  des  Zeitwortes  hervorgegangen  (währender  Mahlzeit, 
ähnlich  dem  Genitivus  absolutus  der  Griechen).  Von  der  Präposition  ,,ob" 
ist  der  adjectivische  Comparativ  obaro  (superior)  gebildet  (s.  Zinnow),  und 
die  Conjunction  ob   ist   substantivischer  Herkunft  von  ibo  oder  Zweifel  (if). 


204  Drittes  Kapitel. 

magst,  so  werden  sie  dir  thiin),  CcUian  (xänan)  ist  contrahirt 
aus  xan-nan,  jene  (solche)  Art  (xan-ni,  diese  Art).  Syie  deä 
raj  ca'  xaj  haj  deä  nan,  ausgeben  wieviel,  werde  wiedergeben 
soviel,  syie  ist  ein  Verlieren,  Verschwinden  (wie  bei  Fortgeben), 
auch  vernichten,  zu  Grunde  gehen,  xaj  (xaj)  -haj,  schicken 
und  geben  (remittiren) ;  baj  hen  kea  dam  yoan  raj  ko  con  dam 
yoan  nan,  hast  gesehen  sie  thun  Weise  welche  (so),  mögest 
thun  Weise  solche.  Con  schliesst  optativische  oder  impera- 
tivische  Bedeutung  ein:  con  Itaj,  es  möge  geschehen,  lass  es 
geschehen,  con  roe,  rasch,  schnell  (roe)  doch,  paj  con  di,  gehe, 
möge  es  gut  sein  (in  Frieden),  eifrig,  liaj  hen,  erlangt  (das) 
Sehen. 

Seit  wird  ausgedriickt  durch  tan  te  (von  dem  festgestell- 
sten  an)  oder  tan  te  nan  ma  (ab  illo  tempore),  ein  festge- 
stellter Punkt  (tan)  von  da  an  (te)  jenes  (njin)  kommt  (ma), 
tan  te  nan  ma  sän  pi  (il  y  a  deux  ans),  seit  (so  ist)  zwei 
Jahren.  Kab  (paj  kab  xan,  kommt  mit  mir),  mit,  bedeutet 
zugleich  (kab  doei),  wie  sammt  (samant  von  sam  oder  gleich), 
smat  (vedisch),  sam  und  com  (lat.),  wie  chimat  (nahe  zu- 
sammenpressen) im  Russischen.  Tra-hlot  oder  talot  (durch- 
bohrt durch  und  durch)  ist  die  Präposition  durch  (a  travers). 
Bari  (xspt)  ist  circum,  circa  (pari  im  Sanskrit)  und  bildet  eine 
Menge  Zusammensetzungen:  Barinajok,  die  (umgebende)  Menge, 
BäriKan,  (das  umgeschlagene  Gewand)  der  Umschlag  (der 
Talapoinen),  Baricarija,  die  Umgebung  (der  Dienerschaft), 
Bärivan,  die  Ehrenbegleitung  (als Umgebung),  Baribat,  (liebend) 
umfassen,  bärivat,  über  etwas  umhergehen  (predigen),  circuire, 
bäriven,  die  Nachbarschaft  (in  der  Umgebung),  u.  s.  w.,  bei 
welchen  Worten  die  Einsilbigkeit  selbst  im  Stamme  schon 
verloren  ist. 

Yim  (lächeln)  bildet  mit  yom  (ofien,  fröhlich)  yim-jem, 
ein  heiteres  Gesicht;  prAsom  (einigen)  mit  prasan  (verbinden) 
praso'm-präsan,  eng  verbunden;  klua  (fiirchten)  mit  klen  (ehren) 
klua-klen,  verehren  (fiirchtcnd  ehren),  klua-kren;  raks  (lieben) 
mit  gräj  (wollen)  raks-gräj  (lieben  und  mögen,  innig  lieben); 
rün  (Glanz)  mit  roean  (Schimmer)  rün-roean  (ruhmvoll);  oön 
(weich)  mit  hvan  (siiss)  oon  hvan  (schmeichelnd);  lab  (ver- 
borgen) mit  luk  (tief)  h^b-lük  (gehcimnissvoll);  keä  (alt)  mit 
ke  (greisig)  keä-ke  (vermodert  aus  Alter) ;  mea  (trunken)  mit 


Das  Siamesische.  205 

mva  (dunkel)  mea-mva  (geblendet).  Mva  len  kan,  ganz  ver- 
sunken (verdunkelt)  im  Spiel  (Mva,  Dunkelheit).  Den  Poly- 
nesiern,  denen  alles  aus  der  Nacht  hervorgeht,  ist  Mawe  weit- 
verbreiteter Herosname.  Tonnachahmende  Worte  sind  häufig. 
Dam  (machen),  ik  ik  (brennen),  dam  ik  (wiederholen),  buc 
(reden),  cub  cib  kan,  murmeln  (miteinander  oder  kan),  cub  cib, 
Lippenton  beim  Schlürfen.  Rakan  (Glocke)  huang  heng 
(schallt)  als  Geläute.  Tok  nara  grom^es  fällt  (tok)  ins  Wasser 
(nain)  grom  (Kladderadatsch).  Nok  ron  cve  cve,  die  Vögel 
schreien  Gezwitscher;  iek  katJok  nam,  die  Knaben  oder  dek 
springen  ins  Wasser;  grom  grom  kalrok,  wippen  (schaukeln); 
roeeä  Iron  kan  (die  Boote  oder  roeeä  stossen  zusammen  oder 
kan);  pan  (bums)  nam  (Wasser)  hlaj  (fliesst)  krok  (mit 
plätscherndem  Anstoss).  Kai  (kai,  gai)  hat  eine  Menge  ^)  von 
Bedeutungen,  nur  zum  Theil  durch  die  Schreibart  für  das 
Auge  oder  durch  den  Accent  für  das  Ohr  unterschieden: 
Huhn,  häufen,  umfassen,  Feder  (einer  Maschinerie),  wer, 
Schmuz,  ausreissen,  Ei,  Fieber,  öfinen,  Fett,  rauh,  Netz,  Lager, 
verkaufen,  Körper  u.  s.  w.  Aehnlich  vieldeutig  ist  kao  (kao). 
Zur  Frage  dienen  het  8ai,  brao'  äraj,  hnä,  roe,  oft  durch  die 
Negation  ^)  verstärkt. 

Ru  (wissen)  geht  (als  ergründen,  durchdringen)  zurück 
auf  ru  mit  geradem  (statt  umbeugendem)  Ton:  Höhlung,  Loch. 
Ru  tva,  sich  selbst  (seiner  Person)  wissen  (bewusst  sein);  ru 
gun,  Wohlthaten  wissen  (anerkennen),  sich  dankbar  erinnern; 
ru  soek  (soek,  das  Stumpfe,  Rohe),  fühlen  (das  Gemeine  oder 
Sinnliche)  wissen;  ru  gvam  (gvam  crin,  Wahrheit  von  crin, 
wahr),  den  Grund  (die  Wesenheit)  wissen  (vernünftig  sein); 
mai  ru  gvam,  unvernünftig  sein;  mai  ru  ceb,  unempfindlich 
gegen  (nicht  wissen)  Schmerz  (cheb);  mai  ru  hnceeäy  (hnüai), 


')  Unter  den  Homonymien  der  Mandespraehen  findet  sich  im  Vai  da, 
Mund ,  da ,  Schulter  (von  dapo) ,  da ,  Stadt  (von  dara  und  ferner  data) ,  da, 
Topf  (von  daka).  No  (nori,  nass),  baden,  no  (nono),  Schmuz,  u.  s.  w.  (s. 
Steinthal).  Im  Vai-Alphabet  wird  ta  (gehen)  anders  geschrieben  als  ta 
(Theil). 

^)  Im  Persischen  kann  man  die  Frage  dadurch  vollständig  und  ent- 
schieden machen,  dass  man  an  das  Ende  des  Satzes  „oder  nicht"  anhängt 
(Mohammed  Ibrahim). 


206  Drittes  Kapitel. 

unermüdlich  (nicht  wissen  Ermüdung).  Daj  kan  (kar)  (erlangen 
die  Sache),  das  Unternehmen  gelingt  (mäj  daj  kan,  es  mis- 
lingt).  Tem  di,  voll  (tem)  an  Wiederholungen  oder  Fällen 
(hti),  tem  paj,  voll  sein  (sich  füllen),  tem  klaj,  sehr  weit,  rom 
tem  di,  äusserst  heiss  (Hitze  vollendest  vermehrt).  Tem  di 
nak,  es  ist  ein  Elend  (schade  darum),  niederdrückend.  Pen 
vä  ha  mi  daj  (ist  zu  sagen,  nicht  doch)  bildet  eine  Schluss- 
formel der  Negation,  (ja'  daj  ru  gvam  an  ni  pen  vä  ha  mi 
daj  (möchte  es  wissen,  jedoch  ist  es  nicht  der  Fall),  ich  weiss 
dies  nicht;  werde  (möchte)  erlangen  (das)  Wissen  (der)  Sache, 
nämlich  (jedoch)  dieses  ist  (zu)  sagen:  nichts  nicht  erlangt 
(ich  möchte  wol,  aber  es  geht  nicht),  es  ginge  wol,  aber  es 
geht  nicht.  Läi  len  tid  tarn  eao  (verfolgen),  treiben  rasch 
dicht  folgen  greifen.  Len  le  ben  ta  du,  bhcken,  sehen,  be- 
trachten, beäugeln,  schauen  (aufblicken,  ansehen,  umtrachten, 
beävigeln,  schauen).  Leu  derivirt  von  len  mit  umbeugendem 
(statt  des  Mai-tri)  Ton  (rasch)  —  vm  len  len,  mit  rascher 
Schnelligkeit  fortgeführt  werden  (vin,  laufen)  —  und  bezeichnet 
demnach  den  raschen  Blick,  den  das  Auge  zuerst  wirft,  wenn 
etwas  betrachtet  werden  soll.  In  le  (als  Partikel  conjunctivisch 
verwandt  in  der  Bedeutung  von  „und"  oder  „auch")  liegt 
dann  das  längere  Verweilen  des  beim  Wurfe  festgehafteten 
Blickes  ausgedrückt  (le  hen,  sehen,  du  le,  betrachten).  Mit 
ben  tritt  die  Erfüllung  des  Blickes  (durch  Aufnahme  des  Ob- 
jects)  hinzu  von  ben  mit  Mai-tri-Ton  (statt  des  fallenden), 
ben  du,  aufmerksam  betrachten  (ben  ta  du,  mit  starr  darauf- 
gerichteten Augen  betrachten).  Ta  gibt  die  nähere  Bestimmung 
des  durch  Hin-  und  Herwenden  der  Augen  betasteten  Gegen- 
standes, um  ihn  noch  deutlicher  zu  erkennen.  Du  spricht  dann 
das  Schauen  aus.  Durch  die  vorangegangenen  Operationen 
ist  das  Sehobject  jetzt  erschaut,  und  geht  über  in  das  Wissen, 
ru  giii  du,  überlegen  (im  Denken  erschauen).  Das  gewöhn- 
lichste Wort  für  sehen  ist  hen,  pu  hen,  Augenzeuge.  Hen 
di,  billigen  (sehen,  dass  es  gut  ist),  ru  hen,  gewiss  wissen 
(wissend  sehen,  durch  den  Augenschein). 

Ma,  kommen,  ma-ni,  komm  hier  (allgemein),  als  Locken 
des  Hundes,  hma,  während  mä  mit  umbeugendem  (statt  ge- 
radem) Ton  das  Pferd  bezeichnet.  Pai  ma,  besuchen  (gehen 
und  kommen),   klab   ma,   wiederkommen,  ma  ao,  fortnehmen 


Das  Siamesische.  207 

(kommen  und  tragen).  Paj  hnaj  ma,  woher  kommst  du?  Ao 
te  hnai  ma,  woher  bringst  du?  (tragend  von  woher  kommst?) 
Daj  di  hnaj  ma,  woher  hast  du  es?  (erlangt  Platz  worin 
kommst?)  Paj  ha  di  hnaj  ma,  wo  findest  du?  (gegangen 
suchend  Platz  worin  kommst?)  Ook,  hervorgehen,  öflfnen; 
ke  mäj  ook,  Lösung  nicht  eröflfnen  (ich  kann  diese  Zweifel 
nicht  lösen);  gid  mai  ook,  rathlos;  ich  denke,  aber  öffne  nicht 
(das  Verständniss). 

Von  luk  (Sohn)  bildet  sich  (ähnlich  wie  mit  abu,  Vater,  im 
Arabischen):  luk  maj,  Sohn  des  Baumes  (Frucht),  luk  nam, 
Sohn  des  Wassers  (Wasserthierchen) ,  luk  roeeo,  Sohn  des 
Boots  (Schiffer  oder  Bootsleute),  liik  moeo,  Sohn  der  Hand 
(Arbeiter),  luk  can,  Sohn  des  Handels  (Kaufleute),  luk  son 
(sor),  Sohn  des  Bogens  (Pfeil),  luk  päce,  Sohn  der  Thür 
(Schlüssel).  Mit  me  (Mutter)  bildet  sich  (im  Mutterrecht): 
me  nam,  Mutter  des  Wassers  (Fluss),  me  dab,  Mutter  des 
Heeres  (General),  me  ren,  Mutter  der  Kräfte  (Hebel).  Mit 
nam    (Wasser)    bildet    sich:    nani    boen,    Wasser    der    Bienen 

<  < 

(Honig),  nam  caj,  Wasser  des  Herzens  (Wille),  nam  nom, 
Wasser  der  Euter  (Milch),  nain  dan,  Wasser  der  Palme 
(Zucker),  nam  man,  Wasser  des  Fettes  (Oel),  nam  ta,  Wasser 
der  Augen  (Thränen). 

Abstracte  sind  meist  dem  Pali  entlehnt,  wie  meta  (Zu- 
neigung oder  Wohlwollenheit),  entiu  (Mitleid)  u.  s.  w.,  und 
auch  sonst  finden  sich  Fremdwörter,  Uran  (Mann,  mal.),  ze 
(Stamm,  chin.),  vo  (Sitz,  peg.),  viyeii  (Stadt,  laos),  kräbüa 
(Büffel,  kamb.),  sak'kalat  (scarlet,  engl.)  oder  Wollenzeug, 
sa'bu  (sapo,  span.),  u.  s.  w. 

Ya  (Taback  oder  Opium)  bezeichnet  Medicinen,  wird  aber 
dann  häufig  mit  yuk  verbunden,  als  yuk-ya  (Arznei  oder 
Taback).  Vatr  ist  ein  Tempel,  und  ebenso  (mit  va)  valr-va 
(pai  vair  pai  va,  zum  Tempel  gehen).  Xa  ist  Thee,  nam  xa, 
ein  Theeaufguss,  und  ebenso  nam  xuk,  nam  xa.  Hlvan  ist  ein 
Priester,  ebenso  hlvan  hlay,  eine  Art  plur.  Maj  est.  (mit  hlvay 
als  Zeichen  der  Mehrheit  statt  hlaj).  Maj  ist  Holz,  ebenso 
maj-ldj  (baj-läj  oder  Blätter).  Sea,  Säule  (eigentlich  der  Haus- 
pfeiler als  zunächst  Veranlassung  gebend)  mit  san  (bauen) 
verbunden,  bildet  sich  sea-san,  aufgebaute  Säulen  (Säulen  im 


208  Drittes  Kapitel. 

allgemeinen),  die  nicht  wie  der  einzelne  Hauspfeiler  zur  Stütze 
dienen,  sondern  ihrer  selbst  willen  zum  Schmuck  errichtet 
sind.  Aab  bedeutet  benetzen  (einsaugen),  sich  mit  etwas 
durchdringen,  und  deshalb  waschen  (den  Körper),  besonders 
als  aab  nam,  sich  mit  Wasser  durchfeuchten  (Wasser  am 
Körper  aufnehmend).  Ebenso  wird  Waschen  ausgedrückt 
durch  aab  nam  aab  da  (da  ist  der  Rand  des  Flusses,  wo  das 
Wasser  anströmt,  und  dann  auch  das  Ufer),  aab  don  ist  ver- 
golden, Gold  (don)  an  der  Oberfläche  aufnehmen,  aab  ab,  sich 
parfurairen  (mit  Wohlgerüchen  durchdringen).  Hmo  (Arzt) 
und  auch  hmob-hmo  (hmolr,  ganz). 

Hnan-soeä,  Buch  (hnan  oder  Fell),  und  ebenso  hnansoeä- 
hnanha,  das  Fell  (zu  Intrigue  und)  zu  Untersuchungen  (ha); 
kajran,  Tafel,  kalron-kalran.  Ron  (Geschrei)  haj  (weinen), 
ronhaj,  schreien,  ron  haj  ron  höm  (höm,  unterdrücken), 
schluchzen  (Schreie  weinen,  Schreie  unterdrücken)  oder  weinen 
und  schluchzen.  Nin  (nön)  -dqii  (Silber  und  Gold)  bezeichnet 
Geld  (auch  nin  allein,  nin  bat,  das  Bat  genannte  Geldstück); 
ha  nön-don,  Reichthum  suchen  (Gelderwerb);  ha  kin,  zu  essen 
(Lebensunterhalt)  suchen;  ha  ru,  zu  wissen  suchen  (um  RatK 
fragen);  ha  gvam,  Sachen  (Händel)  suchen,  gon  ha  gvam,  ein 
Processsüchtiger  (Mann  sucht  Händel);  dvyie  ha,  gehen  (um- 
hergehen) und  suchen  (hier  und  da  Erkundigungen  einziehen) ; 
haj  ha,  gibt  Suchen  (suchen  lassen),  dan  haj  ha,  der  Herr 
ruft  (dich). 

Nach  chinesischer  Weise  wird  hon,  das  Weg  (aber  auch 
Zeit)  bedeuten  kann,  mit  dem  Synonym  dan  (Weg)  verbunden 
(hon-dan),  ti  (schlagen)  zur  Verstärkung  mit  boy  (ti-bqy), 
krab,  huldigen  oder  begrüssen  (im  Niederwerfen)  mit  kran 
(niederwerfen)  krab-kran,  katlik,  palpitiren,  mit  katryie  (sich 
umherwerfen)  katjik-kadyie  (mai  katiik,  kadyie,  er  rührt  noch 
regt  sich  nicht,  als  luibeweglich) ,  nok,  Vogel,  und  ebenso 
nok-hok  (hok  als  kleine  Papagaienart),  glon,  schaukeln  (im 
Kahn),  glon  gleii;  rib,  eilen  mit  ren  (betreiben)  rib-ren;  va, 
sagen  mit  klvä  (reden)  vä-klvä  (sprechen);  von,  umwinden, 
von-vyien  (vyien,  drehen),  umherwinden  (vyiera);  no,  dumm 
mit  neä  (thöricht)  nö-neä,  no  bedeutet  niedergebeugt,  abfallend, 
uo :  gebeugt  (biegen),  krumm,  gedreht  (no  pom,  krauses  Haar), 
no:  sich  demüthigen,  Verzeihung  bitten.  Kai,  schwarz,  schlecht, 


Das  Siamesische.  209 

verderbt  (kal  banbat,  schwarze  Berge,  kala  yaks,  Schwarz- 
teufel), ka'la,  Palmnuss,  kalamed,  Kunstgeheimniss  (bei  Ver- 
handlungen gebrauchte  Räthselsymbole,  wie  die  Friedenspfeife), 
ka'lumbi,  der  Pöbel,  kala'pakk,  der  abnehmende  Mond,  kala'pa, 
Batavia,  kälasi,  Matrosen  oder  kalassi  (classiarii). 

Na  ist  „Feld",  räj  „Acker"  (rayo  oder  Furche)  als  rai- 
na.  Das  Feld  bestellen  wird  ausgedrückt  durch  dain  na  dam 
räj,  das  Feld  machen  (bestellen)  und  die  Furchen  ackern  (taj 
oder  ackern);  ban  moeeän  (Dörfer  und  Städte)  bezeichnen  als 
hva  ban  hva  moeeän  (die  Häupter  der  Dörfer,  die  Häupter  der 
Städte)  die  Hauptplätze  des  Landes  (oflFen  oder  befestigt); 
Kea  (Reis)  und  pla  (Fisch)  driickt  als  kea  pla  Speise  aus  und 
kin  kea,  kin  pla  (Reis  essen,  Fische  essen)  Speise  zu  sich 
nehmen;  roeeo  be,  Boot  von  roeeo  (Boot)  und  be  (Floss),  fea 
roeeo  be,  das  Boot  bewachen  (das  Boot  und  das  Floss,  woran 
es  liegt);  dim  (durchbohren),  den  (stechen),  dim  den  satru, 
den  Feind  erstechen ;  fea,  verehren  (Aufwartung  machen)  oder 
zur  Audienz  gehen,  und  hen  (hüten),  paj  fea  hen,  sich  zur 
Audienz  begeben;  rob-su,  kämpfen  (rob)  und  su  (sich  wider- 
setzen), rob-su-kan,  miteinander  kämpfen;  soe  (kaufen),  xay 
(verkaufen),  doyie  soe  xay,  Handel  treiben  (kaufend  und  ver- 
kaufend umhergehen);  ceb  (krank  sein)  verbindet  sich  mit 
puetj  (Schmerz  eines  Bisses)  zu  heftigem  Schmerz,  boeeäU 
(düet),  brausen  als  düet-rqn,  vor  Zorn  brausen. 

Rim  bedeutet  Rand,  the  rim  (auch  hemmen,  rim  soeeä  pa), 
wie  rim  sipak  (Lippe):  Lippenrand,  und  dann:  bei,  in  der  Nähe, 
rim  kan,  naheliegend,  rim  nam,  am  Ufer;  klaj  (mit  fallendem 
Ton)  bedeutet  nahe,  klaj  talajr,  am  Markt,  juo  klaj,  nahe  sein, 
roeeän  klaj,  ein  nahes  Haus  (das  Haus  ist  nahe);  klaj  (mit 
geradem  Ton)  bedeutet  fern,  dan  klaj,  ein  weiter  Weg,  yüo 
klaj,  fern  sein,  du  te  klaj,  von  weitem  zusehen.  Zu  Grunde 
liegt  klay,  Veränderung,  wovon  auch  glay  (khlay)  (mit  geradem 
Ton),  sich  vermindern,  allmählich  verschwinden,  und  glay  (mit 
umbeugendem  Ton),  ähnlich,  fast  gleich;  klan,  durch,  durch 
die  Felder  gehen,  i>ien  klan  dun  (gehen  die  Mitte  der  Felder). 
Die  eigentliche  Bedeutung  von  klan  ist  die  Mitte;  hlan  (ma 
hlan   kea,    nach    den  andern  kommen),  nach,   eigentlich:  der 

Bastian,  Studien.  ^4 


210  Drittes  Kapitel, 

Rücken;  hlan  (tao)  tea,  der  Rücken  der  Schildkröte;  hlan  ga, 
der  Rücken  des  Hauses  (das  Dach);  tarn  hlan,  nachfolgen 
(folgen  dem  Rücken);  Kan  hlan,  hinten  (Rückseite);  tarn,  folgen, 
gemäss,  tarn  krarma  (kam),  nach  Verdienst,  dem  Verdienst 
gemäss  (wie  es  daraus  folgt)  geschehe,  was  sein  muss  (nach 
der  Nothwendigkeit  der  Polgen). 

Brea'  (phro),  wegen,  phro  cani,  deswegen,  melodisch, 
übereinstimmend  (im  Einklang),  buc  brea'  (phut  phro),  schön 
(passend)  reden,  at  the  point  (zum  harmonischen  Einklang), 
brea'  ko  ni,  dieser  Sache  wegen  (etwas,  was  geschieht,  damit 
diese  Sache  in  Concordanz  steht);  troy,  längs,  den  Weg  ent- 
lang, Jioy  dan  Iroy  di,  passend  (dem  Guten  nach);  bon,  über, 
bon  Jin,  auf  der  Erde,  kan  bon,  drüber  (Oberseite);  te,  von, 
seit,  ma  te  moeeän,  von  der  Stadt  herkommen;  tJvay,  mit 
(övay  gin  di,  mit  Freude),  auch  (bok  Jlvay,  sag'  auch,  sag'  es 
auch  mir),  paj  trvay  kan,  zusammen  gehen  (iJvay  kan  oder 
miteinander,  zugleich),  iJuay  vä,  weil,  die  Sache  ist  so  (über- 
einstimmend), nämlich;  kab,  mit,  paj  kab  xani,  komm  mit  mir, 
kab  Kea,  das  mit  dem  Reis  (Gegessene),  die  Zuspeise  (des 
Reis  oder  kea);  kan,  Seite,  seitlich,  kan  zay,  links,  linke  Seite, 
kan  kva,  rechts,  rechte  Seite,  kan  hnoeeo,  nach  Norden  zu. 

Le'  (und  le)  vertritt  die  Conjuuctivpartikel,  und  (auch): 
gon  di  le  xvä,  gute  und  schlechte  Menschen;  le  bedeutet 
ferner:  blicken,  erblicken  (le  hen,  sehen),  ni  le,  siehe  da,  hier 
ist  es,  voi-ci  (dies  und),  nän  le,  (jenes  und),  so,  mag  sein. 
In  derselben  Weise  verbindet  ko,  in  Wiederholung  (mit  di 
verbunden),  sowol,  als  auch  (nien  ko  di  dgii  ko  di,  sovvol 
Silber  wie  Gold)  und  entweder,  oder  (devaöa  ko  di  mänus 
ko  di,  Engel  und  Menschen)  bezeichnend ;  hetu  cani,  deswegen 
(Grund,  ein  solcher);  bok  nau,  ausser  (draussen  von  jenem); 
yäo,  nicht  (verbietend),  yäo  hai,  gib  nicht  (ne  dederis),  yäo 
dain,  thue  es  nicht,  dass  du  es  nicht  thuest,  noli  facere;  yäo 
bezeichnet:  sich  entfernen,  trennen,  yäo  myie,  sich  von  der 
Frau  scheiden,  und  also  absit  tibi  (ya  dani,  es  sei  fern  von 
dir,  dies  zu  thun  oder  entferne  dich  von  dem  Thun,  scheiden 
dein  dies  Thun  ab);  da  (warten,  nän  da,  sich  hinsetzen  und 
warten),  wenn,  da  mäj  fan,  wenn  er  nicht  gehorcht  (erst  muss 
gewartet  werden,  ob  er  gehorcht  oder  ob  er  nicht  gehorcht; 
im  Falle  dann  des  Nichtgehorchens,   so);    ven  (unterlassen), 


Das  Siamesische.  211 

ausser  (ven  te);  ven  mit  geradem  (statt  umbeugendem)  Ton 
bezeichnet:  die  Reihe,  Wechsel,  umwechselnd,  ven  te  sgeeä  pa, 
ohne  Kleider  (die  Kleider  sind  in  das  Gegentheil  umgeschlagen, 
non  sunt,  fehlen);  ven  (gerader  Ton),  veii  (umbeugender  Ton), 
seine  Reihe  vorübergehen  lassen,  ven  syie,  auslassen. 

Lan,  einige,  lan  di,  vielleicht,  mitunter  (gewisse  Menschen, 
lan  gon).  Die  Grundbedeutung  von  lan  ist  ein  Geschick  (fors), 
das  trifft  (tela  fortunae,  wie  Cicero,  oder  fortunae  ictus,  wie 
Seneca  sagt),  und  da  bei  solchen  Schicksalen  im  Menschen- 
leben die  Calamitäten  überwiegen,  so  wird  auch  im  Siamesischen 
(wie  in  den  meisten  andern  Sprachen)  dies  Geschick  als  ein 
Unheil  aufgefasst.  Pen  lan  ma  leao,  das  Glück  ist  uns  ent- 
gegen (hlan,  rückwärts),  es  ist  ein  Unheilsschlag  geschehen 
und  über  uns  gekommen;  lan  di,  zur  Zeit  eines  (indifferent) 
Geschicksschlags  (die  beständig  in  einer  oder  anderer  Weise 
eintreten),  einmal  oder  (weil  beständig  wiederholt)  mitunter 
(in  Zusammenfassungen);  daraus  folgt  dann  die  Vorstellung 
des  Zufalls  überhaupt:  lan  gon  sind  Zufallsmenschen,  Menschen, 
die  (in  Betreff  ihrer  Zahl)  der  Zufall  zusammengewürfelt  hat, 
also:  einige  (in  Unbestimmtheit).  Bei  dem  zunächst  (ehe  der 
Zeus  Summanus  die  Blitze  vom  Himmel  schleuderte)  unter- 
irdischen Ursprung  der  (im  Erdhauch  der  Esten  und  Finnen) 
aus  der  Erde  aufsteigenden  Nebel  hängt  lau  (gerader  Ton) 
zusammen  mit  lan  (fallender  Ton),  das  Untere,  unten  (Kan 
lan,  Unterseite),  und  auch  mit  hm  (umbeugender  Ton),  waschen 
(Taufe  als  sila  lan  bab),  weil  durch  die  Riten  der  Wasser- 
reinigung den  bösen  Folgen  des  Geschicks  vorgebeugt  und 
der  Zorn  der  Unterirdischen  gesühnt  wird. 

Hak  (wenn),  hak  va,  obwol  (hak  als  Möglichkeit  oder 
Fähigkeit),  hak  vä  Kea  mai  yuo,  wenn  er  etwa  nicht  zu  Hause 
sein  sollte  (die  Möglichkeit  gelte,  er  ist  nicht  zu  Hause),  hak 
hen,  fähig  zu  sehen  (Sehfähigkeit),  kloeeäk  vä,  vielleicht 
(klueok,  umherrollen).  Bei  dem  Hin-  und  Herrollen  kann  das 
Richtige  auftauchen  oder  nicht  (es  existirt  also  nur  ein  Viel- 
leicht, keine  feste  Gewissheit);  caroy  (xarai),  vielleicht,  xarai 
kloeeäk  (klueok)  vä. 

Dan,  gerade  so,  iän  ni,  in  dieser  Weise,  Iran  nan,  in  sol- 
cher Weise,  führt  zurück  auf  dan  mit  fallendem  (statt  ge- 
drücktem)  Ton,    das    als    mittlere   Dachsäule    gleichsam    den 

14* 


212  Drittes  Kapitel. 

Grundpfeiler  des  Masses  abgibt;  tjuca',  ebenso,  ähnlich,  Iruca' 
hmgeeän,  gleichsam  (müen,  gleich);  brom,  zugleich,  brom  kan, 
gleichzeitig,  mi  brom,  alles  ist  fertig  (alle  miteinander,  all  to 
heap);  samaS,  stark,  und  adverbialisch  pen  samaS,  fortiter;  di, 
gut,  duay  di,  well;  rue,  rasch,  duay  rue,  cito;  nam,  schön, 
joang  nam,  pulchre;  sun,  hoch,  haj  sun,  alte.  Dea  (dao),  nur, 
dea  ni,  nur  das,  dao  rai,  wieviel;  noy  (mit  fallendem  Ton), 
wenig,  parum,  hnit  noy,  ganz  wenig;  noi  (mit  umbeugendem 
Ton),  klein  (noi  tua,  wenig  Menschen);  noi  caj,  ärgerlich  sein 
(engherzig);  caj  noi,  ein  Furchtsamer  (am  Geiste  klein);  nak, 
sehr  (di  nak,  der  Beste),  am  schwersten  wiegend,  und  daher 
nak  (nak  präc),  ein  Gelehrter,  nak  bun,  ein  Heiliger  (mit 
Verdienst  gefüllt,  schwer  an  Verdienst),  nak  dos,  mit  Ketten 
beschwert  (schuldig),  nak  des,  ein  Prediger  (der  Reden  voll); 
hnak  oder  nak  mit  gedrücktem  (statt  geradem)  Ton  bezeich- 
net: schwer  (gewichtig);  mak,  viel,  gon  mak,  eine  Menge 
Menschen,  mak  mi,  reich,  mak  noy,   wie  viel   (viel?   wenig?). 

Dea-rki,  wieviel,  zoe  dea-rai,  xay  dea  nan,  kaufen  Füsse 
welche,  verkaufen  Füsse  solche  (tanti  vendo  quanti  emerim); 
dea  mit  umbeugendem  (statt  ansteigendem)  Ton  bedeutet: 
Fuss,  als  Normallänge  des  Masses  (und  dann  auch  gemessener 
Zahlengrössen).  Durch  Veränderung  des  Accentes  verdunkelt 
sich  die  Anknüpfung  an  die  sinnliche  Bedeutung.  Dea  (ein 
einziger  Fuss)  drückt  das  Geringe  aus  (mir,  tantummodo); 
dea  rai,  Füsse  welche  (wie  viel),  deä-iai  zoe  dea  ray,  wie  viel 
kostet  es?  kaufen  für  wie  viel  Füsse?  (wenn  das  Geld  mit 
Füssen  ausgemessen  wird,  wie  das  dazu  dienende  Tuch  in 
Afrika  mit  Elnbogenlängen).  Von  den  Zeugen,  denen  das 
Normalmass  eines  Fusses  aufgedrückt  war,  leitete  der  kasch- 
mirische König  eine  Beleidigung  ab.  IDaj  bezeichnet  das  in- 
definitive, interrogative  und  relative  Pronomen  (aliquis,  qualis, 
quicumque,  quis,  qui),  pn  tJaj,  irgendeiner  (Mensch,  welcher), 
sin-tiaj,  irgendetwas  (Ding,  welches),  sin-tiaj-tiaj,  irgendetwas, 
was  immer;  "öaj  mit  fallendem  (statt  geradem)  Ton  bedeutet: 
das  Können  (Erlangen),  Haben,  also  pu  j&aj,  ein  Mensch  er- 
langt (irgendeiner),  dea  Iraj,  Füsse  erlangt  (wie  viele?),  Füsse 
zu  erlangen. 

Hroe   (hrüa)    ist  die   allgemeine   Fragepartikel;    crin    hrü, 


Das  Siamesische.  213 

wahr  etwa?  (ist  es  wahr?)  Hroe  bezeichnet  „oder"  (hroe  va), 
pen  nin  hroe  vä  pen  täkvä  (silbern  oder  bleiern)  ist  Silber 
etwa  wol  ist  Blei  (täkvä),  Rffi  (mit  iimbeugendem  Ton)  be- 
deutet: vernichten,  umwenden,  roe  roeeän  syien,  das  Hauszer- 
stören, also:  ein  Widerlegen  des  Vorigen,  und  führt  so  mit 
auf  den  Gegensatz  (oder  ein  anderes)  an  die  Stelle  ein  (sive 
oder  sei  es)  (aut  von  auferre,  nimm  also  dies  eben  Gesagte 
weg,  und  statt  dessen  setze:). 

Das  a  privativum  (avixa  oder  Unwissenheit  von  vixa. 
Wissen)  wird  oft  euphonisch  ab  geschrieben,  abpana  (von 
pana  oder  Verständniss),  unverständig;  äti'  (über,  hinaus) 
drückt  etwas  Ausnehmendes  aus,  wie  Adjectiven.  In  ati-xati 
(xat)  bezeichnet  es  den  ersten  des  Stammes  (der  Tugend  nach), 
als  adhi.  Aehnlich  adi  (athi),  ausgezeichnet,  drüber,  aäikarax, 
der  höchste  Fürst.  Ann  bedeutet:  untergeordnet  oder  gemäss, 
und  bildet  mit  kau  (das  Werk)  anukan  (dem  Werk  gemäss), 
die  Macht  oder  etwas  (dem  Werk  entsprechend)  ausführen 
auf  Befehl  (anukara);  antära  (innerlich),  antärä-dan,  unter- 
gehen (dan  oder  hemmen),  ebenso  anto;  äpä  (von,  beraubt 
werden),  äpäbagy  (apaphak),  vom  Ruhm  abfallen,  unrühmlich 
enden,  bagy  (Ehre,  Glanz);  abi  (auch),  abi  (sehr,  von),  abilab, 
reich  an  Besitzthum  (lab  oder  Reichthum);  ävä  (von,  herab); 
Uta  oder  u  (darüber),  uta  carit,  falsche  Religion) ;  upä,  neben, 
bei,  upädes,  Betrug  (dec,  falsch,  des,  predigen);  nirä  (ohne), 
nirä-gun,  Undankbarkeit  (gun,  Vortheil);  ni  (ohne,  drunter), 
nikay,  Menge  (kay,  Versammlung);  pra  (pro,  prae),  pra-xit, 
benachbart  (xit,  verbunden);  bori,  herum,  als  borikan,  unter- 
stützen (mit  W^erken  umgeben),  auch  pori;  pradi  (gegen);  vi 
(getrennt),  vikan,  unbrauchbar  (auseinandergezogene  Dinge), 
vikara;  sam  (mit),  sain-noek,  überlegen  (noek,  ausdenken).  Ebenso 
sorn  SU,  gut,  subab,  leutselig  (phab,  Persönlichkeit,  bab),  du 
(schlecht),  dubasit,  thörichte  Worte  (basid,  Worte),  subasit, 
Weisheits Worte,  vina,  ohne,  upri,  über,  uprä,  nahe,  bura, 
früher,  vorn,  burä-dis,  Osten  oder  der  vordere  Himmelspunkt 
(dis),  borom"  (vollendet),  bpromma-raxa  (der  höchste  König), 
borom'-raxa. 

Hnaj,  wo,  wer,  yuo  hnaj  (wo  ist  er?),  di  hnaj,  an  welchem 
Platz  (wo)?  Kan  hnaj,  an  welcher  Seite,  te  hnaj,  woher.  Naj 
bezeichnet:   drinnen,  das  Innere,   di   naj,   die  Innenseite,   kan 


214  Drittes  Kapitel. 

naj,  (luk  naj,  der  Stein  der  Frucht,  der  Innensame,  das 
Innere  der  Frucht).  Zwischen  naj  und  hnaj  findet  demnach 
ein  ähnlicher  Wechsel  in  der  euphonischen  Concordanz  statt, 
■wie  zwischen  dann,  wann;  darum,  warum;  dort  (der  Ort  oder 
di  ni),  wo,  u.  s.  w.;  hnaj  hnaj,  überall  (wo  und  wo  immer), 
te  hnaj  hnaj,  von  woher  immer.  Ni  ist  „in"  im  Altpersischen. 
Di  ni,  hier,  dieser  Ort,  huc  (yuo  di  ni).  Di  nan,  dort,  jener 
Ort,  istud,  te  nan,  illinc  (istinc),  te  ni,  hinc,  di  nön,  dort  da, 
an  dem  Orte  da,  illuc  (non,  dort,  sehr  weit  weg);  oeön,  ein 
anderer,  di  oeön,  anderswo,  ein  anderer  Ort,  dl  oeon,  aliunde 
(anderswoher).  Nqk,  aussen,  draussen,  Kan  nok,  Aussenseite, 
nok  te,  ausserdem,  nok  nan,  dazu  noch,  Ne',  siehe  da,  nä, 
vocativische  Anrede  (na  cea,  o  Herr!).  Cea  wird  gesprochen 
(und  meist  auch  in  europäischen  Buchstaben  geschrieben) 
chao,  während  es,  seinen  eigenen  Buchstaben  nach  nieder- 
geschrieben, wie  das  birmanische  zea  (saya)  lauten  würde,  das 
so  dem  Laute  gemäss  von  Europäern  geschrieben  wird,  aber 
seinen  eigenen  Buchstaben  nach  cara  (Herr  oder  Lehrer)  sein 
wiirde. 

Van  ni,  dieser  Tag,  heute;  brün  ni,  morgen  (der  morgige 
Tag,  brün).  Auch  van  (vara)  -ni  bezeichnet  morgen,  indem 
van  eine  euphonische  Abwandlung  darstellt  von  van,  und  ur- 
sprünglich den  Stundencyklus  der  Nacht  bezeichnete.  Diva 
van  (Tage  und  Nächte)  mit  diva  (am  Tage),  später  (da  die 
Nacht  dem  Tage  vorhergehend  gedacht  wird)  die  dem  heutigen 
Stundencyklus  vorhergehende  gestrige  (div  oder  Ordnung). 
Dem  glänzenden  Diw  steht  also  das  deckende  (var)  Dunkel 
des  Himmels  im  Uranus  (oder  Varuna's  Meer)  entgegen,  nur 
vom  irdischen  Feuer  (Ur)  erhellt.  Moeeo  varni,  gestrige  Zeit 
(um  gestern).  Eine  Vergangenheit  lässt  sich  ferner  ausdriicken 
durch :  van  zoe  ni,  am  andern  Tage,  der  andere  Tag,  duk  van, 
täglich  (jeder  Tag),  duk  van  ni,  jetzt,  zu  dieser  Zeit,  klan 
van,  Mittag  (Mitte  des  Tags),  men  van,  Fliege  (Eintagsfliege). 
Pä-rünni,  vorgestern;  pä:  praefixa,  correspondens  praefixis 
prae,  pro  latinorum ;  dvyie,  Augenblick,  von  dvyie  mit  geradem 
(statt  ansteigendem)  Ton:  allein  (daher:  ein  einziger  Zeit- 
moment), in  diesem  einzigen  Moment;  pä  dvyie  (ein  Vor- 
augenblick), in  ictu  oculi  (in  an  instant). 


Das  Siamesische.  215 

Ferner  bezeichnet  bat  (balr):  einen  Augenblick  (battement 
du  coeur),  bati  (bat)  cai,  ad  nutum,  ein  Schlag  des  Herzens 
(caj,  Herz  oder  Sinn),  momentan,  plötzlich,  bat-ni,  in  diesem 
Herzschlag  oder  Augenblick  (jetzt),  bat-nan,  in  jenem  Augen- 
blick, damals,  bat-diau,  im  Zucken  des  Augenblicks  (in  the 
twinkling  of  an  eye),  balJ  dvyie,  bat-diau  su,  jetzt  eben,  in 
diesem  (wirklichen)  Zucken,  bat-diau-diau,  sogleich,  sogleich, 
in  einem  Augenblick,  bald,  in  diesem  Augenblick,  und  noch 
einen  Augenblick  (zugegeben),  bat  diau  kan,  alsobald,  in  ganz 
kurzem  (einen  Augenbhck  noch  vorher),  bat  Aon,  unmittelbar, 
gleich  (im  Moment  der  begeisternden  Durchdringung,  im  Er- 
griflfenwerden) ;  Iron  bedeutet  (le  don)  Eingebung,  Inspiration 
(öon  caj,  den  Sinn  bewegen,  dem  Herzen  eingeben).  Con  tcen, 
bis  dahin,  lai  con  toen  roeeän,  bis  zum  Haus  verfolgen  (in  toen 
liegt  das  Hin-  und  Hererstrecken  ausgedrückt).  Con  bedeutet 
zunächst  „arm",  „herunter",  „bis"  (auf  den  Hund),  con  sin, 
gänzlich  (arm  durchweg)  mit  sin  (Ende,  alles),  con  uöom  ist 
Ueberfluss  von  utiom  (mittlere  Wohlbehäbigkeit),  arm  im  Geld- 
mangel oder  reich  (wie  reich  an  Geldmangel  oder  arm),  ulrom 
boribin,  U  eberfülle  an  Wohlhabenheit  (reich  in  Ueberfülle). 
Zunächst  liegt  in  con  uöom  ausgedrückt,  dass  bis  (con)  zur 
genügenden  Wohlbehäbigkeit  alles  vorhanden  ist  (also:  aus- 
reichende Fülle);  con,  kleinlich,  con  (cora),  Räuber  von  con, 
hineinspringen,  einbrechen. 

Kvä,  mehr,  mehr  als  (comparativisch) ,  lii  kvä,  besser, 
yin  kua,  über  mehr.  Mit  dem  Zeichen  des  Futurum  ca"  (und, 
auch)  bedeutet  kvä  ca',  bis,  kin  ya  kvä  ca'  hay,  Arznei  nehmen 
bis  zum  Besserwerden  (Verschwinden  oder  Beruhigen),  essen 
Medicin  übergenug,  (dann)  wird  (es)  heilen.  Im  Comparativ 
liegt  ein  Uebriges  (übergut  oder  besser,  mehr  als  gut).  Cöen, 
dann,  damals,  deshalb  (cöen  vä).  Moeeä,  wenn,  Zeit,  moeea 
hna,  Zeit  bevor  (künftighin),  moeeä  nan,  Zeit  jene  (damals), 
moeeä  kön,  Zeit  frühere  (bevor),  moeeä  rai,  Zeit  welche  (wenn), 
raj  (araj,  wer),  irgendeiner  (welcher?),  pen  raj,  nicht  wahr? 
warum  nicht?  ist  (sonst)  irgendetwas?  mäj  pen  raj,  gar  nichts, 
es  ist  nichts  (nicht  ist  irgendetwas).  Raj  mit  umbeugendem 
(statt  geradem)  Ton  bezeichnet:  arm,  etwas  entbehrend;  raj 
draby  (sap),  ohne  Besitz  (an  Gütern  arm),  bar,  raj  myie,  un- 


2J^6  Drittes  Kapitel. 

verheirathet  (frauenlos).  Raj  mit  fallendem  Ton  deutet  da- 
gegen den  Feldboden  an  (den  der  Bauer  besitzt),  das  Raya. 
In  der  unbestimmten  Zeitlosigkeit  wird  diese  Zeitlosigkeit 
selbst  (für  ihre  Bestimmung)  zum  Gegenstande  der  Betrach- 
tung gemacht,  und  also  gefragt:  moeeä  rai,  wann?  Unter  einer 
der  speciellen  Bestimmung  noch  entbehrenden,  aber  derselben 
bedürftigen  Vielheit  von  Menschenmöglichkeiten  fragt  man: 
gon  raj,  welcher  Mensch  ? 

Toen  (mit  dem  ansteigenden  Ton  gesprochen)  wird  in 
Präpositionsweise  gebraucht  (bis,  nach).  Doen  (thun)  mit  um- 
beugendem Ton  (und  deshalb  mit  dem  entsprechenden  Con- 
sonanten  dritter  Klasse  unter  Zufügung  des  Mai  do  geschrieben) 
ist  ein  Verbum  und  bezeichnet  „ausdehnen,  indem  man  zu 
sich  heranzieht"  oder  „strecken".  (Until:  am  Ziel,  bis,  bei 
das  oder  es).  GiJr  toen  bedeutet  „an  etwas  denken",  „denken 
bis  hin"  (Andenken),  ma-toen,  ankommen  (kommen  bis  hin), 
paj-toen,  hingelangen  (gehen  bis  hin)  oder  gehen  und  ankommen. 
Das  Ziel  ^)  wird  dann  unmittelbar  zugesetzt,  ma  toen  ban,  nicht 
so  sehr  in  einem  Präpositionsverhältniss  (kommen  zum  Haus), 
als  direct  durch  das  Verbum  (ma-toen)  regiert  (das  Haus  er- 
reichen) oder  dem  diesem  inhärirendeu  Präfix,  indem  auch  im 
Siamesischen  das  Suffix  unmittelbar  zum  Verbalstamm  gehört, 
ma  toen  Ivea,  vor,  nachdem  ich  gekommen  war,  kön,  vor,  luk 
koen  kon  svän,  vor  der  Dämmerung  sich  erheben.  Mit  dem 
fallenden  Ton  (des  Mai-do  in  erster  Klasse)  bedeutet  kön,  ein 
Stiickchen,  und  die  Bedeutung  „vorher"  folgt  aus  der  Be- 
trachtung des  Theils  vor  dem  Ganzen,  te-kön,  zuerst  oder 
von  dem  Stückchen  an  (te,  seit),  kon  ca',  bevor,  kön  ca'  vä, 
ehe  du  sprachst  (Stückchen  vor  deinem  Sprechen)  oder:  es 
war  schon  etwas,  ehe  du  sprachst.  Dan  te  kön,  die  Vorfahren 
(sie  seit  dem  ersten),  sie  von  dem  (ersten)  Stückchen  (Ur- 
sprung) an.  Pan  kön,  einst,  es  war  einmal,  pän  kön  yüo  mi 
burus,  Zeit  Stückchen  nach,  war  Mensch.  Dvy'ie  kön,  bald, 
warte  (dvyie)  noch  (ein  Stückchen). 

Kön  kin  Kea  ma,  vor  dem  (Reis-)  Essen,  komm  (komm 
vor  dem  Essen),  Reisessen:  ein  Stück  für  sich,  dann  (zweites 


')  „Nach"  ist  eigentlich  das  Adjectiv  „nahe".     Statt  „kraft"  (vigore) 
findet  sich  auch  „inkraft"  (s.  Zinnow). 


Das  Siamesische.  217 

Stück):  kommen.  Rob,  herum,  rob  ban,  um  das  Dorf,  Kreis 
(rob)  des  Dorfs,  lom  (umgeben),  Iqm  rob,  rings  umgeben.  Di, 
bei,  kon  yüo  di  kea,  die  Sache  ist  (steht)  bei  ihnen;  di  (mit 
fallendem  Ton)  hat  die  allgemeine  Bezeichnung  des  Ortes,  di 
yüo  (Ort  seiend),  Wohnplatz,  cea  di,  dominus  loci,  di  ni  (Ort 
dieser),  hier  (auch  relativisch:  thi  oder  welcher),  während  di 
(mit  dem  geraden  Ton)  ebenso  allgemein  die  Zeit  bezeichnet, 
di  hnoen,  einmal,  sam  di,  dreimal,  Ki  di,  wie  viel  mal  (wie  viel 
Zeiten)?  Ron  yüo  di  kea  bezeichnet  also:  die  Sache  ist  am 
Ort  jener  (ist  bei  ihnen),  Sache  hat  Platz  jener.  Yeä  bedeutet 
„Haus",  yea:  Knaben  von  dem  Alter,  wie  sie  im  Hause  ge- 
halten werden  (Häusler  oder  Kinderstübler).  Dron  (son)  brä 
yea  wird  von  Prinzen  (zwischen  sieben  bis  zehn  Jahren)  ge- 
sagt. Unser  Gnaden  ist  noch  ein  Knäblein.  Hyea  (jao)  wird 
mit  Jiien  (gehen)  verbunden,  um  den  laufenden  Gang  der 
Kinder  auszudrücken.  Tö,  gegen,  rob  tö  satru,  kämpfen  gegen 
die  Feinde.  Die  eigentliche  Bedeutung  von  tö  (mit  gedrücktem 
Ton)  ist:  hiuzufiigen  (tö  kan,  verbinden,  Dinge  zueinander- 
legen) ,  und  dies  basirt  wieder  auf  to  (mit  geradem  Ton), 
Stäbchen,  als  der  ursprünglichen  Zählmethode  bei  den  Natur- 
stämmen Asiens,  Afrikas  und  sonst,  indem  z.  B.  beim  Vieh- 
kauf für  jedes  einzelne  Stück  gleichzeitig  ein  Stöckchen  vor 
den  zum  Zählen  ausgestreckten  Finger  gelegt  wird  (oder  die 
entsprechende  Tabacksrolle),  und  in  anderer  Weise  die  Rech- 
nung nicht  in  Ordnung  gebracht  werden  kann;  tijj  tö,  kleben 
(ti?j),  tö,  zusammenverbinden,  tö  paj,  weiterhin,  künftig  (zu- 
fügend gehen) ,  tö  tö  paj ,  eine  ununterbrochene  Tradition 
(durch  dicht  in  der  Reihe  nebeneinandergelegte  Stäbchen,  die 
zur  Erinnerung  dienten,  wie  die  Zeichen  des  Whampum).  Aus 
dem  durch  enges  Verbinden  vorausgesetzten  Berühren  folgt 
dann  der  feindliche  Stoss  des  Entgegen  (auch  die  friedliche 
Wiederholung  eines  immer  gleichen  Seitenstücks  hat  in  „wie- 
der" das  feindliche  Gegenstück  des  „Wider");  tari  bezeichnet 
schon  an  sich  ein  (in  andern  Sprachen  erst  durch  präpositio- 
nelles  Präfix  ausdrückbares)  Widerstreben,  verstärkt  es  aber 
noch  durch  tö,  tö  tan,  entgegenstreben;  tö  xon,  über  den  Preis 
streiten. 

Nok,  draussen^),  ausserhalb,  nok  moeeän,  ausserhalb  der 


')  Das  mit  ;:ep(  (s.  Bopp)  verwandte  Tiapa  (durch  Syncope  pra  und  "po), 


218  Drittes  Kapitel. 

Stadt,  moeeän  nok,  Aussenstädte  (die  Städte  des  Draussen) 
oder  fremde  Städte;  nok  te  (seit  dem  Aussen)  bedeutet:  ausser, 
d.  h.  von  dem  Ausgelassenen  (als  ein  Kreis  für  sich)  anfangend, 
und  also  nun  zuerst  (dies  an  der  Grenze  des  das  Aufzuzählende 
begreifenden  Kreises).  Taj,  unter,  yüo  taj  9a,  in  oflfener  Luft 
(sein  unter  dem  Himmel),  taj  tun,  unter  dem  Haus,  das  Unter- 
theil  des  Hauses  oder  die  Basis  des  Untergeschosses  (tun). 
Taj  mit  gedrücktem  (statt  fallendem)  Ton  bezeichnet:  kriechen, 
taj-pai,  langsam  gehen  (fortkriechen),  taj  täban,  vorsichtig  über 
eine  Brücke  gehen  (kriechen).  Aus  dem  Unterkriechen  (kriechen 
unter  etv^^as)  folgt  der  Begriff  des  Darunterseins.  Naj,  in, 
naj  roeeän,  im  Haus,  naj  hon,  im  Bett.  Naj  bezeichnet  ein 
Drinnensein,  di  naj,  der  Platz  des  Innern  (drinnen),  Kan  naj, 
die  Innenseite,  luk  naj,  der  innere  Same,  und  mit  dem  ge- 
drückten (statt  geraden)  Ton  gesprochen  durch  das  Ho-nam 
(hnaj)  eine  Frage:  wo?  (ob  es  drinnen  sei). 

Das  Nähe^)  und  Ferne  unterscheidende  Demonstrativ  ist 
sechsfach  (achtfach):  ni  (mit  geradem  Ton),  dieser  (hie),  ni 
(mit  umbeugeudem  Ton),  der  da  (iste),  nan  (mit  fallendem 
Ton),  jener  (ille),  nan  (mit  umbeugendem  Ton),  jener  dort, 
nön  (mit  fallendem  Ton),  jener  weit,  nön  (mit  umbeugendem 
Ton),  jener  sehr  weit  weg.  Dazu  tritt  hnän,  jener  (in  Frage- 
sätzen), nan  (mit  gedehntem  a),  lange,  dann  ni  (gekürzt), 
hierher,  u.  s.  w. 

Was  die  Quantität  betrifft,  so  sind  die  Vocale  nicht  an 
sich  (natura)  lange  und  kurze  Vocale,  das  quantitative  Ver- 
hältniss  bildet  nicht  ein  constitutives  Element  des  Vocals, 
sondern  es  kann  jeder  Vocal  jedes  Wortes  sowol  lang  als 
auch  kurz  sein,  je  nach  der  Verbindung  mit  andern  Wörtern 
im  Satz  (gewissermassen  positione),  bemerkt  Steinthal  von 
den  Mande-Sprachen.     So   schafft  auch  im   Siamesischen   die 


das  in  seiner  temporalen  Anwendung  mit  dem  Accusativ  dem  lat.  per  ent- 
spricht (s.  Curtius),  hängt  mit  sanskr.  param  (ausser,  über)  und  osk.  (s. 
Kirchhoff)  penim  (ohne,  in)  zusammen. 

')  Die  Consonanten  scheinen  nur  die  Kraft  der  Hinweisung  überhaupt 
zu  haben,  die  Vocale  hierbei  Nähe  und  Ferne  zu  unterscheiden.  Der  be- 
stimmteste Gegensatz  tritt  im  Vai  hervor,  nie,  hier,  nu,  dort,  zwischen  i 
und  u   (s.  Steinthal).     Im  Soso  bedeutet  a  dem  i  gegenüber  die  Entfernung. 


Das  Siamesische.  219 

Sprache  weiter,  indem  sie  mit  ni  oder  ni,  das  nahe  oder 
ferne  „hier"  unterscheidet,  und  ähnlich  selbst  im  Colloquium 
der  Schriftsprachen,  wo  indess  nur  durch  Aufnahme  in  den 
Wortsciiatz  dieser  ein  dauerndes  Bürgerrecht  erworben  werden 
würde.  Frage:  Wer  ist  es?  Antwort:  Vielleicht  —  dieser,  ja, 
dieser!  Frage:  Welcher?  Antwort:  Diser,  disser  hier!  Aus 
lachen  wird  das  beschränktere  lächeln,  mit  der  Diminutiv- 
endung, wie  länglich  aus  lang  oder  comparativisch  stärker  (ein 
weniges  stark,  mehr)  aus  stark.  Ebenso  Nägel  im  Plural 
von  Nagel,  indem  der  Einzelbegrifi'  als  jetzt  nicht  mehr  allein, 
sondern  zusammen  mit  mehrern  aufgefasst,  sich  verhältniss- 
mässig  verkürzt.  Häufiger  kommen  solche  phonetische  Wand- 
lungen bei  unsern  Sprachen  consonantisch  vor,  wie  hallen  ver- 
stärkt als  schallen  (und  in  besonderer  Modification  als  knallen). 
Ein  Narr  ist  ein  lächerlicher  Narr,  ein  Narrr  ein  verächtlicher, 
obwol  das  letztere  Wort,  oftmals  nach  dem  Bedürfniss  ge- 
sprochen, nicht  orthographisch  fixirt  ist.  „Wie  (im  Hebräischen) 
aus  Kai  ein  Niphal,  Fiel,  Pual  u.  s.  w.  wird,  und  das  Stamm- 
wort durch  Zusatz  dieses  oder  jenes  Consonanten  oder  Um- 
wandlung des  Vocals  eine  passive,  factitive,  reciproke  Bedeutung 
erhält,  und  im  Lateinischen  albere,  weiss  sein,  albare,  weiss 
machen,  albire,  etwa  weiss  ausgehen  bedeutet,  so  scheint 
Aehnliches  im  Chinesischen  durch  die  verschiedenen  Intonationen 
bewirkt  zu  sein.  Wenn  ein  Wort  mit  einem  phing  (Schang- 
ping  oder  Hia-ping),  der  einen  Zustand  bezeichnet,  in  den 
Ton  Hhiu  übergeht,  so  bekommt  dasselbe  häufig  eine  factitive 
Bedeutung,  soviel  als  facere  oder  bei  intransitiven  Zeitworten 
agere." 

Die  persönlichen  Fürwörter  (heisst  es  bei  den  indo- 
europäischen Sprachen)  „scheinen  zu  den  ältesten  Sprachge- 
bilden zu  gehören",  in  den  indochinesischen  gehören  sie  zu 
den  jüngsten,  da  sie  sich  noch  beständig  neubilden  und  gegen- 
seitig ausstossen. 

Mäj  (mit  fallendem  Ton)  drückt  die  Negation  aus  (mäj 
ma,  non  venit,  mäj  ru,  nicht  wissen),  mai  (mit  gedrücktem 
Ton  infolge  des  Honam)  oder  hmäj  bezeichnet:  neu  (dani 
maj,  thun  neuerdings,  wieder  thun,  moeeän  mai,  Neustadt),  maj 
(mit  geradem  Ton)  ist  fragend:  dam-maj,  wozu?  (thun  was), 
dain  maj  va  jan  ni  (weshalb  sprichst  du  so?),  maj  (mit  um- 
beugendem Ton)    bedeutet    Holz    (ton-maj,    Stammholz    oder 


220  Drittes  Kapitel. 

Baum).  Maj  daj,  non  potest,  maj  vä,  meinetwegen  (ich  habe  ■ 
nichts  einzuwenden  oder  zu  sagen),  maj  xaj  (cai),  non  est  =  | 
nicht  (n'est),  ha  maj,  sinon  (da  ha  maj),  mai  ao  (eoa),  ich  will 
nicht  (ich  nehme  es  nicht  an),  stimme  nicht  bei.  Der  Begriff 
„neu"  in  hmaj  schliesst  zugleich  den  des  Anderssein  ein:  daiu 
hmaj,  neuerdings  (wieder)  tliun,  ein  anderes  mal  thuu,  moeeän 
hmaj,  eine  neue  Stadt  ist  eine  andere  als  die  alte.  Das  eine 
ist  dann  die  Negation  des  andern  (oder  das  andere  des  einen). 
Fragt  man:  Kannst  du  dies  lesen?  Bist  du  fähig,  dieses  Lesen 
zu  erlangen?  (schliesst  dein  Zustand  die  Erlangungsfähigkeit 
dieses  Lesens  ein?),  so  wird  geantwortet:  „Andere  Erlangungs- 
fähigkeiten" (die  immer  vorhanden  sind),  was  einen  Ausschluss 
des  Nachgefragten  involvirt.  Durch  die  Tonveränderung  wird 
später  dieser  ursprüngliche  Zusammenhang  undeutlich,  und 
maj  tritt  als  reine  Negation  auf  (nicht),  während  das  Anders- 
sein sich  zuerst  an  das  Zählen  angeschlossen  hatte  und  deshalb 
mit  den  Hölzern  (maj)  verbunden  war.  Maj  ma,  er  kommt 
nicht,  was  statthat  ist  ein  anderes  als  sein  Kommen  (das  wirk- 
lich Statthabende:  ein  anderes,  sein  Kommen:  ein  anderes). 
Maj  ru  ist  Nichtwissen,  insofern  man  von  einer  Sache  nichts 
weiss  (anders  ist  das,  was  ich  weiss,  anders  das,  was  für 
diesen  speciellen  Fall  gewusst  werden  soll),  ich  weiss  ein 
anderes  (aber  nicht  dies,  also  ich  weiss  nicht).  Die  abstrahirte 
Negation*)  dagegen  des  Nichtsein  verlangt  das  a  privativum, 
wie  a-vixa,  der  Zustand  der  nichts  wissenden  Unkenntniss  ist 
(der  Zustand  des  noch  nicht  vom  Wissen  berührten  Geistes). 
Ha  maj,  wenn  nicht  (ha  negativisch),  dos  mi  tjai,  un- 
schuldig (keine  Strafe  gibt  es  nicht),  ha  mi  daj,  durchaus 
nicht;  ha  bedeutet:  suchen,  umherstöbern  nach  etwas  (paj  ha. 


')  In  einem  negativen  Satze  (des  Litauischen)  ist  das  Verbum  stets  mit 
ne  zusammengesetzt,  auch  wenn  eine  Negation  ausserdem  im  Satz  steht 
(Schleicher)-  Eine  eigenthümliche  Art  doppelter  Negation  (ausser  der  Zu- 
fiigung  einer  wirklichen  Verneinung  zu  den  ironischen  Wendungen  der 
Negation,  zu  den  Worten  lützel,  selten,  wenic,  directerweise  durchaus  posi- 
tiven Begriffen,  sowie  bor,  enbor)  besteht  in  pleonastischer  Zusammenstellung 
privativer  Adjectiva  mit  privativen  Präpositionen  (im  Mittelhochdeutschen). 
Die  Partikel  ne  oder  en,  die  nicht  mehr  die  Fähigkeit  zu  selbständiger 
Verneinung  besitzt,  wird  oft  noch  aus  Herkommen  eingeschaltet  (s.  Wacker- 
nagel). 


Das  Siamesische.  221 

suchend  umhergehen,  nach  etwas  suchen,  kin  ha,  Essen  (Lebens- 
erwerb) suchen.  Suchend  die  Strafe  (obwol  ich  überall  nach 
einem  Grund"  für  die  Strafe  umhergesehen  habe),  finde  ich 
(gibt  es)  keine  (ha  dos  mi  t»aj),  er  ist  also  unschuldig  (ohne 
Schuld  und  deshalb  nicht  strafwürdig);  ha-mi-lraj,  in  keiner 
Weise  (das  durch  Suchen  Findbare  nicht  zu  erlangen),  keines- 
wegs (bo  mi  daj).  Mi  oder  hmi  ist  Negation,  mi  xaj,  nicht 
so,  mi  xa,  nicht  lang  (bald),  mi  haj,  damit  nicht  (ne),  lege 
Fesseln  an,  mi  haj  hni,  damit  er  nicht  entflieht;  haj  (geben), 
dass,  haj  hen,  ut  videam ,  lass  (mich)  sehen  (gib  zu  sehen), 
mi  haj  hni,  gib  nicht  das  Entfliehen  (erlaube  nicht,  zu  ent- 
fliehen), dass  er  nicht  entfliehe;  mi  bedeutet:  es  ist,  haben, 
mi  bun  (habere  meritum),  Verdienst  ist  da,  ha  bun  mäj  (such- 
bares Verdienst  ist  mehr),  mortuus,  ha  bun  maj  leao  (obwol 
danach  umhergesucht  wird,  zeigt  sich,  dass  kein  Verdienst 
mehr  da  und  alles  Verdienst  erschöpft  ist),  er  ist  gestorben 
(bun  ha  mäj).  Die  Doppelbedeutung  von  mi  entspricht  dem 
französischen  point,  Punkt  und  nicht. 

Gran,  mit,  wenn;  grän  mit  fallendem  (statt  umbeugendem) 
Ton  bezeichnet:  fürchten  (gran  mit  geradem  Ton:  genügend), 
gran  caj,  am  Herzen  zittern  (erschrecken),  quatio  (mit  quasso 
als  Intensiv),  cracentes  (schlank,  schwank),  xpa^o,  Schrei, 
gran  noeeä  gran  tva,  zittern  am  Fleisch,  zittern  am  Leibe 
(am  ganzen  Körper  zittern).  Die  Bedeutung  des  Zitterns 
scheint  weiter  geleitet  zu  haben  auf  gran  (Ebbzeit),  ein 
Plätschern  des  Wassers,  und  aus  der  Regulirung  vieler  Tages- 
beschäftigungen längs  des  untern  Menam  nach  den  Flutzeiten 
folgte  dann  der  Sinn  der  Zeitbestimmung  in  gran  (mit  um- 
beugendem Ton),  gran  nan,  zu  jener  Zeit,  in  dem  Augenblick, 
gran  ca'  vä,  wenn  ich  sagen  sollte,  (wenn  eine)  Zeit  (wäre, 
dass  ich)  werde  sagen  (Zeit-werde-sagen,  supponiren  wir  eine 
Zeit,  dass  ich  sagte,  wenn  ich  also  sagte).  Hetu-daj,  Grund 
was  (warum?),  pu-daj,  Mensch  was  (irgendeiner,  wer?),  je  nach 
verändertem  Ton,  sm-daj,  etwas  (irgendeine  Sache).  Mit 
fallendem  (statt  geradem)  Ton  ist  daj  das  Zeichen  der  Ver- 
gangenheit und  drückt  ein  „Können"  aus:  daj-hen,  ich  habe 
gesehen,  an  daj  hroe,  lesen  kannst  etwa?  (rü,  interrogativ), 
mäj  daj,  ich   kann  nicht  (nicht  können),  ein  Nichts  erlangen, 


222  Drittes  Kapitel. 

paj  daj,  ich  kann  gehen  (gehen  können).  Die  Bedeutung  von 
daj  ist  erlangen:  ich  erlangte,  ich  sah,  ich  habe  gesehen  (daj 
hen),  das  Gehen  erlangte  ich,  ich  kann  gehen  (pai-dai).  Het- 
dai  fragt  nach  der  Grundlegung,  was  als  Grund  zu  erlangen  ist. 

Die  Siamesen  zählen  mit  pu  (Person),  hjin  pu  nan,  Frau, 
diese  Person  (diese  Frau),  gon  (Mensch),  an  (Verehrlicher), 
rub  (Form),  tao  (Körper),  an  (unregelmässige  Gestalt,  wie 
Tische,  Stühle  u.  s.  w.),  aus  Bequemlichkeit  auch  verwandt 
(als  Ding),  wo  Charakteristisches  gefordert  würde,  luk  (Frucht), 
tan,  lain  (für  Boote),  bai  (Blatt),  hlan,  kän,  hin  son  kän, 
Steine,  zwei  Haufen  (zwei  Steine),  samrab,  med,  duen,  iräk, 
von,  pen,  poen,  don,  kan  (cylinderartig,  wie  Schirme,  Pfeifen 
u.  s.  w.),  tab,  ha,  hnvy,  seii,  kon,  lern  (schneidiges),  bäk,  den, 
soek  (völlig  getheiltes,  wie  Zähne,  Bambutos,  Erle  u.  s.  w.), 
sin,  soeeäk,  xa'-lay,  rieyn,  dva,  mvn,  tao,  dab. 

Zum  Zählen  verwenden  die  Birmanen:  akaun  (Thier), 
myauk  takaun,  ein  Affe,  akvin  (Kreis),  lekcvut  tom  kvin,  drei 
Ringe,  aku  (Ding),  akyup  (Fläche),  akyaup  (Länge),  akviii 
(Stimme),  aciii  (Linie),  aci  (Gerittenes),  acaun,  acu,  acaun 
(Gebäude),  atan  (Zwischenraum),  atan  (Kleid),  apin  (Pflanze), 
apa  (Würdiger),  cara  ko  pä,  Lehrer,  neun.Reverends  (Hoch- 
würden), apya  (Platte),  puk  (Paar),  alek  (Arm),  alou  (Runde), 
asvay  (Strich),  e'  (Kopf),  yauk  (Vernünftiger),  cu  (Verehr- 
liche), twe  (Kreis),  caün  (Seite),  hlwa  (Splitter),  rat  (Platz), 
kuqi  (Kette),  kvet  (Höhlung),  kov  (Körper),  tan  (Trennung), 
ku  (Aushiilfe),  pran  (Vollniss),  tat  (Wiederholung),  rwa  (Reihe). 

In  einer  in  usum  delphini,  zur  Erlernung  des  Englischen, 
für  einen  siamesischen  Prinzen  geschriebenen  Grammatik  stellt 
Caswell  eine  schematische  Conjugation  auf. 
ha  rak,  ich  liebe  (du,  er),  rea  dan  lay  rak,  wir  lieben  (ihr,  sie), 
„  daj  rak,  ich  liebte, 
„   rak  leav,  ich  habe  geliebt, 
„  daj  rak  leav,  ich  hatte  geliebt, 
„  cä  rak,  ich  werde  lieben, 
„  cä  daj  rak  leav,  ich  werde  geliebt  haben, 
ta  Ka  rak,  wenn  ich  liebe  (subjunctiu^'jch), 
'„    „    daj  rak,  wenn  ich  liebte, 
„    „    rak  leav,  wenn  ich  geliebt  habe, 


Das  Siamesische.  223 

ta  ka  daj  rak  leav,  wenn  ich  geliebt  hätte, 
„    „    cä  rak,  wenn  ich  lieben  würde, 
„    „    cä  daj  rak  leav,  wenn  ich  geliebt  haben  würde, 
ka  boen  daj,  ton  rak,  u.  s.  w., 

„    pen  kän  di  kea  rak,   ich   werde   geliebt,   rao   dan    lay  pen 
kän  di  kea  rak, 

„      „       „     „      „    rak  leav, 

„      „       „     „      „    daj  rak  leav, 

„    cä  pen  kän  di  kea  rak, 

„     „   daj  pen  kän  di  kea  rak  leav, 

ta  ka  pen  kän  di  kea  rak, 

„    „      „       „      „     „     rak  leav, 

„    „      „       „      „     „     daj  rak  leav, 

„    „    cä  pen  koii  di  kea  rak, 

„    „     „      ,;      „      ,,     „     daj  rak  leav, 

ka  poen,  daj  toii  pen  kän  di  kea  rak,  u.  s.  w. 

Man  unterscheidet  im  Siamesischen  neben  der  heiligen 
Sprache  des  niedern  und  des  Hochsiamesisch  die  Vulgärsprache  ^) 
und  die  Sprache  der  Vornehmen  oder  Raxasab  (Palastsprache), 
Narisab  (Herrensprache)  und  Sutrasab^)  (Buchsprache).    Die 


')  Lingua  Vulgaris  paucas  admisit  exteras  voces  ex  Lao,  ex  Cambodia, 
ex  Sinis,  ex  Malayensibus,  alta  vero  et  sacra  fere  totaliter  componuntur  ex 
vocibus  Sanscrit  aut  Bali,  tantisper  alteratis  et  loquelae  Siameusium  accom- 
modatis.  Stylus  autem  palatii,  praeter  voces  Bali,  adhuc  permultas  continet 
ex  lingua  Cambodiensi  decerptas.  Insuper  verisimile  est,  linguam  thai, 
nonnullas  obtinuisse  voces  ex  Pegu,  Barma  et  Anam  (Pallegoix).  —  The 
language  of  the  Chong  (near  Chantabuu)  borrows  considerable  number  of 
extrinsic  terms  from  the  Kambojan.  —  Die  Kham  xava  wurde  durch  javanisch 
geschriebene  Bücher  in  Slam  eingeführt. 

^)  Besonders  im  Süden  des  Sprachgebiets  ist  das  Litauische  in  ziemlich 
raschem  Aussterben  begriifen.  Die  Kreise  Labiau,  Insterbiirg,  Gumbinnen, 
Goldapp,  zu  Ende  des  vorigen  Jahrhunderts  noch  fast  durchaus  litauisch, 
sind  nunmehr  bereits  fast  gänzlich  deutsch  geworden.  In  den  Kreisen  Pil- 
kallen,  Stallupönen,  Tilsit,  Ragnit,  Niderung  sind  ebenfalls  sogar  auf  dem 
Lande  die  wohlhabenden  Leute  und  die  Bewohner  der  Pfarrdörfer  meist 
deutsch,  die  Bevölkerung  im  ganzen  jedoch  vorherrschend  litauisch,  und  in 
den  Kreisen  Heidekrug  und  vor  allem  im  Kreise  Memel  ist  das  litauische 
Element  am  stärksten  vertreten.  Die  Städte  sind  durchaus  deutsch  (Schleicher). 


224  Drittes  Kapitel. 

Körperglieder  heissen  in  der  königliehen  Sprache  (als  Bra- 
Netr,  Bra-Ot  u.  s.  w.)  gemeinsam  Manjakrasat  (die  königliche 
Illusion)  oder  Kattiyamayang  (im  Pali).  Manya  (Trug  oder 
Illusion)  geht  in  Sarimaha-Manja,  als  dem  Namen  der  Mütter 
Buddha's,  ein.  Die  aus  Indien  entnommenen  Fremdwörter 
des  Siamesischen  schliessen  sich  oft  näher  an  des  Sanskrit  als 
an  das  jetzt  in  den  Religionsbüchern  verwandte  Pali.  ^)  Die 
siamesischen  Grammatiker  lieben  oftmals,  auf  die  Muster^)  der 
für  sie  classischen  Sprachen  (Pali  und  Sanskrit)  Rücksicht  zu 
nehmen  und  in  ihrem  Sprachbau  die  Correlate  der  Flexionen  3) 


^)  L'assimilation  des  consonnes,  qni,  en  italien,  fait  letto  de  lectus, 
scritto  de  scriptus,  est  un  des  principes  du  pali  (Bournouf).  —  Perfectus 
becomes  perfetto,  ruptus  rotto,  planctiis  pianto,  subjectus  soggetto,  absorptus 
assorto  (in  Italian)  und  muktus  mutto,  uptas  utto,  viklavas  vikkavo,  khubjas 
khujjo,  utpalam  uppalam  im  Pali  (s.  Muir).  —  The  Brahmans  speak  two 
sorts  of  language,  both  that  of  gods  and  that  of  men  (nach  der  Parisishta). 
Hanuman  redete  die  gefangene  Sita  im  Sanskrit  an,  aber  nicht  in  dem  der 
Zweimalgeborenen,  damit  sie  ihn  nicht  für  Ravana  halte  (im  Rämäyana). 
Das  Aeussere  der  Brahmanen  nachahmend  und  Sanskrit  redend,  lud  der 
Rashasa  Ilvala  die  Brahmanen  zu  einem  Leichenbegängniss  ein  (nach  der 
Aranya  Kanda  des  Rämäyana).  —  The  woman  (reading  Sanscrit)  snuffles 
like  a  young  cow,  when  the  rope  is  first  passed  through  her  nostrils  (s. 
Wilson)  nach  der  Mrichhakati.  Ein  Wort  ist  schwer  verstanden,  wenn  sein 
Sinn  geändert  ist  durch  den  Mangel  seiner  richtig  grammatischen  Form 
(heisst  es  im  Rämäyana). 

^)  Ottfried  von  Weissenburg  ging  (in  seinem  Vorurtheil  für  fremde 
Masse  und  Muster)  so  weit,  dass  er  die  deutsche  Sprache  nicht  nur  unge- 
pflegt und  ungeregelt  fand,  sondern  auch  an  sich  selbst  schon  jeder  gram- 
matischen Regelung  unfähig,  sie  gäbe  ja  z.  B.  vielen  Worten  ein  anderes 
Geschlecht  und  andere  Zahlform ,  als  die  entsprechenden  Ausdrücke  des 
Lateinischen  hätten  (s.  Wackernagel).  Ottfried  stösst  sich  an  der  ver- 
doppelten und  damit  doch  nicht  aufgehobenen  Negation,  Klopstock  hat  eben 
dieselbe  wieder  einzuführen  gesucht,  indem  jener  an  den  lateinischen,  dieser 
an  den  griechischen  Sprachgebrauch  denkt.  Zinnow  bemerkt,  ,,dass  alle 
Flexion  in  der  altern  Zeit  stärker  und  ausgeprägter  war  und  mit  jedem 
Jahrhundert  sich  mehr  abschliÖ'  und  schwächte",  indem  die  anfangs  sklavische 
Nachahmung  fremder  Muster  in  künstlicher  Schriftsprache  mit  dem  Auf- 
wachsen einheimischer  Bildung  vor  dem  Anschluss  an  die  lebendige  Mund- 
sprache zurücktrat. 

')  Das  Litauische  kennt  keinen  Artikel  (nach  Schleicher),  aber  „in  man- 
chen Gegenden  hat  sich  in  die  gewöhnliche  Rede  vens  als  unbestimmter, 
ja  sogar  tas  als  bestimmter  Artikel  schon  ziemlich  eingedrängt."  Im 
litauischen  Sprachgebiet  nördlich  von  Memel ,  weniger  im  Hochlitauischen, 
ist  anstatt  des  einfachen  praeteritum  meist  das  umschriebene  Praeteritnui  im 


Das  Siamesische.  225 

aufzusuchen,    wie    sie    auch   durch  jene    au   das    Zurückgehen 
auf  die  Wurzeln  ^)  gewohnt  sind. 

Unorganische  Lautveränderung  (wodurch  man  aus  jedem 
Wort  jedes  beliebige  machen  kann)  tritt  am  häufigsten  ein  bei 
einem  Worte,  wenn  es  aus  einer  fremden  Sprache^)  herüber- 


Gebrauch.  In  Jüngern  Sprachen  werden  die  Präpositionen  öfter  neben  dem 
Casus  oder  statt  desselben  gebraucht,  und  auch  im  Litauischen  zeigt  sich 
im  Laufe  der  Zeit  eine  Abschwächung  des  Gefühls  für  die  Bedeutung  der 
Casus,  und  eine  Neigung,  sie  durch  Präpositionen  zu  stützen  und  zu  ver- 
stärken (nach  Schleicher).  Die  Suffixa  (der  suffigirten  Postpositionen)  sind 
bis  auf  wenige  Reste  längst  nicht  mehr  in  der  Sprache  des  Volks  gebräuch- 
lich und  werden  auch  in  der  Schriftsprache  (des  Litauischen)  seltener. 

1)  There  are  Vedic  (naigama)  nouns  (as  dämünäh  and  kshetrasädhäh) 
which  are  derived  from  roots  found  in  the  Bhäshä,  and  also  formations  in 
the  bhäshä,  such  as  ushnam,  ghritam,  which  come  fi-om  Vedic  roots  (accord- 
ing  to  Yaska).  —  Im  Vergleich  zum  neuern  Sanskrit  sind  in  den  Vedas 
noch  Worte  um  eine  Silbe  zu  verlängern,  das  Metrum  zu  füllen  (nach 
Benfey).  Das  Pali  oder  Magadhi  der  heiligen  Bücher  Burmahs  und  Ceylons 
gleicht  der  Sprache  der  indischen  Felsschrift  aus  dem  4.-5.  Jahrhundert 
a.  J.,  die  von  dem  Sanskrit  sowol  wie  von  den  neuern  Vernacular-Sprachen 
verschieden  ist  (s.  Muir).    Die  Schrift  der  Kapi(;a  ähnelte  der  der  Tukhara. 

2)  Zur  Zeit  des  Arnobius,  Augustus  und  Procop  sprachen  die  Bauern 
Afrikas  noch  punisch.  Die  Libyer  (Atßuot)  waren  ansässig.  Die  Araber 
heissen  Ikhamkhameu  (von  der  dem  Pferdegewieher  gleichenden  Sprache) 
bei  den  Tuareg  (Targui)  oder  Imouchar  (Amacher)  als  Freie,  im  Gegensatz 
zu  Imroden  (Imrod)  oder  Vasall  (Aucapitaine).  Die  Wasserkroaten  gehören 
zu  den  Tschakavzes  (Karadschitsch).  —  Like  the  modern  Greeks ,  the 
Vallachians  (in  Thessalia)  called  themselves  Romans,  from  having,  like  the 
Greeks,  acquired  the  rights  of  Roman  citizenship  by  the  decree  of  Caracalla 
(s.  Mackenzie  and  Irby).  In  the  sixth  Century  the  Thracian  dialect  bore  a 
strong  resemblance  to  corrupt  Latin  and  to  the  Vallachian  language  now 
spoken.  —  Die  Sprache  der  Haoussa  soll  (im  Anschluss  an  das  Koptische) 
zur  semitischen  Familie  gehören  (wie  die  der  Gallas).  Notker  leitet  düsunt 
(tausend  oder  thusundi)  aus  dem  lat.  descent,  eine  in  der  romanischen 
Volkssprache  übliche  Verkürzung  für  decies  centum.  Im  Gegensatz  zu  Hoeh- 
sinn  schliesst  Hochmuth  eine  schlechte  Nebenbedeutung  ein,  die  sich  von 
dem  ursprünglich  zu  hohen  Thaten  Erhebenden  entfernt  hat.  Gemüth  ist 
(bei  Simplex.)  Muth  (muot).  Es  gibt  hoch-  und  nordasiatische  Stämme, 
welche  aus  Tausenden  von  Individuen  bestehen,  und  dennoch  eine  so  nahe 
Verwandtschaft  annehmen,  dass  sie  nicht  einmal  eheliche  Verbindungen  ein- 
gehen (indem  es  kein  anderes,  die  Individuen  zusammenhaltendes  Vereinigungs- 
band gibt  als  dasjenige,  das  sich  auf  Verwandtschaft  gründet).  Dagegen 
geschieht  es  nicht  selten,  dass  zwei  Stämme  eine  und  dieselbe  Sprache 
reden,  dieselbe  Religion,  dieselben  Sitten  und  folglich  auch  dieselbe  Her- 
kunft haben,    dass   sie   sich   dagegen,    wenn    diese  Herkunft   schon   in  Ver- 

Bastiak,  Studien.  15 


226  Drittes  Kapitel. 

genommen  oder  wenn  die  Wurzel  des  einheimischen  Wortes 
verloren  ist  (s.  Zinnow),  so  Arzt  aus  artista,  Kartoffel  aus 
Erdapfel,  verlieren  (nh.)  aus  Verliesen  (mhd.). 

Der  Lam  nam  (bod)  oder  Versarten  werden  besonders 
vier  gebraucht,  als  zaban  (aus  16  Silben),  nari  (11  Silben), 
bilap  (8  Silben),  surang'-nan  (28  Silben),  die  sich  aus  Kürzen 
und  Längen^)  in  16  Weisen  oder  cand  zusammensetzen 
(Löwen-,  Tiger-,  Frösche-,  Schlangenwindungen,  Hirsche, 
Krystalle ,  Räder ,  Lilien ,  Käfer ,  Blumenbüschel ,  Indra's 
Kleinodien  und  andere  Verse). 

Xapö  ist  ein  Beifallsruf,  xi,  ein  Priester,  und  so  wird 
xapö-xi*)  zur  Bezeichnung  der  Brahmanen  verbunden. 


gessenheit  gerathen  ist,  und  die  einzelnen  Stämme  verschiedene  Namen  an- 
genommen oder  verschiedene  Wohnungen  gewählt  haben,  gewöhnlich  ein- 
ander als  Todfeinde  betrachten  (Castren).  Nach  Pfizmaier  ist  die  Aino- 
Sprache  in  viele  Dialekte  zersplittert,  wie  in  Kamtschatka  jedes  Dorf  seine 
eigene  Sprache  hat.  Unter  den  Dialekten  der  Aino-Sprache  (auf  den  Inseln 
Jesso,  Sachalin,  Iturup  und  Urup)  unterscheiden  sich  die  Dialekte  des  öst- 
lichen Jesso,  des  westlichen  Jesso  und  der  Insel  Sachalin. 

^)  Cand  sunt  versus  compositi  ex  syllabis  brevibus  et  longis ,  in  vario 
ordine  et  numero,  klan  versus  in  genere;  Strophe  dicitur  klän  tok,  glon, 
versus,  carmen,  taby  versus  liberi,  in  quibus  non  est  requisita  distinctio 
brevium  et  productarum,  lilit  lilit  ray,  sunt  versus,  in  quibus  crebra  est 
vocum  consonantia  (rime),  säy  sunt  syllabae  finales  strophes  quae  supersunt 
et  non  consonant  cum  aliis.  Consonantia  syllabarum  (rime)  dicitur  akson 
faS  kan  kadob  kan  sampas  kan  (s.  Pallegoix)  oder  „Buchstaben,  die  zu- 
sammentreflcB ,  zusammenschlagen,  sich  miteinander  berühren".  The  Bath 
consists  of  eight  letters,  and  four  baths  form  one  kata.  Pägam  räy  et  räy  kve 
sunt  versus  liberi,  modulati  et  consoni,  absque  determinatione  fixa  syllabarum, 
ita  ut  prosa  modulata  potius  dici  debeant.  Die  Bleu  (Lieder)  sind  meistens 
Liebeslieder  (blen  yav). 

^  Xapoxi-Bhram  are  so  called,  as  beariug  a  water-vessel  (like  the 
Jogis)  to  sprinkle  water.  Die  Cassi-Canavadis  bringen  das  Gangeswasser 
bis  Südindien.  The  Brahmins,  serving  as  hill-porters  at  Gungootri  (the 
sources  of  the  Ganges),  worship  Buddrinath  or  Siva  (Watson).  —  The  Menam 
is  called  Cav  Bana  (Chao  Phaya)  Master  of  the  Lords,  which  title  is  given 
to  the  white  elephant  (xan  püek).  Thü  Sai  means  to  observe  brahminical 
rites,  as  sai  expresses  outside  (of  the  religion  of  Buddha),  and  the  Siamese 
with  surrounding  nations  were  formerly  called  Sajam,  before  they  got  the 
name  of  Thai.  —  Die  Lao  pun  dam  von  Xiengmai  heissen  Malaprathet,  die 
Lao  pun  kao  (von  Viengchan)  Darengphak.  Die  Stadt  Sukothai  wurde  von 
Phra-Luang  gegründet.  Müang  Raman  ist  der  Name  Pegu's  (als  Hauptstadt 
der    Mon    oder    Raman).      Die    Reliquien    sind    im    Pbra-Prang    unter    dem 


Das  Siamesische.  227 

Nach  der  Steinschrift  Sukhothay's  aus  dem  Jahre  1214 
(nach  dem  Datum  der  Phuttha-Sakkharat)  wurden  die  Buch- 
staben i)  1205  (662  p.  J.)  erfunden  durch  König  Ramkhamheng, 
der  den  Anfang  der  Chunlosakkharat  nach  dem  Jahre  seiner 
Thronbesteigung  (638  p.  J.)  bestimmte.  Ausser  der  Katyayana 
zugeschriebenen  Grammatik  des  PaH^)  finden  sich  grammatische 


Khorakhang  oder  Tantika  bewahrt,  welches  Pali-Wort  im  Siamesischen  als 
rakang  (Glocke)  erklärt  wird.  —  The  town,  the  ruins  of  which  are  now 
existing  near  the  Pathommachedi,  was  called  Sivixai.  Vongsahayaraxa 
means  the  royal  race  of  Phra-Phuth,  and  Vithtukuman  is  a  history  of  a 
prince,  who  was  refused  a  wife  out  of  fear  of  mesalliance.  Matxiriyasethi 
and  Anantha-Sethi  were  two  rieh  men  living  in  Savati.  The  book  Phra 
Tvatana-paritta  (the  sibsong  Tamnan),  or  12  series  containing  formales  of 
prayers,  was  written  by  Ananda.  The  Birmese  are  called  Pama  aud  some- 
times  Pama  Raman  by  the  Siamese.  Mai  ru  tjak  pasi  pasa  (mai  Tu  tjak 
pasa)  im  Siamesischen:  name  le  bamele  bu  (Nam  Ich  bu)  im  Birmanischen 
for  „I  don't  understand". 

*)  On  se  sert  en  Coree ,  outre  les  caracteres  chinois ,  d'une  ecriture 
particuliere,  appelee  Ghin  boun  (Yen  wen)  ou  vulgaire,  et  dont  chaque  lettre 
a  une  prononciation  particuliere  (nach  Rinsifee).  La  Coree  fut  conquise 
(f  269  p.  J.)  par  Sinkonkwogou,  imperatrice  du  Japon  (s.  Klaproth).  — 
Unter  Gun-Chan  (Sohn  des  Ughuz)  führte  der  Statthalter  Arjanggit  den 
Gebrauch  der  Tamgat  oder  Stempel  (als  Unckun  für  Thiere)  ein  (um  das 
Eigenthum  zu  kennzeichnen).  Neben  den  fünf  Kupferplatten  in  altcanaresischer 
Schrift  (mit  dem  Privilegium  der  Thomas-Christen  bei  Travancore)  enthält 
die  sechste  Namen  der  Zeugen  in  kufischer,  hebräischer  und  Pehlewi-Schrift. 
,,Das  Huzvaresch  (Zewaresch)  bildet  das  semitische  Element  im  Pehlewi.  Die 
semitischen  Worte,  die  durch  iranische  erklärt  sind,  bilden  ein  Verzeichniss 
der  Grundlage  des  Sasanischen  Farhang,  von  den  Parsenpriestern  aus- 
wendig gelernt  (die  semitischen  Worte  sind  oft  zur  Erleichterung  des  Lesens 
mit  Zendbuchstaben  geschrieben).  Die  Bedeutung  der  semitischen  Personal, 
endungen  ist  im  Pehlewi  verloren."  Das  Pehlewi  der  Inschrift  ist  identisch 
mit  dem  Sasanischen  oder  Ost-Pehlewi.  „Im  Ein  (durch  Einmischung  des 
Pali  verändert)  sind  die  Pronomina  und  die  zur  Casusbildung  verwandten 
Suffixe  rein  singhalesisch."  Nach  Ibn-Hauqual  waren  die  historischen  Ur- 
kunden der  Mager  im  Pehlewi  verfasst. 

2)  Hardy  rechnet  in  Ceylon  35  Werke  über  Pali-Grammatik,  Alwis  40. 
Die  Grammatik  der  Multani-Sprache  oder  Fetaki  (der  Jat),  die  tibetische 
Worte  enthalten  soll,  unterscheidet  sich  nicht  von  dem  System  der  übrigen 
vom  Sanskrit  abgeleiteten  Sprachen.  Wie  Bhodo  in  Dhimal  (und  Dom  in 
Kamaon),  gehört  die  Sprache  der  Brahui  (in  Gedrosien)  zur  Familie  der 
Dekkhanischen.  Die  Bhota  wanderten  633  aus  Tibet  aus.  Zur  Zeit  des 
Ptolemäos  beherrschten  die  Marunda  oder  Lambaka  (Bewohner  Lamgans  in 
West-Kabulistan)  ein  Reich  im  Osten  des  Ganges.  —  Agni,  derive  de  la 
rac.  de  mouvement  ag,  designe  le  feu  materiel  (lat.  ignis,  lith.  ugnis,  anc- 

15* 


228  Drittes  Kapitel. 

Bemerkungen  im   Chindamani   des   Siamesischen.     Die   Wort- 
entlehnungen finden    ihre  besondere  Behandkmg.     Fremde  ^) 


slav.  ogni,  rus.  ogoni).  —  Goghana  (Kuhtödter)  heisst  in  alten  Sanskritbüchern 
ein  Gast  (für  den  eine  Kuh  getödtet  wurde).  —  The  abstract  neutre  term, 
Bramha  (according  to  Haug),  etymologically  means  „growth"  and  signifies 
the  Soul  of  nature,  the  productive  power.  Bori-Nipphan  (or  Para-Nipphan) 
means  to  extinguish  (dab)  all  round  (rob  kob),  that  is,  to  extemiinate  the 
whole  circle  of  Tanha  (desires),  but  it  is  generally  in  abbreviation  only 
called  Nipphan.  Jok  sam  suen  ao  leh  suen  rüng,  1/4.  Si  kab  song  pasom 
khao  kan  pen  hok,  4  -f-  2  =  6.  Hok  haksia  song  yang  si,  6  —  2  =  4.  Si 
song  khun  khao  pen  pet  4X2=  8.  Sibsong  beng  si  suen  pen  suen  la 
sam  4  :  12  =  3.  Suen  nüng  beng  pen  sam  phak.  Phayong,  the  King,  who 
founded  Sukhothay,  as  eontemporary  of  Makatho  of  Motama,  or  as  the  son 
of  a  Nakh,  as  without  origin.  —  Die  Helden  der  Iliade  wünschen  das  Haupt 
des  Feindes  abzuschlagen  und  TCf,^at  avä  oxoXoueaai.  Nach  Sokrates  (bei 
Flato)  behalten  die  Frauen  den  alten  Laut  am  meisten  bei.  Die  Scythen 
verehrten  vor  allen  (nach  Herodot)  Vesta  (Tahiti  als  Tapas),  dann  Jupiter 
(Papaeus),  Baba  oder  Ab,  seine  Gattin  die  Erde  (Apia  als  Ops  oder  Rhea), 
Apollo  (Oitosyrus,  Diti-Sura),  Poseidon  (Thamimasadas,  Dhamma-mazdas), 
Urania  (Artimpasa  als  Artemis  oder  Diana),  Ares  (als  Schwert),  Herakles. 
Jüdische  Akademien  bestanden  in  Sura  und  Pombeditha.  Rawlinson  erklärt 
das  scythische  Araxa  (Frauenhasser)  von  ara  (Mädchen)  und  xa,  hassen. 
Exan  (in  Exampaeus  oder  heilige  Pfade  der  Hexen)  ist  ayia  aus  saira.  Der 
(scythische)  Spargapithes  (bei  Herodot)  wft-d  erklärt  als  Svargapati  (Herr 
des  Himmels).  Ariapithes  ist  arya-pati.  Die  Kaspii  wurden  von  den  Aorsi 
zurückgedrängt.  Ptolemäos  setzt  die  Kaspii  in  das  östliche  Tibet  an  die 
chinesische  Grenze. 

^)  Das  canusische  Doppelgeplauder,  welches  Griechisch  und  Latein  (wie 
der  menantische  Mischmasch  Griechisch  und  Latein  und  Französisch  und 
Deutsch)  regellos  zusammenmischte,  schöpfte  sein  Widerartiges  aus  der  ersten 
und  gefeiltesten  aller  Sprachen,  obwol  nur  ein  verdorbenes  Kauderwelsch 
(s.  Kolbe).  Die  von  Üiessen  (rishanti)  genannten  Rischi,  weil  sie  die  Erfolge 
der  Mantras  erreichen ,  heissen  vom  Sehen  (darsanät)  und  überlieferten  das 
Erkannte  den  eigener  Macht  entbehrenden  Srutarshis,  die  die  Vedas  durch 
das  Hören  fortpflanzten,  bis  unter  Vyasa  in  den  Sakhas  zusammengefasst 
(nach  Durgacharya).  —  The  philosophers  Rämänuja  and  Madhwächäryya 
are  called  incarnations  of  Sesha  and  Vayu  (s.  Wilson),  and  Sankara  Acharyya 
is  celebrated  in  the  Vrihad  Dharma-purana  as  an  incarnation  of  Vishnu 
(Colebrooke).  —  Yaska  zählt  als  fünf  Wesenklassen  die  Gandharvas,  Pitris, 
Devas,  Asuras  und  Rakshasas  auf.  Als  die  Rishi  zum  Himmel  aufstiegen, 
gaben  die  Götter  den  Menschen  die  Philosophie,  um  ihnen  als  Rishi  zu 
dienen  und  den  Sinn  der  Hymnen  zu  ergründen  (nach  dem  Parisishta).  Die 
Sutras  von  Baudhayana,  Apastamba,  Aswalayana,  Katyäyana  u.  s.  w.  (die 
Smritis,  Manu's  u.  s.  w.),  die  von  manchen  als  übermenschlich  den  Vedas 
gleichgestellt  werden,  besitzen  (nach  der  Nyayamala  vistara)  ihre  persön- 
lichen Verfasser.   Nach  der  Nyayamala  vistara  ist  das  Pali  durch  häretische 


Das  Siamesische.  229 

Wörter  kamen  in  die  deutsche  Sprache  zur  Zeit  der  Römer 
(Spiegel,  Ziegel,  Käse,  Birne,  Kupfer  u.  s.  w.),  zur  Zeit  der 
sächsischen  Kaiser  im  12.  Jahrhundert  (als  italienische  und 
lateinische  Worte  von  Italien  mitgebracht  wurden),  Anfang 
des  17.  Jahrhunderts  (als  die  Cultur  besonders  auf  die  latei- 
nische Kunstsprache  Riicksicht  nahm),  zur  Zeit  Ludwig's  XIV. 
(als  die  französische  Eleganz  bewundert  wurde),  Mitte  des 
18.  Jahrhunderts,  als  das  Griechische  wissenschaftlich  studirt 
wurde  (Vetterlein).     „Wie   offt  ^)  höret  man  ab  dem  Predigt- 


Berührung  verunreinigtes  Sanskrit.  Kipjet  (kochen)  leitet  Ables  (im  Rus- 
sischen) von  pers.  kelidan  (schäuoien),  warit,  sieden,  kochen  (russ.).  Dem 
russ.  bjessit  (jemand  wüthend  machen)  entspriolit  böse,  (ital.)  bizza  (Zorn) 
und  (alth.)  bizzon,  Zähneknirschen  (verbissen).  Woloss  (Haar)  im  Russischen 
(nach  Ables)  von  lat.  vellus  (pilus),  kocha  (Haut,  russ.)  oder  kodion  (Schafs- 
fell, gr.),  führt  (mit  cutis)  auf  sanskr.  kud  oder  kut  (bedecken),  und  so  hide 
(von  hide,  verbergen)  oder  skin  von  schonen  (skana),  sowie  post  (pers.)  von 
puchidan  (Ables).  Wrag  (Feind  oder  Hasser)  lässt  sich  (im  Russ.)  auf  das 
gothische  wrakjan  (verfolgen)  und  vrikan  (rächen)  beziehen  (s.  Ables),  mit 
(holländ.)  wrük  (Groll),  vred  (Zorn)  im  Dan.  u.  s.  w.  Ables  erklärt  Dämon 
aus  (sanskr.)  tam  (verfinstern)  oder  (türk.)  tamu  (Hölle).  Um  (russ.)  Verstand 
(als  Attribut  der  Seele).  Auge  aus  sanskr.  ok  (Auge)  neben  guech-aigi 
(Glanz).  Arman  (pers.),  Traurigkeit  und  Seufzer.  —  Säyana  Acharya  und 
Mahidhara,  Commentatoren  der  Vedas  im  14.  Jahrhundert  p.  J. ,  erwähnen 
älterer  Schreiber  über  die  Vedas,  wie  Saunaka  (Verfasser  der  Vrihaddevata), 
Yaska  (Verfasser  der  Nirukta,  die  Müller  ins  4.  Jahrhundert  a.  J.  setzt), 
u.  s.  w.  Yaska  nimmt  Rücksicht  auf  das  ältere  Werk  Nighantu,  als  ein 
für  das  Verständniss  der  Hymnen  abgefasstes  Vocabularium  ungebräuchlicher 
Worte  aus  den  Veden.  Ausser  den  Vaidanas,  als  Erklärer  der  Vedas,  nennt 
Yaska  die  liturgischen  Yajnikas  und  die  euhemeristischen  Aitihasikas  (Roth). 
Zu  Pericles'  Zeit  wurden  die  unverständlichen  Worte  Homer's  in  den  yÄcoacjat 
zusammengefasst.  Von  „geben"  lautet  das  neuh.  Mittelwort  „gegeben",  im 
Mittelh.  aber  immer  nur  ,, gäben". 

1)  Nach  Reinhard  hat  die  deutsche  Sprache  schon  seit  den  ältesten 
Zeiten  her  eine  beträchtliche  Anzahl  lateinisch-griechischer  Wörter  sich 
eingebürgert  (feil,  schreiben,  rund,  falsch,  wahr,  Zeichen,  u.  s.  w.),  ohne 
dass  die  Einheit  dadurch  gestört  worden.  „Verzeihet  imers  tresnoble  Mais- 
tresse, dass  ich  euwren  güldenen  und  sonder  pouldre  wol  scheinenden  Haren, 
schnee-weissen  Zähnen,  Corallen-rohten  Leftzen;  prächtig  formirten  Schwanen 
Hälsslein,  helffenbeinern  Händen  und  denen  übrigen  gleich  dem  Alabaster 
hell  glänzenden  Gliedern  des  gantzen  Leibes,  denn  auch  euwren  sehr  netten 
Habit  und  plaisirlichen  Kleidung  jhr  gebührliches  Lovange  nit  attribuire 
oder  nach  meriten  honorire,  meine  Impossibilitet  wird  mich  verhoffentlich 
dissfalls  sehr  wol  excusiren.  Ich  sage  es  gleichwol  summarischer  weise: 
die   gantze   taille   euwres   sehr    proportionirten   Cörpers   concordiret    treflich 


230  Drittes  Kapitel. 

stuhl  accommodiern,  approbiern,  confirmiern,  demonstriern, 
exequiern,  fingiern,  imaginiern,  jubiliern,  lamentiern,  molestiern, 
ordiniern,  praestiern  und  dergleichen  noch  viel  Worte  fallen. 
Aber  was  hierauss  folget,  ist  wol  zu  erachten.  Es  sagte  ein- 
mal einer  auff  dem  Predigtstuhl :  Amnistia  sey  ein  Edelwesen, 
wo  selbige  nicht  sei,  so  könne  kein  Frieden  nach  dem  Kriege 
folgen.  Aber  ein  Bawersmann  verstünde  das  Wort  Amnistia 
weit  anders,  nemblich  am  Mist  (mit  Gunst)  stehen,  sey  ein 
Edelwesen  und  ohne  selbige  könne  nicht  Friede  werden.  Hat 
derwegen  davor  gehalten,  es  solte  Schultheiss  und  Amptmann 
so  wol  als  andern  Bawren  stäts  an  Mist  stehen,  so  möchte  es 
Friede  werden"  (1643).  Lateinische  Worte,  die  das  Deutsche 
wie  ihr  angestammte  ^)  Elemente  bearbeitet,  sind  (nach  Kolbe) 


wol  mit  der  absoluten  Schönheit  des  Spaerischen  Himmels,  nach  welchen 
die  Natur  euch  alleredelste  Jungfraw  hat  faconniren  wollen"  (Ärmatus)  1655. 
Gorod  (Stadt,  russ.)  leitet  Ables  von  (pers.)  gord  (Umzäunung),  wie  town 
(Zaun)  und  tyn-nan  (einschliessen)  oder  (goth.)  baurgs  (Stadt)  und  (altn.) 
byrgi  (Umzäunung)  mit  urbs  und  orbis.  Davon  gordii  (stolz),  wie  urbanus 
(edel).  Hebr.  raam  bedeutet  donnern  und  zum  Zorn  reizen,  wie  (persisch) 
gharm  (Zorn)  und  ghermidan  (lärmen) ,  neben  (russ.)  gremit  und  grom 
(donnern  und  Donner).  Tzar  (als  Hervorragendster)  von  (sanskr.)  (jar  (her- 
vorspriessen),  wie  gora  (Berg)  und  (span.)  sierra  (Ables).  Guess  (holl.  gissen 
oder  errathen)  von  Geist  (s.  Ables),  drug  (Freund,  russ.)  führt  auf  (alth.) 
driu  (goth.  triggws)  oder  treu  (s.  Ables),  (Druiden  oder  Verbündete).  Eimer 
von  einbar  (bar,  tragend  von  heran).  Nachtigall  ist  die  in  der  Nacht  (Nacht- 
in) Gellende  (Singende).  Leumund  (nicht  Lügemund)  kommt  (als  Gerücht) 
von  hluima  oder  Ohr  (s.  Zinnow).  Der  Maulesel  hiess  früher  Mulus  (Maul), 
und  als  man  das  Wort  nicht  mehr  verstand,  wurde  Esel  zugefügt.  Baio; 
(Tiefe)  im  Sanskrit  pat  (fallen)  mit  (russ.)  pod,  Rai  (russ.),  Paradies  von 
(sanskr.)  raj  (glänzen).  Ater  (schwarz)  neben  adis  (griech.) ,  Hölle.  Swet 
(russ.),  Licht  (Glanz)  von  (sanskr.)  svid  (weissen).  Khrabrü  (russ.),  tapfer, 
in  Beziehung  zu  arab.  harb  oder  Krieg  (Ables).  Jazik  (russ.),  Zunge  von 
(arab.)  zaik  (Schniecker).  Meister  ist  (nach  Zinnow)  nicht  von  Magister, 
sondern  von  raeisti  (meist),  als  der  am  meisten  geltende  (praecipuus).  Vor- 
mund von  munt  (Beschützer).  Zermalmen  (der  Malm  oder  Staub)  von  malan 
(mahlen).  Schuld  von  sollen,  Pflicht  von  pflegen  (und  ebenso  Pflug).  Leib 
hatte  (alth.)  die  Bedeutung  Leben  (s.  Zinnow).  Rauch  von  riechen.  Ein 
Hauptwort  kann  (im  Persischen)  im  Dativ  gesetzt  werden,  wenn  man  statt 
der  für  diesen  Casus  charakteristischen  Partikel  die  sonst  den  Accusativ 
bezeichnende  Partikel  anhängt  (s.  Mirza  Mohammed  Ibrahim). 

')  Pferd  von  (mittellat.)  paraveredus  (Tiapa  rheda).  Rog  (russisch):  Hom, 
rdjet:  roth ;  rieka:  Strom  (Fluss),  rigarc;  rjezat:  schneiden  ('reissen);  zwesda: 
Stern;  stena:  Wand,  Mauer  (Stein);  tonkii:  dünn,  tenuis  (tendere);  stremit: 
\fferfen  (strömen);  tajat:  schmelzen  (thauen);  tesnii:  eng  (angustia),  gepresst ; 


Das  Siamesische.  231 

Pinsel,  Flamme,  Schule,  klar,  Salz,  pressen,  Moos,  Meer,  Most, 
Karren,  Saum,  Kest,  roth,  gelb.  Stall,  Garten,  Pforte,  Thräne, 
Kuss,  Eber,  Meile,  Eule,  Preis,  Neu,  Fest,  Koch,  Rose,  Veil- 
chen,  Meister,  Joch,  Kad,  Sau,  Löwe,  Fass,  Kerker,  Lein, 
Glas,  Keller,  Nuss,  Maul,  Uhr  (hora),  Schnur  (nurus),  Strasse, 
Kreuz,  Butter,  Thron,  Krone,  Wind,  rafien,  doppelt,  Aehre, 
Wahn  (vanus),  rauh,  kalt  (gelidus),  Trotz,  Bruder,  recht, 
essen,  Bart,  Halm,  irren,  Nacht,  melken,  stehen,  setzen,  dörren, 
Frucht,  richten,  satt,  Stoj^pel,  lang,  kurz,  wüst,  wärts  (versus), 
unter  (inter),  ich  (ego),  über  (super),  umb  (amb),  vor  (pro), 
Auge,  Ohr,  Nase,  LijDpe,  Knie,  Fuss,  Haupt,  Kopf,  Sohle, 
fliessen,  Flut,  Same,  Wind,  weh,  Sinn,  decken,  Fisch,  Acker, 
Hörn,  Name,  Ton,  eng,  Angst,  Pein  u.  s.  w. 

Die  lappischen  *)  Worte,  die  Christie  in  den  norwegischen 


tikat:  stechen;  trud:  leiden  (drudge) ;  trepetat:  zittern  (trepidare);  dim:  Rauch 
(dim,  engl.);  jama:  Grnbe.  Heften  ist  die  factitive  Form  von  haften  (haften), 
mit  dem  frühern  Comp,  biheftan  (behaftet),  flössen  das  Factitivum  von 
fliessen,  nicken  von  neigen,  schweissen  (bei  Metallarbeitern)  von  schwitzen, 
wecken  von  wachen  (s.  Zinnow).  Stecken  (steccho)  hat  transitive,  Stock 
(stoc)  intransitive  Bedeutung.  Russisch  strjeljat,  schiessen  (strahlen);  vergat, 
werfen;  sverkat,  funkeln  (spark,  Funke);  brjukho,  Bauch  (barriga  im  Span.); 
brisgat,  spritzen;  wopit,  weinen  (wuofan,  ahd.),  weep ;  wjetr  (wejat,  blasen). 
Wind  (Wetter  statt  ventum);  tuschit,  auslöschen  (vertuschen),  von  sanskr. 
tud;  moros,  Frost,  Kälte;  stud,  stuscha,  studit,  Frost  und  gefrieren  machen; 
glas,  Auge  (glast  oder  Glanz,  alth.),  gloss;  godit,  warten  (ergattern),  guetter; 
godnii,  nützlich;  smjech  (sanskr.  smi),  Gelächter  (hlajan,  goth.),  yt\oL(ti; 
grozit,  drohen  (trux,  trotzen),  grollen;  guba,  Lippe;  guljat,  spazieren  (lust- 
wandeln); gorlo,  Gurgel  (Kehle),  gola  (ital.),  jugulum;  gnetat,  unterdrücken, 
plagen;  grjas,  Koth  (begruisen  oder  beschmuzen,  holl.);  wets<;her.  Abend 
(des  Westens),  vesper;  den,  Tag  (down),  dinas  (Tag,  sanskr.);  derskii,  dreist, 
dare;  drobit,  in  Stücke  schlagen  (drob,  schwed.),  drub  (drab,  sanskr.);  dremat, 
schlummern,  dream,  dormire;  drat,  zerreissen;  zima,  Winter;  kholod.  Kälte; 
zub,  Zahn;  koren,  Wurzel  (Kern);  kruchit,  zerbrechen,  crush;  laskat,  schmei- 
cheln (locken);  chtchit,  Schild  (sciitum);  letchit,  heilen  (leech,  engl.);  liutii, 
grausam,  wild  (laid,  fr.);  metch,  Schwert  (Messer);  mir,  Friede  (mihr, 
Freundschaft,  pers.);  miagkii,  weich,  meek;  nebo ,  Himmel  (v£9o;,  Nebel), 
nubis;  bremia,  Last  (abrumar,  beschweren);  niht,  Faden  (Naht),  okno,  Fen- 
ster; passti,  weiden,  pascere;  riba,  Fisch. 

1)  Der  Name  der  Insel  Samsö  ist  lappisch  (nach  Rask),  dann  Hven 
(Hvedn  von  Voudn),  sowie  (in  Norwegen)  Falstr,  Tjön,  Hledra,  Thotn  und 
(in  Schweden)  Trollhättan,  Jerkin,  u.  s.  w.  —  Local  names  very  often  con- 
sist  of  synonymous  elements  (Wick-ham,  Hamp-ton-wick,  Wans-beck-water, 
Dan-ube ,  Nag-poor,  etc.).     The   first   occupants   of  a  country  call  a  stream 


232  Drittes  Kapitel. 

Dialekten  gefunden  hat,    finden   sich   zum  Theil  auch   in  den 
Dialekten  Schönens   (s.  Nilsson).     Wie  zwischen  Gothen  und* 
Svear   findet  man   auch  in   verschiedenen   Theilen  Gotharikes 
Dialektverschiedenheiten,  wie  bei  Cimbrishamm  (in  Schonen), 
in  Smaland  u.  s.  w. 

Von  bi^  (Berg)  leiten  sich  ab: 
bu5on  (buSara)  dron  (son)  pen  liin, 
buvaüron  (buvaliara), 

bubalri^  ein  Grosser  auf  der  Erde  (Erdenfläche), 
bubaöindon    (bubaJüindara) ,    ein  Grosser    und   Erhabener    auf 

der  Erde, 
bulrala,  die  Erdoberfläche, 
bubala  licyn  pen  Ijin  (die  Erde  regierend), 
bu  bet  (besara)  pon  isr  (issara)  nai  pen  öin, 
bubendon  (bubendara),  mächtig  auf  Erden, 
bumindon  (bumindara)  „  „         „ 

bumisuen  (bumisavara)         „  „         „ 

buvanarot  pen  di  bun  nai  pen  iin  (eine  Zuflucht  auf  der  Erde), 
buvana  „     ,,      „      „     „      „        „  „  „      „       „ 

buvanaiy      „     „      „      ,,     „      „        „  „  „      „       „ 

buvanetr       „     „      „      ,,     ,,      „        „  „  „      „       „ 

buvanat  traiy  „  „      „      „     „      „        „  „  „      „       „ 

Das  Renthier  (pätso)  heisst  (bei  den  Lappen)  als  männ- 
lich: arres  pätsoi;  als  weiblich:  ninkeles  pätsoi;  als  Kalb: 
mese;  als  Stier  iiber  zwei  Jahr:  orrek;  als  Stier  iiber  drei 
Jahr:  wuopperes;  als  verschnitten:  herke  (im  Gegensatz  zu 
sarwa);  als  über  vier  Jahr:  kättotes;  als  über  fünf  Jahr: 
koretes  oder  koretus;  als  iiber  sechs  Jahr:  makanes  oder 
makenes;  als  über  sieben  Jahr:  namma  lappeje,-  als  wildes: 
peurek;  als  neugeboren:  kris;  als  hörnerlos:  nolpo;  als  Kuh: 
skippa;  als  nicht  trächtig:  rätno.  Die  Consonanten^)  b,  d,  g, 
q  fehlen  im  Anfang  und  werden  mit  p,  t,  k  vertauscht  (s. 
Possart)  im  Lappischen. 


by  tlieir  generic  word  for  river,  the  next  comers  regard  this  as  a  proper 
name,  and  add  to  it  their  own  generic  term ,  later  immigrants  take  this 
whole  Compound  word  for  the  triie  name  of  the  stream  (Donaldson). 

')  Das  Wendische  neigt  sich  mehr  zum  Polnischen  (als  zum  Böhmischen), 
wenn  es  gleich  den  lechischen  Rhinesmus  nicht  kennt  (s.  Dobrowski). 
Teutnar  ist  Diener  oder  Knecht  (bei  den  Lappen),  änak  der  männliche  Bär. 


Das  Siamesische.  233 

Die  sprachliche  Verwandtschaft  (mit  dem  Griechischen) 
tritt  besonders  in  Süddeutschlands  ^)  Provinzialismen  hervor 
(nach  Mutzl) ,  wie:  heude  (schlaf!)  euSs;  Ranggen  ziehen 
(schnarchen),  foy^o?;  laipn  (iibriglassen),  Xsotsw;  tatzen  (tappen), 
Ta^sv;  strähn  (streuen),  orpäv;  Fackl  (Ferkel),  (pdyikOQ-,  Ern 
(Erde),  e'pa;  Arn  (Schaf),  apvo^;  fern  (voriges)  Jahr  (Tce'pvot); 
achizen  (ächzen),  axa^i^siv ;  tratzen  (necken),  j^pacGstv;  Lacken 
(Lache),  Xaxxo^;  gahrizen  (knarren),  y^py^etv;  bauxen  (bellen), 
ßaij^at;  Tallar  (Teller),  TaXapo?;  plumpern,  ßojxßsiv;  s'vxev 
(driiben),  sv'ä~&v;  aitza  (jetza,  dann),  eiTa. 

Die  höhere  Lage,  die  dünnere  Luft,  kurz  irgendein  Ein- 
fluss,  der  keinen  der  niederländischen  und  überseeischen  alten 
und  neuern  Dialekte  berührte,  trieb  den  hochländischen,  alle 
mitgebrachten  mediae  zu  tenues  zu  steigern,  allen  mitgebrach- 
ten tenues  aber  gleichsam  als  etwas  Hörbares  einen  Aushauch*) 


Die  Schweden  heissen  Kainolats  (Kainahaljo)  bei  den  Lappen  (als  Kwänen), 
vom  finnischen  Keunho,  ein  Heisinger  oder  Schwede  (s.  Possart).  Fino  heisst 
Hügel  im  Lappischen  (sodass  die  Finnen  oder  Scritfenni  den  Hillevionen 
der  Felsen  entsprechen).  Die  Russen  heissen  Karjel  bei  den  Lappen  (als 
Karelen).  Aija  (der  Grossvater)  ist  Donner  (bei  den  Lappen),  Jupmel  (Ibmel) 
ist  Gott  (Jumala),  kaiwe  ist  dumm  (im  Gegensatz  zum  weisen  Kawi),  Mano  ist 
der  Mond,  Pane  der  Zahn.  Plaw  ist  blau  (aus  dem  Schwedischen).  Die 
Lappen  nennen  sich  selbst  Same  (Samelats),  als  Sapme  (lappisches  Volk). 
Suomakiäl  ist  die  finnische  Sprache  (bei  den  Lappen).  Die  Volkslieder  oder 
Dainos  der  Litauer  werden  gesungen  (s.  Nesselmann). 

')  Bei  den  Serben  der  Niederlausitz  heisst  der  Deutsche  (Nemec  oder 
barbarus)  Bawarski.  Unter  König  Ethelred  (1006),  the  language  in  England 
was  the  same  as  in  Denmark  and  Norway,  but  when  William  the  Bastard 
took  possession  of  the  country,  the  language  underwent  a  change,  and  from 
that  time  the  Roman  (valska)  was  introduced  (Saga  of  Gunnlaug  of  Orm- 
stunga  and  Rafn  the  bard).  —  Nach  Olaf  Hvitaskald  (13.  Jahrb.)  war  die 
Sprache  der  Engländer  und  Isländer  (trotz  ihrer  Verschiedenheiten)  dieselbe 
(Earl  of  Ellesmere).  Meinvaettir  sind  falsche  Wichte  oder  unheimliche 
Geister  (von  mein,  Beschädigung  oder  Trug)  im  Nordischen.  Die  Boden- 
bildung des  jüngsten  Zeitabschnittes  (im  nordeuropäischen  Flachland)  besteht 
nicht  mehr  aus  ausgedehnten  Schichten,  sondern  nur  in  Strandanschwemmungen 
(s.  Bennigsen-Förde).  Nach  dem  Muster  der  lateinischen  und  deutschen 
Sprache  neue  Wörter  aus  böhmischen  Wurzeln  bildend,  entstanden  bytnost, 
essentia,  dworny  curiosus  (an  curia,  dwür,  denkend),  bezbozny,  gottlos  u.  s.  w. 
(s.  Dobrowsky).  L  zwischen  zwei  Consonanten  kann  mitunter  (im  Böh- 
mischen) den  Vocal  entbehren  (wlk). 

^)  Bei  den  Esten  wird  das  h  vornweg  gehört  (nach  Göseken).  Die 
finnischen  Dialekte  zerfallen  in  die  zwei  Hauptstämme  der  Karelier  und  der 


234  Drittes  Kapitel. 

nachzusenden,  der  an  der  gutturalis  blieb,  was  er  war,  nämlich 
h,  an  der  labialis  sich  zu  f,  an  der  dentalis  zu  s  gestaltete, 
und  am  Stammsilbenschluss  allmählich  ganz  allein  die  Stelle 
der  ursprünglichen  Tenuis  vertrat  (s.  Schmeller). 

Zu  den  aus  der  deutschen  Sprache  in  die  böhmische  ge- 
rathenen  Ausdrücken  gehören :  musiti  (müssen),  trefiti  (treffen), 
dychtiti  (trachten  und  dichten),  winsowati  (wünschen),  malowati 
(malen),  barwa  (Farbe),  litkup  (Leitkauf  oder  Leihkauf),  ksaft 
(Geschäft),  ors  (Pferd  oder  hros),  fales  (valsch  oder  Falsch- 
heit) u.  s.  w.  (s.  Schmeller).  Man  muss  bei  solchen  Wörtern 
und  Namen,  die  eine  fremde  Sprache  aufnimmt  oder  die  in 
ihr  aufbewahrt  sind,  sowol  darauf  Rücksicht  nehmen,  inwiefern 
sie  den  ausländischen  Klang  durch  ihr  Bezeichnungssystem 
wiederzugeben  vermochte,  als  auch,  ob  sie  denselben  nach 
einheimischen  Wörtern  und  Formen  umgemodelt  hat  (s.  Pott). 

Die  deutsch*)  sprechenden  Wenden  (bei  Lüneburg)  ver- 
meiden jede  Aspiration  ('err  statt  Herr,  erzlich  statt  herzlich). 
Die  Bolmaerke  oder  Bomaerke   (Hausmarke  oder  Hofmarke) 


Tavaster  oder  Hämälaiset.  —  La  quantite,  indiquee  par  un  accent  aigu  dans 
l'orthographie  irlandaise  oii  par  un  accent  grave  en  erse,  determine  fre- 
quemment  le  sens  des  mots  (Pictet).  Les  tribus  herberes  de  l'empire  de 
Maroc  portent  le  nom  de  Cheleuh.  Le  langage  des  tribus,  qui  habitent  la 
chaine  des  montagnes  situee  au  midi  de  Constantine,  est  appele  Chaouia. 
Un  dialecte  particulier  est  parle  par  les  Mozabites,  etablis  au  midi  d'Alger. 
La  plupart  des  tribus  herberes  de  l'Algerie,  de  la  regence  de  Tunis  et  de 
l'empire  de  Mara  sont  comprises  sous  la  denomination  generale  de  Cabyle 
(Reinaud).  Les  tribus  herberes  etablies  au  midi  de  l'Algerie  et  de  la  partie 
de  l'empire  de  Maroc,  qui  est  situee  au  sud-est,  sont  connues  sous  le  nom 
de  Touarig.  Le  haoussa  se  parle  dans  une  grande  partie  du  pays  des 
negres,  depuis  Timbouktou  jusqu'a  Bornou,  il  est  devenu  la  langue  commer- 
ciale  de  toutes  les  contrees  voisines  (s.  Geslin).  —  Magister  H.  Stahl  aus 
Reval  schrieb  (1637)  die  erste  Anleitung  zur  Erlernung  der  estnischen  Sprache. 
^)  Das  Niederschottische  ist  (nach  Jamieson)  mehr  dem  Normannischen 
verwandt  als  dem  Anglosäehsischen.  Die  Dänen  gründeten  (als  Ostmänner) 
Reiche  in  Irland  (im  9.  Jahrh.  p.  J.).  Die  heidnischen  Anrufungen  der  Sonne 
und  Wodan's,  die  980  p.  J.  in  den  Ruinen  zu  Verlamacester  oder  Varlingacestr 
(Verolamium)  entdeckt  wurden,  wurden  auf  Befehl  des  Abtes  verbrannt. 
Sigebant  von  Eierlant  (Jierlant)  als  Grossmutter  der  Hilde.  Die  Ver- 
schiedenheiten des  estnischen  Dialektes  heissen  Kirchenspielismen  (s.  Kruse). 
Die  deutschen  Prediger  beten:  „Vater  unser,  der  du  bist  im  Zaunpfahl" 
(teiwas  statt  taiwas,  im  Himmel).  Die  Genesis  beginnt:  Im  Anfang  baute 
Gott  durch  gedungene  Handwerksleute  Himmel  und  Erde. 


Das  Siamesische.  235 

finden  sich  als  Zeichen  des  Bol  (praedium,  villa)  in  den 
schwedischen  Gesetzen,  13.  Jahrhundert  (s.  Homeyer),  als 
merchant  marks  in  England. 

Von  den  slawischen  Dialekten  stammt  der  der  Karantaner- 
Slawen  direct  von  dem  durch  Methodius  gebrauchten.  Trotz 
ihrer  Volkspoesie  haben  die  Serben  um  die  Rechte  der  Mutter- 
sprache zu  streiten,  nicht  sowol  gegen  die  alte  Kirchensprache 
als  gegen  einen  Makaronismus,  der  entsteht,  wenn  Leute,  die 
die  Kirchensprache  aus  schlechten  Grammatiken  ^)  oder  sonst 
schlecht  gelernt  haben.  Altes  und  Neues  durcheinandermengen, 
um  sich  doch  von  Unstudirten  zu  unterscheiden,  und  so  jeder 
seinen  individuellen  Makaronismus  für  Schriftserbisch  verkauft 
(s.  Kopitar),  1822.  In  der  1667  beendeten  Verbesserung  der 
Kirchenbücher  (und  1751  der  Bibel)  wurde  ängstlicher  wörtlich 
nach  dem  Griechischen  übersetzt,  und  die  Sprache  abermals 
nach  der  besonders  in  der  Flexion  mehr  russificirenden  Gram- 
matik von  1648  geändert  (in  Russland).  Wostokow  unter- 
scheidet drei  Arten  Kirchenslawisch.  Nach  Dobrowski  ist  die 
russische  Kirchensprache  das  reine  unverdorbene  Serbische. 
Methodius  predigte  in  Mähren  und  Pannonien. 

Der  Accent  ist  im  Russischen  durchaus  an  keine  Stelle 
des  Worts  gebunden,  und  er  leidet  nicht  einmal  durch  den 
Einfluss  der  Quantität,  denn  diese  ist  im  Russischen  (wie  auch 
in  andern  slawischen  Sprachen)  entweder  überhaupt  nicht 
differentiirt  worden,  oder  das  Gefühl  dafür  ist  verloren  ge- 
gangen,   so   vollständig,  dass   es  absolut  gar  keine  Dehnung 


^)  Nach  Du  Menil  au  treizieme  siecle  la  langue  fran^aise  n'avait  point 
de  grammaire.  —  Der  Gesetzcodex,  in  dem  die  Ausdrücke  des  gemeinen 
Lebens  meistens  beibehalten  wurden,  hielt  sich  doch  in  Hinsicht  der  Con- 
struction  fast  nur  an  die  slawonische  Syntax  (nach  Frisch).  Unter  Peter  M. 
muss  sich  die  russische  Sprache  zugleich  mit  dem  allgemeinen  Leben  der 
Nation,  und  unterstützt  durch  die  vielen  Edicte  und  Bekanntmachungen  unter 
Peter's  Regierung,  die  alle  der  gewöhnlichen  verständlichen  Sprache  ganz 
nahe  traten,  gewaltig  hervorgearbeitet  haben  (s.  Vater).  Die  Gattung  der 
französischen  Novellen  sammt  der  in  Russland  vorherrschenden  französischen 
Bildung  hatte  auch  geistreiche  und  sehr  gelesene  Schriftsteller  zu  fran- 
zösischen Wortstellungen  geführt  (s.  Vater).  Aus  der  grossen  Zahl  der 
Casusformen  (im  Finnischen  und  Ungarischen)  hat  man  die  Suffixe,  welche 
den  deutschen  oder  den  lateinischen  Casus  entsprechen,  ausgesucht,  die 
übrigen  aber  getrennt  und  Affixe  oder  Postpositionen  genannt.  Entweder 
sind  sie  aber  alle  Casus-Suffixe  oder  alle  Affixe  (s.  Kellgren). 


236  Drittes  Kapitel. 

gibt,  sondern  alle  Silben  durchaus  die  gleiche  Quantität  haben 
(s.  Kayssler).  In  den  Ursprachen  ist  es  nicht  der  Accent, 
sondern  die  Quantität,  welche  herrscht  (nach  Benloew).  Die 
Fälle,  in  denen  das  Russische  den  Accent  zur  Unterscheidung 
verschiedener  Bedeutungen  eines  Wortes  verwendet,  sind  (nach 
Miclosich)  nicht  organisch,  indem  man  auf  dem  Wege  der 
Reflexion  den  Unterschied  festgestellt  hat.  Kirchmayer  lässt 
das  Slowenische  mit  andern  Sprachen  Europas  aus  der  Ur- 
sprache einer  celtoscythischen  Matrix  entstehen!  Der  (Man- 
darin-Dialekt) Kwan-ha  genannte  Dialekt  ist  (in  seinen  wesent- 
lichsten Formen)  die  gemeine  Volkssprache  unter  den  Be- 
wohnern der  nördlich  vom  Yaugtsekiang  gelegenen  Provinzen, 
ferner  in  Sichwen,  Yunnan,  Kweicheu  und  einigen  Theilen  von 
Hunan  und  Kwangsi  (s.  Edkins)  in  verschiedene  Dialekte 
vertheilt  (mit  dem  Pekinger-Dialekt  als  Muster). 

Wie  in  den  Wasserfällen  des  Dniepr  und  in  den  Namen 
der  Führer  oder  Krieger  unter  den  Warägern  finden  sich  ger- 
manische Namen  (nach  Krug)  in  Igor's  Vertrage.  Nach 
Schlözer  würde  sich  in  einem  halben  Jahrhundert  (ohne  ge- 
waltsame Veränderungen)  keine  Sprache  so  ändern,  wie  das 
Altslawonische  von  dem  Neurussischen  verschieden  sei,  doch 
bemerkt  Dobrowsky,  dass  Otfrid  (870)  den  Deutschen  viel 
weniger  verständlich  sei  als  das  Altslawonische  (863)  den 
Russen.  Der  Einfluss,  den  griechische  Sprachkenntniss  auf 
die  Anordnung  der  altslawonischen  Grammatik  gehabt  hat, 
erklärt  sich  ebenso  aus  dem  fortdauernden  Zusammenhang  mit 
der  griechischen  Kirche,  als  das  Dasein  mancher  griechisch- 
artigen Formen  der  Cyrillischen  Uebersetzung  daher  kommt, 
dass  ihre  Urheber  Griechen  waren  (Vater).  Seine  sechs  Si- 
bilanten unterscheidet  ^er  Slawe  genau,  und  liebt  sie  so  sehr, 
dass  er  nicht  nur  die  Gurgellaute,  k  (h),  ch  und  g,  sondern 
auch  d  und  t  nach  Regeln  des  Wohlklangs  in  analoge  Sibi- 
lanten verwandelt  (Dobrowsky).  L'ancien  aiphabet  gallois 
(appele  Coelbren  y  Beirz)  exprime  toutes  les  nuances  phoniques 
du  gallois. 

Die  flüssige  Sprechweise  des  Turanischen  ^)  ist  die  dem 


')  Turanian  speech  (allophylian)  is  rather  a  stage  than  a  form  of 
language,  it  seems  to  be  the  earliest  moiild  into  which  human  discourse 
iiaturally    and  as  it  vvere  spontaneously  tiirows  itself,  being  simpler,   rüder, 


Das  Siamesische.  237 

unsteten  Leben  der  Nomaden  angemessene  und  erhält  sich  auf 
niedern  Culturzuständen  des  sesshaften   Lebens,    Gleichartig- 


coarser  and  far  less  elaborate,  than  the  later  developments  of  Semitism  and 
Arianism  (Rawlinson).  The  principle  of  agghitination  seems  almost  a 
necessary  featnre  of  any  language  in  a  constant  State  of  flux  and  change, 
absolutely  devoid  of  literature,  and  maintaining  itself  in  existence  by  means 
of  the  scanty  conversation  of  nomades.  —  Die  triliteralen  Wurzeln  des  Se- 
mitischen zeigen  oft,  mit  Entfernung  des  zugefügten  Vor-  oder  Nachcon- 
sonants,  die  zweibuchstabigen  Wurzeln  des  Indoeuropäischen  zu  Grunde 
liegend.  —  The  original  period  of  Turanian  preponderance  (when  Turanian 
and  Scythic  races  were  every  where  predominant,  and  neither  Arian  nor 
Semitic  civilisation  had  as  yet  developed  themselves),  is  designated  by  the 
term  SxviSiajjLO?  (v.  Epiphanius  and  Joh.  Malala).  In  certain  favoured 
positions,  the  primitive  or  Turanian  character  of  speech  exhibited  a  power 
of  development,  becoming  first  Hamitic,  and  then,  by  a  fresh  effort,  throw- 
ing  out  Semitism.  —  Das  Hamitische  verbreitete  sich  von  Aegypten  über 
Aethiopien,  Südarabien,  Babylonien,  Susiana,  Philistia,  Sidon,  Hittiter.  ■ — 
In  the  Babylonian  records  there  are  said  to  be  evidences  of  tbe  gradual 
development  of  Semitism  from  the  Hamitic  type  of  speech,  which  throw 
some  light  upon  the  previous  transition.  This  change  (20th  Century  a.  J.)  was 
accompanied  by  a  series  of  migratory  movements,  which  carried  the  newly 
formed  linguistic  type  to  the  upper  Tigris  and  middle  Euphrates,  to  Syria, 
Palestine,  Arabia  and  the  borders  of  Egypt.  —  Ashur  zog  von  Babylonien 
nach  Assyrien,  die  Aramäer  den  Euphrat  aufwärts,  die  Phönizier  zum  Mittel- 
meer, Abraham  von  Ur  über  Harran  nach  Palästina,  die  Joctaniden  nach 
Arabien  (dann  weiter  nach  Cypern,  Cilicien,  Lycien,  Karthago,  Sicilien, 
Spanien,  Westafrika).  —  The  place,  where  the  development  of  the  Indo- 
Europjean  types  arose,  was  Armenia,  whence  the  several  lines  of  Indo- 
Europsean  migration  appear  to  have  issued.  In  regard  to  the  Babylonian 
language  of  the  primitive  Babylonians,  although  in  its  grammatical  structure 
it  resembles  dialects  of  the  Turanian  family,  the  vocabiilary  is  undoubtedly 
Cushite  or  Ethiopian,  belonging  to  that  stock  of  tongues  which  in  the  sequel 
were  everywhere  more  or  less  mixed  up  with  the  Semitic  languages,  but  of 
which  we  have  probably  the  purest  modern  specimens  in  the  Mahra  of 
Southern  Arabia  and  the  Galla  of  Abyssinia.  One  of  the  most  remarkable 
results,  arising  from  an  analysis  of  the  Hamite  Cuneiform  aiphabet,  is  the 
evidence  of  an  Arian  dement  in  the  vocabulary  of  the  very  earliest  period, 
thus  showing  either  that  in  that  remote  age  there  must  have  been  an  Arian 
race  dwelling  on  the  Euphrates  among  the  Hamite  tribes,  or  that  (more 
probably)  the  distinction  between  Arian,  Semitic  and  Turanian  tongues  had 
not  been  developed  when  picture  writing  was  first  used  in  Chaldsea,  but 
that  the  words  then  in  use  passed  indifferently  at  a  subsequent  period,  and 
under  certain  modifications,  into  the  three  great  families  among  which  the 
language  of  the  world  were  divided.  It  is  at  any  rate  certain  that  the 
Cuneiform  characters  have  usually  one  Arian  power,  that  is,  one  power 
answering   to    the  Arian   name    of  the  object  represented.     Compare  pur,  a 


238  Drittes  Kapitel.  ' 

keiten  mit  jener  genugsam  bietend,  um  die  Aufstellung  von 
Familien  zu  ermöglichen,  deren  gemeinsames  Band  mehr  aus 
negativen  als  aus  positiven  Eigenschaften  gewoben  ist.  Wenn 
dagegen  die  Geistesentwickelung  eines  Culturvolkes  seine  ge- 
setzlichen Gestaltungen  entfaltet,  dann  wird  auch  die  Sprache 
in  festen  und  bestimmten  Formen  abgedrückt,  wie  sie  sich  in 
der  grammatischen  Schärfe  des  Arischen  und  Semitischen 
zeigen,  und  auch  wieder  den  ethnischen  Charakter  zusammen- 
halten, der  damit  in  nothwendiger  Correlation  steht. 

Die  Bildung  des  Futurums  aller  Verba  nach  deutscher 
Art  (mit  werde)  ging  im  Slowenischen  von  Krain  aus,  wo  die 
erste  Bibelübersetzung  nach  Luther's  Bibel  durch  Trüber 
stattfand,  der  sich  gegen  den  Geist  der  slowenischen  Sprache 
überhaupt  so  sehr  versündigte,  dass  er  ihr  sogar  den  Artikel 
aufdringen  wollte.  Der  jetzige  Gebrauch  des  Artikels  scheint 
eine  Folge  von  Truber's  Neuerungen,  von  denen  die  Gebil- 
deten viel  mehr  angezogen  haben  als  das  Volk,  welches  in 
früherer  Zeit  den  Artikel  ganz  nach  deutscher  Weise  nur 
dann  gebrauchte,  wenn  es  z.  B.  einen  germanisirenden  Prediger 
aus  der  alten  oder  eigentlich  aus  gar  keiner  Schule  gleichsam 
in  einem  höhern  Stil  sprechend,  nachahmen  oder  persifliren 
wollte  (s.  Navratil).  Die  Bibelübersetzer  Frenzel  und  Fabricius 
wollten  den  lausitzischen  Wenden  den  Artikel  aufdrängen. 
Eine  der  lateinischen  ganz  entsprechende  Constr.  acc.  cum 
inf.  gibt  es  in  der  slawischen  Volkssprache  nicht.  In  der 
czechischen  Schriftsprache  kommen  solche  Nachahmungen  des 


son,  vir  and  nir,  a  man,  xat'  ^^oy^ir^v  (the  primitive  root  being  is  or  ir,  and 
the  V  and  n  being  Hamitic  preformations ,  which  were  adopted  both  by 
Semite  and  Arian  nations  as  radicals  as  in  Latin  vir,  vis,  Sanscr.  nri,  Assyr, 
nis,  etc.),  also  mal,  a  house,  ras,  a  road,  etc.  (Rawlinson).  There  was  not 
perhaps  in  the  very  earliest  ages  that  essential  linguistic  difference  between 
Hamitic  and  Semitie  nations,  which  would  enable  an  inquirer  at  the  present 
day,  from  a  mere  examination  of  their  monumental  records,  to  determine 
positively  to  which  family  certain  races  respectively  belong.  Although  for 
instance,  the  Hamite  language  of  Babylon,  in  the  use  of  postpositions  and 
particles  and  pronominal  suftixes,  approaches  to  the  character  of  a  Scythic 
or  Turanian  rather,  than  a  Semitie  tongue,  yet  a  large  portion  of  its 
vocabulary  is  absolutely  identical  with  that  which  was  afterwards  continued 
in  Assyrian,  Hebrew,  Arabic  and  the  cognate  dialects,  and  the  verbal 
formations,  moreover,  in  Hamite  Babylouian  and  in  Semitie  Assyrian  exhibit 
in  many  respects  the  dosest  resemblance. 


Das  Siamesische.  239 

Lateinischen  vor  und  werden  sogar  für  schön  gehalten,  allein 
das  Volk  weiss  nichts  davon  (Navratil).  Im  Polnischen  finden 
sich  Germanismen  und  Gallismen.  Das  vermeintliche  part. 
fut.  pass.  „zu  liebend",  ein  „zu  schreibender"^)  Brief  erklärt 
Mager  fiir  eine  barbarische,  dem  lat.  amandus  nachgebildete 
Form. 

Besonders  bei  Gebildetem,  die  der  deutschen  Sprache 
meistentheils  mächtiger  sind  als  der  Muttersprache,  werden 
die  freq. ,  besonders  -väva-  von  Tage  zu  Tage  mehr  ge- 
mieden. Ein  czechischer  Gewerbsmann  bemerkte  gesprächs- 
weise, „nosivati"  imd  „nosivavati"  sei  landmässig  und  zeit- 
raubend, „nesti"  und  „nositi"  sei  schöner  und  kürzer  (s. 
Navratil).  Von  den  Gebildetem  von  den  Stadtleuten,  deren 
Sitten  und  Gebräuche,  insbesondere  aber  die  Sprache  der 
schlichte  Landmann  gern,  oft  auch  nur  aus  Höflichkeit  nach- 
ahmt, übergeht  der  unslawische  Gebrauch  nach  und  nach  auf 
das  Volk.  Gleichwie  der  Slawe  für  den  Begriff  „vollenden" 
ein  V.  impf,  und  pf.  besitzt,  ebenso  hat  er  auch  für  den  Be- 
griff „anfangen"  ein  v.  impf,  und  pf.,  obwol  sich  „in  sloweni- 
schen Städten  und  der  Umgegend  der  deutsche  Einfluss  zum 
Theil  schon  geltend  gemacht  hat".  Nach  Schleicher  machte 
die  altdeutsche  (gothische)  Sprache  wie  die  slawische  einen 
Unterschied  zwischen  v.  pf.  und  v.  impf. 

Solange  das  geistige  Beobachtungsgebiet  ein  beschränktes 
bleibt,  versucht  der  Verstand,  dem  anderes  Material  gebricht, 
seinen  Scharfsinn  zunächst  an  dem  sprachlichen  Ausdruck;  und 
wenn  es  zunächst  das  Denken  übt  und  logische  Befriedigung 
gewährt,  jede  feine  Nuancirung  der  Conception  auch  durch  eine 
entsprechende  Wendung  der  Sprache  auszudrücken,  so  werden 
diese  leicht  in  raisonnirende  Spitzfindigkeiten  auslaufenden  Zer- 
theilungen  später  abgeworfen,  wenn  wichtigere  Gegenstände 
sich  der  Untersuchung  aufdrängen,  und  man,  der  Müsse  ent- 


1)  Dessa  runor  (auf  dem  Bronzeschilde  des  Nydam-Moors)  tillhÖra  den 
„fornnordiska  runraden"  och  säledes  det  äldsta  käuda  slag  af  runor  (s. 
Montelius).  Von  den  römischen  Münzen  datirt  die  jüngste  217  p.  J.  Auf 
dem  bronzenen  Palstab  (aus  Gotland)  sollen  Doppelrunen  eingeätzt  sein  (s. 
Nilsson).  —  Härvid  bor  jag  päminna  om  de  bäda  stenyxor  med  inristade 
runor  som  omtalas  af  Stephens.  —  Nach  Montelius  entbehrt  die  Bronzezeit 
der  Schrift,  die  (mit  der  Kenntniss  von  Glas)  in  der  Eisenzeit  auftritt. 


240  Drittes  Kapitel. 

behrend,  sich  in  rhetorischen  Wendungen  zu  ergehen,  die 
Sprache  nur  als  Mittel  benutzt,  wichtigere  Zwecke  zu  erreichen. 

Die  finnische  Sprache  wurde  dahin  geleitet,  jede  kleinste 
Modification  der  Art  und  der  Beziehung  der  Handlung  durch 
Hinzufügung  von  immer  neuen  Suffixen  zu  unterscheiden  (s. 
Kellgren).  Für  den  Fremden,  der  mit  seinem  Gefiihle  den 
Evolutionen  der  Sprache  nicht  folgen  kann,  sind  diese  so  ge- 
bildeten Verbalformen  nur  ein  störender  Luxus  der  Grammatik. 
Im  Volke  selbst  lebt  aber  die  Phantasie  der  Sprache  und  ein 
reges,  frisches  Bewusstsein  aller  Urbestandtheile  der  so  er- 
weiterten Wörter  noch  fort,  welches  dem  Ausdrucke  des 
schlichten  Bauers  eine  Anschaulichkeit  und  eine  poetische 
Färbung  gibt,  die  man  fühlt,  wenn  man  sie  auch  nicht  ver- 
stände. 

Nach  der  Lautverschiebung  (Grimm's)  entsprechen  etymo- 
logisch den  griechisch-sanskritischen  Mediis  gothische  Tenues, 
den  griechisch-sanskritischen  Tenues  gothische  Aspiraten,  den 
griechisch-sanskritischen  Aspiraten  gothische  Mediae,  und  der- 
selbe Lautwechsel  ^)  hat  sich  dann  im  Verhältniss  des  Gothischen 
zum  Althochdeutschen  noch  einmal  wiederholt  (oder  mehr- 
fach). Die  weichern  Verschlusslaute  des  Hebräischen  (b,  d,  g) 
sind  im  Griechischen,  Lateinischen  und  Sanskrit  in  die  ent- 
sprechenden harten  (p,  t,  k)  übergegangen.     Das  Hebräische 


^)  L'etymologie  reste  un  jeu  arbitraire  tant  que  Ton  n'a  point  determine 
experimentalement  les  lois  d'apres  lesquelles  les  sons  se  permutent  en  pas- 
sant  d'une  langue  a  l'autre ,  et  c'est  la  connaissance  de  ces  lois  qui  donne 
a  la  Philologie  comparee  dans  le  sein  de  la  famille  indo-europeenne  un  si 
haut  degre  de  certitude  (Renan).  —  Die  (slawischen)  Familiennamen  gehören 
(in  der  Oberlausitz)  vorwiegend  der  serbischen  Mundart  an  (s.  Broniz).  — 
Les  quatrains  omoioteleutes  (chez  les  Trouveres)  finden  sich  besonders  im 
Altspanischen  (s.  Raynouard).  Ausser  den  Reimkünsten,  soweit  sie  durch 
Stellung  der  Reime  hervorgebracht  werden,  bietet  der  Reim  selbst  (in  der 
proven^alischen  Reimkun&t)  noch  eine  Reihe  von  Variationen  in  Bezug  auf 
das  Verhältniss  der  reimenden  Silben  untereinander  (s.  Bartsch).  —  Souvent 
un  mot  herbere  est  remplace  par  un  mot  arabe,  quelquefois  le  mot  herbere 
re^oit  seulement  une  modification  de  maniere  a  se  rapprocher  de  la  langue 
des  vainqueurs  (Reinaud).  —  Der  Böhme  lässt  sein  einzelnes  Wort  nicht 
gern  mit  einem  nackten  Vocal  anfangen.  Nach  Tetsch  hat  man  es  nicht  für 
dienlich  gehalten,  die  Letten  zur  deutschen  Sprache  zu  gewöhnen,  aber  junge 
Letten  und  Lettinnen  lernen  dennoch  (als  Bediente)  die  fremde  Sprache  sehr 
rasch  durch  blosses  Anhören  (Brumer). 


Das  Siamesische.  241 

stellt  mithin  in  Bezug  auf  diese  Laute  ganz  in  demselben  V^er- 
hältniss^)  zum  Griechischen,  Lateinischen  und  Sanskrit,  in 
welchem  diese  Sprachen  wiederum  zum  Gothischen,  Altsäch- 
sischen, Angelsächsischen  und  Altnordischen  stehen  (R.  von 
Raumer). 

Die  Lappen^)  werden  von  den  Tater  (in  Norwegen)  Lallaro 


')  Wenn  sich  das  als  Vocal  fungirende  1  in  einigen  slawischen  Dialekten 
zu  einem  wirklichen  vollen  Vocal,  nämlich  zu  u,  umwandelt,  sodass  im 
Illyrischen  z.  B.  slza  zu  suza,  ein  zu  cun,  wlk  zu  wuk  wird,  so  kann  ein 
Münchner  in  dem  Deutschen  seiner  nächsten  Umgebung  eine  ganz  ähnliche 
Metamorphose  wahrnehmen  (s.  Schmeller).  An  muni  (man,  denken)  im 
Sanskrit  (mauna,  schweigen)  schliesst  sich  (im  Irländischen)  man  (belehren) 
mit  maou  (stumm)  als  morw  oder  Einsiedler  ((jlovoi;)  und  monachi  (s.  Pictet). 
Aesfhear  (aisvara)  entspricht  (Irland.)  Isvara  (Sanskrit).  Die  ersten  Gram- 
matiken des  Hebräischen  wurden  (nach  Munk)  unter  dem  Einfluss  der 
arabischen  Schule  abgefasst  (10.  Jahrb.).  Der  Gebrauch  des  Hebräischen 
hatte  seit  der  Annahme  des  Chaldäischen  (6.  Jahrh.  a.  J.)  aufgehört  (nur 
von  den  Sophrim  oder  Gelehrten  bewahrt).  —  L'arameen,  tel  tjuMl  exista 
chez  les  Juifs  avant  et  apres  l'exil  de  Babylone,  s'est  forme  du  syriaque  et 
des  dialectes  en  usage  dans  le  nord  de  la  Palestine.  —  Nach  Brosses  ent- 
wickelten sich  alle  Sprachen  aus  der  Einsilbigkeit.  Die  Edda  unterscheidet 
zwischen  Götter-  und  Menschensprachen  (wie  Homer).  In  Wustrow  wurde 
1751  zuletzt  Gottesdienst  in  slawischer  Sprache  gehalten.  —  The  people  of 
the  villages  (of  the  Pueblos  in  Mexico)  do  not  all  speak  the  same  tongue, 
and  Ihey  resort  to  the  Spanish  language  as  a  common  medium  of  communi- 
cation  (s.  Bell).  —  Kaiser  Nicephorus  schickte  den  Kalocyres  zu  den  Tauro- 
scythen,  welche  die  gemeine  Sprache  {t^  xowt]  StaXexTO?)  Ros  ('Pu?)  zu 
nennen  pflegten  (Leo  Diak.).  Die  Moi'genländer  betrachten  die  Rus  als 
Brüder  und  Stammgenossen  der  Türken  und  Chazaren  (s.  Vater). 

'^)  Nach  Hekatäus  war  die  Sprache  der  Hyperboräer  der  griechischen 
ähnlich,  auf  der  Keltika  gegenüberliegenden  Insel  (s.  Diodor).  —  In  omnibus 
civitatibus  fere  regni  et  coram  rege  communior  est  usus  linguae  theutonicae 
quam  bohemicae  (1330  p.  3.).  Pauci  sunt  inter  Bohemos  saltem  nobiles, 
qui  non  utramque  noverint  linguam  (Aeneas  Sylvius),  deutsch  und  böhmisch. 
Armoricanos  vocamus  in  nostra  lingua  Letewicion,  semitacentes,  quoniam 
confuse  loquuntur  (Nennius).  —  In  Leipzig  hörte  man  (1327)  auf,  syrbisch  zu 
sprechen.  Konst.  Porph.  unterschied  die  peloponnesischen  Slawen  als  2xXaßot 
von  den  asiatischen  (SxXaßiriatavoO-  Als  Ottokar  über  Bela  siegte,  sangen 
die  Böhmen  das  Krlesn-Lied  (Adalbert's)  und  machten  die  Pferde  der  Ungarn 
scheu  valido  in  coelum  clamore  excitato.  Buchsgutgut  gutgut  rief  der  Dämon 
dem  Mönch  Richalm  zu  (1270),  der  verhinderte,  dass  ein  College  die  Bet- 
stunden schwänzte.  Strecha,  Dach  (illyrisch  und  kranisch),  stru  und  prosti 
reyn  (ausbreiten):  strecken;  pomiluy  (im  Lied  des  heiligen  Adalbert),  erbar- 
men, milde  sein,  später  smiluy  se:  smile;  spasyz,  salva:  sparen  (spare  us); 
wilk:  Wolf;  day:  da;  svinar:  swinak. 

Bastian,  Studien.  16 


242  Drittes  Kapitel. 

(Stammelnder  oder  unverständlich  redend)  genannt.  Die  kiinst- 
lich  gebildeten,  unkenntlichen  Ausdrücke  werden  (in  der 
Tater-Sprache)  durch  regelmässige  Verdrehungen  von  Wörtern 
der  allgemeinen  Landessprache,  Versetzungen  einzelner  Buch- 
staben oder  ganzer  Silben  geschaflfen,  eine  Manier,  die  besonders 
beo-üustigt  wird,  wenn  die  dadurch  entstehenden  Wörter  durch 
ihre  Aehnlichkeit  mit  einem  andern,  von  vielleicht  entgegen- 
o-esetzter  Bedeutung,  Anlass  zu  erheiternden  Wortspielen  und 
Verwechselungen  geben  konnten.  Die  reichste  sprachliche  Quelle 
blieb  aber  die  einfache  Versetzung  der  Bedeutung  des  einzelnen 
Wortes,  das  sie  bildlich  gebrauchten  (s.  Etzel). 

Das  Rodi  (praeve  liquant  oder  die  schöne  Sprache)  der 
Sköier  ist  eng  verwandt  mit  dem  Idiom  der  (Jütland  durch- 
streifenden) Landstreichei-bande  der  Kjeltringer,  mit  dem  Roth- 
welsch der  Deutschen,  dem  chochemer  loschen  der  jüdischen 
Gauner,  dem  englischen  thieve's  Latin,  dem  holländischen 
Kraamerslatyn ,  dem  böhmischen  Hantyrka,  dem  spanischen 
Germania,  dem  italienischen  Gergo  und  dem  französischen 
Aro-ot,  wogegen  es  von  dem  Rommani  der  Tater  (in  Norwegen) 
abweicht ')  (s.  von  Etzel).  Wie  die  umherziehenden  Dalekarlier 
sich  durch  Wortverdrehungen  eine  eigene  Sprache  erfunden 
haben,  wird  eine  solche  auch  im  russischen  Finnland  gesprochen. 
Die  westiTothischen  Handelsleute,  die  den  Norden  als  Krämer 
durchstreifen,  haben  sich  die  Knallare  sprak  oder  monsing 
genannte  Geheimsprache  gebildet.  Die  Anwohner  des  Meeres 
(in  Norwegen)  sprechen  auf  Bootfahrten  eine  besondere  Bilder- 
sprache, damit  die  Geister  des  Meeres  sie  nicht  verstehen 
möchten  und  ihre  Plane  durchkreuzen. 


')  Unter  die  von  dem  Laut  whir  oder  kir  (whirting)  abgeleiteten  Worte 
rechnet  Key  vermilion,  und  zu  kar  (as  heard  in  scratcliing)  carminc.  Scheltenie 
ist  Gelbmachen,  Scheltoju,  gelbe  Farbe  (das  Färben  mit  gelber  Farbe),  und 
ähnlich  können  alle  andern  Farben  (im  Russischen)  behandelt  werden,  wäh- 
rend man  im  Deutschen  gelbmachen  (viel  ungebräuchlicher)  nicht  sagt,  und 
gelben  (obwol  nach  andern  Analogien  bildbar)  nicht  häufig  verwenden  würde, 
der  leichten  Misvergtändnisse  halber.  Campe  bemerkt,  dass  er  das  fran- 
zösische Wort  voyager  nie  anders  als  vogager  aussprechen  lernen  konnte, 
und  dass  er  es  auch  nicht  anders  hörte.  „Dass  seine  Aussprache  nicht  die 
rechte  sey ,  das  weiss  er  nicht,  das  glaubt  er  nur,  weil  er  von  Jugend  auf 
deshalb  getadelt  worden  ist."  In  der  Sawolokschen  Abtheilung  ist  der 
Steuerbeitrag    nach  Coroschk    (Deminutiv    von    40)    berechnet,    indem    (nach 


Das  Siamesische.  243 

Die  Sapiavatot,  treten  zur  Zeit  des  vorwiegenden  Buddhis- 
mus in  Centralasien  bei  Alexander  Polyh.  (60  a.  J.)  und  Bar- 
desanes  (2.  Jahrb.  p.  J.)  auf  (als  Semnoi),  wogegen  man  in 
den  neben  den  Brahmanen  unter  den  Philosophen  bei  Me- 
gasthenes  genannten  Germanen  (s.  Strabo)  2ap[j.5va!.  vermuthet 
hat  (wie  auf  Piyadasi's  Inschriften  neben  den  Brahmanen  die 
Sramana  genannt  werden).  Arrian  beschreibt  die  allen  oflfen- 
stehende  Klasse  der  Sophisten  als  eine  Art  Sanyassi  (oder  in 
Klöstern  als  buddhistische  Mönche),  während  die  höchste, 
seine  siebeute  Kaste,  die  königlichen  Kathgeber  und  Gelehrte 
bilden,  als  die  Brahmanen,  den  tcoXltixol  (bei  Strabo)  ent- 
sprechend, die  zugleich  neben  7rpocx_opw!,,  opsivoi  (ähnlich  den 
japanischen  Jammabus)  und  YU[xv'if]Tat.  genannt  werden.  Das 
für  nördliche  Beobachter  Auffällige  der  Nacktheit  hat  dann 
spätere  Schriftsteller  veranlasst,  die  ganze  Klasse  der  Philosophen 
als  Pufjivoaocpitj-ai!  zu  bezeichnen,  während  an  sich  das  Beibe- 
halten oder  Ablegen  der  Kleider  im  heissen  Indien  nur  eine 
nebensächliche  Sektenunterscheidung  war,  wie  zwischen  Digam- 
bara  und  Svetambara  unter  den  Jainas.  Neben  der  Verehrung 
des  Dionysos  (Isvara  oder  Siva)  auf  den  Bergen,  der  des 
Herakles  (Rama  oder  Krishna)  in  den  Ebenen,  erwähnt  der 
am  Hofe  des  Sandracottus  (gest.  '291  a.  J.)  oder  Chandragupta, 
Vater  des  Vindusara  (Vater  des  Dharma-Asoka)  verweilende 
Megasthenes  solcher  Indier,  die  den  von  BouTxa  (bei  Clem.  AI.) 
verkündeten  Lehren  unter  Vergötterung  des  Stifters  folgten, 
und  erst  die  264  a.  J,  im  Asokarama  abgehaltene  Synode 
machte  die  von  Gautama  (gest.  543  a.  J.)  gepredigte  Religion 
zur  herrschenden.  Für  die  Klasse  der  Philosophen  waren 
diese  verschiedenen  Arten  populärer  Götterverehrung  gleich- 
gültig, indem  sie  nur  durch  die  Ansichten  ihrer  verschiedenen 
Schulen  geleitet  wurden,  unter  denen  damals  wahrscheinlich 
die  der  Sankhya  noch  in   voller  Kraft  stand,  sodass  man  die 


Karamsin)  das  Geld  nach  Vierzigern  gezählt  wird.  Im  Permischen  und 
Syrjänischen  dient  Ur  (Eichhorn),  nm  eine  Kopeke  zn  bezeichnen,  und  (nach 
Renvall)  werden  im  nördlichen  Finnland  Eichhornsfelle  nach  Vierzigen  (als 
Kihtelys)  gezählt  (s.  Sjögren).  Die  französischen  Künstler  des  Mittelalters 
verwandten  kufische  Buchstaben  für  Verzierungen,  oft  ohne  Rücksicht  auf 
den  ihnen  unbekannten  Sinn  (s.  Longperier). 

16* 


244  Drittes  Kapitel. 

dem  religiösen  Leben  gewidmeten  ßrahmanen  (neben  den 
Städten  in  buddhistisch-sivaitischen  Arama,  wie  in  Dekkban) 
ebenso  wol  für  Brabmanen  (im  spätem  orthodoxen  Sinne)  er- 
klären könnte  als  für  Buddhisten,  insofern  später  hauptsäch- 
lich bei  diesen  die  früher  mehr  oder  weniger  von  allen  beob- 
achtete Lebensrichtung  specifisch  charakterisirend  wurde.  Dass 
die  magischen  Kräfte  der  durch  die  Vedas  vorgeschriebenen 
Ceremonien  noch  ihr  später  von  den  Buddhisten  bestrittenes 
Ansehen  bewahrt  hatten,  ergibt  sich  aus  der  nothwendige 
Gegenwart  eines  Sophos  bei  jedem  Opfer  bezeugenden  Be- 
merkung, und  wahrscheinlich  begannen  schon  damals  die  durch 
jogische  Dhyana  in  Beschaulichkeit  auf  unvergängliche  Wahr- 
heit hoffenden  Buddhisten  die  Wirksamkeit  esoterischer  Weihen 
skeptisch  zu  bestreiten  und  über  die  Nichtigkeit  aller  welt- 
lichen Gelehrsamkeit  zu  spotten,  weshalb  sie  dem  Megasthenes 
als  disputirsüchtige  Pramnai  dargestellt  wurden.  Die  weniger 
geachtete  Klasse  der  Philosophen,  die  Strabo  als  Germanen 
bezeichnet,  sind  diejenigen  unter  den  (ihr  aristokratisches  Ge- 
bietsrecht bewahrenden)  Brahmanen  (oder  diejenigen  unter 
den  auch  jetzt  oft  von  Ausländern  mit  den  Brahmanen  ver- 
wechselten Volkspriestern  im  Heiligenschein  der  Sanyassi), 
die  sich  nicht  dem  Studium  der  reinen  Wissenschaft  hingeben, 
sondern  ihrer  praktischen  Anwendving  auf  das  Leben,  und  so 
bald  als  Aerzte  erscheinen,  bald  als  Zauberer  und  Wahrsager, 
bald  als  Eremiten,  als  Ascetiker  oder  Büsser,  die  durch  harte 
Kasteiungen  (wie  noch  jetzt  bettelnde  Fakire  in  Indien  oder 
foistische  Bonzen  in  China)  Mitleid  erregen  und  zum  Almoseu- 
geben  bewegen.  Diese  versahen  auch  vielleicht  die  Schreiber- 
steilen  und  verfassten  die  auf  gestampftem  Baumwollenzeug 
aufgezeichneten  Briefe,  während  (ähnlich  wie  ein  echter  Frei- 
maurer die  über  seinen  Orden  geschriebenen  Bücher  nur 
ungern  gedruckt  sieht)  die  Häupter  der  Brahmanencollegien 
darüber  wachen  mochten,  dass  die  Gesetzesgeheimnisse  nur 
durch  mündliche  Tradition  fortgepflanzt  würden,  damit  sie 
nicht  etwa,  wenn  schriftlich  abgefasst,  in  die  Hände  von  Un- 
eingeweihten oder  gar  von  Frauen  (die  auch  in  Afrika  sorg- 
sam von  den  Mysterien  ausgeschlossen  werden,  wenn  sie  sich 
nicht  ihre  eigenen  Orgien  der  Bona  dea  schafi"en)  fallen 
möchten.  Im  Siamesischen,  wo  lautgesetzlich  richtig  Brah- 
mane  zu  Phrohm  wird,  findet  sich  ein  (in  Gar  oder  Gra  auf- 


Das  Siamesische.  245 

zulösendes)  Wort  Krom,  das  ebenso  wol  Kasteiung  wie 
Schreiben  bedeutet  und  früher  ein  besonderes  Ansehen  gehabt 
haben  muss,  da  es  sich  noch  in  einer  langen  Reihe  mit  Kroma 
zusammengetzter  Titel  der  höchsten  Würdenträger  findet. 

Die  überhaupt  möglichen  Lautverbindungen  menschlicher 
Sprache  sind  an  sich  auf  eine  bestimmte  Zahl  beschränkt.  Welche 
derselben  mit  bestimmten  Gegenständen  als  deren  Namen  jedes- 
mal verknüpft  werden,  hängt  von  zufällig  gegebenen  Umständen 
ab,  und  eben  solche  wirken  bedingend  dafür,  inwiefern  sich 
schon  gewonnene  Bedeutungen  auf  daraus  abgeleitete  über- 
tragen. Die  Schlussfolgerungen  der  Gedanken  liegen  an  sich 
ebenso  fest  fixirt  vor,  wie  die  Reflexionsgesetze  des  Lichts, 
denen  das  Sehen  unterworfen  ist;  sie  ändern  sich  aber  unter 
organischer  Erweiterung  mit  der  Entwickelung  der  Geistes- 
bildung, und  die  einzelnen  Stufen  werden  von  den  verschiedenen 
Völkern  (abgesehen  von  den  durch  die  physikalische  Con- 
stitution und  zunächst  den  Schädelbau  bedingten  Besonder- 
heiten) in  gleicher  Weise  durchlaufen,  wenn  sie  sie  nachein- 
ander betreten,  ob  wol  je  nach  den  mitgebrachten  Stadien  der 
Sprachgestaltuug  die  Aeusserungen  in  der  Sprache  unter  ver- 
schiedenen Formen  erscheinen  werden. 


DttrteB  Äapitel 


Die  Spracligestaltung. 

An  sich  wuchert  und  rankt  die  Sprache  ungeordnet 
üppig,  neue  Bildungen  hervortreibend  und  die  frühem  er- 
stickend, gleich  dem  Urwald,  nicht  aus  selbst  überlegter 
Thätigkeit,  sondern  aus  unbewusst  waltender  Schöpferkraft 
(auch  abgesehen  von  den  Störungen,  die  die  Berücksichtigung 
von  Ilöflichkeitsgebräuchen  oder  religiösen  Vorurtheilen  ab- 
sichtlich hineinwerfen  mögen).  Sobald  indess  (wenn  Milderung 
materieller  Noth  die  geistigen  Bedürfnisse  fühlbar  macht)  der 
Kern  der  Cultur  im  Wilden  zu  spriessen  beginnt,  wenn  das 
Naturvolk  (nicht  in  klimakterischen  Krankheiten  hinsiecht  und 
schwindet,  sondern)  sich  zum  Culturvolk  vervollkommnet  und 
die  ebenso  streng  (wie  die  Pubertätsentwickelung  die  Kindheit 
vom  Jugendalter)  abscheidende  Grenzlinie  überschreitet,  so 
wendet  sich  die  Denkthätigkeit  zunächst  demjenigen  Stoße  zu, 
der  bereits  in  der  Sprache  als  gegeben  vorliegt,  und  unterwirft 
die  Regeln  ihrer  Verwendung  einer  mehr  oder  weniger  minu- 
tiösen Ausarbeitung.  Von  diesem  Augenblicke  an  gewinnt  die 
Sprache  eine  feste  gesetzliche  Form,  die  jeder  weitern  Denk- 
schöpfung zur  Grundlage  dient  (und  oft  so  sehr  die  Aufmerk- 
samkeit fesselt,  dass  manche  philologische  Schulen  auch  noch 
in  fortgeschrittenen  Stadien  der  Civilisation  die  Sprache  zum 
Zweck  der  Forschung  machen  wollten,  statt  sich  ihrer  nur 
als  Mittel  für  dieselbe  zu  bedienen).  Wie  sich  die  Sprache 
bei  diesem  ersten  Formenguss  gestaltet,  ist  für  weitere  Folge- 
rungen (die  man  allzu  gern  daranknüpfen  möchte)  gleichgültig 


Die  Sprachgestaltung.  247 

und  indifferent,  weil  ganz  von  den  Verhältnissen  ihres  gerade 
damals  dominirenden  Aspectes  (der  soweit  in  jedem  Moment 
seiner  wechselnden  Variationen  nur  immer  ein  Product  der 
Umstände  war)  abhängig.  Alle  die  gerade  damals  (und  also 
grösstentheils  zufälligerweise,  insofern  die  jedesmaligen  Gründe 
sich  nicht  ausverfolgen  lassen)  in  der  Sprache  vorliegenden 
Bildungsstoffe  verwendet  die  Grammatik,  um  daraus  ein  in- 
einandergefügtes Gebäude  zu  errichten,  das  fortan  ein  dauern- 
des bleiben  soll,  die  Garantie  dafür  freilich  aber  erst  dann 
enthält,  wenn  mit  gleichzeitiger  Erfindung  der  Schrift  die 
Fugen  verkittet  und  das  Ganze  fixirt  wird.  Indess  mögen 
auch  schriftlose  Völkei'  die  gleiche  Physiognomie  ihrer  Sprache 
für  lange  hinaus  bewahren,  wenn  ihr  geistiger  Horizont  ein 
ebenmässiger  bleibt,  und  also,  da  keine  neuen  Gegenstände  der 
Betrachtung  hinzukommen,  die  ganz  auf  die  Sprache  beschränkte 
Meditation  sich  darin  um  so  mehr  vertieft  und  sie  gerade  deshalb 
um  so  starrer  festhält  (unter  scharfer  Controle,  wie  sie  z.  B. 
bei  den  rhetorischen  Kunststiicken  der  Indianer  geübt  wird). 
Bleibt  die  Umgebung  des  Volks  eine  gleichartige,  so  wird  sich 
auch  seine  Sprache  nicht  ändern,  und  z.  ß.  bei  allen  über 
weite  Strecken  wandernden  Beduinenstämmen  eine  (nicht  der 
schwachen  Hut  des  mündlich  erlernten  Koran  allein  zuzu- 
schreibende) Aequivalenz  zeigen,  während  sich  das  Arabische 
in  den  in  Nachbarländer  auslaufenden  Grenzprovinzen  in  eine 
Vielfachheit  semitischer  Dialekte  zersplittert,  bei  denen  nur 
der  geschriebene  Koran  ein  völliges  Auseinanderfallen  ver- 
hindert. Das  seit  der  Babylonischen  Gefangenschaft  durch 
das  Syrisch  genannte  Chaldäische  (oder  Aramäische)  aus  dem 
täglichen  Gebrauch  verdrängte  Hebräische  verblieb  in  den 
damals  niedergeschriebenen  Büchern  als  todtes  und  nicht  weiter 
angegriffenes  Kapital  liegen,  bis  es  im  10.  Jahrhundert  p.  J. 
(nach  Munk)  unter  dem  Einflüsse  der  von  den  Arabern  bereits 
(im  Westen)  adoptirten  Regeln  grammatisch  construirt  wurde 
und  sich  also  in  das  bereits  für  das  Semitische  entworfene 
Schema  einfiigen  musste  (ähnlich,  wenn  auch  weniger  gewalt- 
sam, als  wenn  Missionare  afrikanische  Bunda-Sprache  und 
amerikanisches  Quichua  nach  dem  Massstabe  des  Lateinischen 
zuschnitten).  Geschieht  es  nun  aber,  dass  eine  ohne  geschicht- 
liche Stützen  nur  auf  der  Tradition  basirende  Sprache  eines 
Volks  durch  die  politischen  Conjuncturen  dieses  den  Wechsel- 


248  Viertes  Kapitel. 

fällen  historischer  Fortentwickelung  unterworfen  wird,  so  muss 
sie  schon  durch  das  Eindringen  neuer  Ideen  und  die  For- 
derung, für  diese  deckende  Ausdriicke  zu  finden,  tiefe  Um- 
gestaltungen bewahren,  die  dadurch  noch  eingreifender  werden, 
weil  der  aus  dem  Durcheinanderwohnen  fremdsprachiger 
Stämme  entstehende  Jargon  aus  Bequemlichkeitsrücksichten 
leicht  Kunstausdrücke,  als  treffendere,  entlehnt.  Bei  solch 
geschichtlich  bewegten  Völkern  lässt  sich  deshalb  erst  mit 
Einführung  der  Schrift  an  eine  für  sie  national-charakteristische 
Sprache  ankniipfen,  und  die  Erörterungen  über  die  Trennungen 
oder  Zusammengehörigkeiten  der  im  Herzen  Europas  zusammen- 
gedrängten Idiome,  des  Celtischen,  Iberischen,  Ligurischen, 
Germanischen,  Slawischen  u.  s.  w.  während  vorgeschichtlicher 
Zeiten  können  ebenso  wenig  zu  befriedigenden  Residtaten 
führen,  wie  die  von  dem  Gesammteindruck  neuerdings  ent- 
falteter Nationalitäten  ausgehenden  Deductionen,  um  den  ur- 
sprünglichen Anlagen  ihrer  vielfach  verschlungenen  Faserbündel 
specifisch  getrennte  Qualitätsbezeichnungen  zu  verleihen. 

Den  frühern  Historikern  sind  ausschweifend  grandiose  Con- 
ceptionen  eigen,  wie  (trotz  scholastischer  Mäkeleien  im  einzelnen) 
den  philosophischen  Auffassungen  des  Mittelalters,  wo  man 
die  Begriffe  von  der  Natur  nur  aus  dem  Geist  heraus  zu  con- 
struiren  brauchte,  und  bei  den  Schöpfungen  dieses  selbst  nicht 
mehr  durch  den  feinen  Kunstsinn  des  Alterthums  gezügelt 
war.  Auch  hier  war  es  leicht,  sich  ein  abgerundetes  Bild 
vom  Naturganzen  zu  schaffen,  und  wenn  Aristoteles  dafür  nur 
seiner  vier  Elemente  mit  deren  vier  Eigenschaften  (des  Kalten 
und  Warmen,  Feuchten  und  Trockenen)  in  ihrem  zweifachen 
Wechsel  bedurfte  (oder  Schwefel,  Mercur  und  Salz,  die  drei 
Elemente  des  Basilius  Valentinus),  so  war  damit  zunächst  allen 
Anfragen  genügt,  ehe  die  Analysis  in  die  Zersetzungen  hinab- 
stieg und  nun  die  unübersehbar  bunte  Mannichfaltigkeit 
unserer  chemischen  Combinationen  hervorrief,  die  wir  indess 
durch  die  darin  aufgefundenen  Gesetze  trotz  ihrer  Vielheit 
völlig  zu  beherrschen  vermögen.  Vorher  war  man  zufrieden, 
Avicenna's  Eintheilung  der  Mineralien  in  Steine,  Metalle, 
Schwefelstofie  und  Salze  zu  adoptiren,  und  in  gleicher  Weise 
begnügten  sich  die  Historiker  lange  Zeit  mit  äussern  Aehn- 
lichkeiten.  Sie  breiteten  die  gleichartige  Decke  eines  Scythis- 
mus  über  europäisch-asiatische   Vorzeit  aus,    sie   trugen  kein 


Die  Sprachgestaltung.  249 

Bedenken,  in  den  Geten  Gothen,  den  Tyrangeten  Thüringer, 
den  $paYYOt,  Phrygier,  den  Dani  Daci  zu  sehen.  Als  auch  in 
der  Geschichtschreibung  der  prüfende  Sinn  des  Messens  und 
Zählens  erwachte,  trat  bald  eine  heilsame  Reaction  gegen  solch 
verwirrende  Generalisationen  ein.  Man  wies  alle  jene  auf 
oberflächliche  Aehnlichkeiten  begriindeten  Annäherungen  zurück, 
man  bestand  mit  Entschiedenheit  darauf,  nur  dasjenige  als 
giiltig  zuzulassen,  was  bewiesen  sei,  und  begann  durch  strenge 
Detailforschungen  die  engen  Kreisungen  des  Germauischen, 
Celtischen,  Slawischen  u.  s.  w.  zu  prüfen  und  scharf  gegen 
das  nicht  dazu  Gehörige  abzugrenzen.  Dies  war  sicher  der 
von  der  Induction  angezeigte  Weg  einer  richtigen  Methode, 
die  nur  in  allmählichen  Erwerbungen  und  Sicherung  des  so  weit 
Festgestellten  zu  weitern  Folgerungen  zu  schreiten  berechtigt  ist. 
Indess  darf  diese  von  allen  Natiu-wissenschaften  befolgte  Me- 
thode nie  auf  halbem  Wege  stehen  bleiben,  und  die  aus  Pro- 
portionsverhältnissen gewonnenen  Resultate,  weil  sie  ephemer 
relative  Richtigkeit  besitzen  und  beanspruchen  dürfen,  nun  als 
das  absolut  Richtige  und  Wahre  hinstellen.  Die  Forschung 
hat  ununterbrochen  weiter  fortzuschreiten,  unbekümmert  darum, 
ob  ihre  weitaussehende  Arbeit  in  der  jetzigen  Generation,  ob 
in  der  nächsten,  ob  erst  nach  Jahrhunderten  den  besiegelnden 
Abschluss  finden  werde,  und  schliesslich  werden  wir  zu  jenen 
Vorstellungen,  die  gleich  anfangs  die  Aufmerksamkeit  auf  sich 
zogen,  zurückkehren  und  dann  (auf  dem  langen  und  beschwer- 
lichen Wege  der  Induction  mit  bewährt  gefundenen  Hiilfs- 
mitteln  ausgerüstet)  aufs  neue  den  Scythismus  in  Betracht 
ziehen,  die  Beziehungen  der  Geten  und  Gothen,  der  Franken 
und  Phrygier  u.  s.  w.  Ob  wir  dann  zwischen  ihnen  einen 
realen  Zusammenhang  der  Stammesverwandtschaft  finden  wer- 
den, steht  dahin,  immer  aber  werden  wir  die  eine  oder  andere 
Beziehung  zwischen  ihnen  entdecken  müssen,  und  nicht  rasten, 
bis  sie  entdeckt  sei,  denn  wenn  überhaupt  keine  bestände, 
hätte  sich  von  vornherein  nicht  die  Frage  danach  stellen 
können.  Nicht  in  der  Menge  des  Gewussten  (wofiir  jeder 
Massstab  des  Vielen  oder  Wenigen,  des  Grossen  oder  Kleinen 
fehlen  würde)  beruhen  die  Aufgaben  des  Wissens,  sondern 
darin,  die  Fragen,  die  die  Aussenwelt  uns  stellt,  zu  lösen, 
auf  alle  eine  Antwort  zu  finden,  die  sich  in  den  Gesammt- 
zusammenhang  (also  in  die  Controle  mit  jedem  sonst  Beant- 


250  Viertes  Kapitel. 

werteten)  ungezwungen  und  gesetzlich  einfügt.  In  der  an- 
organischen Natur  leiten  uns  die  erkannten  Eigenschaften  der 
Stoffe  auf  weitere  Verwandtschaften,  die  noch  zu  erkennen 
sind.  Wo  und  wann  wir  abschliessen  werden,  wissen  wir 
nicht,  nur  haben  wir  immer  streng  zu  scheiden  zwischen  dem, 
was  bisjetzt  bereits  bewiesen,  was  vorläufig  also  allein  als 
Basis  für  weitere  Folgerungen  angenommen  werden  darf,  und 
dem,  was  erst  als  zugehörig  vermuthet  wird  und  demnach 
Gegenstand  weiterer  Erforschungen  bleibt.  In  historischen  For- 
schungen ist  jede  noch  so  schwache  Analogie,  die  irgendwo 
in  Namensklängen,  in  geschichtlichen  Beziehungen,  in  Gleich- 
artigkeit der  Gebräuche  vorzuliegen  scheint,  im  Auge  zu  be- 
halten, obwol  es  unmöglich  ist,  alle  diese  Detailuntersuchungen 
zugleich  in  die  Hand  zu  nehmen,  und  ein  methodisch-syste- 
matischer Weg  eingehalten  werden  muss,  um  die  Namens- 
ähnlichkeiten nach  den  von  der  vergleichenden  Philologie  ge- 
lieferten Regeln,  die  geschichtlichen  Beziehungen  auf  ihrem 
geographischen  Boden,  die  Gleichartigkeit  der  Gebräuche  nach 
psychologischen  Entwickelungsgesetzen  zu  prüfen.  Jedenfalls 
muss  man  sich  deutlich  bewusst  bleiben,  dass  alle  solche  Fragen 
ihre  einstige  Lösung,  ihre  Beantwortung  in  der  einen  oder  der 
andern  Weise  zu  erhalten  haben  werden,  dass  es  aber  keine 
Antwort  ist,  wenn  man  mit  dem  Zufall  antworten  wollte. 

Es  ist  ein  Denkfehler,  bei  der  Entwickelung  der  Sprache 
oder  überhaupt  bei  Culturschöpfungen  von  einem  zeithchen 
Geschehen  zu  reden;  wir  haben  ein  Geschehen  allerdings,  aber 
kein  zeitliches,  da  es  in  bestimmungsloser  Zeit^)  vor  sich 
geht,  also  in  einer  Unendlichkeit,  wo  jede  absolute  Zeitbe- 
stimmung aufhört  und  sich  nur  die  Relativität  der  Zeittheil- 
chen  zueinander  bestimmen  lässt.  Gealterte  Sprachformen 
können  nach  der  Ansicht  der  Philologen  nicht  zur  Jugend 
zurückkehren,  Kürzungen  sich  nicht  wieder  füllen,  die  Laut- 
verschmelzung keine  andern  als  die  im  regelmässigen  Wechsel 
vorgeschriebenen  Bahnen  einschlagen.  Alle  diese  Grundsätze 
stehen  fest,  soweit  sie  schematisch  erläuternd  sind,  müssen 
deshalb  bei  linguistischen  Untersuchungen  zur  Richtschnur 
dienen,  als  sprachphysiologische  geachtet  werden.     Obwol  sie 


')  'E?  äipavls  TQv  |ji.05ov  i-ividü'Xi  oux  ^-^v.  tA£YX.°''  (Herodot), 


Die  Sprachgestaltung.  251 

indess  die  gesetzlichen  Wandlungen  im  Zellbildungsprocesse 
des  Sprachorganismus  nachweisen,  und  hier  genau  die  einzig 
richtige  Bahn  vorzeichnen,  die  die  Sprachentwickelung  ge- 
nommen hat  und  immer  nur  nehmen  kann,  so  darf  man  doch 
für  diese  relativen  Werthe  keine  absolute  Geltung  beanspruchen 
und  würde  zwei  ganz  incongruente  Gebiete  vermengen,  wenn 
man  die  genetischen  Wechsel  innerhalb  der  Sprachentwickelung 
für  Phasen  der  entwickelten  Sprache  in  einem  zeitlichen  Nach- 
einander nehmen  wollte.  So  wenig  wie  der  Botaniker, 
der  den  Uebergang  isolirter  Zellen  zu  Spiralgäugen  beobachtet 
hat,  nun  annehmen  kann,  dass  die  Zellpflauzen  im  weitern 
Fortgange  zu  Spiralpflanzen  werden  würden,  da  er  ja  tag- 
täglich Zellpflanzen  und  Spiralpflanzen  nebeneinander  von 
neuem  entstehen  sieht,  darf  der  Philolog  eine  allerdings  mögliche 
Vervollkommnung  der  monosyllabischen  Sprachen  zu  Flexions- 
sprachen überall  setzen ;  und  wenn  sich  in  allen  physiologischen 
Vorgängen  neben  den  Processen  der  Entwickelung beständig  auch 
Riickbildungsprocesse  zeigen,  so  werden  diese  im  Sprachwachs- 
thum  in  gleicher  Weise  zu  vermuthen  sein.  Die  vollen  Formen 
des  Germanischen  haben  sich  vielfach  abgeschleift  und  eine 
der  erreichten  Mittelstufen  ist  als  Schriftsprache  fixirt  zum 
Massstab  für  alle  übrigen  Dialekte  geworden,  die  aus  der  Be- 
quemlichkeit des  täglichen  Verkehrs  im  ganzen  zu  Kürzungen 
neigen  und  bis  zu  fast  unverständlicher  Einsilbigkeit  herab- 
sinken mögen,  die  sich  aber  ebenso  gut  bei  gegebener  Ver- 
anlassung daraus  wieder  erheben,  obwol  nur  selten  das  durch 
die  Schriftsprache  schon  gezogene  Niveau  noch  wieder  über- 
schreiten werden.  Bei  den  apathischer  dahinlebenden  Völkern 
Ostasiens,  denen  stattliche  Grandezza  wichtiger  ist  als  rascher 
Zeitgewinn,  dehnen  sich  im  Gegentheil  die  monosyllabisch  ab- 
gestossenen  Laute  oft  zu  langausgezogenen  Verbindungen  aus, 
wenn  sie  durch  Einführung  heiliger  Schriften  mit  den  voller 
und  sonorer  tönenden  Sprachen  Indiens  bekannt  geworden. 
Die  Lautverschiebung  wird  in  jedem  gegebenen  Falle  den 
dm'ch  die  philologische  Forschung  entdeckten  Gesetzen  folgen, 
aber  sie  folgt  ihnen  eben  stets  und  beständig  in  den  gegebenen 
und  immer  neu  gegebenen  Fällen,  sodass  wir  sie  in  Wirklich- 
keit in  der  ganzen  Möglichkeit  aller  Uebergangsstufen  vor  uns 
haben,  obwol  wegen  des  Vorwaltens  einer  derselben  als  Schrift- 
sprache durch  dieselbe  die  übrigen  gewöhnlich  so  sehr  verdeckt 


252  Viertes  Kapitel. 

werden,  um  bei  einer  allgemeinen  Ueberschau,  ohne  mikro- 
skopische Prüfung,  nicht  gesehen  zu  werden. 

Mythologische  Synchysien  sind  vielfach  getadelt  worden, 
und  mit  Recht,  wenn  man  die  ungeordneten  Massen  zum 
Bauen  verwenden  will,  als  ob  sie  fertige  Gebilde  seien.  Zu- 
sammengiessen  mag  man  indess  alles  in  die  für  Krystallisation 
bestimmte  Mutterlauge,  da  die  Controle  gesetzlicher  Ver- 
wandtschaft^) eben  dadurch  geboten  wird,  wenn  sich  das 
natürlich  Zusammengehörige  trotz  ablenkender  Störung  doch 
zusammenfindet. 

Eine  Eintheilung  der  Völker  nach  den  Sprachen  wäre 
nicht  besser,  als  wenn  der  Botaniker  seine  Blumen  nach  den 
Farben  eintheilen  und  die  physikalischen  Lichtbrechungs- 
gesetze derselben  in  der  Pflanzenphysiologie  als  Berücksich- 
tigung annehmen  wollte.  Innerhalb  der  Wissenschaft,  die  sie 
hervorgerufen  hat,  ist  eine  Hypothese,  die  sich  mit  den  That- 
sachen  deckt,  stets  von  Nutzen,  wogegen  sie  sinnlose  Verwirrung 
anzurichten  pflegt,  wenn  als  hypothetische  Thatsache  in  eine 
andere  Wissenschaft  herübergenommen  und  dort  ohne  Mög- 
lichkeit regulirender  Controle  weiter  verwandt.  Wenn  der 
Physiker  mannichfache  Stützen  aus  der  Setzung  des  Licht- 
äthers, zieht,  so  würde  dagegen  jede  Analyse  von  Gasarten 
unrichtig  werden,  wenn  der  Chemiker  einen  Posten  für  den 
Aether  als  schwankenden  Mitbestandtheil  offen  halten  wollte. 
Wie  weit  die  chemische  Atomtheorie  auf  die  Physik  anwend- 
bar bleibt,  ist  fraglich,  und  ebenso  die  Verwerthung  der 
mechanischen  Wärmetheorie  für  die  Chemie.  Die  arische 
Sprachhypothese  der  indoeuropäischen  Völker  hat  die  Philo- 
logie bedeutsam  gefördert,  wollte  nun  aber  die  Ethnologie  die 
dort  schematisch  entworfenen  Wanderungen  und  Dialekt- 
theilungen  als  wirkliche  annehmen,  so  hätte  sie  auf  jede 
wissenschaftliche  Begründung  ihrer  Grundsätze  von  vornherein 


')  Um  in  Namen  ethnologisclie  Beziehungen  zu  finden,  können  nicht  so 
sicher  die  etymologisch  nachweisbaren  Gesetze  der  Schriftsprache  dienen, 
als  indem  wir  factisch  vergleichen,  welche  Uebergänge  unter  Dialekten,  deren 
Regeln  uns  jetzt  zum  Theil  unbekannt  sind,  in  Wirklichkeit  stattgefunden 
haben  oder  noch  jetzt  in  lebendigem  Fluss  der  Volkssprache  stattfinden. 
Andere  Controlen  müssen  dann  hinzutreten,  um  uns  das  unbegrenzt  Mög- 
liche, das  für  den  speciellen  Fall  Beweisbare  herauszuheben. 


Die  Sprachgestaltung.  253 

ZU  verzichten.  Eine  grosse  Zahl  der  nothwendigsten  Begriffe 
zeigen  sich  im  Deutschen  aus  dem  Lateinischen  entlehnt,  für 
viele  (für  Auge,  Zahn,  Fenster  u.  s.  w.)  haben  sich  im  Sla- 
wischen eigenthümliche  Bezeichnungen  erhalten,  während  andere 
slawische  Worte,  die  im  Deutschen  eigenthümlich  geblieben 
sind,  auf  lateinische  (trepidare,  dormire  u.  s.  w.)  zurückgehen, 
und  dann  haben  sich  oft  die  Bedeutungen  untereinander  ver- 
schoben (wie  thajat  im  Russischen  schmelzen  bedeutet  statt 
thauen)  oder  finden  sich  die  Aequivalente  des  slawischen  Aus- 
drucks nicht  im  Deutschen,  sondern  in  einem  andern  ger- 
manischen Dialekte.  Zurückführung  auf  eine  hypothetisch 
gemeinsame  Wurzel  im  Sanskrit  mag  für  philologische  Unter- 
suchungen dienlich  sein,  die  Ethnologie  kann  aber  Entlehnungen 
nur  so  weit  zulassen,  als  Wechselbeziehungen  unter  den  in 
Frage  stehenden  Völkern  nachweislich  stattgefunden  haben,  und 
darf  über  die  so  gezogene  Umgrenzung  in  ihren  Forschungen 
und  den  aus  Analogien  weiter  resultirenden  Folgerungen  über- 
haupt nicht  hinausgehen,  denn  nur  innerhajb  gegenseitig 
äquationsfähiger  Relationen  vermag  sie  Bestimmungen  festzu- 
halten, und  sobald  sie  einen  Schritt  über  die  so  gezogene 
Grenze  in  das  Nebelreich  der  unbegrenzten  Hypothese  thut, 
verschwinden  alle  ihre  Zahlengrössen  in  das  unterschiedslose 
Grau  des  Absoluten.  Die  Markirungen  zwischen  Familien 
oder  Varietäten,  Sprachen  oder  Dialekten  sind  nur  aus  wech- 
selsweiser Abhängigkeit  zu  ziehen,  und  zwei  Sprachen,  die 
schon  so  nahe  innerhalb  der  Flexionsfamilie  selbst  zusammen- 
stehen, wie  Deutsch  und  Slawisch,  mögen  immerhin  einen 
frühern  Gemeingrund  gehabt  haben,  oder  vielmehr  eine  ohne 
bestimmte  Färbung  in  zahllose  Dialekte  zertheilte  Unterlage, 
die  sich  dann  nach  den  an  verschiedenen  Stellen  durch  Schrift- 
einführung oder  politische  Consolidirung  hineingeworfenen 
Schwerpunkten,  hier  und  da  in  selbständige  Kreisungen  zu 
krystallisiren  und  damit  Scheidungen  zu  zeigen  begann. 

Die  echten  Philologen  von  Fach  haben  sich  gewöhnlich 
von  der  Verwirrung  zweier  verschiedenen  Forschungskreise 
frei  gehalten  (Grimm  spricht  in  seiner  kolossalen  Grammatik 
und  ihrer  Lautverschiebung  kaum  auf  ein  paar  Seiten  von  den 
Mundarten  mit  ihrer  Entstehung),  und  die  Monstruosität,  die 
bei  Uebertragung  dieser  philologischen  Anschauungen  auf 
ethnologische  Verhältnisse  entsteht,  hätte  Ethnologen  ebenso 


254  Viertes  Kapitel. 

vorsichtig  machen  sollen.  Die  Ethnologie  kann  natiirlich  nicht 
die  Reconstruction  auf  ein  räumlich  und  zeitlich  in  den  Wolken 
schwebendes  Urvolk  zulassen,  ebenso  wenig  die  Vereinigung 
der  Sprachen  Europas  in  eine  kleine  Zahl  Urstämme,  aus  denen 
sie  hervorgewachsen,  da  gegentheils  das  erste  Dämmern  der 
Geschichte  auf  unübersehbarer  Dialektverschiedenheit  fallen 
muss,  denen  die  später  unterschiedenen  Trennungen  noch  so 
wenig  deutlich  waren,  dass  selbst  Glossen  aus  späterer  Zeit 
(wie  die  Malbergische)  Gegenstand  endlosen  Streites  werden 
mögen,  ob  sie  celtisch  oder  germanisch  seien,  da  sie  damals 
wahrscheinlich  noch  keins  von  beiden,  oder,  wenn  mau  will, 
beides  waren.  Als  noch  keine  Schrift  bestand,  boten  sich  als 
einziges  Mittel  für  einigen  sprachlichen  Inhalt  die  bedenk- 
lichen Beispiele  der  von  den  Ueberlieferern  leicht  mundgerecht 
gemachten  Eigennamen,  und  unter  ihnen  haben  wir  (ausser  den 
im  Lande  selbst  Gegenstand  des  Streits  bildenden  Namen  der 
Flüsse  und  Berge)  vermeintlich  slawische  Fürsten  mit  ger- 
manischen Namen  und  germanische  mit  slawischen,  wobei  man 
dann  immer,  so  oft  sich  aus  andern  Verhältnissen  die  Natio- 
nalität entscheidbar  zu  zeigen  scheint,  das  Sonderbare  als 
Ausnahme  verwirft.  Erst  seit  Einführung  der  Schrift  bietet 
sich  eine  fortlaufende  Reihe  von  Documeuten,  erst  seitdem  ist 
also  eine  wissenschaftliche  Forschung  möglich,  denn  unsere 
Zeit,  die  die  Luftschlösser  unbequem  gefunden  hat,  baut  nur, 
wenn  Materialien  vorhanden  sind.  Da  damals  die  Einführung 
der  Schrift  von  Völkern  ausging,  die  (wie  Verwandte  in 
Asien)  Flexionssprachen  benutzten,  so  haben  sich  auch  überall 
in  Europa  die  Sprachen  nach  den  Regeln  der  Flexionsgram- 
matik tingirt.  Eine  ähnliche  Verbreiterung  eines  gleichartigen 
Sprachgebiets  finden  wir  ausserdem  nur  in  zwei  (oder  mit 
Zurechnung  des  Malaiischen  in  drei)  Beispielen  auf  dem  Erd- 
ball, einmal  im  weitgreifenden  Polysyllabismus  des  amerikani- 
schen Continents  und  dann  in  den  Alliterationen  des  südlichen 
Afrika,  und  beides  sind  gerade  Theile  des  Globus,  deren 
frühere  Schicksale  luiserer  Kenntniss  gänzlich  entzogen  sind, 
da  wir  erst  seit  wenigen  Jahrhunderten  mit  ihnen  bekannt 
wurden,  sodass  wir  besser  thun  werden,  erst  das  in  der  eigenen 
Heimat  Näherliegende  befriedigend  zu  erforschen,  ehe  wir  uns 
über  das  Fremde  und  Ferne  Sorge  machen.  Die  Phantasterei 
des  gegenwärtigen  Zeitgeistes  schwelgt  gern  im  grauen  Nebel 


Die  Sprachgestaltung.  255 

urgeschichtlicher  Vorzeiten,  und  liebt  es,  in  ihren  Kosmogenien 
Zahlenreihen  zu  verlangen,  die  gleichwol  immer  nur  stümper- 
hafte Versuche  bleiben,  verglichen  mit  den  Meisterstücken,  die 
die  in  solchem  Gehirnweben  weit  geschicktem  Mythologen  In- 
diens längst  zu  Tage  haben.  Eine  Beschränkung  auf  den 
historischen  Horizont  scheint  kleinlich  und  verächtlich.  Man 
vergisst,  dass  Zahlenuugeheuer,  so  kolossal  sie  auch  seien, 
papierene  Ziffern  bleiben,  solange  sich  ihnen  nicht  aus  den 
Relationen  fixirbare  Werthgrössen  substituiren  lassen.  Selbst 
Schleicher  rechnet  14000  Jährchen  zusammen,  andern  kommt 
es  auf  Hunderttausende  nicht  an,  und  sobald  es  in  die  dem 
deutschen  Sprachsinn  ^\^derstrebenden  Millionen  geht,  hört  jedes 
Verständniss  auf.  Wenn  Avir  über  die  controlirbare  Chronologie 
und  ihre  durch  das  ausstrahlende  Licht  derselben  noch  erhellte 
Nachbarschaft  in  eine  Zeit  hinaustreten,  die  ewig  sein  soll,  so 
muss  man  eben  wissen,  dass  sich  nicht  weiter  mit  Ziffern  rechnen 
lässt,  die  innerhalb  des  Unendlichen  jedes  intrinsecen  Werthes 
entbehren,  und  dass  man  durch  alle  ihre  Combinationen  dem 
reellen  Wissen  kein  Tüttelchen  hinzufügt.  Die  Lösung  der  über 
das  Zeitliche  und  ßäumhche  hinausgehenden  Fragen  kann  nicht 
durch  das  Ausschreiten  in  imaginäre  Keihen  gefördert  werden, 
sondern  nur  durch  das  ängstlichste  und  genaueste  Detail- 
studium der  Kreisungen  im  Werden,  und  da  sich  diese  bei 
der  Harmonie  des  Alls  stets  nach  denselben  Gesetzen  in 
ihren  Erscheinungsweisen  wiederholen,  so  würde  die  richtige 
Aufklärung  eines  einzelnen  Organismus  auch  alle  übrigen  zur 
Klarheit  bringen. 

Das  Charakteristische  der  Geistesthätigkeit  liegt  in  den 
Gedanken,  als  ihrer  wesentlichen  Schöpfung,  nicht  in  der 
Sprache,  dem  Mittel,  um  jene  zum  Ausdnick  zu  bringen,  und 
so  würde  eine  auf  psychischen  Principien  basirte  Eintheilung 
der  Völker  ihre  geistigen  Gebilde,  wie  sie  am  allseitigsten  in 
den  Mythologien  (oder  religiösen  Auffassungen  der  gesammten 
Natur)  projicirt  sind,  besonders  berücksichtigen  müssen,  mehr 
als  die  zufälligen  Wortformen,  denn  obwol  sich  allerdings  die 
grammatischen  Constructionen,  als  die  Verkörperungen  des 
Gedankenganges,  unmittelbar  an  diese  anschliessen  mögen  (und 
also  mit  ihnen  allen  den  Wechseln  einer  flüssigen  Umwand- 
lungsfähigkeit  unterworfen  sind,  wie  sie  diese  eindrucksfähige 
Seite     des     Menschen     am     ehesten    befähigen ,     die    gleich- 


256  Viertes  Kapitel. 

massige  Constanz  eines  Massstabes  abzugeben),  so  wird  gerade 
die  schriftlich  erstarrte  Sprache  noch  häufiger  der  lebendigen 
Wechselwirkung  mit  der  psychischen  Wurzel  entzogen  als 
andere  Geistesproductionen,  z.  B,  die  in  architektonischen 
Gesetzen  incarnirten  Bauwerke,  die  sich  unter  den  hellenischen 
Griechen  im  classischen,  unter  den  konstantinopolitanischen  als 
byzantinischer  Stil  manifestirten. 

Da  es  der  vergleichenden  Philologie  besonders  vor  allem 
auf  die  sprachlichen  Gesichtspunkte  ankam  und  nur  darauf 
ankommen  musste,  so  hob  sie  selbstverständlich  die  Aehnlich- 
keiten  am  meisten  hervor,  um  ihre  Gesetze  abzuleiten,  während 
für  die  Ethnologie,  zu  charakteristischer  Trennung  der  Völker, 
mit  denen  sie  sich  beschäftigt,  vielmehr  die  Verschiedenheiten 
von  Interesse  sind.  Auf  die  sanskrit.  Wurzel  akchi  werden, 
wie  oculus  (occhio,  ital.),  augo  (goth.),  ooghe  (niederl.),  oge 
(dän.),  auch  woko  (wend.)  uud  oko  (slaw.)  zurückgeführt, 
und  dann  bei  allen  diesen  Formen  die  entsprechenden  Ver- 
schiebungen nachgewiesen,  wogegen  es  für  die  Ethnologie  von 
besonderer  Wichtigkeit  ist,  zu  wissen,  dass  sich  schon  vor 
diesen  Entlehnungen  ein  selbständiges  Wort  für  Auge  fand, 
in  dem  noch  im  Russischen  enthaltenen  Glas,  das  in  den  ver- 
wandten Sprachen  wieder  in  andere  Bedeutungen  übergegangen 
ist.  Die  gezogenen  Cirkel  sind  enger  und  weiter,  oder  in  den 
Richtungen  verschieden.  Während  Bruder  (brat,  wend.)  oder 
brader  (schwed.)  neben  dem  Persischen  (brauar)  das  Latei- 
nische (frater)  umfasst,  geht  Tochter  (dauhtar,  goth.  und  dukte, 
irl.)  auf  persisch  (dochtar)  und  (griech.)  'ä'UYaxirjp  (mit  Aus- 
schluss des  lat.  filia),  und  sind  Vater  oder  Mutter  fast 
universell. 

Die  Species  sind  je  nach  ihrer  Elasticität  weiterer  Aus- 
dehnung in  Variationen  fähig,  müssen  aber  schliesslich  stets 
sich  wieder  auf  das  Centrum  ihrer  Gravität  zusammenziehen 
und  können  die  äussersten  Grenzen  derselben  nicht  über- 
schreiten, da  sie  damit  in  die  absolute  Negation  ihrer  eigenen 
Existenz  übergehen  würden,  in  das  Nichtsein,  das  für  unser 
auf  Relationen  beruhendem,  und  daraus  den  Begriff  der  Species 
erst  schaffendem  Denken  ein  Nichts  darstellt  und  also  über- 
haupt nicht  existirt.  Bei  zerstörenden  Naturereignissen,  bei 
länderverschlingenden  Fluten ,  bei  den  die  Oberfläche  kahl- 
fegenden   Stürmen ,     bei    Kometen ,     die ,    am    Himmel    auf- 


Die  Sprachgestaltung.  257 

steigend ,  in  ihren  allnächtigen  Vergrösserungen  ein  Annähern 
zeigen,  liegen  dem  auf  seiner  isolirten  Kugel  von  Elementar- 
kräftcn  (deren  Tragweite  er  nicht  kennt  und  iiber  die  er  keine 
Macht  besitzt)  betrofienen  Menschen  die  Gedanken  nahe,  ob 
hier  nicht  das  Ueberschreiten  eines  gewissen  Masses  einen 
Untergang  involviren  wiirde.  Dieses  geschieht  nie.  Innerhalb 
der  gesetzlichen  Baude  des  Alls  stellt  sich  stets  das  Gleich- 
gewicht  wieder  her,  die  Wasser  verlaufen,  dem  Unwetter  folgt 
ein  freundlicher  Tag,  der  drohende  Komet  verschwindet  unter 
den  Sternen.  Ein  anderes  ist  nicht  möglich,  die  Harmonie 
muss  bewahrt  werden,  und  im  sichern  Vertrauen  auf  diese 
blickt  der  Mensch  ruhig  den  wilden  Gewalten  zu,  die  ihn 
umstiirmen,  und  lasst  sie  austoben,  wenn  er  sie  nicht  bewäl- 
tigen kann.  Das  gesetzte  Mass  kann  (abgesehen  von  partiellen 
Zerstörungen)  niemals  überschritten  werden,  denn  geschähe  es, 
so  wäre  es  mit  allem  vorbei,  mit  dem  Jetzt  sowol,  wie  mit 
dem  Nie,  und  der  menschliche  Geist  würde  unter  total  neue 
Verhältnisse  gesetzt  sein,  wo,  wie  alles,  auch  die  Beziehungen 
zwischen  jetzt  und  nie  völlig  neue  sein  würden,  und  sich  also 
aus  den  gegenwärtigen  (den  für  uns  soweit  menschlichen) 
Urtheilsweisen  nicht  weiter  construiren  Hessen  (am  wenigsten 
durch  eschatologische  Phantasien).  Ebenso  reducirt  sich  die 
Umwandlungsfähigkeit  der  Species  über  ihre  Variationskreise 
hinaus  auf  die  Frage,  ob  Denken  oder  ob  Nichtdenken,  denn 
sobald  die  Abstammungstheorie  das  Denken  auf  einen  Anfang 
zurückzuführen  sucht,  so  vernichtet  sie  eben  damit  das  Denken 
als  solches,  das  sich  nur  innerhalb  seiner  Proportionswerthe 
klar  bleibt,  darin  also  allein  ein  Denken  und,  darüber  hinaus,  ein 
phantastisches  Träumen  ist. 

Im  Zurückgehen  auf  den  Begriff  des  Stammes  oder  Phylum 
(in  der  polyphyletischen  Hypothese)  findet  sich  die  Descendenz- 
theorie  ungefähr  auf  dem  Standpunkt  der  Chemie,  als  diese 
den  Metallen  einen  erdigen  Grundstoff  unterlegte,  den  Säuren 
die  Ursäure,  den  Alkalien  ihr  kaustisches  Princip.  Erst  als 
die  Ansicht  zum  Durchbruch  kam,  dass  der  Chemiker  als 
Elemente  nur  solche  Stoffe  betrachten  solle,  welche  darzustellen 
sind  und  durch  "chemische  Agentien  nicht  in  andere  zerlegt 
werden  können,  war  der  Weg  für  sichern  Fortschritt  betreten, 
und  so  darf  die  Zoologie  nicht  über  die  noch  scharf  erkenn- 
baren Typen,   als   äusserster   Grenze,  hinausgehen.     Aus  der 

Bastian,  Studien.  17 


258  Viertes  Kapitel. 

Unendlichkeit  gesehen,  würde  ein  Körper  unsichtbar  sein, 
handelt  es  sich  indess  um  seine  Projection,  so  muss  ein  Punkt 
festgehalten  werden. 

Die  Descendenztheorie  mactit  sich  des  Denkfehlers  schul- 
dig, einem  theoretischen  Schema,  das  übersichtlicher  Anordnung 
wegen  ganz  geeignet  und  fördernd  ist ,  eine  reale  Existenz 
vindiciren  zu  wollen.  Jede  Species  ist  der  Variationen  fähig, 
die  aber,  um  die  Correlationen  des  Gleichgewichts  zu  bewahren, 
i'iber  eine  bestimmte  Grenze  nicht  hinausgehen  können,  und 
wenn  eine  neue  Species  hervortritt,  so  ist  diese  auch  als  neu 
entstanden  aufzufassen,  wodurch  sich  die  Zahl  der  Wunder 
nicht  vermehrt,  da,  wo  es  sich  um  ein  Absolutes  des  Ewigen 
und  Unendlichen  handelt,  die  Eins  nicht  mehr  noch  weniger 
zählen  würde  als  Tausend.  In  der  Chemie  führt  die  Mandel- 
säure (16ClßH6  0)  als  Bittermandelölameisensäure,  „indem 
man  sie  mit  der  Benzinschwcfelsäure  vergleicht,  darauf,  dass 
das  Bittermandelöl  dem  Sulfoljenzid  analog  zusammengesetzt 
ist,  nämlich  aus  Ameisensäure  und  Benzin  weniger  1  Atom 
Wasser  bestehe,  sodass  neben  der  Grup2)e  von  12  Atomen 
Kohlenstofl'  und  10  Atomen  AVasserstoff  die  andere  Gruppe 
von  2  Atomen  KohlenstoflF,  2  Atomen  Wasserstoff  und  2  Atomen 
Sauerstoff  liegt".  Es  braucht  nun  aber  durchaus  nicht  ge- 
schlossen zu  werden,  dass,  wenn  man  das  mit  Cyanwasser 
geschwängerte  Wasser  des  Bittermandelöls  mit  Salzsäure  ab- 
dampft, sich  nothwendig  vorher  Ameisensäure  zu  bilden  habe, 
oder  dass  etwa  die  Ameisensäure  (C '-^  Ho '•^  +  Ho) ,  die  als 
Oxydation  des  Formyls  (C^  H),  als  Radical  betrachtet  werden 
mag,  sich  durch  Verdünnung  (wie  mit  2  Atomen  Wasser)  oder 
andere  Modificationen  in  Amygdalinverbindungen  überführen 
lasse,  ebensowenig,  dass  etwa  Cinchonin  (NC^'^  H ''^  O'^)  aus 
dem  separaten  Zusammentreten  der  einzelnen  Atome  (die  in 
verschiedenen  Zusammenreihungen  gedacht  werden  können) 
hervorwachse  oder  dass  Ilippursäure  eine  Umwandlung  der 
Benzoesäure  (wie  umgekehrt)  sei.  Nach  Mulder's  Analyse 
(der  chemischen  Zusammensetzung)  lässt  sich  die  Entstehung 
der  „Essigmutter"  genannten  Schimmelpflanze  (Mycoderma  oder 
Hygrocrocis)  aus  der  Vereinigung  von  1  Atom  Protein,  10  Atomen 
Essigsäure  und  8  Atomen  Wasser  ableiten  (s.  Delffs),  und  da 
Essigsäure  aus  der  Sauerstoffverbindung  mit  dem  partiell 
dehydrogenisirten  Alkohol  (nach  der  Mittelstufe  des  Aldehyd) 


Die  Sprachgestaltung.  259 

hervorgeht,  so  wäre  hier  ein  Uralkohol  (oder  eine  primitive 
Atomengruppe  4C  8H)  als  Grund  der  Entstehung  zu  präsu- 
miren,  wenn  der  Hypothesen  bauende  Gedanke  schöpferische 
Kraft  besässe.  Mit  derselben  zersetzenden  Substanz,  mit  Kali- 
hydrat zusammengebracht,  liefert  (von  den  isomeren  Verbin- 
dungen, die  alle  in  102  Gewichtstheilen  60  Gewichtstheile 
Kohlenstoff,  10  Gewichtstheile  Wasserstoff,  32  Gewichtstheile 
Sauerstoff  enthalten  und  doch  ganz  verschiedenes  chemisches 
Verhalten  zeigen)  der  eine  Körper  (s.  Naumann)  ,,  baldrian- 
saures Kali  und  Wasser,  der  andere  buttersaures  Kali  und 
Methylalkohol,  der  dritte  propionsaures  Kali  und  Aethylalkohol, 
der  vierte  essigsaures  Kali  und  Propylalkohol,  der  fünfte 
ameisensaures  Kali  und  Butylalkohol".  Dieses  Aufgehen  der 
Special-Eigenschaften  oder  Theile  in  die  neuen  Eigenschaften 
eines  Gesammttypus  wiederholt  sich  in  weit  höherm  Masse 
bei  einem  aus  lebendiger  Entwickelung  sein  Bestehen  gewinnen- 
den Organismus,  der  sich  deshalb  selbständig  als  solcher  fort- 
pflanzt. 

Wie  in  der  anorganischen  Natur  bei  den  Elementen  (ohne 
nutzlose  Phantasien  über  alchemistische  Umwandlungen),  haben 
wir  in  der  organischen  Natur  bei  den  Grundformen  stehen  zu 
bleiben,  die  hier  zwar  nur  in  dem  Schmelztiegel  geistiger 
Analyse  durch  gleichmässige  Abwägung  aller  Erfahrungen 
gewonnen  werden  können.  Bei  dem  Einfluss  der  meteorolo- 
gischen Processe  und  der  geologischen  Unterlage  auf  den 
Organismus  lebendiger  Entwickelung  wird  sich  die  normale 
Species  in  vielfache  Varietäten  vermannichfaltigen,  die  ihr  inneres 
Band  des  Zusammenhangs  nur  von  dem  Centrum  deutlichster 
Specificirung  aus  erhalten  können,  nicht  von  einer  verschwim- 
menden Peripherielinie,  die  statt  in  andere  Gebiete  über- 
zuführen, besser  durch  zweifelhafte  Protistenreihen  in  jedem 
einzelnen  Falle  davon  zu  scheiden  ist.  Der  im  Zusammenhang 
mit  den  äussern  Verhältnissen  in  bestimmter  Wechselwirkung 
bedingten  Existenz  liegt  stets  der  Ausdruck  eines  Gesetztypus 
zu  Grunde,  der  sich  für  seine  Existenzfähigkeit  ein  gewisses 
Gleichgewicht  in  allen  seinen  constituirenden  schaffen  muss 
und  deshalb  unter  Umständen  rudimentäre  Verkümmerungen 
solcher  Organe  zeigen  mag,  die  unter  andern  Lebensbedingungen 
ausser  Thätigkeit  gesetzt  sind.  Diese  Verkümmerung  ist  also 
eine  Folge    der    sich    von    der  Normalform  der  jedesmaligen 

13* 


260  Viertes  Kapitel. 

centralen  Species  mehr  und  mehr  entfernenden  Variationen, 
und  ihre  Entstehung  muss  als  inneres  Ergebniss  der  nach  der 
zwischen  innen  und  aussen  hergestellten  Harmonie  des  Natur- 
ganzen entsprechend  fliessenden  Processc  organischer  Gestal- 
tung angesehen  werden,  nicht  als  das  grobsinnliche  Product 
einer  von  aussen  hinzutretenden  Ummodelung.  Ebenso  wenig 
darf  der  unendliche  Wechsel  in  der  ewig  schöpferischen 
Mannichfaltigkeit  der  Erscheinungen  durch  subjectiv  mensch- 
liche Denkweise  zu  der  Reihe  einer  zeitlich  und  räumlich  be- 
schränkten Entwickeluugsreihe  einmaligen  Geschehens  be- 
schränkt und  verstümmelt  werden. 

Nehmen  wir  eine  noch  unbestimmte  differenzlose  Materie 
an,  so  muss  das  Walten  der  in  ihr  wirkenden  Kräfte,  wodurch 
sich  die  Differenzirungen  gegenseitig  begrenzen,  unter  der  Lei- 
tung eines  beherrschenden  Gesetzes  gedacht  werden.  Solange  wir 
nun  in  der  Chemie  gezwungen  sind,  eine  Reihe  unveränder- 
licher Elemente  anzunehmen,  darf  von  vornherein  von  keinem 
einheitlichen  Entwickelungsprincip  geredet  werden,  da  der 
Naturforscher  dadurch  seine  eigenen  Grundsätze  negiren  wiirde. 
Ob  oder  wieviel  der  anorganischen  Natur  ähnliche  Elemente 
wir  als  aus  den  vier  Grundstoffen  in  ihren  verschiedenen  Pro- 
portiousverhältnissen  zusammengesetzte  Radicale  in  den  Typen 
der  organischen  Natur  anzunehmen  haben,  ist  noch  nicht  fest- 
gestellt; wenn  wir  aber  noch  nicht  einmal  wissen,  wieviel 
solcher  Elemente  vorhanden  sind,  selbst  noch  nicht  einmal,  ob 
sie  überhaupt  vorhanden,  so  würde  es  um  so  gewissenloser 
sein,  schon  frischweg  Theorien  aufzubauen,  denen  jede  Unter- 
lage fehlt. 

Die  Spectralanalysc  scheint  den  glühenden  Zustand  der 
Sonnenumhüllung  zu  beweisen ,  während  in  der  Voraus- 
setzung eines  luftfreien  Raumes  ein  Verbrennungsprocess  unter 
den  sonst  gültigen  Vorstellungen  nicht  gedacht  werden  kann, 
und  eine  von  der  Sonne  direct  ausstrahlende  Hitze  mit  dem 
(nach  Durchdringung  unermesslicher  Weiten)  auf  dem  kleinen 
Räume  der  Luftatmosphäre  stattfindenden  Temperaturunter- 
schied zwischen  Schneelinie  und  Palmenwald  unvereinbar  ist, 
sodass  die  Einwirkung  der  Sonne  auf  die  Erde  nicht  als 
Wärme  zustrahlend,  sondern  als  Wärme  erweckend  gedacht 
werden  muss. 

Die    Phasen    der    embryonalen    Entwickelungsgeschichte 


Die  Spiachgestaltung.  261 

zeigen  nicht  das  Durchlaufen  einer  Reihe  von  Wirbelthier- 
stufen,  die  allmählich  bis  zum  Menschen  führen,  sondern  sie 
beweisen  nur,  dass  eine  gewisse  Menge  der  Verbreitungs- 
stadien überall  gleichartig  ist,  bis  dann  die  individuellen  Spe- 
cificirungen  sich  differenziren,  und  beim  Hunde  z.  B.  das  an- 
gelegte Schwanzstück  länger  auswächst,  während  es  beim 
Menschen  verkümmert.  Der  Architekt  wird  immer  in  gleicher 
Weise  damit  beginnen.  Steine  anzuführen,  Gerüste  aufzustellen, 
das  Fundament  zu  legen,  den  Unterbau  herzurichten,  welcher 
Art  der  aufgegebene  Bau  auch  sei,  aber  der  besondere  Kiss 
desselben  wird  dann  bald  nach  ganz  entgegengesetzten  Rich- 
tungen auseinanderfähren,  ob  ein  Schauspielhaus,  eine  Kirche 
oder  ein  Schloss  beabsichtigt  ist.  Die  vermuthete  Recapitula- 
tion  der  Phylogenesis  durch  die  Ontogenesis  ermangelt  a 
priori  ihrer  Detailbegründung,  und  ein  Ei-Plasma,  auf  das 
sich  die  Erwerbungen  der  Aeltern  vererben,  ist  schon  kein 
gleichartiges  mehr,  obwol  äusserlich  so  scheinend  und  noch 
denselben  Umwandlungsprocess  durchlaufend. 

Einer  jeden  Krystallbildung  gehen  in  gleicher  Weise 
Trübungen  der  Flüssigkeit  und  Strömungen  in  derselben  vor- 
her, aber  die  folgenden  Krystallisationen  verlaufen  durchaus 
unabhängig.  Einen  gemeinsamen  UrsjDrung  für  sämmtliche 
Krystalle  anzunehmen,  wäre  ein  naturwissenschaftlicher  Un- 
sinn, denn  nach  dem  heutigen  Standpunkt  der  Forschung  sind 
der  Rhomboeder  des  Quarz  (als  Silicium)  und  der  Octoeder 
des  Diamant  durch  eine  unübersteigliche  Barriere  geschieden, 
obwol  dennoch  in  gesetzlichen  Grenzen  Variationen  statthaben 
mögen,  Olivinkrystalle  in  Serpentin  übergehen,  Tiu'malin  in 
Speckstein,  Magnesit  (Rhomboeder)  in  Talkglimmer  (schiefe 
rhombische  Säule),  Dolomit  (Rhomboeder)  in  Gips  (schiefe 
rectanguläre  Säule)  u.  s.  w.  unter  entsprechender  chemischer 
Umwandlung.  Wenn  in  der  organischen  Natur  die  eiweiss- 
artigen  Substanzen  durchgängig  in  ihrem  chemischen  Verhalten 
gleichartig  sind,  so  beweist  das  nicht  für  eine  in  directer  Ver- 
wandtschaft unmittelbare  Uebergänge  ermöglichende  Gleich- 
artigkeit der  Typen,  denn  während  im  Anorganischen  das 
Specifische  unmittelbar  am  Stoff  haftet  und  eine  nothwendige 
Wechselbeziehung  zwischen  Mischungsgewichten  und  Krystal- 
lisationswinkeln  statthat,  tritt  das  organische  Specifische  erst 
im  Wachsthum    hervor,    und    muss   in   der  Fülle   seiner  Er- 


262  Viertes  Kapitel. 

scheinungsformen  untersucht  sein,  ehe  sich  ein  Urtheil  über 
das  factisch  ineinander  Umwandkingsfähige  und  das  typisch 
Getrennte  bilden  lässt. 

Wenn  jeder  der  vier  Menschenaffen  den  Menschen  in 
einer  oder  einigen  Beziehungen  näher  steht  als  die  übrigen 
(s.  llaechel)  und  die  Affenähnliehkeit  des  Menschen  sich  (nach 
Woisbach)  auf  die  einzelnen  Körperabschnitte  bei  den  ver- 
schiedenen Völkern  vertheilt,  wenn  ferner  (nach  Huxley)  die 
anatomischen  Verschiedenheiten,  welche  den  Menschen  vom 
Gorilla  und  Schimpanse  scheiden,  nicht  so  gross  sind  als  die, 
welche  den  Gorilla  von  den  niedrigem  Affen  trennen,  so 
scheint  das  Aussterben  der  affenartigen  Stammältern  des 
Miaischengeschlechts  (deren  in  den  Versteinerungen  siid- 
asiatischer  Tertiärschichtungen  aufgefundene  Gebeine  sie  in  die 
Gruppe  der  schwanzlosen  Schmalnasen  setzen  würde)  über- 
flüssige Haarspalterei,  da  die  Grösse  der  die  Uebergänge  ver- 
bindenden und  trennenden  Stufen  in  keiner  der  zooloojischen 
Gruppen  so  genau  mathematisch  bestimmbar  ist,  um  nicht  einen 
aus  den  Repräsentanten  des  Menschengeschlechts  neben  einen 
entsprechenden  der  Affen  stellen  zu  können.  Viele  der  aus 
der  Entwickelungstheorie  folgenden  Betrachtungen  geben  wich- 
tige Aufschlüsse  über  die  in  den  organischen  Reichen  walten- 
den Gesetze ;  innerhalb  der  vorsichtigen  Grenzen,  die  Darwin's 
Untersuchungen  einhalten,  sind  manche  der  nachgewiesenen 
Umwandlungsformen  als  sichergestellt  anzunehmen,  ebenso  wie 
lluxley's  Beweisführung  gleichartiger  Function  in  Grosszehe 
und  Daumen,  und  daraus  folgende  Wegräumung  der  Schranken 
zwischen  Bimana  und  Quadrumana  in  voigleichender  Anatomie; 
aber  alle  diese  durch  sorgsames  Detnilstudium  gewonnenen 
Errungenschaften  rechtfertigen  nicht  nur  nicht,  sondern  ver- 
bieten vielmehr  durch  den  Aufbau  von  Hypothesen  den  Schein 
eines  fertigen  Systems  zu  simulircn,  wenn  wir  kaum  die  ersten 
Steine  für  die  Grundsteinlegung  zusammengetragen  haben. 
Erst  nachdem  das  gesammte  Geistesgebiet  mit  derselben  schar- 
fen Inductionsmethode  durchforscht  ist,  dürfen  wir  uns  einen 
Ueberblick  iiber  den  Zusammenhang  des  Naturganzen  erlauben, 
das  auch  den  Menschen  einschliesst,  also  den  Menschen  allen 
seinen  Beziehungen  nach  und  nicht  einseitig  nur  als  zoologisches 
Beobachtungsobject. 

])(n-  Anfangspunkt  anthropologischer  Betrachtung  ist  der 


Die  Sprachgestaltung.  263 

Meiiscil  im  Zustande  rohester  Unciütur,  uicht  der  Affe,  mit 
dem  wir  in  das  Gebiet  eines  andern  Naturreichs  hiniibertreten 
wiirden.  Spielender  Phantasie  sagt  es  zu,  die  gesetzlich  ge- 
zogenen Grenzen  zu  überspringen,  um  sich  in  ungeheuerlichen 
Erscheinungen  zu  ergötzen;  die  exacte  Naturwissenschaft  darf 
auch  nach  der  Erkenntniss  des  allgemeinen  Zusammenhangs 
im  All  die  einzelnen  Arbeitsfelder  erst  dann  zu  verknüpfen 
wagen,  wenn  durch  Detailuntersuchungen  die  Forschung  in 
jedem  einzelnen  vollendet  und  dadurch  seine  relative  Stellung 
zum  Ganzen  fest  bestinnnt  ist.  Die  Schwärmereien  der  Or- 
ganosophen  fanden  schon  iiberali  Berührungen  zwischen  Kry- 
stallen  und  Thieren,  die  auf  der  Zelleiitheorie  basirende  Ent- 
wickelungsgeschichte  der  letztern  ist  sich  aber  der  trotz  eifrig- 
ster Förderung  noch  inmier  bleibenden  Lücken  in  ihren  Be- 
obachtungen zu  sehr  bewusst,  um  schon  jetzt  Anknüpfungen 
zu  versuchen,  die  morgen  wieder  aufzulösen  wären. 

lieber  den  Zweckbegriff"  der  Natur  hat  man  ziellos  ge- 
stritten, weil  man  denselben,  wenn  nicht  auf  den  Plan  einer 
ausserweltlichen  Gottheit,  teleologisch  auf  den  Menschen  bezog 
und  sich  nicht  auf  den  Standpunkt  objectiver  Betrachtung  zu 
stellen  vermochte.  Die  Früchte,  die  ungenossen  verfaulen,  die 
Blumen,  die  ungerochen  verduften,  die  Schönheiten  der  Paradies- 
vögel, die,  wie  Wallace  bemerkte,  seit  zahllosen  Zeiten,  ohne 
ein  menschliches  Auge  zu  treffen,  in  die  Erscheinung  treten 
und  verschwinden,  sie  und  alle  andern  Naturobjecte  tragen 
den  Zweck  ihres  Daseins  in  sich  selbst,  sodass  dieser  nicht 
aus  ihren  Beziehungen  zum  Menschen  herausgerechnet  werden 
kann.  Bestimmte  meteorologische  und  geologische  Verhält- 
nisse bedingen  das  Hervortreten  dieses  Vogels  oder  jener 
Blume,  jedes  organischen  Productes,  als  Ausdruckes  seiner 
geographischen  Provinz,  im  nothwendigen  Schlüsse  des  Wechsel- 
ringes zwischen  Ursache  und  Wirkung.  Der  von  der  Pflanze 
als  solcher  erfüllte  Zweck  ihrer  Existenz  liegt  in  der  natur- 
gemässen  Entwickelung  ihrer  innewohnenden  Triebe,  in  ihrem 
Wachsthum  bis  zur  reifenden  Frucht,  und  die  schwellende 
Fülle  dieser,  ihr  Existenzbewusstsein  (nach  menschlicher  Auf- 
fassung) bildet  den  eigentlichen  Zw^eck,  ohne  dass  wir  (wenn 
auch  die  Folgewirkung  im  allgemeinen  Zusammenhang  nicht 
übersehbar  bleibt)  zufällige  Zweckverwerthungen ,  die  in  Be- 
ziehung zu  andern  Naturwesen  eintreten  können,  zu  leitenden 


264  Viertes  Kapitel. 

erheben  dürften.  Auch  beim  Menschen  bildet  den  Zweck  der 
Existenz  die  Entwickeking  der  innewohnenden  Kräfte,  wodurch 
(wie  vorbereitend  schon  bei  den  Thiercn)  an  das  körperliche 
Wachsthum  sich  die  geistige  Gedankenzeugung  anschliesst. 
Jede  dieser  psychischen  Productionen  bleibt,  einmal  in  die 
Existenz  getreten,  ebenso  unzerstörbar,  wie  alles  elementare 
Sein  materiellerer  Auffassung,  und  da  die  Geistesthätigkeit 
des  Menschen  nothwendig  das  sogenannte  Selbstbewusstsein 
involvirt,  bleibt  auch  diesem  die  Fortdauer  gesichert.  Während 
der  Mensch  zur  körperlichen  Aussenwelt  eine  excentrische 
Stellung  einnimmt,  nur  nebensächlich  zwischen  dieselbe  ein- 
geordnet ist,  ruhen  alle  die  geistigen  Interessen,  die  Ideale  des 
Ewigen  und  Unendlichen  einzig  und  allein  auf  dem  Geiste 
selbst,  sind  die  Schöpfung  desselben,  aus  ihm  hervorgegangen 
und  deshalb  auch  unauflöslich  mit  ihm  in  Wechselseitigkeit 
verknüpft.  Von  einer  möglichen  Vernichtung  des  Geistes  im 
Gegensatz  zu  dem  metaphysischen  Idealismus  zu  reden,  ist  eine 
contradictio  in  adjecto,  w^eil  jene  Ideen  ja  erst  durch  den 
Geist  selbst  ihre  Existenz  gew^onnen  haben  und  von  demselben 
nur  durch  seinen  natürlichen  Zusammenhang  mit  ihnen  her- 
vorgerufen werden  konnten.  Das  menschliche  Geistesleben, 
obwol  im  Irdischen  wurzelnd,  schwebt  schon  oberhalb  dessel- 
ben, in  kosmische  Regionen  hineinragend. 

Dass  die  Gleichheit  in  den  menschlichen  Grundzüijen  der 
Constitution  ihre  partiellen  Verschiedenheiten  überwiegt,  be- 
weist eben  die  Zusannncnfassung  der  Hassen  unter  dem  Ge- 
sammtbegrifi'  der  Menschheit,  und  wie  von  einem  (den  Denk- 
gesetzen widersprechenden)  Ursprung  ist  auch  eine  weitere 
Anknüpfung  an  zoologische  Typen  abzuweisen,  wodurch  die 
gesetzlich  ^rauszusetzenden  Species  negirt  werden  würden. 
Der  Schädel  allein  kann  bei  Eintheilungcn  nicht  entscheidend 
sein,  da  er  nur  den  integrirenden  Theil  eines  grössern  Ganzen 
bildet,  und  bei  der  im  Wachsthum  nothwendigen  Correlation 
aller  Theilc  vorauszusetzen  ist,  dass  z.  B.  der  pyramidale 
Schädel  der  Eskimo  (wie  er  von  Davis  für  die  grönländische 
Abtheilung  als  charakteristisch  angenommen  wird)  oder  der 
dolichocephalische  ^)  tropischer  Neger  mit  weiter  entsprechcn- 


')  That  the  Esquimaux  of  tlie  wliolc  arctic  cirolo  are  oiie  and  thc  same 
people  is  qiiite  an  inadmissible  view,  nach  Davis,  der  die  Eskimo  Grönlands 


Die  Sprachgestaltung.  265 

den  Modilicationen  des  Skeletgemstes  (wie  sie  bei  jenen  wahr- 
scheinlich besonders  im  Brustsystem,  bei  diesen  im  Baiich- 
system  hervortreten  wiirden)  unauflöslich  zusammenhängt,  wenn 
ajich  bisjetzt  (bei  Mangel  an  Material  und  darauf  gerichteten 
Beobachtungen,  sowie  der  Schwierigkeit  reiner  Untersuchungs- 
objecte)  der  Nachweis  im  Detail  noch  nicht  möglich  sein 
wiirde.  Bei  Versetzung  unter  verschiedene  Verhältnisse  wird 
der  Normaltypus  iiberall  zu  variiren  beginnen  und  deshalb  die 
Erde  mit  den  bunt  untereinandergeschobenen  Stämmen  jetziger 
Menschengestaltung  fiillen,  während  ursprünglich  nach  den 
geographischen  Provinzen  die  Eigenthümlichkeiten  hervor- 
traten, in  denen  die  Localfärbungen,  wenn  gegen  die  Schwere 
der  anthropologischen  abgewogen,  nahezu  verschwinden.  In 
gleicher  Weise  wird  eine  gleichartige  Sprachform,  als  gleich- 
artiges Product  gleicher  Bildungswerkzeuge,  anzunehmen  sein, 
wie  auch  überall  sich  eine  Gleichheit  in  den  Grundideen  nach- 
weisen lässt,  wogegen  diese  dann  (als  selbständige  Erzeugnisse 


(with  the  typical  skulls  of  the  pyramidal  form)  von  denen  des  westlichen 
und  östlichen  Nordamerika  unterscheidet.  The  Dolichocephalism  of  the 
South-African  races  or  (accordingly  to  Gratiolet)  occlpital  races  is  occipital. 
The  crania  of  Bushmans  present  a  complete  refutation  of  the  hypothesis  of 
the  unity  of  the  human  race,  as  well  as  of  the  development  hypothesis 
(Davis).  There  is  a  good  deal  of  variety  among  the  skulls  of  the  tribes  of 
equatorial  Africa.  Some  are  long  and  narrow,  other  broad  in  the  inter- 
parietal region,  some  even  brachycephalic  (s.  Davis).  The  internasal  suture 
is  entirely  obliterated  and  the  synostosed  flat  nasals  are  reduced  to  almost 
a  quadrangular  plate  (in  the  skull  of  Bushmans).  The  diminutive  nasal 
bones  are  Consolidated  into  one  small  scale  (Davis).  Supernumerary  teeth 
in  African  skulls  (bei  Dahomeer).  An  entire  absence  of  nasal  bones  (in 
Eboe,  Bakele),  only  one  exists  (in  Osekani),  a  simious  peculiarity  (in  African 
skulls).  —  Die  Kamtschadalen  des  Sedanka-Stammes,  die  sich  durch  kleine, 
wohlgeformte  Nasen  auszeichnen,  zeigen  in  den  vorspringenden  Kiefern  und 
dicken  Lippen  das  Gesicht  der  Frauen  bei  den  Fisch-Tungusen  in  Judomsk 
(s.  Erman).  Die  von  dem  Dialekt  der  Sedankaer  abweichende  Sprache  der 
Je^owkaer  ist  von  der  an  dem  Flusse  Uka  (in  Kamtschatka)  gesprochenen 
verschieden  (als  der  ansässiger  Korjaken).  Die  weisse  und  blühende  Farbe 
der  Kinder  bei  den  Kamtschadalen  wird  später  dunkel.  —  Le  front  tres 
bombe  et  carre  du  Serbe  et  du  Bosniaque  annonce  la  bienveillance  et  la 
bonte  reunies  au  courage,  a  la  fermete  et  souvent  ä  la  prevoyance,  ainsi 
qu'a  la  generosite  (Boue).  —  The  researches  of  Benfey  have  shown  the 
extent  to  which  the  Egyptian  language,  those  of  Morton  the  extent  to  which 
the  Egyptian  osteology  is  Semitic  (Le  Hon).  —  Les  etudes  craniologiques 
sur  les  momies  iudiquent  certains  caracteres  propres  a  la  race  indoue. 


266  Viertes  Kapitel. 

geistiger  Schöpfungsthätigkeit)  bald  unter  Einfluss  begiinstigen- 
der  Verhältnisse  weit  auseinanderzusclieiden  beginnen  und  sich 
in  reichster  Mannichfaltigkeit  entfalten.  Die  Laute  der  pri- 
mären Sprache  sind  als  monosyllabische  aufzufassen,  die  sich 
nach  polysynthetischen  Verbindungen  im  Fluss  der  Rede  an- 
einanderreihen, zugleich  aber,  wenn  durch  fremde  Eindring- 
linge in  ein  Chaos  von  Mischsprachen  aufgelöst,  sich  bei  der, 
durch  die  in  Wechselwirkung  gezeitigte  Civilisatiou ,  hervor- 
gerufenen Schrift,  in  einem  politisch  bedingten  Moment  der 
Ent Wickelung,  fester  fixiren,  und  dann  aus  der  später  gram- 
matischen Anordmmg  zu  den  Regeln  der  Flexionen,  wie  sie 
sich  (ausser  bei  den  in  der  Bilderschrift  verbliebenen  Chinesen) 
bei  den  Culturvölkern  der  Alphabete  finden,  Anlass  geben. 

Die  ersten  Anreden  waren  fragend  (indem  man  nicht  iiber- 
fliissig,  sondern  nur,  wenn  der  Antwort  bedürftig,  sprach). 
Die  dadurch  gebildete  Verbalform  siehstu,  hastu,  gehstu  ge- 
niigte  dann  auch  später  für  Verwendung  in  directen  Sätzen, 
bis  eine  fremde  Einwanderung  der  Deutlichkeit  wegen,  das 
bestimmende  Pronomen  noch  im  besondern  zufügte,  während 
sich  zugleich  die  Endung  des  Verbums,  als  jetzt  bedeutungs- 
los, verkürzte,  du  siehst,  du  hast,  du  gibst.  Erst  in  der 
Wechselwirkung  aus  Frage  und  Antwort  entspringt  der  Ge- 
danke der  Gesellschaft.  Homo  sine  homine  nullo  modo  potest 
vivere  (Lactant.). 

Von  Reinheit  der  Sprachen  redend,  pflegt  man  denselben 
Fehler  zu  begehen,  der  in  der  vermeintlichen  Reinheit  der 
Rassen  täuschte.  Das  durch  praktische  Berührung  Gültige 
inid  Beste  wird  der  Theorie  als  fertig  Gegebenes  überliefert 
und  von  ihr  mit  dem  Schein  des  UrsjDrünglichen  aufgenommen, 
weil  sie,  bei  Vernachlässigung  des  genetischen  Princips,  für 
die  langen  Reihen  abortiver  Uel)ergangsstadien  blind  sein  muss, 
die  erst  auf  engen,  beschwerlichen  Pfaden  zu  jener  Höhe  des 
Reinem  und  Edlern  führten.  Wie  Reinheit  der  Rasse  nur  in 
dem  vorsichtig  geziichteten  Kunstproduct  geschätzt  wird,  so 
wird  die  Sprachreinheit  erst  in  den  Arbeiten  der  Grammatiker 
geklärt.  Das  mit  dialektischer  Freiheit  redende  Volk  bindet 
sich  an  keine  Regeln,  solange  diese  nicht  in  einer  Schrift- 
sprache fixirt  sind  und  aus  derselben  eine  mehr  oder  weniger 
scharfe  Bewachung  oder  Controle  ausüben.  Die  zur  Annahme 
oder  Ausbildunjx    einer    Schrift    führenden   Culturverhältnisse 


Die  Sprachgestaltung.  267 

setzen  stets  politische  Conjimctiiren  solcher  Art  voraus,  dass 
Sprachmischungen  in  der  einen  oder  andern  Weise  schon  statt- 
gefunden haben  und  das  Landesidiom  in  einen  Jargon  iiber- 
zuf 'iihren  beginnen.  Gerade  indem  die  instinctive  Sprachbildung 
gehemmt,  die  ungestüm  wuchernde  Schöpfungskraft  durch  ge- 
waltsame Verstümmelungen  ertödtet  ^vird,  bietet  sich  der 
Grammatik  später  Gelegenheit,  die  bei  dem  Zerreissen  des 
leljensschwellenden  Organismus  umhergestreuten  Fetzen  (deren 
Verwirrung  dem  mit  dem  Sprachgebrauch  befriedigten  Ano- 
malisten  die  Bemiihungen  der  Analogisten  des  Aristarch  hofi- 
nungslos  erscheinen  Hess)  in  ein  geordnetes  System  zusammen- 
zufügen, aus  dem  jetzt  erstorbenen  Holz  ein  stolzes  Gebäude 
zu  errichten,  das  sich  um  so  besser  und  unversehrter  erhalten 
wird,  je  mehr  jeder  Triebkeim  erstickt  ist.  Ein  Fortgären 
desselben  würde  nur  parasitische  Zerstörungen  fördern,  die 
der  Haltbarkeit  des  Ganzen  Eintrag  thun  müssen,  obwol  man 
sie  in  dem  Winkel  abgelegener  Volksdialekte  ungestört  lassen 
mag,  da  auch  Schmarotzerpflanzen  die  Poesie  einer  romantischen 
liuine  erhöhen  können.  Die  Grammatik  hat  sich  mühsam  auf 
dem  Wege  der  Induction  durch  Analogien  zur  Katio  empor- 
gearbeitet, und  sie  hat  damit  auch  den  andern  Geisteswissen- 
schaften die  zum  Ziele  führende  Bahn  gezeigt,  die  ihren 
Zwecken  zu  Gebote  stehenden  Materialien,  denn  richtig  fragt 
Varro:  Quae  enim  est  pars  mundi,  quae  non  innumerabiles 
habeat  analogias? 

Alle  unsere  Literatursprachen  sind  aus  Mischungen  her- 
vorgegangen. Von  dem  Attischen  bemerkt  es  Xenophon  (und 
später  bildete  sich  die  lingua  general  oder  xoivvj),  die  Elemente, 
die  zur  Bildung  des  Römischen  beitrugen,  sind  bekannt  genug, 
ebenso  w4e  die  Bildungsgeschichten  der  romanischen  und  ger- 
manischen Sprachen.  Bei  dem  Sanskrit  liegt  die  kiinstliche 
Gestaltung  klar  vor  und  hat  dasselbe,  wie  die  chinesische 
Mandarinensprache,  durch  Rangstufen  von  dem  Volksdialekt 
gänzlich  abgetrennt,  während  das  Persische  in  den  ver- 
schiedenen Stadien  seiner  Entwickelung  beständig  aus  diesem 
schöpfte  und  das  Arabische  den  unmittelbarsten  Zusammenhang 
bewahrt  hat. 

Das  Regellose  in  den  noch  schriftlosen  Mundsprachen  ist 
natürlich  nur,  wie  in  allem  Organischen,  ein  Regelloses  in  der 
Erscheinungsweise,  während  die  das  Wachsthum  regulirenden 


268  Viertes  Kapitel. 

Gesetze  nothwendig  fest  und  unverändert  bleiben.  Wenn  ein 
Baum  diesmal  viel,  ein  andermal  wenig  Friichte  trägt,  hier 
Zweige  mit  Blättern  überfüllt,  während  sie  dort  kahl  bleiben, 
so  mögen  wir  dies  regellos  nennen,  solange  ein  Einblick  in 
alle  meteorologischen  oder  physiologischen  Detailverhältnisse 
versagt  ist,  aber  die  Kegeln,  unter  denen  der  Baum  überhaupt 
emporwächst,  bleiben  deshalb  ein  und  dieselben.  Allerdings 
wächst  ein  Monocotyledon  anders  als  ein  Dicotyledon,  und  die 
durch  den  eingepflanzten  Samen  mitgetheilte  Richtung  muss 
in  der  daraus  hervorgewachsenen  Pflanze  beharren,  solange 
diese  Pflanze  als  solche  fortdauert.  Ebenso  wird  ein  Volk, 
in  dem  die  Bildungskraft  einer  Flexionssprache  erwacht  ist, 
immer  nur  in  dieser  reden,  und  von  den  isolirten  Wortcom- 
plexen  der  monosyllabischen  Sprachen  nicht  weniger  streng 
geschieden  sein  als  der  kreisförmige  Holzbündel  der  Dicotyle- 
donen  von  dem  zerstreut  stehenden  der  Monocotyledonen.  Mit 
diesen  den  Urwald  schmückenden  Baumriesen  (die  sich  in 
üppigster  Mächtigkeit  entfalten,  soweit  sie  Raum  haben)  ist 
nun  aber  nicht  eher  etwas  anzufangen,  als  bis  sie  in  Stiicke 
zerhackt  sind,  bis  die  zu  Planken  verarbeiteten  und  geglätteten 
Hölzer  dem  Baumeister  überliefert  sind,  um  aus  ihnen  ein 
architektonisches  Kunstwerk  aufzuführen,  das,  ebenso  wie  das 
grammatikalische,  die  Denkgesetze  des  schöpferischen  Menschen- 
geistes ausspricht. 

Indem  wir  bei  den  verschiedensten  Völkern  an  der  Spitze 
ihrer  Geschichte  immer  bis  auf  geringe  Modificationen  gleich- 
artige Namen  wiederkehren  finden,  Mena,  Manu,  Mann,  Ma- 
nito,  Menio,  Minos,  u.  s.  w.,  entweder  den  Stifter  oder  das 
älteste  Volk  (wie  die  Mansi  der  Chinesen)  oder  die  so  viel- 
fach als  Ursprung  betrachteten  Steine  (bei  den  Khasia)  oder 
die  Erde  (bei  Finnen  und  Esten)  bezeichnend,  so  schliesst  (in 
Anbetracht  der  unendlichen  Fülle  anderer  Möglichkeiten)  die 
Regelmässigkeit  dieser  einen  den  Zufall  aus  und  verlangt  in 
der  Wahrscheinlichkeitsrechnung  die  Annahme  eines  Gesetzes. 
Obwol  bei  manchen  dieser  Völker  geschichtliche  Beziehungen 
stattgefunden  haben  und  bekannt  sind,  so  fehlt  doch  der 
Nachweis  in  der  Verbreitung  des  Namens  aus  einem  gemein- 
samen Ursprung,  und  die  hypothetische  Annahme  eines  solchen 
schlägt  sich  selbst,  weil  eben  die  historischen  Thatsachon 
mangeln,  auf  denen  sie  zu  fussen  hätte.    Bei  manchen  Worten 


Die  Sprachgestaltung.  269 

lässt  sich  auf  die  onomatopoetische  Entstehung  zurückgehen 
(bei  Donner,  bei  Thiernamen  u.  s.  w.),  indem  der  durch  einen 
gleichmässigen  Eindruck  gctrofiene  Geist  iiberall  in  derselben 
Weise,  unter  geringen  Modificationcn,  reagirte,  in  andern  Fällen 
ist  auch  schon  auf  der  psychischen  Sphäre  ein  directer  Zu- 
sammenhang; zwischen  dem  Ding  und  seinem  Namen  bemerk- 
bar  (wie  bei  gehen,  stehen,  die  Verwendung  der  vollen  Vocale 
fiir  das  Grosse,  der  spitzen  für  das  Kleine  u.  s.  w.),  indessen 
würde  sich  eine  solche  Gleichung  in  diesem  Falle  nicht  her- 
stellen lassen,  da  die  Auffassung  des  Ahnherrn  in  der  viel- 
fachsten Weise  (wie  ethnologische  Beobachtungen  zeigen)  wech- 
seln kann,  und  keine  einzelne  davon,  als  normale,  Gültigkeit 
hätte.  Um  vorläufig  in  das  über  die  Silbe  „man"  verbreitete 
Dunkel  einiges  Licht  zu  tragen,  und  besonders  die  Wechsel- 
beziehungen, die  deutlich  zwischen  ihrer  Verwendung  als 
Eigennamen  mit  der  Bezeichnung  für  Stein,  Erde  und  Erden- 
mutter bestehen,  secundär  zu  erhellen,  würde  es  am  geeignet- 
sten sein,  ein  anderes,  ähnliche  Phasen  zeigendes  Wort,  das 
einen  Theil  seiner  Rolle  in  einer  geschichtlich  schon  beleuchteten 
Zeit  spielt,  zu  vergleichen  und  dann  aus  Analogien  des  hier 
Kenntlichem  auf  das  in  früherm  Vorzeitnebel  Verschwimmende 
zurückzuschliessen.  In  der  historischen  Verbreitung  des  Islam 
können  wir  die  weite  Ausstreuung  des  aus  früher  Zeit  herüber- 
genommenen Wortes  Adam  verfolgen,  das  gleichfalls  „erster 
Mensch"  und  „(rothe)  Erde"  bedeutet,  und  das  jetzt  auf 
fernsten  Arealen  angetroffen  worden,  oft  auf  scheinbar  ganz 
isolirten,  da  die  einst  bestandene  Uebergangsbrücke  wieder 
abgebrochen  ist.  Besässen  wir  nun  längere  Beobachtungsreihen 
über  die  Veränderungen,  die  das  Wort  Adam  in  seinem 
mythologischen  Verständniss  auf  den  verschiedenen  Theilen 
der  Erde  untergangen  hat  (immer  im  wechselsweisen  Zusammen- 
hang mit  den  jedesmaligen  ethnologischen  Verhältnissen,  daraus 
hervorwachsend  und  aus  diesen  gefärbt),  so  würden  durch  An- 
näherung der  über  Man  aufstellbaren  Reihen,  aus  den  Be- 
rührungs-  oder  Aehnlichkeitspunkten  gewisse  Folgerungen  als 
nothwendig  hervorspringen,  die  sich  weiter  in  Rechnungen 
verwerthen  Hessen,  nicht  nur  die  psychologischen  Processe,  die 
bei  traditioneller  Namen-  und  Personenschöpfung  thätig  ge- 
wesen, aufzuklären,  sondern  wahrscheinlich  auch  hier  imd  da 
um   factische  Anhalte  für  geschichtliche  Verhältnisse,   die  in 


270  Viertes  Kapitel. 

einer  von  andern  Gebieten  aus  unzugänglichen  Vorzeit ')  be- 
standen. Zunächst  muss  also  nur  daran  gedacht  werden,  das 
wünschenswerthe  Material  in  möglichster  Fülle  zusammen- 
zusammeln. 

Auf  jedem  Beobachtungsfelde,  das  Gegenstand  wissen- 
schaftlicher Untersuchungen  wird,  kann  nicht  länger  von  Zu- 
fall gesprochen  Averden,  denn  sobald  wir  in  einem  Falle  den 
Zufall  erlauben,  müssen  wir  ihn  überall  mitwirken  lassen,  weil 
sonst  jede  Richtigkeit  in  den  Berechnungen  nach  Verhältniss- 
werthen  aufhört.  Keine  Namensähnlichkeit  ist  Zufall,  es 
kommt  nur  darauf  an,  ob  die  Ursache,  die  sie  hervorgerufen 
hat,  geschichtlich  zu  verwerthen  ist  oder  überhaupt  eine  weiter- 
greifende Bedeutung  besitzt.  Die  verschiedene  Form,  unter 
der  die  Bezeichnung  für  Ausländer  als  Wenden,  Wanen, 
Veneter,  Pannonier,  Pandu  u.  s.  w.  wechselt,  ist  häufig  durch 
einen  historischen  Faden  verbunden,  der  in  andern  Fällen 
wieder  abgeschnitten  ist,  und  die  Aufgabe  der  Detailunter- 
suchung ist  es  eben,  hier  jedes  einzelne  Factum  zu  prüfen. 
Erfahren  wir,  dass  die  durch  ihre  Orakel  und  religiösen  Weihen 
berühmten  Kuren  der  Ostsee  Kureten  genannt  wurden,  so  ist 
diese  Bezeichnung  in  keiner  Weise  eine  zufällige,  sondern 
gerade  mit  Absicht  auf  den  classischen  Namen  Kureten  (hier 
durch  Schriftsteller,  bei  andern  Gelegenheiten  durch  den  Volks- 
witz oder  unbewusst  bleibende  Analogien)  so  geschafi'en,  würde 
aber  zu  weitern  Rückschlüssen  \\m  so  weniger  dienen  können, 


1)  Laplace  bemerkt,  dass  durch  die  lange  Zahl  der  Zeugnisse,  durch 
welche  historische  Ueberlieferungen  meistens  hindurchzugehen  haben,  sieh 
die  Deutlichkeit  vermindere,  wie  durch  übereinandergeschobene  Gläser,  aber 
auch:  La  probabilite  du  mensonge  des  temoins  diminue,  quand  le  fait,  qu'ils 
attestent,  est  moins  probable  en  lui-meme.  —  Wie  allen  Körpern  gewisse 
Eigenschaften  gemein  sind  (wie  Ausdehnung,  Undurchdringlichkeit,  Theil- 
barkeit,  Ausdehnbarkeit,  Zusammeudrückbarkeit,  Porosität,  Trägheit,  Schwere), 
während  Magnetismus,  Elektricitätserscheinungen,  Phäuümene  der  Lichtent- 
wickelung nur  einzelnen  bestimmten  Substanzen  (oder  nur  unter  bestimmton 
Verhältnissen)  zukommen,  so  haben  wir  in  der  psychischen  Entwickelung 
zunächst  die  durchgehend  (oder  viellach)  wiederkehrenden  Grundgedanken 
(Elementarvorstellungen  von  Feuer  und  Wasser,  Couvade,  Namensveräuderung 
u.  s.  w.)  auszuscheiden,  um  die  specifisch  eigenthümlichen  (besondern  Cultur- 
zustände)  hervorzuheben.  Nicht  die  todten  Sprachen,  sondern  Mathematik 
und  Physik  sind  das  Ziel  der  gegenwärtigen  Gesellschaft,  denn  diese  schaffen 
Arbeiter  und  jene  Müssiggänger  (meint  Napoleon  IIL). 


Die  Sprachgestaltung.  27  1 

als  den  mythischen  Gestalten  der  Kureten  selbst  jeder  geogra- 
phische Boden  fehlt.  Beachtnng  verlangt  auch  die  schwächste 
und  scheinbar  entlegenste  Aehnlichkeit,  da  sie  uns  immer  auf 
irgendeinen  Zusammenhang  (wenn  auch  nicht  immer  den 
ethnologischer  Verwandtschaft)  führen  mag.  Würde  uns  z.  B. 
von  den  Kuren  nichts  weiter  bekannt  sein,  als  dass  sie  Kureten 
genannt  w^ären,  so  genügte  vielleicht  diese  Notiz,  aus  Ver- 
gleichung  mit  andern  ihre  religiöse  Bedeutung  zu  erfahren, 
die  uns  jetzt  über  sie  schon  direct  mitgetheilt  ist.  Und  so  in 
tausend  andern  Fällen.  Die  Kurzsichtigsten  sind  am  eifrigsten 
dabei,  Theorien  zu  bauen,  da  es  leicht  ist,  ihren  beschränkten 
Gesichtskreis  damit  auszufüllen.  Wer  aber  nicht  sämmtliche 
Verzweisfuno-en  des  Völkerlebens  vom  Norden  Amerikas  bis 
zu  den  verstecktesten  Theilen  Indiens,  von  Sibirien  und  China 
bis  Afrika  auf  allen  durcheinanderlaufenden  Pfaden  und  entlang 
jedes  einzelnen  überblickt,  der  hat  aus  den  Gesetzen  des  gesunden 
Menschenverstandes  Enthaltung  von  Hypothesen  zu  lernen, 
die  nur  im  allgemeinen  Zusammenhang  und  richtig  eingeordnet 
eine  Werthbezeichnung  und  damit  eine  Begründung  erhalten 
können.  Sollte  es  aber  jemand  geben,  dessen  Blick  in  der 
That  über  alle  Theile  des  Globus  schweifte  und  in  jeden  der- 
selben mit  gleicher  Schärfe  einzudringen  vermöchte,  so  würde 
sich  derselbe  bei  dem  gegenwärtig  unvollkommenen  Material  der 
Vorarbeiten  von  selbst  aller  fernerer  Hypothesen  erhalten,  und  je 
mehr  er  lernt,  desto  mehr  erkennen,  wie  viel  noch  zu  lernen  ist. 
Die  Joten,  ein  Riesenvolk,  mit  tiefer  Weisheit  begabt, 
spielen  eine  Kolle,  wie  sie  (nach  mythologischen  Analogien) 
sehr  wol  der  Uebergang  in  den  Gottbegriff  erlauben  würde, 
und  nach  einer  noch  in  den  heutigen  Dialekten  auftretenden  An- 
ordnung lässt  sich  der  Zusammenhang  von  Joten  und  Gothen 
nicht  verkennen,  wobei  das  zu  verschiedenen  Zeitepochen  in 
die  Sprache  eingetretene  Wort  seine  jedesmaligen  Formen 
nebeneinander  bewahren  mag  (wie  Dieu  und  Diable,  als  Devil 
und  Tyfel  oder  Sir  und  Sire  u.  a.  m.).  Bildete  sich  die  Sage 
zunächst  auf  der  cimbrischen  Halbinsel  den  feindlichen  Gegen- 
satz der  Gothen  (im  Anschluss  an  Niuthonen,  Yuthongen  und 
Teutonen),  so  mochten  die  verwandten  Stämme  Skandinaviens 
ihn  als  solche  aufnehmen,  und  gerade  wenn  schon  ausserdem 
ein  für  sie  freundschaftlicllfer  betrachtetes  V^olk  der  Gautar 
vorhanden  war,    die    beiden   recipirten  Verschiedenheiten  der 


272  Viertes  Kapitel. 

Bezeichnungen  absichtlich  markiren  und  den  urspriinglichen 
Zusammenhang  weder  betonen  noch  iiberhaupt  vermuthen, 
denn  die  Sage  stellt  ebenso  wenig  etymologische  als  historische 
Forschungen  an,  sondern  verwendet  das  überkommene  Material 
bei  passender  Gelegenheit.  Dergleichen  Annäherungen  erlauben 
freilich  keine  weitern  Folgerungen,  solange  die  philologisch 
erforschten  und  aufrecht  zu  erhaltenden  Gesetze  der  Laut- 
verschiebung keinen  Anhalt  gewähren,  auf  der  andern  Seite 
indessen  vermögen  diese  Gesetze  über  den  Kreis  hinaus,  inner- 
halb dessen  sie  sich  bewegen,  keine  aprioristische  Gültigkeit 
zu  beanspruchen,  da  ihre  Regeln  auch  dort  erst  wieder  vorher 
aus  objectiv  angesammelten  Thatsachen  abgeleitet  werden 
müssen.  Es  bleibt  zu  beachten,  dass  die  von  Grimm  ent- 
wickelten Gesetze  der  Lautverschiebung  nur  eine  bestimmte 
Phase  der  Sprachentwickelung  begreifen  und  dafür  überhaupt 
nur  bestimmt  waren.  Li  dem  bei  der  Fixirung  durch  die 
Schrift  gerade  herrschenden  Dialekt  des  Gothischen  entsprechen 
die  Tenues  den  griechisch-sanskritischen  Media,  die  Aspiraten 
den  Tenues,  die  Mediae  den  Aspiraten,  und  derselbe  Laut- 
wechsel hat  sich  nochmals  im  Verhältniss  zum  Althochdeutschen 
wiederholt.  Linerhalb  des  hier  gezogenen  Ringes  besitzen  die 
Gesetze  der  Lautverschiebung  volle  Geltung,  und  mit  derselben 
Sicherheit,  wie  es  Stanislas  Julien  infolge  der  aus  seinen  Be- 
obachtungen abgeleiteten  Regeln  gelungen  ist,  chinesische  Ent- 
lehnungen auf  ihre  Prototypen  im  Sanskrit  oder  Pali  zurück- 
zufiihren,  wird  sich  von  den  bei  Ulfilas  und  seinen  Zeit- 
genossen gefundenen  Worten  sagen  lassen,  welches  ihre  ent- 
sprechende Form  im  Griechischen  und  Sanskrit  sein  musste. 
Wenn  aber  selbst  heutzutage,  trotz  der  weiten  Verbreitung 
einer  controlirenden  Schriftsprache,  sich  das  Deutsche  in  eine 
bunte  Mannichfaltigkeit  von  Dialekten  zersplittert,  in  welcher 
dasselbe  Wort  bald  Goten,  bald  Gothen,  «loten,  Jotten,  Kotten, 
Koten,  Gnuten,  Jetten  und  hundertfältig  sonst  lauten  mag, 
so  wird  eine  noch  weit  grössere  Confusion  damals  geherrscht 
haben,  als  grösstentheils  schriftlose  Stännnc,  die  später  aus 
andern  Concordanzen  gemeinsam  als  germanische  aufgefasst 
wurden,  Europa  vom  Mälarsee  bis  Sicilien  und  vom  Maeotis 
bis  liusitanien  durchstreiften.  Mit  den  viele  Jahrhundorte 
später  aus  schriftlichen  Aufzeich«ungen  dem  Studium  vor- 
liegenden Dialekten   des   Althochdeutschen   (und  immer,   aller 


Die  Sprach gestaltüng.  273 

Wahrscheinlichkeit  nach,  nur  eines  Theils  derselben)  lässt  sich 
nur  ein  mangelhafter  Zusammenhang  herstellen,  sodass  wir  in 
der  Hauptsache  dejecta  membra  vor  uns  haben,  die  nur  bei 
gemeinsamem  Zusammenwirken  aller  sonst  durch  die  Ethnologie 
gebotenen  Hiilfsmittel  von  der  Philologie  zu  einem  organischen 
Ganzen  zusammensetzbar  sein  werden.  Die  Betrachtung  der 
Gothen  leitet  schon  bei  den  Guttonen  (des  Pytheas)  und  deren 
Beziehung  zu  den  Ostiaioi,  mehr  noch  bei  ihren  spätem 
Wanderungen,  auf  Nebenpfade,  die  nach  Finnen  und  Roxo- 
lanen,  sowie  am  Schwarzen  Meere  nach  Geten  und  Thrazien 
abfiihren,  und  obwol  allen  diesen  ihre  jedesmalige  Bedeutung 
im  Laufe  der  Geschichtschreibung  zukommt,  diirfen  sie  doch 
natürlich  nicht  mit  der  Richtung  des  Hauptpfades  vermengt 
werden.  Finden  wir  nun  in  Indien  die  Gupta-Dynastien  (nach 
der  Analogie  von  Chandragupta  oder  Sandracottus)  der  Kotti, 
so  wird  die  scheinbare  Beziehungslosigkeit  mit  thrazischen 
Kottys  oder  dacischen  Gothen  vermindert  durch  einen  Blick 
auf  die  Massageten,  die  einerseits  mit  sarmatischen  Thyssageten 
(oder  Thyrsen),  andererseits  mit  Jueitchi  in  Verbindung  stehen, 
zumal  die  (vom  Himalaja  herabgezogene)  Eroberungsdynastie 
der  (vielleicht  für  die  Erklärung  von  Mauringa ']  brauchbaren) 
Maurya  (im  Morlant  oder  Niederland),  aus  denen  Sandracottus 
(in  Verbindung  mit  den  Sakhya)  entsprang,  denselben  Weg 
nach  Indien  (unter  den  nach  Alexander's  Eroberung  einge- 
brochenen Wirren)  gefunden  zu  haben  scheint,  wie  die  im 
4.  Jahrhundert  a.  J.  nach  Tibet  geflüchteten  Klein-Jueitchi 
(denen  drei  Jahrhunderte  später  die  Gross-Jueitchi  auf  andern 


')  Von  Morung  (in  der  Gudrun),  als  Herr  von  Friesen  (von  Nifland 
oder  Valays) ,  schliesst  Mone  auf  ein  Geschlecht  der  Morunge.  Das  Land 
(antiquitus)  Maurungani  (südlich  von  Dänemark)  war  alter  Sitz  der  Franken 
(CJoogr.  Rav.).  Die  Maur  (Merowinger)  waren  von  den  schwarzen  Haaren 
genannt  (s.  Mone),  als  schweinsborstige  unter  den  Franken  (Wölfe),  Isen- 
grim's  Urahn  Lovo  hat  sich  mit  einer  San  begattet  (Rein).  Mauretanier  (oder 
Maurnsier)  mit  Medern  gemischt.  Seifrit  ist  König  von  Morlant  oder  (sum- 
pfigem) Niederland.  —  Erat  locus  quidam  sylvis  ac  paludibus  inhabitabilis, 
qiii  ab  incolis  Mereweda  nomen  accepit,  ubi  videlicet  Mosa  et  Wal  lluvius 
de  Rheno  affluens  pariter  corrivantur  (Bald.),  als  die  Heerlyckheid  van 
Mervvede,  wo  Merwede  oder  (nach  Vrede)  Meroveus  die  Burg  auf  der  Insel 
(•t5o  p.  J.)  erbaute.  Sylva  quae  Miriquidui  dicitur  (s.  Dietmar  v.  Merse- 
burg) zwischen  Daleminciern  und  Böhmen.  'A[JLaupo;  (dunkel)  führt  (in  W. 
mar)  auf  |j.ap[JLa(p£tv,  schimmern  (s.  Curtius).  Mawr  (celt.)  gross  (major). 
Bastian,  Studien.  X8 


274  Viertes  Kapitel. 

Umwegen  folgten).  Wenn  min  bei  den  mit  den  Hunnen 
deutlich  genug  (wenn  auch  nicht  in  der  von  Desguignes  ver- 
mutheten  Einfachheit)  in  Beziehung  stehenden  Hiongnu  die 
königlichen  Titel  auf  Kutu  ausliefen,  und  dieses  als  Sohn  er- 
klärt wird,  so  bietet  sich  die  natürliche  Analogie  zu  Gotr 
(proles)  in  einer  nicht  auf  gothische  und  turanische  Sprachen 
beschränkten  Wortform,  da  dieselbe  (beget  und  begotten)  durch 
gignere  wieder  auf  Geta  und  Geata  führt  (als  Gapt  oder  Gaut 
den  Ahnherrn  symbolisirend).  Es  wiederholt  sich  vielfach  in 
der  Etymologie,  dass  ein  an  sich  als  Nomen  proprium  ge- 
brauchter Völkername  zugleich  in  die  Bedeutungslosigkeit 
eines  vielen  hinzugefügten  Anhangs  übergeht,  wobei  die  dabei 
leitende  Idee  dem  Gedächtniss  häufig  ganz  entschwindet,  und 
dies  Schicksal  haben  Gothen  und  Geten  sowol  wie  Mauren 
getheilt.  Jede,  auch  die  scheinbar  entfernteste  Aehnlichkeit 
muss  festgehalten  werden,  da  sie  uns  (gleichviel  auf  welchem 
Gebiete  des  Forschens,  jedenfalls  immer  auf  einem)  Aufschluss 
verschaffen  muss,  und  die  Anerkennung  des  Zufalls  in  einem 
Falle  alle  Fälle  zufällige  macht.  Finden  wir  Welsche  in 
Italien,  in  Britannien,  in  Walachien,  den  welschen  Weg  (der 
Waldenser)  bei  Niederrad,  so  fällt  uns  nicht  ein,  dies  Zufall 
zu  nennen,  da  wir  auf  solch  wohlerforschten  Gebieten  die 
Gründe  dieser  gleichnamigen  Bezeichnung  kennen,  und  obwol 
es  natürlich  bald  klar  wird,  dass  hier  kein  geschichtlicher  Zu- 
sammenhang besteht,  so  ist  es  doch  fiir  psychologische  Auf- 
klärungen von  Interesse,  den  Gründen  nachzuspüren,  wie  solch 
analoge  Wortformen  geschaffen  wurden,  und  aus  den  Unter- 
suchungen wird  auch  wieder  die  historische  Betrachtung 
mannichfachen  Vortheil  ziehen.  Wenn  schwedische  Vagabunden 
bald  Tydske,  bald  finnische  heissen,  so  sind  uns  von  den  Berg- 
baueru  Telemarkens  oder  den  Einwanderern  des  Finnwaldes 
die  Gründe  dafür  bekannt  und  in  diesen  Bezeichnungen  aus- 
zudeuten, wenn  auch  die  ethnologische  Betrachtung  in  den 
Fanten  die  Tater  sähe.  In  ähnlicher  Weise  werden  wir  oft 
wichtige  Aufschlüsse  in  den  an  Gothen^)  oder  Jetton  er- 
innernden   Wortformen    finden,    ohne    dass    in    den    dadurch 


')  Les  Goths  avaieut  toujours  moiitre,  durant  leurs  migrations  snr  le 
Danube,  les  dispositions  les  plus  favorables  a  Tagriculture,  d'oü  leur  vciiait 
le  nom  de  peuple  pasteur  (Ladeveze),  als  georgische  Scytheii. 


Die  Sprachgestaltung.  275 

repräsentirten  Stämmen  ein  direct  ethnologischer  Zusammen- 
hang liege  oder  auch  überhaupt  nur  gesucht  werden  könnte. 

Nach  Sidonius  Apollinnris  (gest.  480  p.  J.)  trugen  die 
Franken  (blauer  Augen,  blonder  Haare,  weisser  Haut,  mit  zwei 
kleinen  Schuurrbärten  auf  der  Oberlippe  ihres  rasirten  Gesichts) 
einen  kurzen  und  gekrümmten  Degen.  Ihre  Könige,  denen  die 
Flechten  ihrer  langen  Haare  über  die  Stirn  hingen,  wurden 
bei  der  Wahl  auf  einem  Schild  erhoben.  Die  als  ßagauden 
aufständischen  Bauern  Galliens  (in  Verbindung  mit  plündern- 
den Franken)  wurden  (unter  Amandus)  von  Diocletian  (310  p. 
J.)  besiegt.  Nach  Priscillian  (in  der  spanischen  Sekte,  die 
Instantius  stiftete)  rührt  die  Seele  von  Gott,  der  Körper  von 
bösen  Engeln  her  (384  p,  J.).  Theodosius  schickte  die 
suevischen  Ueberläufer  des  Maximin  an  die  persische  Grenze. 

In  den  (zu  den  Gothen  die  Beziehungen  der  Jaetten  zu 
den  Geten  wiederholenden)  Joten  zeigt  sich  im  (vordersten) 
ersten  Joten  (Forejotr,  als  Ahn  des  Fornjotrischen  Geschlechts) 
die  im  ersten  Menschen  (Mannus)  liegende  Doppelbeziehung 
des  (von  Slawen  in  Choda  zum  Gegensatz  von  Bog  oder  Baga 
verkehrten  Khuda  oder  des)  Gottes  und  Menschen,  wie  in  den 
Äsen  (und  dem  derivirten  Ask).  Aehnlich  leitet  sich  (in  Tyr 
oder  Tir,  als  niflungisch  vom  Himmel  in  die  Unterwelt  ver- 
setzter Nebo  des  Planeten  Hermes  in  den  Genealogien)  Tuisko 
von  dem  Stammherrn  der  Thyssen  oder  Thursen  (seit  cimbrisch- 
cimmerischer  Einwanderung  als  Hrimthursen),  die  (bei  der 
cymrischen  Bezeichnung  der  Germanen  als  Tusci)  in  den 
Tyrrheniern  —  als  Rasena  oder  Rhaetier  mit  den  Vindeliciern 
verbunden,  während  Noregr  neben  Bergos  (am  'Qxsavoc  0-Jsp- 
Yivcc;)  sich  dem  nördlichem  Jotunheimr  oder,  als  vom  König 
Finn  beherrscht,  Finumark  anschliesst  —  die  Aesir  zurückrufen. 
Vera-Tyr  (Menschengott)  wird  (im  Hildebrandsliede)  übersetzt 
als  Irmin-got  (s.  Mone).  Wodan  ist  Hauga-Tyr  als  Herr  (Gott 
oder  Tyr)  der  Erhängten  (Farma-tyr  oder  Traggott). 

Strabo  bezeichnet  als  Germanen  die  auf  der  rechten  Seite 
des  Rheins  weniger  civilisirten  Kelten  (die  Brüder  seien  den 
Kelten  Galliens)  und  spricht  (bis  zu  den  Geten  erstreckt)  von 
den  (als  Colduer  das  Reich  des  Maraboduus  stiftenden,  als 
Semnonen  von  diesem  unterworfenen)  Sueven  (am  hercynischen 
Walde)  zwischen  Rhein  (wo  die  Römer  die  Eingeborenen  mit 
Ausnahme  der   Sygambrer  wegführten,    um  gallisch-römische 

18* 


276  Viertes  Kapitel. 

Colonien  zu  gründen)  und  Albis  (und  über  diese  hinaus  als 
Hermoduren  mit  Lankosargen),  in  welchen  Strichen  die  noch 
(nach  Sarmaten  Sitte)  mit  Wagen  umherziehenden  Bewohner 
bereits  (ähnlich  den  Karen)  einen  wandernden  Ackerbau  be- 
gonnen hatten  (als  der  Uebergang  vom  nomadisirenden  zum 
sesshaften  Leben).  Der  am  Rhein  geläufige  (und  dort  anfäng- 
lich auf  andere  Stämme  keltischer  Verwandtschaft  angewandte) 
Name  der  Germanen  erhielt  später  eine  weitere  Ausdehnung 
zu  gemeinsamer Charakterisirung  der  zwischen  keltisch-römischer 
Cultur  und  scythischer  Lebensweise  zwischeninne  stehenden 
Völker,  sodass  Strabo  die  Germanen  sodann  bis  zu  den 
Thyrageten  (also  mit  Einschluss  der  Sueven  und  eines  Theils 
der  Geten  oder  mysischer  Thrazier)  ausdehnt.  In  dem  während 
des  Bestehens  des  gothischen  Reichs  in  Italien  verfasstcn 
Kalender  heissen  die  Gothen  (Gut)  Gut-thiuda  (roTj-oi)  und 
würden  als  solche  im  Norden  den  Guttonen  (bei  Pytheas) 
entsprechen  oder  den  Guttans  (im  Schwedischen).  Die  irlän- 
dischen Sachen  des  ältdänisch-norwegischen  Dialekts  geben 
(überoinstimmig  mit  den  jetzigen  Volksdinlekten  Norwegens) 
Gautar  (Gautr  als  Odin),  und  ähnlich  dem  (angels.)  Geata 
unterscheiden  die  Schweden  die  Göta  in  Ost-  und  Westgöt- 
land,  von  den  Gautar  der  Lisel  Gothland  (mit  dem  Gutalag). 
Die  Verhärtung  des  sächsischen  Dialektes  (wie  jetzt  in  Dresden) 
würde  Kuten  und  Kotten  creiren,  die  schon  in  Halle  beginnende 
Verweichlichung  des  märkischen  Jutten  und  Joten,  ähnlich 
wie  das  Nendänische  zur  Abschwächung  neigt  (und  Jetten 
hervorruft),  während  wieder  das  Angelsächsische  den  G-Laut 
bevorzugt  und  Juden  zu  Gjuden  macht,  sodass  die  Alliteration 
der  Consonanten  sich  nach  dem  Uebergang  von  i  in  j  an  die 
Assonanz  der  Vocale  ansehliesst.  Wie  auf  der  einen  Seite  au 
in  Gautar  sich  zu  o  contrahirt  (Gothen'),  zerbricht  es  sich 
auf  der  andern  in  ea  aus  Geaten  (der  Jättcn  und  .Töten). 


')  Die  gothischen  Nordbewohner  nannten  sich  ülierhaupt  Godjod  (fJotiiiod 
oder  Göttervolk)  oder  Söhne  der  Götter  (s.  Legis).  Unter  dem  Namen  lüg 
wurde  Ileimdallr  der  Stammvater  aller  nordischen  Geschlechter.  Die  .löten 
(älter  als  die  Götter)  waren  weise  (die  Geheimnisse  des  Abgrundes  kennend). 
Jöten  wird  in  iöt  zurückgeführt  auf  it  (ezan),  der  Riese,  als  Fresser  oder 
Man-itta  (Manito  als  dämonischer  Quälgeist  in  Krankheiten).  Die  Anten 
(Antes  oder  Anzi)  oder  Jlntas  heissen  (nach  SchatVarik)  Utin  oder  (im  Plur.) 


Die  Sprachgestaltung.  '  277 

Die  britisch  (also  irländisch  oder  ersisch  der  Hochlande 
im  Gegensatz  zu  dem  später  durch  die  Belgier  das  A\  alische 
und  Cornische,  sowie  Niederbretagnische  influencirenden  Gal- 
lisch) redenden  Aistui  oder  (bei  Pytheas,  der  auch  Guttonen 
kennt)  Ostiaioi  sind  das  in  den  Mythen  der  eingewanderten 
Äsen  als  Riesen  spielende  Volk,  und  auf  der  cimbrischen 
Halbinsel  die  Joten  (mit  einem  Anschluss  an  die  britanische 
Sprache,  wie  die  Esten),  Jetten  genannt  (welcher  Name  sich 
dann  auch  auf  Skandinavien  iibertrug,  wo  ausserdem  die 
Gautar  noch  als  Landbewohner  bekannt  blieben),  während  sich 
durch  Finn  ^),  König  von  Jötunheim,  der  Anschluss  an  spätere 
Finnen  bildete.    Wie  noch  jetzt  die  Bewohner  des  Finnwaldes 


Uti  (Utgard).  Die  ägyptischen  Könige  heissen  (auf  Devananpiya's  Edict) 
Gupta.  Das  Riesengeschlecht  der  Jötunn  (jotnar,  sing.)  bezieht  sich  (nach 
Geijer)  auf  die  Tsehuden  (s.  Geijer).  Jötunheimr  oder  Finnmark  (unter 
König  Finn  in  Jötunheimr)  war  von  Finnen  und  Loparen  (Lappen  oder 
Alfen)  bewohnt.  Aus  forniotrischem  Geschlecht  stammen  die  Thurse  oder 
Thurser  (Hrimthurser),  während  später  die  Jötunen  den  Äsen  gegenüber- 
treten. Foriiiotr  (von  Thor  bekämpft)  war  Gott  der  Jötunen  oder  Finnen. 
Die  Jötunen  stammen  vom  Riesen  Bergelmir  (als  Nachkomme  der  Hrim- 
thursen).  'O/.eavo?  Ouepy'vioc,  als  das  Meer  südlich  von  Hibernia  (Ftol.). 
Sunt  qui  et  alias  prodant,  Scandiam,  Dumnam,  Bergos,  maximamque  omnium 
Nerigon,  ex  qua  in  Thulen  navigetur  (Plinius).  Albion  und  Bergion  (Neptun's 
Söhne)  kämpfen  gegen  Herakles  (s.  Mela).  Alvismal  unterscheidet  alfar, 
helbuar  und  dvergar,  den  Menschen,  Riesen,  Göttern,  Äsen  und  Vanen  gegen- 
über als  besondere  Klasse  mit  eigenen  Sprachen.  Insel  Bergion  oder  Vargion 
neben  Albion.  Schaffarik  bezieht  (Odin's)  diar  (Drottnar)  auf  principes  (divi), 
armen,  di  (semideus),  pers.  diw  (Dämon),  alts.  djej  (heros).  Nach  dem 
Friedensschlüsse  herrschte  der  Ase  Häner  über  die  Vanen  und  wurde  von 
Mimir  berathen,  bis  man  diesen  in  einer  Empörung  tödtete.  Grimm  bezieht 
dvergar  oder  (thüringisch)  querx  (vavvo?  oder  -uyfj.a'.oc)  auf  beoupYO?  (»nd 
schmiedendes  Werk).  Forejotr  (der  vorderste  Jote)  zeugte  (als  Stamnihaupt 
der  fornjotnisohen  Götter)  Aeger  (das  Meer),  Kare  (die  Luft),  Loge  (das 
Feuer)  und  die  Tochter  Ran  (als  Meerweib).  Tir  (Pfeil)  als  Beiname  des 
Nebo  oder  Mercur  (s.  Rawliuson).  Nieflungen  von  Nebo  aus  dem  Königs- 
geschlecht  des  Hermes.  Nach  Senkowski  ist  Russland  Skandinavien.  Die 
bosporanischen  Könige  nannten  sich  (seit  Sauromatos  I.)  Aspurgiani  (Geb. 
Chr.). 

')  Fromundin  erschlägt  (um  Ansegis  von  Köln  gegen  die  Heiden  zu 
helfen)  den  Fenion  (roisert  de  Pires,  sires  des  Esclabons).  Auf  dem  See- 
zug gegen  die  Hugen  in  Frisland  wird  Higelak  von  den  Hetwaren  überfallen 
(s.  Mone).  Finn  in  Frisenburg  gibt  seineu  Sohn  Folcwald  dem  Jütensohne 
Heugest  (Sohn  dea  Halfdan)  zur  Geisel  (in  Beowulf). 


278  Viertes  Kapitel. 

leicht  in  den  norwegischen  Typus  übergehen,  so  war  die  Be- 
völkerung des  Landes  schon  längst  (mit  Ausnahme  vagabun- 
dirender  Taterstämme)  eine  gleichartige  geworden,  als  1600  p.  J. 
infolge  politischer  Verhältnisse  eine  (wie  oft  bei  den  Slawen 
in  Deutschland)  erneute  Zuwanderung  aus  dem  russischen 
Finnland  nach  dem  schwedischen  Finnfeld  (und  Finnwald  an 
der  Grenze)  statthatte. 

Aehnlich  den  seit  Gustav  I.  die  schwedischen  Wälder 
durch  Swedjen  lichtenden  Finnen  (Finnmarkens),  finden  sich 
(bei  Jemandes)  Finni  mitissimi,  Scandzae  cultoribus  omnibus 
mitiores,  nee  non  et  pares  eorum  Vinoviloth  (dem  in  der 
Ansicht  der  Dänen  bis  weiter  nach  Süden  ausgedehnten 
Withesleth)  in  dem  (von  den  Schweden  nördlichen)  Cvenland 
neben  den  Scride-Finnas  (bei  Alfred)  oder  (bei  Ad.  Brem.) 
Terra  feminarum,  bis  zu  der  die  Sveones  herrschten,  neben 
welchen  Gothi  habitant  usque  ad  Bircam.  Die  Bircarli  (der 
Coralli  paganorum  gens  ferocissima)  vertrieben  (mit  schwedischen 
Privilegien)  die  (11.  Jahrh.)  bis  zum  Ünega-See  M'ohnenden 
Lappen  (unsteter  Jagd  und  Fischfangs),  und  der  siidliche 
Finnenstamm  der  Hamen  oder  Jemen  (Tavasten)  hat  nähere 
Verwandtschaft-  zur  Sprache  der  Woteu  (Ishoren  oder  Ingrer), 
als  die  der  Karelier.  Als  Odin  beim  Tode  nach  Gudheim  (dem 
alten  Asgard)  zuriickgegangen  und  auch  der  Wane  Njörd,  mit 
der  Geerspitze  geritzt,  verbannt  war,  begann  mit  dessen  nach 
alter  Ilügelsitte  begrabenen  Sohne  Freyr  ein  bereits  dem  ein- 
heimischen Boden  (wie  der  an  Saem  oder  Finnen  anschliessende 
Saemung  in  Norwegen)  mehr  acclimatisirtes  Königsgeschlecht, 
das  der  (mit  Olaf  Trätelgja  nach  Norwegen  verpflanzten) 
Inglinger^)    (neben   den   Skjaldingern   in  Dänemark)    aus    den 


')  Seit  12-10  wild  der  Name  der  Karclen  in  bestimmter  Unterscheidung 
von  Tschuden  (Esten)  und  Wot  (Woten,  als  Ingern  oder  Ishoren)  für  das 
eigentliche  Karelien  (nordnordwestlich  von  der  Newa  nach  Finnland  hinein) 
verwandt  (s.  Sjögren).  Die  Schweden,  die  sich  (1256)  an  dem  Fluss  Narowa 
festzusetzen  suchten,  unterwarfen  Karelien,  behielten  aber  für  die  Bezeichnung 
den  herkömmlichen  Namen  der  Ingrer  (in  Ingren  oder  Ingria).  Als  sie 
später  (nach  Eroberung  von  Iwangorod)  wieder  auf  die  eigentlichen  Bewohner 
Ingermaas  stiessen,  nannten  sie  (1496)  zur  Unterscheidung  ihr  J^and  Inger- 
nianiaml  (s.  Sjögren).  —  Alains,  qu'ils  aiipellent  Acias  ou  Akas  (Kubrnqnis). 
Alawi  liquali  nella  lor  lingua  si  chiamano  As  (Barbaro).  Alains  ou  Asses 
(Carpiu).     Oiisni   oder  Osseten   vom  Chazaren   Ubuss.     Osero  oder  Absorus. 


Die  Sprachgestaltung.  279 

Svveoiien  von  der  jenseitigen  Küste  (unter  denen  auch  Sigurd 
King  geboren  war)  im  Lande  der  Ingrer  (oder  Ingaevonen) 
oder  Ingermaa  bei  finnischer  Besatzung,  als  zur  Wikingerzeit 
(unter  Vordringen  der  Chasarcn)  die  östlichen  Schweden 
(s.  Münch)  nach  Skandinavien  hinüberzogen,  wo  (zu  Tacitus 
Zeit)  die  Suiones  neben  den  Sithonen  (Jiten  oder  Jetten  in 
dem  von  Sjögren  bei  Samen  und  Jamen  beachteten  Lautüber- 
gang) wohnten.  Wie  Fion  in  Irland  der  Weisse,  heisst  Wanna 
der  Schwarze  bei  den  Esten,  der  (zuletzt  von  den  Letten 
zurückgedrängten)  Schicht  der  Eingeborenen  (Maa  rahwas), 
die  indessen  nie  unter  ihren  Herren  hervortreten,  zu  denen 
früher  auch  benachbarte  Ostmänner  gehörten  (als  Aestui). 

Procop  und  Jornandes  stimmen  iiberein,  als  Finnen  (Skriti- 
finnen  oder  Terfenni)  ein  Volk  zu  beschreiben,  das  in  wildem 
Zustande  unter  den  übrigen  Völkern  Skandinaviens  lebte,  zu 
welchen  die  die  Heruler  (nach  Durchziehung  der  sklavenischen 
Gebiete,   sowie  der  Länder  der  Warner  und  Dänen)  bei  sich 


Unter  den  norischen  Völkern  wohnen  die  'AXau-joi  (Halaunen)  bei  Salzburg  (bei 
Ptol.).  'AXaüvot  2xu3ai  (südöstlich  von  den  Aisthen)  in  Sarmatien.  Alani  im 
Kaukasus  (Sid.  Apoll.).  Scythische  Alanen  am  Mäotis  (Josephus).  Procop 
rechnet  die  Alanen  zu  den  Gothen.  Summatim  omnes  Alani  cognominantur, 
sagt  Amm.  von  asiatischen  Nomaden.  'AXafAavot  (Agath.)  ^uYxÄuSe?  daiw 
avipcoTTOi  y.y.l  ixc{d8tz.  Alamunnia  zwischen  Sucvia  und  den  Armalaiisi  (Tab. 
Peut.).  'AXafAavoi  als  'A/.ßavo'!  (Suidas).  r£'piji7.pa,  Ksat'.xyj?  i'bvo?  des  Nor- 
dens (Aristoteles).  Mit  Insubrern  wurden  Germanen  besiegt  (222  a.  J.).  Die 
TuTigri  hiessen  früher  Germanen  (Tacitus),  als  Eburonen.  Germani  war  ge- 
meinsamer Name  für  Condruser  (und  Segner),  Eburoner,  Caeraeser,  Kaemaner 
(s.  Caesarj  im  Ardennenwald.  Die  Eisen  grabenden  Gothini  sprachen  celtisch 
(nach  Tacitus).  Mithridates  in  Germaniae  litoribus  esse  insulam  vocarique 
eam  Oserictam ,  cedri  genere  silvosam  (Plin.).  Ptol.  setzt  die  aistischen 
"OaiQi  in  die  Nähe  von  Oesel.  Oseriates  ('Ocrip'.aTs;)  unter  den  pannonischen 
Völkern  an  der  Drau  (zwischen  Latoviei  und  Varciani).  Osi  (zwischen 
Gothini  und  Buri)  hinter  Marconiannen  und  Quaden  (Tacitus).  "Oacoi  (Ptol.) 
neben  den  OüiXtai  (am  wenedischen  Busen)  oder  (Ad.  Br.)  Wilzi.  Auf  die 
ru^uvz;  (neben  den  Wenedern)  folgen  die  <I>(vvo'.  (Ptol.).  Die  "0;tXot 
C'OgvIol)  wohnten  von  den  Tavafiat  bis  zu  den  Roxolanen.  Ossier  (Hossier) 
in  Estland  (auf  der  Insel  Oesel).  'SlaTtaioi.  (Ostidamni)  auf  der  wenetischen 
Halbinsel  in  Gallien  (s.  Schaffarik).  Aestyi  oder  Ossii  ('iiartaCoO  in 
Austrvegr.  Die  'ÜoTiwvc;  oder  (b.  Ardemid.)  Kossiner  hiessen  (b.  Pytheas) 
Osliaiui  (Osismii  in  Gallien).  Nach  Pytheas  wohnten  die  Guttonen  der  Insel 
Malus  oder  (nach  Timäus)  Basilia  gegenüber.  Die  Guttonen  (bei  Pytheas) 
handeln  mit  den  Teutonen.  Der  Gothe  Catualda  stürzte  Marobod.  IJourove? 
von  Marobod  unterworfen.  Mit  Khazireu  kamen  Bassilen  vom  Norden 
(Mos.  Chor.). 


280  Viertes  Kapitel. 

Hufnehmenden  Ganten  gehörten.  Als  ältester  König  der  ein- 
gewanderten Ganten  herrschte  (als  Vorfahr  des  die  Aus- 
wanderung leitenden  Beric)  Erik  (der  von  Äsen  stammende 
Uik)  in  V^itisnar  in  Schonen,  aber  als  ältester  Stammsitz  des 
schwedischen  Volks  gilt  Mannheim  (das  Land  der  Männer 
oder  Menschen,  wie  sich  die  Lappen  nennen,  als  der  Liothida, 
wie  Sweans  oder  Suethidi  bei  Jornandes  heissen)  am  Mälarsee. 
Mannheim  war  ein  unter  den  Eingeborenen  (den  den  jetzigen 
Lappen  entsprechenden  Scritifenni)  gestiftetes  Reich  und  oft 
noch  zu  Scythia  (Schytia)  oder  Gross-Svithiod  gerechnet,  wäh- 
rend von  den  in  der  kimbrischen  Einwanderung  nach  Dänemark 
und  Schonen  gelanü'enden  Gothen  alle  Fremden  zu  Viten  und 
Venden  (Wanen)  gerechnet  wurden.  Als  der  seinen  Sohn 
Siggi  (den  Prototyp  deutscher  Sigfried-Sage)  als  König  der 
Sigambrer  bei  dem  (nach  Tacitus)  von  Odysseus  gestifteten 
Asciburg  zurücklassende  Odin,  der  den  Ruhm  des  von  den 
Römern  als  Stammstadt  anerkannten  Troja  im  Norden  ver- 
breitete (wie  später  Waräger  den  Glanz  des  kaiserlichen 
Byzanz),  im  Jotenlande  Unterstützung  fand,  gelang  es  ihm, 
seine  Herrschaft  auch  in  Schweden  zu  befestigen,  und  das 
dortige  Reich  trat  besonders  dann  den  Gothen  im  selbständigen 
Gegensatz  gegenüber,  als  mit  der  Ausbreitung  der  Macht  der 
C'hazaren  (der  Acatziren  oder  östlichen  Türken)  die  die  Ost- 
ufer  des  Baltic  (als  Ostländer  oder  Aisten)  bewohnenden 
Scliweden  (in  Ingeimanland  oder  finnisches  Ingerin-ma  als 
Inglinger)  nach  Skandinavien  herüberkamen  und  die  Wikinger- 
züge im  weiten  Massstabe  anregten.  Diese  Suiones  oder  Esten 
entsprechen  im  allgemeinen  den  sj^ätern  Finnen,  die  n])vv  in 
denjenigen  Ländern,  wo  sie  noch  die  Küsten  bewohnen, 
grösstentheils  (mit  Ausnahme  einiger  Völkerinseln)  slawisirt 
winden  durch  Poljane ,  Kriwitschen ,  Sjcwero  und  andere 
Kroatenvölker,  die  an  der  Donau  über  die  einzelnen  Serben 
(Sporen  oder  Spalen),  die  ihre  frühern  Herren  verjagt  hatten, 
herrschend,  sich  mit  ihnen  zu  der  Nationalität  der  Slawen 
verbanden. 

Der  Name  der  aus  Paphlagonien  indische  Handelsbe- 
ziehungen mitbringenden  Veneter  am  Adriatischen  Meer  wurde 
wegen  ihrer  Handelsbeziehungen  (in  ähnlielier  Weise  wie  bei 
deceanischen  und  hinierindisehen  C'ochin)  in  der  Nordsee  sowol 
auf  die  armoricanischen  Venedi  (s.  Caesar)  als  an  der  Ostsee 


Die  Sprachgestaltung.  281 

(zu  Pliniiis'  Zeit)  auf  die  Veneder  der  Weichsel  übertragen, 
im  Ansfhluss  an  die  Insel  Bannoma  (bei  Timäus)  der  Wanen 
(oder  Banthaibs),  und  fiel  dann  später  für  die  Germanen  mit 
der  allgemeinen  Bezeichnuno;  für  Fremde  oder  Wenden  zu- 
sammen,  worin  zunächst  die  Slawinen  und  Anten  begrifi'en 
wurden,  unter  späterer  Verknüpfung  mit  den  Sporen  oder 
Spalen.  Sueni  non  sunt  nati  sed  seminati  (800  p.  J.).  Die 
Germanen  verfuhren  den  Bernstein  hauptsächlich  nach  Pan- 
nonia,  und  von  dort  aus  haben  ihn  zuerst  die  Veneter  in  Ruf 
gebracht,  indem  sie  zunächst  an  Pannonia  wohnen  und  ihn 
rings  am  Adriatischen  Meer  verbreiteten  (s.  Plinius).  Strabo 
nennt  die  Stadt  Vendum  (den  Venta  in  Britannien  entsprechend) 
unter  den  Japoden. 

Der  schon  in  alter  Zeit  von  Bannoma  bis  Pannonien  ge- 
bräuchliche Name  der  Vanen  oder  Wandalen  (in  Griechenland 
und  Indien  als  Pandu  oder  Pandion)  verschmolz  später  mit 
der  allgemeinen  Bezeichnung  venetischer  Wenden  an  den 
Hafenplätzen  (als  indischer  Händler).  Bei  Gelegenheit  der 
Erwähnung  Skandinaviens  spricht  Plinius  zuerst  unbestimmt 
von  den  Venedi,  die  mit  Sarmaten  sowie  mit  Skirern  luid 
Hirren  das  Land  bis  zur  Vistla  (an  der  gegenüberliegenden 
Küste)  bewohnen  sollten,  dann  geht  er  aber  zu  der  systema- 
tischen Beschreibung  Germaniens  mit  Aufzählung  der  dazu- 
gehörigen Flüsse  von  dem  Guttalus  (der  Guttonen  des  Pytheas) 
und  der  Vistla  bis  zum  Rhenus  und  Mosa,  und  nennt  hier 
wieder  als  ersten  Hauptstamm  den  der  Wandilier  (Vandili  oder 
Vandilici)  oder  Vindili.  In  ähnlicher  Weise  wohnen  hinter 
dem  Handelsvolk  der  adriatischen  Veneti  die  (weil  von  kel- 
tischen Eroberern  nach  Osten  hin  durchzogen)  für  Keltische 
erklärten  Vindelici  (neben  den  Rhaeti).  Wenn  nach  Dio  Cassius 
die  Elbe  auf  den  wandalischen  Bergen  entsprang  (neben  dem 
wandalischen  Stamm  der  Silingi,  als  Wandali  Silingi),  so 
würden  sich  die  Grenzen  beidei"  Abtheilungen  nähern.  Der 
von  Prosper  Aquitanicus  ins  4.  Jahrhundert  p.  J.  gesetzte 
Auszug  der  Winili  aus  Skandinavia  oder  dem  (nach  Plinius) 
benachbarten  Eningia  traf  zuerst  auf  die  Wand^li  (unter  Ajo 
und  Ibor)  in  (Scirenland)  Scoringa,  wo  die  Weichsel  (nach 
Alfred)  Wendland  und  Witland  trennt,  dann  (als  Longobartli) 
die  Assiputti  (wandalische  Astingi  oder  Asdingi)  und  weiter 
die  (vvanischen  Bewohner  von  pannonischen)  Banthaib  (neben 


282  Viertes  Kapitel. 

Anthaib  und  Wurgonthaib),  aus  der  alten  Form  Eiba  (Land). 
Die  scythischen  Länder,  wo  (nach  Jemandes)  die  Gothen  die 
Spalen  (Sporen)  trafen,  hiessen  (lingua  eorvnn)  Ouin  (Yin  oder 
Fin)  und  im  Salmoglossar  (9.  Jalirh.)  wird  Vandalus  durch 
Wint  wiedergegeben.  Für  die  zuerst  ausziehenden  Gothen 
(Guttonen)  waren  alle  andere  Wenden  oder  Wanen  und  diese 
schieden  sich  wieder  als  Winili  und  Wandali  (innerhalb 
späterer  Wenedi),  als  Kleinere. 

Das  Volk  der  Wanen,  mit  dem  die  Äsen  kämpften,  war 
ein  stammverwandtes  (obwol  schon  die  Geschlechtsverschiedcn- 
heit  zur  Bezeichnung  als  fremdes  genügte)  und  zeigte  einen 
ähnlichen  Gegensatz  in  der  Verehruno;  weiblicher  Encr<i;ien 
ihrer  Gottheiten,  wie  die  Winili  gegenüber  den  Wandalen  (oder 
Asdingi).  Als  die  Gothen  in  das  Ouin  genannte  Ausland 
kamen,  trat  dort  schon  der  später  als  Sporen  wiederholte 
Name  der  Spalen  hervor,  und  die  den  Gothen  in  Schweden 
folgenden  und  dort  mehr  oder  weniger  mit  ihnen  (als  Suiones) 
verschmelzenden  Sueven  (die  Plinius  zu  den  Herminones  rech- 
net und  Strabo  zwischen  Elbe  und  Rhein  setzt)  bewahrten  die 
jenen  geläufige  Bezeichnung  für  die  Barbaren  und  trieben  die 
ihnen  (wie  die  Dani  den  unterworfenen  Bewohnern  von 
Witheslaeth ')  feindlich  gegeniiberstehenden  Winili  aus,  die 
sich  durch  Endungsänderungen  an  gleicher  Wurzel  des  Namens 
(s.  Schaffarik)  von  den  verwandten,  aber  stammesverschiedenen 
Wandalen  unterschieden,  und  später,  als  sie  bei  weiterm 
Vordringen  in  Germanien  die  verächtlichen  Nebenbeziehungen 
der  windischen  Bezeichnung  bemerkten,  den  Titel  (der  2ouT|ßo(, 
AaYYOjiof'pSoi)  der  Longobarden  (wie  sich  die  Awaren  den  ihrigen, 
den    Dissabulus   bestritt)    beilegten    (wie    auch    der    nationale 


')  Alle  barbarischen  Völker  (mit  Welatabi,  Sorabi,  Oboditri,  Boemaiini) 
inter  Renuni  ac  Visulam  fluvioä  waren  (nacli  Einliard)  lingua  paeue  siiniles. 
Slavania  (amplissima  Gerinaniae  provincia)  a  Winulis  incolitur,  olim  dicti 
VVandali  (mit  Polanen  jenseit  der  Oder  und  Boomia)  nee  lingua  discrepant 
(Ad.  Br.).  Dani  ac  Sueoiies  (quos  Northmannos  vocamus)  septentrioiiale 
litus  (Baltici  maris)  et  omnes  in  eo  obtinent  iusulas.  Ad  littus  austräte 
Slavorum  ineolunt  nationes  (Helmold).  —  Boso  schrieb  im  Bistlium  Merse- 
burg (nach  Thietuiar)  slawisch  und  Ichrtc  das  Kiricleison  (in  Ukrivolso  ent- 
stellt, Aclcri  stat  in  frucctectuni).  Der  Kaiser  kam  (auf  dem  Feld/uge  gegen 
Bolizlav  von  Polen)  in  die  von  Deutschen  gegründete  Stadt  Nemzi  (1017  ]>. 
J.).  Godschalk  dolmetschte  für  die  Bischöfe  der  Slawen.  jNejjlit^ou  als 
deutsche  Waräger. 


Die  Sprachgestaltung.  283 

Gescliichtschreiber  Paulus  Diacouus  berichtet,  dem  die  ältere 
Darstellungsweise  der  Gotlien  bei  Jemandes  vorlag). 

Die  durch  Auswanderuno;  der  Wandalenfürsten  nach  Dacien 
verdünnte  Bevölkerung  der  Weichselländer  erhielt  Zuzug  aus 
den  sarmatisch-scythischen  Ländern  finnischer  Winden  (einer 
bis  an  die  Donau  gleichartigen,  obwol  vielfach  die  Herren 
wechselnden  Urbevölkerung),  und  wurde  schliesslich,  da  un- 
unterbrochen neuer  Nachschub  folgte,  allmählich  auch  in  der 
Sprache  völlig  slawisirt  (aus  den  bei  der  längern  Besetzung 
ihrer  Länder  durch  die  von  Zeuss  mit  Srb  zusammengebrachten 
Sueven  benannten  Slawen),  ohne  dass  sich  mit  Bestimmtheit 
die  Grenzlinie  ziehen  Hesse,  wie  lange  die  Vandalen  noch  mit 
Recht  als  solche  zu  bezeichnen  wären,  und  wann  sie  in  die 
Wenden  übergingen,  die  dann  später  wieder,  als  umgekehrt  eine 
immer  erneute  Auswanderung  von  Westen  statthatte,  ger- 
manisirt  wurden.  Soll  unter  solchen  wechselnden  Verhältnissen 
ein  nationaler  Typus  markirt  werden,  so  hängt  die  Physiogno- 
mie desselben  von  den  zufällig  herausgerissenen  oder  aus  be- 
stimmten Gründen  gewählten  Zeitpunkten  ab.  In  manchen  der 
westlichen  Provinzen  der  Union  fand  sich  anfixngs  eine  englische 
Ansiedelung,  der  beim  weitern  Fortziehen  der  Hinterwäldler 
deutsche  Colonisten  folgten,  und  wenn  diese  in  kleinen  Trupps 
ankamen,  so  verschwanden  sie  in  der  schon  bestehenden  Be- 
wohnerschaft englischer  Sprache  und  vorwiegend  englischen 
Charakters,  wogegen  wieder  bei  einer,  wie  in  Cincinnati, 
statthabenden  Concentration  sich  das  deutsche  Element  erhielt 
oder  selbst  zu  überwiegen  beginnt.  Die  Gallien  verbindenden 
Franken  gingen  (nach  ihrer  Trennung  von  ihren  Brüdern  jen- 
seit  des  Rhein)  in  dem  unterworfenen  Lande  auf,  das  indess 
von  ihnen  den  Namen  empfing.  Die  immer  neue  Nachzügler 
über  die  See  herbeiziehenden  Sachsen  (und  Angeln)  machten 
in  England  ihre  Sprache  zur  herrschenden,  obwol  der  eigent- 
liche Name  des  Landes  in  Britannien  noch  der  von  dem 
frühern  Volke  hergenommene  geblieben  ist  und  auch  das 
Ganze  lange  unter  dem  Namen  eines  (welschen)  Valandes  be- 
griffen wurde.  Das  Mittelmeer  heisst  Vendelsae  (bei  Alfred), 
wogegen  das  britannische  der  ouindische  Ocean  (bei  Ptol.). 

t)ie  tyrrhenisch-turskische  Besetzung  Lydiens  (des  asischen 
Landes  neben  dem  askanischen  mit  Teuthrania  Teukriens),  die 
sich,  nach  Verdrängung  der  türkischen  Nomadenvölker  (ama- 


284  Viertes  Kapitel. 

lekitischer  Hycsos)  aus  Aegypten,  einestheils  mit  den  Feld- 
zügen des  scythischen  Idanthyrsus,  andererseits  mit  Dionysos' 
Abenteuern  in  Indien  verband,  verbreitete  über  Europa  die 
bis  nach  Deutschland  (Tuccia  oder  Teutonia)  erstreckte  Be- 
völkerung (mit  den  Ausläufern  rhätischer  Rasena)  der  Thyrsen 
oder  Thyssen  (feindliche  Riesen  für  skandinavische  Nach- 
wanderer), die  (auf  den  durch  spätere  Eroberer  aus  Gallien 
betretenen  Wegen)  auf  italienischem  Culturboden  den  etrurischen 
Staat  begründete  und  dort  mit  der  sardischen  Heimat  aufs 
neue  in  maritime  Beziehungen  eintrat.  Als  die  kimmerische 
Bewegung,  die  die  (von  Posidonius  als  Ausgangspunkt  ge- 
nonnncnen)  Kimbern  zum  tolosanischen  Thule  (als  Ziel  oder 
Eines)  und  nach  Britannien  führte,  entstand  die  Mischung  der 
Urimthursen,  während  in  Asien  die  zu  medischen  Sarmaten 
gerechneten  Sagartii  (in  dem  oft  Pasagardae  unterworfenen 
Asagarta)  die  Verbindung  der  verschiedenen  Holmgards  unter- 
hielten. Strabo  setzt  (zwischen  Borysthenes  und  Ister)  jenseit 
der  Wüste  der  Geten  die  Tyrigeten,  bis  zu  denen  sich  die 
Germanen  (keltischen  Stammes)  erstrecken  (von  Suevcn  zu  den 
Geten). 

Die  durch  Aelius  Catus  als  Mösier  zu  den  gleichsprachigen 
Thraziern  verpflanzten  Geten  hatten  (nach  Strabo)  schon  früher 
einen  gemeinsamen  Namen  mit  den  asiatischen  Mysiern  (eines 
dardanischen  Teucriens).  Die  Erhebung  der  Geten  unter 
Boribistes  gegen  die  (erobernden)  Kelten  in  Thrazien  und 
lllyrien  (unter  Vertreibung  der  Bojer  unter  Critasirus  und  der 
Tawrisker)  gleicht  dem  Aufstand  gegen  die  Limigantes,  sowie 
der  spätem  Unabhängigkeit  der  Slawen  unter  Samo  (und  im 
mährischen  Reich),  während  der  Einfluss  des  das  Volk  zum 
Rebenausrotten  bewegenden  Decaneus  (ägyptischer  Religions- 
gebräuche)  seine  Parallele  findet  in  den  (unverständigem) 
Kafl'ernpropheten,  die  bei  beabsichtigten  Kriegen  mit  den  Eng- 
ländern das  Tödten  der  Rinderheerden  durchsetzten.  Von  den 
Daä  der  hyrkanischcn  Scythen  hiessen  die  (den  Geten  west- 
lichen) Dacier  am  Marisus  (Marosch)  früher  Daer  (Dardanier 
in  lllyrien).  Von  Manes,  Eponym  der  Mäonier  (nach  Freret), 
ging  seine  Ahnschaft  auf  Mäotier  über.  Mit  den  T\)giyixai 
(zwischen  Borysthenes  und  Ister)  wurden  die  Thüringen  Ger- 
maniens  in  Beziehung  gesetzt,  als  Thervingen.  Parisades,  König 
in  der  den  (in  Irland  wiedererscheinenden)  Milesiern  angehörigen 


Die  Sprachgestaltung.  285 

Colonie  Panticapäiim,  wurde  vergöttert,  und  der  letzte  seines 
Namens  (von  Barbaren  bedrängt)  trat  sein  (fortan  von  bosporani- 
schen  Königen  beherrschtes)  Reich  an  Mithridates  Eupator  ab, 
der  (nach  Besiegung  des  von  Roxolanen  unterstiitzten  Scythen- 
königs  Sihirus)  Chersonesus eroberte.  Die  bosporanischen  Könige 
hiessen  (seit  Sauromates  I.)  Aspurgiani.  Die  später  auf  der  Halb- 
insel mächtigen  bosporanischen  Könige  hatten  ihren  Stammsitz 
(nach  Strabo)  östlich  von  der  Miindung  des  Mäotis  von  Pantika- 
päum  bis  Theodosia,  b,ei  dem  vonTauriern  besetzten Kleinscythien, 
wo  sich  mit  den  Nomadenvölkern  hellenische  Colonien  durch- 
drangen und  weite  Handelsverbindungen  von  Sintice  her,  sodass 
die  (auf  dem  Kaukasus  den  Osseten  benachbarte)  Klasse  der 
Georgier  oder  Ackerbauer  geschaffen  wurde.  Als  die  festen  Plätze, 
die  der  Scythe  Silurus  und  seine  Söhne  iiberall  an  der  Kiistc 
errichteten,  vor  den  Feldherren  des  (in  der  Sage  mit  seinem 
siegreichen  Gegner  Pompejus  zusammengeworfenen)  Mithridates 
fielen,  zogen  sich  die.  Geschlagenen  zu  den  ihnen  verbünde|;en 
Roxolanen  im  Norden  und  verbreiteten  dort  (wie  später  die 
aus  Byzanz  zuriickkehrenden  Waräger)  die  Kunde  von  dem 
Glänze  der  ihnen  einst  benachbarten  Culturstädte  der  Hellenen, 
sowie  den  Ruhm  Asburg's,  der  auch  in  den  Titel  der  bospo- 
ranischen Könige  überging.  Polemon  I.,  König  von  Pontus 
und  Bosporus,  wurde  (zur  Zeit  des  Augustus)  von  dem 
maeotischen  (mysisch-mösischen)  Stamm  der  Aspurgiani  besiegt. 
Die  Götter  rathschhigten  auf  ihren  Stühlen,  wer  das  Volk 
der  Zwero-e  aus  Brimir's  Fleisch  und  den  schwarzen  Beinen 
(den  schwarzen  Knochen  der  Kirgisen)  schaffen  sollte,  da 
entsprang  Mötsognir,  der  Vornehmste  aller  Zwerge,  und  nach 
ihm  Durinn  (Saem.),  und  so  reiben  (in  Vishnu  Purana)  die 
Rishi  den  dienenden  Nishada  (wie  einen  verkohlten  Holzblock, 
glattnäsig  und  kurz)  aus  dem  getödteten  König  Vena,  und 
wie  Odin,  Vili  und  Ve,  die  Söhne  Börr's,  Sohn  des  Bauri 
(Baura,  goth.)  oder  (ahd.)  Poro,  als  Eristjporo  (s.  Grimm)  aus 
Ymir's  Blut  die  See,  aus  seinem  Fleisch  die  Erde,  aus  den 
Knochen  die  Berge,  aus  den  Augenbrauen,  zum  Schutz  gegen 
Utgard-Loki,  (in  Uttara-kuru  der  Uturguren)  die  Burg  Midgard 
(als  den  Bergwall  eines  Lokaloka)  bildeten,  wurde  (bei  der 
Schöpfung)  der  tausendköpfige  Riese  Pururavas  (im  Rigveda) 
von  den  Göttern  Sadhyas  und  Rishis  geopfert,  um  aus  seinem 
Körper  Thiere,  die  Kasten,  Luft,  Himmel,  Erde  zu  gestalten. 


286  Viertes  Kapitel. 

während  (im  Taittariya  Br.)  Brahma,  gezeugt  (im  Sotapatha 
Br.)  von  Prajapati,  die  Schöpfung  bildete.  Der  (deutsche) 
Schöpfungsmythus  aus  den  acht  Stoffen  erscheint  in  der 
Aitareya  Aranya  (s.  Grimm).  Nach  dem  Surtarlogi  erheben 
sich  (bei  Saemund)  die  verjüngten  Götter  als  Aesir.  Die  Welt 
(Lok)  erneuert  sich  in  Logi  (Feuer). 

Wie  Purusha  (tausendköpfig)  oder  Brahma  (Birma  oder 
Brima)  als  Narayana  auf  den  Wassern  schlummert  bis  zum 
Ende  der  (als  Po  bei  den  Tahitiern  gebärenden)  Nacht  (im 
Vayu  Purana),  so  schläft  Ymir,  als  aus  seiner  Hand  (wie 
Prithu  aus  der  geriebenen  Vena's)  Mann  und  Frau  entsprangen, 
Riesensöhne  aus  seinen  Füssen,  gleich  den  Sudras  (bei  Manu)  aus 
Brahma's  Füssen,  der  sich  dann,  Virat  schaffend,  männlich 
(Purusha)  und  weiblich  theilt,  und  (in  der  Vayu  Purana)  ver- 
bindet sich  das  weibliche  Wesen  (Satarupa)  mit  dem  männ- 
lichen (Purusha),  den  Mann  (Manu  Svayambhuva)  zu  gebären. 

Woher?  die  Seele  der  Gottheit  (heisst  es  im  Rigveda). 
Sein  Ton  ist  gehört,  aber  seine  Gestalt  nicht  gesehen,  lasst 
uns  seinen  Vata  (Winden)  opfern.  Auch  auf  Java  geht  der 
Ton  der  Schöpfung  voran.  Ymr,  sonitus,  Ymir,  princeps 
gigantum  (Egeilsson). 

Im  Vishnu  Purana  schafft  Narayana  (nach  Erhebung  der 
Erde  als  Eber)  Bhurloka  und  die  andern  Welten.  Im  Bhagata 
Purana  hört  Manu  vom  Fisch,  dass  die  drei  Welten  Bhurloka's 
(des  Bor  und  Buri)  überschwemmt  werden  würden  (im  Brunn- 
ackr).  Aus  dem  von  dem  Lotus  geborenen  Prajapati  (Taitt.  Ar.) 
abgeschüttelten  Wasser  entstand  eine  Schildkröte,  die,  weil  sie 
früher  (purvam)  zu  sein  behauptete  (als  Grund  der  Schöpfung 
bei  den  Lidianern  und  der  schöpferischen  Aphrodite  in  Elis 
heilig),  den  Mann  (Purusha)  hervorgehen  Hess  als  Menschheit, 
die  sich  (in  Sat.  Pat.  Br.)  in  männliche  und  weibliche  Hälfte 
(als  chinesisches  Ying  und  Yang)  zum  Weiterschöpfen  spaltet. 
Fornjotr  *)  ist  der  erste  Mensch  als  der  vorderste  (und  älteste). 


1 


')  König  Dan  (aus  Schweden)  wird  bei  Saxo  und  andern  Chronisten 
mit  Angul,  Sohn  des  Humblus,  in  den  Annal.  Esrom.,  dem  Bruder  des  Nori 
tmd  Oesten,  Söhnen  des  Ypper,  genannt,  Vieides  vielleicht  verunstaltet  aus 
Ymir,  dem  Namen  des  ürriesen,  wie  auch  Norwegen  in  Fundinn  Norergr 
von  Nor  aus  dem  Geschlecht  Forniots,  des  Altriesen,  seine  Benennung  fand 
(s.  Zeuss).  Die  Riesen  hiessen  (in  Hymisquida)  Bergdanir,  als  Dänen,  aber 
(bei  Biorn)   Danimadr.     Die  Wurzel    uop    (l.'7iopov,    gab,    pars)    liegt    (nach 


( 


Die  Sprachgestaltung.  287 

Als   Brahma   aus   dem   Lotus   entspross,    fand   er    nichts   zum 
Oj^fer  vor,  ausser  den  Gliedern  Purusha's  (Bhagav.  Pur.). 

Die  Kuh  Audhumbla  ist  Ymir's  (des  aus  seinem  Leibe 
schafienden  Brahma)  oder  Brimir's  alte  Ambä  (sanskr.)  oder 
Amme,  die  sich  später  in  der  zwischengescbobenen  Mythe  als 
Embla  wiederholt,  in  der  weiblichen  Wandlung  des  in  Indien 
mit  dem  Madhawi-Winde  vermählten  Amra-Baumes  (Urstamm 
Meschia's  und  Meschianes'  im  Zend)  neben  Askr,  der  im 
sächischen  (Ascanius)  Aschanes  aus  dem  Stein  (man  des 
Mannus)  oder  der  Eskja  (Sn.)  genannten  Erde  als  Iscio  (Hisicion 
oder  Isco),  Stammvater  der  Iscaevonen  (mit  Askiburg  am 
Rhein),  geboren  (und  als  Tu-isco  deificirt),  im  Norden  vor 
Ordhin  Haenir  und  Loör,  die  erst  Leben  gaben,  zuriicktrat, 
während  aus  dem  Fleische  Brimir's  das  Volk  der  Zwerge  und 
die  (gemeinen)  Schwarzknochen  entstanden.  Bei  den  Er- 
oberungen der  blonden  Völker  waren  die  Indoscythen  be- 
herrscht von  Hushka  (Oerki),  Gushka  und  Kanerki  oder  Ishka 
(Chanishka  als  goldener  Altai-Chan),  die  Odi-Bod  verehrten 
(in  Odhin  oder  Adhi),  Oado  (Vado  oder  Vaju)  oder  Vato  (in 
Wotan  oder  Wate  als  litauisches  Wind  und  Wetter),  Manao 
bagho  (im  slawischen  Bog),  den  Ogre  (Okro)  Siva  (als  Ugra) 
u.  s.  w.,  während  das  Mahajana  seine  Missionare  ausschickte. 


Curtius)  auch  im  lat.  pario,  peperi ,  und  ähnlicher  Lautübergang  findet  sich 
im  ahd.  biru  (pario,  cpipw).  Mit  Trop'.?  (jiivenca)  ist  gleichbedeutend  iiopTic, 
das  Benfey  mit  prthu-kas  vergleicht,  sodass  sich  auch  Zusammenhang 
zwischen  — ap-s'vo;  und  far,  taurus  annehmen  lässt,  also  Dialektisches  im 
Osten  und  Norden,  da  Fraorten  oder  Faramunde  und  Pharamunde  neben 
den  Puru  und  Bauro  stehen  würden,  gemeinsam  auf  die  monosyllabische 
Kürzung  in  Phra  führend,  als  höchste  Gottheit  und  Ehrentitel,  wie  prathamas 
(primus,  Priamus)  oder  (ksl.)  pirma  (pirm)  und  (goth.)  furisto  auf  Ttpd.  IIa 
ist  zugleich  Mutter  und  Vater  des  Pururavas;  von  des  Donners  Mutter 
wissen  noch  die  Volksmärchen,  und  die  Vorstellungen  vom  Teufel  und  seiner 
Grossmutter  sind  (nach  Grimm)  Vergröberung  heidnischer  Vorstellungen  (bei 
Lasicz)  von  Pei'kuna  (tete  mater  est  fulminis  atque  tonitrui),  auf  einen 
Jerggott  Fairgunns  (das  Bergige  in  Virgun,  ahd.  und  Firgsen,  ags.)  führend 
und  Fiörgyn  (Thor's  Mutter)  als  die  Erdgöttin  (in  der  Edda)  oder  alte  Ida. 
Wie  im  neuen  Idavöllr  die  Goldtafeln  (die  geretteten  Bücher  des  Xisuthrus) 
gefunden  werden  (Saem.) ,  so  wird  schon  Asgard  in  einem  alten  Idavöllr 
(Erdenthal)  begründet.  Als  die  Erde  sich  in  Kuhgestalt  (Ida)  znr  Klage 
entfernt,  tritt  in  die  Mahayoga  versenkt  zur  Stütze  (urvis)  Kasyapa  ein,  als 
Berg  Casins  (mit  aufgehäuftem  Tumulus  in  Ceylon)  der  dii  Casses  unter  dii 
minuti. 


2SS  Viertes  Kapitel. 

Die  Pandava,  Sogder  und  andere  Völker  des  Nordens 
zogen  über  Baktriana  mit  der  Hauptstadt  Balkli ')  (Bahli  oder 
Bakhdi)  oder  Baklitri  nach  Indien  (Bak  oder  Balk  als  Bulan  bei 
C^hasaren).  Die  beriihmtesten  der  Nomaden  im  Norden  Sogdianas 
(Asier,  Pasianer,   Tocharer^],  Sakarauler),  die  den  Griechen 


')  Kyros  eroberte  Völker  der  westlichen  Mark  Indiens.  Balkh  ist  Sitz 
der  Kavja  oder  Kajanier  (bei  Firdusi).  Die  Kanka  (Khiang)  im  östliclien 
Tibet  hiessen  (im  Mahabliarata)  spitzköpfig  (cringin).  Ater  est  ab  al'^u  vel 
al'tiw.  Tellumo:  deus  terrae,  lltspfa  Movaiioz  £'Spa  (Euripid.).  Kavvaxoc, 
vir  priscus  ante  Deucalionem  (Snidas).  Odysseisches  Vorgebirge  in  Sicilien 
(Tzetz.).  Stadt  Odysseia  in  Iberien  (Eust).  Als  Nachkomme  des  Kephalos 
(bei  Athen.)  stammte  Odyssens  von  Hermes.  Nach  seiner  Rückkehr 
gründete  Odyssens  auf  dem  Berge  Boreion  bei  Asea  (in  Arkadien)  ein 
Heiligthum  der  rettenden  Athene  (Pans.).  Odyssens  (080;  oder  AVeg)  hiess 
Utis  wegen  der  langen  Ohren  (Phot.).  Das  gewöhnliche  Zeichen  des 
Odyssens  in  der  bildenden  Knnst  ist  der  Hut,  der  ihm  als  Reisenden  gegeben 
wird,  zuerst  von  dem  Maler  Apollodor  oder  von  Nikoniaclios  (Klausen). 
Arkeisios,  Sohn  des  Hermes,  erzeugt  mit  der  Chalkomednsa  den  Laertos 
(Vater  des  Odyssens).  BouoXoüaxoi  als  Volsci  (bei  Snidas).  AcXcpaxiov, 
porcellus.  Die  Gat  werden  im  Mahabharata  als  Gartika  erwähnt.  Tuisco 
(Tiusco)  verhält  sich  zu  Tin  (deu.s)  wie  das  spätere  mannisco  (niennisco 
oder  Mensch)  zum  altern  mann  (s.  Zeuss),  und  manusha  zu  manu.  Der 
dreifachen  Eintheilung  aller  Germanen  in  Ingaevonen,  Iscaevonen  und  Her- 
minonen liegen  die  Heldennamen  Ingo,  Isco  und  Hermino  unter  (Escio  und 
Hisicion  bei  Nennius).  Der  Name  Askr  (Saeni.)  wird  vom  ersterschaft'enon 
Menschen  gebraucht,  einen  Eschbaum  bedeutend.  In  den  Runennamen  be- 
gegnet man  ask  neben  ine,  ziu,  er  (lauter  Helden  und  Götter).  Unter  den 
altn.  Namen  der  Erde  (Sn.)  findet  sich  Eskja,  aber  avich  der  Vocalweehsel 
in  beiden  Namensformen  Iscio  und  Askr  gilt  geradeso  in  der  Ableitungs- 
silbe -isk  und  -ask  (s.  Grimm).  Askiburg  war  heiliger  Sitz  der  Iscaevonen, 
die  proximo  Rheni  hausten  (Grimm).  Manning  bezeichnet  den  von  Man 
stammenden  Sohn,  mannisko  fast  dasselbe  (s.  Grimm),  mannig,  Mann,  fran- 
zösisch, Adj.  Oesc  als  Held  der  Angelsachsen.  A  cute  de  Manu  ou  Manns 
on  trouve  les  synonymes  secondaires  mainishya,  manusha,  mänava,  desccndant 
de  Manu,  et  les  coniposes  mannga,  manubhii,  ne  ou   provenn  de  Manu. 

2)  Die  Tocharer  hatten  Könige  ans  dem  Stamm  der  Asianer  (nach 
Trogus  Pompejus).  Die  scythischen  Völker,  die  Baktrien  und  Sogdiana  in 
Besitz  nahmen,  hiessen  (bei  Trogus  Pompejus)  Sarancac  und  Asiani.  Reges 
Thocharoruni  Asiani,  interitusque  Sarduchorum  (Trogus  Pompejus).  Die 
Tocharer  linden  sich  unter  der  Wei-Dynastie  (38G — 554  p.  J.)  als  Thuhulo. 
Die  Tnkhara  (am  Belurtag)  unterstützen  (nebst  Javana  und  Saka)  die  Kurn 
(im  Mahabharata).  Der  Name  der  Tnkhara  (im  Belurtag  oder  Wolken- 
gebirge) bedeutet  (im  Sanskrit)  Schnee,  Nebel  und  Kälte  (s.  Lassen).  Das 
von  den  Sse  (in  Verbindung  mit  den  Tocharern)  eroberte  Land  wurde 
Sakastenc  (Segistan)    genannt.      Nach    Kralo.';tlicnos    wuhnten  Arachcnor    und 


Die  Sprachgestaltung.  289 

Baktrien  entrissen,  waren  aus  dem  Lande  jenseit  des  Jaxartes 
und  des  den  Saken  gehörigen  Theils  von  Sogdiana  ausgezogen 
(nach  Strabo). 

Als  Abkömmling  des  geflüchteten  Prinzen  der  Hia-Dynastie 
('2000  a.  J.)  nahm  Theuman  (der  Hiongnu)  den  Titel  Tschenju 
(200  a.  J.)  an.  Auf  seinen  Sohn  Maotun,  der  (208  a.  J.)  die 
Jueitchi  besiegt  hatte,  folgte  (174  a.  J.)  Laoshang,  der  aus 
dem  Schädel  des  Jueitchi-Königs  einen  Trinkbecher  verfertigte 
(165  a.  J.).  Ausser  den  kleinen  Jueitchi,  die  zu  den  Khiang 
flüchteten,  zogen  die  Jueitchi i)  nach  dem  Ili  und  besiegten 
die  Sse,  nach  Sogdiana  südlich  wendend  (als  Reitervolk  mit 
den  Heerden  in  den  Horden  Hieusiun  und  Kuento).  Von  dem 
König  Kunmo  der  Usuin  (die,  von  den  Hiongnu  gedrängt, 
ihren  frühern  Nachbarn  gefolgt  waren)  zogen  die  Jueitchi  (die 
Sse  w^eiter  nach  Süden  drängend)  durch  das  Land  der  Tawan 
(in  Khokand  oder  Fergana)  und  besiegten  die  Tahia  (Aaat.  oder 
Dahae),  das  Hoflager  im  Norden  des  üxus  aufschlagend.  Die 
Sse  (den  Hindukush  überschreitend)  eroberten  das  Land  Kipin 
(nordöstliches  Arachosien). 


Massageten  in  der  Nähe  der  Baktrer  am  Oxus.  Das  von  den  Turaniern 
(nach  dem  Tode  des  Eukratides)  eroberte  Stück  Baktriens  wurde  von  den 
Parthern  besetzt.  Oc'inn,  Hoenir  nnd  Loir  finden  in  der  Brandung  Askr 
und  Embla  ohnmächtig  und  thatenlos,  sie  belebend  mit  Geist,  Vernunft  und 
Blutfarbe  (wie  Odinn,  Vili  und  Ve  die  Bäume  Askr  und  Embla).  Um  das 
Volk  der  Zwerge  aus  Brimir's  oder  (bei  Sn.)  Ymir's  Fleisch  und  den 
scliw'arzen  Beinen  (Schwarzknochen  oder  Gemeine)  zu  erschaffen,  entsprang 
Motsognir,  der  Vornehmste  aller  Zwerge,  und  nach  ihm  Durinn.  Ymir 
schafft  aus  seiner  Hand  Mann  und  Frau,  aus  seinem  Fiiss  einen  Riesensohn. 
Meschia  und  Meschiane  erwachsen  (nach  den  Persern)  aus  Bäumen.  Aschanes 
(Ascanius),  erster  König  der  Sachsen,  wuchs  aus  den  Harzfelsen  im  Walde 
bei  einer  Quelle  hervor.  Die  Sachsen  ziehen  aus  ihrem  alten  Wohnsitz 
nach  Britannien  cum  principe  suo,  nomine  Anschis  (Geogr.  Rav.).  Embla 
(emla)  bezeichnet  ein  geschäftiges  Weib,  ahd.  Emila,  wie  amr,  ambr,  aml, 
ambl  (labor  assiduus),  woher  auch  der  Heldenname  Amalus  (in  Ermanericus 
und  Theodoricus  der  Amalungen)  zu  leiten  (s.  Grimm). 

1)  Als  Tschangkien  (Gesandter  des  Kaisers  Wuti  140 — 88  a.  J.)  das 
Land  der  mit  den  Tahia  kämpfenden  Jueitchi  erreichte ,  herrschte  ein  Ver- 
wandter der  Witwe  des  von  den  Hiungnu  erschlagenen  Königs  (120  a.  J.). 
Das  von  den  Tahia  eroberte  Land  theilten  die  fünf  Horden  der  Jueitchi  als 
Hieumi  mit  der  Hauptstadt  Home  (am  Amu  oder  Oxus) ,  Shoangmi, 
Kueischuang,  Hitun  und  Tumi.  Der  König  residirte  in  Lanshi.  Zur  Zeit  der 
Han  zählten  die  Jueitchi  100000  Familien  und  ebenso  viel  Bogenschützen. 
Bastian,  Studien.  19 


290  Viertes  Kapitel. 

Eine  alte  Einwanderung  in  Indien  knüpft  sich  an  den 
Namen  Kassyapa's  (Bekämpfer  des  Drachens,  der  Kassiopea 
bedroht),  auf  assyrische  Beziehungen  zurückführend,  in  dem 
Namen  des  aus  Magadha  nach  Matsya  (dem  Land  der  Varmas 
oder  Pali  unter  den  Kiratas)  gezogenenen  Hiranya-Kasyapa, 
Vorfahr  des  über  Himmel,  Erde  und  Hölle  herrschenden  Bali, 
Vater  des  Bana  Asura,  dessen  in  Pandua  residirender  Sohn 
Virat  durch  seine  Abhimanyu  vermählte  und  so  zur  Mutter 
des  mit  Anfang  des  Kalujuga  Alleinherrschers  werdende 
Tochter  in  den  aus  ihren  nördlichen  Sitzen  herabgezogenen 
Maurya  die  Mythe  des  durch  Heros  und  Vir  verbundenen 
Herakles  bei  Megasthenes  hervorrief,  deren  Keime  auch  in 
der  Tradition  von  Biraja  lagen,  der  trotz  seiner  hundert  Söhne 
vor  Bharata,  Adoptiv^\ater  des  von  Brihaspati  (dem  Planeten 
Jupiter)  gezeugten  Bitatha  aus  Kasi  oder,  als  Pilgerort  (der 
Krone  oder  Kshatra),  Kschetra  (wo  die  die  Pilger  geleitenden 
Kshatrya  später  wegen  zunehmenden  Uebermuths  von  den 
Tempelbrahmanen  verfolgt  wurden),  zurücktrat.  Als  die  spätere, 
gleichfalls  an  Svayambhewa  in  Brahmawarta  anschliessende 
Colonie  Uttumapada's  (in  Vithura  mit  Priyabrata,  als  erster 
König  in  Antarbeda)  in  Indien  eintrat,  stellten  sich  ihnen  diese 
frühern  Einwanderer  in  ihrer  schon  unter  den  Eingeborenen 
begründeten  Herrschaft,  unter  der  feindlichen  Gestalt  der  Danus 
(Bogenschützen)  oder  Daityas  entgegen,  als  die  Trabanten  des 
(die  Sonne  verfolgenden)  Danu-Königs  Bahn,  und  auch  Marichi, 
der  Vater  des  wegen  gleichzeitiger  Zeugung  der  Schlangen 
(zu  denen  der  zum  Indra  erhobene  Nahusa  hinabstürzte,  wie 
der  assyrische  Nebo  mit    dem   Schlangenzeichen)    neben    den 


Der  Sohn  des  Königs  Utolao  (gleichzeitig  mit  Kaiser  Wiiti,  gest.  88  a.  J.)  unter 
den  Sse  (in  Kipin)  wurde  von  Jinmofu  (30  a.  J.)  getödtet,  der  mit  Hülfe 
der  Chinesen  den  Thron  usurpirte.  Seit  Tschangkien  bildete  sich  Handels- 
verkehr zwischen  China  und  dem  Lande  der  Tahia  (unter  den  Jueitchi), 
Nach  den  Chinesen  waren  die  Sse  gleicher  Abstammung  mit  den  Usiun. 
Die  Sprache  der  kleinen  Jueitchi  war  der  tibetischen  gleich.  Strabo  nennt 
Saka  (neben  Daer  und  Massageten)  im  Osten  des  Caspi.  Ptolem.  rechnet 
die  Massageten  zu  den  sakischen  Stämmen.  Die  Scythen  hiessen  Sacae  bei 
den  Persern  (Plinius).  Nach  Matuanlin  vernichtete  Kieu  tsieou-kio  (der  die 
Ansie  oder  Parther  besiegte)  die  andern  vier  Fürstenthümer  der  Jueitchi 
und  herrschte  unter  dem  Titel  Kouei-schuang.  Nach  Besiegung  der  Könige 
von  Pota  und  Kipin  eroberte  er  Indien  (24  a.  J.).  Ihm  folgte  sein  Sohn 
Jenkaotschin. 


Die  Sprachgestaltung.  291 

Garudas,  zweideutigen  Kasyapas,  wurde  (statt  Mar  oder  Herr, 
als  Bel-Merodacb  oder  der  Planet  Jupiter)  zum  Prototyp  des 
Todesgottes  Mara.  Als  später  die  ursprüngliche  Dynastie  (in 
der  auf  die  durch  die  Gottesweihe  der  Söhne  des  Daksha 
Prajapati,  Sohn  des  Pracheti,  beendete  Familie  Brahraawarta's 
mit  Priyabrata  das  Königreich  Antarbeda  gefolgt  war)  nach 
der  Theilung  durch  Riscbabha  unter  Bevorzugung  seines 
Sohnes  Bharata  den  Anlass  (zur  Zeit  des  Bharata,  Sohn  des 
Dushyanta)  zur  Doppelspaltung  der  Mond-  und  Sonnendynastie 
gab,  lag  der  Stamm  der  frühern  Eroberer  vorzugsweise  in  der 
deshalb  auch  höher  hinaufreichenden  Sonnendynastie  (wie  in 
den  nachher  in  den  Kosala  verschwindenden  Tritsu,  die  ihren 
Seher  Vashistha  noch  in  Ayudhia  feierten,  aber  doch  von  den 
noch  frischern  Nomadenvölkern  der  von  ihnen  im  Bunde  mit 
den  Bharata  oder  Puru  bekämpften  Zehnstämme  Ramachandra's 
Belehrung  in  der  Waffenführung  durch  Yisvamitra,  wie  die 
Aegypter  des  Pharao  durch  Seth  zuliessen),  während  sich  die 
Monddynastie  immer  neu  durch  die  aus  den  Punjaub  oder 
Pangchala  heranziehenden  Reiterscharen  stärkte  und  schliess- 
lich die  Gesammtherrschaft  über  Indien  gewann.  Samvarana 
musste  (unter  den  Nachfolgern  Bharata's,  Sohnes  des  Dhusyanta) 
vor  den  andrängenden  Pangchala  weichen,  aber  Kuru  aus  der 
Sonne  geboren  (innerhalb  der  Monddynastie,  wie  sich  Rama- 
Chandra  der  Sonnendynastie  mit  dem  Mond  verknüpft),  stellte 
die  Herrschaft  her,  obwol  dann  bald  wieder  die  durch  die 
Civilisation  schon  verweichlichten  Kurus  vor  ihren  noch  mehr 
dem  schweifenden  Wanderleben  (und  polyandrischer  Sitte  der 
Vorfahren)  ergebenen  Verwandten  der  Pandu  (gleich  ihnen 
und  den  Madra  aus  Sogdiana  hervorgezogen,  mit  Berührung 
des  von  Kosroes-Königen  beherrschten  Persien  der  Pahlavi 
oder  Parther)  erlagen.  Als  man  schematisch  anfing,  die 
Stammherren  der  Monddynastie  in  dem  (auf  zendisches  Atare, 
als  Ahuramazdao  puthro,  im  Feuerdienste  führenden)  Atri  auf 
Gefährten  des  Svayambhuva  oder  (bei  Arrian)  Spaterabas 
zurückzuführen,  wurde  auch  Marichi  (des  Kasyapa,  der  in 
Kaschmir  den  Naga  bekämpft,  wie  Zeus  Casius  den  Typhon) 
als  der  der  Sonnendynastie  i)  dahingestellt. 


^)  Spatembas  krönend   ist  Dionysos  Brahma  oder  Ra  (babylonisch)  und 
(assyrisch)  Asshur   als  Khaldi  und  Kasyapa  (als   Osiris).     Von  Vishnu   (als 

19* 


292  Viertes  Kapitel. 

Die  Einwanderung  des  Kasyapa,  die  sich  (als  Khaldi  oder 
Chasdim)  mit  dem  Mond  (wie  Dionysos  in  Osiris)  verknüpft, 
fand  in  Indien  ein  (wie  bei  den  Atua  polynesiscber  Inseln) 
zur  Beschaulichkeit  geeignetes  Naturell,  das  sich  in  den  Pro- 
ductionen  der  Ekstase  mit  den  unbeständigen  Wandlungen  des 
Mondes  zu  dem  in  seinen  vier  Sätzen  auf  das  Leiden,  in 
seinen  Nidana  auf  die  Verkettungen  und  Seelenwanderungen 
geknüpften  Buddhismus  verschmolz  und  seine  besondere  Aus- 
bildung in  Gaya  fiind,  wo  bei  der  von  Brahmawarta  aus- 
gehenden Theilung  Gaya  seinen  Sitz  nahm,  und  sich  der  Ur- 
sprung des  Fürstengeschlechts,  wie  in  Ayodhya  und  überall 
im  Osten  (bis  Japan)  nicht  nur,  sondern  auch  in  Persien  und 
Peru  an  die  glänzende  Sonne  anschloss.  Die  (unter  ihren 
Gopa  oder  Hirtenfürsten)  in  das  Siebenstromland  eingetretenen 
Nomadenvölkci'  führten  ihre  nach  sibirisch-schamanischer  Sitte 
Centralasiens  durch  Pitri  begeisterten  (und  deshalb  in  Familicn- 
abgeschlossenheit  erhaltenen,  wie  in  der  Vererbung  der  Kunst 
von  Gathi  auf  seinen  Sohn  Visvamitra,  dessen  Rischabha, 
Kata  u.  s.  w.)  Seher  als  (mit  der  lauten  Götterwelt  der  Natur- 
kräfte communicirende)  Rathgeber  und  Purohitas  mit  sich,  die 
bei  dem  Uebergang  zum  sesshaften  Leben  die  vorhandenen 
Traditionen  der  Eingeborenen  benutzten  und  auch  ihre  Könige 


Bamaiia),  Sohn  des  Kasyapa  und  der  Aditi,  wiederholten  sich  in  der  Sonnen- 
dynastie die  Rama-Verkürperungen  dieses  Gottes,  der  in  den  frühern  In- 
carnationen  mit  den  allzn  acclimatisirten  und  deshalb  als  Dann  verwilderten 
Helden  verwandten  Stammes  kämpft.  Die  Sonnendynastie  leitet  Kasyapa, 
der  mit  der  Tochter  Daksha's  in  den  Mondwohnnngen  vermählte  Sohn 
Marichi's,  ein,  die  Monddynastie  Soma  oder  der  Mond,  Vater  des  Budha 
(Budyas)  mit  seiner  geschlechtswandelnden  Gattin  IIa.  Uttamapada,  Sohn 
des  Vira  (Sohn  des  Swayambhuwa ,  Königs  von  Brahmawarta),  vermählte 
seinen  Sohn  Dhruwa  mit  IIa,  Enkelin  des  Kasyapa  Muni  (Sohn  Marichi's), 
considered  by  the  seet  of  Bouddha  as  thcir  first  great  lawgiver  (s.  Hamilton). 
Die  Gatten  der  Töchter  des  Daksha  l'rajapati,  Sohn  Brahma's  (grösstentheils 
mit  Kasyapa  vermählt),  bildeten  meistens  Gefährten  Svayambhuva's.  Als 
die  tausend  Söhne  Daksha  Prajapati's  (Sohn  des  rracheta)  sich  alle  dem 
geistlichen  Stand  (Sabalaswa)  ergaben  und  das  Reich  Brahmawarta  damit 
endete,  heirathetc  (der  Brahmanen  nach  Kaschmir  führende  Gurn)  Kasyapa  II. 
sämmtlichc  Töchter.  Die  Nachkommen  des  Vasishtha  (Sohn  Varuna's  und 
Mitra's)  fungirten  als  Purohiten  der  (zur  Sonnendynastic  gehörigen)  Janaka- 
Könige  von  Mithila,  bis  sie  durch  Satananda,  den  die  Jungfrau  Ahalya 
(Tochter  Mudgala's)  dem  Gantama  geboren,  verdrängt  wurden. 


Die  Sprachgestaltung.  293 

an  den  Sonnenstamm  anschlössen.  Als  später,  nachdem  dieTritsu 
schon  im  Osten  vorgeschritten  waren,  die  Bharata  oder  Puru 
mit  ihren  Verbündeten  nachdrängten,  nahm  das  (nach  Uuab- 
hängigkeitserklärung  des  Lehnsstaates  in  Pratistthana  und 
Absagung  von  der  Sonnendynastie  in  Ayodhya)  durch  Griindung 
von  Hastinapura,  sowie  später  von  Indraprasttha  gekräftigte 
Fiirstengeschlecht  (nachdem  der  Thron  von  den  noch  solar 
hergeleiteten  Kuru  zu  den  Pandu  übergegangen)  bei  der  Be- 
setzung Gayas  oder  Magadhas  (unter  Judishthira)  die  dortigen 
Ueberlieferungen  an  und  verblieb  (trotz  der  bald  wieder  er- 
folgenden Selbständigkeit  Magadhas  oder  Behars)  auch  ferner 
in  dem  Chandrawansa.  Eine  festere  Gestaltung  gewannen  die 
buddhistischen  Lehren,  als  die  vom  westlichen  Potala  an  den 
Abhang  des  Himalaja  gezogenen  Sakya  dort  mit  dem  auf 
Bana  Asur  (Sohn  des  Bali)  zuriickzuführenden  System  tibe- 
tischer Bon-Religion  in  Berührung  kamen,  und  ihr  Fürsten- 
sohn Sakyamuni  in  seinen  Predigten  als  Nachfolger  Gautama's 
auftrat,  dessen  Sohn  Satananda  die  alte  Priesterfamilie  Vasishta's 
bei  den  Mithila-Königen  verdrängt  hatte.  Die  gleichfalls  aus 
den  himalajischen  Vorbergen  herabgezogenen  Maurya  brachten 
bei  ihrer  Herrschaft  in  Magadha  durch  Verquickung  der  auf 
diesem  Boden  seit  uralter  Zeit  spriessenden  Anschauungen  mit 
der  neuern  Reform  des  ihm  verwandten  Einsiedlers  aus  dem 
Sakyastamm  den  Buddhismus  zum  Abschluss,  bis  er  seine  Er- 
weiterung unter  Kanishka  empfing  und  die  veränderte  Gestalt 
der  weitern  Missionen  unter  Chandragupta,  dem  König  üjjains, 
der  (als  Jviegai  oder  vom  Mond  beschützt)  Kapila  oder 
Kapilawastu  (nach  Matuanlin)  beherrschte,  im  Jahr  466  (409 
p.  J.)  der  Samvat-Rechnung  (nach  dem  Satrunjaya-Mähätmja). 
Buddha's  Lieblingsschüler  Mudgalyaua  wiederholt  die  Beziehung 
der  Sakya  zu  den  Mudgala  (die  zerstörende  Rasse  Muspelheims 
in  persischer  Eschatologie)  im  Pendjab. 

Nordöstlich  von  der  Kasia  regio  (bis  zu  den  Kasii  montes 
erstreckt)  wohnten  die  von  den  Arima  (sv  xaXeouai  in  Scythien 
als  Adhi  oder  Odin)  gedrängten  Issedones  (bei  Herodot)  oder 
(bei  Alcman)  Assedones,  die  die  Menschenschädel  (nach  Pom- 
ponius)  zu  Trinkbechern  verarbeitend,  als  Asier  (bei  Strabo) 
oder  Usiun  nach  Süden  zogen  und  (als  Kaspii  bis  zum  Kur 
oder  Kurus  vorgeschoben    an    den   Caspiae   pylae)    in    ihrem 


294  Viertes  Kapitel. 

Khan  (Kanishka)  den  Ruhm   des  Namens  Kasyapa ')  in  Kas- 
patyrus  erneuerten. 

Mone  erklärt  (celtisch)  Käs  für  Berg,  sodass  silva  Caesia 
ein  Bergwald  (saltus)  sein  wiirde  (Kaia-aspa  als  Kasyapa  in 
Graucasus).  Kaiomorts  ist  der  grosse  (mazda)  Alte,  wie  der 
in  gleicher  Weise  (als  Mahasammata)  zur  Aufrechthaltung  der 
Ordnung  gekrönte  Dejoces  (Daia-ak)  und  Haik  oder  Haia, 
imter  dessen  Nachkommen  Aram  (Abu  Aram  oder  Abraham 
der  Brahmanen)  als  Grossvater  des  Kaiomerts  oder  Omajini 
den  Armeniern  den  Namen  gab,  über  Ninive  herrschend,  wie 
später  die  Perser,  bei  denen  Budasp  (Budha  oder  alt)  die 
sabaische  Religion  (der  Aspen  oder  Sahen)  begründete  (nach 
Masudi).  Während  im  Buddhismus  nach  den  Weltzerstörungen 
(von  denen  die  durch  W^asser  die  häufigste  ist)  die  neue  Be- 
völkerung aus  dem  Himmel  herabkommt,  bleibt  im  Orient 
(wie  in  Mexico  und  bei  den  Indianern  des  Orinoco)  ein 
Menschenpaar  im  Kah  übrig,  indem  die  vorige  Weltepoche 
mit  hineingezogen  wird,  da  eingewanderte  Völker  ihre  Vor- 
gänger   (wie    die    Bogos)    durch    Naturereignisse    vernichtet 


1)  Cascus,  dpyalo:,  priscus  (senex).  Hujus  vocis  origo  Sabina  est,  qiiae 
iisque  radices  in  Oscam  linguam  egit,  ut  Varro  docet  (Forcellini).  Priscis 
Ulis,  quos  cascos  appellat  Ennius  (Cicero  Casce,  ap)(^ai(i)i; ,  prisco  more)  dici 
caseiim  quasi  coaxeum  (Varro  putat)  cassus  (vacuus)  a  careo  (xa'ü)).  Casnar, 
aris,  m.  Oscorum  lingua  senem  sigiiificat,  ut  Varro  et  Festus  docent.  Quint. 
scribit ,  etiam  in  oratione  Labieni  vocem  casuar  usurpatam  reperiri  et  e 
Gallia  ductam  esse  (Forcellini).  Castus  (ritus)  proprie  significat  sacrum  illud, 
in  quo  a  certis  quibusdam  rebus  abstinentia  praeeipitur  et  praesertim  cum 
niinistros  ejus  sacri  a  rebus  venereis  castos  esse  oportet.  —  Cassivelaunius 
kämpfte  in  Britannien  mit  Cäsar.  Cassopaei,  Volk  in  Epirus.  In  angel- 
sächsischen Denkmälern  (von  Voden  her)  v^Mrd  Casere  (als  Eigenname  ver- 
wandt, wie  Cäsar)  für  cyning  gebraucht  (s.  Grimm).  Cäsar  und  Aesar 
(etrusk.),  Aesir  nach  dem  Surtalogi.  —  Qui  primus  Caesar  est  cognominatus, 
dictus  est,  quod  caeso  mortuae  matris  utero  natus  fnerit,  ut  Plin.  et  Non. 
docent,  vel  a  caesarie,  cum  qua  e  matris  ventre  prodicrit,  ut  est  apud  Fest., 
vel  quod  manu  sua  elephantum  occiderit,  qui  Poenorum  vel  Maurorum 
lingua  Caesar  dicitur,  ut  tradit  Servius,  vel  quod  oculis  caesiis  et  ultra 
humanuni  modum  viguerit,  quod  addit  Spart.  Ka'aaa  dicitur  tq  ~6pvT). 
Kaaä?,  a[JL9iTC<-f,c  xa\  TnüwTa,  tapes  ntraqne  parte  villosus.  Kaaaov,  t[j.aTiov 
Ttaxu  xa\  Tpayi)  TtepißoXa'.ov  (Heph.).  Cassiterum  (stannum  seu  plumbum)  a 
monte  Cassio  (Avien.).  Caesaries  a  caedemlo.  Caesius,  yXa'jxo?,  qui  colore 
est  subviridi  seu  glauco  (quasi  coelius).  Aes  ab  a?öu.  Caeso  (qui  e  caeso 
mortuae  matris  utero  natus  est). 


Die  Sprachgestaltung.  295 

glauben,  und  so  die  Musleminen  von  untergegangenen  Rassen 
reden,  deren  älteste  von  Ad  (Atta  oder  Vater,  und  dann  als 
Adhi,  der  erste,  aufgefasst)  stammte  oder  (vor  der  Spaltung 
Viraj's  oder  Kaiomerts')  von  Adam  (Atta  und  Mamma). 

Von  Kasyapa,  Sohn  des  Marichi  (Sohn  des  Brahma) 
sprang  (nach  dem  Ramayana)  Vivasvat,  von  dem  der  (im 
Mahabharata  Bruder  des  Yama  genannte)  Manu,  Vater  des 
Ikshvaku  (König  von  Ayodhya)  stammte.  Dagegen  stellt 
Tacitus  den  Deum  terra  editum  Tuisco  (Tiusco),  dem  (nach 
Zeuss)  der  Dis  pater  der  Gallier  entspricht,  vor  Mannus  oder 
(s.  Grimm)  Mannisko  in  Zuriickführung  auf"  den  Stammvater 
Aschanes  oder  (in  phrygischer  Mythe)  Ascanius,  der  (aus 
Askiburg)  in  Ask  und  Embla  zweigespalten  erscheint  mit  Uma 
(Mutter)  oder  Ambika  (Schwester  ^  Rudra's). 

Das  Arioi  genannte  Nomadenvolk,  das,  nach  der  Bildung 
eines  (chinesischen)  Mittelreichs  (in  Midgard)  und  centraler 
Beherrschung  (s.  Herodot),  Meder  oder  (unter  Niukhar  von 
dem  armenischen  König  Aram  bekämpft)  Mades  genannt 
wurde,  durchzog  als  (von  den  später  Kommenden  zu  Winden 
oder  Vanen  gerechnetes)  Volk  des  Ares  (in  Thrazien  mit 
Fürstenfamilien  aus  Mercur's  oder  Hermes'  Ahnschaft)  oder 
Eor  (Tyr  oder  Er)  in  Hermiones  (goth.  airmun)  oder  (kleine) 
Hermunduli  Europa,  wie  es  andererseits  in  den  Aryya  das 
Siebenflussland  Indiens,  dessen  Gelehrte  Jalada  in  Sakadwipa 


1)  Wie  Indra  die  Jungfrau  Ahalya  entehrt  (nach  der  Uttara-Kanda),  so 
wird  dem  armenischen  König  Ära  nachgestellt  (bei  Mos.  Chor.)  durch 
Schamiram,  in  der  sieh  die  Wandlungen  Ira's  (Ila's)  oder  Ida's  wiederholen. 
Die  Danavas  sind,  wie  die  Titanen,  die  Bogenschützen  Sakadwipa's  von 
TLTawcd,  das  in  späterer  Lautverschiebung  im  Sanskrit  (wie  dhanu  von  dhan, 
sonare,  abgeleitet  wird)  auf  tantns  (tanavam)  und  tantri  führte,  in  älterer 
sich  aber  (wie  bei  „dehnen")  wandeln  mochte.  Bana  Asura  oder  Vana 
Asura,  König  von  Sunitapur,  war  Sohn  des  Bali,  der  (nach  der  Vishnu 
Purana)  von  Ann  (Sohn  des  Ayu)  stammte.  Shamas  Iva  baute  (19.  Jahrh. 
a.  J.)  einen  Tempel  für  Anu,  der  (in  der  assyrischen  Keilschrift)  Ahn  der 
Götter  heisst  (in  der  Unterwelt).  Banaspati,  Sohn  des  Ghritapreshtha,  war 
König  von  Kurangcha.  Bana  ist  der  Sohn  des  Usenara  (Sohn  von  Mahamana). 
Bana  (Sohn  des  Bikukshi)  herrschte  in  Ayodhya.  Bhadra  Madra  oder 
Madraka  ist  Sohn  des  Sibi,  Sohn  des  Usenara  (König  von  Usenara-Desa). 
Kapatarama,  Vater  des  Tittira  (Anu)  oder  Harisyota  (der  durch  Dundubhi 
von  Kasyapa  und  Dana  stammt),  ist  Sohn  des  Biloma  oder  Bilama,  Sohn 
des  Bahni  (s.  Hamilton). 


296  Viertes  Kapitel. 

von  den  Magas  und  drei  andern  Stämmen  (Magadhas,  Manasas 
und  Mandagas)  bewohnt  wussten  (nach  der  Vishnu  Purana), 
der  Viertheikmg  der  Griechen  entsprechend,  betrat  und  dort 
das  (später  auch  unter  Persern  oder  Pahkivas  zur  Herrschaft 
gelangende)  Sonnengeschlecht  (zunächst  in  Ayodhya  oder 
Maha-Kosala  von  Visvamitra's  Kusikas  und  Kusthana  oder 
Koten  und  dann  auch  in  der  früher  abhängigen  C'handrawansa) 
oder  Kurus  auf  den  Thron  setzte,  bis  ihnen  ihre  länger  im 
Wanderleben  verharrenden  Verwandten  der  Pandus  die  He- 
gemonie entrissen  und  nach  der  Besetzung  Magadhas  die 
dortigen  Wissenschaften  über  die  Gangesländer  verbreiteten. 
Satananda  (Purohit  der  Janakas)  war  Sohn  des  Gautama,  und 
die  von  Ibrahim  als  Zerdasht  (nach  Ibn  Khalecan)  stammenden 
Sabäer  entnahmen  ihre  Religion  von  Scheit  oder  Seth  (und 
Enoch  oder  Edris),  der  in  Aegypten  (mit  dem  Wissen  des 
Theut  oder  Hermes)  feindlich  erscheint,  wie  die  spätem  Hel- 
lenen Saturnus  (der  Titan).  Kronos  (Cham)  und  Bei  sind 
Nebroth  (nach  Mos.  Chor.). 

Von  den  Sim  (Söhnen  des  Xisuthrus)  oder  (in  den  östlichen 
Gegenden)  Srovan  (der  sich  wie  Apollo  Scronanus,  die  per- 
sische Dürre  des  Dämon  Sor  aus  Ahriman's  Wüsten  wehend, 
an  2e(.piO(;  und  Svar  anschliesst,  an  den  Ufern  des  später 
durch  Schamiram  ausgeschmückten  Van-Sees)  repräsentirt  Titan 
die  teutonisch-assyrische  Rasse,  die  sich  über  Ilium  nach  Nord- 
europa zog,  Japhet  die  in  die  Länder  des  Mittelmeers  ein- 
tretende japhetische,  und  Aram,  Sohn  des  Horma  (Hermes 
oder  Teuth),  von  dem  die  Armenier  (Armen  oder  Armnikh) 
genannt  waren  (nach  Mos.  Chor.),  trieb,  von  den  Sisakanern 
und  (nach  Böotien  weiterziehenden)  Kadmeern  begleitet,  den 
Titanen  Pajapcs  Klaghea  (ein  Prajapati  oder  Statthalter  des 
Prajapati  Parameshthin)  auf  die  Inseln,  wie  auch  der  von 
seiner  Gattin  eingekerkerte  Ninus  nach  Kreta  entfloh,  die 
durch  Astghik  (eine  Schützerin  der  Asty  oder  Städte,  wie 
die  bezinnte  Cybele,  die  Attys  liebt)  geretteten  Kinder  des 
Srovan  aber  nach  dem  Berge  Tytsenkets  oder  Olympus  ge- 
bracht waren.  In  dem  Siege  des  Tigranes  über  den  mit  ihm 
verschwägerten  Ashdahak  (den  auf  dem  Erdbebenberge  durch 
Hruden  gebundenen  Drachen  Piuras})  oder  den  Centauren  Piurida 
orphischer  Pieriden)  stellt  sich  die  Vertreibung  der  unter 
Cyaxares  eingefallenen  Scythen  (des  centaurischen  Reitervolks) 


Die  Sprachgestaltung.  297 

dar,  während  sich  diese  Befreiung  später  in  den  Volksliedern 
mit  den  Triumphen  des  Cyrus  über  die  Meder  vermengte. 
Der  von  dem  Bhrigu-Weisen  Chyavana,  als  er  die  Aswin  zum 
Somatrinken  zulassen  wollte,  geschaffene  Drache  Mada  drohte 
die  Götter  zu  verschlingen  (im  Mahabharata). 

Die  Devas  aus  der  durch  Dionysos  auch  nach  dem  kad- 
meischen  Böotien  verpflanzten  Götterstadt  Theben  betraten 
Indien  als  ein  eroberndes  Nomadenvolk  (mit  kunstfertigen 
Kenntnissen,  wie  die  von  den  Perserkönigen  gefangenen  Diw, 
als  Tadschik  von  Badakschan)  und  setzten  sich  bald  in  gutes 
Einvernehmen  mit  den  deshalb  die  mächtigen  Götter  der 
Kschattriya  und  ihre  Siege  iiber  die  Dasyas  preisenden  Brah- 
manen,  die  indess  mitunter  auch  unter  ihren  Feinden  (assyrische) 
Asuren  (weniger  danaische  Danaer  oder  titanische  Daityas, 
ihre  Nachbarn  in  Kusa-Dwipa,  wo  die  Bhag.  Pur.  Daityas, 
Danavas,  Devas,  Gandharvas,  Yakshas,  Kimpiunishas  aufzählt) 
bevorzugten  und  diesen  dann  ein  temporäres  Uebergewicht 
verliehen.  Bei  solchen  Veranlassungen  und  besonders,  als  sich 
(nach  Festsetzung  der  friiher  neben  den  Gandharvas  im  Norden 
wohnenden  Devas  im  Sonnenreiche  Oude's  oder  Maha-Kosala's 
mit  Ayodhya)  unter  Parasurama  der  offene  Krieg  der  Brah- 
manen  gegen  die  als  Sakas,  Pahlavas,  Javanen  u.  s.  w.  aus- 
gestossenen  Kshattriyas  erklärt  hatte,  wiu-den  dieRajah-Familien 
darauf  geleitet,  sich  in  den  bisher  verachteten  Klassen  der 
Eingeborenen  Bundesgenossen  zu  suchen,  und  sie  fanden  einen 
Maha-Vira  in  dem  mit  Puschan  (dem  Erdboden)  verbundenen 
Vishnu  (mit  Bogen  und  Pfeil),  den  sie  deshalb  (einst  selbst 
auf  seine  Zerstörung  sinnend)  zum  Upendra  oder  Jüngern 
Bruder  des  Mahendra  (Maghavan  oder  Sakra)  machten.  Beim 
Opferfest  des  alten  Vishnu  wird  gepflügt  (nach  dem  Vana 
parva).  Die  buddhistische  Religionsauffassung  des  Volks,  die 
(die  den  Bhutas  gebrachten  Menschenopfer  sivaitischer  Tantri- 
ceremonien  ausstossend)  durch  die  königlichen  Propheten  ge- 
adelt wurde  (und  in  den  Jainas  bis  zur  Verachtung  der  Brah- 
manen  führte),  gab  Ursprung  zu  der  Zwergavatare  (des  schirm- 
tragenden Bettlers),  die  durch  Täuschungen  bezwingt,  wie 
solche  auch  in  Vishnu's  Incarnation  als  Buddha  später  be- 
sonders von  der  wieder  zur  Geltung  gelangten  Brahmanen- 
kaste  hervorgehoben  wurde.  Bei  dem  Sinken  der  (jainistischen) 
Andhra-Dynastie    bildeten    sich     aus    den   Mythen    über    die 


298  Viertes  Kapitel. 

populären  Göttergestalten  die  brahmanischen  Religionssekten 
hervor,  die  (durch  Koran  und  Bibel  über  Offenbarungsbücher 
und  deren  Autorität  belehrt)  für  die  Sammlung  schamanistischer 
Beschwörungen,  wie  sie  von  den  Rishis  in  den  Vedas  ge- 
sprochen waren,  die  Heiligkeit  des  Nichtanfanges  verlangten, 
während  das  den  Laien  zugängliche  Zauberwesen  sich  besonders 
in  der  Form  Mahadeva's  (als  Vertreter  der  Devas)  gezeigt 
hatte,  in  seiner  von  Bhuta's  und  Parvati's  Gefolge  schwärmen- 
den Bergresidenz. 

Die  babylonische  Verehrung  der  Sonne  als  Ra  (II  oder 
Sur)  fliesst  aus  der  ägyptischen  des  Ra  oder  Re  (auch  in 
Titeln  verwandt),  und  die  Chaldäer  führen  im  armenischen 
Mond  Khaldi  auf  Abram  oder  Abraham  (Ibrahim)  als  Al- 
Khalil  (Alla).  Auf  Abraham,  den  (wie  Bhrigu)  aus  dem  Feuer 
(Ur)  Geborenen,  dem  Sohn  Azar's  (Pout  Tirasch  oder  Götzen- 
schnitzer) fiihren  (nach  Ibn  Khalekan)  die  Sabier  sowol  wie 
der  Magier  Zerdascht  ihre  Religion  zurück,  die  auch  durch 
Ismael  den  alten  Cultus  Mekkas  begründete  und  in  den  Han- 
delsbeziehungen des  südlichen  Arabien  nach  den  Indusländern 
gelangte,  wo  sich  die  Einwanderer  kaukasischer  Rasse  aristo- 
kratisch von  den  verachteten  Eingeborenen  entfernt  hielten. 
Die  mit  einem  Seitenzweige  auch  Palästina  (und  auf  Verkehrs- 
wegen, in  Zeiten  der  Theuerung,  Aegypten)  erreichende  Aus- 
wanderung Abraham's  wird  von  den  Persern  unter  Zohak  (von 
den  Babyloniern  unter  Nimrud)  angesetzt,  und  in  den  Vedas 
spielen  neben  den  iranischen  Helden-  und  Sagengestalten  die 
Allegorien  eines  sabäischen  Gestirndienstes.  Der  von  den 
Griechen  als  Ahn  gekannte  Budha  (auf  Phul  führend)  ver- 
mählt sich  mit  Ida,  der  Prophetentochter,  und  Adna,  die 
Pi'ophetenmutter ,  sieht  den  in  der  Höhle  verborgenen  Neu- 
geborenen aus  seinen  Fingern  Unterhalt  saugend,  wie  die 
spätere  Abstraction  den  sich  in  sich  selbst  verschlingenden 
Brahm  an  den  Fusszehen  saugen  lässt.  Wegen  der  schreck- 
baren Folgen,  die  (nach  den  Rishis)  die  Bcriihruug  einer 
Brahmanenfrau  nach  sich  ziehen  würde,  gab  König  Soma  (im 
Rigvcda)  sie  zurück,  wie  Pharao  die  Sarah.  Die  Rishi  heissen 
(in  der  Atharvaveda)  Bhuta-Kritah,  als  die  existirenden  Dinge 
gestaltend.  Als  Narayana  auf  dem  Wasser  schlafend,  wandelte 
sich  Brahma  beim  Erwachen  in  Vayu  (Wind),  über  den 
Wassern    hinzufahren   (Vayu  Purana).      Aus    der  Rauch   und 


Die  Sprachgestaltung.  299 

Flamme  erzeugenden  Hitze  der  Kasteiungen  entstanden  die 
Wasser  und  Prajapati  (Taitt.  Br.).  Isa  oder  Mahadeva  wird 
durch  die  Joga  verehrt  (nach  dem  Mahabharata),  und  in  Abra- 
ham's  Nachkommenschaft  folgten  die  Propheten  (ausser  Schoaib 
oder  Jethro)  dem  Zweige  Isaak's.  Die  gesammte  Welt  (in 
der  Verehrung  des  Lingam)  ist  von  dem  Männlichen  Isana's 
und  dem  Weiblichen  Ama's  durchdrungen  (Mahabh.).  Manu 
wünscht  (in  der  Matsya  Purana)  seine  Zweifel  gelöst,  wie 
Brahma,  trotz  verwandtschaftlicher  Verhältnisse,  sich  mit  seiner 
Tochter  Sarasvati  vermählen  konnte,  und  Sarah  galt  für 
Abraham's  Schwester,  obwol  seine  Frau.  Brahma  heisst  (im 
Mahabh.)  patriarch  of  the  world  (s.  Muir). 

Isvaragraha,  Bruder  des  Ballabhi-Königs  Dhruvarasena  IV. 
(670  p.  J.),  beschenkte  die  Devabrahman  (aus  Kaiinga).  Als 
Bali,  von  Indra  getödtet,  durch  die  Bhrigus  als  Allfürst  belebt 
Avar  und  mit  einem  Heer  von  Daityas  Indra's  Hauptstadt  an- 
griff, räumten  (auf  Rath  ihres  Lehrers)  die  Götter  (vor  diesen 
brahmanischen  Gewalten  der  Vedas)  den  Himmel.  Die  über 
den  Fall  ihrer  Kinder  klagende  Aditi  wird  von  ihrem  Gemahl 
(dem  über  die  vermeintlichen  Beziehungen  in  Vishnu's  Trugwelt 
lächelnden)  Prajapati  Kasyapa  auf  Hari  oder  Puruscha  (den 
göttlichen  Janardana),  als  Weltlehrer  Vasudeva,  hingewiesen 
und  erhält  von  Hari  (beim  Milchopfer)  das  Versprechen  seiner 
Geburt,  bei  welcher  er  aus  «-länzender  Erscheinuno;  vor  den 
Augen  seiner  Eltern  zum  Zwerg  zusammenschrumpft  (nach  der 
Bhagavata  Purana).  Obwol  Usana,  Lehrer  Bali's  (des  Königs 
der  Asuras  und  Enkel  des  Prahrada),  Vishnu  als  den  von 
Kasyapa  und  Aditi  Geborenen  erkennend,  von  dem  Geschenk 
der  drei  Schritte  abräth,  erfüllt  (der  deshalb  verfluchte,  aber 
von  den  Göttern  mit  Blumen  beregnete)  Bali  sein  Wort  (seine 
Gattin  Vindhyavali  Wasser  bringend).  Als  Jambaval  (König 
der  Bären)  den  Sieg  des  Dreischeiters  verkündete,  suchten  die 
Asuras  den  Zaubermeister  Vishnu  zu  tödten,  aber  Bali  lässt 
sich  in  Varuna's  Ketten  durch  Virat  und  Garuda  (Sohn  des 
Tarxa)  binden.  Als  der  Fürst  der  Danavas  und  Daityas  (un- 
bezwingbaren Trug  durch  Wahrheit  bezwingend)  seines  Gegners 
Grösse  anerkennt,  wird  er  (auf  Brahma's  Vermittelung)  zum 
Indra  der  Savarni  Manvantara  bestimmt  und  bis  dahin  nach 
der  von  Visvakarman  gebildeten  Sutala  verwiesen,  wo  die 
Bewohner  ohne  Leiden  noch  Ermüdung  weilen  und  wohin  der 


300  Viertes  Kapitel. 

gelöste  Bali  (Hari,  Brahma  und  Bhava  oder  Siva  verehrend) 
einging.  Hari  Narayana  oderUpendra,  seinen  Bruder  Mahendra 
dem  Himmel  und  den  drei  Welten  zurückgebend,  lässt  Usanas 
(Sukra)  mit  den  Brahmanen  die  Unregelmässigkeiten  in  Bali's 
02:)fer  wiederherstellen. 

Die  frühe  Civilisirung  Ceylons  (als  späterer  Stammsitz  des 
Buddhismus)  ging  von  dem  (damals  als  wandernde  Pandu  in 
Indien  zerstreuten)  Sakya-Geschlecht  aus  (dessen  heroisch 
aufgefasste  Schicksale  später  im  Mahabharata  verflochten 
wurden  mit  der  trotz  gefeierten  Siegs  verschwindenden  Dynastie 
der  Panda)  und  erhielt  so  zunächst  aus  Sinhapura  (Sakya- 
sinhas)  im  Westen  Indiens  (den  Ländern  späterer  Singh)  den 
Entdecker  Vijaya,  aus  dem  Panduhause  Mathura's  seinen 
Nachfolger  Pandu wasa  und  vom  Ganges  dessen  Gattin,  als 
Tochter  des  Königs  Pandu- Sakya  (aus  dem  geflüchteten  Sakya). 

Der  über  Suomi  (Lappen  und  Finnen)  und  Samojeden 
bis  Semgallen  und  Samogitcn  verbreitete  Same-Name  deutet 
(wie  bei  Hellenen,  von  denen  die  Javanen  oder  lonier  in  Athen 
und  Delphi  noch  längere  Beziehungen  mit  den  von  Boreaden, 
Nachkommen  des  Boreas  oder  Bör,  regierten  Hyperboräern 
bewahrten)  auf  eine  Mythe  sumpfentsprossener  Eingeborener, 
über  die  am  Baltischen  Meer  ein  von  der  Donau  nach  Norden 
(wie  die  Dorier  in  die  ionischen  Länder  von  Hellas)  vor- 
gedrungener Stamm  der  Thor  (Ukko  Thor  als  Fornjotr,  den 
der  jüngere  Thor  bekämpft)  verehrenden  Geten  herrschte, 
feindliche,  aber  (wie  Diws)  gebildete  Joten  (Gothen)  für  die 
Äsen  oder  zu  den  Scythen  (mit  germanischen  Wortformen  in 
Spu,  Exampaeus,  Temerinda)  gehörige  Jazyger  oder  (nach 
Watson)  Jatwjeser  (in  Litauen),  die  sich  in  Skandinavien  als 
Suionen  mit  den  Sueven  (Germaniens  von  den  Sitzen  der 
Semnonen  aus)  verbanden,  während  im  düstern  Osten  (Austrriki's 
im  Gegensatz  zu  dem  Basilion  des  Westens,  wie  in  Wcsi- 
Gothen  oder  Wesi-Krcwitchen)  die  Ansen  oder  Anten  un- 
gemischter (bis  zur  Vereinigung  mit  den  Slawen  als  2c'jcßr|vc'' 
bei  Ptol.  oder  Sloweni  bei  Nestor)  blieben  und  im  Kaukasus 
(Graucasus)  das  Bergvolk  der  Jassen  oder  Osseten  sich  erhalten 
zeigt.  In  den  Samländern  liegt  zugleich  der  Begriff  des  Ver- 
sammelns  (saman)  verschiedener  Stämme,  wie  in  der  samanäi- 
schcn  Priesterschaft,  wie  (in  ligurischen)  Ingauni  (an  der 
Küste  Albengai)   und   britischen  Iceni  der  der  Eingeborenen. 


Die  Sprachgestaltung.  301 

Während  die  finnischen  Kawe  als  Menschengötter  sich  an  die 
Kavi  als  mythische  Könige  nnd  Priester  (unter  Iranier  und 
Arya)  schliessen,  führt  der  finnische  Gottesbegrifi'  Jumala  auf 
den  kampfeslosen  Yama-Himmel,  der  zuerst  über  den  irdischen 
Wechseln  erhaben  ist,  wie  Satjaloka,  wohin  sich  in  der  Zwischen- 
zeit der  Avataren  die  Rishi  zurückziehen  (im  Buddhismus  bis 
zu  den  Dhyani-Regionen). 

Im  Gegensatz  zum  östlichen  Jotunheim  lag  (für  das  cen- 
trale Manheim)  Wanaheim  im  Westen,  in  den  Ländern  der 
spätem  wendischen  Vandalen,  die  Odin  auf  seinem  Zuge  nach 
Seeland  (als  er  Sigi  bei  den  Sigambrern  zurückliess)  berührte. 

Die  Völkerverhältnisse  des  Nordens  analysirend,  gelangt 
man  als  auf  eine  der  ältesten  Schichtungen  zu  den  Lappen, 
die  bezüglich  ihrer  eingewanderten  Elemente  auf  einen  sehr 
früh  unter  der  Nomadenbezeichnung  der  Türken  auftretenden 
(durch  Tyrrhenier  oder  Tursen  aus  lydischen  Torrhebien  nach 
Italien  getragenen),  als  Tyrageten  oder  Thyssageten  mit  Gothen 
vereinigten  Zweig  deuten  (als  Turci  bei  Abo  oder  laponische 
Turja),  während  der  einheimische  Stamm,  der  schon  vorge- 
funden, in  den  Hamen')  (Tavastlands)  den  Namen  der  (von 
Skandinaviern  gleichfalls  verwertheten)  Heime  (Heibme  oder 
Heimat  im  Lappischen)  bewahrt.  In  damaliger  Epoche  wird 
sich  die  lappische  Decke  der  Suome  oder  Same  über  spätere 
Finnen  sowol  in  Samojeden  im  Norden  und  Samländer  im 
Süden  ausgebreitet  haben  (mit  einheimischer  Bedeutung  für 
spätere  Fremde  als  Sumpfentsprossene,  ähnlich  den  Fenni  und 
Hellenen).  Als  dann  scythische  Einflüsse  die  Tschuden  bil- 
deten (und  Handelsverbindungen  der  an  erythräische  Rutennoi 
und  Rossi  oder  Roxolanen  anschliessenden  Phönizier  von  den 
Venetern  der  Küstenländer  aus  auch  fennische  oder  finnische 
Benennungen  generalisirten),  erhielt  sich  neben  den  Tschuden 
(früher  Hamen)  die  samische  Bezeichnung  in  den  Jamen  (Gam 
oder  Jem),    während  dem  südlichen  Stamm   (hämischer  oder 


^)  Die  Kafxauo'l  oder  Chamavi  (im  Hameland)  stehen  neben  Frisen 
(Chamavus  mihi  arat  et  Frisius),  und  die  Nordfriesen  bebauen  (bei  Saxo) 
das  überschwemmte  Land.  Mit  den  Freseti  (Frisiti)  setzt  Schaöarik  die 
Berziten  in  Beziehung.  Fosetesland  (bei  Alfrid)  in  confinio  Fresonum  et 
Danorum.  Von  den  ins  Romergebiet  gezogenen  Hunnen  leitet  Jornandes 
die  Forsatisii  et  Sacromantisii  (Sacromontisii). 


302  Viertes  Kapitel. 

tavastischer  Finnen)  neben  den  (durch  spätere  verwischende 
Mischungen  in  Litauer  übergehenden,  aber  unter  der  Autorität 
des  preussischen  Kriwe  selbständig  centrahsirten)  Kriwitschen 
(und  Wessen  oder  Basileuoi,  als  Weisse  in  der  Wei  Kriwici 
Bjeloseros)  der  nördliche  der  (schwarzen)  Karelier  gegenüber- 
trat,  in  seinem  Anschluss  an  die  (in  Kuren  übergehenden) 
Kotpßwvsc  (und  weiter  Chrobaten).  Die  antische  Bewegiuig, 
bis  Permien  vordringend  (von  wo  später  die  Ostjäken  nach 
Sibirien  zurückwanderten  mit  den  Wotjäken),  warf  die  Woten 
oder  Watialaiset  (neben  Ishoren)  nach  Ingermaa  (eingeborener 
Ingrier),  am  Ende  der  die  Äsen  nach  Svithiot  (der  Suoweni 
oder  Slawen)  führenden  Periode,  worauf  die  von  den  Suiones 
besetzten  Länder  der  Halbinsel  in  die  germanische  Ent- 
wickelung,  die  Sitones  oder  Kwenas  (durch  die  Vereinigung 
mit  den  vorgedrungenen  Karelen  in  Oesterbotland)  in  die 
finnische  hineingezogen  wurden.  Als  nun  unter  den  eingeborenen 
Schichten  des  östlichen  Europa  (wie  es  schon  früher  durch 
die  von  der  Sarmatenherrschaft  befreiten  Servi  versucht  war), 
unter  Serben  (der  Sporoi  oder  Spalen)  und  Chrovaten  (der 
Karpatenländer),  bei  deren  Auszug  der  slawische  Stamm  her- 
vorzukristallisiren  anfing,  und  durch  die  unter  den  Lachen 
oder  Polen  (n.  Szajnocha),  sowie  von  Ruriks  Warägern  in  Russ- 
land, auf  den  Thron  gesetzten  Normannengeschlechter  festen 
Haltepunkt  erhielt,  verbreitete  sich  in  den  weniger  berührten 
Länderecken  das  finnische  Niveau  (die  noch  aus  Hamen, 
Kvenen,  Tschuden  übrigen  Elemente  des  Fremdartigen  in  sich 
absorbirend  und  in  Abgeschlossenheit  besondere  Schroff'heit 
gewinnend),  während  in  den  markirungslos  ofi'enen  Ländern 
alter  (nach  der  Ostsee  gerichteter)  Handelsstrassen  sicli  ein 
durch  nachgiebige  Schmiegsamkeit  gekennzeichneter  National- 
charakter herstellte,  der  die  vielfach  gemischte  Sprache  der 
Litauer  noch  fernem  Mischungen  leicht  zugänglich  machte. 

Der  Schwede  heisst  bei  den  schimpflich  als  Lappen  (wie 
die  Narvan-alaiset  als  Lapplakot)  Bezeichneten  Kvaenas,  indem 
die  Cvenen  oder  Sithonen  (dann  durch  Zutritt  der  mit  den 
Äsen  iiber  Sigambrer  und  Joten  der  cimbrischen  Halbinsel 
herbeigezogenen  Sueven  im  Süden  zu  Suiones  umgewandelt) 
sich  bis  an  die  nördlichen  Grenzen  des  (ausserpolaren)  Skan- 
dinavien erstreckten,  und  vielleicht  i'iber  das  nördliche  Europa, 
indem  die  Briten  für  gleichsprachig  gelten  mit  ihrem  östlichen 


Die  Sprachgestaltung.  303 

Zweig  der  Aestyer,  die  Wiroi  (Wironmaas  oder  Virlandia's) 
als  Gesammtbezeichnuüg  der  Esten  ^)  und  Liven  (s.  Gyllenstolpe) 
bei  Finnen  (oder  Tschuden)  im  Anschluss  an  Oiorpata  (Vir- 
bata)  oder  scythische  (tschudisehe)  Sauromaten  (s.  Herod.). 
Die  auch  am  Pontus  (bei  Scylax)  und  in  Britannien  genannten 
Melanchlaeni  (mit  dunkeln  Gewändern,  wie  die  Esten)  heissen 
ein  scythisches  Volk  bei  Hecatäus,  wogegen  ihnen  Herodot 
zwar  scythische  Sitten  zuschreibt,  sie  aber  zu  einem  von  den 
Scythen  verschiedenen  Stamme  macht.  Neben  den  Thyssageten 
(jenseit  der  Budini,  die  als  blonde  und  die  scythisch-griechische 
Sprache  der  Gelonen  redende  Wenden  ihre  in  der  Verwandt- 
schaft  des  Indogermanischen  eingeschlossene  Handelssprache 


^)  Die  Kircheusprache  der  Esten  richtet  sich  nach  den  in  jeder  Gegend 
eingeführten  Büchern.  Sie  kann  von  der  im  gemeinen  Leben  gewöhnlichen 
Haussprache  verschieden  sein.  So  hört  man  z.  B.  in  der  Kirche  zu  Kuddafer 
den  reinen  Revalschen  Dialekt,  aber  die  Hauptsprache  der  dasigen  Bauern  ist 
eine  Mischung  von  Revalschem-Dörptschem ,  Russischem  und  ganz  eigen- 
thümlichen  Wörtern  (s.  Hupel).  Die  alte  Eidesformel  der  lettischen  Bauern 
vor  Gericht  (bei  Arndt)  steht  in  Hinsicht  der  Formen  dem  Deutscheu  noch 
viel  näher  als  das  Neulettische ,  in  welchem  das  slawische  Element  mehr 
vorwaltet.  Slavica  lingua  in  plerisque  vocibus  latinitatem  attingit,  et  ideo 
(Sefridus  putat)  ab  eo  quod  est  continere  continas  esse  vocatas  (templa),  als 
Giebelgebäude  von  Koncyna  (Ende)  im  Polnischen  (s.  Prutz).  Für  die 
lateinischen  (latini  als  italienischen)  Bewohner  von  Patti  musste  die  Urkunde 
(1133)  aus  dem  Latein  in  die  Vulgärsprache  übersetzt  werden  oder  (nach 
Hartwig)  in  den  sicilischen  Dialekt.  Petrus  von  Ebulo  nennt  Palermo 
(12.  Jahrh.)  die  dreisprachige  Stadt.  Der  Reim  der  kymrischen  Lyrik  be- 
steht nicht  nur,  wie  der  der  romanischen,  in  einer  harmonischen  Cadenz- 
reihe,  sondern  zugleich  in  einer  ununterbrochenen,  eng  geschlossenen.  Schlag 
auf  Schlag  ineinandergreifenden  Kette  fortgesetzter  witzig-harmonischer 
Laut-  und  Wortspiele  (F.  K.  Meyer).  Die  gallische  Vulgärsprache  wurde 
lingua  romana  rustica  genannt  oder  abgekürzt  lingua  romana  (s.  Cazeneuve). 
Im  Bauskerischen  Gebiet  und  am  Angernschen  Strande  bis  Kurland  wurde 
die  estnische  Sprache  gebraucht,  aber  der  Gottesdienst  in  der  lettischen 
Sprache  verrichtet  (Einhorn),  1648.  Die  Kreewinen  beten  lettisch  (1846). 
—  La  langue  litthuanienne  est  aujourd'hui  encore,  meme  en  Samogitie,  en 
etat  d'enfance,  et  si  peu  cultivee,  qu'elle  ne  saurait  etre  comptee  parmi  les 
langues  litteraires.  Privee  de  tonte  unite  eile  est  composee  d'une  quantite 
d'idiomes ,  qui  dilierent  plus  ou  moins  entre  eux ,  meme  dans  les  localites 
limitrophes  (Ratz).  —  Nach  Dumoulin  ist  das  Celtische  teutonisch.  —  Wiehi 
Namun  dinan,  Queme  Riche  din,  werde  Wille  din  (im  Altfränkischen). 
Helgat  warde  titt  Nampe,  tillkomme  tit  Reike,  skee  tin  Willie  (im  Schwe- 
dischen) mit  voranstehendem  Artikel.  Kilaubu  in  kot  Fader  (im  Altfrän- 
kischen).    Jagh  troor  pä  Gudh  Fader  (im  Schwedischen). 


304  Viertes  Kapitel. 

unter  den  Slawen  verbreiteten)  wohnen  (gleich  ihnen  von  der 
Jagd  lebend)  die  Jyrcae  (bei  Herodot)  oder  (bei  Mela)  die 
Turcae,  bis  zu  den  Turja  Laponiens  verbreitet.  Francion  und 
Turcus  sind  (bei  Gregor.  Tur.)  Priamus  verwandt.  Die 
polyandrischen  Agathyrsen  (in  Siebenbürgen)  mit  thrazischen 
Sitten  (bei  Herodot)  wurden  nicht  (wie  Androphagen,  Neurer, 
Melanchlaenen)  durch  die  vor  den  Persern  retirirenden  Scythen 
aus  ihren  Sitzen  gedrängt,  wol  aber  durch  spätere  Ereignisse, 
da  sie  Ptolemäos  am  Baltic  kennt. 

Die  Jam  (bei  Nestor)  oder  (bei  susdalischen  Chronisten) 
Sem  (Hamen  oder  Samen  und  Sabme)  im  westlichen  Syrjänen- 
gebiet  wurden  (vor  Ankunft  der  Russen)  von  den  auf  Holz- 
schuhen (gleich  den  Scritefinncn  des  Nordens)  fahrenden  Per- 
miern  (s.  Petrejus  de  Erlesunda)  im  Bjarmaland  zurückgedrängt, 
und  (den  Syrjänen,  gleich  den  Gam,  verwandt)  Mairden  die 
südlichen  Tschuden  (Woten  und  Watialaiset,  die,  nach  Porthan, 
den  Lappen  benachbart  waren)  als  urspriingliche  Abkömmlinge 
des  siidfinnischen  (jemischen)  Stammes  in  ihren  oflfenen  Sitzen 
(s.  Sjögren)  mit  karelischen  Verzweigungen  (Ishoren,  Ayramoiset 
Savakot)  vermischt  und  erhielten  in  ihrer  Sprache  (Liudin 
Keli  oder  Tschudisch)  gleichfalls  karelisches  Gepräge  von  den 
Coralli,  paganorum  gens  ferocissima  (bei  Gervas.)  und  Turcl 
(bei  Abo  oder  Turku). 

Die  Finni  mitissimi,  Scandzae  cultoribus  omnibus  mitiores 
(nee  non  et  pares  Vinoviloth  des  dänischen  Withaesleth)  ent- 
sprechen (bei  Jornandes)  als  Cvena  (aus  finnischem  Kainulaisct) 
den  Sembi  et  Prutzei,  homines  humanissimi,  in  insula  quac 
Semland  appellari  solet  (Ad.  Br.),  als  Sembones  (Saxo)  oder 
Sambitae  (Sami),  sowie  Warmia  (Ormaland  oder  Ermland) 
oder  Jarmenses  (Hermiones  oder  Hermines)  oder  Warmienscs 
im  schwedischen  Wärmeland.  Die  Bewohner  Sandands  aber 
bezeichneten  die  Nadrauer  und  Schalauer  (nach  Prätorius)  als 
Guddcn,  da  (nach  Lucas  Davi)  die  Preussen  aus  einer  Ver- 
mischung der  Eingeborenen  (Umeragi  oder  Ulmigani  als 
Holmrugen)  mit  skandinavischen  Gothen  hervorgegangen.  Nach 
C'hristian  war  Warmo  (nach  dem  Warmia  benannt  sei)  Sohn 
des  Wudawutti,  Bruder  des  Priesters  Bruteno  und  die  den 
Aestui  (in  deren  Sitzen  Ptolcmäus  die  Talivhai  und  2ou5(.va(. 
oder,  bei  Duisburg,  Galinditac,  oder  Golthes  des  Jornandes 
und    Sudowitac    am    Spirdingsec    kennt)    oder    (den    Gothen 


\ 


Die  Sprachgestaltung.  305 

Theodericb's  verwandt)  Haestier  gleichsprachige  Briten  sind 
(bei  Fordun)  Bruti  posteritas,  welcher  Brutus  (Sohn  des 
Hisition),  oder  (als  Britto  Bruto,  Enkel  des  Ascanius)  unter 
den  Söhnen  des  Alanus,  zu  einem  andern  Stamm  (der  Franci, 
Latini,  Alamanni,  Bryttoues)  gehört  als  die  Gothi  (mit  Wala- 
gothi,  Cibidi,  Burgundi,  Longobardi),  die  Nachkommen  seines 
Bruders  Armenon  (Irmino,  als  Ahn  der  Herminones),  und 
unter  den  Nachkommen  des  Neugio  stehen  (mit  Bogari,  Wan- 
dali, Tarincgi)  die  Saxones  (und  Anglen  mit  Wariner  als 
Thüringer),  während  der  aus  der  Erde  gewachsene  Sachsen- 
könig Aschan  (im  Lande  der  Askenaz)  auf  phrygischen  (frän- 
kischen) oder  armenischen  Ascanius  führen  würde.  Der  eigent- 
liche Name  der  Ostiaioi  (neben  Guttones)  oder  Ostmänner 
(Austr-rikis)  war  (nach  Artemidorus)  Kossini,  und  Kassi velaunus, 
König  der  Kassi  (Catieuchland) ,  herrschte  in  Cassiobury, 
während  bei  Burdigala  Cossio  lag  (Stadt  der  Vasates)  und  Osti- 
damnii  bei  Veneten.  Wenn  in  Estland  und  in  dem  (vom  Pro- 
phetenvolk genannten)  Kurland  (der  Chors  oder  Kurfemneeks) 
die  Livones  Reste  des  ursprünglichen  Stammes  zeigen  (den  nörd- 
lichen Finnen  verwandt),  rief  die  Dui'chdringung  fremder  Ein- 
flüsse (aus  kriegerischem  Norden  und  handeltreibendem  Süden, 
schon  seit  der  griechischen  Budenstadt)  die  (dem  Litauischen 
verwandte)  Mischsprache  der  Letten  (s.  Kruse)  oder  Balt- 
schwarki  (Baltia's  im  Gegensatz  zu  Meeleschwarki  est- 
nischer Melanchlaenen  oder  Melaneimones ,  die  Strabo  auch 
auf  den  Kassiteriden  kennt)  hervor,  zu  der  das  Preussische 
(der  Pruteni  oder  Pruzzi)  ebenfalls  gehörte,  mit  dem  Criwe 
in  Romowe  (trahens  nomen  suum  a  Roma)  residirend,  als 
Haupt  von  deii  Lethowiui  et  aliae  nationes  Livoniae  terrae 
(s.  Dusb.)  anerkannt.  Die  Russen  (Wenneläne,  estnisch)  haben 
die  Bezeichnung  Kreews  (Kriwe)  bei  den  Letten.  Die  Gott- 
heit (Ilmarinen  oder  Jumala)  heisst  (bei  den  Syrjänen)  Jen 
in  ähnlicher  Beziehung  zu  den  Jam  oder  Jem,  wie  sonst  zu 
den  Goti  (und  Jöten),  indem  im  (wogulischen)  Jomas  (redlich) 
die  moralische  Bezeichnung  (des  begüterten  Guten)  liegt.  Nach 
Nestor  sitzen  am  Warangenmeer  die  Lechen,  Prus  und  Czjud, 
indem  sich  die  von  Lech  geführten  Polen  (slawischer  Her- 
kunft) in  die  (auf  einstige  scythische  Herrschaft  zurück- 
weisenden) Eingeborenen  und  die  metamorphosirten  Prussi 
eingeschoben  hatten  (das  Getharum  gens  bei  Kadi.).  Schaffarik 

Bastian,  Studien.  20 


2Qg  Viertes  Kapitel. 

findet  die  Endung  geten  (der  Thyssageten)  auch  in  den  Samo- 
jeten  oder  Samojeden  (Samogitias).  Neugo  wird  von  Zeuss 
auf  Ingo  geführt,  und  der  Anschkiss  der  Ingaevonen  (mit 
Cimbri,  Teutones  et  Chaucorum  gentes  in  spätem  Sitzen  der 
Sachsen)  ergibt  im  Anschkiss  an  die  Ingrier  Ingermaa's  das 
vom  asischen  Odin  (durch  Äsen  über  die  Eingeborenen  ge- 
bietend, wie  Asdingi  unter  Vandalen)  in  Svithiod  eingesetzte 
Fürstengeschlecht  der  Inglinger  östhcher  Sveonen  (s.  Münch) 
seit  Frey  (Sohn  des  Njörd)  oder  Yngve  (oder  Wanen  eines 
Wanna-issa).  Das  Irland  und  Hochschottland  eigenthümliche 
GäHsche  repräsentirt  im  Anschluss  an  das  Ligurische  (vor 
iberischen    Niederlassungen    in    Spanien)    den    altceltischen  *) 


1)  Nach  Evans  ist  die  Sprache  der  altern  Barden  in  Wales  unverständ- 
lich. Die  Eingesessenen  der  frühern  Vorstadt  (der  Uekern  in  Paderborn) 
oder  die  Ueker-Walen  sprechen  einen  eigenthümlichen  Dialekt  (s.  Haxt- 
hausen).  Noch  im  Anfang  dieses  Jahrhunderts  war  die  Mundart  Würzburgs 
weit  specifischer  und  schärfer  ausgeprägt  als  jetzt  (Sartorius),  1862.  Die 
ältesten  Wörter,  welche  die  einfachsten  Gegenstände  der  Jagd  und  der 
Fischerei  bezeichnen,  sind  (im  Dänischen)  finnischen  und  keltischen  Ursprungs 
(Wiborg).  Nach  Schmitz-Auerbach  liegt  der  Schweizerdialekt  bereits  im 
Hetrurischen.  Die  Sprache  Macedonieus  tönte  am  Indus  und  in  den  end- 
losen Provinzen  Persiens.  Während  in  der  Ebene  der  Dialekt  sich  gleich- 
massiger  verbreitet,  finden  sich  in  den  bergigen  Gegenden  (in  Oberlausitz  und 
Sachsen)  überall  locale  Unterschiede  (nach  Preusker).  Während  in  der  alt- 
hochdeutschen Periode  nur  Dialekte  (mit  dem  alemannischen  als  am  con- 
seqiientesten  durchgeführt)  vorhanden  waren,  hat  (nachdem  das  ununter- 
schiedene  e  zur  Regel  geworden)  die  mittelhochdeutsche  bereits  einen  der- 
selben (den  schwäbischen,  als  die  höfische  Sprache)  über  die  andern  gestellt. 
Die  neuhochdeutsche  Sprache  schliesst  sich  nicht  einer  speciellen  Mundart 
an ,  sondern  Luther  bediente  sich  der  ,,  von  allen  Fürsten  und  Königen 
Deutschlands  befolgten  Sprache  der  sächsischen  Kanzlei"  (mit  Vorwiegen 
der  österreichischen  Mundart).  „Die  Meynische  Sprach  (der  meissner  Dialekt 
Luther's)  wird  (nach  Albinus)  für  die  zierlichste ,  beste  und  reinste  Sprach  , 
in  gantz  Germanien  gehalten"  (s.  Albinus),  1580.  Nach  Grimm  hat  das 
Nordische  mehr  Gemeinsamkeit  mit  dem  Keltischen,  das  Hochdeutsche  mehr 
mit  dem  Slawischen.  Magd  ist  im  Norden  Macht,  und  wacht  =  wagt,  wart 
=  ward  u.  s.  w.,  wenn  ist  wann,  denn  =  dann,  und  das  Wörtchen  da  (auch 
für  viel)  bedeutet  bald  hier,  bald  dort,  bei  den  Süddeutschen  hingegen  immer 
nur  hier,  welches  letztere  übrigens  im  Süden  nicht  heimisch  und  nur  selten 
für  da  gebraucht  wird  (Schatzmayr).  —  Apud  Cambros  circumferuntur 
vetustae  literarum  formae,  similes  runis  candicis  et  aptae  ad  incidendum  in 
lignnm  vel  lapidem  ut  alphabotum  Nomnivi,  dictae  Coelbren  y  beirdd,  al- 
phabetum  Bardorum,  cui  opponitur  Coelbren  y  menaich,  alphabetum  mo- 
nachorum   vel  romanum  (Zeuss) ,  dann  das  Beth-luis-nion  (aus  Zweigen)  der 


Die  Sprach gestaltung.  307 

Dialekt,  der  sich  damals,  wie  über  Britannien,  auch  über  die 
andern  Küstenländer  der  Nord-  und  Ostsee  erstrecken  mochte, 
beim  Eindringen  der  Kimbrer  (oder  Cimmerier)  aber  (s.Thierry) 
in  Frankreich  in  das  Gallische  verwandelt  wurde  und  durch 
die  verwandten  Belgier  in  Britannien  in  das  Cymrische  und 
Cornische,  während  (von  den  Grenzen  Semgalli,  sonst  Samo- 
getae,  oder  Lettgalli  u.  s.  w.)  die  östlichem  (und  später  unter 
den  Einfluss  der  Gothen  fallenden)  Länder  unberührt  blieben, 
aber  dann  durch  ugrische  Zuwanderungen  überdeckt  wurden 
und  s^jäter  die  Slawen  unter  sich  aufnahmen.  In  Gallien  sind 
Leti  (bei  Amm.  Marc.)  bekannt,  und  die  weite  Verbreitung  des 
Namens  gab  den  Litus  oder  Letus  (wie  sonst  den  Gethen 
oder  Sklaven).  Die  natio  quaedam  Sclavenorum  in  Germania 
(der  Leutici,  qui  Wilzi  dicuntur  bei  Ad.  Br.)  propria  lingua 
Welatabi,  francica  autem  Wilzi  dicuntur  (Einhard).  Der 
Litauer  (Ljetuwas)  heisst  (bei  den  estnischen  Tschuden)  Litalain 
(s.  Schaffarik),  der  Lette  (Latweetis)  oder  (litauischer)  Latwys 
dagegen  Lätti-mees  (in  Lätti-maa).  Neben  üliczi  (Ljuticzi) 
werden  (Suliczi  und)  Chorwati  (bei  Nestor)  genannt  oder  (bei 
Const.  Porph.)  Xpoßparot,  (Belochrowatiens),  die  durch  Chors 
und  (kurische)  Coreten  auf  Kronos'  (Chronos)  Diener  (bei 
Plutarch)  am  kronischen  Meere  führen  würden,  zugleich 
den  (nach  scythischen  Küsten  verschlagenen)  Herakles  ver- 
ehrend.      Curiosolites    stehen     (bei    Cäsar)    unter    gallischen 


hibernischen  Barden.  —  The  inscriptions  (at  Haggevalleh)  with  a  single 
exception  were  all  Lycian,  and  this  had  Greek  letters  over  one  panel,  and 
over  the  other  an  Eastern  character,  much  resembling  the  letters  upon  the 
coins  of  Phenicia  (Fellows).  —  Die  russische  Schriftsprache  ist  stark  mit 
kirchenslawischen  Elementen  (denen  das  Altbulgarische  oder  Altkirchen- 
slawische zu  Grunde  liegt)  durchsetzt  [indem  bei  den  vielfach  finnischen 
Bestandtheilen  der  russischen  Nationalitäi  das  Slawische  eingelernt  ist  und 
deshalb  in  correcterer  Form  aufgenommen  wurde].  —  Fuit  quondam  in  hac 
republica  -virtus,  quam  velut  quaedam  coeli  luminaria,  non  scripturae  quidem 
membranulis,  sed  clarissimis  gestorum  radiis  patres  illustravere  (Kadlubek) 
in  Polen.  —  Die  sabellischen  Völker  erhielten  (nach  Mommsen)  ihr  Alphabet 
von  den  Etruriern  (nicht  von  den  Römern).  Nach  Fox  ist  das  Ogham- 
Alphabet  von  dem  russischen  verschieden.  Nachdem  Ulfilas  den  Gothen 
bereits  ein  vollkommenes  Alphabet  gegeben,  fuhren  die  Burgunder  fort,  sich 
des  vaterländisch  echtem  Futhark  zu  bedienen  (s.  Dietrich).  Ibn-Abu-Jakub 
el  Nedim  (10.  Jahrh.)  erhielt  von  dem  Dolmetscher  des  russischen  Königs 
in  Holz  eingekerbte  Schrift. 

20* 


308  Viertes  Kapitel. 

Armorici  neben  (Osismii,  Rhedones,  Sesuvii,  Aulerci,  Unelli 
und)  Veneti.  Von  den  Phöniziern  (Poeni  oder  Puni)  verblieb 
im  Norden  der  Name  der  Finn  oder  Fenni,  der  wegen  besserer 
Bewajßfnung  in  Dänemark  gefürchteten  Kriegerkaste  (s.  Saxo), 
die  (als  Küstenwächter)  ihre  Ansiedelung  zu  Magh  Feine  (als 
Fir  maighe  Feine)  in  Irland  (s.  Wood)  fanden,  wie  Loyan 
aus  dem  Gälischen  oder  Bearla-Fenni  (punische  Sprache)  ge- 
nannten Irischen  den  Monolog  in  Plautus'  Poenulus  erklärt. 
Wie  nun  der  Name  der  Scythen  den  unterworfenen  Ein- 
geborenen an  der  Ostsee  als  Tschuden  verblieb  und  über  die 
Montes  Gordyaei  oder  (bei  Ibn  Fozlan)  Dschudischen  Berge 
(Dschudi)  weithin  durch  Sibirien  seine  Verwendung  findet,  so 
mag  auch  von  Poeni  her  die  finnische  Bezeichnung  zurück- 
geblieben sein,  wie  sie  Tacitus  von  Stämmen  hörte,  die  er 
(nebst  den  Peucinern)  eher  zu  Germanen  als  zu  Sarmaten  zu 
rechnen  geneigt  war,  während  die  benachbarten  Veneti  manches 
von  den  letztern  angenommen  hätten.  Diese  sarmatische  Be- 
ziehung vermittelte  den  Uebergang  der  Bezeichnung  Veneti 
(dialektische  Nebenform  der  Feine  oder  Fenni)  zu  den  Winidae 
und  spätem  Wenden  (in  gleich  universeller  Bedeutung  von 
der  slawischen  Fixirung  verwandt).  Wie  bei  den  armorischen 
Veneti  erscheint  der  Stamm  Ven  in  keltischen  Völkernamen 
mit  mehrern  Ableitungen,  Venicontes,Venicosii,  Venostes  u.  s.w. 
(s.  Zeuss),  und  illyrische  'Evexot  wurden  (s.  Jul.)  in  Veneti  um- 
gestaltet, indem  bei  solchen  Namensbildungen  die  schon  an 
Handelsplätzen  haftende  Bezeichnung  der  Poeni  der  Venta 
(in  venetischen  oder  fenischen  Dialektwandlungen)  mitsprechen 
mochte,  ohne  damit  etwas  Weiteres  iiber  eine  ethnologische 
Werthbezeichnung  aussagen  zu  können.  Wenn  Cochim  sich 
in  Annam  wiederholt,  so  weist  es  auf  die  Handelsstadt  Cochim 
in  Indien,  ohne  doch  zu  den  dortigen  Bewohnern  in  so  naher 
Beziehung  zu  stehen  als  zu  handeltreibenden  Chinesen.  Malaien 
findet  man  an  vielen  Punkten  des  Archipel,  wohin  der  eigentlich 
so  genannte  Stamm  nie  gekommen,  oder  doch  nicht  so  weit,  um 
die  einheimische  Bevölkerung,  wenn  er  dahin  gekommen  sein 
sollte,  wesentlich  modificircn  zu  können.  Die  Peguaner  wieder- 
holen (als  Telinga)  die  Kaiinga,  die  ihre  Handelsverbindungen 
weithin  als  Kling  (jetzt  oft  mit  verächtlicher  Nebeubezeichnung) 
verbreitet  haben.  Den  Griechen  begann  das  vom  Scliwarzen 
Meere  bekannte  Scythien  im  Norden  jenscit  der  Gelten,   und 


Die  Sprachgestaltung.  309 

für  die  Yankee  sind  schon  die  Pueblos-Indianer  und  andere 
der  Grenzen  Mexicaner,  ohne  dass  sie  in  besonders  directer 
Beziehung  zu  den  Nachkommen  des  mythischen  Mexitil  stan- 
den, oder  noch  weniger  zu  den  als  Universalbezeichnung  häufig 
verwandten  Azteken,  auf  welche  die  Verehrung  des  unterge- 
schobenen Montezuma  fiihren  könnte.  Russland  stösst  im 
Südosten  iiberall  auf  Tartaren,  während  die  eigentlichen  zur 
Zeit  der  Mongolen,  die  ihren  Namen  verbreiteten,  gerade  zu 
Grunde  gingen. 

Die  Veneti  (bei  Jemandes)  bildeten  die  (wie  jetzt  die 
Litauer)  gemischte  Bevölkerung  der  mittlem  Ebenen  und 
treten  an  der  Weichsel  noch  einmal  mit  dem  Mischvolk 
der  Vidivarier  auf  in  Witland  der  (mit  Slawen)  aus  Scythien 
hervorgekommenen  Vites  (bei  Geogr.  Rav.)  und  Chymaves, 
und  wegen  späterer  Piratereien  von  WoUins  Küste  heisst  es: 
quos  illi  Withinga  (Wikingos)  appellant,  nostri  Ascomannos. 
Nachdem  Hermanrich  die  finnischen  Stämme  besiegt,  unter- 
warf er  die  (wie  ihre  aesthyschen  Nachbarn)  unkriegerischen 
Veneten  (phönizische  Punier,  durch  rothes  Erythraia  auf 
Rutennoi  und  Roxolani  führend  aus  Verbindung  mit  Enetern). 
unter  den  folgenden  Wirren  bildeten  sich  aber  in  dem  Gebiete 
der  Veneter  unter  skandinavisch-germanischen  Leitern  die 
Genossenschaften  der  bis  zum  Dnjestr  reichenden  Sclavini, 
und  der  (bei  ihrer  Tapferkeit  an  die  Namen  ansischer  oder 
asischer  Heroen  bei  den  Gothen  anschliessenden)  Anten  zwischen 
Dnjestr  und  Dnjepr.  Im  Osten  waren  schon  die  Acatziren  als 
Vorhut  der  Chasaren  vorgedrungen,  und  unter  den  nach- 
hunnischen Völkerwanderungen  verloren  die  (an  den  Streifzügen 
nach  Thrazien  und  Hellas  vielfach  theilnehmenden)  Anten  ihre 
Selbständigkeit  (wie  Heruler,  Gepiden  u.  a.  m.),  während  die 
nach  dem  Westen  und  Norden  geworfenen  Slawen  (die  den 
Namen  von  frühern  Suowenen  oder  Sueven  bewahrt  hatten) 
dort  Centralpunkte  fanden,  von  denen  aus  sie  die  eingeborene 
Schicht  mit  einer  gleichartigen  Decke  der  Slawicirung  überzogen. 

Als  Völker  slawischer  Zunge  (unter  japhetischen  Nach- 
kommen) nennt  Nestor  die  Poljanen,  Drweljaner,  Nowgoroder, 
Polotschaner,  Drego witscher,  Sjeweraner,  Buzaner  und  Wolyner 
(und  von  den  Polotschanern  werden  die  Krewitschen  abgeleitet), 
während  eine  andere  Sprache  den  Muromern,  Tscheremissen, 
Mordwinen,  Merer,  Merjer,  Wessen  (mit  Tschuden,  Permier, 


310  Viertes  Kapitel. 

Petschoren,  Jamer,  Litauer,  Semigoler,  Koren,  Norower,  Liben) 
zukommt.  Die  Waräger,  die  von  Finnen  (Tschuden),  Slawen, 
Merier,  Wersen  und  Kriwitschen  (wie  die  Chasaren  oder  Kor- 
saren von  Polanen,  Swenejanern  und  Wjatitschen)  Tribut  ein- 
trieben, wurden  (862  p.  J.)  verjagt,  aber  (862  p.  J.)  als 
Herrscher  zurückberufen  von  den  Warägern,  am  Meer  der 
Warangen  (Biruni)  oder  am  Meer  Waseng  (Albufeda),  wo  als 
äusserste  Slawen  des  Westens  Ad.  Br.  die  W^aigri  (Vagri) 
setzt  mit  civitas  eorum  Aldenburg  maritima.  Hinter  ihnen 
an  der  Oder  wohnten  um  den  Tempel  der  civitas  Rhetra  die 
Welatabi  (OueXirat.  bei  Ptolem.)  oder  (francica  lingua)  Wilzi 
(Liutizi).  Welatabi  oder  (Ann.  St.  Amaud.)  Wulzi  (in  Wene- 
donia)  ist  (in  den  Ann.  St.  Gall.)  ein  Gesammtbegriff  für 
Sclavi  et  Saxones  (Eald-Seaxe).  Sunt  autem  Fresones,  Rugini, 
Dani,  Hunni,  antiqui  Saxones,  ßoructuarii  (Beda).  Bei  Venat. 
Fort,  steht  zwischen  Geta  und  Danus  der  Name  Wasco,  eine 
Heldenbezeichnung  wie  Wilzi  (s.  Saxo),  während  die  Wolot 
oder  Woloti  (ispolin  oder  welikan)  den  Slawen  (nach  Tschulkow) 
als  Giganten  (in  den  Wolotki  oder  tumuli  gigantum  Weiss- 
russlands)  gelten  und  das  (wie  in  den  Wilzen  Wiltshires  mit 
megalithischen  Monumenten  bis  zur  Wailands  smith  in  Berk- 
shire bekannte)  Völsunger-Geschlecht  (Wicked  Willy  Wilkin) 
aus  Sigmund's  Wälsinge,  einst  im  Frankenlande  herrschend 
(nach  Snorro)  auf  den  gothischen  Helden  Vidigoja  oder  Widga, 
Sohn  des  Walund  oder  Vielant),  führt.  Der  Name  Wilzen 
oder  Lutizer,  das  gefiirchtetste  Volk  des  Nordens  (nach  Glaber 
Rudolf),  war  wegen  der  Tapferkeit  gegeben  (s.  Helmold),  und 
noch  Swiatoslaw  schwört  (971  p.  J.)  beim  Gott  Wolos  oder 
Wlos  (neben  Perun).  Qui  (Alani)  lingua  eorum  Wilzi  dicun- 
tur,  crudelissimi  ambrones,  quos  poeta  Gelanos  vocat,  als 
Wascen  oder  Woten  (Gnaden  oder  Quaden). 

Diese  Woloten  oder  Wolchen  (Wolochen)  lebten  nun  in 
russischer  Sage  als  die  Bedränger  der  Illyrier  an  der  Donau 
(s.  Nestor),  wodurch  die  Wanderung  der  Slawen  nach  der 
Weichsel  (als  Ljachen)  veranlasst  sei,  und  wie  (seit  dem  Ab- 
zug cimmerischer  Kimbern  nach  Ländern  der  mit  Ambronen 
bekannten  Liguren)  die  altgriechischen  Beziehungen  der  Ge- 
Ionen (bei  Herodot)  den  Äsen  im  aspurgianischen  Asgard 
bosporanischer  Könige  unter  Boreadischen  Nachkommen  des 
Bor  und  Buri   im  Norden  ihr  Uebergewicht  gaben,  so  kennt 


Die  Sprachgestaltung.  311 

auch  Ptolemäus  neben  den  Weltai  am  wenedischen  Busen  die 
"Oaioi  und  wiederholen  sich  (bei  Tacitus)  hinter  Marcomannen 
und  Quaden  die  Namen  der  Osi,  Buri,  Gothini  (mit  Marsigni). 

Eingeleitet  wurden  also  die  slawischen  Bewegungen,  als 
unter  den  Kämpfen  der  (mit  Trutungi,  Virtingui,  Peucini)  zu 
den  Scythen  (s.  PoD.  Claud.)  gerechneten  Austrogothi  —  an 
Alanen  (As  oder  Jassy  der  Jacynger  und  Jazwinger)  grenzende 
Greuthunger  (neben  Tervinger)  —  und  der  Wesegothae  oder 
(bei  öid.  Apoll.)  Vesus  (unter  der  Stiftung  ihrer  Reiche, 
deren  Sturze  oder  neuer  Herstellung  derselben),  warägische 
Scharen  nach  dem  Norden  zogen,  um  an  den  Grenzen  der 
(der  eingeborenen  Schichtung  nach  verwandten,  obwol  zeit- 
weise von  Sueven  regierten)  Ligier  Staaten  an  der  Weichsel 
und  Oder  (wo  der  Name  der  Welten  und  Ösen  wiedergefunden 
und  fortdauerte)  zu  gründen,  um  von  Gnesen  und  Krakau 
aus  zu  herrschen,  sowie  (im  directen  Verkehr  mit  skandina- 
vischen Stammesgeschlechtern)  am  Ilmensee ')  (in  Nowgorod 
der  Slowenen)  und  gleichfalls  unter  finnischen  Bewohnern  am 
Dnjepr  in  Kiew,  als  die  Lechen  der  polnischen  Ebenen  an  der 
Weichsel  dorthin  ihre  Colonie  gesandt,  während  die  zeitweise 
hinter  den  Bergwall  der  Karpaten  Geflüchteten  auf  Heraclius' 
Einladung  wäeder  hervortraten,  wie  im  15.  Jahrhundert  die 
Walachen. 

Wie  die  Riezani  (bei  Wrietzen)  auf  Riesen  (Anten  auf 
Enten,  Hunnen  auf  Hünen  u.  s.  w.),  könnten  die  Wilzen 
(Wilten)  auf  Wilde  führen,  wie  Grimm  in  Vidigoia  (Vidugauja) 
oder  Witicho  (Yudga  oder  Witugouwa)  silvicola  von  vudu 
(lignum,  silva)  findet  (als  Waldgott),  ein  Sohn  der  Merminne 
Frau  Wachilt,  mit  König  Vilkinus  (zu  Vulcanus  in  Beziehung 
gesetzt)  an  der  Spitze,  Vater  des  riesenhaften  Vadi  oder  W  ato, 
dessen  Sohn  Velint  oder  Wieland  die  Schuiiedekunst  erlernt 
bei  Mime,  weise  wie  der  den  Wanen  beigegebene  Mimir, 
dessen  Haupt  zurückkehrt.  Volundr's  Söhne  waren  synir 
Finnakonung,  eines  finnischen  Königs  (s.  Grimm)  und  Wate's 


1)  Die  bei  den  Arabern  Wisu  (s.  Frähn)  benannten  Wessen  (im  bielo- 
serskischen  Gebiete)  oder  (bei  Jemandes)  Vas  (Wiltzi)  werden  (bei  Sjögren) 
von  (finnisch)  Wesi  (Wasser)  erklärt.  Vassjolatj  heisst  Feind  bei  den  Lappen, 
die  die  Finnen  (Tschuden)  von  den  Tjudeh  (Streifpartien)  als  Kriegsleute 
benennen.     Antium  (Genua)  ist  Hauptstadt  der  Ligures  (bei  Scylax). 


312  Viertes  Kapitel. 

Waetlingastraet  schliesst  sich  an  die  Irmanezsträza,  wie  auch 
den  Szeklern  ihre  Brüder  auf  der  Milchstrasse  zuriickkehren. 
In  Gudrunland  hat  man  gehört,  daz  Wate  arzet  waere  von 
einem  wilden  wibe,  und  dem  Sommerriesen  Svasadr  oder 
Samar  (gut  und  freundlich,  aber  feindlich  im  südlichen  Surtur) 
steht  der  Winter,  als  Windbringer  Vindsvalr  (Vetr)  oder 
Vasadr  (nass  und  feucht)  des  Westens  gegenüber.  Westri 
war  der  westliche  Himmelszwerg  und  Vind  och  Veder  in 
norrländischer  Sage  (von  Olaf)  wiederholen  sich  in  litauischer 
Mythologie.  Winistar  oder  Vinstri  (sinister)  in  Beziehung  zu 
väma  oder  (nach  Pictet)  zu  van  liegt  auch  im  Dialektischen 
winsch  (verkehrt  oder  links),  wie  in  den  Libui  (bei  Livius) 
zu  Laevos-Ligures. 

Die  Ligii  oder  Lygii,  als  der  weniger  von  dem  Andrang 
der  Kelten  beriihrte  oder  mit  ihnen  (wie  die  KsXxoXiyus?  am 
Rhone)  gemischte  (und  deshalb  in  polnischen  Sagen,  bei 
Kadi.,  das  Land  mit  den  nach  Griechenland  ziehenden  Galliern, 
am  Schluss  langer  Kämpfe,  theilende)  Zweig  der  (von  Dionysos 
auch  unter  Latinern  und  von  Philistus  unter  den  Siculern 
aufgegrabenen)  Ligurer  im  Osten,  bildeten  die  bis  zur  Donau 
erstreckte  Schichtung  der  Eingeborenen,  die  sich  (als  Sarmates 
limigantes)  gegen  die  Jazygen  erhoben,  mit  den  Hunnen  da- 
gegen (die  sie  von  gothischen  Drängern  befreit  hatten)  be- 
günstigt und  kriegerisch  organisirt.  In  ihren  germanischen 
Sitzen  drangen  erobernd  die  Sueven  vor,  mit  ihrem  Haltpunkt 
unter  den  Semnonen,  wie  auch  (zu  Probus'  Zeit)  Semnon  über 
die  Logionen  herrscht  (bei  Zosimos)  und  der  in  Piasthis 
Bauernstande  geborene  Semovit  als  nationaler  Wiederhersteller 
polnischer  Selbständigkeit  (unter  den  Lechen)  gefeiert  wird. 
Als  der  Name  der  Scythen  i)  vor  dem  Sarmatiens  verschwindet, 
treten  unter  den  e"^v7]  \Kiyiaxa  dieses  die  Jazygen  (neben  Alanen 
oder  Asctinzer  und  Roxolanen)  hervor,  und  die  durch  grie- 
chische Cultureinflüsse    (im    aspurgianischen   Asgard    zur   be- 


')  Die  von  Lucian  mit  den  Scythen  identificirten  Alanen  scheinen  (nach 
Zeuss)  mit  den  (nach  Ilerodot)  scytliisch  redenden  Budini  ein  Volk  zu  sein 
»ind  mit  ihnen  dem  persisch-medischen  Stamm  (der  Sarmaten)  anzugehören, 
wie  Jurnandes  (ausser  den  von  Plinius  als  äusserstes  Volk  der  Deutschen 
gekannten  Sciren)  zu  den  Alanen  auch  die  Sadagarier  oder  (bei  Ptolem.) 
Sargatii  (Sagartii  bei  Persern  als  Asagartier)  rechnet. 


Die  Sprachgestaltung.  313 

wegten  Zeit  des  Mithridates)  ausgeschmückte  Mythe  skandi- 
navischer Äsen  findet  ihren  geschichtlichen  Boden  in  den 
(unter  Winidae  oder  Spalen  als  serbischen  Sporen  oder  Slawen) 
einbegriffenen  Anten  in  Verbindung  mit  den  Slawen  (Stlavani 
oder  Suoveni,  2o'jouir)vo''  oder  2oußT,voQ,  die  an  den  Grenzen 
der  Keltenländer  als  Sueven  (Ariovists)  bekannt  werden,  und 
dort  (mit  ihrer  Hauptkraft  wegen  der  reichern  Beute  römischer 
Provinzen  angezogen)  in  Germanen  unter  verschiedenen  Stammes- 
namen übergehen,  während  die  Nachzügler  im  Osten  in  der 
grössern  Masse  der  Urbevölkerung  (unter  nur  theilweiser 
Modificirung  der  Sprache)  untergehen,  obwol  ihren  Namen 
weitern  Strecken  zurücklassend  und  den  durch  längere  Sitze 
im  Norden  ihren  getischen  Beziehungen  entfremdeten  Gothen 
grossentheils  feindlich  gegenüberstehend,  bis  zur  Ausgleichung 
im  cimbrischen  Jotunheim  (schon  zu  Odin's  Zeit)  und  in 
Schweden  unter  den  Folkungern  (13.  Jahrh.  p.  J.).  Wie  der 
normannische  Chacanus  (Annal.  Bertin)  oder  Hakon  (839) 
Gesandte  nach  Byzanz  schickte,  so  erschienen  bei  der  Be- 
lagerung dieses  im  Heere  des  awarischen  Khans  (590  p.  J.) 
zitherspielende  Barden  als  Gesandte  der  Slawen  vom  westlichen 
Ocean  (jz^o<^  to  Tspjxax''  tö  tou  SuTtxou  oXTjvsvat.  oxsavoO)  und  am 
warägischen  Meere  wohnten  die  Ljachen  (bei  Nestor),  bei 
denen  (wie  später  die  durch  finnische  Stämme  berufenen  Wa- 
räger von  jenseit  des  Meeres  unter  den  Slowenen  am  llmensee 
Nowgorods  und  unter  den  Polanen  am  Dnjepr  in  Kiew) 
skandinavische  Edelgeschlechter  (Slachta,  friesisch)  oder  Slachta 
(ein  im  Norden  später  vor  aufsteigenden  Chunni  oder  Kunni 
und  Aett  oder  Fara  zu  schlechten  Liten  oder  Liutizen  und 
Ligen  degradirter  Name  in  den  Lethslachta  oder  genus 
Litorum)  beim  (nordischen)  Adlerneste  Gnesens  ihre  Herrschaft 
unter  den  Polen  Campanias  (s.  Gervasius)  begründeten  und 
die  Drachensage  des  (mit  der  Stammutter  Kraaka  oder 
Aslauga)  vermählten  Ragnar  (als  Lodbrok  oder  Pechbekleideter) 
auf  Krakus,  vom  Rabengekrächz  (Odin's)  benannte  (s.  Bo- 
guchwal)  Gründung  brachten,  Sitz  der,  Wandalen  am  'Aax.tßoup- 
7',ov  opo?  (asdingischer  Fürsten  oder  Astingi)  oder  Krkonose 
der  KopxovTOt  (als  das  Riesengebirge,  von  dem  im  Gedicht 
Snjemy  die  Fürstin  den  Truht  oder  Truhten  Ratibor  zur  Ver- 
nichtung des  Drachen  beruft,  während  Czech  aus  karpatischem 
Chrowatien  nach  Böhmen  kommt)  beherrschenden  Wanda. 


314  Viertes  Kapitel. 

Die  Scytharum  patria  der  Sclavinen  (bei  Guido  Ravenna) 
begreift  den  nordwestlichen  Theil  Sarmatiens  (bei  Ptol.),  und 
innerhalb  dieses  allgemeinen  Begriffs  leitet  Nestor  (neben 
Radimitschen  und  Wjatitschen)  die  Poljane  Rusowe  oder 
Polanen  am  Dnjepr  (wo  Kiew  durch  Kij  und  seine  Brüder 
begründet  wurde)  von  den  Poljane  Ljachowe  (mit  den  von 
Ptolemäus  neben  den  an  Gythonen  unter  den  Wenden  stossen- 
den  Phinnen  genannten  BouXav£<;  Pulinalands  in  der  Wilkinasaga 
oder  Bolanas)  an  der  Weichsel  her  (wohin  die  Slawen  ge- 
zogen), während  die  bereits  vom  Apostel  Andreas  besuchten 
Slawen  oder  Slowjeny  (im  engern  Sinne)  am  Ilmensee  wohnen, 
mit  Nowgorod  als  Hauptstadt,  die  Residenz  Wolchow's  der 
Wilzi  (Wasae)  oder  Völsunger  in  Wilkinaland  (Svithiod  und 
Gautland  in  Verallgemeinerung  mitbegreifend). 

So  fand  die  auf  eingeborenen  Schichtungen  aus  suevischen 
(in  germanischer  Vorbildung  und  unter  spätem  Rückflüssen 
aus  Skandinavien  constituirten)  Herrschaften  neu  entstehende 
Nationalität  des  Slawenthums  ihre  Stützen  in  den  drei  Centren 
der  Weichselländer  (mit  Gnesen  und  Krakau),  Nowgorods 
am  Ilmensee  und  Kiews  am  Dnjepr,  während  es  sich  zugleich 
mit  den  durch  Heraclius  veranlassten  Auswanderungen  aus 
Weiss-Chrowatien  nach  Illyrien  (mit  verwandter  Grundlage) 
und  Serbien  (für  wechselnde  Berührung  mit  weitern  Ein- 
wanderungen) verbreitete  und,  überall  (wie  schon  zu  Samo's 
Zeit  in  Böhmen  gegen  die  Awaren)  nationale  Erhebungen 
veranlassend ,  durch  Kampf  (wie  im  mährischen  Reiche 
Rastislaw's  und  Swatopluk's)  oder  durch  allmähliche  Absor- 
birung  der  fremden  Elemente  die  unabhängige  Gestaltung  der 
Reiche  in  Polen  und  Russland  herbeiführte. 

Nachdem  germanische  und  slawische  Nationalität  aus- 
einanderkrystallisirt  waren,  versuchten  dann  in  der  Mutterlauge 
der  zurückgelassenen  Letten  oder  Leten  (Laten  oder  Liten) 
zunächst  aus  Liutizi  oder  Wilzi  (alanischen  Ambronen,  in 
Cimbern  und  Ligurern  gemeinsame  Namen)  die  litauische 
Nationalität  anzuschiessen,  die  indess  durch  die  frühzeitige 
Verschwägerung  mit  Polen  im  Wachsthum  gehemmt  wurde, 
als  ihr  preussischer  Bestandtheil,  der  sich  im  Kriwethum 
bereits   abgerundet    hatte,   an  Deutschland  verloren  gegangen. 

Germanien,  dessen  westlicher  Theil  sich  an  die  keltischen 
Völkerverhältnisse  jenseit  des  Rhein  (wo  griechische  Colonien 


Die  Sprachgestaltung.  315 

und  längere  Herrschaft  der  Römer  feinere  Gesittung  eingeführt) 
anschloss  (und  zugleich  bis  zum  hercynischen  Walde  von  dem 
zurückflutenden  Strom  der  Gallier  berührt  worden),  während 
der  Osten  ohne  bestimmte  Scheidung  in  den  Osten  Europas 
überging,  bildete  zu  Cäsar's  Zeit  den  Tummelplatz  für  ein- 
gedrungene Reiterhorden,  die  die  damals  noch  herrschende 
Dorfwirthschaft  in  die  Hofwirthschaft  (zu  Tacitus'  Zeit,  als  die 
Suevi  majorem  Germaniae  partem  innehatten)  verwandelten 
(die  sassische  und  suevische  Volkswirthschaft,  wie  es  Moser 
unterscheidet)  vmd  mit  Helvetiern  sowol  wie  Galliern  in  feind- 
liche Berührung  geriethen.  Diese  Vorhut  östlicher  Nomaden 
trat  in  Germanien  unter  dem  Namen  der  Sueven  auf  (von 
jener  allgemeinen  Generalisation,  die  Rudbeck  auf  Sven  oder 
Son,  wie  Stiernhelm  Gote  auf  gaeta  zurückführt,  und  die  auch, 
wie  dieses,  unter  Umständen  die  Dienenden  bezeichnete,  bei 
der  Synonymität  von  Troell  und  Svenn  nach  Torfäus)  und 
lässt  so  (während  Cäsar  von  den  Kämpfen  der  Sueven  und 
Cheruskern  spricht)  bei  den  (wie  die  priesterlichen  Capillati 
der  Gothen  langhaarigen)  Catten  die  Sueboi  Lakkobardoi  (bei 
Ptolem.)  erscheinen  (bis  zu  den  Sueboi  Angeloi  an  der  Elbe). 
In  diesen  von  Ariovist  geführten  Sueven  liessen  sich  Nach- 
sendungen erkennen,  aus  dem  von  Diceneus  (zu  Sylla's  Zeit) 
an  Burevista's  Hofe  gebildeten  Ministerrath ,  cujus  consilio 
Gothi  Germanorum  terras,  quas  nunc  Franci  obtinent,  de- 
populati  sunt.  Die  Reiterstämme,  oft  unter  dem  allgemeinen 
Namen  der  Sarmaten  (oder  Scythen)  zusammengefasst,  traten 
auch  unter  Particularbezeichnungen  auf,  und  herrschten  dann 
als  Jazygen  (von  Watson  mit  Jawjeser  identificirt) ,  die  (bei 
Dion)  mit  kriegsgefangenen  Sklaven  handeln  (wie  die  Russen 
an  der  Wolga)  über  die  Sarmates  Servi  als  Quadi  (von  hvatr, 
als  gens  strenua)  über  Gothini  und  Buri.  Der  Name  der 
Sueven  —  obwol  sie  anfänglich  in  besonderer  Beziehung  zu 
Gothen  oder  Geten  (xa.  twv  2ou7Jßwv  sä"V7j  ojxopa  toI?  FsTat.?) 
standen  und  auch  in  Spanien  später  (wo  sie  trotz  des  Auf- 
standes einen  eigenen  Fürsten,  aus  den  den  Gothen  zwar  an 
Adel  nachstehenden  Warnern,  erhielten)  nachsichtiger  als  Fremde 
behandelt  wurden  —  nahm  allmählich  eine  ähnlich  bestimmte 
Verallgemeinerung  an,  wie  der  der  Scythen,  Gothen,  Slawen 
u.  s.  w.,  und  wurde  so  auch  auf  die  zum  oberdeutschen  Stamm 
gehörigen  Sueven  (die  Juthungen  als  Nachbarn  der  Alemannen) 


316  Viertes  Kapitel. 

übertragen,  wie  auch  die  Longobarden  unter  Wacho  mit  Sueven 
an  der  Theiss  kämpften  und  im  Marcomannenkrieg  Suevi  ge- 
nannt werden  neben  Sarmaten  und  Quaden  (wie  andererseits 
Saxones  als  Nordosquavi  neben  Thüringer  oder  Weriner  und 
Angeln  im  Kampfe  mit  dem  von  Sclavi  unterstützten  Pippin). 
Die  im  tlmringischen  Streit  bis  zum  Rinnsteig  vorgeschobenen 
Franken  nahmen  auf  eingeborenen  Grundlagen  die  dem  Ober- 
deutschen angenäherte  Moditication  ihres  niederdeutschen 
Dialekts  an.  Im  Niederrhein  treten  die  Franken  (Fepixavoi, 
oü  vuv  ^payYOt)  in  die  Länder  der  Tungri  (tunc  Germani)  ein 
bei  Aduaca  Tungrorum  (der  von  Cimbern  und  Teutonen 
stammenden  Aduatiker  unter  den  von  Germanien  her  die 
Gallier  jenseit  des  Rhein  dislocirenden  Belgiern),  als  Hauptort 
der  Eburonen,  die  mit  Caeraesi,  Paemani,  Condrusi  (und  Segni) 
uno  nomine  Germani  appellantur.  Diese  Foederati  oder  Brüder 
(Barangoi  oder  tppa'yyoi,)  gaben  dann  fiir  die  westlichen  Grenzler 
den  Namen  des  ganzen  Landes.  Nach  den  Menapii  traf  der 
Einfall  der  von  den  Suevi  gedrängten  Usipeter  und  Tenchterer 
auf  die  Eburonen  (später  vor  den  Tungri  zurücktretend)  und 
Condrusi,  unter  dem  Schutz  der  Trevirer,  die  sich  gleich  den 
benachbarten  Nervii  (twv  Kc[xßpov  xat  Tsuxovov  aTCOYOvot.)  von 
den  Germanen  ableiteten.  Die  Benennung  von  der  Bewafinung 
würde  (wie  bei  Sachsen)  eine  Parallele  finden  in  den  Gacsaten 
(Miethssoldaten  aus  den  Alpen  und  Rhönegegenden  geworben), 
die  Strabo  (neben  Bojen  und  Senonen)  als  Volk  in  dem  Po- 
Lande  nennt,  von  jcdaoQ  (telum).  Der  alemannische  Stamm 
der  Cenni  (Ks'vvot,)  oder  (bei  Florus)  Sceni  (Senones  oder 
Senni)  wird  (zur  Zeit  des  Caracalla)  genannt  (s.  Dio  Cass.), 
und  neben  den  Aulerci  Brannovii  (als  Clienten  der  Aeduer) 
heissen  die  mit  den  Venetern  verbundenen  Diablintes  (bei 
Maus)  Aulerci  (bei  Ptolem.),  qui  cognominantur  Eburovices 
(AijXspxoi  'Eßoupatixot  oder  Aulerci  Eburones)  et  qui  Cenomani 
(Plinius).  Treviri  et  Nervii  circa  aflPectationem  Germanicae 
originis  ultro  ambitiosi  sunt  (Tacitus)  und  plerosque  Bclgas 
(die  die  Cimbern  und  Teutonen  zurückgeworfen)  esse  ortos 
ab  Germanis,  hörte  Cäsar.  Die  (als  italienische  Volsci  mit 
Umbrern  und  Osken  sprachlich  verbundenen)  Volcae,  die  sich 
in  der  Narbonensis  in  (die  bis  Galaticn  streifenden)  Tectosages 
(als  Volcae  Tectosages  den  hercynischen  Wald  besetzend)  und 
Arecomici   spalteten,   drückten   die   Generalisation  eines  auch 


Die  Sprachgestaltung.  317 

an  den  britischen  Kiisten  (als  belgische  Fir-Bolg)  bekannten 
Eroberungsvolkes  aus  (ein  Volk^]  der  Wilzen  oder  Wolchen 
des  Wasgenwaldes).  Als  Uebersetzung  steht  Wölfing  neben 
dem  Heldennamen  Wilken  Vilkinalands  (Wlkostan  oder  Land 
der  "Wltschker).  In  der  Bezeichnung  als  Weisse  (neben 
schwarzen  Kara  und  rothen  Rutenu)  führt  (slawisch)  bjelo 
(Belogradi)  durch  keltisches  win  (kornisch  guyn,  weiss)  auf 
Wenden  im  Lande  Oulv  und  den  Gottesbegriff  (auch  im 
wuotischen  Lichtwolf  Apollo's,  in  Falant  oder  Phol,  als  Baldr, 
Ullar  sefi  oder  Paltar).  Daran  schliesst-sich  der  Name  Wlachen 
oder  Walachen,  wie  die  Capchat  (Kiptschak  oder  Rumänen) 
von  den  Slawen  (1058  p.  J.)  Polowci,  von  den  Deutschen 
wieder  Falawa  oder  Falon  (Valwen  oder  Valans)  genannt 
werden.  Der  junge  Weiss-Kunig  bekämpft  den  Gruen-König 
(von  Ungarn). 

Die  bei  Ptolemäos  genannten  Sachsen  (jenseit  der  Trave) 
stehen  den  Chauken  in  Gestalt  späterer  Slawen  gegenüber,  als 
die  in  die  Länder  der  Chauken  eindringenden  Sachsen  dort  ger- 
manisirt  waren,  obwol  ihre  Namen  (wie  die  Franken  in  Gallien) 
für    das    Land    bewahrend.      Sachsen    und    Slaw^en'*)    werden 


^)  Vulgus  (voulgous)  ou  volgus  en  Italie  (sermo  vulgaris  ou  rusticus). 
Die  Gelten  (Keltai)  heissen  Wallon  oder  Waelsh  (deutsch)  und  (lateinisch 
oder  griechisch)  Galli  und  Galatai  (nach  Sismondi).  Constat  Galliae  et 
Walliae  vocabula,  sola  dialecto,  sive  diversa  pronunciandi  et  scribendi  ratione, 
esse  diversa  (Boxh.).  The  Welch  (descendants  of  the  Belgic  Gauls)  obtained 
the  name  of  Galles  or  Walles  (Guthrie).  Les  noms  de  Gascons,  Vascons, 
Basques  sont  identiques  qnant  a  l'etymologie  (s.  Van  Bemmel).  Die  Sclaveni 
kamen  (bei  Jemandes)  von  Civitas  Novietunensis.  Noviomagus  -war  Hauptstadt 
der  Nemeter  (hibernischer  Nemedhier),  und  unter  den  Arverni  galt  Nemosus 
für  herakleische  Gründung.  Le  nom  de  Volcae  est  celui  de  Volk  des  Allem, 
(s.  Walckenaar). 

^)  In  der  plattdeutschen  Volkssprache  sind  manche  wendische  Wörter 
erhalten  (s.  Musäus).  Pflug,  Peitsche  (sväp,  niederdeutsch),  Lootse,  Stieglitz, 
Schöps  sind  slawischen  Ursprungs.  Auch  Redensarten  haben  sich  erhalten. 
Statt  „es  regnet"  sagen  die  Wenden  dost  eyde  (der  Regen  geht),  und  so 
fast  alle  Slawen.  Nachahmend  und  übertragend  sagt  der  Bauer  im  Alten- 
burgischen  „Gottes  Regen  geht"  (s.  Burmeister).  Manche  Verba  sind  halb 
wendisch,  halb  deutsch,  z.  B.  rise  del,  zertheilen;  litz  wech,  wegfliehen; 
delbeze,  niederfliessen ;  lese  dal,  niedersteigen  (und  Adverbien:  awentok, 
ebenso;  wissteide,  allzeit;  tjit,  wo;  kom,  wohin;  witkunt,  woher;  wapak, 
wieder).  Wie  Plautus  und  seine  Zeitgenossen  mit  Vei'nachlässigung  der 
Position  Silben  vielfach  kurz  massen,  weil  sie  die  Geltung  voller  Längen  in 
der  Volkssprache  ihrer  Zeit  nicht   hatten,    so   haben  die   Grammatiker  der 


318  Viertes  Kapitel. 

(Chron.  S.  Gall.)  als  Weletaben  zusammengefasst ,  und  nach- 
dem Angeln  und  Sachsen  aus  (wendischen)  Vithaesleth  (oder 
Dani)  nach  Britannien  gezogen  (Saxones  cum  Slavis  in  Chron. 
de  Traj.),  kehrten  aus  Wiltshire  die  Slavi  (in  Frisia  seu  Hol- 
landia)  als  Colonisten  zurück,  Wiltaburg  (oppidum  Wiltorum) 
oder  Trajectum  (s.  Beda)  bauend.  Der  (bei  Festus)  von  Raub 
und  Plünderung  genommene  Name  der  Ambronen,  den  schon 
keltische   Ombrer  in  Italien  bekannt  gemacht  haben  mochten, 


spätem  Zeit  dieselbe  Messung  für  die  prosaische  Rede  ihrer  Zeit  gelehrt, 
weil  in  der  spätem  römischen  Volksspi'ache  jene  Silben  ebenfalls  nicht  als 
volle  Längen  gehört  und  gesprochen  wurden  (s.  Corssen).  —  The  Polynesian 
languages  appear  to  be  descended  from  one  which  originally  possessed  all 
the  characteristics  of  that  system  of  representing  the  nouns,  which  is  still 
to  be  met  with  in  Kafir  and  the  kindred  Bantu  languages  (s.  Bleek).  — 
Windisch,  der  Wende,  Slowene,  dann  wie  welsch,  jeder,  der  eine  unver- 
ständliche Sprache  spricht,  windisch'n,  fremdartig,  undeutlich  reden  (im 
Kärntnischen).  Win  (in  spana-win),  Kamerad,  Kameradschaft  (s.  Lexer). 
Die  Nachkommen  des  (von  den  Schweizern)  Hunnen  genannten  Volks  im 
Thale  Anniviers  (bei  Sitten  im  Canton  Wallis)  bedienen  sich  eines  ver- 
dorbenen slawischen  Dialekts  (s.  Malten).  —  Honnorat  considere  la  langue 
proven^ale  comme  un  compose  de  mots  latins ,  celtes,  grecs,  mores,  arabes, 
allemands,  saxons,  espagnols,  italiens,  catalans,  portugais  et  fran^ais.  —  Ist 
der  Gebrauch  des  Artikels  im  Gotliischeu  und  Althochdeutsclien  schwankend 
genug,  so  mag  die  Herrschaft  der  Deutschen  über  Preussen  dazu  beigetragen, 
hierbei  auch  wol  die  Deutung  dieser  Religionsschriften  durch  deutsche 
Priester  so  eingewirkt  haben ,  dass  der  Artikel  fast  vor  allen  Substantiven 
erscheint  (s.  Vater).  Schleicher  bemerkt,  dass  preisen,  ein  Lehnwort  und 
überdies  erst  von  pris,  nhd.  preis,  aus  latein.  pretium  (franz.  prix)  abgeleitet, 
jetzt  nicht  mehr  preiste,  gepreist  bildet  (wie  auch  in  Kirchenliedern  richtig 
gepreisst  auf  geist  reimt),  sondern  ebenso,  wie  bereits  in  der  altern  Sprache 
das  Lehnwort  schreiben  (aus  latein.  scribere)  die  ihm  zukommende  Form 
eines  abgeleiteten  Verbs  abgelegt  und  die  Flexion  eines  Stammverbum  an- 
genommen hat.  —  La  langue  russe  fut  introduite  chez  les  Lithuaniens 
simultanement  avec  le  culte  orthodoxe  (Narboutt)  et  continua  a  se  conserver 
meme  alors  que  les  grands  princes  de  Lithuanie  etaient  devenus  rois  de 
Pologne  (s.  Ratz).  L'escholier  respondit  (ä  Pantagruel) :  Seignor  missayre, 
mon  genie  n'est  point  apte  nate  a  ce  que  dict  ce  flagitiose  nebulon,  pour 
escorier  la  cuticule  de  nostre  vernacule  guallicque,  mais  viceversement  je 
gnave  opere  et  par  veles  et  rames  je  me  enite  de  la  locupleter  de  la 
redundance  latinicome  (Rabelais).  —  Das  halblateinische  novigildus  kommt 
(wie  bei  Burgundern)  in  der  lex  alam.  vor  (s.  Wackernagel).  —  Proprium 
Epiroticae  gentis  idioma  seu  Albanesia  lingua  a  Graeca  et  Illyrica,  seu 
Slavonica  loquendi  ratione  plane  diversa  est,  licet  inter  utriusque  gentis 
confinia  veluti  media  constituta  conspicitur  (Blanchus). 


Die  Sprachgestaltung.  319 

konnte  die  (mit  Helveconen  unter  den  Ligiern,  bei  denen  auch 
nordische  Buri  am  askiburgischen  Berge  wiederkehren,  ver- 
bundenen) Helvetier  (von  denen  die  Helvii  unter  Arverni 
zurückblieben)  aus  ihren  hellusischen  Sitzen  (der  Helisyer  oder 
Bebrycer  des  Ostens)  und  zuletzt  (nach  Tacitus)  aus  dem 
Lande  zwischen  Main  und  hercynischem  Walde  (von  gallischen 
Bojern  bedrängt,  die  dann  mit  verwandten  Cimbern  und 
Teutonen  kämpften)  begleitet  haben,  und  (nach  Posidonius) 
wären  die,  Cimbern  (denen  sich  Helvetier  anschlössen)  begleiten- 
den, Teutonen  (Touyevoi)  im  pagus  Tigurinus  zu  suchen,  wie 
(nach  Orosius)  die  Ambronen  ^),  mit  deren  Namen  die  Sachsen 
in  Britannien  (Sigeb.  Gembl.)  bezeichnet  stehen.  Mit  den 
Hermiones,  den  ultimi  Germaniae  (s.  Mela),  jenseit  welcher 
die  Cimbri  et  Teutoni  in  siuu  Codano  wohnten,  kamen  die 
Sachsen  in  Thüringen  in  feindliche  Berührung  und  (nach  Art 
der  AVithinger  oder  Wikinger  aus  slawischen  Häfen  der  Ost- 
see) waren  die  Sachsen  (zu  Amm.  Zeit)  als  Ripentini  gefürchtet, 
zugleich  von  den  2a^6vov  VTJaoi  zgÜQ  (bei  Ptol.)  von  der  Eib- 
mündung aus  (mit  Sagen  vom  König  Fin,  wie  in  Friesland, 
wo  Hengist  kämpfte),  bald  in  näherer  Verbindung  mit  den 
Juten  als  Saxones  Eucii  (Theodebert  unterstützend),  und  so 
gemeinsame  Feinde  der  aus  Skandinavien  kommenden  Dani, 
wie  sie  auch  als  Slawen  unter  König  Ismar  in  den  Sagen  von 
Jarmunrech  (Hermanrich)  spielen,  unter  dessen  Vater  sie  Jüt- 
land  und  Schonen  besetzten  (bis  die  Herrschaft  der  Dänen  in 
Witheslaeth  ihren  Auszug  nach  England  veranlasste).  Die 
Confundirung  der  Slawen  und  Sachsen  entspricht  der  spätem 
von  Wandalen  und  Wenden,  und  wenn  die  Ligurer  noch  den 
Schlachtruf  der  Ambronen  oder  (nach  Durandi)  der  Ambarri 
(Ambivariten)  erkennen,  so  könnte  das  ein  Seitenstück  finden, 
wenn  ein  aus  (alemannisch)  schwäbischen  Colonisten  der  Niemzen 


*)  The  ancient  distinguished  stones  erected  with  a  religious  view,  by 
the  name  of  Amber,  which  signified  any  thing  solar  or  divine.  Stonehenge 
is  called  from  -£rpa'.  'Afißpocjiai.  Horapollo  speaks  of  a  sacred  book  of 
Egypt  (a  medicinal  book  of  Hermes),  called  Ambres  (v.  Bryant).  Mauritius 
de  Ambersloy  held  Brome  (v.  Nash).  Fairies  dwell  in  the  Holstone  or 
Hostone  (near  Hell  Hole)  in  the  lordship  of  Humberstone  (1841).  In  old 
documents  the  name  Ambrey  is  applied  to  a  place  of  security  for  soldiers 
(s.  Allies).     The  peasantry  (at  Ombersley)  call  a  hammer:  omber. 


320  Viertes  Kapitel. 

zusammengesetztes  Regiment  der  Russen  am  Kaspischen  Meer 
von  den  Alaman  der  Turkmenen  hörte. 

Die  eingeborene  Schicht  der  Donauländer,  mit  deren  Na- 
tionahtät  sich  die  Geten  bei  ihrem  langen  Verweilen  durch- 
tränkten,  während  die  schrofier  auftretenden  Jazygen  aus- 
gestossen  wurden  (wie  später  die  Awaren  oder  Obri),  gehörte 
jenem  Eilervolke  (genus  illud  hominum  quod  Alforum  nomen 
gerebat)  der  Illyrier  an,  das  gekiirzt  auch  in  Ligier  (Ligurer) 
und  Liburner  liegen  mag,  sowie  in  den,  den  Helvetiern  in 
ihren  Sitzen  vorhergehenden  Allobrogern. 

Als  Scytharum  nomen  usque  quaque  transiit  in  Sarmatas 
(Plinius)  und  in  immensum  extentas  Scythiae  solitudines  Alaui 
habitant,  ex  montium  appellatione  cognominati  (Amm.),  machen 
sich  die  asischen  Einfliisse  der  Jassy  (Jazwinger  und  Jazyger) 
aus  Alanen  oder  Usiern  (den  Jueitchi  folgend,  wie  die  Geten 
den  Scythen)  bemerklich  und  medisch-persische  durch  die 
Sadagarii  oder  Sartagarii  (Satargartii  Asgard's),  die  (ebenso 
wie  die  mit  den  Galatern  au  Albias  Belagerung  theilnehmen- 
den  Scyri,  die  im  Norden  zwischen  Hirri  und  Venedi  neben 
Sarmaten  stehen)  zu  den  Alanen  gerechnet  werden  (bei  Jor- 
nandes).  Wie  die  von  Asdingi  geführten  Vandalen  vix  in 
anni  spatio  (nach  Dexippus)  vom  Ocean  zum  Marisiafluss 
herabgekommen  waren,  und  wie  die  Heruler  nach  dem  nörd- 
lichen Thule  zurückkehrten,  so  wurde  dieser  alte  Heerweg 
zwischen  Mäotis  und  Scanzia  seit  der  Zeit  der  Cimbern  bis 
zu  der  KarFs  XII.  vielfach  wechselnd  in  entgegengesetzten 
Richtungen  von  dem  einen  oder  andern  Volke  durchzogen. 

Die  Geten  (zu  Herodot's  Zeit)  bilden  die  (durch  Massageten 
tief  in  Asien  wurzelnde)  Vorhut  der  Scythen,  durch  Verkehr 
mit  (thrazischeu)  Bessi  (von  denen  noch  Jornandes  den  Namen 
Ister  für  Danubius  kennt)  modificirt,  und  später,  als  Jazyges 
Sarmatae  die  Ebenen  innehatten,  pulsi  ab  his  Daci,  auf  die 
Bergfesten  Siebenbürgens  (dem  spätem  Gepidia)  beschränkt 
wurden.  Ihre  durch  Filimer  mit  Berich's  (Erich's  oder  des 
ersten  im  Rigus  rex,  Danpri  pater  bei  der  Verehrung  des 
Mars  gradivus  am  Ericstage)  Auszug  aus  Scandzia  in  Beziehung 
gesetzte  Vorgeschichte,  die  durch  Tanausis  (scythische)  Kämpfe 
mit  den  Vesosis  von  Aegypten,  durch  Telcphus  mit  den  Danaern, 
durch  (sarmatischc)  Amazonenzüge  unter  Marpesia  ausge- 
schmückt ist,   verläuft  mit  Zamolxis,  Zeuta  und  Diceneus  in 


Die  Sprachgsetaltung.  32 1 

die  friedlich  geschützten  Regierungen  der  Priesterkönige  mit 
Comosicus,  bis  unter  Domitian  der  römische  Dränger  den 
nationalen  Widerstand  wachruft,  das  abgeschlagene  Haupt  des 
Oppius  Sabinus  den  Blutdurst  erweckt  und  jetzt  nach  dem 
Sieg  über  Fuscus  die  Fiihrer  non  puros  homines,  sed  semideos, 
id  est  Anses  vocavere.  Hiermit  beginnt  die  geschichtliche 
Laufbahn  der  durch  ihre  Beziehung  zu  den  Gepiden  (Gibika's 
oder  Kipicho's,  „des  nahe  auf  Wuotan  zurückführenden  Hel- 
den") oder  (Treb.  Poll.)  Sigipedes  (Gambrivii)  in  Gothen 
verwandelten  Geten,  und  bei  dieser  Gelegenheit  entrollt  nun 
Jornandes  auch  den  fürstlichen  Stammbaum  der  Amaler,  der 
auf  Gapt  hinleitet  (im  Anschluss  an  die  Gautigoth  Scandzias). 
Während  sich  die  meisten  uns  alten  Germanen  überlieferten 
Worte  ^)  aus  keltischen  (oder  finnischen)  Wurzeln  gleichfalls 


^)  Securis,  bahell  (Glossae  Cambricae  Oxonienses),  bwyel  (hodierna 
forma  cambrica),  biailde  (vetusta  hibernica),  Beil;  Cemecid,  lapidaria  (Gl. 
cambr.  ox.),  zem  (Erde)  im  Slaw. ;  spumaticum  (Pfannkuchen  bei  Cang.) 
bloteit  (Gl.  cambr.  ox.);  iilcera,  creithi  (Gl.  cambricae  Luxembnrgenses), 
cruind,  rotundus  (hib.  vet.),  kratzen;  Oculus,  lagat  (Vocabul.  cornic),  Uygad 
(cambr.);  formosus,  faidus  (Voc.  Corn.) ,  faezus  (Arm.  hod.),  vincens,  prae- 
validus;  albus,  guyn  (Vocab.  Coi-n.),  win;  niger,  duv  (Vocab.  Corn.),  duff; 
color,  liu  (Voc.  Corn.);  ovum,  uy  (Voc.  Corn.),  wy  (cambr.),  vi,  ni,  neid 
(arm.);  magnus,  maur  (Voc.  Corn.),  maor  (major),  piur,  soror  (Vocabul. 
cornicum),  viur  (cambr.),  hviur;  hvigeren  (socer),  hviger  (socrus,  cambr.  hod. 
chwegrwn,  chwegyr  =  swecer,  lat.  socer,  goth.  svaihra,  svaihro,  gr.  exupo?, 
exupa)  im  Cornischen  (pro  chw  cambrica  obvia  est  cornica  hv).  —  Von  adj. 
bry  (altus,  sublimis)  subst.  bryn,  brynn  (sublimitas,  collis)  Mab.  (Zeuss).  Ab 
adj.  hodiern.  bry  discernendum  subst.  hod.  bri  (auctoritas),  quod  etiam  ut 
adj.  fungitur  in  cambr.  vet.  guobri  (gravis).  Bonum,  da  (Voc.  corn.),  dag 
(hibern.).  Dank  (tak),  dobry  (slaw.);  drog,  malum  (Voc.  corn.),  drug,  durga; 
ocTtou?  setzt  die  Fähigkeit  des  Bew^usstseins  voraus  und  hat  von  fusslos  nicht 
negativen,  sondern  positiven  Sinn  (Prantl).  Zu  icht  (ichte,  etwas)  stellt 
Lexer  auch  die  Negationspartikel  et  (nicht),  die  nur  im  Lesachth.  vorkommt, 
während  im  übrigen  Kärnten  net,  nit,  not  gebräuchlich  ist.  —  Le  mot 
Laitbaziam  (mon  petit  pain)  peut  s'analyser  de  la  maniere  suivante:  il  derive 
du  nom  substantif  laibe  (pain),  le  diminutif  est  atz  et  le  pronom  est  am, 
mais  le  lapon  admet  une  commutation  de  consonnes,  notamment  des  labiales 
b  et  p,  b  et  m,  f  et  v,  les  gutturales  q  et  k,  les  dentales  s  et  r,  les  linguales 
de  et  n,  d  et  t,  les  labiales  f  et  gutturales  k  sont  aussi  commuees  d'autres. 
Les  lettres  g,  n  jointes  dans  la  meme  syllabe  se  prononccnt  avec  aspiration 
(s.  Acerbi).  —  Schaf,  lammas  (Lamm)  im  Estnischen;  Schwein,  Ziggä 
(Zicklein,  übertragen,  wie  vulpes  oder  Fuchs  auf  Wolf);  Ziege,  kits  (kid) 
und  Bock  (sik);  Fisch,  kalla  (ruiba,  russisch);  Arm,  hölm  (ölen,  celt.)  und 
Bastian,  Studien.  21 


222  Viertes  Kapitel. 

erklären  lassen,  wird  ein  als  deutsch  bezeichneter  Dialekt  bei 
den  am  Hämus  bekehrten  Kleingotheu  gesprochen  und  breitete 
sich  auf  verwandten  (und  für  Handelserleichterungen  noch 
verwandter  gemachten)  Mundarten  durch  den  Norden,  unter 
Absorption  des  (in  Britannien  zurückgedrängten)  Keltischen, 
während  im  Osten  vielerorts  das  Finnische  vor  dem  selbständig 
gefesti2:ten  Slawischen  verschwand. 

In  Herodot's  auf  die  Abstammung  von  Herakles  bezogenen 
Völkerverhältnissen  bilden  im  Gegensatz  zu  den  eingedrungenen 
Scythen  die  (an  Thrazier  anknüpfenden)  Agathyrsen  eine  ältere 
Schicht  (die  ükkothyrsen,  die  sich  in  hyperboräischen  Hrim- 
thursen  oder  Borystheneiten  wieder  mit  Cimmeriern^)  ver- 
banden), während  die  griechischen  Mischungen  der  Gelonen 
sich  auch  bei  westlichen  (aber  bis  zum  scythischen  Ocean  fort- 
gesetzten) Kelten  und  Galen  (Galliern)  von  verschiedenen 
Richtungen  her  geltend  machten  und  eine  allgemeine  Bezeich- 
nung (für  solche  Modification  welscher  Fremden)  hervorriefen. 
Die    polyandrischen  Beziehungen,   wie    sie   unter  Agathyrsen 


(finnisch)  olka  (Schulter),  Einbogen ;  Brot,  leib  (laibin,  kelt.),  Laib ;  brennen, 
leigma  (loigism,  kelt.),  flammen  (leuchten);  Fluss,  wogama  (\N'og,  kelt.),  Woge 
(statt  fluctere,  flumen);  Ferkel,  porse  (soja,  Schwein,  samojed.),  Sau  (porc); 
Geschmack,  maggo  (smag,  osset.);  Käse,  just  (Gischt);  Mühlstein,  weski 
kiwi,  Wetzstein  (weski);  Vater,  As  (keltisch),  Issa  (estn.) ,  assim  (wog.); 
Volk,  manum  (wog.),  magad  (kelt.);  Nacht,  Gi  (wog.),  gyl  oder  gwyl  (kelt. 
dunkel),  Hülle,  Hei.  —  Das  italienische  Brindisi  von  bring-dir-sio  (beim 
Anstossen).  Das  Würfelspiel  (kleine  Elfe)  heisst  im  Russischen  (gut  sind 
sie)  Gussinzi,  die  Fenster  der  Thorhüter  (in  Paris)  vasistas  (was  ist  das). 
Peru  ist  vom  Fischen  (peru)  benannt,  Lu^on  (wir  stampfen),  da  die  befragten 
Eingeborenen  gerade  Reis  stampften.  Massachusetts  ist  blauer  Hügel  (in 
Indianersprache),  Delaware  wurde  benannt  vom  Lord  de  la  War,  der  in 
der  Bai  ertrank  (s.  Küler).  Laikan  bedeutet  hüpfen  oder  ausschlagen,  und 
die  niedersächsische  Bibel  übersetzt:  gigen  den  Prekel  achter  unsclilun 
(wider  den  Stachel  lecken).  —  Veut-on  savoir,  par  exemple,  comment  loisir 
est  venu  d'otium?  Rien  de  plus  simple,  plus  facile:  otium  a  donne  oti  par 
apocope,  puis  osi  par  metagramme,  puis  losi  par  prosthese,  puis  loisi  par 
epenthese ,  puis  enlin  loisir  par  paragoge  (s.  Van  Bemmel).  De  dans  se 
forme  des  mots  de-dC'intus,  devant  vient  de  de-ab-ante,  desormais  (desser- 
bumais)  renferme  de  ipsa  hora  hodie  magis. 

')  Grim  (the  fairy)  walks  with  the  owl  (Halliwell).  Grim  was  a  most 
notable  personnage  in  the  Anglo-Saxon  (or  Scandinavian)  uiythology,  beiug 
no  other  than  the  (Wären)  oder  Evil  One  himself  nuder  a  different  name 
(s.  AUies).     Grimesdic  (Leo)  von  grima  (maleficus). 


Die  Sprachgestaltung.  323 

bestanden,  konnten  dann  bei  einer  ihren  männlichen  Harem 
(nach  Art  der  Semiramis  oder  Omphale)  knechtenden  Königin 
leicht  in  gynokratische  Verhältnisse  der  Kvän  (Sithonen)  in 
Wironmaa  (oder  amazonisch-sauromatischer  Oiorpata)  über- 
gehen und  riefen  die  Kämpfe  gegen  die  Amazonen  bei  den 
loniern  hervor,  die  auch  nach  dorischer  Einwanderung  in 
freundschaftlichen  Beziehungen  mit  den  Söhnen  boreadischer 
Hyperboräer  jenseit  des  Borysthenes  blieben  in  dem  zugleich  den 
Agathyrsen  gemeinsamen  Cultus  des  Delischen  Apollo  (s. 
Virgil),  als  schon  die  gleichfalls  nach  Norden  geschobenen 
Gothen  (oder  Joten)  oder  Geten  sich  in  den  Thyssageten  mit 
den  alten  Thyrsen  oder  Thursen  (die  Ukkothyrsen  oder  Aga- 
thyrsen) gemischt  hatten  neben  Jyrcae  oder  Tyrcae  (eines 
lapponischen  Turja). 

Der  alanische  Name  geht  auf  den  Aufenthalt  der  (bei 
Halyzonen)  die  '"Hci.cvTje^  ('Aaovslr)  austreibenden  Cimmerier 
(bei  Callinus)  im  asischen  Sardes  zurück,  und  Albam  in  Aequos 
(Alba  Fucensis)  nahmen  italienische  Marsi  in  Anspruch,  wäh- 
rend germanische  Marsi  (nach  Strabo)  zu  den  Sigambrern 
gehörten  und  die  Aequi  (Aixovoi)  zu  den  Volskern  gerechnet 
werden.  Alba  Longa  am  lacus  Albanus  auf  Mons  Albanus 
war  von  Ascanius,  Sohn  des  Aeneas,  gegründet,  und  die 
latinischen  Eingeborenen  führen  durch  (ligurisches)  Albium 
Ingaunum  auf  den  Albisfluss  der  Alfen,  sowie  auf  die  in 
Albion  abgeschlossenen  Bergbewohner  und  die  den  Iberern 
benachbarten  Albanier  des  Kaukasus,  die  von  Jason  (bei 
Solin.)  hergeleitet  werden,  im  vielfachen  Wechsel  unterwor- 
fener oder  herrschender  Völker,  wie  bei  Tschuden  und  Scythen, 
Geten  und  Gothen,  Tatar  und  Tartaren,  Hiunnu  und  Hiongnu, 
Mougol  und  Mogol  u.  s.  w.  Die  Lydier  leiteten  (nach  Herodot) 
den  Namen  Asiens  her  vom  König  Asias,  Sohn  des  Cotys, 
auf  der  dem  Helden  Asias  heiligen  Wiese  (s.  Homer),  und 
für  die  Etrusker,  als  lydische  Auswanderer,  würde  die  Ver- 
ehrung der  Aesier  ihren  Namen  als  Tyrrhenier  oder  Tusci 
in  Zusammenhang  bringen  mit  nordischen  Äsen  aus  dem 
Türkenlande.     Medea  war  im  ligischen  Kytaea  geboren. 

Die  Alanen  wurden  (zu  Pompejus'  Zeit)  im  östlichen 
Kaukasus  bekannt,  wo  die  Ossen  oder  (bei  den  Armeniern) 
die  Alanen  (90  p.  J.)  in  Verbindung  mit  den  Grusiern  (87  p.  J.) 
mit  den  Persern  kämpfen,  deren  Sagen  Lhorasp  die  Alauen 

21* 


324  Viertes  Kapitel. 

(jenseit  des  Dzihun)  und  die  Ghuren  bekriegen  lassen,  indem 
der  kaukasische  Bergwall  ebenfalls  den  von  Batuchan  be- 
drängten Alanen  (die  zur  Zeit  Vespasian's  zur  Verheerung 
Mediens  und  Armeniens  hervorbrachen)  eine  Zuflucht  bot  und 
gleichfalls  vielleicht  auch  damals,  als  (1.  Jahrh.  p.  J.)  die  Yan- 
thsai  oder  Alanna  (s.  Klaproth)  von  den  Sogdianern  (bis  zu  ihrer 
Befreiung  im  3.  Jahrh.  p.  J.)  bedrängt  wurden,  und  so  die 
Vorfahren  der  Tscherkessen  oder  der  (von  Swatoslaw  965  p.  J. 
besiegten)  Kosogern  (neben  den  Osi)  aufnahm,  sowie  die  durch 
civilisirende  Einflüsse  in  der  Khur-Ebene  veränderten  Georgier 
oder  Grusier.  Obwol  zeitweise  turanische  Gegner  der  Iranier 
(oder  Iron),  empfingen  die  (nach  Ammian  bis  zum  Ganges 
wandernden)  Alanen  häufig,  wenn  auf  feindlichem  Gebiete 
siegreich,  verähnlichende  Zuströmungen  von  ihren  Verwandten 
in  den  Städten,  und  den  unter  den  Arsaciden  gänzlich  in 
Perser  übergehenden  Parthern  waren  die  Sarmaten  oder  (Cod. 
Mus.  Bohem.)  Sarmate  (quas  Graeci  regiuas  vocant,  exorti  ab 
Ascanio,  filio  Gomer)  das  gens  habitu  armisque  proxima 
(Mola),  wie  Sarmatae  Medorum  ut  ferunt  soboles  (Plinius), 
als  die  zu  Sarmaten  (in  engerer  Beziehung  zu  den  Koxolanen) 
gerechneten  'AXauvot.  2xij'ä~a!.  (bei  Ptol.)  oder  Caucasigenae 
Alani  (Sid.)  verwandt.  In  das  nördliche  Gebirge  des  Ural  (xa 
'AXava  og-q)  gesetzt,  konnten  die  Alanen  (bei  Perieget.)  auf  den 
Wegen  der  Ugrier  oder  Ingrier  bis  zur  Ostsee  folgen,  und 
als  Nachbarn  der  Suoveni  (Slawen)  oder  (bei  Markian.)  der 
Agathyrsen  wohnen  die  Alanen  in  den  alanischen  Bergen  (dem 
Quellenlande  des  Borysthenes  und  Rhudon  oder  Düna)  oder 
dem  Wolchonskischen  Walde,  der  auf  Woloten  und  Wilzen 
weiter  führt.  Zu  Ammian's  Zeit  waren  die  asiatischen  Alanen 
(an  Amazonen  grenzend)  an  die  Stelle  der  Massageten  (als 
deren  Nachbarn  am  Mäotis  sie  Claudian  nennt)  getreten,  und 
Ptolem.  lässt  die  Alanen  (xwv  AXavüv  ^af![j.aTov  sä^vo^  im 
Periplus)  neben  Jazygen  undRoxolanen  (Hamoxobier,Bastarner, 
Peuciner,  Veneder)  Sarmatia  Europaea  bewohnen,  während 
ihre  spätem  Streifzüge,  als  Fox^ixbv  sä'vo^  (bei  Procop.),  sich 
mit  denen  der  Vandalen  (wendischen  Alanen)  verbinden. 

Der  Tempel  des  Odin,  Vaters  des  Sigi,  stand  in  Sigtuna 
mit  der  Handelsstadt  Birka,  Grenzort  (bei  Ad.  Br.)  der  Sueonen 
gegen  die  Gothen,  die  den  (mit  ihnen,  als  Gefjon's  Jotun, 
befreundeten)  Äsen  später,  als  sich  dieselben  in  Gylfes  Svithjod 


Die  Sprachgestaltung.  325 

festgesetzt  hatten,  in  die  Form  der  bekämpften  (obwol  altern 
und  gelehrtern)  Joten,  die  Verehrer  des  Fornjotr  (ans  dessen 
Geschlecht  Oka-Thor  ^  aus  Thrudvangr  über  Jotland,  Kven- 
land  und  Finnland  herrscht),  zuriicktreten.  Der  in  der  Asen- 
Sage  mit  den  Wanen  in  Beziehung  gesetzte  Freyr  oder  (in 
weiblicher  Wandlung)  Freija  (Fro  und  Frau)  deutet  auf  die 
auch  bei  den  Winili  (bis  zu  ihrer  Umwandlung  in  Longobardi, 
die  mit  den  durch  Ad.  Br.  mit  Winuli  identificirten  Vandalen 
kämpfen)  fortdauernde  Gynäkokratie  der  an  dieSmones(Sveums) 
grenzenden  Sitones  (bei  Tacitus)  oder  Cvenas  (bei  Alfred)  in 
Kainulaiset,  wie  sich  die  Finnen  in  Kajania  auf  der  Ostseite 
des  Botnischen  Busens  benennen  (s.  Zeuss)  oder  terra  femina- 
rum  (jenseit  welcher  neben  Scuti  oder  Tschuden  die  Turci 
wohnen  mit  Wilzi,  Mirsi,  Lami  oder  Yamen)  als  Vinoviloth 
(bei  Jörn.).  Durch  Njörd  (Vater  und.  Sohn  eines  Frey  in 
Fundinn  Noregr),  als  Sohn  des  Türkenkönigs  Yngve  (bei 
Are  Frode),  wird  die  Anknüpfung  an  Turja  (eines  ähnlich  den 
Yakuten  nach  Norden  gedrängten  und  dort  veränderten  Türken- 
stammes) oder  Lappland  (durch  Seming,  Sohn  des  Yngvefrey, 
an  die  Samen)  gegeben,  während  das  Geschlecht  der  Inglinger 
auf  Ingermaa  führt,  mit  der  Bezeichnung  einer  Stammesheimat, 
wie  sie  in  den  Ingaevonen  lag,  ehe  bei  Hermionen  (mit  ger- 
manischen Hermunduren)  die  Söhne  des  (phrygisch-askanischen) 
Mannus,  Sohn  des  (auch  bei  den  Galliern,  als  Dis,  erdge- 
borenen)  Tuisco,  das  Mittelreich  Mannheim  constituirten.  In 
dem  (nordischen)  Türkenlande  ^)  herrschte  (nach  Fundinn 
Noregr)  Borre^)  oder  Bure,  Vater  des  Bör  (Boreas,  Stamm- 


')  Rauni,  die  in  Ungewittern  herab  fahr  ende  Göttin,  ist  dem  finnischen 
Donnergott  Ukko  vermählt,  während  Eani  (mit  ihren  Brüdern  Aegir  und 
Loge)  Tochter  des  Fornjotr  ist.  Die  erschlagenen  Fürsten  um  Tyras  be- 
grabend, brachten  die  Cimmerier  vom  Borysthenes  (mit  scythischen  Denk- 
hügeln) die  Abstammungssage  von  Bor  nach  Norden.  Ptol.  setzt  "OaiXoc  an 
die  Donmüudung,  'kQ%iQ'.  an  die  Wolga  und  Asioten  an  das  Kaspische  Meer. 

2)  Die  Türken  werden  von  Tukiu  (Helm)  erklärt,  und  Takabora  (Helm- 
träger) findet  sich  (nach  Rawlinson)  als  ethnischer  Titel  in  Kleinasien.  Die 
Tushkara  oder  Tukkara  bezeichnen  die  von  Indien  nördlichen  Tataren  am 
Schneegebirge. 

^)  Noch  zu  Aristoteles'  Zeit  waren  die  Athener  nach  den  Wunder- 
erzählungen derer  begierig,  die  den  Borysthenes  oder  Dnjepr  (neben  dem 
Tyras  oder  Dnjestr)  und  Phasis  besucht  hatten.  Die  Borystheniten  Olbias 
leiteten  sich  von  den  Milesiern  (655  a.  d.). 


326  Viertes  Kapitel. 

vater  der  Boreaden,  unter  den  Hyperboräern),  und  als  sich 
das  eingedrungene  Asengeschleclit  (aus  den  Aspurgiani  neben 
den  von  Ptolemäos  an  den  Mäotis  gesetzten  Jazygen)  durch 
Aufnahme  der  Wanengötter  in  ihren  Cultus  in  friedhche  Aus- 
gleichung mit  den  Eingeborenen  gesetzt,  wurde,  als  mit  Frey 
(der,  ein  Sohn  des  Njörd,  den  altern  Frey*,  als  dessen  Vater 
wiederholt)  das  Ynglinger-Geschlecht  den  Thron  bestieg,  der 
Asakönig  Odin  zum  Sohn  des  Börr  gemacht,  und  so  eine 
Beziehung  hergestellt  mit  den  alten  Mythen  vom  weltschaffen- 
den Ymir  der  Kimmerier  (Cimbrer)  und  (in  feindlicher  Auf- 
fassung) der  Hrimthurssen,  wie  auch  der  frühere  Glanz  des 
(bis  Teuthrania  erstreckten)  Assyrierreichs  sich  für  die  Griechen 
(nach  Eindringen  der  Dorier)  in  feindliche  Erinnerungen  der 
(mit  armenischem  Titan  verknüpften)  Titanen  verkehrte,  als 
die  letzten  derselben  aus  Kreta  entflohen  waren,  obwol  (neben 
den  fortdauernden  Beziehungen'*  der  Javanen  oder  Jonier  zu 
Hyperboräern)  von  italischer  Herrschaft  des  Saturnus  her 
griechisch  redende  Teutonen  im  Norden  und  graijische  Alpen 
im  Mittelglied  zu  den  Graikoi  Dodonas  neben  Selli  oder  Helli 
(s.  Aristoteles)  bekannt  blieben.  Lingua  Bessorum  Hister 
vocatur  (Jörn.)  Danubius,  und  Uscudama,  Städtenamen  der 
Bessi,  das  thrazische  Hauptvolk  (s.  P.  Smith),  kehrt  in 
Hispanien  sovvol  als  unter  Oskern  wieder. 

Diejenige  Völkerbewegung  also,  die  den  schon  auf  altern 
Schichten  bewegten  Pelasgern  gegenüber  als  fremde  Yavanen 
oder  lonier  auftrat,  sandte  auf  dem  auch  später  immer  wieder 
betretenen  Wege  Zweige  nach  Norden,  die  aus  der  cimbrischen 
Halbinsel  dann  aufs  neue  mit  dem  Namen  der  Teutonen 
(assyrisch-armenischer    Titanen)  3)     oder    Nuithonen    (Yuten) 


^)  Frey  in  Fir  (oder  Fir-Bolg)  führt  mit  Fin  (der  Finnen)  auf  Friesen. 
Reperitur  nomen  viri  Fidr,  qui  alioquin  appellatur  Finnr,  Lapponesque 
Norvegici  sive  Finni  tarn  Fidar  (Torfaeus). 

^)  Nach  Virgil  verehrten  die  (thrazischen)  Agathyrsi ,  die  sich  (nach 
Mela)  in  Rangstufen  tättowirten  (mit  Brustgesetzen  bei  Aristoteles,  wie  auf 
der  Insel  Man),  den  Delischen  Apoll,  und  Peisander  setzt  sie  mit  Dionysos 
(und  seinen  Thyrsen)  in  Verbindung,  wälirend  der  scythische  König  Ariapithes 
(dessen  Sohn  Scylas  wegen  der  bei  den  Borystheniten  gelehrten  Cultus- 
gebräuche  der  Griechen  erschlagen  wurde,  wie  Anacharsis)  von  Spargapeithes 
(König  der  Agathyrsen)  getödtet  wurde. 

3)  Eotenas  and  Yelfe   (Elves)   and   Orcneas   (Ores)  in  Beowulf,  Eotens 


Die  Sprachgestaltung.  327 

hervortraten,  während  sie  in  Skandinavien  tiefer  in  der  an- 
geborenen Grundlage  aufgehend,  nach  dem  Namen  herrschen- 
der Boreaden  (eines  hyperboräischen  Börr)^)  bekannt  wurden 
und  zugleich  den  so  vielfach  den  Nomadenstämmen  vertrauten 
(durch  Tyrrhenier  oder  Tursen  des  lydischen  Torrhebien  in 
Italien  fixirten)  Türkennamen  (der  sich  auch  noch  weit  im 
Osten  zu  Odin's  Zeit  erhielt,  bis  sj^äter  in  voller  Kraft  neu 
belebt)  fortführten.  Die  durch  das  Vordringen  der  Scythen 
(mit  amazonischen  Elementen  in  den  Oiorpata  genannten 
Sauromaten  in  Wironmaa  oder  später  mit  den  Quänen  ge- 
mischten Kareliern  Oesterbotniens)  nach  Norden  gewälzte  Flut 
der  Kimmerier  errichtete  dort  erobernde  Reiche,  die  dann 
tauriskische  Cimbrer  Tauriens  (von  denen  der  dorische  Arm 
nach  der  Halbinsel  geflossen)  aussandten,  aber  zu  Tacitus'  Zeit, 
als  die  Wanderungen  der  Sueven^)  auf  der  Höhe  standen,  zur 
parva  nunc  civitas  zusammengeschwunden  waren  (obwol  ihre 
Namen  vielfach  zurücklassend)  und  bei  ihrem  energischem 
Widerstände  gegen  die  (in  den  Joten  zeitweise  Verbündete, 
freilich  erst  im  jüngsten  Schweden  assimilirte  Landsleute, 
findenden)  Herren  überall  als  riesige  Hrimthurssen  (auch  in 
den  Thyrageten^  früher  mit  Gothen  verbunden)  nieder- 
geschlagen wurden,  obwol  ihr  (mit  dem  westlichen  Vordringen 
bis  zu  den  Druiden  Galliens  verbreiteter)  Thorcultus,  wie  bei 
den  verwandten  Joten,  auch  im  asischen  Svithiod  adoptirt 
wurde. 

Die  Gothen  oder  Geten,  denen  unter  der  Regierung  des 
(von  Bor  stammenden)  Königs  Burvista  (b.  Jornandes)  Diceneus 
(zu  Sylla's  Zeit)  den  Ehrentitel  der  Capillati  (neben  den 
Priestern  der  Pileati)  gab,  verwüsteten,  nachdem  (zu  Pompejus' 
Zeit)  Odin  (Vater  des  Sige  aus  Sigeum  oder  Troja)  aus  Asgard 


or  Titans  (s.  Kemble).  —  Ti-tan  ist  der  Tempel  der  Erde  (Ti)  in  Peking 
(neben  dem  himmlischen  Tien-tan). 

')  Die  von  Ptol.  zu  den  Lugiern  gerechneten  Buri  stehen  (bei  Tacitus) 
neben  Gothini,  und  Osi  (bei  Dio)  neben  Jazygen  und  Wandalen.  Die 
Bopavot  bei  den  Gothen  (s.  Zosim.)  sind  (nach  Zeuss)  BoJXavs;. 

2)  Suani  (2\j-f]ßo'.  bei  Ptol.)  hinter  dem  Aral  (auf  der  Tab.  Peut.). 
Souoßrivoi  (bei  Ptol.)  als  Stlawani  (Slowenen)  oder  Stauaner  (neben  Alanen). 

')  'ISav^uptjo?  als  scythischer  Eroberer.  Die  Agathyrsen  wohnten 
zwischen  Neuren  und  Androphagen  (Herodot). 


323  Viertes  Kapitel. 

mit  den  Ansen  nördlich  gezogen,  die  später  von  den  Franken 
(unter  lockhaarigen  Königen)  besetzten  Länder  und  konnten 
von  Cäsar  nicht  völlig  besiegt  werden  (s.  Jornandes).  Der 
letzte  der  gothischen  Propheten  fiihrt  (bei  Jornandes)  wieder 
(als  später  am  besten  bekannt)  den  allgemeinen  (und  schon 
Herodot  bekannten)  Titel  Zamolxis  (wie  Sam  oder  Sem)  oder 
(bei  Porphyrius)  Thaies  (von  den  Barbaren  als  Herakles  ver- 
ehrt), wie  Gotama  gewöhnlich  für  sich  im  besondern  den  Titel 
Buddha  iisurpirt,  während  ein  genauerer  Sachkenner  ausser- 
dem Kasyapa,  Gonaka  u.  s.  w.  unterscheiden  oder  bis  auf  Adi- 
Buddha  als  eigentliche  Buddha  zurückgehen  könnte  in  Odhin 
(et  rex  et  pontifex,  wie  Komosicus).  Der  thrazische  Arzt  des 
Zamolxis  heilt  Krankheiten  durch  Lieder  und  Segen  (s.  Plato), 
die  die  Seele  behandeln  (wie  die  Schamanen),  und  die  sich 
alles  Lebenden  enthaltenden  öeoasßeli;  (neben  den  Kauvoßaxat) 
oder  Fromme  (als  getische  Priester  in  der  Stadt  Odessus)  der 
(von  Servius)  mit  Geten  identificirten  Mysier  (b.  Posidonius) 
gleichen  den  ehelosen  Samanäern  (die  Ahinsa  beobachtend), 
wie  die  ohne  Weiber  lebenden  Kiiazcci,  unter  den  Thraziern 
als  Heilige  verehrt.  Der  Unsterblichkeitsglaube  der  Geten 
(bei  Herodot)  sowie  der  nahestehenden  Krobyzer,  südlich  vom 
Ister  (bei  Hecat.),  und  Terizer  (bei  Suidas)  führt  durch  die 
Dionysos-Mysterien  der  Bessen,  deren  heiliges  Gebiet  von 
Crassus  (nach  dem  Krieg  mit  Daken  und  Bastarnen  den 
getischen  König  Ivoles  gegen  seinen  Kivalen  Dapyx  unter- 
stützend) den  Odrysern  übergeben  wurde,  auf  die  glücklichen 
Inseln,  wo  Kronos  oder  (als  Gott  der  Geten)  Zamolxis  (s. 
Mnaseas)  herrschte. 

Die  als  Gaete  an  der  Donaumündung  (s.  Tab.  Pcut.)  ge- 
nannten Gothen  erhielten  unter  Severus  Jahresgelder  (Petr. 
Patr.)  und  werden  (unter  Maximus  und  Balbinus)  als  Mit- 
beweger im  Bellum  Scythicum  (Capit.)  gehandelt  haben,  wie 
in  demselben  Gordianus  seinen  Titel  als  victor  Gothorum  er- 
wirbt, im  Kampfe  mit  Arguntis  (Scytharum  rex),  als  der  vom 
Gothenkönig  Ostrogotha,  dem  ungern  zum  Kriege  mit  Ver- 
wandten gezwungenen  Besieger  der  Gepiden,  nach  Marciano- 
polis  (unter  Philippus)  geschickte  Feldherr  Argaitus  (mit 
Guntherich).  Die  Sagen  des  Volks  feierten  die  Erhebung 
unter  Domitian,  ein  neuer  Wendepunkt  in  seiner  Geschichte 
longum  namque  post  intervallum,    indem    damals  (nordische) 


Die  Sprachgestaltung.  329 

Anses,  die  Fürstengeschlechter  der  (von  Gapt  stammenden) 
Amaler  und  Balthen,  den  eingeborenen  Geten  nationale  Selb- 
ständigkeit gewährt  hatten,  wie  unter  ihnen  auch  vandalische 
Asdinger  vom  Ocean  (s.  Dexippus)  eine  Herrschaft  begrün- 
deten, aber  mit  Hülfe  des  gothischen  Nachbarkönigs  Geberich 
im  Aufstande  der  Limigantes  (Servi)  gegen  die  Sarmatae  liberi 
oder  Jazygen  vertrieben  wurden.  Die  westliche  Rückbewegung 
der  durch  die  Hunnen  getrennten  Gothen^  die  sich  unter 
Athanaricus  hinter  der  Mauer  jenseit  des  Flusses  Gerasus  oder 
Koros  (Nebenfluss  der  Theiss)  zu  schützen  suchten,  fiihrte  die 
Thcrvinger  oder  Thoringi  nach  Austreibung  der  (bei  Jornandes) 
von  den  Hermunduren  im  Norden  begrenzten  Vandalen  (mit 
Warner),  die  dann  (406  p.  J.)  Gallien  mit  Sueven  (oder 
Quaden)  verwüsteten,  nach  Thüringen,  sodass  aus  dem  (auf 
dem  Itiner.)  als  Suevia  bezeichneten  Lande  der  früher  fried- 
liche Handelsbeziehungen  (wenn  auch  dann  im  markomannischen 
Kriege  mit  fortgerissen)  cultivirenden  Hermunduren  (die  noch 
zum  Sturz  des  gothischen  Usurpators  Catualda  im  Markomannen- 
reich, bei  Maraboduus'  Flucht  nach  Rom,  beigetragen)  jetzt 
verheerende  Streifzüge  (auf  Pferden,  die  ihrer  Güte  wegen 
geschätzt  waren,  gleich  denen  der  Suehans)  nach  den  Donau- 
ländern unternommen  wurden  und  Theoderich  aus  Italien  in 
verwandtschaftliche  Beziehungen  zu  den  Königen  der  Thüringer 
(gleich  denen  der  Warner  und  Heruler  zu  gemeinsamem 
Handeln  ermahnt)  eintrat.  Als  die  Sachsen  die  doringischen 
Herren  schlugen,  blieben  die  Eingeborenen  unter  andern  Herren 
zurück.  Wie  den  Osi  die  pannonische  Sprache  der  Arvisci 
(iarp  oder  eorp,  als  fuscus  in  den  Zwergen  des  dunkeln  Arvum 
oder  urvara)  oder  Aravisci  (hibernischer  oder  keltischer  Ar- 
verner),  schreibt  Tacitus  den  Gothini  die  keltische  zu,  während 
die  (mit  den  Marsigni  suevischen)  Buri  (bei  Ptol.)  zu  den 
Lygiern  gerechnet  werden,  und  trans  Lygios  Gotones  regnant 
(Tacit.)  als  Guttones  (bei  Pytheas). 

Die  Massageten  am  Araxes  dehnten  sich  schon  früh  nach 
dem  Westen  aus,  über  das  Mittelglied  der  Thyssageten  bis  zu 
den  Geten  an  dem  untern  Ister,  und  mögen  auch  durch  Be- 
ziehungen im  Norden  dort  die  Namensmodification  der  Ganten 
hervorgerufen  haben  (wie  die  Scythen  später  den  der  Tschuden). 
Als  über  das  Eingangsthor  der  ugrischen  Völkerschaften  am 
Ural  die  Scythen  in  Europa   eindrangen  und   das  Reich  der 


330  Viertes  Kapitel. 

Kimmerier  über  den  Haufen  warfen,  folgten  die  Feldzüge 
nach  Asien,  die  sie  mit  den  Medern  in  Berührung  brachten, 
d.  h.  den  von  den  Massageten  ausgehenden  Wanderstämmen, 
die  sich  747  (bei  Begründung  der  babylonischen  Era)  von  den 
Assyriern  unabhängig  machten  (Dejoces  zum  König  wählend), 
und  obwol  durch  Sargon  aufs  neue  unterworfen,  durch  Cyaxares 
(Sohn  des  Phaortes,  der  die  vor  ihrer  Ansässigkeit,  wie  auch 
später,  Parther  genannten  Perser  einverleibte)  nach  Kämpfen 
mit  den  anfangs  siegreichen  Scythen  das  Medische  Reich  be- 
gründeten, das  mit  Lydien  in  feindliche  Berührving  kam,  nach- 
dem (im  Bündniss  mit  den  Babyloniern,  von  wo  dann 
Nebuchadnezzar  seine  Eroberungen  ausdehnte)  Ninive  zerstört 
war.  Diodor  spricht  von  der  medischen  Colonie  der  Sarmaten 
am  Don,  die  die  Scythen  aus  ihren  Zügen  in  Asien  zurück- 
gebracht, und  mit  denen  die  handeltreibenden  Sigynnen  me- 
dischen Stammes  (bei  Herodot)  zusammenhängen  mögen,  die 
mit  den  Enetern  am  Adriatischen  Meer  in  Verbindung  traten, 
von  den  Leukosyrern  hergeleitet,  neben  denen  unter  Chalybern 
oder  Chaldäern  (s.  Strabo)  die  Scythen  eine  assyrische  Colonie 
angesiedelt  hatten  und  so  durch  verwandtschaftliche  Hafenstädte 
am  Schwarzen  und  Adriatischen  Meer  (auch  nach  dem  Falle 
Trojas  bei  Teuthrania)  Handelsoperationen  einleiteten,  denen 
zugleich  die  Landkaravanen  der  Sigynnen  dienten.  Als  in 
späterer  Zeit  die  Hegemonie  der  Scythen  vor  den  (in  Ger- 
manen übergehenden)  Sarmaten,  die  (zu  Herodot's  Zeit)  ein 
verderbtes  Idiom  des  Scythischen  sprachen,  zurückgetreten, 
wurde  schon  die  Herkunft  der  scythischen  Eroberer  an  den 
Aras  oder  Araxes  (der  Massageten)  gesetzt,  und  als  die  skan- 
dinavischen Waräger  in  Gross-Scythien  ihre  Dynastien  be- 
gründeten, schloss  sich  die  Sage  von  dem  Auszuge  aus  Gothi- 
scanzia  an,  als    die    über   Domitian  siegreichen  Geten  ^)  ihre 


^)  Guö  kuniiigir  aesir  (Dwini  orginis);  Duodecim  Dii  Asarum  (Se.)- 
GofVr,  bonus,  divcs  (gott,  boniim) ;  Goc^vegr,  via  deorum;  go^verk,  bonum 
factum;  Gautar,  Gothi  (incolae  Gothiae  in  Sveciae),  gautskr;  Gauti,  regulus 
maritimus;  Gautr  (sermociuatorj,  nomen  Odinis;  Gota,  adipisci,  gignere; 
Gaetir,  custos;  Gaetir  bjarga,  gigas;  Gaetir  himna,  deus;  Gap,  hiatus; 
Gaptrosnir  (homo  temerarius),  nomen  Odinis;  Gaetigautr,  custos;  Hellis- 
gautar,  dii  antricolae,  gigantes;  Galdr  Gauts,  sonitus  Odinis,  pugna;  Jadarr, 
extremitas,  princeps;  Asa  jactarr,  princeps  Asarum,  de  Freyo.  —  Der  Schau- 


Die  Sprachgestaltung.  331 

kühnen  Führer  in  den  Anses  (Äsen)  oder  Halbgöttern  feierten 
(s.  Jornandes).  Die  (auch  bei  den  Aimaks)  auffällige  Sitte 
mitkämpfender  Frauen  der  Massageten  rief  (durch  griechische 
Sagen  von  einem  afrikanischen  Frauenreich)  die  Vorstellung 
der  (in  den  Sauromaten  mit  Scythen  gemischten)  Amazonen 
hervor,  die,  wenn  sie  bei  den  Scythen  während  Abwesenheit 
der  Männer  in  die  Gewalt  der  Sklaven  fielen  (s.  Herod.),  bei 
den  Gothen,  weil  selbst  im  Waffenhandwerk  geiibt,  sich  nach 
siegreicher  Zurücktreibung  der  Feinde  gänzhch  lossagten  (s. 
Jornandes),  später  (um  beide  Fehler  zu  vermeiden)  auf  den 
Feldzügen    zu    hülfreichem    Handeln    mitgenommen    wurden. 


platz  des  Kampfes  zwischen  den  Goten  des  Geberich  und  den  Vandalen  ist 
im  Gebiete  der  Limiganten,  wo  Vidigoja  (bei  Priscus)  seinen  Tod  gefunden 
(330  p.  J.),  und  Witege  oder  Vudga  steht  bei  den  Angelsachsen  als  der 
Vorkämpfer  der  Goten  gegen  die  Hunnen  in  der  Schlacht  am  Weichselwalde 
(in  Travellers  song)  oder  in  der  Rabenschlacht  (s.  Müllenhoff).  Miillenhoff 
erklärt  die  (Hreda)  Hredgofan,  die  (Cynevulf)  neben  Huna  stehen,  als  die 
sieg-  oder  ruhmreichen  Gothen.  —  Jamtr,  Jamti  (incolae  Jamtiae  in  Svecia) 
Jamborinn,  nobilitate  generis  par  (s.  Egilsson).  Hrotgarmr,  ignis  (garmr, 
canis).  Jötunn,  Jette,  jütnaheiti  (s.  Jonsson).  —  Gauta,  sermocinari,  nugari 
(aliquid  leviter  sermone  tangere,  incertum  sermonem  jactare)  vox  hodieque 
apud  incolas  toparchiae  Mulensis  usitata  (Egilsstein),  1860.  —  Jotar,  Cimbri, 
Dani,  Konungr  Jota  de  Eriko  Emunio  (Egilsson).  Jota  vegr  (via  Cimbrorum) 
regio  Cimbrorum.  Jötunn  (gigas)  oder  (Vaftr.)  Jötun  (Jötunheimr) ,  regio 
Gigantea.  Jötunn  vardan,  gigas  silvae  (ventus).  Jodyr,  animal  equinum 
(equus);  Himin-jodyr  (equus  coelestis).  J68,  proles  (joöungar,  infantulus). 
Jö6  tjööar,  hominum  filii,  homines,  barjoö,  filius  telluris  (bar?,  terra),  haud- 
joö,  proles  accipitris.  Gotar,  Gotlandi  (insulae  Gotlandiae),  Gotneskr.  Goti, 
Gotius  rex,  a  quo  Gothlandia  nomen  traxit.  Gotar,  viri,  gota  mengi,  mul- 
titudo  virorum.  Go5,  deus  (goöin,  dii),  Goöheimr  (sedes  deorum).  ,  Goöi, 
sacerdos.  Goö  konungr,  rex  (diis  ortus).  —  A  Sven  (quod  idem  est  ac  Son, 
filius,  et  in  genere  puer,  juvenis,  minister,  deinde  miles,  nobiles ,  et  eques, 
unde  Svente,  sive  juvencula)  Svencos  vel  Svecos  derivat  (Rudbeckius),  non 
attendens,  vocem  Sven  ut  plurimum  Servum  denotare,  teste  codice  Gula- 
thingensium  (libr.  Kvennagifftingum,  Cap.  um  abyrgd  Sveinsmanus)  et  iterum 
libr.  de  homicidiis  (Cap.  Si  serius  caedis  reus  agatur),  ubi  Sveinn  et  Troell 
sunt  Synonyma.  Subjungit  Stiernhielmus:  Eadem  prorsus  ratione  nomen 
Gete,  Gote,  Gut,  i.  e.  puer  (a  gaeta,  gignere,  a  qua  etiam  Gotte,  Verelio  in 
notis  observatum  militem  significare)  juvenis,  atque  inde  miles,  transivit  in 
nomen  ipsius  nationis  (s.  Thorf.).  Sic  Danos  a  Dan  seu  Than  vel  Thion, 
servus,  seu  minister  a  Thiena,  Thiona  (Diener).  Gensimundus,  ille  toto  orbe 
cantabilis,  solum  armis  filius  factus,  tanta  se  Amalis  devotione  ccmjunxit,  ut 
heredibus  eorum  curiosum  exhibuerit  famulatum ,  quamvis  ipse  peteretur  ad 
regnum  (Cassiodor).  —  Die  Franken  (Hugan)  heissen  (bei  den  Angelsachsen) 
Hügas. 


332  Viertes  Kapitel. 

Unter  Palus  und  Napes  (Sohn  des  Scythes)  theilte  sich  die 
scythische  Macht,  und  die  auf  der  einen  Seite  jenseit  des  Don 
bis  Thrazien,  auf  der  andern  bis  zum  Nil  in  Aegypten  aus- 
geübte Herrschaft  (Diod.)  verknüpft  sich  mit  den  Kämpfen 
der  (die  Parthini  als  Flüchtlinge  in  Asien  zurücklassenden) 
Gothen  unter  dem  vergötterten  Tanausis  (s.  Jörn.)  mit  dem 
ägyptischen  Eroberer  Vesosis.  Die  Hyksos-Stadt  Avaris 
wiederholt  sich  in  Avaricum,  der  Hauptstadt  des  gallischen 
(Ptolem.)  Königsvolks  (Livius)  der  mit  den  Turones  (Turonii) 
zusammengrenzenden  (Sulp.  Selv.)  Bituriges  (ßituriges  Cubi), 
die  als  fremdes  Volk  (nach  Strabo)  unter  den  Aquitaniern 
oder  (s.  Walckenaar)  Tarbelli  wohnten. 

Wenn  wir  die  Verwandten  der  mit  Mysier  (Mösier  oder 
Maaten)  identificirten  Geten  im  fernen  Osten  finden,  so  erklärt 
sich  das  auf  denselben  Wanderwegen,  welche  zu  andern  Zeiten 
Türken  des  Ilithales  in  Avandernden  Juruk  wiederfinden  lassen, 
als  Turkomannen  zugleich  am  Kaspischen  Meer  und  in  Syrien 
erscheinend,  als  Jakuten  dagegen  nach  dem  hohen  Norden 
versprengt,  gleich  den  Verehrern  der  Äsen  in  Walhalla,  wäh- 
rend die  durch  die  eingedrungenen  Wanderstämmc  tyrrhenischer 
Türken  in  Torrebia  religiös  beeinflussten  Lydier  mit  ihren 
Künsten  auch  die  Namen  der  Aesir  und  Faladai  (Himmel  im 
Etrurischen)  nach  Italien  trugen  (mit  lacus  Lydiae  CatuU's 
und  taurischen  Orobiern,  Gründern  Bergomums  oder  Perga- 
mums  am  Lacus  larius).  Der  auch  später  durch  magische 
Missionare  der  (deshalb  als  Ahnherren,  wie  anderswo  Sakas 
und,  unter  Afghanen  oder  Abyssiniern,  Juden,  beliebten)  Meder 
nach*  Westen  verbreitete  Dienst  des  (von  seinem  Kutu  oder 
Sohne  bei  den  Hiongnu  angebeteten)  Himmelsgottes  (einem 
höchsten  Iswara)  bildete  den  Ausgang  im  Zamolxis  sowol  wie 
im  Gebeleizis,  der  sich  durch  Ky-Bele  an  die  weit  durch 
Indien  bis  Ceylon  und  den  Archipelago  verbreiteten  Baliopfer 
(in  Verbindung  mit  Bei  in  Asien  und  Belinus  in  Gallien  als 
hellenischer  Apollo)  anschliesst,  durch  seine  von  Fremden  aber 
gefürchteten  Tantraskünste  (in  lappischen  Geschossen  oder 
Belos  von  ßaX)^«  oder  ^eXXo)  die  dämonische  Natur  des  Diabolos 
(in  Taurobolcn  und  Kriobolen)  annimmt,  sodass  Herodot  mit 
seiner  Wendung  besagt,  Zamolxis  (der  göttliche  Samanäer)  sei 
zugleich  der  leibhafte  Gross-Tcufel-Gott.  Die  eindringenden 
Geten  verwandten  für  ihre  Sklaven  das  Stigmatisiren  (s.  Artem.), 


Die  Sprachgestaltung.  333 

für  freie  Kinder  üblich  bei  den  Krobyzen  und  Terezen,  die 
(nach  Suidas)  dem  Unsterbhclikeitsglauben  (der  Geten)  anhingen 
(im  Anschluss  an  den  Dionysosdienst  der  Bessen).  Grimm 
fiihrt  goth.  alhs  (gudhus  oder  Tempel  in  Walhalla)  auf  alx 
der  göttlichen  Alcis  (als  Dioskurenpaar)  bei  den  Nahanarvalen 
neben  Helveconen  und  Helisier  (heiliger  Helle),  sowie  Manimen 
(der  Mania)  und  Harier  (orkischen  oder  herklischen  Er,  im 
hercynischen  Walde,  den  Sigovesus  erloste),  und  Zamolxis,  als 
der  durch  die  Zunge  (s.  Lucian)  fesselnde  Herakles  (bei  Por- 
phyrius)  oder  Keulenträger  (wie  indische  Fakire  mit  dem 
auch  auf  Tonga  bekannten  Priestersymbol  tibetischer  Vadjras), 
als  Hermes  (Ahn  thrazischer  und  gallisch-germanischer  Fürsten, 
wie  der  Mayageborene  Buddha  der  indischen),  durchzieht  mit 
iberischen  Heerden  (als  Prototyp  der  das  Hirtenvolk  begleiten- 
den Missionare)  Gallien  (Säulenzeichen  setzend  in  den  Sthupas) 
und  gründet  (nach  Diodor)  Alesia  (auf  der  Irre  oder  Ale), 
sowie  (Albion  und  Bergion  Bergine's  auf  der  Ebene  Crau  be- 
kämj)fend)  Heraklea  (an  der  Rhönemündung)  und  Monoeci 
portus  (des  Einsiedlers),  wie  die  Gründung  des  (auch  Caledonien 
besuchenden)  Ulyxes  an  der  Mündung  des  Rhein  (wo  Bataver 
sich  an  Veneter  schliessen,  wie  Patavium  Antenor's  an  Venetia), 
Odessus  (der  Pii)  des  Odysseus  (mit  dem  Hute  Odin's)  an 
dem  Ister  entspricht,  zugleich  durch  Abschaffung  des  Fremden- 
mordes (den  hostis  in  hospes  wandelnd)  unter  den  wilden  Ein- 
geborenen des  Keltenlandes  die  unverletzliche  Handelsstrasse 
(heiliger  Irmingstraet)  und  die  Wege  über  die  Alpen  ebnend, 
bis  Liguriens  (s.  Diod.)  Pisa  (Teutanis  oder  Atintanis 
illyrischer  Atintani  oder  epirotischer  Atintanes  und  molossischer 
Antitanes  aus  macedonischen  Atintania).  In  den  Wandlungen 
buddhistischer  IIa  tritt  im  (russischen)  Ilja  (ossetischer  Elias) 
die  Bekämpfung  des  in  (scythischen)  Thierformen  erscheinen- 
den Riesendämons  hervor,  und  Buddha's  Beziehung  zum  Thier- 
könig,  dem  Elefanten,  wiederholt  sich  im  mächtigen  aXxir) 
(alaho  oder  elgr)  oder  (nach  dessen  Ausrottung)  im  vergötterten 
Bären  (oigx'zoc,  oder  rkshas  oder  Rakshasas)  oder  (lit.)  Lokys 
(lokvittaras)  in  dem  die  Rolle  des  japanischen  Fuchsgeistes 
spielenden  Loki.   Von  den  (als  Pandu  und  Wanen']  Pannonias 


^)  Wend,  gehen,  wenden,  gang,  jetzt  meist  nur  in  dem  zu  go  genommenen 
Präteritum   went  gebräuchlich,    altengl.   wenden,    bei   Orm   wendenn,    ags. 


334  Viertes  Kapitel. 

wandernden)  Nachkommen  Pandion's  (neben  dem  König 
Erechtheus,  dessen  Tochter  Orithyia  am  Ilissus  von  Boreas 
der  Boreigonoi  oder  aberriginischen  Casci  „ab  opect,"  zu  den 
mit  loniern  Gesandtschaften  tauschenden  Hyperboräern  ent- 
führt wurde)  erhielt  Butes  das  Priesterthum  als  schirmtragen- 
der Talapoine.  Der  von  den  Sirenen  bezauberte  Butes  wurde 
von  Aphrodite   nach  Lilybaeum    versetzt   und  wie  Cato  den 


vendan,  alts.  wendian,  altfries.  wenda,  goth.  wandjan,  altn.  venda,  schwed. 
vända,  dän.  vende,  nhd.  ndl.  wenden,  schon  ags.  in  der  Bedeutung  ire, 
eigtl.  factitiv  von  vindan  (s.  E.  Müller).  Saw,  als  Präteritum  von  to  see, 
ist  hervorgegangen  aus  dem  ags.  seah ,  altengl.  say,  saugh  (s.  Müller).  See 
(sehen),  altengl.  seyn,  sen,  seon,  ags.  seon,  goth.  saihvan.  Butening,  bükn- 
deng  ist  (in  den  deutschen  Mundarten  des  ungarischen  Berglandes)  wüthend, 
rasend.  Bendesch,  bindisch  (krh.  bindusch)  ist  slawisch  (windisch).  Das 
keltische  vind  (guind  und  finn)  gehört  mit  goth.  hveit  (ahd.  hwiz,  albus), 
urdeutsch  hvista  zu  derselben  "Wurzel,  indem  es  für  cvind  (mit  eingeschobenem 
n)  steht,  von  der  Wurzel  cvid  oder  (deutsch)  hvit  (s.  Glück).  Nemet  ent- 
springt von  nem,  kymr.  nem  (nef),  körn,  nef,  arm.  nem  (nev,  coelum),  ir. 
nem  (neamh),  nemed  (neamdha),  als  coelestis,  divinus  (s.  Glück).  Camulus 
von  cam  oder  (ir.)  camh  (potestas,  potentia)  bedeutet  potens,  fortis  (s.  Glück). 
—  A  Saint-Pierre  le  fran^ais  est  reste  la  langue  officielle  des  Etats  et  des 
Tribunaux,  l'anglais  est  reserve  pour  les  rapports  officiels  et  les  relations 
de  societe.  Dans  plusieurs  eglises  ou  chapelles  du  culte  anglican,  l'office 
est  celebre  alternativement  en  fran^ais  et  en  anglais.  On  reproche  aux 
Guernesiens  une  detestable  accentuation  dans  l'emploi  de  ces  deux  langues 
(s.  Le  Cerf),  1863.  —  Die  Venediger-Mannlen  genannten  Zwerge  gelten  in 
Tirol  vorzugsweise  für  Kenner  der  edeln  Metalle  (Schöpf).  —  Böse  (bösz 
16.  Jahrh.)  ermangelt  goth.,  alts.,  ags.,  altn.,  ebenso  engl.,  schwed.,  dän. 
durchaus,  zeigt  sich  nur  ahd.,  mhd. ,  nhd.,  mnl.,  nnl.  (pösi  bei  Notker)  von 
mlat.  bausiare,  fallere,  bjes  (russ.),  bies  (poln.),  Teufel.  Piessa  (finn.)  genius 
malus.  —  Nach  Grein  lässt  sich  nicht  nur  die  Vocalschwächung,  sondern 
überhaupt  der  gesammte  deutsche  Ablaut  aus  der  Accentuation  allein,  ohne 
äussere  Einwirkung  eines  folgenden  Vocals,  erklären,  sodass  Ablaut  und 
Umlaut  zwei  principiell  verschiedene  Erscheinungen  sind.  —  AUobrox,  zu- 
sammengesetzt aus  allo  (kymr.),  all  (alius)  und  brox  ist  das  jetzige  kymrische 
allfro  (all-bro)  oder  allobrog,  alienigena  bedeutend,  wie  die  kymr.  Wörter 
alltüd  (tut,  populus,  regio)  oder  allotöt,  allotont  und  allwlad  (all-gwlad, 
regio,  terra,  provincia,  rus),  als  allovlat.  Den  Gegensatz  von  Allobrox, 
Allobroges  bildet  der  kymr.  Volksname  Cymro  (Cymmro)  oder  Cymbrog 
(Kenvro  im  Armorischen),  Combrog,  Combrox  (Plur.  Cymry  oder  Cymmry), 
als  conterranci,  populäres,  izaTpiurcoLi  (s.  Glück).  Aleides  (ab  avo  Alceo)  a 
fortitudine,  quae  Graece  aXxt)  dicitur  (als  Hercules).  Alcis,  numen  a 
Naharvalis  cultum  (quod  Romani  Castorem  et  Pollucem  esse  putabant).  Prae- 
orat  ludosgus  sacerdos  muliebri  veste  indutus.  Alce ,  genus  ferae.  E  par- 
lavan  axi  bell  frances  comme  dins  en  Paris  (in  Athen),  16.  Jahrh.  (Mont.). 


Die  Sprach gestaltung.  335 

Teutanes,  schreibt  Cornelius  Alexander  den  Orobiern,  den 
Gründern  Bergomenums  (und  Liciniforums)  und  Comums 
(gothiseh-getischen  Komosikos),  griechischen  Ursprung  zu, 
neben  den  (wie  Mosynoeci)  Thürme  (turres)  bauenden  Tyr- 
rheniern  (von  Atys,  Sohn  des  Manes,  ausgesandt)  auf  Teuthra- 
nia's  Pergamum  führend,  und  in  den  Vermummungen  des 
Kw[j.o?  mit  Dörfer  und  Felder  durchstreifenden  Komastas 
feierten  (in  den  Gebräuchen  Comana's)  die  Etrurier  an  den 
Examj)aeen  compitalische  Spiele.  Der  Lacus  Comacinus  hiess 
früher  Larius  Lacus,  die  altlakonische  Stadt  Las  oder  (bei 
Polybius)  Asine  wurde  von  den  Dioskuren  (als  steingeborene 
Lapithen  besiegend)  zerstört,  die  Gründung  Amerias  in  Um- 
brien  setzt  Cato  1135  a.  J.,  und  Ameriola  (bei  Livius)  gehörte 
den  Prisci  Latini.  An  den  Quellen  des  Padus  oder  Bodincus 
(mit  Bodinmagus)  wohnten  die  Laevi  (Aaoi),  und  Latium  führt 
auf  den  (in  Inseln  eines  chronischen  Meers)  verborgenen  Kronos 
(mit  To  opo^  t6  Kpov'.ov  in  Olympia). 

Mit  Zutritt  des  Mythenkreises  von  Dionysos,  Sohns  der 
Semele  (Tochter  des  Kadmus)  treffen  zwei  andere  in  Theben, 
chronologisch  unvereinbarlich,  zusammen,  die  einen  Verbindungs- 
punkt in  dem  zwischen  Lajus  und  Oedipus  (sowie  nach  dem 
Tode  des  feindlichen  Bruders)  herrschenden  Kreon,  bei  dem 
Amphitryon  Aufnahme  findet,  erhalten.  In  Herakles  repräsen- 
tirt  sich  die  Gestalt  nationaler  Erhebung  der  Hellenen  gegen 
ihre  ausländischen  Herren,  obwol  ihn  dann  die  Sage  nachher 
mit  den  glänzenden  Fürstengeschlechtern  verknüpft.  Im 
Peloponnes  hatte  sich  die  ägyptische  Nachkommenschaft  des 
Danaus  durch  Verbindung  mit  den  Pelopiden  noch  weiter 
gekräftigt  und  Tiryns  durch  cyklopische  Mauern  befestigt. 
Amphitryon,  von  seinen  Verwandten  vertrieben,  flüchtete  nach 
Theben  und  suchte  Stütze  bei  den  Autochthonen  (des  Am- 
phiktyon),  die  während  des  Interregnums  einen  einheimischen 
Herrscher  auf  dem  Thron  sahen.  Dort  war  der  durch  assyrisch- 
chalcidische  Handelsbeziehungen  gestifteten  Colonie  der  Minyer 
in  Orchomenos  in  der  phönizischen  Gründung  des  Kadmus  ein 
zeitweiser  Rivale  erwachsen,  aber  trotz  der  poetisch  aus- 
geschmückten Vermählung  mit  Harmonia  musste  sich  Kadmus 
zu  den  Encheleern  zurückziehen,  um  dort  die  Herrschaft  unter 
den  lUyriern  (an  den  auch  von  Enetern  gesuchten  Handels- 
plätzen) zu  erwerben,  und  der  neugeborene  Gott,  der  in  der 


336  Viertes  Kapitel. 

Heimat  (der  tbebaischen  Götterstadt)  keinen  Glauben  fand, 
musste  seine  Triumphe  in  fernen  Ländern  suchen.  Schon  seit 
den  Mishelligkeiten  des  Lycus  (durch  den  Mysterienordner 
Attikas,  der  Lycien  den  Namen  gab,  mit  den  Pandioniden 
verknüpft)  mit  den  Phlegyern,  und  dann  durch  die  Bhitschuld 
des  Menoeceus  (Vater  des  Kreon)  war  Theben  (dessen  durch 
Amphion's  Leierklänge  erhobene  Mauern  nicht  die  Festigkeit 
der  cyklopischen  besassen)  in  Abhängigkeit  von  Orchomenus 
gefallen  und  erst  der  Nationalheld  Herakles  befreite  seine 
Vaterstadt  von  dem  gezahlten  Tribut.  Danach  hatte  derselbe 
dem  Eurystheus  Dienste  zu  leisten,  da  sein  Vater  durch  die 
List  der  Here  (die  den  alcidischen  Bastard  auch  ferner  ver- 
folgt und  sich  erst  in  den  spätem  Synchesien  der  Mythe  mit 
dem  Adoptivsohn  aussöhnt,  der  jetzt  als  Herakles  an  Here's 
Seite  im  Gigantenkriege  kämpft)  um  die  Herrschaft  Mycenes 
betrogen  war  und  die  Argiver  (im  Epigonenkriege)  schliesslich 
den  Sitz  der  verhassten  Kadmeer  (die,  wie  ihr  Vorfahr,  zu 
den  Encheleern  flüchten  neben  den  Taulantiern,  die  später  von 
den  Illyriern  unter  ihrer  Königin  Teuta  beherrscht  werden) 
gänzlich  zerstören  (vier  Jahre  vor  dem  trojanischen  Kriege). 
Orchomenos  stand  jetzt  wieder  ohne  Nebenbuhler  da,  aber 
unter  den  damals  (als  die  Kraft  der  Argiver  sich  auf  ent- 
legenen Küsten  erschöpfte)  über  Griechenland  einbrechenden 
Wirren  fiel  das  Orchomenische  Keich  vor  den  (vierzig  Jahre 
nach  dem  trojanischen  Kriege)  aus  thessalischem  Phthiotis 
herabstürmenden  Böotiern,  einem  bojischen  Wanderstamm,  der 
sich  in  Arne  (hibernisches  Jerne  oder  teutanischer  Arnus, 
bei  Piso  mit  dem  Aesar  zusammenfliessend)  mit  den  Aeoliern 
verbunden  und  als  Aeolus  (Enkel  des  Aeolus,  als  ältestem 
Sohn  des  Hellen)  auf  die  windigen  Inseln  getrieben  war,  ihren 
eigenen  Ahn  Böotus,  den  Sohn  des  Meerbeherrschers  Poseidon, 
zum  Sohn  des  alten  Aeolus  machte,  als  die  hellenischen 
Genealogien  sich   zusammenordueten  und   schon    an  Trojas  ^) 


^)  Le  poeme  grec  sur  la  Guerre  de  Troie  (au  commencement  du 
14°  siecle)  est  fait  (non  d'apres  Homere,  niais)  d'apres  un  poete  fraiKjais, 
d'apres  Benoit  de  Sainte-More  (qui  vivait  au  lo°  siecle).  L'auteur  ignore 
rancienne  mythologie,  et  quand  dans  le  poemc  fran^ais,  il  rencontre  le  nom 
de  Mars,  il  le  tradnit  par  Mapo;  (s.  Leclerc).  L'Histoire  de  Braniior-le- 
Brun,  racontee  par  Helle  de  Borou,  est  le  type  exact  du  commenceuient  du 


Die  Spracligestaltnng.  •  337 

Belagerung  der  Böotier  Leitus  (Sohn  eines  gallischen Alectryon), 
Arcesilaus,  von  der  (weledischen)  Sibylle  Theobule  geboren, 
Prothoenor  und  Clonius  theilnehmen ,  statt  der  Kadmeonen, 
von  denen  Homer  bei  den  Sieben  vor  Theben  singt.  Als  dann 
das  durch  die  dorische  Eroberuno-  und  ihre  Verbinduncr  mit 
den  Herakliden  gehobene  Selbstgefühl  den  Ruhm  des  Herakles 
(der  mehr  als  seiner  selbstgeschnitzten  Keule  der  in  Oechalia 
gelernten  Bogenkunst  der  Lokrer  seine  Ueberlegenheit  ver- 
dankte) verbreitete,  wurde  das  auf  altnationalen  Stammesver- 
fassungen begründete  Gericht  des  Amphiktyon  (Grossvater  des 


poeme  de  l'Orlando  innamorato  (Paulin  Paris).  —  In  India  and  Burmali 
the  voice  is  not  powerful,  but  shrill  soft  and  feminine,  that  of  tbe  in- 
habitants  of  the  hills  being  more  robust,  possessing  more  of  the  metallic 
twang  (of  the  Chinese  and  Japanese)  and  less  of  the  whine  than  that  of 
the  inhabitants  of  the  plaius  (according  to  Gibb.).  —  Das  Polabische  (der 
lüneburger  Eibslawen),  wie  es  in  Aufzeichnungen  aus  dem  Ende  des  17.  und 
Anfang  des  18.  Jahrhunderts  überliefert  ist,  findet  sieh  bereits  in  einer  ge- 
wissen Auflösung,  indem  der  Worterschatz  allmählich  verschwindet  und  die 
grammatischen  Formen  mehr  und  mehr  absterben,  doch  ist  der  slawische 
Charakter  (wahrscheinlich  bis  zum  völligen  Erlöschen,  1800)  im  grossen 
Ganzen  bew^ahrt  (Pfuhl).  Gott  (Bozij)  heisst  Büsie  (im  polabischen  Dialekt) 
von  Bug  (bogu).  Butze  (im  Tirolischen)  ist  der  Poltergeist  oder  Butzemann 
(der  sich  durch  bozen,  butzen  vernehmen  lässt)  sowie  derjenige,  der  sich 
vermummt,  den  Geist  vorstellend  (s.  Schöpf).  —  Quant  a  la  langue  vulgaire, 
que  Grimwald  (mort  1073)  employa  dans  ses  versions  (dit  Dom  Rivet),  eile 
n'etait  saus  doute  qu'un  de  ces  dialectes  qu'on  nomma  dans  la  suite  langue 
limousine  et  gasconne.  „On  sait  effectivement,  que  la  premiere  etait  1b 
vulgaire  de  la  Catalogne  et  de  plusieurs  autres  provinces  d'Espagne,  et  l'autre 
Celle  de  Biscaye  et  de  la  Navarre."  Cette  reflexion  autorise  a  penser  qn'a 
cette  epoque  la  langue  proven^ale  oscillait  encore  eutre  les  divers  dialectes 
meridionaux  de  la  France  et  que  l'on  passait  facilement  de  Tun  a  l'autre 
(Closset).  Avant  de  se  constituer  comme  litteratnre  nationale,  l'idiome 
castillan  passa  par  le  creuset  du  i-omanzo,  qui  etait  moins  le  castillan  que 
ie  catalan  (ou  roman),  le  melange  fut  heureux  en  ce  qu'il  empruntait  au 
proven^al  sa  gräce,  le  tour  ingenieux  de  ses  idees,  au  castillan  la  noblesse 
de  ses  formes  (Closset).  —  Ticinus  brachte  böhmische,  Bierling  deutsche 
Orthographie  in  die  wendische  Sprache.  —  Ciascuno  o  Francese,  o  Flamingo, 
o  Guascone,  o  Borgognone,  o  altramente  di  quelle  nazioni,  il  quäle  ben 
scrivere,  o  spezialmente  verseggiar  volesse,  quantunque  egli  Provenzale  non 
posse,  lo  faceva  provenzalmente  (Bembo).  —  The  resemblance  of  the  Etrurian 
aiphabet  to  the  Lycian  is  striking,  still  more  so  that  which  it  bears  to  the 
Phrygian,  such  as  it  is  seen  on  the  tombs  of  Dogan-lü  (Dennis).  —  Poly- 
nesische  Sprachen  entbehren  sowol  des  arabischen  Elementes  (wodurch  Ra 
mit  Schems  ersetzt  wurde)  als  des  sanskritischen  im  Malaiischen  (Bleke). 
Bastian,  Studien.  22 


OQg  Viertes  Kapitel. 

Böotus)  auf  ihn,  als  Autochtlion ,  zurückgeführt ,  als  welcher 
er  zugleich  in  der  Sohnschaft  zu  Deukalion  und  Pyrrha  (zu 
Opus  bei  Lokrern  wohnend,  die  in  Italien  unter  den,  wie 
Opicer  oder  Oscer,  von  Sabellern  unterworfenen  Oenotriern 
siedelten)  erscheint.  Dann  empfing  man  auch  gern  den  Cultus 
des  Dionysos,  der  jetzt  (wo  parteiische  Zwistigkeiten  schwiegen) 
als  alter  Bekannter  erkannt  wurde  und  einen  für  griechische 
Localverhältnisse  unverständlichen  Sagenkreis  mitbrachte,  wie 
er  sich  durch  phönizische  Version  ägyptischer  Erzählungen 
von  Osiris  ausgebildet  hatte.  Durch  Dionysos'  Erziehung 
sühnt  Ino  (als  Leukothea)  ihre  Schuld  gegen  Helle  (und  Phrixus, 
von  Nephele  beschützt),  und  Minerva  verleiht  auf  Bitten  der 
Nymphe  Chariclo  (mit  Everes  vermählt,  aus  dem  Geschlecht 
des  Sparten  Udäus)  ihrem  Sohn  Teiresias  die  Weissagerkunst, 
die,  auch  seiner  Tochter  Manto  anhaftend,  aus  dunkeln  Höhlen 
aufsteigt,  in  denen  Mantus  wohnt  bei  tyrischen  Tyrrheniern, 
deren  Larenstadt  Las  im  spartischen  Lakonien  durch  Asine 
auf  die  Asine  und  Hermione  bewohnenden  Dryoper  (druidischer 
Eichenverehrer  in  Dodona)  führt,  die  ihre  Heimat  am  Oeta 
und  Parnassus  den  von  Herakles  geführten  Maliern  für  die 
Dorier  überlassen  mussten.  Li  Me  Hercule  mit  etruskischem 
Mercur  (wie  Me  Ari  mit  Mars  oder  Mavors)  verknüpft,  geht 
Herakles  in  den  griechischen  Mittheilungen  aus  den  nordischen 
Ländern  der  Keltogermanen  vielfach  in  die  Gestalt  des  Hermes 
über,  dem  schon  in  Thrazien  gefeierten  Ahnherrn  der  Fiirsten. 
Der  unterweltliche  Thurras  (Thurms  Aitas)  führt  durch  Mantus 
auf  Hermes,  als  Dis  oder  Tuisco  (des  Hades). 

In  Herodot's  Sigynni  liegen  (beim  gleichen  Lautwechsel 
wie  zwischen  Sakyamuni  und  Schigemuni)  asiatische  Sacae, 
deren  locale  Modification  am  Pontus  als  Scythen  (unter 
eingeborenen  Tschuden)  erscheint.  Wie  die  Perser  die  Pehlewane 
(Baktriens),  die  Germanen  die  Hünen  oder  Hun  feierten,  wurde 
auch  der  Name  der  Sakcn  (oder  Sigynnen)  zum  Heldenprototyp 
im  Norden,  wie  schon  früher  bei  keltischem  Segovesus.  Strabo 
erwähnt  die  Siginner  auf  struppigen  Pferdchen  neben  Derbikorn 
(Nachbarn  der  die  Geborenen  Beweinenden)  und  künstlichen 
Landköpfen  mit  vorragender  Stirn  (bei  Sogdiana).  Die  meisten 
Scythen  (vom  Kaspischen  Meere  an)  heissen  Daer,  die  mehr 
östlich  von  diesen  Massageten  und  Saker,  die  übrigen  mit 
gemeinsamem    Namen    Scythen,    die    aber    auch    wieder    ihre 


Die  Sprachgestaltung.  330 

eigenen  Namen  haben.  Alle  sind  meistens  Wanderhirten,  von 
denen  diejenigen  am  berühmtesten  geworden,  die  den  Griechen 
Baktriana  entrissen,  nämlich  die  Asier,  Pasianer,  Tocharer  und 
Sacarauler,  ferner  die  aus  der  Gegend  jenseit  des  Jaxartes 
bei  den  Scythen  und  Sogdianern  auszogen  (wo  auch  Saken 
wohnten)  und  von  den  Dahern  die  Aparner,  die  Xanthier  und 
Pisurer  (Strabo).  Die  Saken  hatten  (gleich  Cimmerier  und 
Trerer)  Streifzüge  unternommen.  Die  scythischen  Völker- 
schaften, früher  Aramier  genannt,  hiessen  (von  dem  nächsten 
Stamm)  Saker  bei  den  Persern,  die  sie  ihrerseits  Chorsarer 
und  den  Kaukasus  den  schneeweissen  ^(Graukasis)  nennen 
(Plinius). 

Das  grosse  und  mächtige  Volk  der  Asi,  dessen  Chao-wen 
betitelte  Könige  aus  dem  (vom  Berge  Khi-lian  hergeleiteten) 
Fürstenhause  von  Khangkui  (Sogdiana)  stammten,  erstreckte 
sich  (nach  Matuanlin)  vom  Ou-hiu  (Oxus)  bis  zu  dem  Meere, 
wo  man  sich  für  Ta-Thsin  (das  römische  Reich)  einschiflfte, 
und  bei  der  Oberherrlichkeit  der  Chinesen  i)  (656 — 660  p.  J.) 


')  Fangfo  est  un  mot  chinois  qui  signifie  representer,  etre  semblable, 
ecrit  avec  deux  caracteres,  qui  n'ont  pas  de  signification  (distincte).  Peting 
(homme  oisif),  lingting  (trompe  dans  ses  esperances),  phanghoang  (timide), 
pangoung  (öbstinement) ,  etc.,  sont  rendus  dans  l'ecriture  par  des  caracteres 
qui  ne  signifient  rien  en  eux-memes  (s.  Remusat).  De  cha  (tuer)  on  fait 
chatchi  tuer,  plus  expressement,  chatche,  tueur,  tuant,  etc.  (en  Chinois).  L'in- 
scription  sur  le  pei  a  Nertschinsk  est  en  mongole  (bei  Spasski).  —  Das 
Finnische,  Ungarische,  Osmanisch-Türkische  und  zum  Theil  auch  das  Mon- 
golische zeigen  ein  so  strenges  und  durchgreifendes  Flexionsprincip,  dass  man 
keinem  von  ihnen  den  Namen  einer  Flexionssprache  absprechen  kann  (s. 
Kellgren).  Nach  Schott  ist  in  den  Sprachen  der  hochasiatischen  Familie 
strenggenommen  von  keinem  Abändern  (Flectiren)  die  Rede,  da  die  Wurzel 
keine  Bildungszus'ätze  von  vorn  dulde  und  im  ganzen  durch  keine  gram- 
matische Endung  eine  Moditication  erleide  (überall  Adhäsion,  keine  wahre 
Cohäsion  bemerkbar  sei).  —  Quant  au  wallon  ou  gallon,  j'estime  que  c'est 
un  moyen  et  nouveau  langage,  nay  depuis  Charles  le  Grand,  ainsi  appele 
pour  ce  qu'il  sentoit  plus  le  gaulois  que  le  thiois,  lequel  toutefois  on  ne 
laissa  d'appeler  Romain,  pource  qu'il  approchoit  plus  du  romain  que  du 
thiois  ou  frangois-germain  (Fauchet).  Huc  Capet  et  Robert  son  fils,  ne 
jouissoyent  d'aucune  ville  de  marque,  fors  d'Orleans,  Paris  et  Laon,  pource 
que  les  autres  avoyent  leurs  comtes,  et  les  provinces  des  Ducs,  qui  tenoyent 
grand  territoire  ;  comme  les  Berangers  toute  la  Provence,  Languedoc  et  la 
Cathalongne.  Ce  qui  donna  occasion  aux  poetes  et  hommes  ingenieux,  qui 
en  ce  temps-la  voulurent  escrire,  user  de  la  langue  de  ces  royelets,  pour 
davantage  leur  complaire,  et  monstrer  qu'ils  n'avaient  que  faire  d'emprunter 

22* 


340  Viertes  Kapitel. 

wurde  die  Stadt  Alan  im  Gebiete  der  Asi  zum  Regierungssitz 
erhoben,  unter  Verleihung  des  Richtertitels  an  den  König 
Chao-wou-cha  (wie  des  Titels  Alan-mi  an  den  aus  dem  Ge- 
schlecht der  Chao-wou  stammenden  König  von  Mou  oder 
Merou).  Alle  die  in  der  Nachbarschaft  der  Asi  bis  zum  Lande 
der  Wan  (Fargaua)  gesprochenen  Sprachen  gleichen  sich  trotz 
dialektischer  Verschiedenheiten.  Les  habitants  ont  tous  les 
yeux  enfonces  et  beaucoup  de  barbe  (s.  Remusat).  Als  die  von 
den  Hiungnu  gedrängten  Youeit-chi  sich  im  Lande  der  Ta-hia 
festsetzten,  wurden  die  Sai  zum  Auswandern  gezwungen  und 
gründeten  eine  grössere  Zahl  von  Königreichen.  Im  Lande 
Sie'i-iu  wohnten  Türken,  Leute  aus  Ki-pin  und  Eingeborene 
Tokharestans  gemischt.  Bei  den  Sogdianern  zerstörte  Alexander 
das  zu  Xerxes'  Zeit  dorthin  gerettete  Orakel  der  Branchiden. 
Bei  den  Dahae  oder  Parner  hatten  (thessalische)  Aenianer  (im 
Lande  der  Uitier)  die  Stadt  Aeniana  gebaut.  Im  Lande  der 
Asi  waren  (nach  den  Chinesen)  Pergamentbücher  (mit  Längs- 
linien beschrieben)  im  Gebrauch.  Die  Asiani  gaben  den 
Tocharern  ihre  Könige  (gleich  den  Xatrya  als  Pfeilschützen  * 
siegreich). 

Neben  den  Anthsai  (Asi),  die  (zur  Zeit  der  zweiten  Hau) 
den  Namen  Alanna  (Alains  ou  Asses  b.  Carp.)  annahmen,  nennen 


aucune  chose  de  leurs  voisins.  —  Of  the  Daidee  (between  Kaghan  and 
Hindukush)  the  Shina-lauguage  is  spoken  by  the  people  of  Chilas,  Ghilghit, 
Astor,  Gor  and  Duneyl  (mixed  with  Pushtoo  on  the  great  Koli-palus  Road), 
the  Arnyia  by  the  natives  of  Yassen  and  Chitral,  the  Kalasha  by  the 
Bashgilis  or  Siahpush  Kaffirs,  and  the  Khajuna  by  the  Bash-Hunza  and 
Nagyr  (Leitner).  —  Unter  den  Fällen  des  Schwebelautes  und  der  Correption 
(in  der  Sauer-Mundart  Luxemburgs,  neben  Elz-,  Mosel-,  Oeslinger-Mundart) 
sind  manche  esoterisch  (aus  dem  Innern  Organismus  der  Mundart  selbst), 
andere  exoteriscli  (aus  dem  Verhältnisse  älterer  und  neuerer  Sprachen  und 
Mundarten)  zu  erklären  und  rechtfertigen   (s.  Hardt). 

^)  Der  Centaure  Pholus  starb,  verwundert  über  den  kleinen  Pfeil  (des 
Herakles),  der  so  grosse  Männer  tödten  könne,  und  der  Centaure  Chiron, 
durch  Herakles'  Pfeil  (im  Kampfe  mit  den  feindlichen  Centauren)  zufällig  ver- 
wundet, wünschte  (obwol  unsterblich)  zu  sterben  (weil  unheilbar),  und  diente 
dem  Prometheus  als  freiwilliger  Einsteher  im  Tode  bei  Zeuss  (s.  Apollodor). 
Herakles,  der  sich  seine  Keule  in  Nemea  schnitt  (und  von  Eurytus  im  Bogen- 
schiessen  unterrichtet  war),  erhielt  seine  Waflfen  von  den  Göttern  (das  Schwert 
von  Hermes,  Pfeile  von  Apoll,  den  Köcher  von  Hephästos).  —  Alcis,  ita 
cognominata  fuit  Minerva  apud  Macedonas  (s.  Livius).  Sacrificio  Minervae, 
quam  vocant  Aleidem,  confecto. 


Die  Sprachgestaltung.  341 

die  Chinesen  das  (wie  Herodot's  Argippäer)  kahlköpfige  Hirten- 
volk polyandrischer  Ye-tha  (Yi-tha),  ein  Zweig  der  Youei-tchi 
mit  türkischen  Sitten  (durch  dieKao-tche),  die  nach  Unterwerfung 
von  Khang-kiii,  Khotan,  Chale,  der  Asi  u.  s.  w.  ein  mächtiges 
Reich  bildeten  (und  sich  mit  den  Juan-Juan  verschwägerten), 
da  sich  in  ihnen  (nach  Weitsi)  die  Keste  der  in  den  Kriegen 
der  Han-Dynastie  in  Sogdiana  versprengten  Nationen  wieder 
zusammenfanden.  Der  ursprüngHch  der  könighchen  FamiHe 
des  Landes  Hoa  gehörende  Name  der  Ye-tha  soll  später  auf 
das  Volk  übertragen  sein  (wie  der  der  Goden  bei  Gothen). 
Die  Armen  wurden  begraben,  die  Reichen  unter  Steinhügeln 
und  Mitgabe  ihrer  Habe  (nach  Matuanlin).  Der  Fürst  des 
(polyandrischen)  Tokharestan  (Thou-holo)  wurde  703  p.  J. 
unter  dem  Titel  Kou-tou-lou-thun-tha-tu  unter  die  Vasallen 
Chinas  aufgenommen.  Nordwestlich  von  Sogdiana  liegt  das 
Land  der  Zwerge  (Yang-pao-theou),  das  Remusat  für  Lapp- 
land hält. 


342  Viertes  Kapitel. 


Umsclirift  des  Mrmanisclieii  Alphabets.') 


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1 

in 

33      330      R      crT    O     g     C      S'S         C  — O  O  —  'S  "X 

aa        i[uueaä  (ao),  ea     ä  (a^),  ea      o  (i  u.  ii) 

S    /     schwerer  Accent         o    \     leichter  Accent  (untergesetzt) 


Die  im  Birmanischen  für  die  einfachen  Vocale  gegebenen 
Formen  bilden  die  Initialen.  Im  Siamesischen  werden  sie  am 
Anfang  des  Wortes  mit  dem  Fulcnim  (a)  verbunden,  gleichsam 
dem  Spiritus  lenis,  während  das  in  der  Umschrift  als  h  ge- 
gebene Zeichen  dem  Spiritus  asper  entspräche. 


')  The  first  letter  of  each  class  is  a  simple  articulation,  smooth  and 
soft,  the  third  is  the  same,  rough  and  hard,  the  second  is  the  aspirate  of 
the  first  (Judson). 


\  Die  Sprachgestaltang.  343 

TJmsclirift  des  siamesisclieii  Alpliabets/) 
n     1/     ni     f)     r)     '^     o 

k  k  X  g  g  Y  » 

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c  c  X  z  j  n 

l  ö  t  t  d  S  V  j 

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ö  t  t  d  S  n 

viJcjcJvJiAinn 

b         p  p  fb         9b        m 

y  r  1  V  SS  s         . 

hl  hm 

ä(o)  ä(a')    a         a  i  i        oe        ^       roe      roe       loe       loe         u         u 

6    Li    r    %   -^ 

e         5        y(ai)     a(ai)       o 

Accente: 

erster       zweiter       dritter       vierter       thanthakat  (über  Finalen). 

Die  siamesische  Orthographie  bleibt  in  vielen  Worten  eine 
unbestimmte,  und  Pallegoix  schreibt  z.  B.  das  Genitivzeichen 


')  Einige  der  Buchstäbenformen  (besonders  die  der  eingeklammerten 
Reihe  des  Siamesischen)  weichen  sehr  von  den  gewöhnlich  gebrauchten  ab 
und  können  nur  als  conventioneile  Zeichen  zur  Ausfüllung  betrachtet  werden. 


344  Viertes  Kapitel. 

im  Lexikon  xon,  in  der  Grammatik  als  kon.  was  allerdings 
insofern  keinen  Unterschied  macht,  weil  beide  Buchstaben  in 
derselben  Tonklasse  stehen.  Der  Gebrauch  des  o  (a  oder  o) 
schwankt  sehr,  und  unter  den  nicht  gesonderten  Fällen  werden 
lok  (S.  192),  doy  (S.  2Ö2),  grom  (S.  205),  kadok,  don,  boy 
(S.  208),  glon,  dos  hcäufiger  durch  den  auch  in  der  Umschrift  mit 
o  repräsentirten  Buchstaben  geschrieben;  an  wird  in  Zusammen- 
setzung äonkan;  nä,  sich  beugen,  no  (no,dumm),  gebeugt 
sein;  mahosot  ist  contrahirt  aus  maha  äosot.  Aus  Versehen 
steht  buda  (S.  98)  für  budy,  präsom,  prasan  (S.  204)  für 
pra'som,  pra'san.  Das  doppeltgestrichene  a  vertritt  hier  und 
da  a. 

Ueber  die  siamesischen  Tonverhältnisse  siehe:  „Monats- 
berichte der  Königl.  Akademie  der  Wissenschaften  zu  Berlin. 
6.  Juni  1867." 


Utuck  von  F.  A.  Brockliaua  iu  Leii>zig. 


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